Redern, Hedwig von, *23.4.1866 Berlin, +22.5.1935 Potsdam; Dichterin, Schriftstellerin. Seit dem Besuch einer Evangelisation E. -» Schrenks in Berlin 1887 in der —» Gemeinschaftsbewegung geistlich zu Hause, hat v.R. diese selbst mitgeprägt. Mitarbeiterin vor allem des Grafen von —» Bernstorff, Autorin mehrerer Lebensbilder mit einer Vorliebe für die mittelalterlichen Mystiker, Schriftleiterin einiger Zeitschriften, so 1899 bis 1935 des Kinderblattes »Wehr und Waffe«, Mitbegfünderin des Deutschen —> Frau- enmissions-Gebetsbundes, für den sie viel reiste, kommt v. R. namentlich als Dichterin und Übersetzerin zahlreicher Erwek- kungs- und Heiligungslieder Bedeutung zu. Bekannte Lieder u.a. »Hier hast du meine beiden Hände«, »Näher, noch näher«, »Weiß ich den Weg auch nicht«, »Wenn nach der Erde Leid«.
Lit.: H.v.R., Knotenpunkte. Selbstbiographie (o.J. nach ihrem Tod veröffentlicht) - A. Roth, H.v.R. Eine Zeugin durch Lied und Leid, r9s8
Balders
Reformation
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Luther und die Anfänge der Reformation Martin Luther, *10.11.1483 in Eisleben, +18.2.1546 in Eisleben. Schulbesuch in Mansfeld, Magdeburg und Eisenach, 1501 Jurastudium in Erfurt, 1505 auf Grund eines Gelübdes Eintritt ins Kloster der Augustiner-Eremiten in Erfurt, 1507 Priesterweihe, Theologiestudium, 1508 Versetzung in den
Martin Luther
Konvent zu Wittenberg, dort gefördert durch den Ordensvikar Joh. von Staupitz. 1510 Romreise, 1512 Promotion zum Doktor der Theologie, dann Übernahme der biblischen Professur an der Hochschule Wittenberg.
In der Klosterzeit erlitt er schwere innere Anfechtungen. Gequält von einem tiefen Sündenbewußtsein, suchte er —> Heilsgewißheit in —> Askese und Buße, ohne von der Sündenangst frei zu werden. Die kath. Bußlehre verstand Gottes Gerechtigkeit vom —* Gesetz her: Das Gesetz als Gottes Gebot fordert vom Menschen eine zu erfüllende eigene Gerechtigkeit (gute Werke, Verdienste). Dem Sünder aber begegnet Gottes Gerechtigkeit als Zorn und Strafe, die bis zur Verdammnis geht. Wohl gewährt die Kirche durch Buße und Absolution Zugang zur Gnade. Die Gnade tritt heilend und ergänzend zur Gerechtigkeit hinzu, indem sie zur Erfüllung des Sittengesetzes hilft und Erlaß von Sündenstrafen bewirkt. Aber Gnade bleibt bezogen auf das Gesetz und die vom Gesetz geforderte Eigengerechtigkeit, die sie vollenden hilft. Jedoch die verzweifelte Erfahrung, daß die Vollkommenheit trotz heiligmachender Gnade und Ablaß nicht zu erreichen war, und die Einsicht in die unheiligen Zustände sogar in der Kirche, wurden vielen zur Anfechtung. Andere drängten nach immer mehr Gnadenmitteln zum Nachlaß von Sündenstrafen. Das Spätmittelalte* erlebte eine starke Steigerung des Reliquien- und Ablaßwesens, der Heiligenverehrung, der Wallfahrten, der Messgottesdienste und auch der Schenkungen, die der Kirche »um der Seelen Heil willen» zufielen.
Auf dem Hintergrund dieser Zeitverhältnisse ist die neue Erkenntnis zu sehen, die Luther beim Studium des Römerbriefes um 1512 aufgegangen ist: Er begriff, daß die Gerechtigkeit, die Gott im Evangelium offenbart und mitteilt, uns nicht nach unserer Gesetzeserfüllung beurteilt, und daß Gnade nicht etwas ist, was dazukommt, um unserem eigenen Gerechtsein nachzuhelfen und es zu ermöglichen. Die Gerechtigkeit, die Gott im Evangelium zuteil werden läßt, ist überhaupt nicht ein Zweites neben der Gnade, sondern sie ist die rechtfertigende Gnade selbst, die dem Glaubenden seine Sünde nicht anrechnet, sondern vergibt. Das ist die —» Rechtfertigung aus Glauben (nicht auf Grund von Gesetzeswerken), die dann 1530 vor dem Augsburger Reichstag in der Confessio Augustana als Bekenntnis der Evangelischen so umschrieben ist: »Weiter wird gelehrt, daß wir Vergebung der Sünden und Gerechtigkeit vor Gott nicht erlangen mögen durch unser Verdienst, Werk und Genugtuung, sondern daß wir Vergebung der Sünden bekommen und vor Gott gerecht werden aus Gnaden, um Christus willen, durch den Glauben, so wir glauben, daß Christus für uns gelitten habe, und daß uns um seinetwillen die Sünde vergeben, Gerechtigkeit und ewiges Leben geschenkt wird . . .«. Das Gesetz Gottes dient dem Gläubigen wohl noch zur Erkenntnis der —> Sünde, aber Gott verurteilt ihn nicht mehr auf Grund der Gesetzesforderung, weil Christus unsere Verurteilung auf sich genommen hat. Christus hat die Seinen vom Fluch des Gesetzes losgekauft. Luther stützt sich hier ganz auf Paulus. Rechtfertigung aus —> Glauben ist Rechtfertigung auf Grund der Gerechtigkeit Christi. In der juristischen Ausdrucksweise der damaligen Theologie heißt das, daß Gott dem Glaubenden die Sünde nicht mehr »anrechnet», sondern die Gerechtigkeit Christi »zurechnet». Aber die religiöse Wirklichkeit, die hinter dieser Formulierung steht, ist das neue Leben in Christus. Der Glaube rechtfertigt ja nicht durch sich selbst, sondern weil »Christus sich durch ihn in dem Menschen gegenwärtig macht« (Althaus). Glaube ist der Anfang des neuen Lebens in Christus. Wenn Paulus Gal 2,19—21 sagt, er sei dem Gesetz gestorben (weil Christus den Tod, des Gesetzes Urteil über den Sünder, für ihn erlitten hat), und fortfährt, daß er nun auch am Leben des Auf erstandenen teilhat (»Christus lebt in mir«), so ist doch diese Teilhabe jetzt, im irdischen Leben, erst Vorwegnahme des Künftigen (»das lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes«). Der Glaube ist also die Weise, in welcher der sterbliche Mensch jetzt schon in die Lebensgemeinschaft mit Christus ein- tritt. Dieses paulinische Zeugnis ist in allen seinen Stufen erneuert in der Theologie Luthers, aber dahinter steht zugleich seine eigene Glaubenserfahrung, seine Verzweiflung am Gesetz, die bis zum Gefühl rettungsloser Verlorenheit hinabging, und dann die am Bibelwort widerfahrene, befreiende und erhellende Heilsgewißheit der Gnade und Versöhnung in der gläubigen Zuwendung zu Christus. Die unerhörte Wirkung, die von Luther ausging, beruhte sicher in erster Linie darauf, daß er aus dem Neuen Testament die kirchengründende Botschaft des Evangeliums neu verkündet hat, aber wesentlich war doch auch, daß zugleich seine ganz persönliche Gotteserfahrung diese Verkündigung mitprägte und bewirkte, daß er Lehrer und Zeuge in einem war.
Aus der Tatsache, daß der gläubige Christ zwar noch im sterblichen »Fleisch« lebt, aber im Glauben dem neuen Äon, dem auferstandenen Christus zugehört, erklärt sich, warum Luther sagt, daß der Christ Gerechter und Sünder zugleich sei (simul justus et peccator). Weil und solange ein Mensch noch im Fleisch lebt, ist noch der Stachel der Sünde in ihm. Deshalb kann er auch jetzt, als Glaubender, nicht etwa eine eigene Gerechtigkeit aufrichten. Er lebt im Gegenteil immer noch und immer neu von der Sündenvergebung. Aber durch den Glauben, wegen Christus, lebt er wirklich in der Vergebung. Rechtfertigung aus Gnade ist Sündenvergebung. Die Konsequenz aus dieser Situation ist der innere Kampf des Geistes wider das Fleisch, das Ringen um das geistliche Wachstum im gleichzeitigen Ablegen des »alten Menschen«. Das führte zu einer Verinnerlichung der Frömmigkeit, wie sie für das Luthertum charakteristisch wird. Freilich, wenn auch der Glaube nicht hilft, eine eigene Gerechtigkeit des Fleisches aufzurichten, so treibt er doch das Werk Christi in uns und durch uns am Nächsten, wie es in der Schrift »Von der Freiheit eines Christenmenschen« heißt: »Sieh, also fleußet aus dem Glauben die Lieb und Lust zu Gott und aus der Lieb ein frei, willig, fröhlich Leben, dem Nächsten zu dienen umsonst«. Im Glauben empfängt der Christ das neue Leben des Auferstandenen und wird mit Gott versöhnt. Glaube aber wird durch die Predigt des Evangeliums, also durch das Wort gewirkt. Wort und —> Geist Gottes gehören zusammen. Auch das -» Sakrament lebt für Luther vom Wort, von der Verheißung der Sündenvergebung, zu welcher aber das sichtbare Zeichen hinzutritt. Eigentliche Sakramente sind nur —» Taufe und —> Abendmahl. Damit reduziert sich das geistliche —> Amt auf Predigt und Sakramentsverwaltung. Das bisherige, differenzierte System der priesterlichen Gnadenvermittlung ist aufgehoben.
Der Konflikt mit Rom begann am 31. 10. 1517 mit dem Anschlag von 95 Thesen, gegen den Ablaß gerichtet, an der Schloßkirche zu Wittenberg. Luther wurde in Rom angeklagt, wo man nach einigem Zuwarten den Prozeß gegen ihn eröffnete. Nach einem Verhör durch den Kardinal Cajetan und nach der Leipziger Disputation (1519) mit Dr. Eck verfaßte er 1520 die Schriften, die den eigentlichen Anstoß zur Reformation gaben: »An den christlichen Adel deutscher Nation . . .«, »De captivitate Babylonica eccle- siae praeludium« und »Von der Freiheit eines Christenmenschen«. Die erste ist ein Aufruf an Kaiser, Fürsten und Adel - also an die weltliche Herrschaft die Kirchenreform in die Hand zu nehmen. Die zweite ist eine Kritik der römischen Sakramentslehre und die dritte eine Neubegründung der christlichen Ethik vom reformatorischen Ansatz aus, d.h. vom Evangelium, nicht mehr vom Gesetz her.
Im gleichen Jahr fordert die päpstliche Bulle »Exsurge domine« Luther zum Widerruf auf. Dieser verbrennt die Bulle, zugleich auch die päpstlichen Dekretalen (Rechtserlasse) öffentlich zu Wittenberg. Sowohl die geistliche, wie die weltliche Obergewalt des Papstes wird durch diesen Akt demonstrativ in Frage gestellt. Die Antwort der Kurie ist der Bann durch die Bulle »Decet Romanum pon- tificem« vom Januar 1521. Aber nun muß der Reformator sich vor dem Reichstag ver-
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