Gemäß der äthiopischen Verfassung ist das Justizsystem zwar eine unabhängige Institution, jedoch gibt es keine effektive Gewaltenteilung zwischen Judikative und Exekutive. Die Macht liegt hauptsächlich beim Premierminister und die Gerichte arbeiten unter strenger Anweisung der Regierung (USDOS, Ethiopia, 27. Februar 2014, S. 1; Bertelsmann Stiftung, Ethiopia Country Report, 2014, S. 9.). Politisch motivierte Gerichtsverfahren sind häufig (Bertelsmann Stiftung, Ethiopia Country Report, 2014, S. 9). Ende 2012 gab es gemäß Schätzungen von NGOs 400 politische Gefangene in Äthiopien (Freedom House, Freedom in the World 2013, Ethiopia, Januar 2013).
Haftbedingungen, Folter, Todesstrafe
Amnesty International beschreibt die Zustände in äthiopischen Gefängnissen als sehr prekär. Es gibt weder genügend Nahrung noch sauberes Wasser. Zudem sind die sanitären Anlagen in einem bedenklichen Zustand. Der Zugang zu einem rechtlichen Beistand wird oftmals nicht gewährleistet. Gewissen Häftlingen ist es nicht erlaubt, ihre Familien zu kontaktieren (HRW, World Report 2014, Ethiopia, 21. Januar 2014.). Die medizinische Versorgung wird den Gefangenen teilweise bewusst verweigert .
Olbana Lelisa und Bekele Gerba, beides Führungspersonen der politischen Opposition, wird die medizinische Behandlung verweigert. Berichten zufolge befinden sie sich im Kaliti-Gefängnis. (AI, Further Information on Urgent Action, 25. April 2014, S. 1:
www.amnesty.org/en/library/asset/AFR25/001/2014/en/6a05e90f-4a9a-443b-95b4-02c69b54e990/afr250012014en.pdf).
Misshandlungen und Folter sind weit verbreitet. Es gibt Berichte über Gefangene, die in Haft gestorben sind. Geständnisse werden unter Folter erpresst. Laut Amnesty International kommt es insbesondere bei Verhören durch die Polizei und in Untersuchungshaft zu Folterhandlungen (AI, Amnesty International Report 2013, Äthiopien, 23. Mai 2013). Einer Delegation des Europäischen Parlaments wurde der Zugang ins Kaliti-Gefängnis in Addis Abeba im Juli 2013 verweigert, obwohl sie zuvor eine Bewilligung erhalten hatte (HRW, World Report 2014, Ethiopia, 21. Januar 2014). Selbst das IKRK hat zu vielen Haftanstalten im Land keinen Zutritt.
Das äthiopische Strafgesetzbuch sieht die Todesstrafe für eine Vielzahl von Straftaten wie Verbrechen gegen den Staat, Völkermord, Feigheit vor dem Feind, Mord oder bewaffneter Raubüberfall vor. Die Vollstreckung der Strafe bedarf der Zustimmung des Staatspräsidenten. Gemäß Amnesty International wurden im Jahr 2013 mindestens acht Todesstrafen ausgesprochen (Amnesty International, Oral Statement by Amnesty International, Item 8, Activity Reports of Mem-bers of the Commission and Special Mechanisms, Chairperson of the Working Group on Death Penalty and Extrajudicial, Summary or Arbitrary Executions in Africa, 5. Mai 2014, S. 3:
www.amnesty.org/en/library/asset/AFR01/002/2014/en/45fe21d5-eae0-4248-bb96-8f099bc467ca/afr010022014en.pdf. www.icrc.org/eng/assets/files/annual-report/current/ icrc-annual-report-ethiopia.pdf ). Aufgrund der generellen Intransparenz und den rechtlichen Einschränkungen für Menschenrechtsorganisationen ist es äußerst schwierig, Informationen über die Todesstrafe in Äthiopien zu erhalten.
Menschenrechtslage
Human Rights Watch konstatiert eine deutliche Verschlechterung der Menschen-rechtssituation in den letzten Jahren (HRW, Ethiopia, Brutal Crackdown on Protests, 5. Mai 2014:
www.ecoi.net/local_link/275297/404430_de.html ). Gemäß den aktuellen Berichten von US-DOS, Freedom House und Amnesty International kommt es in Äthiopien häufig zu Menschenrechtsverletzungen. Grundrechte wie die Meinungs-und Versammlungs-freiheit werden von der äthiopischen Regierung mit Füssen getreten. Personen, die sich kritisch gegenüber dem Regime äußern, werden schikaniert, bedroht und willkürlich verhaftet. Studentinnen und Studenten oder ethnische Minderheiten, die sich gegen "Entwicklungsprojekte" der Regierung aussprechen, werden ebenso festgenommen wie Muslime, die sich gegen die Einmischung der Regierung in religiöse Angelegenheiten wehren (USDOS, Ethiopia, 27. Februar 2014; HRW, World Report 2014, Ethiopia, 21. Januar 2014; AI, Amnesty International Report 2013, Ethiopia, 23. Mai 2013; HRW, Ethiopia, Brutal Crackdown on Pro-tests, 5. Mai 2014:
www.ecoi.net/local_link/275297/404430_de.html). Bei Verhören kommt es oft zu Misshandlungen und Folter. Zudem wird das äthiopische Regime für extralegale Tötungen und das Verschwindenlassen von Personen verantwortlich gemacht (AI, Amnesty International Report 2013, Ethiopia, 23. Mai 2013).
Mitglieder von oppositionellen Parteien werden regelmäßig verhaftet und verurteilt. Gemäß Amnesty International werden auch vermeintlich Oppositionelle festgenommen Freedom House, Freedom in the World, Ethiopia, 9. Mai 2013).
Frauen und Kinder
Sexuelle Gewalt gegen Frauen und Diskriminierung von Frauen und Mädchen sind in Äthiopien weit verbreitet. Vergewaltigung gilt zwar als Straftatbestand, jedoch werden viele Fälle nicht angezeigt, da sich die Frauen schämen oder kein Vertrauen in das chronisch überlastete Justizsystem haben. Bei einer Anzeige werden die Täter oft nicht strafrechtlich belangt oder erhalten lediglich kleine Geldstrafen. Die Diskriminierung von Frauen ist insbesondere auf dem Land ausgeprägt, wo 85 Prozent der äthiopischen Bevölkerung lebt. Spezifische gesetzliche Bestimmungen verankern die vorhandenen patriarchalen Strukturen und verstärken somit die Diskriminierung von Frauen. So gilt beispielsweise der Mann gesetzlich als "Familienoberhaupt". Er erhält das alleinige Sorgerecht für die gemeinsamen Kinder über fünf Jahre. Bei einer Scheidung erhält die Frau laut Gesetz lediglich während drei Monaten finanzielle Unterstützung. Auf dem Arbeitsmarkt haben Frauen weniger Arbeitsmöglichkeiten. Zudem verdienen sie weniger als Männer. Die Beschneidung von Mädchen (Female Genital Mutilation, FMG) wird in Äthiopien nach wie vor praktiziert (Gemäß einer Umfrage im Jahr 2009 gaben 66 Prozent der befragten Frauen im Alter von 21 und 24 Jahren an, dass sie eine Form der Beschneidung erlebten. In den Regionen Afar (90.3%), Oromia (77.4%) und SNNPR (74.6%) ist die Zahl der Betroffenen am höchsten.
USDOS, Ethiopia, 27. Februar 2014, S. 29). Die Täter werden in der Regel nicht bestraft, da das Beschneiden von Mädchen von einer breiten Masse der äthiopischen Bevölkerung nicht als Straftat angesehen wird. Das US-DOS weist zudem auf die Problematik von Zwangs-und Kindsheiraten hin. In den Regionen Amhara und Tigray werden Mädchen häufig bereits im Alter von sieben Jahren verheiratet (Ebenda, S. 26-28). Seit der Verabschiedung des NGO-Gesetzes hat die Zahl von Organisationen, die sich für die Rechte von Frauen einsetzen, stark abgenommen. Betroffene, die sich aus einem Umfeld von geschlechtsspezifischer Gewalt befreien, haben große Mühe, Organisationen oder Stellen zu finden, die sie unterstützen (UKFCO, The 2012 Foreign and Commonwealth Office Report, April 2013, S. 41).
Medizinische Versorgung
Aufgrund der hygienischen Verhältnisse und der unzureichenden Versorgung mit Medikamenten sowie des Mangels an entsprechendem Fachpersonal entspricht die Lage in den Krankenhäusern (auch in der Hauptstadt) nicht dem europäischen Standard
Es gibt in Äthiopien weder eine kostenlose medizinische Grundversorgung noch beitragsabhängige Leistungen. Die medizinische Behandlung erfolgt entweder in staatlichen Gesundheitszentren bzw. Krankenhäusern oder in privaten Kliniken. Die Behandlung akuter Erkrankungen oder Verletzungen ist durch eine medizinische Basisversorgung gewährleistet. Komplizierte Behandlungen können wegen fehlender Ausstattung mit hochtechnologischen Geräten nicht durchgeführt werden.
Chronische Krankheiten, die auch in Äthiopien weit verbreitet sind, wie Diabetes, Schwäche des Immunsystems etc. können mit der Einschränkung behandelt werden, dass bestimmte Medikamente ggf. nicht verfügbar sind. Durch die Entwicklung der Devisenreserven in Äthiopien sind Einfuhren von im Ausland hergestellten Medikamenten von Devisenzuteilungen durch die Nationalbank zur Bezahlung von Handelspartnern im Ausland abhängig. Deswegen kann es bei bestimmten Medikamenten gelegentlich zu Versorgungsengpässen kommen. Generell ist die medizinische Versorgung auf dem Land wegen fehlender Infrastruktur erheblich schlechter als in den städtischen Ballungszentren
(Quellen: Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien 08.04.2013 (Stand Februar 2014); Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (3.9.2014): Reise und Aufenthalt - Äthiopien - Sicherheit und Kriminalität, http://www.bmeia .gv.at/ reise-aufenthalt/reiseinformation/land/aethiopien/, [Zugriff 11.09.2014]).
Behandlung nach der Rückkehr
Es sind bisher keine Fälle bekannt, dass zurückgekehrte Äthiopier Benachteiligungen oder gar Festnahme oder Misshandlung ausgesetzt waren. Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer, insbesondere für unbegleitete Minderjährige gibt es nicht. Rückkehrer können nicht mit staatlicher Unterstützung rechnen (AA 8.4.2014).
Die Regierung arbeitet bei der Flüchtlingshilfe und bei zurückkehrenden Staatsbürgern generell mit dem UNHCR und anderen humanitären Organisationen zusammen. Die Arbeit von Hilfsorganisationen wird aber manchmal durch Behörden, bewaffnete Gruppen und die unstete Sicherheitslage eingeschränkt (USDOS 27.2.2014).
Für Opfer staatlicher Repression besteht grundsätzlich die Möglichkeit, ihren Wohnsitz in andere Landesteile zu verlegen, womit sie einer lokalen Bedrohungssituation entgehen können. Die Gründung einer neuen wirtschaftlichen und sozialen Existenz in anderen Landesteilen ist jedoch angesichts des niedrigen Existenzniveaus in allen Landesteilen und der ethnischen Abgrenzung schon aus sprachlichen Gründen schwierig. In den größeren Städten ist ein wirtschaftlicher Neuanfang im Vergleich leichter möglich (Auswärtiges Amt, 8. April2014, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien; U.S. Department of State, 27. Feber 2014, Country Report on Human Rights Practices 2013 - Ethiopia, , http://www.ecoi.net/local_link/270706/400790_de.html, Zugriff [11.09.2014];
Versammlungsfreiheit, Vereinigungsfreiheit, Opposition
Die Verfassung gewährleistet Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, beide werden in der Praxis aber eingeschränkt (Freedom House, 23. Jänner 2014, Freedom in the World 2014 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/local_link/277837/407183_de.html, [Zugriff 11. September 2014]).
Die Verfassung und weitere Gesetze sehen die Versammlungsfreiheit vor. Die Regierung respektiert das Recht aber nicht. Die Organisatoren großer öffentlicher Versammlungen oder Demonstrationen müssen die Regierung 48 Stunden vorher benachrichtigen und eine Genehmigung einholen. Die Behörden können die Genehmigung nicht verweigern, können aber verlangen, die Veranstaltung aus Sicherheitsgründen oder Gründen der Bewegungsfreiheit an einem anderen Ort oder Zeitpunkt zu veranstalten. Über eine zeitliche oder örtliche Verlegung durch die Behörden müssen die Organisatoren innerhalb von 12 Stunden nach ihrem Antrag auf Genehmigung schriftlich verständigt werden. In der Realität werden Demonstrationen allerdings meist von Sicherheitskräften blockiert, Menschen festgehalten oder verhaftet, mit der Begründung, dass keine Genehmigung vorliege. Während es Anfang Juni 2013 der Blue Party gelang, eine friedliche Demonstration mit mehreren tausend Demonstranten abzuhalten, wurden nachfolgende Demonstrationen der UDJ und auch der Blue Party in Addis Abeba sowie in anderen Städten behindert und zerstreut. Die Parteien berichten über Festnahmen, Hausarrest, Bürorazzien und Beschlagnahmung von Material.
Oppositionsparteien wie die All Ethiopian Unity Party (AEUP), die Unity for Democracy and Justice Party (UDJ), die Blue Party, die Ethiopian Raey (Visionary) Party u.a. berichten regelmäßig von Problemen, Örtlichkeiten für Versammlungen zu erhalten. Raumreservierungen werden kurzfristig storniert, oder es werden Genehmigungen der Behörden verlangt, z.B. einen Parteitag abzuhalten, obwohl es für eine solche Forderung keine gesetzliche Grundlage gibt. Einflussnahmen auf Hotels oder andere Anbieter werden von Regierungsseite regelmäßig abgestritten. Ebenso berichten die Parteien von massiven Schwierigkeiten, friedliche Demonstrationen zu organisieren.
Das Gesetz sieht die Vereinigungsfreiheit sowie das Recht auf uneingeschränkte friedliche politische Aktivität vor. Die Regierung schränkt diese Rechte jedoch ein Das NGO-Gesetz sowie die Ende 2011 dazu eingeführten Verwaltungsvorschriften haben erhebliche Auswirkungen auf zivilgesellschaftliches Engagement, insbesondere im Menschenrechts-bereich. Die unabhängige Tätigkeit von Gewerkschaften im Lande wird trotz der in der Verfassung garantierten Vereinigungsfreiheit behindert, nicht partei- bzw. regimetreue Gewerkschaften. werden oftmals untergraben, so wie es in der Vergangenheit mit der Ethiopian Teachers Association geschah. (Auswärtiges Amt, 08. Feber 2014, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien; U.S. Department of State, 27. Feber 2014, Country Report on Human Rights Practices 2013 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/ local_link/270706/400790_de.html, [Zugriff 11.September 2014]).
Die Opposition ist ideologisch, ethnisch und regional breit gefächert und gilt nach den Ereignissen nach den Parlamentswahlen 2005 weiterhin als geschwächt. Ihr Handlungsspielraum bleibt eingeschränkt. Mit Blick auf die nächsten Parlamentswahlen 2015 bemühen sich die Oppositionsparteien um eine deutlichere Profilierung. Durch Allianzen und Vereinigungen beabsichtigen sie, an Stärke zu gewinnen. Neben der legalen politischen Opposition gibt es militante "Befreiungs"-Bewegungen, die im Juni 2011 vom äthiopischen Parlament als terroristische Organisationen gelistet wurden. Dazu zählen u.a. Ginbot 7, die Oromo Liberation Front (OLF) in der Region Oromia und Teile der Ogaden National Liberation Front (ONLF) in der Somali-Region, die sich nicht am Friedensabkommen mit der Regierung im Oktober 2010 beteiligt haben.
Die politische Betätigung für Oppositionsparteien wird de facto durch willkürliche Vorgaben hinsichtlich der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit beschränkt. Parteimitglieder und -anhänger werden (gelegentlich) verhaftet oder (v.a. von den Sicherheitskräften) eingeschüchtert. Prominent sind die Verfahren gegen Oppositionsmitglieder, wie z.B. Andualem Arage (ehem. Pressesprecher der Unity for Democracy and Justice Party/UDJ), der mit anderen in einem Verfahren auf Grundlage des Antiterrorgesetzes zu lebenslänglicher Haft verurteilt wurde. In einem anderen Verfahren sind 60 Vertreter der Volksgruppe der Oromo (ca. 35% der äthiopischen Bevölkerung) u.a. der Mitgliedschaft in der OLF angeklagt. Weite Teile der Opposition werden von der Regierung nicht als legitimer politischer Akteur anerkannt. In der Rhetorik versucht die Regierung immer wieder, die legalen Oppositionsparteien als "Schirm" für Terroristen dazustellen. Die Vorgehensweise gegen Oppositionelle begründet die Regierung regelmäßig mit gesetzlichen Bestimmungen (Antiterrorgesetz, Strafrecht) und Sicherheitsgründen bzw. mit der Bekämpfung des Terrorismus. Vereinzelt wird von Oppositionellen über willkürliche Festnahmen oder Fälle von Verschwindenlassen berichtet. In den meisten Fällen tauchen die Personen wieder auf, wie in zwei Fällen der Oppositionspartei AEUP. Jüngst veröffentlichte die Oppositionspartei UDJ einen Bericht, demzufolge in den letzten drei Jahren über 120 Mitglieder willkürlich festgehalten oder durchsucht wurden.
Äthiopische NGOs schätzen die Anzahl politischer Gefangener Ende 2012 auf bis zu 400, verschiedene Schätzungen gehen aber weit auseinander (Auswärtiges Amt, 08. Feber 2014, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien; [Zugriff 11.September 2014]; Auswärtiges Amt, März 2014, Länderinformationen - Äthiopien - Innenpolitik,
http://www.auswaertigesamt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Aethiopien/Innenpolitik_node.html , [Zugriff 11.September 2014]; Freedom House, 23. Jänner 2014, Freedom in the World 2014 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/local_link/277837/407183_de.html, [Zugriff 11. September 2014]).
Meinungs- und Pressefreiheit
Die Verfassung und weitere Gesetze sehen die Meinungs- und Pressefreiheit vor. Die Regierung versucht jedoch mittels verschiedener Einschüchterungsmethoden, Kritik zu unterbinden. So werden etwa Journalisten, Oppositionsaktivisten und regierungskritische Personen schikaniert, verhaftet und strafrechtlich verfolgt. Die Aktivitäten der politischen Opposition wurden überwacht und behindert. Stärker als das Medien- und Informationsgesetz wirkt sich das Antiterrorgesetz auf die Meinungs- und Pressefreiheit in Äthiopien aus. Denn es umfasst nicht nur direkte und indirekte Unterstützung von Terrorismus als Tatbestand, sondern auch Berichterstattung über terroristische Gruppen oder Aktivitäten, die von der Öffentlichkeit als Anstiftung bzw. Propaganda aufgefasst werden könnten. "Gummi-Paragraphen" schüren die Angst vor Willkür und Repression. Hinzu kommen weitreichende Befugnisse, die das Antiterrorgesetz den Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden einräumt, z.T. auch ohne gerichtliche Überwachung. Angesichts der Verhaftungen und Prozesse herrscht eine große Verunsicherung bei Medienvertretern, was die Praxis einer gewissen Selbstzensur verschärft. Die Haftstrafe der im Januar 2012 wegen Terrorismus zu 14 Jahren Haft verurteilten Journalistin Reyot Alemu wurde im Berufungsverfahren im August 2012 auf 5 Jahre reduziert. Begnadigt wurden im Rahmen der traditionellen Amnestie zum äthiopischen Neujahr die beiden Ende 2011 verurteilten schwedischen Journalisten Skibbe und Persson.
Über die Gesetze hinaus gibt es eine subtile Kontrolle über die Medien. Für Zeitungen steht eine einzige staatliche Druckerei zur Verfügung, die auf Grundlage des Strafgesetzbuchs die Möglichkeit hat, den Druck von ihrer Meinung nach "verfassungswidrigen" Inhalten (in der Praxis handelt es sich oftmals lediglich um regierungskritische Aussagen) zu verweigern. Unabhängige Zeitungen wie "Finote Netsanet", Organ der Oppositionspartei UDJ, hatten erhebliche Probleme zu erscheinen und sind daher auf das Internet umgestiegen (Auswärtiges Amt, 08. Feber 2014, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien; U.S. Department of State, 27. Feber 2014, Country Report on Human Rights Practices 2013 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/ local_link/270706/400790_de.html, [Zugriff 11.September 2014]).
Die Ethiopian People¿s Patriotic Front (EPP)
Die in Äthiopien illegale Ethiopian People's Patriotic Front (EPPF) ist eine von ehemaligen Derg-Soldaten zu Beginn der 90-Jahre gegründete Gruppe, die von Eritrea Unterstützung erhalten soll. Soweit bekannt, hat die Gruppe zwischen 200 und 2000 Mitglieder, zumeist in der Region Amhara. Die EPPF soll sich 2007 in mindestens drei Gruppierungen gespalten haben. Soweit bekannt, ist die EPPF in Äthiopien nur sehr beschränkt aktiv. Die Gruppierung ist auch in der äthiopischen Diaspora in Europa, den USA und anderen westlichen Ländern aktiv. Sie wird von der eritreischen Regierung mit der Absicht unterstützt, die äthiopische Regierung zu schwächen. Die EPPF gehört zu den wichtigsten illegalen Oppositionsparteien und ist in Eritrea mit Rebellengruppen und politischen Büros präsent. (VG Aachen · Urteil vom 7. Juli 2014 · Az. 7 K 1038/13.A)
Ergänzend wird auf die folgenden Berichte hingewiesen, welche ebenfalls der Entscheidung zugrunde gelegt wurden und der Erstbeschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht bzw. von dieser vorgelegt worden waren:
Schweizer Flüchtlingshilfe: Äthiopien: Rückkehr einer jungen, alleinstehenden Frau vom 13.10.2009
Anfragebeantwortung von ACCORD zu Äthiopien: Lage von AnhängerInnen der Coalition for Unity and Democracy [a-8317-2] vom 19.03.2013
Human Rights Watch, One hundred ways of putting pressure, März 2010
Interview mit der Frauenrechtsaktivistin Dr. Bogalech Gebre vom 20.03.2013 im Deutschlandradio
2. Beweiswürdigung:
Die erkennende Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Beide Beschwerdeführer konnten ihre Identität durch die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation nachweisen; die strafrechtliche Unbescholtenheit ergibt sich aus dem Strafregister.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand leiten sich einerseits aus den vorgelegten Befunden sowie der Aussage der Erstbeschwerdeführerin vor der erkennenden Richterin ab.
Die Erstbeschwerdeführerin bringt im Wesentlichen zusammengefasst vor, dass sie sich in Äthiopien im Rahmen der Bewegung "XXXX" gegen die Regierung engagiert hätte. Sie gab an, im Jahr 2005 im Zuge einer Demonstration verhaftet und inhaftiert worden zu sein. Nachdem ihr Bruder sich Ende 2006 der Oppositionspartei EPPF angeschlossen hatte, hätte sich die Schikane der Sicherheitsbehörden verstärkt und seien die Soldaten fast täglich zu ihr nach Hause gekommen, hätten sie geschlagen und befragt.
Das Bundesasylamt hatte das Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin im Bescheid vom 25.08.2009 als unglaubwürdig eingestuft. Der Asylgerichtshof hatte im Erkenntnis vom 16.04.2013 den Bescheid behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Erlassung eines Bescheides an das Bundessasylamt zurückverwiesen, insbesondere wurde eine weitere mündliche Verhandlung und eine nähere Auseinandersetzung mit der Oppositionsbewegung "XXXX" eingefordert. In der Folge wurde am 27.11.2013 Beschwerde wegen der Verletzung der Entscheidungspflicht erhoben. Nachdem dieser Beschwerde - wie unten dargelegt werden wird - stattzugeben war, ist es nun Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes, in der Sache selbst zu entscheiden und das Vorbringen einer entsprechenden Beweiswürdigung zu unterziehen.
Im Sinne der Ausführungen des Asylgerichtshofes setzte sich das Bundesverwaltungsgericht ausführlich mit der Situation von Anhängern der Opposition in Äthiopien auseinander und bot der Erstbeschwerdeführerin die Gelegenheit, ihre individuellen Fluchtgründe im Rahmen einer öffentlichen mündlichen Verhandlung nochmals darzulegen. Das Bundesverwaltungsgericht teilt - ohne sich diesbezüglich auf das bereits vom Asylgerichtshof kritisierte Rechercheergebnis des Vertrauensanwaltes zu stützen - die vom Bundesasylamt getroffene Feststellung, dass dem Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin die Glaubwürdigkeit abzusprechen ist. Auch wenn es nachvollziehbar sein mag, dass die Erstbeschwerdeführerin, eventuell auch aus Angst vor ihrem Ehemann, zu Beginn des Verfahrens einen falschen Namen für sich und ihren Sohn angab, so ist dieser Umstand doch nicht dazu geeignet, die Glaubwürdigkeit ihres Vorbringens zu erhöhen, zumal sie erst zu einem extrem späten Zeitpunkt im Verfahren, nämlich erst im Beschwerdeverfahren, ihre echte Identität preisgab, obwohl sie schon vorher wiederholt Gelegenheit gehabt hätte, ihren echten Namen zu nennen und dieser ihr auch schon vom Bundesasylamt vorgehalten worden war. Dies zeigt, dass die Erstbeschwerdeführerin bereit ist, wesentliche Teile ihrer Fluchtgeschichte nach (vermeintlichen) Bedarf zu gestalten, auch um den Preis, gegenüber den XXXX Behörden falsche Angaben zu machen.
Darüber hinaus ist aber insbesondere wesentlich, dass die Erstbeschwerdeführerin widersprüchliche Angaben getätigt hatte und dass die vor dem Bundesverwaltungsgericht getätigten Ausführungen in wesentlichen Punkten von jenen abweichen, die sie gegenüber dem Bundesasylamt vorgebracht hatte. Dabei hatte die Erstbeschwerdeführerin betont, dass sie zwar hinsichtlich ihres Namens falsche Angaben gemacht hatte, nicht aber hinsichtlich ihres Fluchtgrundes.
Die wesentlichen Passagen der mündlichen Verhandlung am 24.11.2014
stellen sich folgendermaßen dar (RI=Richterin; RV=Rechtsvertreterin;
BF=Erstbeschwerdeführerin):
"RI: Verstehen Sie die Dolmetscherin?
BF: Ja.
RI: Fühlen Sie sich körperlich und geistig in der Lage, der heutigen Verhandlung zu folgen?
BF: Ja, ich fühle mich in der Lage.
RI: Sind Sie chronisch krank? Nehmen Sie regelmäßig Medikamente?
BF: Ich bin gesund.
Zur Identität und Herkunft sowie zu den persönlichen
Lebensumständen:
RI: Sind die Feststellungen des Bundesasylamtes zu Ihrem Namen und Geburtsdatum sowie zu Ihrer Staatsangehörigkeit korrekt?
BF: Ich bin am XXXX geboren, sonst ist alles korrekt.
RI: Welcher Volks- bzw. Sprachgruppe gehören Sie an?
BF: Ich bin Amhare.
RI: Wann haben Sie geheiratet?
BF: Ich habe im Jahre XXXX (äthiopischer Kalender) geheiratet.
RI: Wie viele Kinder haben Sie?
BF: Ich habe XXXX Kinder.
RI: Wann hatten Sie das letzte Mal Kontakt zu Ihren anderen Kindern? Wissen Sie, wo diese leben?
BF: Vor zwei Wochen hatte ich zuletzt Kontakt. Ich habe mit ihnen telefoniert. Sie leben in XXXX.
RI: Bei wem leben sie?
BF: Sie leben alleine mit einer Haushälterin.
RI: Wie alt sind sie aktuell?
BF: Mein XXXX geboren. Jeweils nach äthiopischem Kalender.
RI: Seit wann leben Ihre Kinder alleine mit der Haushälterin?
BF: Seit XXXX europäischer Kalender.
RI: Als Sie damals nach XXXX gingen, haben Sie also Ihre Kinder einer Haushälterin übergeben?
BF: Ja.
RI: Wer bezahlt diese Haushälterin?
BF: Mein Ehemann, der Vater der Kinder.
RI: Seit wann haben Sie wieder Kontakt zu Ihren Kindern?
BF: In XXXX hatte ich am Anfang keinen Kontakt, auf Grund des fehlenden Mobilnetzes und weil ich mir keine Karte kaufen konnte. Auch jetzt kann ich es mir nur manchmal leisten.
RI: Wie geht es Ihren Kindern?
BF: Sie sind ohne Eltern, aber es geht ihnen relativ gut.
RI: Hat Ihr Ehemann Kontakt zu Ihren Kindern?
BF: Wenn ich die Kinder anrufe, frage ich sie, ob ihr Vater sie besucht. Sie sagen, nicht oft, etwa einmal im Jahr, den er lebt in XXXX.
RI: Haben Sie zu jemandem in Äthiopien Kontakt? Zum Beispiel telefonisch?
BF: Nein.
RI: Wann hatten Sie das letzte Mal zu Ihrem Ehemann Kontakt?
BF: Manchmal hat er mich in XXXX angerufen, um mit meinem Sohn zu sprechen.
RI: Hat er dann mit Ihnen auch gesprochen?
BF: Ja.
RI: Wann war es ungefähr das letzte Mal?
BF: Ungefähr vor drei Monaten.
RI: Aber Sie sind noch mit ihm verheiratet, Sie sind nicht geschieden?
BF: Ich bin noch nicht geschieden, aber er hat auch wieder geheiratet und hat jetzt ein Kind.
RI: Sie gaben einmal an, dass er nunmehr für die Regierung arbeite. Können Sie das genauer ausführen?
BF: Als er nach XXXX gekommen war, war das im Auftrag der äthiopischen Regierung, inwieweit er noch immer für die äthiopische Regierung arbeitet, weiß ich nicht.
RI: Wie würde Ihr Mann reagieren, wenn Sie nach Äthiopien zurückkämen?
BF: Es kann sein, dass er auf Grund der neuen Ehefrau Probleme bekäme, wenn ich zurückkommen würde. Wir sind ja noch nicht einmal geschieden.
RI: Das heißt Ihr Ehemann würde Sie nicht unterstützen, wenn Sie zurückkehren würden?
BF: Als wir heirateten, war es keine Liebesheirat, er hatte nie Gefühle für mich.
RI: Ihr Ehemann würde Sie nicht unterstützen, wenn Sie zurückkehren würden? Könnten Sie bei ihm leben?
BF: Er unterstützt mich nicht. Er hat mich auch früher z. B. nie informiert, wie viel er verdient, o. Ä.
RI: Sie sagten in früheren Einvernahmen, dass Ihr Ehemann Ihre Rückkehr verlangen würde. Tut er das heute auch noch?
BF: Er verlangte vor einigen Jahren, dass ich zurückkehre, wegen den Kindern. Ich hatte ein Haus und er wollte nicht finanziell für die Kinder aufkommen.
RI: Was ist mit dem Haus?
BF: Die Kinder wohnen noch dort. Ich habe ein großes Haus. Ein Teil ist vermietet, den Rest bewohnen die Kinder.
RI: Wer bekommt die Miete?
BF: Die Miete bekommen die Kinder. Ich weiß nicht, wie die genauen Umstände sind.
RI: Wenn Sie jetzt zurückkehren würden, denken Sie, dass Sie die Miete bekommen würden?
BF: Es ist nicht so viel Geld. Ich könnte davon nicht leben, es reicht jetzt auch nicht für die Kinder.
RI: Denken Sie, hätten Sie auch das Recht, die Miete einzubehalten? Oder ist es so, dass das Geld der Ehemann behälte?
BF: Es ist zu wenig Geld. Ich weiß auch nicht, ob ich es bekommen würde.
RI: Während Sie in Äthiopien wohnten, hatten Sie das Geld selbst bekommen oder wer hat das Geld bekommen?
BF: Als ich in Äthiopien war, wurde das Haus nicht vermietet. Erst als ich nach XXXX gegangen bin, wurde es vermietet.
RI: Wer hat es organisiert, dass das Haus vermietet wurde? Haben Sie das von XXXX aus organisiert?
BF: Mein Mann hat das gemacht, er wollte Geld verdienen.
RI: Haben Sie Kontakt zu Ihrem Bruder?
BF: Nein, ich habe keinen Kontakt mehr.
RI: Haben Sie sonst in Äthiopien noch irgendwelche Verwandte?
BF: Nur sehr entfernt Verwandte.
Zum Fluchtvorbringen
RI: Wann begannen Sie sich für Politik zu interessieren?
BF: Es war im Jahre XXXX (äthiopischer Kalender 1997).
RI: Für welche Partei setzten Sie sich ein?
BF: XXXX.
RI: Können Sie bitte erzählen, was die Ziele von XXXX sind?
BF: Ziel der XXXX ist, ein besseres Leben für die Menschen in Äthiopien, mehr Rechte für die Frauen. Frauenrechte sind ein besonderes Anliegen der XXXX.
RI: Wie haben Sie sich selbst engagiert?
BF: Ich habe versucht, andere Leute von der Partei XXXX zu überzeugen.
RI: Waren Sie offizielles Mitglied der XXXX?
BF: Im Dezember XXXX (europäischer Kalender) bin ich ein Mitglied geworden.
RI: XXXX besteht aus vier Parteien, die sich 2004 zusammengeschlossen hat. Es ist ja eine Koalition, bei welcher waren Sie Mitglied?
BF: XXXX.
RI: Hatten Sie einen Mitgliedsausweis?
BF: Ich hatte eine Anstecknadel, einen Mitgliedsausweis gab es nicht.
RI: Wie aktiv waren Sie? Wie viel Zeit haben Sie für Politik verwendet?
BF: Alles zwei bis drei Wochen haben wir uns nach der Arbeit getroffen.
RI: Wo haben Sie sich getroffen?
BF: Draußen im Park, wir hatten kein Büro.
RI: Wer hat sich da getroffen?
BF: Nur Frauen, wir waren eine Frauengruppe.
RI: Gab es eine Führung?
BF: Es war alles freiwillig. Es gab keine Führung.
RI: Können Sie ein paar Namen nennen, von den Frauen, die bei der Grrppe dabei waren?
BF: Es ist lange her, ich habe es vergessen. Es gab eine Frau, namens XXXX (phon.), den Vaternamen weiß ich nicht mehr.
RI: Was sagte Ihr Ehemann zu Ihrem politischen Engagement?
BF: Er wollte nicht, dass ich bei dieser Partei bin.
RI: Können Sie nocheinmal genau sagen, was Sie für die XXXX getan haben?
BF: Ich habe schon alles gesagt.
RI: Sie haben früher einmal gesagt, dass Sie an einer Demonstration teilgenommen haben. Wann war das?
BF: Es war im Juni oder im Juli 2005 (europäischer Kalender).
RI: Können sie erzählen, wie es zu dieser Demonstraton gekommen ist?
BF: Sie fand wegen den Wahlen statt, bei denen vor allem XXXX gewählt wurde. 90 % wählten XXXX. Die Regierungspartei sagte, dass das nicht stimmen würde. Soldaten wurden auf die Straße geschickt. Alle Leute gingen auf die Straße, junge Leute starben auf der Straße.
RI: Und er ließ es zu, dass Sie an Demonstrationen teilnahmen?
BF: Mein Ehemann war zu der Zeit in XXXX.
RI: Was passierte Ihnen nach der Demonstration?
BF: Ich war im Gefängnis.
RI: Können Sie mir sagen, wie lange Sie im Gefängnis waren?
BF: Einen Tag, Männer und Frauen wurden in einem Raum festgehalten, es gab nichts zu Essen, es gab Misshandlungen und es wurde uns vorgeworfen, dass wir für XXXX sind.
RI: Wo waren währenddessen Ihre Kinder?
BF: Sie waren zuhause bei der Haushälterin.
RI: Ist das noch die gleiche Frau, die bei den Kindern ist?
BF: Nein.
RI: Bekamen Sie selbst noch Probleme nach dieser Haft?
BF: Ja. Im Gefängnis musste ich unterschreiben, dass ich mich nicht mehr politisch betätige.
RI: Haben Sie sich auch daran gehalten, waren Sie dann nicht mehr politisch aktiv? Haben Sie weiterhin an Versammlungen teilgenommen?
BF: In XXXX war ich in XXXX schon bei einer Gruppe dabei.
RV: Haben Sie diese XXXX-Frauen nach der Demonstration noch getroffen oder nicht mehr?
BF: Wir haben uns nicht mehr formell und organisiert getroffen, aber wenn wir uns im Büro getroffen haben, haben wir weiterhin über Politik diskutiert und die Regierung kritisiert.
RI: Als Sie ins Gefängnis kamen, hat man da Ihren Fingerabdruck genommen?
BF: Nein, aber ich musste unterschreiben und meine Daten abgeben.
RI: Können Sie etwas über die Aktivitäten Ihres Bruders erzählen?
BF: Er lebte bei uns. Er war auch ein Anhänger von XXXX, aber nicht offiziell. Später als ich die Probleme bekam und die Soldaten zu uns kamen, ist er verschwunden.
RI: Die Soldaten sind gekommen - können Sie dazu etwas sagen?
BF: Wenn ich bei der Arbeit war, kamen sie und kontrollierten mich. Die Kinder sagten mir, dass sie zu uns nach Hause gekommen waren. Die Soldaten fragten die Kinder auch nach mir.
RI: Können Sie sagen, wann es zeitlich war?
BF: Es war nach der Demonstration.
RI: Wie oft war das ungefähr?
BF: Am Anfang nach der Demonstraton sagten mir die Kinder fast jeden Tag, dass die Soldaten da gewesen seien. Am Wochenende war es sowieso normal, das war bei allen XXXX-Anhängern so.
RI: Aber am Wochenende waren Sie zuhause?
BF: Ja.
RI: Wie war dann diese Begegnung mit den Soldaten?
BF: Sie fragten einen aus und nachdem mein Bruder verschwuden war, fragten sie auch immer nach ihm.
RI: Wurden diese Befragungen dann weniger?
BF: Bis 2000 (äthiopischer Kalender), d. h. 2007 (europäischer Kalender) sind sie immer wieder gekommen.
RI: Das heißt, es ging nicht bis zu Ihrer Ausreise?
BF: Nein, es hat schon früher aufgehört.
RI: Wissen Sie noch ungefähr, wann Ihr Bruder verschwunden ist?
BF: 2000 (äthiopischer Kalender).
RI: Haben Sie noch einmal von ihm gehört?
BF: Nach etwa sieben Monaten haben ich einen Brief von ihm bekommen.
RI: Während der Zeit, in der Sie von den Soldaten befragt wurden, wo war da Ihr Mann?
BF: Er war in XXXX. XXXX während der Wahlen war mein Mann in Ähtiopien.
RI: Wann ist Ihr Mann dann nach XXXX?
BF: Ich glaube im September XXXX.
RI: Sie sagten vorhin, sie waren im Juni, Juli XXXX bei einer Demonstration, aber Ihr Mann war nicht in Äthiopien, sondern in XXXX. Jetzt sagen Sie, er ist erst im September gereist.
BF: Die Demonstration war im November.
RI: Sie sind dann auch mit ihrem jüngsten Sohn nach XXXX gefahren. Gab es während dieser Zeit in XXXX einen Anlass, der Sie bewegt hat, einen Asylantrag zu stellen?
BF: Ja, ich hatte die erwähnten Probleme und dann auch noch die Probleme mit meinem Mann. Ich hatte keine Rechte zu sprechen, mich zu bilden.
RI: Wie kam es, dass Sie einen Asylantrag stellten und Ihr Ehemann nicht?
BF: Ich bin einfach verschwuden.
RI: Was würden Sie befürchten, wenn Sie nach Äthiopien zurückkehren würden?
BF: Ein großes Problem ist mein Mann. Ich habe kein gutes Leben mit ihm. Ich habe XXXX Kinder mit ihm. Er hatte keinen Respekt vor mir, ich bin traditionell verheiratet worden und ich hatte keine Rechte. Wir hatten auch verschiedene Meinungen.
RI: Was würden Sie hinsichtlich Ihers Sohnes XXXX befürchten?
BF: Er selbst hatte keine Probleme. Ich habe ihn mitgenommen, weil er klein war.
RI: Spricht Ihr Sohn Amharisch?
BF: Nur ein bisschen.
RI: Wenn Sie nach Äthiopien zurückkehren würden, was könnten Sie arbeiten?
BF: Ich glaube, ich werde nichts finden.
Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat:
Die RI bringt die aktuellen Länderfeststellungen zu Äthiopien zur Kenntnis (Länderfeststellungen des Bundesverwaltungsgerichtes vom September 2014;).
Die RI erklärt das Zustandekommen dieser Berichte.
Der BF werden Kopien der vorliegenden Berichte und Feststellungen ausgefolgt und für eine allfällige schriftliche Stellungnahme ab heute eine Frist von zwei Wochen eingeräumt.
Die RV ersucht um die Möglichkeit Fragen zu stellen:
RV: Wo haben Sie denn für die Partei Werbung gemacht? War das nur in Ihrem Heimatort?
BF: Da, wo ich gearbeitet habe, im Dorf. Ich war bei einer Firma in einem Dorf. Die Frauen dort hatten viele Probleme.
RV: Wurden Sie bei Ihrer Verhaftung verletzt?
BF: Nicht bei der Verhaftung, aber später an meiner Hand.
RV: Von wem?
BF: Von Soldaten.
RV: Was ist da genau passiert?
BF: Die Soldaten sind zu mir nach Hause gekommen. Ich hielt ein Handy in der Hand. Sie fragten nach meinem Bruder. Die Soldaten schlugen mich mit dem Gewehrkolben. Das Handy fiel hinunter und war kaputt und alle Kinder waren zu Hause und sahen das und weinten.
RV: Gab es Drohungen von den Soldaten?
BF: Ja.
RV: Welche?
BF: Sie sagten mir, wenn ich weiterhin bei XXXX bin, würde ich meine Arbeit verlieren.
RV: Gab es sonst noch Drohungen?
BF: Wegen meinem Bruder auch - sie sagten mir, wenn wir deinen Bruder finden, bringen wir ihn her und töten ihn vor deinen Augen.
RV: Sie haben vorhin gesagt, dass die "Besuche" von den Soldaten aufgehört haben. Wissen Sie warum das so war, warum sie aufgehört haben?
BF: Die politische Lage war ruhiger.
RV: Wie ist das heute? Wenn Sie zurückkehren?
BF: Sie haben meinen Namen, meine Adresse, ich habe eine Unterschrift abgegeben. Ich habe Angst.
RV: Ist Ihr Bruder noch bei der EPPF?
BF: Ja.
RI: Woher wissen Sie das, sind Sie noch in Kontakt mit ihm?
BF: Als ich in Äthiopien war, war er bei der EPPF.
RV: Haben Sie sich in XXXX für Äthiopien politisch engagiert?
BF: Ja.
RV: Was haben Sie gemacht?
BF: Einmal wurden viele Jouranlisten inhaftiert. Ich war dann bei zwei Demonstrationen in XXXX.
RV: Wissen Sie welche Vereinigung das war?
BF: Oppositionsanhänger von Äthiopien.
Zur derzeitigen Situation in XXXX:
RI: Können Sie bitte etwas über Ihr Leben in XXXX erzählen?
BF: Hier geht es mir besser. Ich will mich weiter integrieren. Ich möchte eine Ausbildung machen, auch arbeiten.
RI: Haben Sie XXXX Freunde oder Bekannte?
BF: Ja.
RI: Haben Sie einen Lebensgefährten oder Partner?
BF: Nein, ich lebe mit meinem Sohn alleine.
RI: Können Sie über das Leben Ihres Sohnes erzählen? Welche Schule besucht er, wer sind seine Freunde?
BF: Er besucht eine XXXX. Er ist brav und er hat sehr viele Freunde.
RI: Wie ist das für Ihren Sohn, wenn er mit Ihrem Ehemann telefoniert?
BF: Er versteht ihn kaum, weil er Amharisch nicht gut versteht.
RI: Wie stellen Sie sich eine Zukunft in XXXX vor?
BF: Ich möchte gerne eine Ausbildung zur XXXX machen."
Nach der Konfrontation mit der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation hatte die Erstbeschwerdeführerin im Beschwerdeverfahren zugegeben, dass ihre Angaben zu ihrer Identität falsch gewesen seien, dass die Angaben zu ihrem Fluchtgrund aber der Wahrheit entsprochen hätten. Aber auch die Angaben zu ihrem politischen Engagement weichen voneinander ab.
So hatte sie beispielsweise gegenüber dem Bundesasylamt am 28.04.2009 erklärt, dass sie Mitglied der XXXX gewesen sei und einen Mitgliedsausweis besessen hätte, der ihr in der Haft abgenommen worden sei. Gegenüber dem Bundesverwaltungsgericht meinte sie nun, es habe keinen Mitgliedsausweis gegeben, sie habe aber eine Anstecknadel gehabt. Gegenüber dem Bundesasylamt hatte sie auch stets betont, nach der Demonstration im Jahr XXXX sieben Tage inhaftiert gewesen zu sein, der erkennenden Richterin gegenüber sprach sie von einem Tag in der Haft.
Widersprüchlich stellt sich auch die Auskunft zur Frage, wo sich ihr Mann zum Zeitpunkt der Demonstration befunden hatte, dar. Gegenüber dem Bundesasylamt hatte sie ja noch an der konstruierten Identität festgehalten und den Aufenthalt ihres Mannes in XXXX völlig verschwiegen; im erstinstanzlichen Verfahren hatte die Erstbeschwerdeführerin erklärt, ihr Ehemann sei zum Zeitpunkt der Demonstration am Land gewesen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht schilderte sie dies folgendermaßen:
"BF: Es war im Juni oder im Juli XXXX (europäischer Kalender).
RI: Können sie erzählen, wie es zu dieser Demonstraton gekommen ist?
BF: Sie fand wegen den Wahlen statt, bei denen vor allem XXXX gewählt wurde. 90 % wählten XXXX. Die Regierungspartei sagte, dass das nicht stimmen würde. Soldaten wurden auf die Straße geschickt. Alle Leute gingen auf die Straße, junge Leute starben auf der Straße.
RI: Und er ließ es zu, dass Sie an Demonstrationen teilnahmen?
BF: Mein Ehemann war zu der Zeit in XXXX.
[...]
RI: Während der Zeit, in der Sie von den Soldaten befragt wurden, wo war da Ihr Mann?
BF: Er war in XXXX. XXXX während der Wahlen war mein Mann in Ähtiopien.
RI: Wann ist Ihr Mann dann nach XXXX?
BF: Ich glaube im September XXXX.
RI: Sie sagten vorhin, sie waren im Juni, Juli XXXX bei einer Demonstration, aber Ihr Mann war nicht in Äthiopien, sondern in XXXX. Jetzt sagen Sie, er ist erst im September gereist.
BF: Die Demonstration war im November."
Es ist im Widerspruch zu den Ausführungen der Erstbeschwerdeführerin darauf hinzuweisen, dass der Ehemann der Beschwerdeführer laut Akteninhalt sein XXXX hatte und nicht bereits im Jahr XXXX.
Es ist auch nicht überzeugend, dass die Erstbeschwerdeführerin gegenüber der erkennenden Richterin nicht angeben konnte, bei welcher Partei die Erstbeschwerdeführerin Mitglied war. "XXXX" bzw. "Coalition for Unity and Democracy" ist keine Partei im eigentlichen Sinne, sondern der Zusammenschluss von vier Parteien (Äthiopische Demokratische Liga, Gesamtäthiopische Einheitsorganisation, Vereinigte Äthiopische Demokratische Partei und Regenbogen Äthiopien) für die Parlamentswahlenvom Mai 2005. Erst im September 2005 gab die Koalition bekannt, eine Partei bilden zu wollen. Die Erstbeschwerdeführerin hatte erklärt, im Dezember XXXX Mitglied der CUD geworden zu sein.
Die Erstbeschwerdeführerin hatte erklärt, nach ihrer Teilnahme an der Demonstration immer wieder von Soldaten belästigt worden zu sein. Abgesehen von dem Umstand, dass das Vorbringen diesbezüglich sehr vage erscheint, gab die Erstbeschwerdeführerin vor dem Bundesverwaltungsgericht zu Protokoll, dass die Befragungen durch die Soldaten auch nicht bis zu der Ausreise angedauert, sondern XXXX aufgehört hätten. Selbst wenn das Vorbringen stimmen würde, wäre daher anscheinend das Interesse der Sicherheitsbehörden an der Erstbeschwerdeführerin nicht mehr gegeben gewesen.
Die Erstbeschwerdeführerin hatte auch angegeben, dass ihr Bruder die EPPF (Ethiopian People¿s Patriotic Front) unterstützt habe und für diese in den Kampf gezogen sei. Doch auch die Befragungen zu ihrem Bruder endeten nach Auskunft der Erstbeschwerdeführerin XXXX, dh auch diesbezüglich scheint es im Jahr vor der Ausreise keine Belästigungen von Seiten der Behörden gegeben zu haben.
Selbst wenn man die oben angeführten Widersprüche im Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin außer Acht lassen würde, wäre festzuhalten, dass die Erstbeschwerdeführerin jedenfalls keine tragende Rolle in der äthiopischen Oppositionsbewegung innehatte. Nach den Wahlen sei sie ohnehin nicht mehr politisch aktiv gewesen; nur zwei oder drei Mal habe sie sich mit Freunden privat getroffen, um über die Entwicklung im Land zu sprechen (Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 11.05.2009).
Gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann die Behörde einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubwürdig anerkennen, wenn der Asylwerber während des Verfahrens im Wesentlichen gleichbleibende Angaben macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und wenn nicht erst sehr spät gemachte Angaben den Schluss aufdrängten, dass sie nur der Asylerlangung um jeden Preis dienen sollen. Als glaubhaft könnten Fluchtgründe im Allgemeinen nicht angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Asylverfahren vorbringt (VwGH vom 06.03.1996, 95/20/0650).
Der Erstbeschwerdeführerin gelang es auch in der mündlichen Verhandlung nicht, ihr Vorbringen glaubhaft zu machen. Das Vorbringen blieb insgesamt vage und widersprüchlich. Doch selbst wenn dem Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin Glaube geschenkt würde, wäre daraus keine Asylrelevanz zu erkennen. Die Erstbeschwerdeführerin wäre - bei Unterstellung, dass das Vorbringen der Wahrheit entsprechen würde - jedenfalls nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt. Wie sie selbst angibt, sei sie nur ein einfaches Mitglied der Partei gewesen. Zudem gab sie selbst an, dass die behördlichen Befragungen etwa ein Jahr vor ihrer Ausreise nach XXXX aufgehört hatten. Es wäre daher nicht davon auszugehen, dass die behördlichen Belästigungen nach ihrer Rückkehr wieder beginnen würden und ist daher weder durch ihr eigenes politisches Engagement noch dem ihres Bruders eine Verfolgung erkennbar. Daran vermag auch das von ihr vorgebrachte exilpolitische Engagement nichts zu ändern. Dass die Erstbeschwerdeführerin eine politisch interessierte Person ist, Mitglied eines äthiopischen Vereins ist und in XXXX an zwei Demonstrationen teilnahm, kann noch nicht als ein exilpolitisches Engagement gewertet werden, welches das Interesse der äthiopischen Behörden an ihrer Person wecken würde.
Der Erstbeschwerdeführerin ist es daher insgesamt nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass sie aus einem in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe Äthiopien verlassen hat. Bezüglich ihres Sohnes wurden keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht.
Es ist aber festzustellen, dass sich für die Erstbeschwerdeführerin im Falle der Rückkehr nach Äthiopien eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 3 EMRK ergeben würde und dass diesbezüglich auch keine innerstaatliche Fluchtmöglichkeit besteht. Die Erstbeschwerdeführerin konnte glaubhaft machen, dass sie nicht mehr zu ihrem Ehemann zurückkehren könnte, von dem sie in XXXX geflüchtet war; es erscheint auch glaubhaft, dass sie sonst auf kein familiäres Netzwerk zurückgreifen könnte. Zugleich wäre die Erstbeschwerdeführerin genötigt, den Lebensunterhalt für sich und ihren Sohn zu verdienen. Ob sie diesbezüglich auf die Miete für das Haus, in dem aktuell ihre anderen Kinder leben, zurückgreifen könnte, erscheint aufgrund der patriarchalisch-strukturierten Gesellschaft Äthiopiens mehr als fraglich, zumal ihr Ehemann die Vermietung organisiert hatte.
Im Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat als alleinstehende Frau, welche Äthiopien vor mehr als 6 Jahren verlassen hatte und welche für ein minderjähriges Kind zu sorgen hat, hätte sie wohl keine Möglichkeit, sich wieder in der äthiopischen Gesellschaft zu integrieren, insbesondere da nicht davon ausgegangen werden kann, dass sie auf ein Netzwerk zurückgreifen könnte. Eine Rückkehr nach Äthiopien würde eine alleinstehende Frau - im Einklang mit den Länderfeststellungen zu Äthiopien - einer Situation aussetzen, die eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten würde. Gemäß den Länderfeststellungen bestehen in Äthiopien keine Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer und haben diese mit keiner staatlichen Unterstützung zu rechnen; seit der Verabschiedung des NGO-Gesetzes haben auch Organisationen, die sich für Frauen einsetzen, stark abgenommen. Vor dem Hintergrund der Länderfeststellungen ist es für das Bundesverwaltungsgericht nicht erkennbar, wie es der Erstbeschwerdeführerin im Falle der Rückkehr möglich sein sollte, für sich und ihren Sohn eine Existenzgrundlage aufzubauen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Verfahrensbestimmungen
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
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