18.06.2015
Gericht
BVwG
Entscheidungsdatum
18.06.2015
Geschäftszahl
W121 1427033-1
Spruch
W121 1427033-1/18E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. ENZLBERGER-HEIS über die Beschwerde des XXXX, StA. Guinea, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 08.05.2012, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12.02.2015 zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 Asylgesetz 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Guinea, stellte nach illegaler Einreise am 03.12.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz am 08.12.2011. Er gab an den im Spruch angeführten Namen zu führen und am XXXX geboren zu sein.
Im Rahmen der Erstbefragung führte der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen aus, er habe Guinea verlassen, weil er dort sein Leben durch die Behörden bedroht gesehen hätte. Er habe eine Jugendgruppe gegründet und an Demonstrationen gegen die häufigen Stromunterbrechungen teilgenommen. Er sei auch einmal verhaftet, später jedoch wieder freigelassen worden. Aus Angst wieder festgenommen zu werden und aus Angst um sein Leben habe der Beschwerdeführer Guinea verlassen.
Nach Zulassung des Verfahrens wurde der Beschwerdeführer am 03.02.2012 im Beisein seines Rechtsvertreters von dem zur Entscheidung berufenen Organwalter des Bundesasylamtes einvernommen und führte zusammengefasst wie folgt aus:
"F: Welche Sprachen sprechen Sie?
A: Meine Muttersprache ist Susu. Ich spreche natürlich auch perfekt Französisch. Ich spreche auch ein wenig Griechisch und ein Englisch. Englisch habe ich zu Hause in der Schule gelernt.
F: Wie geht es Ihnen? Fühlen Sie sich körperlich und geistig in der Lage, der heutigen Verhandlung zu folgen?
A: Mir geht es gut. Ich bin bereit für die Befragung.
F: Sind Sie vollkommen gesund oder stehen Sie in ärztlicher Behandlung?
A: Ich bin gesund.
F: Haben Sie gegen eine im Raum anwesende Person aufgrund möglicher Befangenheit oder aus anderen Gründen irgendwelche Einwände?
A: Nein.
Anm.: Dem AST wird Zweck und Ablauf der Befragung zur Kenntnis gebracht.
Dem AST wird bekannt gegeben, dass seine Angaben vertraulich behandelt werden und keinesfalls Inhalte an sein Herkunftsland weitergegeben oder öffentlich gemacht
werden.
F: Können Sie irgendwelche Beweismittel, identitätsbezeugende Dokumente oder sonstige für das Asylverfahren relevante Unterlagen vorlegen?
A: Ich habe meinen Reisepass aus Guinea. Mein Bruder XXXX, der in Conakry lebt, hat in meinem Namen einen Reisepass für mich beantragt und er hat mir den Reisepass dann nach Athen geschickt. Ich lege weiters meine Geburtsurkunde vor, die ich auch von meinem Bruder erhielt.
F: Erzählen Sie von Ihrer Familie.
A: Mein Vater, XXXX, starb schon, als ich noch ein kleines Kind war. Meine Mutter, XXXX, wohnt zur Zeit auf XXXX, das ist eine Insel, ca 120 Km von Conakry. Von dort stammt meine Mutter. Meine Familie lebt in Conakry, im Stadtviertel XXXX. Ich bin nicht bei meiner Mutter aufgewachsen, sondern bei meiner Großmutter. Ich habe dennoch viel und ständig Kontakt mit meiner Mutter gehabt. Meine Großmutter wohnte im selben XXXX. Wir sind eine sehr große Familie.
F: Haben Sie Geschwister?
A: Ich habe drei Schwestern, eine davon noch im Kindesalter, und sechs Brüder. Ich bin das sechste Kind. Bis auf einen, mein Bruder XXXX, leben alle zu Hause in Conakry.
F: Welcher ethnischen Volksgruppe gehören Sie an?
A: Susu.
F: Welche Staatsangehörigkeit haben Sie?
A: Guinea.
F: Wie ist Ihr Familienstand?
A: Ich bin ledig. Ich werde aber am XXXX meine Verlobte, XXXX, heiraten. (Terminbestätigung MA 35 wird vorgelegt. Ich habe meine Verlobte kennen gelernt, als sie im Urlaub in Griechenland war. Vor ca. einem Jahr. Wir unterhalten uns auf Englisch. Ich bin gerade dabei, mit XXXX Deutsch zu lernen.
F: Haben Sie Kinder?
A: Nein.
F: Haben Sie in Österreich Verwandte?
A: Nein. Es gibt einen Onkel in Frankreich.
-F: Welche Schulausbildung haben Sie?
A: Ich habe die Universität "Gamal Abder Nasser" besucht und Jus studiert. Ich habe zwei Jahre studiert, habe das Studium aber abgebrochen, das war vor fünf bis sechs Jahren. Ich habe in Conakry maturiert. Ich habe danach eine Eignungsprüfung für die Universität abgelegt und danach studiert.
F: Wer hat Ihre Ausbildung finanziert? Ist Ihre Familie wohlhabend?
A: Meine Familie ist nicht unbedingt reich, aber das Studium in Guinea ist für jeden frei. Es hängt von jedem Einzelnen ab, was er aus sich macht. Ich bin der einzige meiner Familie, der auf die Uni ging.
F: Wovon lebt Ihre Familie in Guinea?
A: Mein Vater war Landwirt. Meine Mutter war Hausfrau. Es ist für Sie schwer zu begreifen, wie es bei uns in Afrika ist. Es ist häufig so, dass nur ein einziger in einer Familie arbeitet und damit die ganze Familie unterstützt. Es ist alles sehr kompliziert. Wir sind eine richtige -Großfamilie.
F: Wann haben Sie Ihr Heimatland Guinea zum ersten Mal verlassen?
A: Ich habe Guinea nur ein einziges Mal in meinem Leben verlassen, und zwar im Oktober XXXX. Ich bin zunächst einmal in den Senegal gegangen. Ich wollte dann einfach weitersehen. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, was ich weiter tun will. Ich bin dann Griechenland gekommen. Ich war durchgehend in Griechenland, so lange, bis ich Anfang Dezember 2011 nach Österreich kam.
Ich habe auch in Griechenland einen Asylantrag gestellt.
F: Haben Sie in Griechenland Ihren Asylantrag unter demselben Namen gestellt, als in Österreich?
A: Ja. Natürlich.
F: Hat man Sie in Griechenland bezüglich Ihrer Fluchtgründe einvernommen?
A: Nein. Im Asylamt wurden mir keine Fragen zu meinen Fluchtgründen gestellt.
F: Wurden Sie in Griechenland von einem Gericht verurteilt oder waren Sie aus strafrechtlichen Gründen in Haft?
A: Nein. Ich wurde nie wegen eines strafrechtlichen Deliktes angezeigt. Ich habe mir nie etwas zu Schulden lassen. Das können Sie überprüfen.
F: Wovon leben Sie in Österreich?
A: Ich lebe mit meiner Verlobten zusammen und werde von ihr unterstützt.
F: Sind Sie in Guinea einer Arbeit nachgegangen?
A: Nein. Ich habe nur an meiner schulischen Ausbildung gearbeitet.
F: Haben Sie Kontakt mit Ihrer Familie oder anderen Personen in Ihrem Heimatland?
A: Ein bis zweimal in der Woche rufe ich zu Hause an und frage, wie es meiner Mutter geht.
F: Warum haben Sie Guinea im Jahr 2008 verlassen?
A: Ich fühlte mich in Guinea nicht mehr sicher. Ich war der Vorsitzende einer Jugendvereinigung in meinem Viertel, XXXX. Der Zweck unserer Vereinigung war erstens, die Solidarität der Jugendlichen in unserem Viertel und zweitens, die Gewährleistung der Sauberkeit, weil die öffentliche Müllabfuhr nicht mehr funktioniert hat. Unsere Vereinigung hieß "Association des Jeunes pour le Developpement", es begann mit dem Sport und nach und nach wurde daraus eine Vereinigung, weil viele Jugendliche ohne Schulbildung oder Ausbildung auf der Straße standen. Wir hatten verschiedene Aktivitäten anzubieten und gegenseitige Hilfe. Unsere Vereinigung war offen für alle Ethnien. Wir veranstalteten Demonstrationen, um etwa gegen die Stromausfälle in unserem Viertel zu protestieren. Es war so, dass unser Viertel im Vergleich zu den anderen Vierteln besser gestellt waren, weil wir in der Nähe ein Militärlager hatten, das "Camp Alpha Yaya". Mit der Zeit wurden die Ausfälle aber auch in unserem Viertel häufiger. Schon nach der ersten Demo wurde der harte Kern unserer Vereinigung inhaftiert. Jeder Aufruhr wurde verfolgt und als Sabotageakte gegen das Regime interpretiert.
F: Wurden Sie mehrmals inhaftiert?
A: Nein. Nur ein einziges Mal.
F: Erzählen Sie über die Festnahme und die Haft.
A: Anfang September 2008, genau war es am 06.September. Das weiß ich so genau, weil es das erste Mal war, dass ich ins Gefängnis kam und daher weiß ich es. Den Wochentag weiß ich aber nicht. Wir haben beschlossen, eine Demo zu veranstalten und es kamen sehr viele Leute hinzu, weil sich das in unserem Viertel rumgesprochen hatte. Es ging wieder um die Stromausfälle. Wir begannen bei der Volksschule und wir wollten bis zum Gemeindesitz nach Matoto gehen. Man musste dabei entlang der Autobahn gehen und das hatte den Verkehr beeinträchtigt. Wir wollten uns dadurch Gehör verschaffen. Es kam zuerst die Polizei, aber nachdem wir sehr viele waren, haben sie die "Anti-gang" gerufen, eine spezielle Einheit der Polizei. Diese Einheit zerstreute unsere Demonstration. Danach gab es eine Untersuchung. Die Demo fand in der Früh um 09.00 Uhr statt. Ich und andere wurden am Abend verhaftet. An die Namen kommt man bei uns, indem man zum Chef de Quartier geht und ihn befragt. Er kennt uns alle. Ich wurde in meinem Elternhaus festgenommen.
F: Sie haben schon öfters Demonstrationen abgehalten. Gab es zuvor keine derartigen Probleme?
A: Nein, es war die erste Demonstration, die wir veranstaltet haben.
F: Wie lange waren Sie in Haft?
A: Zwei Wochen. Ich wurde von zu Haus ins Militärlager "Camp Alpha Yaya" gebracht. Ich war zwei Wochen dort. Ich wurde beschimpft und misshandelt. Ich habe z.B. Ohrfeigen bekommen, weil ich gesagt habe, dass ich ein Recht habe, zu demonstrieren.
F: Ließ man Sie nach den zwei Wochen einfach wieder frei?
A: Nein. Es hatte die Presse über die Demo und die Festnahmen berichtet und das Regime stand unter einem gewissen Druck. So ließen sie mich gehen.
F; Wie lange waren Sie, gerechnet von Ihrer Freilassung, noch in Guinea?
A: Am 22.September 2008 kam ich frei. Am 08.10.2008 habe ich Guinea verlassen.
F: Aus welchem konkreten Anlass haben Sie Guinea verlassen?
A: Ich bin ganz sicher, dass meine Akte nicht geschlossen wurde. Ich glaube, dass die Behörde lediglich das Gesicht wahren wollte. Sie hätten mich später wieder geholt und mich dann vor Gericht gestellt oder wer weiß was.
F: Wieso denken Sie das?
A: Ich war noch im Land, aber nicht mehr in meinem Viertel. Ich bin untergetaucht. Mein Bruder hat mich angerufen und mir gesagt, dass Polizisten bei uns waren und gefragt haben, wo ich mich aufhalte. Ich fürchtete, Sie wollten mich festnehmen. Ich bin schon vorher nach Kindia gefahren, um mich zu verstecken. Dort habe ich erfahren, dass die Polizei bei uns war. Meine Mutter hat sich sehr aufgeregt und um mich gesorgt.
F: Was befürchten Sie konkret für den Fall einer Rückkehr nach Guinea?
A: Ich habe Angst, dass man mich ins Gefängnis steckt.
Es sind immer noch dieselben Leute da, als damals vor drei oder vier Jahren.
F: Was wäre, wenn Sie in einem anderen Landesteil Guineas leben würden, etwa auf der Insel, wo Ihre Mutter her stammt, glauben Sie, dass die Behörden Sie dort suchen würden?
A: Es könnte sein. In einem Dorf wird man leichter verhaftet, als in einer großen Stadt.
(...)"
Am 14.03.2012 langte eine Mitteilung, datiert mit Datum vom selben Tag, beim Bundesasylamt ein. Es wurde das Bundesasylamt darüber informiert, dass der Beschwerdeführer am 02.03.2012 die österreichische Staatsbürgerin XXXX geheiratet hat. Nachdem er sichtlich keine Gefahr für die Öffentlichkeit darstelle, weil er nicht vorbestraft sei oder in anderer Art mit dem österreichischen Gesetz in Konflikt gekommen sei, treffe dies zweifellos auf ihn zu. Weil im AsylG eine entsprechende Bestimmung fehle, sei aus Gleichheitsgründen zweifellos das FPG analog anzuwenden. Der Beschwerdeführer beantragte daher jedenfalls von seiner Ausweisung aus Österreich dauerhaft abzusehen. Hinsichtlich seines asylrelevanten Vorbringens habe ihm seine Schwester einen am 18.12.2009 gegen ihn erlassenen Haftbefehl zugesandt. Dieser Haftbefehl sei nach wie vor in Kraft und er würde daher bei einer eventuellen Rückkehr nach Guinea in Gefahr laufen sofort verhaftet zu werden.
Vor dem Bundesasylamt wurden folgende Dokumente vorgelegt:
- Reisepass
- Geburtsurkunde
- Auszug aus dem österreichischen Heiratseintrag
- Kopie eines Haftbefehls, ausgestellt am 18.12.2009 durch "Cour d¿Appel de Conakry",
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 08.05.2012, Zl. XXXX, wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und die befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG bis zum 08.05.2013 erteilt (Spruchpunkt III.).
Begründend wurden die Identität und die Staatsangehörigkeit festgestellt. Hinsichtlich der Gründe für das Verlassen des Herkunftsstaates wurde festgehalten, dass sich weder aus den niederschriftlichen Einvernahmen noch aus dem sonstigen Ergebnis des Ermittlungsverfahrens bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen Hinweise auf das Vorliegen eines Sachverhaltes, welcher gemäß Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention zur Gewährung von Asyl führen würde, ergeben hätten. Es habe unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Guinea dort der Gefahr einer Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung iSd GFK ausgesetzt wäre. Aufgrund der Feststellungen des Bundesasylamtes betreffend die problematischen Haftbedingungen, die Mängel in der Durchführung der Verfahren und die häufigen Übergriffe von Sicherheitsorganen auf Festgenommene, die in der Mehrheit der Fälle ungeahndet bleiben, -wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Absatz 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt. Weiters wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seit dem 02.03.2012 mit der österreichischen Staatsbürgerin XXXX verheiratet sei, Kinder habe er keine.
Gegen Spruchpunkt I. des Bescheides wurde fristgerecht Beschwerde erhoben und darin zusammengefasst ausgeführt, dass er im Verfahren glaubwürdig vorgetragen habe, als Vorsitzender eines Jugendvereines Verfolgungen ausgesetzt gewesen zu sein. Er habe eine Demonstration gegen Missstände angeführt, sei vom Militär verhaftet, misshandelt, jedoch nach zwei Wochen wieder freigelassen worden. Nach der Entlassung sei er nicht ins Elternhaus zurückgekehrt und habe Guinea verlassen, als er im Elternhaus von der Polizei gesucht worden sei. Das Bundesasylamt leite aus den Feststellungen ab, es würde in Guinea Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit herrschen. Bei der vom Beschwerdeführer angeführten Demonstration sei es zu Verkehrsbehinderungen gekommen und auch hätten Demonstranten geplündert und öffentliches Eigentum zerstört. Das Einschreiten der Behörden sei deshalb nicht als Verfolgung iSd AsylG, sondern als zulässige Aufklärung strafbarer Handlung zu werten. Aus den Länderberichten sei eine politisch motivierte Verfolgung alleine wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Partei nicht erkennbar. Berichte zur Justiz, Polizeibrutalität, etc. würden jedoch für Häftlinge "lebensgefährliche Verhältnisse" vermuten. Den Feststellungen des Bundesasylamtes sei durchgehend zu entnehmen, dass regelmäßig Sicherheitskräfte gegen Demonstrationen einschritten und einschreiten, wobei dabei auch Menschen verletzt und getötet würden. Verwiesen wurde auf einen auszugsweise wiedergegebenen Bericht von Amnesty International. Es herrsche somit in Guinea keine Versammlungsfreiheit, sondern es würden die Teilnehmer an einer Versammlung das Risiko durch Polizei und Militär verhaftet, verletzt oder gar getötet zu werden. Es sei das Einschreiten der Behörden gegen ein die Demonstration organisierendes Individuum demnach sehr wohl als politisch motivierte Verfolgung zu werten. Verwiesen wurde darauf, dass die Asylgewährung wesentlich auf eine begründete Furcht vor Verfolgung abstelle. Im Kommentar zum AsylG 2005 von Feßl/Holzschuster werde auf eine Entscheidung des VwGH vom 08.03.1999 verwiesen (98/01/0370), wonach Verfolgungsgefahr nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden müsse, sondern auch darin begründet sein könne, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teile, sodass die begründete Annahme bestehe, auch er könne unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein. Im gegenständlichen Fall seien unangemessen intensive staatliche Eingriffe gegen Demonstranten eingesetzt worden, die aus politischen Gründen auf die Straße gehen und sei seine Furcht vor rechtlich unbegründeter Verhaftung bzw. menschenrechtswidriger Behandlung in der drohenden Haft anhand der Verhältnisse nachvollziehbar (daher habe er auch subsidiären Schutz zuerkannt erhalten).
Das Bundesverwaltungsgericht führte am 12.02.2015 zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes in Anwesenheit eines Dolmetsch für die Sprache Französisch eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in welcher der Beschwerdeführer neuerlich zu seinen Fluchtgründen befragt wurde. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wurde ordnungsgemäß zu dieser öffentlichen mündlichen Verhandlung geladen, ein Vertreter des Bundesamtes erschien nicht zur Verhandlung.
Diese öffentliche mündliche Verhandlung am 12.02.2015 gestaltete
sich in den wesentlichen Teilen wie folgt (VR = Vorsitzende
Richterin, BF = Beschwerdeführer):
"VR: Ihre Beschwerde richtet sich lediglich gegen Spruchpunkt I. des erstinstanzlichen Bescheides betreffend Abweisung Ihres Antrages vom 8.12.2011 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 idgF.
Möchten Sie zu den im erstinstanzlichen Verfahren bzw. der Beschwerdeschrift vorgebrachten Fluchtgründen bzw. Umständen Ihrer Flucht von sich aus eine Erklärung abgeben bzw. -Richtigstellung oder Ergänzungen vornehmen?
BF: Ich wurde dort verfolgt. Ich war der Anführer einer Jugendgruppe des Stadtviertels. In Afrika ist es nicht wie in Europa, dass der Staat sich um alles kümmert. Das Volk kann Gruppen bilden und Aktivitäten setzten. Diese Gruppe, der ich angehört habe, kümmerte sich um Reinigung des Stadtviertels. Die Organisation von Fußballmatches der Jugendlichen aus diesem Stadtviertel. Es hat einige Zeit gedauert, die Gründung dieser Organisation und mit den Aktivitäten zu beginnen. Es gab in der Hauptstadt sowie in anderen Stadtvierteln immer wieder Stromausfälle. Wir haben uns versammelt, um zu schauen, was wir die Jugendlichen dieses Stadtviertels dagegen tun könnten. Wir sagten uns, wir sind die Zukunft und müssen dafür kämpfen.... Wir haben eine Petition herausgegeben und die Leute gefragt, ob sie nicht mitmachen wollen, um die Stromversorgung der Stadt zu sichern.
VR: Wie lange ist der Strom immer ausgefallen?
BF: Es konnte sein, dass der Strom den ganzen Tag ausgefallen ist.
VR: Wie hat sich der Stromausfall in der Stadt ausgewirkt?
BF: Wie in jeder Stadt, wenn der Strom ausfällt, ist es sehr unangenehm. Man kann nichts machen. Selbst das Internet hat nicht funktioniert. Die Kriminalrate war erhöht, speziell dann, -wenn der Stromausfall in der Nacht stattgefunden hat.
VR: War der Hauptgrund für Ihre Petition der immer wieder kehrende Stromausfall? Oder ging es auch um andere Probleme?
BF: Nein, es ging exakt um die Stromausfälle. Das war auch der Grund für die Demonstration.
VR: Wieso wurden Sie inhaftiert?
BF: Ich war der Anführer bzw. Präsident dieses Vereins.
VR: War Ihr Verein angemeldet oder offiziell?
BF: Ja, es war ein offiziell angemeldeter Verein.
VR: Können Sie den Namen des Vereins nennen?
BF: Das ist der Verein "Association des Jeunes pour le Developpement".
VR: Was war der Zweck dieses Vereines?
BF: Es war die Koordination und die Entwicklung für die Jugendlichen des Stadtviertels.
VR: Wieso sind Sie verhaftet und inhaftiert worden?
BF: Ich möchte nochmals angeben, dass ich der Obmann des Vereins war.
VR: Warum hatten Sie ein Problem, wenn der Verein doch angemeldet war?
BF: Die Situation in meiner Heimat, ist nicht die Gleiche wie hier. Wenn eine Gruppierung den Staat nicht anerkennt, kann der Anführer ins Gefängnis kommen. Auch wenn wir eine politische Gruppierung gewesen wären, können wir verhaftet werden, wenn wir die politische Gesinnung des Staates nicht anerkennen. Es ist für die Verhaftung schon ausreichend, wenn eine Gruppierung eine Demonstration veranstaltet und die Gruppierung gegen die Gesinnung der Polizei ist.
VR: Ich kann nicht nachvollziehen, dass Sie verhaftet worden, weil Sie gegen die Stromausfälle demonstrierten. Was sagen Sie dazu?
BF: Es ist sehr schwierig für Sie zu verstehen, das verstehe ich. Unsere Lebensarten sind nicht -die gleichen. Damals im Jahr 2008 war der Präsident des Landes ein Militär war. In den Augen der Regierung war unsere Demonstration ein Sabotageakt.
VR: Was gehörte alles zu dem Sabotageakt? Was das nur die Demonstration? Wie viele Leute haben Sie erreicht? Gab es auch eine Petition?
BF: Es waren tausende Leute unterwegs. Ein ganzes Stadtviertel ging auf die Straße.
VR: Wie wurde diese Demonstration organisiert? Über Internet, Medien, Telefon etc.?
BF: Ich spreche von dem Bezirk Matoto, in der Stadt Conakry. Es gibt verschiedene Stadtviertel in einem Bezirk. Wir haben in jedem dieser Stadtviertel einen Vertreter unseres Vereines.
VR: Wie viele Vertreter waren das?
BF: Es waren zwischen 10 Personen.
VR fordert den BF auf, die Organisation aufzuzeichnen.
BF zeichnet die Organisation wie folgt auf: Geschäftsführungen, ca. 10 verschiedene Abteilungen, jede Sektion ist ein Stadtviertel mit dem jeweiligen Vertreter und repräsentiert die Vertretung(Skizze des BF Beilage 1).
VR: Wie haben Sie die Demonstration organisiert?
BF: Wir hatten ein Treffen, die 10 Vertreter und ich. Die 10 Vertreter haben die Leute ihres Stadtviertels informiert darüber, dass es eine Demonstration gibt.
VR: Wie haben diese Vertreter die Leute informiert?
BF: Da es in jedem Stadtviertel Lokal gibt, in denen sich die Jugendlichen treffen, sind die Vertreter dorthin gegangen und haben das Datum bekanntgegeben. So haben wir die Leute zusammenbekommen.
VR: Hatten die Jugendlichen 2008 schon Handys in Conakry?
BF: Nein, es gab nicht viele, die ein Handy hatten. In Afrika hatte man im Jahr 2008 noch nicht die neue Technologie wie in Europa. Es wurde bei uns sehr viel mündlich kommuniziert.
VR: Welche Rolle hatten Sie bei der Demonstration? Waren Sie Sprecher etc.?
BF: Ich habe während der Demo zum Volk gesprochen. Wir haben in einer Volksschule die Demo begonnen und sind bis zum Bezirk weitergezogen.
VR: Wo haben Sie Ihre Rede gehalten?
BF: Vor dem Bezirksamt, wo sich die Demo hinbewegte, habe ich die Rede gehalten.
VR: Was war der Inhalt Ihrer Rede?
BF: Ich habe zu Beginn den Leuten gedankt für ihre Teilnahme. Dann habe ich die Bevölkerung dahingehend angesprochen, alles zu tun, damit die Stromausfälle aufhören. Ich habe alle Gesellschaftsschichten aufgefordert, sich die Hand zu reichen und einig zu sein. Wir sind die Zukunft von Guinea. Was wir morgen erreicht haben wollen, müssen wir heute beginnen. Die Demo hat sich auf einer Hauptstraße abgespielt. Ich habe einen Platz gewählt, wo ich von allen Teilnehmern gehört und gesehen wurde.
VR: Wie kam es zu den Inhaftierungen?
BF: Alles war in der Nähe des Militärlagers "Camp Alpha Yaya". Vom Camp aus, wurde eine Polizeistation namens "Anti-gang" angerufen. Diese Polizei ist für gefährliche Situationen gerüstet.
VR: Konnten Sie nach Ihrer Rede noch nach Hause gehen oder wurden Sie sofort inhaftiert?
BF: Ich konnte nicht einmal meine Rede beenden. Ich wurde sofort festgenommen.
VR: Wie hat sich die Festnahme ereignet?
BF: Die Polizei hat uns festgenommen und ins Militärlager gebracht.
VR: Schildern Sie die Details Ihrer Festnahme.
BF: Es war nicht angenehm. Sie haben mir die Handschellen angelegt. Mir wurden die Hände auf dem Rücken "geschlossen". Es kamen sehr viele Polizei-Fahrzeuge. Es brach Panik aus. Sie haben alle festgenommen. Ich weiß nicht, wie viele Polizisten mich ergriffen haben, da ja Panik ausgebrochen ist. Sie waren gewalttätig. Ich wurde geschlagen, auch wurde ich mit den Füßen getreten. Sie haben auf mich wie von Sinnen, auch sehr wütend eingeschlagen. Ich erlitt einen Schock. Ich hatte nicht mit dem Vorgehen der Polizisten der Anti-gang gerechnet. Diese Sondereinheit ist speziell für Kriminelle da. Ich habe mir das nicht erwartet. Die Polizisten dieser Sondereinheit können auch Personen töten. Wenn man eine Demo organisiert, macht das mehr als Angst, wenn dann diese Anti-gang-Polizisten kommen. Dann sind wir ins Militärlager gekommen. Ich und vier andere Leute aus dem Bureau Executif kamen dorthin.
VR: Wie wurden Sie ins Lager gebracht?
BF: In kleinen LKWs. Wir wurden in die LKWs "geschmissen", da wir ja die Handschellen oben hatten. Nach Ankunft im Lager wurden wir 5 getrennt. Ich wurde ins Gefängnis überstellt, sowie die anderen auch. Wir wurden getrennt.
VR: Wie hat das Gefängnis ausgesehen?
BF: Es war einfach nur ein Zimmer im Militärlager, wo ich mich befand. Ich war in der Zelle alleine.
VR: Wie lange waren Sie in dieser Zelle?
BF: Ich war zwei Wochen im Gefängnis.
VR: Wurden Sie während Ihrer Inhaftierung verhört?
BF: Ich wurde am Vormittag festgenommen, am Abend wurde ich einvernommen. Den Rest der Zeit saß ich nur in meiner Zelle.
VR: Was wollten die von Ihnen wissen?
BF: Sie sagten:" Ihr seid die Saboteure. Du hast das Volk gegen die Regierung aufgehetzt. Es war keine Verhandlung, ich konnte nicht erklären, warum ich die Demo organisiert habe. Ich durfte nichts sagen. Ich wollte eigentlich nur einen Missstand aufzeigen. Während dieser Einvernahme wollte ich erklären, warum die Demo veranstaltet wurde. Die Einvernehmenden haben mich nicht erklären lassen, sie hielten mir nur vor, dass ich das Volk gegen das Regime aufgebracht habe. Es gibt ein Demonstrationsrecht. Es wird aber nicht umgesetzt, es gilt nur auf dem Papier.
VR: Sie haben bei der Einvernahme vor der ersten Instanz wie folgt angegeben: "Die Demo fand in der Früh statt und wir wurden am Abend verhaftet. Ich wurde in meinem Elternhaus festgenommen." Wie erklären Sie sich diesen Widerspruch zu Ihrer heutigen Aussage?
BF (ist verwundert): In meinem Haus? Wer hat das gesagt? Ich habe das nicht gesagt. Es hat sich alles so ereignet, wie ich es heute angegeben habe.
VR: Wie lange haben sie sich in der Zelle befunden? Wie sind Sie entkommen?
BF: Ich war zwei Wochen in der Zelle. Nach zwei Wochen Haft wurde ich befreit.
VR: Wer hat Sie "befreit"?
BF: Ich wurde von den gleichen Leuten freigelassen, die mich zwei Wochen zuvor verhaftet -haben. In der Presse war von meiner Inhaftierung zu lesen. Ich wurde daraufhin freigelassen, weil die Behörden "Angst" bekommen haben. Wir 5 wurden ja vor tausenden Menschen festgenommen. Diese tausende Menschen, die die Festnahme sahen, waren Zeugen meiner Verhaftung. Es war ein Beschluss der Behörden. Zwei Tage nach meiner Freilassung stand die Polizei vor der Türe. Ich habe mich aber nicht mehr daheim befunden, ich war in einer anderen Region. Ich habe mir gedacht, dass die Polizei kommen werde, wenn ich entlassen bin. Ich war in der Region XXXX.
VR: Wurden Sie während Ihrer zweiwöchigen Inhaftierung beschimpft oder misshandelt?
BF: Wenn Sie verzeihen, ich möchte mich nicht an die zwei Wochen erinnern. Es sind sehr schlimme Erinnerungen daran. Ich wurde misshandelt. Ich wurde immer wieder geschlagen, -von den Polizisten, die Wache hielten. Ich wurde verbal attackiert. Ich wurde auch als Krimineller bzw. Bandit bezeichnet.
VR: Wo wurden Sie überall geschlagen?
BF: Ich wurde als "Ball" verwendet. Sie haben mich provoziert und haben sofort angefangen mich zu schlagen. Es hat sich immer wieder ereignet.
VR: Sie setzen sich für andere Leute ein, kämpfen für andere und organisieren vieles. Wieso sind Sie geflüchtet? Wie schnell sind Sie geflüchtet?
BF: Ich denke, dass jeder Mensch das Recht hat sein Leben zu schützen. Als Mensch möchte man sich wehren. Wenn man physisch nicht in der Lage ist, muss man sich verteidigen. Es war das Einzige, meine Flucht. Ich wusste, falls ich nicht flüchte, würde ich wieder festgenommen werden, da meine Heimat ein sehr kleines Land ist. Am zweiten Tag nach meiner Entlassung war ich in der Region Kingia. Von dort bin ich mit Hilfe eines LKWs in den Senegal gereist. Dann bin ich über Dhakar über Marokko in die Türkei geflogen. Ich hatte Kontakte in der Türkei. Die halfen mir nach Izmir zu kommen. Von Izmir bin ich nach Griechenland auf die I-nsel Mytelini und von der Insel nach Athen gekommen. Ich habe mich ca 2 bis 3 Jahre in Athen aufgehalten, bevor ich nach Ö kam. Ich wollte in Athen bleiben, aber es gab Probleme. Die Polizei macht Probleme in Athen. Wenn die Polizei einen Schwarzen sieht, wird er gleich kontrolliert.
VR: Möchten Sie noch etwas zu den Fluchtgründen anführen? Möchten Sie noch etwas ergänzen?
BF: Ich glaube, hinsichtlich meiner Fluchtgründe wurde alles gesagt. Meine Mutter hat Probleme mit der Polizei bekommen wegen mir. Mein Vater ist schon vor langer Zeit verstorben. Auch mein Bruder hat mit der Polizei Probleme bekommen. Wenn die Person, die gesucht wird, nicht gefunden wird, wird die gesamte Familie bestraft.
VR: Entsprechen sämtliche von Ihnen im erstinstanzlichen Verfahren bzw. der Beschwerdeschrift sowie in der heutigen mündlichen Verhandlung vorgebrachten Ausführungen der Wahrheit?
BF: Ja.
VR befragt den BF hinsichtlich dessen Namen, Geburtsdatum und ihren Geburtsort, Familienstand. Im Falle einer Eheschließung wird der BF aufgefordert bekannt zu geben, ob es eine zivilrechtliche und/oder rituelle Eheschließung bzw. die wievielte Eheschließung es war.
BF: Ich heiße XXXX und bin am XXXX geboren. Ich bin verheiratet. Wir sind schon bald 3 Jahre verheiratet.
VR: Wie haben Sie sich kennengelernt?
BF: Wir haben uns in Griechenland kennengelernt.
VR: Haben Sie Kinder (evtl. auch aus früheren Beziehungen)?
BF: Nein.
VR: Welche Staatsbürgerschaft besitzen Sie?
BF: Guinea.
VR: Welcher Volksgruppe erachten Sie sich als zugehörig?
BF: Susu.
VR: Gehören Sie derzeit einer Religionsgemeinschaft an? Wenn ja, welcher?
BF: Ich bin Moslem.
VR: Welche schulische oder sonstige Ausbildung haben Sie erhalten?
BF: Bei uns ist die Grundschule 6 Jahre, dann 3 bis 4 Jahre das Gymnasium, 3 Jahre Lycee und zwei Jahre an der Uni. Ich habe Jura studiert. Durch die Flucht habe ich mein Studium abgebrochen.
VR: Haben Sie bis zu Ihrer Flucht jemals außerhalb Ihres Herkunftsstaates gelebt?
BF: Ich habe immer in Guinea gelebt.
VR: Haben Sie jemals in einem anderen Staat um Asyl angesucht?
BF: Nur in Griechenland.
Folgende Erkenntnisquellen werden dem BF genannt und deren Inhalt erörtert:
Die VR befragt den BF ob er zu den mit der Ladung zur heutigen mündlichen Verhandlung -mitgeschickten Unterlagen einen Bericht bzw. Beurteilung zur menschenrechtlichen sowie sozialen und politischen Situation im Herkunftsland mit der Aufforderung hierzu Stellung nehmen möchte.
BF: Die Situation in Guinea hat sich nicht verbessert. Die Situation hinsichtlich Meinungsfreiheit hat sich nicht gebessert. Ebenso nicht die Situation betreffend Demonstrationen.
Die VR befragt den BF, ob er noch etwas Ergänzendes vorbringen will.
BF: Ich bin der XXXX der guineischen Gemeinde. Ich gehe am letzten des Monats in den Verein "Union der Guineer in Österreich". Es werden die Probleme besprochen, die wir in Guinea und hier haben. Wir organisieren Veranstaltungen, feiern unseren Nationalfeiertag. Wir versuchen auch den Leuten in meiner Heimat zu helfen. Es werden Spenden gesammelt, um den Familien zu verschiedenen Anlässen, zu helfen.
Die VR fordert den BF auf, Unterlagen betreffend des Vereines vorzulegen, innerhalb einer Frist von zwei Wochen.
VR: Sind Sie sonst noch bei einem Verein tätig?
BF: Nein.
VR: wie unterhalten Sie und Ihre Gattin sich?
BF: Ich unterhalte mich mit meiner Gattin in Deutsch und in Englisch. Auch die Kinder meiner Gattin, die sie aus erster Ehe hat, sprechen mit mir Deutsch.
VR: Sind Sie in Ö berufstätig?
BF: Derzeit arbeite ich bei der Firma "XXXX", in XXXX. Die Bestätigung wird als Beilage 2 zum Akt genommen.
Der BF legt Lohn- und Gehaltsabrechnungen in Kopie vor, diese werden als Beilage 3 zum Akt genommen.
Hinsichtlich seiner Deutschkenntnisse legt der BF das Diplom des ÖSD vom XXXX vor, mit dem die Prüfung über das österreichische Sprachdiplom der Grundstufe A2 belegt wird, Beilage 4."
Am 24.02.2015 langte die Übersetzung des vorgelegten Urteils beim Bundesverwaltungsgericht ein. Im Detail handelt es sich um ein Urteil des Berufungsgerichts von Conakry vom 18.12.2009, mit dem der Beschwerdeführer schuldig befunden wurde, zehn Jahre Zwangsarbeit zu leisten. Es wurde festgehalten, dass ein Haftbefehl gegen den Beschwerdeführer besteht, weil er sich auf der Flucht befindet. Das Urteil enthält ein Rundsiegel des Sektionspräsidenten des Berufungsgerichts in Conakry.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage des gegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz vom 08.12.2011, der Einvernahmen des Beschwerdeführers durch das Bundesasylamt, der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheide des Bundesasylamtes, der Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt, der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister, in das Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister, Strafregister und Grundversorgungsinformationssystem sowie auf Grundlage der vor dem Bundesverwaltungsgericht durchgeführten mündlichen Verhandlung am 12.02.2015 werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zu Grunde gelegt:
Zur Lage in Guinea wird festgestellt:
Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Guinea
(Wien am 17.2.2014, letzte Kurzinformation eingefügt am 11.8.2014)
1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen
KI vom 31.7.2014: Ebola (betrifft: Abschnitt 23/Medizinische Versorgung)
Die Ebola-Epidemie in Westafrika mit ersten Krankheitsfällen im Dezember 2013 hat in Guinea bislang zu 300 gesicherten Erkrankungen mit mehr als 200 Todesfällen geführt. Daneben gibt es zahlreiche Verdachtsfälle und Kontaktpersonen, die beobachtet werden (AA 31.7.2014).
Seit Mitte Februar 2014 wurden Ebola-Fälle aus den Präfekturen Macenta, Guékédou, Kissidougou, Dinguiraye, Dabola und der Hauptstadt Conakry gemeldet, mittlerweile auch aus Télimélé, Boffa, Boke und Dubreka (alle nördlich von Conakry gelegen) (BmeiA 31.7.2014).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (31.7.2014): Reise und Sicherheit - Guinea - Reise- und Sicherheitshinweise, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/GuineaSicherheit.html, Zugriff 31.7.2014
- BmeiA - Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (31.7.2014): Reiseinformation Guinea, http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/reiseinformation/a-z-laender/guinea-de.html, Zugriff 31.7.2014
KI vom 11.8.2014: Ebola (betrifft: Abschnitt 3/Sicherheitslage und Abschnitt 23/Medizinische Versorgung)
Guinea hat am Samstag angekündigt, seine Grenzen zu Liberia und Sierra Leone zu schließen (VOA 10.8.2014). Einer anderen Quelle zufolge werden aber lediglich spezielle Maßnahmen an den Grenzstationen vorbereitet (CBC 9.8.2014). Seit März sind in Guinea mindestens 367 Menschen an Ebola gestorben, 18 Kranke werden derzeit auf Isolierstationen behandelt (SO 9.8.2014).
Die Fluglinie Emirates hat ihre Flüge nach Guinea aufgrund der Seuche eingestellt (USAT 4.8.2014). Das österreichische Außenministerium ortet ein "Hohes Sicherheitsrisiko", eine Reisewarnung wurde jedoch nicht ausgegeben (BMEIA 11.8.2014). Das deutsche Auswärtige Amt rät von Reisen nach Guinea ab. Ausreisemöglichkeiten könnten weiter beschränkt werden und ein Ende der Ausbreitung von Ebola ist nicht absehbar (AA 11.8.2014).
Quellen:
- AA - Auwärtiges Amt (11.8.2014): Reise- und Sicherheitshinweise - Guinea,
http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/GuineaSicherheit.html, Zugriff 11.8.2014
- BMEIA (11.8.2014): Reiseinformationen - Guinea, http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/reiseinformation/a-z-laender/guinea-de.html, Zugriff 11.8.2014
- CBC (9.8.2014): Ebola outbreak: High death toll among health worker 1st responders,
http://www.cbc.ca/news/health/ebola-outbreak-high-death-toll-among-health-worker-1st-responders-1.2732076, Zugriff 11.8.2014
- SO - Spiegel Online (9.8.2014): Epidemie in Afrika: Guinea schließt Grenzen zu Ebola-Ländern, http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/ebola-guinea-schliesst-grenzen-reisebeschraenkungen-in-sambia-a-985310.html, Zugriff 11.8.2014
- USAT - USA Today (4.8.2014): Emirates suspends Guinea flights on Ebola concerns,
http://www.usatoday.com/story/todayinthesky/2014/08/04/emirates-suspends-guinea-flights-on-ebola-concerns/13564029/, Zugriff 11.8.2014
- VOA - Voice of America (10.8.2014): Ebola Grips West Africa, http://www.voanews.com/content/ebola-grips-west-africa/2408640.html, Zugriff 11.8.2014
2. Politische Lage
Guinea ist ein Zentralstaat mit verfassungsmäßig starker, de facto alles bestimmender Stellung des Präsidenten. Vom 23.12.2008 bis 21.12.2010 herrschte eine Militärjunta. Im Mai 2010 wurde eine neue Verfassung verkündet. Sie sieht eine fünfjährige Amtszeit des Präsidenten mit der Möglichkeit zur einmaligen Wiederwahl vor. Ob die künftige Nationalversammlung ein wirkliches Gegengewicht gegenüber dem neuen Präsidenten und der Regierung entfalten kann, wird sich erst nach den Parlamentswahlen zeigen. In ihrem organisatorischen Teil ist die Verfassung der französischen Verfassung nachgebildet. Neben dem Parlament gibt es auch in der neuen Verfassung einen Wirtschafts- und Sozialrat sowie weitere republikanische Institutionen wie die Haute Autorité de Communication, den Obersten Gerichtshof und den Rechnungshof (AA 10.2013a).
Nach dem Tod des guineischen Diktators General Lansana Conté am 22.12.2008 ergriff eine Militärjunta unter Hauptmann Moussa Dadis Camara die Macht. Im Verlauf des Jahres 2009 ließ Camara immer deutlicher erkennen, dass er sich zum Präsidenten des Landes wählen lassen wolle. Im Zusammenhang mit dem Massaker vom 28.9.2009, bei dem über 150 Menschen starben, verletzte Camaras Sicherheitschef Camara am 3.12.2009 mit Schusswunden so schwer, dass jener zur medizinischen Behandlung das Land verlassen musste. Der Stellvertreter Camaras, General Sékouba Konaté, änderte den Kurs der Militärjunta und organisierte - unter starkem Druck der internationalen Gemeinschaft - Präsidentschaftswahlen mit erstem Wahlgang am 27.6.2010 und Stichwahl am 7.11.2010. Der Kandidat Alpha Condé siegte mit 52,5 Prozent der Stimmen, sein Gegenkandidat Cellou Dalein Diallo erhielt 47,5 Prozent der Stimmen. Damit hat Guinea zum ersten Mal einen demokratisch gewählten Präsidenten (AA 10.2013a). Entscheidend für die weitere demokratische Entwicklung war die erfolgreiche Durchführung der mehrfach verschobenen Parlamentswahl am 28.9.2013 (AA 10.2013a; vgl. HRW 21.1.2014). Die Regierungspartei Rally of the Guinean People von Alpha Condé erzielte dabei 53 von 114 Sitzen und kleinere mit ihr verbündete Parteien 7 Sitze. Dadurch kommt die Regierungskoalition auf insgesamt 60 Sitze; ausreichend für eine einfache Mehrheit im Parlament. Die von Cellou Dalein Diallo geführte Oppositionspartei UFDG hält nunmehr 37 Sitze (Al Jazeera 19.10.2013). Die Zeit vor der Wahl war durch innere Spannungen und gewalttätige Auseinandersetzungen geprägt (AA 10.2013a; vgl. HRW 21.1.2014).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (10.2013a): Innenpolitik - Guinea, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Guinea/Innenpolitik_node.html, Zugriff 10.2.2014
- Al Jazeera (19.10.2013): Guinea ruling party wins parliamentary polls,
http://www.aljazeera.com/news/africa/2013/10/guinea-election-results-favour-ruling-party-2013101822593948526.html, Zugriff 17.2.2014
- HRW - Human Rights Watch (21.1.2014): World Report 2014 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/267779/395133_de.html, Zugriff 10.2.2014
3. Sicherheitslage
Vor dem Hintergrund der anhaltenden innenpolitischen Kontroverse um die Parlamentswahlen vom 28.9.2013 und der erst am 15.11.2013 erfolgten Bestätigung der umstrittenen Wahlergebnisse durch das oberste Gericht, muss insbesondere in Conakry mit gewalttätigen Ausschreitungen gerechnet werden, wie sie sich zuletzt am 25. und 26.11.2013 ereigneten (AA 13.2.2014). 2013 kam es trotz der Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung nach den Parlamentswahlen wiederholt zu blutigen ethnischen Auseinandersetzungen mit mehreren Toten im Südosten (Waldguinea). Die südlichen Grenzgebiete zu Liberia, Sierra Leone und Côte d'Ivoire sind aufgrund ethnischer Spannungen gefährlich. Es kann aufgrund der hohen wirtschaftlichen und sozialen Unzufriedenheit im ganzen Land jederzeit zu spontanen Demonstrationen oder Menschenansammlungen kommen, in deren Rahmen immer auch Ausschreitungen und Gewaltanwendung möglich sind (BMeiA 13.2.2014).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (13.2.2014): Guinea: Reise- und Sicherheitshinweise,
http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/GuineaSicherheit_node.html, Zugriff 13.2.2014
- BMeiA - Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (13.2.2014): Guinea, http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/reiseinformation/a-z-laender/guinea-de.html), Zugriff 13.2.1014
4. Rechtsschutz/Justizwesen
Obwohl die Verfassung sowie die Gesetze die Unabhängigkeit der Justiz vorsehen, fehlte es dem Justizsystem an Unabhängigkeit (USDOS 19.4.2013) und es war unterfinanziert, ineffizient und für Korruption anfällig (USDOS 19.4.2013; vgl. AA 10.2013a) bzw. offen korrupt. Das Justizsystem ist gekennzeichnet von zahlreichen Problemen wie z.B. geringes Budget, das Fehlen von qualifizierten Anwälten und Untersuchungsrichtern (USDOS 19.4.2013; vgl. HRW 21.1.2014) und einem veralteten und restriktiven Strafgesetzbuch. Aufgrund des korruptionsanfälligen formalen Justizsystems vertrauten viele Bürger auf das traditionelle Rechtssystem. Fälle, die dort nicht zur Zufriedenheit der Beteiligten gelöst werden konnten, wurden an das formale Justizsystem übergeben. Die Stimme der Frau hatte im traditionellen Rechtssystem weniger Gewicht als jene des Mannes. Das Gesetz sieht die Unschuldsvermutung, die Unabhängigkeit der Richter, die Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz, das Recht auf einen Verteidiger und das Recht der Berufung vor; jedoch wurden diese Rechte in der Praxis nicht konsistent geachtet (USDOS 19.4.2013).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (10.2013a): Innenpolitik - Guinea, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Guinea/Innenpolitik_node.html, Zugriff 10.2.2014
- HRW - Human Rights Watch (21.1.2014): World Report 2014 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/267779/395133_de.html, Zugriff 10.2.2014
- USDOS - U.S. Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/245088/368536_de.html, Zugriff 11.2.2014
5. Sicherheitsbehörden
Die dem Verteidigungsministerium unterstellte Gendarmerie und die Nationale Polizei unter dem Ministerium für Sicherheit teilen sich die nur unzulänglich definierte Verantwortung für die innere Sicherheit. Die Armee ist für die Sicherheit nach außen verantwortlich, spielt jedoch auch im Bereich der inneren Sicherheit eine Rolle. FOSSEPEL - Special Security Forces for the Electoral Process, eine 16.000 Mann starke gemischte Einheit von Gendarmerie und Polizei, wurde im Mai 2010 eingerichtet, um während den Wahlen für Sicherheit zu sorgen. Sie untersteht dem Sicherheitsministerium. Nach den Wahlen kehren die meisten Mitglieder der FOSSEPEL zu ihren Polizei- oder Gendarmerieeinheiten zurück. Per Gesetz sind das Militär, FOSSEPEL, die Gendarmerie und die Polizei dazu befugt, Verhaftungen durchzuführen. Gesetzlich ist allerdings nur die Gendarmerie dazu ermächtigt, Verhaftungen von Angehörigen des Militärs und der Polizeikräfte durchzuführen. Die Reform des Sicherheitssektors brachte limitierten Erfolg. Die Polizei bleibt weiterhin unterbezahlt, inadäquat ausgerüstet und ineffizient, während die Gendarmerie verbesserte Ausbildung sowie Ausrüstung erhielt. Korruption ist weit verbreitet. Verwaltungskonforme Kontrolle über die Sicherheitskräfte ist mangelhaft, das Strafgesetz wird häufig nicht beachtet. Viele Bürger sehen die Sicherheitskräfte als korrupt, ineffektiv und gefährlich an. Es gibt limitierte internen und externen Mechanismen, um Vergehen der Sicherheitskräfte zu untersuchen. Diese bleiben jedoch weitgehend wirkungslos in Ermangelung von Professionalität und eines funktionierenden zivilen Justizsystems (USDOS 19.4.2013).
Quellen:
- USDOS - U.S. Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/245088/368536_de.html, Zugriff 11.2.2014
6. Folter und unmenschliche Behandlung
Menschenrechtsübergriffe staatlicher Stellen, besonders seitens der Sicherheitskräfte, werden praktisch nicht verfolgt. Beschuldigte werden in Polizeistationen systematisch gefoltert, teilweise auch in den Gefängnissen. Während der zwei Jahre der Militärjunta kam es zu zahlreichen Menschenrechtsverletzungen durch das Militär, am 28. September 2009 tötete das Militär erneut Hunderte von Demonstranten und vergewaltigte Dutzende von Frauen und Mädchen; der Internationale Strafgerichtshof hat gegen die Hauptschuldigen, darunter Juntachef Moussa Dadis Camara, Anfangsuntersuchungen eingeleitet. In Guinea wurde der Vorfall bisher nur ansatzweise juristisch aufgearbeitet. Gegen zwei hochrangige Armeeoffiziere wurde Anklage erhoben (AA 10.2013a). Im gesamten Berichtsjahr (2012) unterdrückten Sicherheitsorgane Demonstrationen, die von der Opposition, einschließlich der Union der demokratischen Kräfte in Guinea (Union des Forces Démocratiques de Guinée - UFDG) organisiert wurden. Dabei kamen mindestens acht Menschen zu Tode (AI 23.5.2013). Exzessive Gewaltanwendung durch Sicherheitskräfte bei Demonstrationen nahm im Jahr 2013 ab, aber es gibt dennoch zahlreiche Fälle exzessiver Gewaltanwendung, teilweise mit Todesfolge, und unprofessionellen Verhaltens seitens der Sicherheitskräfte. In einigen Fällen waren Angehörige der Sicherheitskräfte in Diebstahl, Raub und andere Verbrechen in Wohngegenden, in denen Unterstützer der Opposition leben, verwickelt. (HRW 21.1.2014).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (10.2013a): Innenpolitik - Guinea, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Guinea/Innenpolitik_node.html, Zugriff 10.2.2014
- AI - Amnesty International (23.5.2013): Amnesty International Report 2013 - Zur weltweiten Lage der Menschenrechte - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/247965/374101_de.html, Zugriff 13.2.2014
- HRW - Human Rights Watch (21.1.2014): World Report 2014 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/267779/395133_de.html, Zugriff 10.2.2014
7. Korruption
Korruption ist ein ernstes Problem (FH 1.2013) und weit verbreitet (HRW 21.1.2014). Viele Aktivitäten der Regierung liegen im Verborgenen (FH 1.2013). Guinea belegte auf dem Korruptionsindex von Transparency International im Jahr 2013 den 150. von 175 Plätzen (TI 2014).
Quellen:
- FH - Freedom House (1.2013): Freedom in the World 2013 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/259867/385950_de.html, Zugriff 13.2.2014
- HRW - Human Rights Watch (21.1.2014): World Report 2014 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/267779/395133_de.html, Zugriff 10.2.2014
- TI - Transparency International (2014): Corruption Perceptions Index 2013, http://cpi.transparency.org/cpi2013/results/, Zugriff 13.2.2014
8. Nichtregierungsorganisationen (NGOs)
Einige lokale und internationale NGOs können im Allgemeinen ohne Einschränkungen durch die Regierung arbeiten und ihre Berichte auch veröffentlichen; ihre Ressourcen waren allerdings beschränkt. Einige NGOs trafen sich mit Regierungsbeamten und fanden diese kooperativ und zugänglich für ihre Ansichten. NGOs müssen ihre Arbeitserlaubnis bei der Regierung alle drei Jahre erneuern (USDOS 19.4.2013).
Quellen:
- USDOS - U.S. Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/245088/368536_de.html, Zugriff 11.2.2014
9. Ombudsmann
Die Regierung richtete im Oktober 2012 das Ministerium für Menschenrechte und öffentliche Freiheiten ein. Die Aufgabe des Ministeriums sind das Bewusstsein für Menschenrechte zu fördern und Straffreiheit zu bekämpfen; aber zu Jahresende 2012 verfügte es weder über Budgetmittel noch über Personal (USDOS 19.4.2013). Auch im Jahr 2013 gab es nur geringfügigen Fortschritt bei der Einrichtung einer Versöhnungskommission für das Massaker von 2009 und bei der Einrichtung einer unabhängigen Menschenrechtskörperschaft (HRW 21.1.2014).
Quellen:
- HRW - Human Rights Watch (21.1.2014): World Report 2014 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/267779/395133_de.html, Zugriff 10.2.2014
- USDOS - U.S. Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/245088/368536_de.html, Zugriff 11.2.2014
10. Wehrdienst
Für 18-25jährige besteht die Möglichkeit des freiwilligen sowie verpflichtenden Wehrdienstes mit einer Dauer von 18 Monaten (CIA 28.1.2014).
Quellen:
- CIA - Central Intelligence Agency (28.1.2014): The World Factbook
- Guinea,
https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/gv.html, Zugriff 13.2.2014
11. Allgemeine Menschenrechtslage
Die Menschenrechte sind weitgehend eingeschränkt, weil die Justiz schlecht ausgestattet, schlecht bezahlt und für Korruption anfällig ist. Menschenrechtsübergriffe staatlicher Stellen, besonders seitens der Sicherheitskräfte, werden praktisch nicht verfolgt. Es besteht weitgehende Presse- und Meinungsfreiheit, seit Ende 2006 sind mehrere private Radiostationen zugelassen. Dutzende von Wochenzeitungen erscheinen weitgehend unbehelligt, allerdings mit kleiner Auflage. Die sozialen und wirtschaftlichen Menschenrechte werden durch die sehr große Armut der Bevölkerung eingeschränkt (AA 10.2013a). Die gravierendsten Menschenrechtsprobleme im Land sind Tötungen sowie Anwendung exzessiver Gewalt durch die Sicherheitskräfte, inklusive der Anwendung von Folter und die mangelnde Bestrafung für solche Vergehen durch die Regierung (USDOS 19.4.2013); wiewohl sich die Lage im Jahr 2013 diesbezüglich gebessert hat (HRW 21.1.2014).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (10.2013a): Innenpolitik - Guinea, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Guinea/Innenpolitik_node.html, Zugriff 10.2.2014
- HRW - Human Rights Watch (21.1.2014): World Report 2014 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/267779/395133_de.html, Zugriff 10.2.2014
- USDOS - U.S. Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/245088/368536_de.html, Zugriff 11.2.2014
12. Meinungs- und Pressefreiheit
Obwohl die Verfassung und die Gesetze Meinungs- und Pressfreiheit gewährleisten, schränkt die Regierung die Freiheit der Medien ein (USDOS 19.4.2013). Es besteht dennoch weitgehende Presse- und Meinungsfreiheit (AA 10.2013a). Unabhängige Medien sind aktiv und drücken ein weites Spektrum von Ansichten aus (USDOS 19.4.2013). Dutzende von Wochenzeitungen erscheinen mit kleiner Auflage weitgehend unbehelligt (AA 10.2013a). Aufgrund der geringen Alphabetisierungsrate hat die Printpresse jedoch keine große Reichweite. Das Radio bleibt das wichtigste Informationsmedium (USDOS 19.4.2013); seit Ende 2006 sind mehrere private Radiostationen zugelassen (AA 10.2013a). Es gibt Berichte über staatliche Zensur durch Belästigung von Journalisten und Schließung von Sendern. Einige Journalisten berichten von den Versuchen von staatlicher Seite, auf Berichte durch Bestechung oder anders gearteten Druckmittel Einfluss zu nehmen. Manche Journalisten beschäftigen Leibwächter, und viele praktizieren Selbstzensur (USDOS 19.4.2013).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (10.2013a): Innenpolitik - Guinea, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Guinea/Innenpolitik_node.html, Zugriff 10.2.2014
- USDOS - U.S. Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/245088/368536_de.html, Zugriff 11.2.2014
13. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit / Opposition
Die Verfassung gewährleistet Versammlungsfreiheit, jedoch ist diese sowohl in der Praxis als auch gesetzlich eingeschränkt (USDOS 19.4.2013; vgl. FH 1.2013). Treffen mit ethnischem oder rassischem Charakter sind ebenso verboten, wie Versammlungen, die die nationale Einheit bedrohen könnten. Für öffentliche Versammlungen ist eine Anmeldung mindestens drei Werktage vorher einzuholen. Lokale Behörden können somit Demonstrationen verbieten, wenn sie der Ansicht sind, dass die öffentliche Ordnung bedroht ist. Behörden können Veranstalter außerdem für eventuelle Gewaltvorfälle und Zerstörung von Eigentum zur Rechenschaft ziehen (USDOS 19.4.2013).
Die Verfassung und Gesetze gewährleisten Vereinigungsfreiheit, und die Regierung respektiert dieses Recht üblicherweise auch in der Praxis (USDOS 19.4.2013; vgl. FH 1.2013). Vorschriften zur offiziellen Anerkennung für öffentliche, soziale, kulturelle, religiöse oder politische Vereinigungen sind nicht aufwendig, obwohl bürokratische Verzögerungen in einigen Fällen die Registrierung neuer Vereinigungen verhindern (USDOS 19.4.2013).
Quellen:
- FH - Freedom House (1.2013): Freedom in the World 2013 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/259867/385950_de.html, Zugriff 13.2.2014
- USDOS - U.S. Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/245088/368536_de.html, Zugriff 11.2.2014
14. Haftbedingungen
Die Haftbedingungen in zivilen Gefängnissen, die dem Justizministerium unterstehen, sind weiterhin inhuman und lebensbedrohlich (USDOS 19.4.2013; vgl. HRW 21.1.2014; vgl. FH 1.2013). Schlechte sanitäre Einrichtungen, Unterernährung, Krankheiten und mangelnde medizinische Betreuung (USDOS 19.4.2013; vgl. HRW 21.1.2014) führen zu dutzenden Toten. Gefängniswärter bedrohen und schlagen regelmäßig und foltern fallweise Insassen, um Geständnisse zu erzwingen oder Geld zu erpressen. Im Jahr 2012 gab es diesbezüglich weniger Berichte als in den Jahren davor (USDOS 19.4.2013). Alle Gefängnisse sind überbelegt (USDOS 19.4.2013; vgl. HRW 21.1.2014).
Die Regierung gestattet Gefängnisbesuche [in zivilen Gefängnissen] durch lokale humanitäre und religiöse Organisationen, welche Inhaftierte mit medizinischer Betreuung und Nahrung versorgen. Dem Roten Kreuz (ICRC) wird der regelmäßige Zugang zu allen zivilen Gefängnissen ermöglicht, und es führt weiter Partnerschaftsprogramme mit Gefängnis- und Sicherheitsbehörden durch, um die Haftbedingungen zu verbessern. Die Regierung gestattet internationalen Organisationen und NGOs den Zugang zu von der Gendarmerie geführten Gefängnissen. Die Haftbedingungen in Militärgefängnissen können nicht verifiziert werden, da die Regierung den Zutritt zu diesen generell verwehrt (USDOS 19.4.2013).
Quellen:
- FH - Freedom House (1.2013): Freedom in the World 2013 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/259867/385950_de.html, Zugriff 13.2.2014
- HRW - Human Rights Watch (21.1.2014): World Report 2014 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/267779/395133_de.html, Zugriff 10.2.2014
- USDOS - U.S. Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/245088/368536_de.html, Zugriff 11.2.2014
15. Todesstrafe
Die Todesstrafe wurde seit 2001 nicht mehr vollstreckt (AA 10.2013a). Verurteilungen finden weiterhin statt. Im Jahr 2012 wurden mindestens zwei Personen zum Tod verurteilt (AI 23.5.2013). Death Penalty Worldwide führt Guinea als "abolitionist de facto" (DPW 30.5.2012).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (10.2013a): Innenpolitik - Guinea, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Guinea/Innenpolitik_node.html, Zugriff 10.2.2014
- AI - Amnesty International (23.5.2013): Amnesty International Report 2013 - Zur weltweiten Lage der Menschenrechte - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/247965/374101_de.html, Zugriff 13.2.2014
- DPW - Death Penalty Worldwide (30.5.2012): Guinea, http://www.deathpenaltyworldwide.org/country-search-post.cfm?country=Guinea, Zugriff 13.2.2013
16. Religionsfreiheit
Die Verfassung sowie die Gesetze gewährleisten Religionsfreiheit und die Regierung setzte dies auch in der Praxis im Allgemeinen um. Es gab keine Berichte über gesellschaftliche Misshandlungen oder Diskriminierung aufgrund der Religionszugehörigkeit, des Glaubens oder der Religionsausübung (USDOS 20.5.2013). Der Islam ist im öffentlichen Leben präsent. Religiöse Toleranz und Ablehnung fundamentalistischer Strömungen sind jedoch erklärte Staatsziele und gesellschaftliche Praxis. Fundamentalistische Strömungen spielen bislang keine große Rolle. Die katholische und die anglikanische Kirche sind gesellschaftlich engagiert und ein wichtiger Akteur besonders im Bildungsbereich (AA 10.2013a).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (10.2013a): Innenpolitik - Guinea, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Guinea/Innenpolitik_node.html, Zugriff 10.2.2014
- USDOS - U.S. Department of State (20.5.2013): 2012 International Religious Freedom Report - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/247499/371084_de.html, Zugriff 13.2.2014
16.1. Religiöse Gruppen
85 (USDOS 20.5.2013) bis 90 Prozent (AA 10.2013a) der Bevölkerung sind Muslime. Acht Prozent sind Christen und sieben Prozent sind Angehörige indigener Religionen (USDOS 19.4.2013).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (10.2013a): Innenpolitik - Guinea, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Guinea/Innenpolitik_node.html, Zugriff 10.2.2014
- USDOS - U.S. Department of State (20.5.2013): 2012 International Religious Freedom Report - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/247499/371084_de.html, Zugriff 13.2.2014
17. Ethnische Minderheiten
Es gibt ein Gesetz, dass rassische und ethnische Diskriminierung verbietet. Es gibt dennoch ethnische Diskriminierung auf gesellschaftlicher Ebene bei allen Gruppen, sichtbar im Bereich des Arbeitsmarktes, der ethnischen Segregation von Wohnvierteln, und der Präsenz ethnisch geprägter Rhetorik in politischen Kampagnen (USDOS 19.4.2013). 2013 kam es trotz der Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung nach den Parlamentswahlen wiederholt zu blutigen ethnischen Auseinandersetzungen mit mehreren Toten im Südosten (Waldguinea) (BMeiA 13.2.2014).
Quellen:
- BMeiA - Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (13.2.2014): Guinea, http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/reiseinformation/a-z-laender/guinea-de.html), Zugriff 13.2.2014
- USDOS - U.S. Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/245088/368536_de.html, Zugriff 11.2.2014
17.1. Minderheitengruppen
Die Bevölkerung Guineas besteht zu etwa 40 Prozent aus Peuhl (v.a. Mittelguinea, 30 Prozent aus Malinke (v.a. Oberguinea) und 20 Prozent aus Soussou (v.a. Niederguinea). 10 Prozent der Bevölkerung sind Angehörige kleinerer ethnischer Gruppen, die in ganz Guinea zu finden sind (CIA 28.1.2014; vgl. USDOS 19.4.2013). Conakry und andere große urbane Zentren wie Kankan sowie ländliche Gegenden wie etwa Waldguinea sind ethnisch heterogen (USDOS 19.4.2013).
Quellen:
- CIA - Central Intelligence Agency (28.1.2014): The World Factbook
- Guinea,
https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/gv.html, Zugriff 13.2.2014
- USDOS - U.S. Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/245088/368536_de.html, Zugriff 11.2.2014
18. Frauen/Kinder
Das Gesetz schreibt die Gleichbehandlung von Mann und Frau vor, benachteiligt aber Frauen in erbrechtlichen Angelegenheiten. Traditionelles Recht bevorzugt Männer und wird manchmal dem formalen Recht vorgezogen, vor allem in ländlichen Gebieten (USDOS 19.4.2013; vgl. FH 23.5.2013). Gemäß dem Inter-afrikanischen Komitee für traditionelle Praktiken ist Zwangsheirat von Mädchen und Frauen weiterhin üblich. Das Ministerium für soziale Angelegenheiten und Frauen- und Kinderthemen arbeitete auf die rechtliche Gleichstellung von Frauen hin, die gesellschaftlicher Diskriminierung, vor allem in ländlichen Gegenden, ausgesetzt sind. Frauen haben zwar Zugang zu Land zur Bewirtschaftung, können dieses jedoch nicht besitzen. Regierungsbeamte bestätigten, dass Polygamie praktiziert wurde. Das Scheidungsrecht bevorzugt Männer bezüglich des Sorgerechts und der Güterteilung. In rechtlicher Hinsicht hat die Aussage einer Frau weniger Gewicht als jene eines Mannes, in Übereinstimmung mit islamischen Vorschriften und traditionellem Recht. Obwohl das Prinzip gleiches Gehalt für gleiche Arbeit Gültigkeit hat, erhielten Frauen in der Praxis ein geringeres Gehalt als Männer (USDOS 19.4.2013).
Vergewaltigung ist in strafrechtlicher Hinsicht ein Verbrechen, kommt häufig vor und wird jedoch selten verfolgt. Eheliche Vergewaltigung wird weder bestraft noch ist sie ein Straftatbestand. Häusliche Gewalt ist verbreitet, wiewohl keine Schätzungen über das Ausmaß vorliegen. Aus Angst vor Stigmatisierung oder Vergeltung zeigen Frauen Misshandlungen selten an (USDOS 19.4.2013; vgl. FH 23.5.2013). Misshandlungen der eigenen Frau stehen nicht direkt unter Strafe, können jedoch unter dem Straftatbestand der Körperverletzung gerichtlich verfolgt werden. Körperverletzung ist ein Scheidungsgrund gemäß Zivilrecht, aber die Polizei interveniert nur selten in häuslichen Konflikten, und es gibt keine Berichte darüber, dass Täter bestraft werden (USDOS 19.4.2013).
Quellen:
- FH - Freedom House (1.2013): Freedom in the World 2013 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/259867/385950_de.html, Zugriff 13.2.2014
- USDOS - U.S. Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/245088/368536_de.html, Zugriff 11.2.2014
18.1. Kinder
Gemäß dem Inter-afrikanischen Komitee für traditionelle Praktiken ist Zwangsheirat von Mädchen und Frauen weiterhin üblich (USDOS 19.4.2013). Sie betrifft vorwiegend Mädchen aus konservativen Familien mit einem geringen Bildungsniveau (IRB 9.10.2012).
FGM ist illegal (USDOS 19.4.2013; vgl. Reliefweb 27.11.2013) und mit einer Haftstrafe von drei Monaten und einer Geldstrafe von 100.000 Guinea Francs ($22) belegt (USDOS 19.4.2013). 1965 wurde FGM verboten; das Gesetz wurde im Jahr 2000 verschärft. Trotzdem gab es nur geringe Fortschritte bei der Ausrottung von FGM in der Praxis (Reliefweb 27.11.2013). FGM ist in allen Regionen und bei allen Religionsgemeinschaften und ethnischen Gruppen weit verbreitet und wird an Mädchen im Alter zwischen 4 und 17 Jahren durchgeführt. Die verbreitetste Form von FGM ist die Excision. Die Infibulation - die gefährlichste Form von FGM - wird selten angewendet. Die NGO CPTAFE (La Cellule de Coordination Sur Les Pratiques Traditionelles Affectant La Sante des Femmes et des Enfants) hat von hohen Raten an Kinder- und Müttersterblichkeit aufgrund von FGM berichtet. FGM hat laut einer Umfrage aus dem Jahr 2005 eine Prävalenz von 96 Prozent der Frauen im Alter von 15 bis 49 Jahren landesweit. Die Regierung kooperiert mit NGOs um die Anwendung von FGM zu beseitigen und medizinisches Personal über die Gefahren der Praktik aufzuklären. Es gibt einen Trend, FGM unter besseren hygienischen Umständen und unter Mitwirkung medizinischen Personals durchzuführen. Urbane und gebildete Familien gingen dazu über, anstatt der vollständigen Prozedur eine eher symbolische Beschneidung vorzunehmen (USDOS 19.4.2013).
Quellen:
- IRB (9.10.2012): Guinea: Prevalence of forced marriage; legislation affecting forced marriages; state protection; ability of women to refuse a forced marriage (2009-Sept. 2012), http://www.refworld.org/cgi-bin/texis/vtx/rwmain?page=search&docid=50aa23a52&skip=0&query=forced marriage&coi=GIN, Zugriff 13.2.2014
- Reliefweb (27.11.2013): In Guinea, one girl's story of violence reveals a commonplace nightmare, http://reliefweb.int/report/guinea/guinea-one-girl-s-story-violence-reveals-commonplace-nightmare, Zugriff 13.2.2014
- USDOS - U.S. Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/245088/368536_de.html, Zugriff 11.2.2014
19. Homosexuelle
Homosexuelle Handlungen sind in Guinea verboten und mit Haftstrafe bedroht (AA 13.2.2014; vgl. BMeiA 13.2.2014). Vorgesehen sind Freiheitsstrafen von sechs Monaten bis zu drei Jahren und Geldstrafen. Wenn diese Handlung mit einem Minderjährigen unter 21 Jahren durchgeführt wird, muss stets die Höchststrafe verhängt werden. Wurde bei der vollendeten oder versuchten Handlung Gewalt angewandt, ist Haft von fünf bis zehn Jahren zu verhängen (AA 13.2.2014).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (13.2.2014): Guinea: Reise- und Sicherheitshinweise,
http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/GuineaSicherheit_node.html, Zugriff 13.2.2014
- BMeiA - Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (13.2.2014): Guinea, http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/reiseinformation/a-z-laender/guinea-de.html), Zugriff 13.2.1014
20. Bewegungsfreiheit
Das Gesetz garantiert uneingeschränkte Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes, Auslandsreisen, Emigration und Rückkehr, und die Regierung respektiert diese Rechte auch üblicherweise in der Praxis. Die Regierung fordert von allen Bürgern, die älter als 18 Jahre sind, einen Ausweis mitzuführen, welchen sie auf Verlangen an den Checkpoints vorzuweisen haben. Polizei und Sicherheitskräfte halten weiterhin Personen an Straßensperren an, um Bestechungsgeld zu verlangen, und schränken dadurch die Reisefreiheit und die Sicherheit der Reisenden ein (USDOS 19.4.2013). In Conakry und auch im Landesinneren gibt es Straßensperren; Schikanen durch Zoll, Militär und Polizei sind häufig (BMeiA 13.2.2014).
Quellen:
- BMeiA - Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (13.2.2014): Guinea, http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/reiseinformation/a-z-laender/guinea-de.html), Zugriff 13.2.1014
- USDOS - U.S. Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/245088/368536_de.html, Zugriff 11.2.2014
21. Binnenflüchtlinge (IDPs) und Flüchtlinge
Das Land ist ein Rückzugsort für Flüchtlinge aus den Nachbarländern Liberia, Sierra Leone, Côte d'Ivoire und Mali. Gesetzlich ist die Gewährung von Asyl oder dem Flüchtlingsstatus vorgesehen, und die Regierung hat ein System zum Schutz von Flüchtlingen etabliert (USDOS 19.4.2013).
Quellen:
- USDOS - U.S. Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/245088/368536_de.html, Zugriff 11.2.2014
22. Grundversorgung/Wirtschaft
Guinea gehört trotz großer wirtschaftlicher Ressourcen (größte Bauxitvorkommen der Welt, reiche Vorkommen an Eisenerz, Nickel, Gold, Diamanten, Wasserkraft, großes landwirtschaftliches Anbaupotenzial) zu den ärmsten Ländern der Welt (AA 10.2013b). Es liegt an 156. Stelle von 169 im Bericht zur menschlichen Entwicklung 2010. Der Anteil der Bevölkerung, der pro Tag von weniger als 2 US-Dollar leben muss, beträgt knapp 70 Prozent AA 10.2013a). Die Hälfte der Bevölkerung lebt von weniger als 1 US-Dollar pro Tag (GIZ k. D.). Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt bei 54 Jahren. Im Jahr 2011 hatte ein erwachsener Guineer im Durchschnitt 1,6 Jahre Schulbildung erfahren (AA 10.2013a). Fruchtbare Böden, reiche Vorkommen an Bodenschätzen, abwechslungsreiche Landschaften und einen Hafen als Tor zur Welt - Guinea erfüllt anscheinend alle Voraussetzungen, damit sich Wirtschaft, Gesellschaft und Tourismus im Land entwickeln können. Bisher gelang es der politischen Klasse jedoch nicht, das große wirtschaftliche Potenzial für die Entwicklung des Landes zu nutzen. Stattdessen sind politische Unruhen, Streiks und Korruption an der Tagesordnung. Auf dem Human Development Index der Vereinten Nationen rangiert Guinea auf den hinteren Positionen. Seit Mitte der 1990er-Jahre ist die Armut der rund elf Millionen Einwohner noch weiter gestiegen (GIZ k.D.).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (10.2013a): Innenpolitik - Guinea, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Guinea/Innenpolitik_node.html, Zugriff 10.2.2014
- AA - Auswärtiges Amt (10.2013b): Wirtschaft - Guinea, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Guinea/Wirtschaft_node.html, Zugriff 14.2.2014
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (k.D.): Weltweit - Afrika - Guinea, http://www.giz.de/de/weltweit/327.html, Zugriff 14.2.2014
23. Medizinische Versorgung
Die medizinische Versorgung im Lande ist mit Europa nicht zu vergleichen und vielfach technisch, apparativ und/ oder hygienisch hoch problematisch. Die ärztliche Versorgung in Conakry ist begrenzt. Die Apotheken in Guinea haben ein begrenztes Sortiment wichtiger Standardmedikamente häufig europäischer Herkunft. Medikamentenfälschungen mit unsicherem Inhalt kommen vor (AA 13.2.2014). Diverse Indikatoren zeigen, dass das Gesundheitssystem Guineas eines der schlechtesten der Welt ist. In Guinea beträgt die Lebenserwartung 54,1 Jahre und von 1.000 Geburten sterben 142 Kinder vor ihrem fünften Geburtstag. Der Staat widmet nur 0,6% des Bruttonationalprodukts dem Gesundheitssektor. Nur etwa 2% der Bevölkerung sind von einer Krankenversicherung erfasst. Neben Apotheken und Privatkliniken weist der öffentliche Gesundheitssektor eine pyramidenförmige Struktur auf. In der Hauptstadt Conakry befinden sich Universitätskliniken, und in jeder der sieben Regionen ein regionales Krankenhaus. In jeder der 26 Präfekturen existiert eine medizinische Einrichtung. Medizinische Gemeindezentren, Gesundheitszentren sowie kleinere medizinische Außenposten existieren im gesamten Territorium. Der Staat führt derzeit diverse Gesundheitsprogramme durch, die den betroffenen Personen kostenfrei zur Verfügung stehen. Ziele dieser Programme sind etwa der Kampf gegen die Tuberkulose, Behandlung von Aids sowie Geburt in staatlichen Gesundheitseinrichtungen. Die Programme sind von Misswirtschaft, Abwesenheit qualitativ hochwertiger Ausbildung und Korruption geprägt. Z.B. werden für Geburten häufig Geldbeträge gefordert (CGRA / CGVS, OFPRA, DFJP 3.2012).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (13.2.2014): Guinea: Reise- und Sicherheitshinweise,
http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/GuineaSicherheit_node.html, Zugriff 13.2.2014
- CGRA / CGVS - Commissariat général aux réfugiés et aux apatrides, OFPRA - Office français de protection des réfugiés et apatrides, DFJP - Département fédéral de justice et police (3.2012): Rapport de mission en République de Guinée 29.10. - 19.11.2011, http://www.ejpd.admin.ch/content/dam/data/migration/laenderinformationen/herkunftslaenderinformationen/afrika/gin/GIN-ber-mission-f.pdf, Zugriff 14.2.2014
24. Behandlung nach Rückkehr
24.1. Rückkehrsituation alleinstehender Frauen
Guinea ist eines der ärmsten Länder in Afrika. Frauen und Kinder, insbesondere aus der armen ländlichen Bevölkerung, zählen zum am meisten gefährdeten Bevölkerungsteil. Frauen und Kinder aus der ländlichen Bevölkerung sind von den höchsten Raten von Kinder- und Müttersterblichkeit, Unterernährung, HIV/AIDS und anderen vorherrschenden Krankheiten betroffen sowie mit den härtesten Lebensbedingungen konfrontiert. Der Grad sozialer und wirtschaftlicher Verelendung hat sich durch den Anstieg der Nahrungsmittelpreise im Jahr 2011 verschärft. Die Misswirtschaft mit öffentlichen Geldern hat die Armutslage weiter verschlimmert und zu ernsthaften Hindernissen bezüglich der Verwirklichung von wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten geführt (UNHCR 17.1.2012). Obwohl das Prinzip gleiches Gehalt für gleiche Arbeit Gültigkeit hat, erhielten Frauen in der Praxis ein geringeres Gehalt als Männer (USDOS 19.4.2013).
Laut UN sind die folgenden Organisationen in Guinea zur Unterstützung von Frauen tätig (UN k.D.):
• Appui aux femmes du secteur informel
• Association des femmes de Lanseboundji
• Association des femmes entrepreneurs de Guinée
• Association des femmes pour la recherche et le developpement
• Association guinéenne des femmes chercheurs
• Association guinéenne des femmes volontaires du progrès
• Commission nationale des femmes travailleuses de Guinée
• Coopérative de construction des femmes de lansébundji
• Femme et développement
• Groupement des femmes d'affaires de guinée
• Mano River Women's Peace Network / Réseau des femmes du fleuve mano pour la paix - Guinée
• Réseau des femmes du fleuve mano pour la paix
Quellen:
- UN - United Nations (k.D.): NGO Directory - Women - Guinea, http://www.un.org/africa/osaa/ngodirectory/dest/Women.htm#Guinea, Zugriff 14.2.2014
- UNHRC - UN Human Rights Council (17.1.2012): Report of the United Nations High Commissioner for Human Rights on the situation of human rights in Guinea,
http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1329385869_a-hrc-19-49-en.pdf, Zugriff 14.2.2014
- USDOS - U.S. Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/245088/368536_de.html, Zugriff 11.2.2014
Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht in den vorliegenden Beschwerdefällen für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Die Länderfeststellungen wurden dem Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Ladung zur mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht zugestellt und sind im Rahmen der Verhandlung nicht bestritten worden.
Zu der Person des Beschwerdeführers wird festgestellt:
Der Beschwerdeführer führt den im Spruch genannten Namen, ist Staatsangehöriger von Guinea und gehört der Volksgruppe der Susu an.
Der Beschwerdeführer reiste illegal nach Österreich und stellte am 08.12.2011 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Der Beschwerdeführer verließ sein Heimatland aufgrund von Bedrohungen und Misshandlungen des Beschwerdeführers durch die Sicherheitsbehörden des Herkunftsstaates wegen seiner Tätigkeit als Vorsitzender eines Jugendvereines, der im Zuge von Demonstrationen gegen die Regierung Missstände wie Unterbrechungen der Stromversorgung im Herkunftsstaat angeprangert hatte.
Festgestellt wird daher, dass dem Beschwerdeführer aufgrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Tätigkeit als Vorsitzender eines Jugendvereines, der im Zuge von Demonstrationen gegen die Regierung Missstände im Herkunftsstaat angeprangert hatte, wobei der Beschwerdeführer im Zuge der Demonstrationen eine öffentliche Rede gehalten hatte und vom Militär festgenommen und zwei Wochen angehalten und misshandelt worden war sowie ein Haftbefehl gegen ihn erlassen wurde, jedenfalls auch in das Blickfeld der Sicherheitskräfte von Guinea geraten ist, weshalb es unter Berücksichtigung der aktuellen Länderfeststellungen im Fall einer Rückkehr nach Guinea maßgeblich wahrscheinlich ist, dass der Beschwerdeführer Verfolgungshandlungen zu befürchten hätte.
Festgestellt wird im gegenständlichen Fall, dass hinsichtlich des Beschwerdeführers mangels gesicherter sozialer und familiärer Anknüpfungspunkte und aufgrund der festgestellten maßgeblichen Verfolgungsgefahr, weil er ins Blickfeld der Sicherheitskräfte im Herkunftsstaat geraten ist, nicht mit der erforderlichen maßgeblichen Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann, dass er die Möglichkeit hätte, sich außerhalb seines Heimatortes in einem anderen Gebiet von Guinea niederzulassen.
Der Beschwerdeführer lebt in Österreich mit seiner Ehefrau, einer österreichischen Staatsbürgerin, im gemeinsamen Haushalt, die Hochzeit war im März 2012 erfolgt. Der Beschwerdeführer ist in Österreich nachweislich um seine Integration sehr bemüht, brachte zahlreiche Bestätigungen über Kursbesuche, ein österreichisches Sprachdiplom im Nivau A2, Lohn- und Gehaltsabrechnungen und einen Dienstvertrag in Vorlage. Der Beschwerdeführer ist derzeit in Österreich bei einer Firma tätig und spricht mit den Kindern seiner Frau ua Deutsch. Der Beschwerdeführer ist laut aktuellem Strafregisterauszug in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
2. Beweiswürdigung:
Die Staatsangehörigkeit sowie die Identität des Beschwerdeführers stellte bereits das Bundesasylamt im angefochtenen Bescheid fest; auch für das Bundesverwaltungsgericht besteht nach derzeitigem Kenntnisstand kein Anlass, das diesbezüglich glaubwürdige Vorbringen des Beschwerdeführers in Zweifel zu ziehen.
Die Feststellungen zu den vom Beschwerdeführer vorgebrachten Fluchtgründen beruhen auf den glaubwürdigen und weitgehend gleichlautenden Angaben des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer war in der Lage vor allem anlässlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 12.02.2015, im Rahmen welcher der Beschwerdeführer bei nochmaliger Befragung zu seinen Fluchtgründen einen persönlich glaubwürdigen und überzeugenden Eindruck hinterließ, den Umstand, dass er ins Blickfeld der heimatlichen Behörden gelangt ist, glaubhaft darzulegen.
Die erkennende Richterin des Bundesverwaltungsgerichts vermag daher aus heutiger Sicht die Ansicht des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid, der Beschwerdeführer sei nicht imstande gewesen, vor dem Bundesasylamt eine Verfolgung bzw. drohende Verfolgung in seinem Herkunftsstaat glaubhaft zu machen, nicht zu teilen. Die ganz allgemein gehaltene Argumentation im nunmehr angefochtenen Bescheid, wonach den Länderberichten eine politisch motivierte Verfolgung alleine wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Partei nicht zu entnehmen sei, trifft auf vorliegenden Sachverhalt, in dem vom Beschwerdeführer die Tätigkeit der Regierung durch seine Rede im Zuge einer Demonstration angeprangert wurde, die er selbst organisiert hatte, nicht zu.
Im Rahmen der Beschwerdeverhandlung konnte der Beschwerdeführe nachvollziehbar darlegen, dass er als Vorsitzender eines Jugendvereines Verfolgungen ausgesetzt ist, da er eine Demonstration gegen Missstände angeführt hatte, vom Militär verhaftet, misshandelt, jedoch nach zwei Wochen wieder freigelassen worden ist. Der Beschwerdeführer hatte auch im Rahmen der Beschwerdeverhandlung für die erkennende Richterin glaubhaft und nachvollziehbar ausgeführt, dass er aufgrund seiner Organisation und Teilnahme an einer Demonstration, in welcher Missstände der Regierung angesprochen wurden und der Beschwerdeführer eine öffentliche Rede hielt, aufgrund derer er festgenommen und zwei Wochen angehalten sowie misshandelt wurde, Verfolgungshandlungen ausgesetzt ist.
Insgesamt vermochte der Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht die Verfolgungsgefahr, der sich der Beschwerdeführer für den Fall einer Rückkehr ausgesetzt sieht, auch nachvollziehbar darzustellen und schilderte er ausführlich und detailliert die gewalttätigen Ausschreitungen im Zuge der Demonstrationen und die gewaltsame Festnahme und Anhaltung des Beschwerdeführers durch die Sicherheitskräfte im Herkunftsstaat. Aufgrund seiner Tätigkeit und wegen seiner Propaganda gegen die Regierung ist der Beschwerdeführer bedroht und misshandelt sowie zwei Wochen lang angehalten worden. Dadurch ist der Beschwerdeführer jedenfalls auch in das Blickfeld der Sicherheitskräfte von Guinea geraten.
Der Beschwerdeführer konnte durch seine Angaben, welche keine auffallenden Widersprüche enthalten, die nicht im Rahmen der Beschwerdeverhandlung aufgeklärt werden konnten, nachvollziehbar darlegen, dass er in das Blickfeld der Sicherheitskräfte im Herkunftsstaat geraten ist.
Auf Grund der aktuellen Lage in Guinea ist derzeit auch nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auszuschließen, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat aufgrund des Umstandes, dass er wegen seiner Organisation und Teilnahme an der Demonstration, welche Missstände der Regierung anprangerte, aufgrund des Umstandes, dass er durch Militärangehörige festgenommen und angehalten wurde und ein Haftbefehl gegen ihn erlassen wurde, weiteren Verfolgungshandlungen in Form von Bedrohungen, ungerechtfertigten Mitnahmen und körperlichen Misshandlungen durch Sicherheitskräfte ausgesetzt wäre.
Im Detail ergibt sich aus den aktuellen Länderfeststellungen zu Guinea hinsichtlich der Sicherheitskräfte, dass Korruption weit verbreitet ist. Die verwaltungskonforme Kontrolle über die Sicherheitskräfte ist mangelhaft, das Strafgesetz wird häufig nicht beachtet. Viele Bürger sehen die Sicherheitskräfte als korrupt, ineffektiv und gefährlich an. Es gibt limitierte interne und externe Mechanismen, um Vergehen der Sicherheitskräfte zu untersuchen. Diese bleiben jedoch weitgehend wirkungslos in Ermangelung von Professionalität und eines funktionierenden zivilen Justizsystems. Zu Oppositionsparteien im Herkunftsstaat wird in den aktuellen Länderfeststellungen festgestellt, dass Sicherheitskräfte im gesamten Berichtsjahr (2012) Demonstrationen unterdrückten, die von der Opposition, einschließlich der Union der demokratischen Kräfte in Guinea (Union des Forces Démocratiques de Guinée - UFDG) organisiert wurden. Dabei kamen mindestens acht Menschen zu Tode (AI 23.5.2013). Exzessive Gewaltanwendung durch Sicherheitskräfte bei Demonstrationen nahm im Jahr 2013 zwar ab, aber es gibt laut aktuellen Länderfeststellungen dennoch zahlreiche Fälle exzessiver Gewaltanwendung, teilweise mit Todesfolge, und unprofessionellen Verhaltens seitens der Sicherheitskräfte. In einigen Fällen waren Angehörige der Sicherheitskräfte in Diebstahl, Raub und andere Verbrechen in Wohngegenden, in denen Unterstützer der Opposition leben, verwickelt.
Letztlich war aber der Gesamteindruck, den der Beschwerdeführer im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, zu der das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl keinen Vertreter entsandte, hinterließ, im Rahmen einer ganzheitlichen Betrachtung des Vorbringens entscheidend für die Bewertung, dass dem Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers Glaubwürdigkeit zukommt.
Glaubhaftmachung bedeutet, die Behörde davon zu überzeugen, dass der behauptete Sachverhalt wahrscheinlich verwirklicht oder nicht verwirklicht worden ist (Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I², Anm 1 zu § 45, S. 640). Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der "hierzu geeigneten Beweismittel", insbesondere des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (VwGH 29.04.1992, 90/13/0201; 22.12.1992, 91/04/0019; 11.06.1997, 95/01/0627; 19.03.1997, 95/01/0466).
Auf Grund der oben angestellten Erwägungen ist es dem Beschwerdeführer gelungen, glaubhaft zu machen, dass der behauptete Sachverhalt wahrscheinlich verwirklicht worden ist. Ein Beweis desselben ist dagegen nicht erforderlich. Diesem herabgesetzten Maßstab ist der Beschwerdeführer mit seinen im Wesentlichen widerspruchsfreien Ausführungen bei Abwägung der Gesamtumstände gerecht geworden.
Die Feststellungen zur Unbescholtenheit ergeben sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister.
3. Rechtliche Beurteilung:
Die Einzelrichterzuständigkeit ergibt sich aus § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), wonach das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter entscheidet, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 75 Abs. 19 Asylgesetz 2005 in der anzuwendenden Fassung des BGBl. I Nr. 144/2013 sind alle mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren ab 1. Jänner 2014 vom Bundesverwaltungsgericht zu Ende zu führen; dies trifft auf das vorliegende Verfahren zu.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu Spruchteil A):
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.
Der Status eines Asylberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass die Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen. Diese liegen vor, wenn sich jemand aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, der Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen. Ebenso liegen die Voraussetzungen bei Staatenlosen, die sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes ihres gewöhnlichen Aufenthaltes befinden und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt sind, in dieses Land zurückzukehren.
Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist die "begründete Furcht vor Verfolgung". Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn objektiver Weise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen stellen im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr dar, wobei hierfür dem Wesen nach einer Prognose zu erstellen ist. Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine so genannte inländische Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom E 24.03.1999, Zl. 98/01/0352).
Glaubhaftmachung bedeutet, die Behörde davon zu überzeugen, dass der behauptete Sachverhalt wahrscheinlich verwirklicht oder nicht verwirklicht worden ist (Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I², Anm 1 zu § 45, S. 640). Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der "hierzu geeigneten Beweismittel", insbesondere des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (VwGH 29.04.1992, 90/13/0201; 22.12.1992, 91/04/0019; 11.06.1997, 95/01/0627; 19.03.1997, 95/01/0466).
Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).
Wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt wurde, geht die belangte Behörde im gegenständlich angefochtenen Bescheid nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts zusammenfassend zu Unrecht davon aus, dass der Beschwerdeführer kein fluchtrelevantes Vorbringen erstattet hatte.
Auf Grund der oben angestellten Erwägungen ist es dem Beschwerdeführer - insbesondere durch seinen persönlich glaubwürdigen Eindruck in der Beschwerdeverhandlung - gelungen, glaubhaft zu machen, dass der behauptete Sachverhalt verwirklicht worden ist. Ein Beweis desselben ist dagegen nicht erforderlich. Diesem herabgesetzten Maßstab ist der Beschwerdeführer mit seinen Ausführungen bei Abwägung der Gesamtumstände gerecht geworden.
Auf Grund der aktuellen Lage in Guinea ist derzeit nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auszuschließen, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat aufgrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer als Vorsitzender eines Jugendvereines Verfolgungen ausgesetzt ist, da er eine Demonstration gegen Missstände angeführt hatte, vom Militär verhaftet, misshandelt, jedoch nach zwei Wochen wieder freigelassen worden ist, jedenfalls auch in das Blickfeld der Sicherheitskräfte von Guinea geraten ist, und im Herkunftsstaat im Zuge einer Demonstration bedroht und misshandelt sowie zwei Wochen lang angehalten und misshandelt wurde. Es ist nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit auszuschließen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat weiteren Verfolgungshandlungen in Form von ungerechtfertigten Mitnahmen und körperlichen Misshandlungen durch Sicherheitskräfte ausgesetzt wäre.
Zu Spruchteil B):
Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz BGBl. Nr. 10/1985 idF BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen (vgl. die oben im Rahmen der rechtlichen Beurteilung zu Spruchteil A angeführten zahlreichen Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes). Schließlich liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:BVWG:2015:W121.1427033.1.00
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