Der Vergleich des BGB-Systems nach koreanischem und
deutschem Recht anhand der subjektiven Rechte und
Ansprüche
Professor Dr. Bongseock Seo, Korea
A. Einleitung
Das koreanische Bürgerliche Gesetzbuch hat die deutsche Bürgerliche Gesetzbuch-Konzeption über Japan rezipiert.1 In Struktur und Inhalt ähnelt es dem deutschen Bürgerliche Gesetzbuch. Im Zuge der Rezeptionsgeschichte und der Weiterentwicklung des Systems in Korea wurden die einzelnen Rechtsinstitute abgeändert. Dies betrifft auch das Institut des ´Chegwon´;'2 es wurde in das koreanische Recht eingeführt, existiert im deutschen Recht aber nicht. Die Einführung des Chegwons hat zu Missverständnissen geführt, die mit der Unterscheidung grundlegender Begriffe wie dem des dinglichen Rechts und der schuldrechtlichen Rechtsnatur der Forderung zusammenhängen.
Ein zentraler Unterschied zwischen dem koreanischen und dem deutschen Privatrechtsverständnis betrifft das Verständnis objektiver Rechtsinstitute und subjektiver Rechte. Manche Rechtsinstitute des deutschen BGB sind im koreanischen BGB zu subjektiven Rechten verändert worden. Diese Änderungen führten dazu, dass das koreanische BGB vorrangig als ein auf subjektive Rechte abstellendes System weiterentwickelt wurde. In der vorgelegten Untersuchung sollen die Unterschiede zwischen den Modalitäten, den Inhalten der einzelnen Rechtsinstitute und den BGB-Systemen beider Länder näher untersucht werden.
B. Unterschiede zwischen dem koreanischen und dem deutschen BGB
Die nachstehende Grafik(Bild1) zeigt, dass im koreanischen BGB-System viele Rechtsinstitute des deutschen BGB-Systems in subjektive Rechte umgewandelt wurden.
Nachfolgend soll in einem ersten Schritt das unterschiedliche Verständnis des Rechtsinstitute/subjektiven Rechte Besitz, Vormerkung, Vollmacht, Regress und des Chegwons geprüft und analysiert werden. In einem zweiten Schritt werden die Unterschiede des Rechtssystems von beiden Ländern und die Auswirkungen, die sich wegen der Unterschiede der Rechtsnatur entwickeln, herausgearbeitet werden.
I. Vergleich im Sachenrecht
1. Besitz
a) Besitz nach deutschem Recht
In Deutschland gibt es zwar gegensätzliche Auffassungen von der Rechtsnatur und dem Begriff des Besitzes. Der Gesetzgeber hat aber den Besitz als Rechtsinstitut in einer Vielzahl von Regelungsbereichen verwendet.3 Das deutsche BGB́́ hat die verschiedenen Arten von Besitz, z.B. die tatsächliche Sachherrschaft (§ 854 Abs. 1 BGB), die durch die andere Person mittelbare Sachherrschaft (§ 855 BGB), die bestehende Möglichkeit künftiger Ausübung der tatsächlichen Sachherrschaft(§ 854 Abs. 2 BGB) und eine personell verlagerte Rechtsposition(§ 857 BGB) dargestellt. Nur vereinzelt wird Besitz als subjektives Recht angesehen,4 während die h.M. Besitz als Rechtsposition oder als Rechtsverhältnis ansieht.5
b) Besitzrecht nach koreanischem Recht
Die koreanischen Vorschriften über den Besitz unterscheiden sich nicht sehr von den deutschen Vorschriften. Sie enthalten Regelungen über den unmittelbaren Besitz (§ 192 KBGB), über mittelbaren Besitz (§194 KBGB), über Besitzdiener(§195 KBGB), über Besitzrecht durch Erbe (§193 KBGB). Damit ist das Besitzrecht grundsätzlich den deutschen Vorschriften ähnlich. Allerdings wird die Rechtsnatur des Besitzes: nach ganz h.M. als subjektives Recht verstanden.6 Zwar definiert das koreanische Gesetz den Begriff des Besitzes nicht, aber bezeichnet ihn als 'Besitzrecht‘ (‚Jeomyu-Gwon‘)7 und regelt Besitz als subjektives Recht. Somit hat das koreanische Gesetz die Rechtsnatur des Besitzes als ein subjektives Recht bestimmt.
2. Vormerkung
a) Vormerkung nach deutschem Recht
Im deutschen Sachenrecht befindet sich ein Rechtsinstitut der Vormerkung (§ 833 BGB). Die Vormerkung schützt den schuldrechtlichen Anspruch auf dingliche Rechtsänderung, indem sie die beeinträchtigende Verfügungen über das betroffene Recht dem Vormerkungsberechtigten gegenüber unwirksam sein lässt und den Rang des geschuldeten Rechts wahrt.8 Somit hat die Vormerkung eine dingliche Schutzwirkung. Die Rechtsnatur der Vormerkung ist zwar nicht unumstritten; jedoch betrachten nur wenige Autoren die Vormerkung als dingliches Recht. Nach überwiegender Auffassung kann die Vormerkung nicht als dingliches Recht9 qualifiziert werden, weil die Absolutheit nicht das Verhältnis zur Sache, sondern zur Forderung betrifft.10 Die h.M. betrachtet die Vormerkung weder als dingliches Recht noch überhaupt als subjektives Recht, sondern als ein mit gewissen dinglichen Wirkungen ausgestattetes Sicherungsmittel eigener Art.11
b) Vormerkung nach koreanischem Recht
Der grundsätzliche Inhalt und die Funktionen der Vormerkung nach koreanischem Recht entsprechen dem deutschen Recht.12 Die koreanische Jurisprudenz betrachtet jedoch die Rechtnatur der Vormerkung als ein dingliches Recht.13 Die koreanische Vormerkung hat ein selbständiges Rechtsstatus als subjektives Recht, das sich auf die Sache bezieht.14 Nach der Bestimmung des §4 Abs. 2 KBKSV15 kann der Gläubiger(Vormerkungsberechtigte) die endgültige Eintragung 'aufgrund der Vormerkung' verlangen.
II. Vergleich im Dreiecksverhältnis
1. Vollmacht
Im deutschen Recht wird die Rechtsnatur der Vollmacht nicht als ein subjektives Recht,16 sondern als eine abgeleitete oder sekundäre Zuständigkeit betrachtet.17 Dagegen wird im koreanischen Recht die Rechtsnatur der Vollmacht als ein subjektives Recht anerkannt.18 Folglich muss differenziert werden.
a) Vollmacht nach deutschem Recht
Nach deutscher h.M. ist die Vollmacht kein subjektives Recht, weil sie für sich allein weder abtretbar oder pfändbar noch vererblich ist.19 Dieser Gedanke geht davon aus, dass die Vollmacht für sich keine selbständige Rechtsposition geschaffen hat. Die Vollmacht wird nur als eine abgeleitete oder sekundäre Zuständigkeit betrachtet. So sieht die h. L. die Vollmacht als eine Rechtsmacht eigener Art an.20
b) Vollmacht nach koreanischem Recht
Die koreanische h.M. hat die Eigenschaft der Vollmacht wie die deutsche Lehre auch nicht als subjektives Recht angesehen. Sie betrachtet die Vollmacht als einen rechtlichen Status oder eine rechtliche Qualifikation, wodurch die Macht der Willenserklärungen im Namen des Vertretenen die Wirkung hat, dass die Rechtsfolgen unmittelbar in der Person des Vertretenen eintreten.21 Bezüglich dieser Lehre sei die Vollmacht also ein rechtliches Status. Es sei jedoch eine unakzeptable Behauptung. Da sich der Begriff des rechtlichen Status oder der rechtlichen Qualifikation eigentlich auf die Person richtet, die die Vollmacht hat und nicht auf die Eigenschaft der Macht oder der Funktion der Vollmacht selbst. Die andere koreanische Lehre erachtet die Vollmacht als eine Rechtsmacht, die das Tätigkeitsfeld der Vertretung erweitert.22 Diese Lehre ist inhaltlich ähnlich wie die deutsche. Sie fasst die Vollmacht nur als unselbständige Befugnis oder Zuständigkeit auf. Jedoch verkannt diese Lehre, dass die Rechtsnatur des koreanischen subjektiven Rechts anders ist als die des deutschen Rechts. Dabei ist es von großer Wichtigkeit, dass auf Basis des KBGB-Systems abgestellt wird. Diese Lehre behauptet, dass die Vollmacht kein subjektives Recht sein könne, weil die Ausübung der Vollmacht dem Vertreter gar keine Vorteile zur Verfügung stelle.23 Nach der Begründung der koreanischen Lehre wird die Eigenschaft des subjektiven Rechts auf den wirtschaftlichen und materiellen Gewinn abgestellt. Der wirtschaftliche und materielle Gewinn sei hierbei aber nicht unbedingt die Voraussetzung des subjektiven Rechts. Vielmehr könnte die immateriellen und normativen Vorteile, wie Sorgerecht der Kinder ein subjektives Recht sein.24 Die Rechtsnatur der Vollmacht jedoch musste nach den koreanischen BGB-Vorschriften bestimmt werden. Das koreanische BGB hat in den Vorschriften gem. § 125, 127, 129 KBGB klar ausgedrückt, dass die Vollmacht mit dem Ausdruck des 'Vollmachts-rechts(Deri-gwon)'25 als ein subjektives Recht erachtet werden soll.
2. Rückgriff, Regress
Auch der Regress und Rückgriff werden im deutschen Recht nicht als subjektive Rechte, sondern als Regelungen des gesetzlichen Forderungsübergangs betrachtet.26 Im koreanischen Recht dagegen werden der Regress und Rückgriff(Gusang-gwon)27 als subjektive Rechte betrachtet.28
a) Rechtsinstitut des Regress nach deutschem Recht
Wie aus der obigen Grafik 1 zu mitnehmen ist, sind Rückgriff und Regress nach deutschem Recht die Rechtsinstitute des gesetzlichen Forderungsübergangs(Legalzession). Nach deutschem BGB-System haben der Regress und Rückgriff keinen allgemeinen einheitlichen Begriff, sondern sind nur in jedem einzelnen Rechtsinstitut geregelt worden. So wird der Begriff der Legalzession als 'Regress' oder als 'Rückgriff' in der Bestimmung des Gesamtschuldners(§ 426 DBGB)29 und der Bürgschaft(§ 774 DBGB) geregelt. Das bedeutet, dass der Regress und der Rückgriff keine subjektiven Rechte sind, sondern die Vorschriften für Rechtswirkungen sind. Wenn die Voraussetzungen des Regress gegeben sind, wird eine fortbestehende Forderung des bisherigen Gläubigers gegen den Schuldner dem Regressberechtigten kraft Gesetzes übertragen.30 Ein Gesamtschuldner im Sinne des § 426 II DBGB kann aufgrund des Regresses von den übrigen Gesamtschuldnern die Rückforderung verlangen. In diesem Fall wird die Forderung des bisherigen Gläubigers kraft des Gesetzes dem anderen Schuldner übertragen. Die Begründungslogik dafür sei, dass die Forderung, die der bisherige Gläubiger an den übrigen Gesamtschuldnern gehabt hat, kraft des Gesetzes dem Regressgläubiger übertragen wird. Auch verdeutlicht das Rechtsinstitut der Bürgschaft gem. § 774 I S. 1 DBGB, dass die Forderung des bisherigen Gläubigers gegen den Hauptschuldner auf den Bürger übergeht. Also sind die Forderungen des alten Gläubigers mit denen des Regressgläubigers identisch. Alle diese deutschen Vorschriften zeigen, dass die Begriffe der Regress und Rückgriff nicht unterschiedlich sind, sondern als die Synonyme betrachtet werden.31 Der Gegenstand der Rückgriff oder Regress erhalten die Homogenitäte mit der Forderung des bisherigen Gläubigers. Mit anderen Worten, Deutsches BGB-System führt die Ausübung des Regress durch das Rechtsinstitut des gesetzlichen Forderungsübergangs durch.
b) Regressrecht nach koreanischem Recht
Wie in der Grafik 1 zu sehen ist, wird das Regressrecht nach koreanischem Recht, anders als der Regress im deutschen Recht, als ein subjektives Recht angesehen, d.h. als ein Gestaltungsrecht.32 Alle koreanischen Lehren erachten den Regress und Rückgriff als subjektives Recht. Da das Regressrecht nach koreanischem BGB-System ein subjektives Recht darstellt, wird es als Forderungsübertragung nicht durch das Gesetz automatisch ausgeführt, sondern muss durch den Regressberechtigten gemäß des § 442. Nr. 1 KBGB ausgeübt werden. Die Ausübung des Regressrechts erfolgt nicht durch Anspruch, sondern durch die einseitige Willenserklärung des Gläubigers. So muss sich die Rechtsnatur des Regressrechts als ein Gestaltungsrecht betrachtet werden.33
Nach dem deutschen Recht wird die Rechtsnatur der vielen Rechtsinstitute nicht deutlich definiert, wogegen sie im koreanischen Recht als subjektives Recht ausdrücklich deklariert werden.
III. Vergleich im Schuldrecht
Die Sprachgebräche von Schuldrechte sind in Korea und in Deutschland nicht identisch. Dieser Unterschied führt zu einer erheblichen Systemänderung des koreanischen BGBs im Vergleich zum deutschen BGB. Entsprechend muss eine Prüfung der Unterschiede im Hinblick auf die Bedeutungen des Schuldrechts in beiden Länder erfolgen.
1. Schuldrecht im deutschen Recht
Nach deutschem Recht ist das Schuldrecht der Teil des Privatrechts, welcher Schuldverhältnisse behandelt.34 Das Schuldverhältnis bezeichnet die Gesamtheit der rechtlichen Beziehungen zwischen Gläubiger und Schuldner.35 Somit wird das Schuldrecht als ein Rechtinstitut des BGBs betrachtet.
2. 'Chegwon' im koreanischen Recht
Wenn man den Sinn von 'Chegwon' wörtlich ins Deutsch übersetzen würde, würde es als 'Schuldrecht' übersetzt. Hier bedeutet 'Che' im koreanischen Recht die 'Schuld' und 'Gwon' das 'subjektives Recht'. Vermutlich hat der Übersetzer die Bedeutung des 'Rechts' von Schuldrecht als 'subjektives Recht' verstanden. So erweist sich die Rechtsnatur des Schuldrechts im koreanischen Recht als subjektives Recht, wogegen das Schuldrecht im deutschen Recht kein subjektives Recht, sondern ein Rechtsinstitut der Schuldverhältnisse darstellt. Aus diesem Verhältnis heraus kann 'Chegwon' auf Deutsch nicht als 'Schuldrecht' bezeichnet werden, sondern muss den originalen koreanischen Ausdruck beibehalten. Das Chegwon hat die Rechtnatur als ein subjektives Recht der 'verkörperten Schuld' wie etwa 'Schuldschein' gewonnen.36
IV. Begriffsabwandelung des subjektiven Rechts
1. Deutsches Recht
Die deutsche h.M. definiert das subjektive Recht als eine Willensmacht, die dem einzelnen zur Befriedigung seiner Interessen von der Rechtsordnung verliehen wird.37 Bei dieser Definition handelt es sich aber nur um einen rein formalen Begriff, der nur etwas über die normlogische Struktur, nicht aber über den Inhalt und den Sinn des subjektiven Rechts aussagen soll.38 Die deutsche Rechtslehre geht davon aus, dass es nicht möglich ist, eine rein einheitliche, materiale Definition für das subjektive Recht zu finden.39 Außerdem steht das subjektive Recht vor Vollständigkeit der Rechtsmacht und Willensmacht. Wie oben zusehen ist, werden beim Deutschen BGB-System die Rechtsposition oder das Rechtsverhältnis wie Besitz, der Sicherungsmittel wie Vormerkung und die abgeleitete oder sekundäre Zuständigkeit wie Vollmacht nicht als subjektive Rechte anerkannt, weil ihnen die einheitliche Vollständigkeit fehlt.
2. Koreanisches Recht
Demgegenüber werden im koreanischen BGB-System der Besitz, die Vormerkung und die Vollmacht als subjektive Rechte anerkannt und verstanden. Die Definition des subjektiven Rechts ist in beiden Ländern identisch. Die koreanische h.M. definiert es als eine dem Einzelnen zur Befriedigung seines Interesses von der Rechtsordnung verliehene Willensmacht.40 Jedoch ist das subjektive Recht in Korea kein offener Begriff oder Rahmenbegriff wie in Deutschland, sondern vielmehr ein materieller Begriff. So werden alle Rechtsinstitute als subjektive Rechte anerkannt, wenn sie alle Merkmale der Definition des subjektiven Rechts erfüllen. Infolgedessen werden viele Rechtsinstitute im koreanischen Recht als subjektive Rechte anerkannt. Darüber hinaus wurden die gesetzlichen Regelungen wie Rückgriff und Regress, die nach dem deutschen Recht keine subjektiven Rechte darstellen, im koreanischen Recht zu subjektiven Rechten abgeändert.
C. Systemänderung des koreanischen BGB-Systems durch 'Chegwon'
I. Die Rechtsnatur des Chegwons
Die meisten koreanischen Rechtslehren vergleichen die Rechtsnatur des koreanischen Chegwons mit der deutschen Forderung, weil diese beiden den Rechtscharakter der subjektiven Rechte aus dem Schuldverhältnis darstellt.41 Nach deutschem Recht ist die Forderung ein schuldrechtlicher Anspruch.42 Demgegenüber betrachten die koreanischen Lehren Chegwon nicht als Anspruch.43 Gleichwohl definieren sie die Rechtsnatur des Chegwons nicht genau. Die missverständliche Definition von Chegwon führt zur Verwirrung der Rechtsnatur des Chegwons. Deshalb sollte die Rechtsnatur des Chegwons nach der Gesamtbetrachtung des koreanischen BGB-Systems bestimmt werden. Es bedarf der Untersuchung des Unterschieds der Rechtsnatur zwischen dem Chegwon und der deutschen Forderung.
1. Chegwon als Wertrecht
Die deutsche Rechtslehre betrachtet die Forderung als ein Vermögensrecht. So sind die Forderungen als Vermögensrechte auch grundsätzlich dem haftenden Vermögen des Gläubigers zuzurechnen.44
Forderungen sind grundsätzlich übertragbar, pfändbar und vererblich, es sei denn, es handelt sich um höchstpersönliche Rechte.
Nach koreanischem Recht wird Chegwon als ein Wertrecht betrachtet.45 Gemäß §373 KBGB kann selbst etwas, dessen Wert nicht in Geld berechnet werden kann, der Gegenstand eines Chegwons sein. Aus dieser Vorschrift geht man davon aus, dass der Begriff und die Rechtsnatur des Chegwons eine umfassende Bedeutung hat. Chegwon kann dabei alles sein, was nicht nur wirtschaftlichen, sondern auch juristischen und sozialen Wert hat, kann Gegenstand des Chegwons sein. In diesem Zusammenhang könnte man davon ausgehen, dass mit dem Objekt des Chegwons ein Begriff des '̀Wertes' indiziert wird. Also kann Chegwon als ein Wertrecht betrachtet werden.
Der Sinn des Vermögensrechts nach deutschem Recht und der Sinn des Wertrechts nach koreanischem Recht haben eine ganz ähnliche Bedeutung. Insofern haben die Rechtsnatur des Chegwons und die der Forderung als Vermögenswertrecht den gleichen Sinn.
2. Chegwon als Existenzrecht
Der entscheidende Unterschied der Rechtsnatur zwischen der Forderung und dem Chegwon liegt darin, dass die Forderung ein Leistungsrecht und Chegwon ein Existenzrecht darstellt.
Nach der deutschen Lehre sind Forderungen Leistungsrechte.46 Die Forderungen sind Rechte gegen eine bestimmte Person auf eine von dieser dem Berechtigten zu erbringende Leistung. Diese Betrachtung stimmt mit der deutschen Vorschrift des §241 DBGBs, "kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern", überein.
Die Rechtsnatur des Chegwons wird weder gesetzlich noch rechtswissenschaftlich exakt bestimmt. Sie kann nur durch die Gesamtbetrachtung des koreanischen BGB-Systems beurteilt werden.
a) Die Konstellation zwischen 'Chegwon' und 'Chonggugwon'
Wie oben bereits erwähnt wurde, bedeutet Chegwon wörtlich ins deutsche übersetzt 'Schuldrecht', das nach seiner Rechtsnatur ein subjektives Recht darstellt.47 Demgegenüber bedeutet 'Chonggugwon' des koreanischen Rechts das 'Forderungsrecht' nach deutschem Recht. Hier bedeutet 'Chonggu' die 'Forderung' und 'Gwon' das 'subjektives Recht'. Also stimmt das Chonggugwon wörtlich mit dem Forderungsrecht überein. Der Unterschied zwischen dem Forderungsrecht und Chonggugwon liegt darin, dass das Forderungsrecht nach deutschem Recht sich nur als einen schuldrechtlichen Anspruch darstellt, wogegen Chonggugwon nach koreanischem Recht einen allgemeinen Anspruch.48 Also bedeutet Chonggugwon wörtlich Forderungsrecht und dessen Rechtsnatur stimmt mit dem allgemeinen Anspruch überein. Demgegenüber stimmt die wörtliche Bedeutung des Chegwons keinerlei mit der Bedeutung der Forderung oder des Anspruchs überein. Chegwon ist stattdessen ein subjektives Recht, das aus einem Schuldverhältnis stammt. Nach dem wörtlichen Sinn stellt die Rechtsnatur des Chegwons ein subjektives Recht als 'verkörperte Schuld' dar.
b) Der Vorschriftenvergleich von § 241 BGB und § 373 KBGB
Im koreanischen Recht gibt es keine Vorschrift wie die in §241 DBGB, die auf Leistung des Schuldners abstellt, sondern nur eine Vorschrift des §373 KBGBs, welche auf den Wert der Schuld abstellt. Nach dieser Vorschrift könnte das Objekt des Chegwons jeder Gegenstand sein, dessen Wert sowohl durch einen Geldbetrag als auch ohne Geldbetrag bestimmt werden kann. Aus diesem Grund könnte man davon ausgehen, dass Chegwon nicht als ein 'Leistungsrecht' wie die deutsche Forderung, sondern als ein 'Wertrecht',49 das dem Gläubiger im Schuldverhältnis zugesprochen wird, betrachten.
c) Die Systembildung durch dingliches Recht und Chegwon
Die Rechtsnatur des Chegwons könnte aus der Systembildung des koreanischen BGBs herausgefunden werden. Wie die zweite Grafik zeigt, baut das deutsche BGB auf die Zusammensetzung des Sachenrechts, das das sachenrechtliche Verhältnis darstellt, und mit dem Schuldrecht, das das schuldrechtliche Verhältnis darstellt, auf. Demgegenüber setzt sich das koreanische BGB aus dem dinglichen Recht und dem Chegwon zusammen, welche die subjektiven Rechte darstellen. Also besteht das deutsche BGB-System aus Rechtsverhältnissen und das koreanische BGB-System aus subjektiven Rechten. Aus dieser Konstellation kann das Chegwon als einen dem dinglichen Recht gegenüberstehenden Begriff verstanden werden. Wenn das dingliche Recht auf einer Sache gegründet ist, müsste das Chegwon auf eine Person gegründet sein, weil es eine Rechtsbeziehung einer Person zu anderen Personen darstellt. Chegwon ist ein subjektives Recht, das aus einer schuldrechtlichen Beziehung entsteht. So müsste das Rechtsobjekt des Chegwons eine Person sein. Aber nach koreanischem BGB-System kann eine Person selbst nicht ein Gegenstand eines subjektiven Rechts sein.50 So ist es davon auszugehen, dass nicht die Person selbst, sondern ein Teil der Fähigkeit einer Person das Objekt des schuldrechtlichen subjektiven Rechts sein kann.51 Aus diesem Verhältnis könnte man annehmen, dass Chegwon auf einen Teil der Fähigkeit einer Person existiert.
Der Begriff und die Rechtsnatur des Chegwons nach koreanischem Recht unterscheidet sich von der Rechtsnatur der deutschen Forderung, welche als ein schuldrechtlicher Anspruch einen Durchsetzungscharakter hat. Wie das dingliche Recht die unmittelbare Beziehung zur Sache hat, hat Chegwon die unmittelbare Beziehung zu dem Teil der Fähigkeit einer Person. Folglich kann Chegwon als ein 'Existenzrecht' angesehen werden. Weiterhin müsste sich die Rechtsnatur des Chegwons von der des Anspruchs unterscheiden. Ein Anspruch nach dem KBGB wie dem DBGB wird als das subjektive Recht definiert, durch welches von einem anderen ein Tun oder ein Unterlassen verlangen werden kann.52 Demgegenüber stellt der Charakter des Chegwons nach dem KBGB ein 'Wert-Existenz-Recht' dar. Wenn ein Chegwon entstanden ist, kann dieses Recht durch einen Anspruch durchgesetzt werden, so stellen die Rechtsverhältnisse zwischen Chegwon und Anspruch ein Verhältnis zwischen 'Wert-Existenz-Recht' und 'Durchsetzungsrecht' dar.
3. Chegwon als relatives Recht
a) Forderung als ein auf Handlung abgestelltes Recht
Nach deutschem Recht ist die Forderung kein absolutes Recht, sondern ein relatives Recht, weil es nicht gegen Jedermann, sondern nur gegen bestimmten Verpflichteten, den Schuldner, gerichtet ist.53 Auch ist die Forderung kein Herrschaftsrecht, da sie weder die Person des Schuldners noch den Leistungsgegenstand der unmittelbaren Herrschaft des Gläubigers unterwirft.54 Nach §241 DBGB ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Forderung der Leistung richtet sich auf die Leistungshandlung des Schuldners. So ist der Charakter der Forderung als ein auf 'Handlung' abgestelltes Recht anzusehen.
b) Chegwon als ein auf Leitungsfähigkeit abgestelltes Recht
Nach koreanischem Recht wird Chegwon allgemein wie die deutsche Forderung als ein relatives Recht betrachtet.55 In koreanischer Rechtslehre wurde jedoch heftig über den 'Drittschaden des Chegwons' diskutiert. Diese Lehre geht davon aus, dass das Chegwon durch die Verkörperung des Rechts aus dem Schuldverhältnis als ein absolutes Recht aufgefasst werden sollte, weil das Chegwon wie das allgemeine subjektive Recht auch die unverletzbare Wirkung hat.56 Wenn das Chegwon als eine Leistungsforderung wie im deutschen Recht angesehen werden würde, könnten solche Diskussionen ausbleiben, weil eine Verletzung der Handlung eines Anderen theoretisch nicht den Gläubiger unmittelbar beeinflussen würde. Der Hintergrund dieser Behauptung geht nicht von der Handlung des Schuldners aus, sondern setzt die Existenz eines Wertrechtes aus dem Schuldverhältnis, also die Leistungsfähigkeit des Schuldners, voraus. Diese Lehre hat die Fähigkeit der Person als Gegenstand des Chegwons angesehen. Jedoch kann diese Fähigkeit einer Person nach ihrer Bedeutung hier auch nicht konkretisiert oder verkörpert werden, sondern bleiben nur latent. Der Gedanke das 'Drittschadens des Chegwons' ist zu verneinen, weil die Verletzung des Chegwons, das auf der potenzielle Fähigkeit des Schuldners gründet, nicht möglich ist. Obwohl das Chegwon gem. §375 Abs.2 KBGB konkretisiert ist, hat Chegwon kein unmittelbares Recht auf die konkretisierte Sache, sondern ein Recht auf die Fähigkeit des Schuldners, durch die der Schuldner als Berechtigter das Eigentum der konkretisierten Sache dem Gläubiger übertragen kann. Solange der Schuldner seine konkretisierte Sache dem Gläubiger nicht übereignet, wird sie nicht dem Vermögen des Gläubigers zugeordnet, sondern fällt immer noch in das Vermögen des Schuldners. Aus diesem Grund geht man davon aus, dass das Chegwon nach koreanischem Recht als ein Existenzrecht auf Fähigkeit und gleichwohl als ein relatives Recht betrachtet werden muss.
II. Der Begriff des Chegwons
Das Rechtssubjekt des Chegwons ist wie bei allen subjektiven Rechten die Person, also der Gläubiger. Und das Rechtsobjekt des Chegwons ist 'ein Teil der Fähigkeit der Person(des Schuldners)'. Also ist das Chegwon ein 'Wert-Existenz-Recht', das auf einen Teil der Fähigkeit einer bestimmten Person(Schuldner) abstellt.
D. BGB-System durch Anspruch
I. Das deutschen BGB-System
Nach deutschem Recht werden die Forderungen als selbständige Ansprüche angesehen, weil sie für sich selbst bestehen und nicht auf ein anderes Recht bezogen sind, dem sie dienen und aus dem sie sich ableiten.57 Demgegenüber sind die allgemeinen Ansprüche als Unselbständige Ansprüche anzusehen. Unselbständige Ansprüche haben eine dienende Funktion. Sie dienen der Verwirklichung und dem Schutz anderer Rechte, z.B. eines Persönlichkeitsrechts oder eines Herrschaftsrechts.58 Das Verhältnis zwischen der Forderung und dem Anspruch stellt den charakterlichen Unterschied dar, wobei die Forderung selbst ein Anspruch ist. Der Unterschied besteht nicht in sachliche, sondern nur in der Selbständigkeit des Anspruchs.59
II. Das koreanischen Systems mit Chegwon und Anspruch
Nach koreanischem BGB-System stellt Chegwon als 'Wert-Existenz-Recht' die Entstehungsgründe der Ansprüche dar. Demgegenüber stellt der Anspruch ein Durchsetzungsinstrument des Chegwons dar. In diesem Verhältnis sind alle Ansprüche nach dem koreanischen Recht unselbständige Ansprüche im deutschen Recht, weil sie die dienende Funktion für dingliche Rechte und für das schuldrechtliche Chegwon haben.
Gegenüber dem deutschen BGB-System zeigt das Verhältnis zwischen Chegwon und Anspruch einen funktionalen Unterschied, weil das Chegwon ein schuldrechtliches Existenzrecht ist und der Anspruch als Durchsetzungsinstrument für das Chegwon eine dienende Funktion hat.
III. Dogmatisch-systematische Entwicklung
Trotz des Unterschiedes der BGB-Systeme nach deutschem und koreanischem Recht gibt es die Gemeinsamkeit, dass die Ansprüche als Durchsetzungsinstrumente der bestehenden subjektiven Rechte (Chegwon und dingliches Recht) für die zivilrechtlichen Streitigkeiten eingesetzt werden können. Somit ist es notwendig, den Unterschied zwischen den dogmatischen Entwicklungen der Rechtsausübung zu untersuchen. Hier kommen die Einwendung und Einrede gemeinsam für beide Systeme als Hindernisse der Rechtsausübung in Betracht.
1. Einwendung
a) Rechtshindernde Einwendung
Nach deutschem Recht lässt die rechtshindernde Einwendung die Ansprüche gar nicht entstehen, unabhängig davon, ob es sich um selbständige oder unselbständige Ansprüche handelt.60 Demgegenüber hindert sie nach koreanischem Recht nicht die Entstehung der Ansprüche, sondern die des Chegwons selbst.61 Wenn das Chegwon nicht entstanden ist, kommt dessen Durchsetzung, welche durch den Anspruch erfolgen würde, erst Recht nicht in Frage. Also richtet sich die Einwendung auf die Entstehung des Chegwons.
b) Rechtsvernichtende Einwendung
Bei dem Institut der vernichtenden Einwendung besteht auch eine ähnliche dogmatische Konstellation. Nach deutschem Recht lässt die Rechtsvernichtende Einwendung die Ansprüche, die wirksam entstanden waren, untergehen. Wenn eine Einwendung dieser Art besteht, würde der Anspruch, der wirksam entstanden ist, durch die Geltendmachung der Einwendung wieder erlöschen.62 Demgegenüber führt die Rechtsvernichtende Einwendung nach koreanischem Recht zum Untergang des entstandenen Chegwons, nicht zu dem des Anspruchs.63
2. Einrede
Bei dem Rechtsinstitut der Einrede gilt die selbe dogmatische Entwicklung für beiden Rechtssysteme, weil die Einrede die Entstehung des Anspruchs voraussetzt. Nach deutschem Recht stellt die Forderung selbst einen Anspruch dar, während nach koreanischem Recht für die Entstehung des Anspruchs die Entstehung des Chegwons vorausgesetzt wird.64 In beiden BGB-Systemen spielt die Einrede für die Durchsetzbarkeit des Anspruchs eine Rolle. Wenn eine Einrede von Schuldner geltend gemacht wird, kann der Anspruch von Gläubiger nicht wirksam durchgesetzt werden, obwohl wirksam entstanden ist.
E. Stellungnahme
Die vorstehende Analyse hat gezeigt, dass zahlreiche Rechtsinstitute des deutschen BGB-Systems im Zuge der Rezeptionsgeschichte des koreanischen BGB in subjektive Rechte umgewandelt wurden. Dabei hat sich als ein wesentlicher Unterschied, der zu einer entscheidenden Systemänderung des koreanischen BGB-Systems geführt hat, die Existenz des Chegwon erwiesen. Im koreanischen BGB ist das Chegwon zu einem dem dinglichen Recht gegenüberstehenden Begriff entwickelt worden. Es kann als ein 'Wert-Existenz-Recht' verstanden werden, das von der Leistungsfähigkeit des Schuldners abhängt.
Insgesamt stellt das koreanische BGB-System ein auf subjektiven Rechten basierendes System dar. Hierin liegt ein wesentlicher Unterschied zum System des deutschen BGB. Die sich im Zuge der Rezeptionsgeschichte ausgebildeten Systemunterschiede des koreanischen BGB im Vergleich zum deutschen BGB haben dazu geführt, dass sich das Privatrechtsverständnis in beiden Ländern inzwischen nicht unerhebliche Unterschiede aufweist. Trotzdem bestehen weiterhin große Gemeinsamkeiten; insbesondere werden in beiden Rechtsordnungen subjektivrechtliche Ansprüche als Instrument zivilrechtlicher Streitigkeiten verwendet. Die Kenntnis und das Verständnis der Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Rechtsentwicklung sind für die künftige Zusammenarbeit zwischen Juristen aus beiden Rechtsordnungen von zentraler Bedeutung. Deswegen ist die künftige nähere Untersuchung der dogmatischen Grundstrukturen der Zivilrechtsordnung in beiden Ländern eine wichtige Grundlage für die vergleichende Rechtswissenschaft im Bereich des Zivilrechts in Korea und Deutschland.
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