Der Beschwerdeführer habe sich bereits in den Kernaussagen seines Fluchtvorbringens selbst widersprochen. Wenn sich eine Person schon bei den Kernaussagen selbst widerspreche und die Sachverhalte, die den Asylantrag begründen sollen, derart unterschiedlich darstelle, so könne nach allgemeiner Lebenserfahrung auch nicht davon ausgegangen werden, dass das weitere Vorbringen den Tatsachen entspreche und dem Beschwerdeführer sei sohin schon aus diesem Grund die Glaubwürdigkeit abzusprechen gewesen. Aus denklogischer Sicht betrachtet ergebe sich für Personen, die in ihrem Heimatland einer Verfolgung ausgesetzt seien, keine Notwendigkeit, in einem Land, in dem sie sich sicher fühlen und um Schutz ansuchen, falsche Fluchtgründe vorzubringen oder gefälschte Beweismittel vorzulegen. In der Zusammenschau der Beweiswürdigung konstatierte die belangte Behörde schließlich, dass aufgrund der vorliegenden Fakten davon auszugehen sei, dass es sich bei dem Vorbringen zum Fluchtweg und zum Fluchtgrund um ein asylzweckbezogenes Konstrukt handeln würde. Aus der Geschichte und dem Auftreten des Beschwerdeführers könne eindeutig geschlossen werden, dass er den Asylantrag nur aus Zwecken der Aufenthaltserlangung in Österreich gestellt habe und dass der Ausreisegrund lediglich aus wirtschaftlichen Interessen erfolgt sei. Der Beschwerdeführer sei schon in vielen Ländern gewesen und hätte dort Schutz vor Verfolgung finden können. Das Verhalten zeige daher mit hinreichender Deutlichkeit, dass er nach Österreich weitergereist sei, um als "Asyltourist" in einem weiteren Land Aufenthalt zu finden. Das Vorbringen sei aufgrund der Fakten nicht glaubhaft.
In Bezug auf die Rückkehrsituation führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, dass der Behauptung, wonach der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr verhaftet werde und dass er sich dort in Lebensgefahr befinde, die gesamte Glaubwürdigkeit abgesprochen werden müsse. Insgesamt seien den Angaben keinerlei glaubhafte Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit einer relevanten Gefährdung ausgesetzt wäre. Schließlich bewertete die Behörde die Angaben des Beschwerdeführers zum Familien- bzw. Privatleben als glaubwürdig.
Zu Spruchpunkt I. referierte die belangte Behörde in der rechtlichen Beurteilung im Wesentlichen, dass die Angaben des Beschwerdeführers unwahr seien und er im gesamten Verlauf des Verfahrens eine konkrete Verfolgung oder drohende Verfolgung aus Gründen, wie in der Genfer Flüchtlingskonvention taxativ aufgezählt, ebenso wenig glaubhaft habe machen können, wie eine wohl begründete Furcht im Sinne der Grundaussage dieser internationalen Norm. Der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Sachverhalt sei in seiner Gesamtheit sohin nicht als glaubhaft zu beurteilen, womit ein asylrelevanter Sachverhalt als Grundlage für eine Subsumierung unter den Tatbestand des § 3 AsylG nicht festgestellt habe werden können. Das Bundesasylamt gelange nach eingehender rechtlicher Würdigung zur Ansicht, dass es nicht glaubhaft sei, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat Verfolgung drohe und es sei der Asylantrag aus diesem Grund abzuweisen.
Zu Spruchpunkt II. führte das Bundesasylamt zusammengefasst aus, dass das Bestehen einer Gefährdungssituation bereits unter Spruchpunkt I. geprüft und verneint worden sei und dass das Bundesasylamt die Auffassung vertrete, dass sich für den Beschwerdeführer gegenwärtig kein Abschiebungshindernis nach Äthiopien ergebe und eine solche im Lichte des Art. 2 und Art. 3 EMRK zulässig sei.
Schließlich führte die belangte Behörde zu Spruchpunkt III. aus, dass im Falle des Beschwerdeführers kein Familienbezug in Österreich vorliege und auch keine Hinweise auf familiäre Anknüpfungspunkte bestehen würden. Ein schützenswertes Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK könne nicht festgestellt werden. Der Beschwerdeführer habe am 6.5.2012 nach illegaler Einreise einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Er verfüge über keinen gültigen Einreise- bzw. Aufenthaltstitel. Er habe sich zwischenzeitlich in Finnland aufgehalten und sei von dort nach Österreich rücküberstellt worden. Darüber hinaus verfüge er über keinen weiteren, über das Asylverfahren hinausgehenden Aufenthaltsstatus. Im Falle des Beschwerdeführers seien keine Anhaltspunkte für die Annahme besonderer sozialer oder wirtschaftlicher Beziehungen in Österreich ersichtlich und solche seien auch nicht behauptet worden. Er sei kein Vereinsmitglied und er gehe keiner Beschäftigung nach. Der Unterhalt in Österreich sei auf Dauer keinesfalls gesichert. Er besuche einen Deutschkurs. Eine Integration auf dem Arbeitsmarkt bestehe nicht, sonstige Integrationsbemühungen seien, abgesehen von den Deutschkursen, nicht ersichtlich. Ein Deutschkurs alleine bilde noch kein schützenswertes Privatleben. Er sei mittellos und auf Unterstützung angewiesen. Aufgrund der kurzen Aufenthaltsdauer in Österreich und mangels Vorliegen sonstiger Anknüpfungspunkte sei ein schützenswertes Privatleben nicht entstanden.
Der Beschwerdeführer kenne die kulturellen Gegebenheiten Äthiopiens, spreche die Landessprache auf Mutterspracheniveau und könne sich daher wieder gut in die dortige Gesellschaftsstruktur eingliedern. Aufgrund der Gesamtabwägung aller Interessen und unter Beachtung aller bekannten Umstände ergebe sich, dass die Ausweisung des Beschwerdeführers zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele gerechtfertigt sei, und selbst bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen seien keine Hinweise darauf zu finden, dass durch die Ausweisung des Beschwerdeführers auf unzulässige Weise im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK in sein Recht auf Schutz des Familien- und Privatlebens eingegriffen würde.
14. Der genannte Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 9.7.2013 gemeinsam mit der Verfahrensanordnung des Bundesasylamtes, mit welchem dem Beschwerdeführer der Verein Menschenrechte Österreich als Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt wurde, zugestellt.
Mit undatiertem, am 17.6.2013 eingelangtem Schriftsatz erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde beim Asylgerichtshof. Im Beschwerdeschriftsatz stellte der Beschwerdeführer zunächst die nachfolgenden Anträge: "Die Rechtsmittelbehörde
möge 1. den hier angefochtenen Bescheid der Erstbehörde dahingehend abändern, dass meinem Antrag auf internationalen Schutz vom 5.4.2013 Folge gegeben und mir der Status eines Asylberechtigten zuerkannt wird; 2. in eventu den angefochtenen Bescheids beheben und zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die erste Instanz zurückverweisen; 3. in eventu den angefochtenen Bescheids der Erstbehörde dahingehend abändern, dass mir gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Äthiopien zuerkannt wird; 4. allenfalls die gegen mich gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG ausgesprochene Ausweisung aufheben."
Nachfolgend führte der Beschwerdeführer aus: "Meine Beschwerde begründe ich in eigenen Worten in meiner Muttersprache Somali wie der Beschwerde beiliegend wie folgt:"
Dem formularhaft erstellten Beschwerdeschriftsatz war sodann ein in somalischer Sprache handschriftlich abgefasster Schriftsatz beigelegt. Das handgeschriebene Dokument des Beschwerdeführers wurde vom Asylgerichtshof einer Übersetzung zugeführt und beinhaltete das Nachfolgende: "Mein Problem. Ich war ein Mitglied der somalischen Gruppe (O. N. I. F.), diese Gruppe hat gegen die Äthiopier in Somalia gekämpft. Ich habe das Land verlassen, damit man nicht töten oder inhaftieren kann. Ich habe einige Zeit im Wald und Freien verbracht, später habe ich das Land verlassen. Jetzt befürchte ich, dass sie meinen Eltern meinetwegen etwas antun, weil sie erfahren haben, dass ich das Land verlassen habe. Wir haben gegen die Äthiopier gekämpft. Wir wollten uns von den Äthiopiern befreien, sie haben uns geschlagen, getötet, inhaftiert."
15. Wie in § 75 Abs. 19 AsylG 2005 idgF vorgesehen, sind alle mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren ab 01.01.2014 vom Bundesverwaltungsgericht zu Ende zu führen.
16. Das Bundesverwaltungsgericht übermittelte dem Beschwerdeführer sowie dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl als Nachfolgebehörde des Bundesasylamtes mit Schriftsatz vom 16.09.2014 umfassende Länderfeststellungen zur Situation in Äthiopien, sowie einen, primär an den Beschwerdeführer gerichteten und zehn Punkte umfassenden und seine Situation in Österreich betreffenden Fragenkatalog und forderte unter einem die genannten Parteien auf, binnen zwei Wochen hierzu eine Stellungnahme abzugeben.
Während das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl keine Stellungnahme angab, übermittelte der Beschwerdeführer dem Bundesverwaltungsgericht einen mit 02.10.2014 datierten Schriftsatz, im welchem der Beschwerdeführer zunächst darauf unter Verweis auf die angeschlossenen Bestätigungen vorbrachte, aktiver Fußballspieler in einer Tiroler Kampfmannschaft zu sein, im Jahr 2014 über mehrere Monate als Hilfsarbeiter am Gemeindebauhof gearbeitet und darüber hinaus einen Erste-Hilfe-Kurs absolviert zu haben. Im Hinblick auf die übermittelten Länderfeststellungen führte er aus, dass die ONLF seit 2011 als terroristische Organisation qualifiziert sei und der Umgang mit Mitgliedern bzw. Unterstützern im Falle der Verhaftung ausgesprochen schlecht, entwürdigend und jegliche menschenrechtliche Standards missachtend sei, sodass er im Falle seiner Rückkehr nach Äthiopien umgehend gefangengenommen und für den Rest seines Lebens eingesperrt werde. Insofern liege zumindest die Voraussetzung für subsidiären Schutz vor, ansonsten sei im Hinblick auf die mehrjährige Aufenthaltsdauer und die Integrationsschritte und die Tätigkeit im Fußballverein eine Ausweisung auf Dauer unzulässig.
Zu dem vonseiten des Bundesverwaltungsgericht an ihn mit den Länderfeststellungen herangetragenen Fragenkatalog führte der Beschwerdeführer aus: nicht verheiratet zu sein; in keiner Lebensgemeinschaft zu leben; keine Kinder zu haben; keine nahen Verwandten in Österreich zu haben; Deutsch gut zu verstehen und mittelmäßig zu sprechen; am Gemeindebauhof gemeinnützig gearbeitet zu haben; Mitglied eines Fußballvereines und aktiver Spieler der Kampfmannschaft zu sein; über den Fußballverein viele unterschiedliche Freunde in Österreich zu haben; unbescholten zu sein; dass kein Aufenthaltsverbot bzw. Ausweisung gegen ihn bestehe; er seine Vereinsmitgliedschaft im Fußballverein als besondere Bindung zu Österreich sehe.
In Bezug auf den großen Freundeskreis kündigte der Beschwerdeführer die Vorlage weiterer Nachweise an.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer konnte seine Identität durch das Beibringen unbedenklicher Dokumente, vor allem aber durch Vorlage eines äthiopischen Lichtbildausweises (Studentenausweis) belegen.
Der Beschwerdeführer spricht Somalisch und ist muslimischen Glaubens. Es leben keine Familienangehörigen oder sonstige nahen Verwandten des Beschwerdeführers im Bundesgebiet. Der Beschwerdeführer hat keine qualifizierten Sprachkurse absolviert. Er ist Mitglied eines Fußballvereins und seit XXXX aktiver Spieler einer Kampfmannschaft. Aus dieser Spielertätigkeit und dem Vereinsleben heraus pflegt der Beschwerdeführer entsprechende Bekanntschaften bzw. Freundschaften. In den Monaten April, Mai, Juni und August 2014 war er als Hilfsarbeiter auf einem Gemeindebauhof tätig und hat einen achtstündigen Erste-Hilfe-Kurs absolviert. Er ist gesund und arbeitsfähig und verfügt über eine gute Schulausbildung. Der Beschwerdeführer hat keine Kinder oder sonstigen Sorgenpflichten, und er ist gemäß der österreichischen Rechtsordnung ledig. Die Eltern des Beschwerdeführers sowie dessen Bruder leben in Äthiopien, seine Schwester in Australien. Eine Annahme, die eine hinreichende Integration in Österreich in sprachlicher, gesellschaftlicher und beruflicher Hinsicht rechtfertigen würde, liegt nicht vor.
Nicht festgestellt werden konnte, ob der Beschwerdeführer in seiner Heimat traditionell verheiratet ist und welcher Volksgruppe er zugehörig ist. Der Beschwerdeführer ist unbescholten und bestreitet seinen Lebensunterhalt durch entsprechende Unterstützungen aus der Grundversorgung.
Der Beschwerdeführer reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 4.5.2013 einen Asylantrag, welcher negativ beschieden und sukzedan mit Beschwerde beim Asylgerichtshof bekämpft wurde. Im nachfolgenden Erkenntnis des Asylgerichtshofes wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde, wie auch die Ausweisungsentscheidung, zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheids an das Bundesasylamt zurückverwiesen.
Noch bevor vom Bundesasylamt eine neue Entscheidung fällen konnte, reiste der Beschwerdeführer nach Finnland aus, stellte dort einen Asylantrag und war dort einige Monate aufhältig. Das Verfahren wurde eingestellt. Mit Schreiben vom 21.4.2013 übermittelte der Verein Menschenrechte Österreich dem Asylgerichtshof einen Schriftsatz, wonach der Beschwerdeführer aus Äthiopien und nicht aus Somalia stamme. Am 5.4.2013 wurde der Beschwerdeführer von Finnland gemäß der Dublin II-VO nach Österreich rücküberstellt, wo er noch am selben Tag in Österreich seinen zweiten Asylantrag stellte.
1.2. Feststellungen zum Vorbringen des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer brachte keinen Fluchtgrund glaubhaft vor. Er hatte Äthiopien aufgrund der schwierigen Lebensumstände verlassen, um sich in Finnland niederzulassen bzw. um dort eine Arbeit zu finden, zumal dort eine Angehörige des Beschwerdeführers lebt. Im ersten Asylantrag hatte der Beschwerdeführer wahrheitswidrig angegeben, aus Somalia zu stammen und darüber hinaus bewusst falsche Personaldaten sowie einen unglaubwürdigen Fluchtgrund gegenüber der Asylbehörde bekannt gegeben.
Der Beschwerdeführer brachte auch im gegenständlichen Verfahren nicht glaubhaft vor, dass ihm in seinem Herkunftsstaat eine Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention drohe.
Es ist zudem nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter bedroht wäre.
Es konnte zudem nicht festgestellt werden, dass eine Zurückweisung, eine Zurück- oder Abschiebung nach Äthiopien für den Beschwerdeführer eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder eine solche Maßnahme für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
1.3. Feststellungen zur Situation Äthiopien
Politische Situation
Die Parlamentswahlen von 2005 führten zur Zersplitterung der politischen Opposition. Viele Schlüsselfiguren der Oppositionsbewegung wurden damals verhaftet oder sind ins Exil geflohen. Dementsprechend war die Opposition bei den Parlaments-wahlen von 2010 schwach vertreten. Die Medrek-Koalition9 war gegenüber der Regierungskoalition Ethiopian People's Revolutionary Democratic Front (EPRDF) landesweit die einzige oppositionelle Kraft von politischer Bedeutung. Dennoch erhielten die oppositionellen politischen Parteien lediglich einen Sitz. Ein weiterer Sitz ging an einen unabhängigen Kandidaten. Die Koalitionsregierung besteht zwar aus mehreren Parteien, jedoch gibt es keine politische Auseinandersetzung zwischen den Regierungsparteien. Das niederschmetternde Resultat der Opposition widerspiegelt die repressive Politik der äthiopischen Regierung. Mitglieder von oppositionellen Parteien werden verhaftet, bedroht oder verlassen aus Angst vor staatlicher Repression das Land. So befand sich die bekannte Oppositionsführerin Birtukan Mideksa von der Unity for Democracy and Justice (UDJ) während den Wahlen 2010 in Haft. (Bertelsmann Stiftung, Ethiopia Country Report, 2014, S. 2.) Andererseits werden Mitglieder von Parteien der Regierungskoalition gemäss US State Department (USDOS, Country Report on Human Rights Practices 2012, Ethiopia, 19. April 2013: www.ecoi.net/ local_link/245084/368532_de.html; Bertelsmann Stiftung, Ethiopia Country Report, 2014, S. 7) bevorzugt. Sie haben beispielsweise bessere Chancen auf eine Anstellung oder erhalten eher einen Kredit. Gemäß USDOS verlieren Lehrpersonen sowie weitere Staatsangestellte ihre Arbeitsstelle, wenn sie Mitglied einer oppositionellen Partei sind. Die Wahlbeobachterkommission der Europäischen Union kritisierte in ihrem Bericht die repressive Politik der Regierung gegenüber oppositionellen Parteien. Gemäß der Kommission verunmöglicht die Regierung die Arbeit der Opposition. Im Vorfeld der Wahlen kam es zu Einschüchterungen und Bedrohungen von Oppositionspolitikern. Zudem ist eine unabhängige Berichterstattung nicht möglich, da die meisten Medien unter staatlicher Kontrolle stehen(European Union Election Observation Mission, Ethiopia, Mai 2010, S. 1; 16-19). Im Sommer 2013 fanden zum ersten Mal seit acht Jahren regierungskritische De-monstrationen statt, die von oppositionellen Parteien organisiert wurden. Die Sema-yawi Partei (Blue Party), eine Newcomerin in der politischen Landschaft Äthiopiens sowie die Unity for Democracy and Justice Party (UDJ) organisierten in den Städten Addis Abeba, Gondar und Dessie Kundgebungen. (Amnesty International, Ethiopia, End Stifling of Peaceful Protests, 5 September 2013:
www.amnesty.org/en/library/asset/AFR25/003/2013/en/b4370501-9436- 4311-bf75-c8d0b3eb70f7/afr250032013en.pdf)
Die Parteien forderten die Freilassung von politischen Gefangenen und politische Reformen. Weiter wurden das staatliche Verhalten gegenüber der muslimischen Gesellschaft sowie die Zwangsumsiedlungen von indigenen Völkern und ethnischen Minderheiten angeprangert. Im Rahmen dieser Demonstrationen kam es zu Einschüchterungen und Verhaftungen (Inter Press Service (IPS), News Agency, Ethiopia's Protest Leaders Say No Change in Government, 6. Juni 2013:
www.ipsnews.net/2013/06/ethiopias-protest-leaders-say-no-change-in-government/). Der langjährige Premierminister Meles Zenawi starb im August 2012, nachdem er Äthiopien während 21 Jahren regiert hatte. Der Tod Zenawis hat jedoch nicht zu einer Verbesserung der menschenrechtlichen Situation geführt (The Ethiopian Women's Human Rights Alliance (EWHRA), September 2013, S. 2). So haben auch die Regionalwahlen im April 2013 keine Trendwende gebracht. Aufgrund der andauernden Unterdrückung haben die bedeutendsten oppositionellen Parteien die Regionalwahlen boykottiert. Die EPRDF konnte nahezu alle Sitze mit ihren Kandidaten besetzen (USDOS, Country Report on Human Rights Practices 2013, Ethiopia, 27. Februar 2014, S. 20. ).
Konsequente Umsetzung von repressiven Gesetzen
Das NGO- (Der Begriff NGO-Gesetz steht in diesem Update für die Charities and Societies Proclamation (CSO Law), welche im Jahr 2009 vom äthiopischen Parlament verabschiedet wurde), Antiterrorismus- (Der Begriff Antiterrorismus-Gesetz steht für die Anti-Terrorism Proclamation, die 2009 vom äthiopischen Parlament verabschiedet wurde) und Mediengesetz (Der Begriff Mediengesetz steht für das Gesetz Freedom of the Mass Media and Access to Information aus dem Jahr 2008) aus den Jahren 2009 respektive 2008, werden konsequent umgesetzt. Die Regierung hat die Meinungsäusserungs- und Versammlungsfreiheit mit Hilfe dieser Gesetze stark eingeschränkt. Heute erklären verschiedene Organisationen, dass die Gesetze dazu benutzt werden, um regierungskritische Personen zu verhaften, um sie mundtot zu machen (AI, Amnesty International Report 2013, Äthiopien, 23. Mai 2013; HRW, World Report 2014, Ethiopia, 21. Januar 2014).
Staatliches Überwachungssystem
Gemäß Human Rights Watch (HRW) unterhält die Regierungskoalition ein äußerst effektives Überwachungssystem. Die EPRDF verfügt im ganzen Land über ein gutes Netzwerk an Informanten, welche die Tätigkeiten von Organisationen und Personen überwachen. Die Kenntnisse der äthiopischen Bevölkerung von dieser Überwachung führt zu Selbstzensur und bewirkt eine Einschränkung der Meinungsäußerungsfreiheit (HRW, Telecom and Internet Surveillance in Ethiopia, 25. März 2014, S. 13). Gemäß Freedom House trauen sich viele Äthiopierinnen und Äthiopier selbst in privaten Gesprächen nicht, Kritik an der Regierung zu üben (Freedom House, Freedom in the World 2013, Ethiopia, 9. Mai 2013). Obwohl lediglich 1 Prozent der äthiopischen Bevölkerung über einen regelmäßigen Internetzugang verfügt, sperrt die äthiopische Regierung Websites und geht konsequent gegen regierungskritische Blogger vor (AI, Amnesty International Report 2013, Äthiopien, 23. Mai 2013; CPJ et al. September 2013, S. 9.; EWHRA, September 2013, S. 3). Der aktuelle Bericht von Reporters Sans Frontières berichtet über die zunehmende Internetkontrolle in Äthiopien. Das äthiopische Parlament hat im Jahr 2013 die Information Network Security Agency (INSA) mit weitreichenden Kompetenzen ausgestattet. Die INSA kann seither Computernetzwerke sowie das Internet, Radio, Fernsehen und Social Media überwachen (Reporters Sans Frontières (RSF), Enemies of the Internet 2014, Ethiopia, Full Online Powers, 12. März 2014:
www.ecoi.net/local_link/271427/386689_en.html).
Überwachung im Exil.
Gemäß einem Bericht von Human Rights Watch (HRW) vom April 2014 überwacht die äthiopische Regierung ebenfalls äthiopische Staatsangehörige im Exil. Laut der Organisation rekrutieren äthiopische Botschaften zunehmend Informanten, welche die Tätigkeiten der Diaspora beobachten (HRW, Telecom and Internet Surveillance in Ethiopia, 25. März 2014, S. 18).
Sicherheitslage
Die innenpolitische Lage ist in weiten Landesteilen derzeit relativ ruhig, eine kurzfristige Verschlechterung der Sicherheitslage ist jedoch in allen Landesteilen jederzeit möglich.
Nach den zum Teil gewaltsamen Auseinandersetzungen, die Ende April 2014 in mehreren Universitätsstädten (Ambo, Hawassa, Adama, Jimma, Haromaya und Wallagaa/Wollega) stattgefunden haben, bleibt die Lage weiterhin gespannt, aber ruhig. Vor allem in den Randgebieten des Landes kommt es jedoch immer wieder zu Unruhen, etwa in der Somali Region (Ogaden) im Osten, an der Grenze zu Eritrea, in der Gambella-Region oder in der Selamago Region (Süd Omo) Die Situation an der Grenze zu Eritrea (insbesondere in Nord-Afar) bleibt angespannt. Im Frühjahr 2012 kam es zu äthiopischen Angriffen auf Einrichtungen im eritreischen Grenzgebiet. Ein erneuter Ausbruch von Feindseligkeiten kann nicht ausgeschlossen werden.
Im Jänner 2013 führte ein Konflikt zwischen ethnischen Oromo und Somali zur Vertreibung von 55.000 Menschen aus den Bezirken Gursum, Meyu, Kimbi und Chinaksen in der Region Oromia an der Grenze zu Kenia. Die Unsicherheit in der Region führte zu Verzögerungen bei der humanitären Hilfe (U.S. Departement oft State, 27. Feber 2014, Country Report of Human Rights Practices 2013, Ethiopia, http://www.ecoi.net/local_link/270706/ 400790_de.html, [Zugriff 11. September 2014]).
Zuletzt gab es im Oktober 2013 vereinzelte (versuchte) Bombenanschläge in Addis Abeba. Das äthiopische Staatsfernsehen meldete am 3.6.2014 die Festnahme eines von al-Shabaab angeworbenen Terroristen, der Anschläge im Lande geplant haben soll (Auswärtiges Amt 5.September 2014, Länderinformationen - Äthiopien - Reise- und Sicherheitshinweise,
http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/Aethiopien Sicherheit_node.html, [Zugriff 11. September 2014]).
Auch besonders im Hinblick auf die in den letzten Monaten durchgeführten Anschläge der Al-Shabaab in Dschibuti und Kenia wird nicht ausgeschlossen, dass Äthiopien auch zukünftig Ziel von Anschlägen sein wird. In vielen Regionen Äthiopiens sind Minen verlegt, vor allem bis 80 km innerhalb der Grenzen zu Eritrea, Somalia, Sudan, Südsudan und Kenia (Borana Region); aber auch das Landesinnere ist teilweise vermint Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres, 5. September 2014, Reise & Aufenthalt - Äthiopien - Sicherheit und Kriminalität, http://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/ land /aethiopien/, Zugriff 11. September 2014).
In der Somali Region (Ogaden) im Osten führt die äthiopische Armee bewaffnete Einsätze gegen Mitglieder der ONLF (Ogaden National Liberation Front) durch. Im Grenzgebiet zu Somalia ist aufgrund möglicher militärischer Aktionen gegen Kämpfer der radikalislamistischen Terrororganisation al-Shabaab auch grenzüberschreitend mit größeren Truppenbewegungen zu rechnen. Auswärtiges Amt, 5.September 2014, Länderinformationen - Äthiopien - Reise- und Sicherheitshinweise, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/ AethiopienSicherheit_node.html, [Zugriff 11. September 2014]). Es kommt in der Region zu Kämpfen zwischen Rebellengruppen und dem Militär, zu Bombenexplosionen, und es besteht Minengefahr (Die ONLF ist eine ethnisch basierte, gewalttätige und separatistische Gruppe, deren verschiedene Splittergruppen vor allem in der Somali Region aktiv sind (US DOS 27.2.2014). Die Gruppe kämpft seit 1991 für die Unabhängigkeit der Region. Begonnene Friedensgespräche zwischen der äthiopischen Regierung und der ONLF in Kenia wurden 2012 ergebnislos abgebrochen. US DOS - U.S. Department of State, 27. Juli 2014, Country Report on Human Rights Practices 2013 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/ local_link/270706/400790_de.html, [Zugriff 11 September 2014]).
Im Oktober 2013 führte die ONLF eine Reihe von Angriffen auf äthiopische Militärposten aus, bei denen 24 äthiopische Soldaten ums Leben kamen (Freedom House, 23. Jänner 2014, Freedom in the World 2014 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/local_ link/277837/407183_de.html, Zugriff 11 September 2014]).
In der Gambella-Region (im Westen des Landes an der Grenze zum Süd-Sudan) wurden in letzter Zeit vermehrt sicherheitsrelevante Zwischenfälle, Stammeskonflikte und gewalttätige Auseinandersetzungen berichtet, teilweise auch ausgehend von Stammesgruppen aus Südsudan. Im Grenzgebiet nördlich der Stadt Gambella besteht erhebliche Minengefahr
Äthiopien kämpft sowohl gegen interne wie auch externe Gruppierungen. Es kommt regelmäßig zu Unruhen und zu bewaffneten Einsätzen der äthiopischen Armee. Im Juni 2011 hat das äthiopische Parlament drei nationale oppositionelle Gruppierungen, namentlich die Ogaden National Liberation Front (ONLF), die Oromo Liberation Front (OLF) und Ginbot 7, sowie die zwei internationalen Gruppierungen Al-Kaida und Al-Shabab zu terroristischen Organisationen erklärt. Trotz laufenden Friedensgesprächen mit der ONLF und einem Friedensangebot der OLF bleiben die Gruppierungen auf der Liste terroristischer Gruppierungen und werden mit Gewalt bekämpft. Das militärische Engagement Äthiopiens in Somalia und der Grenzkonflikt mit Eritrea sind weitere Faktoren, die das Land destabilisieren Auswärtiges Amt, 5.September 2014, Länderinformationen - Äthiopien - Reise- und Sicherheitshinweise, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/ Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/ AethiopienSicherheit_node.html, [Zugriff 11. September 2014])..
Verfassung und Justizsystem
Die äthiopische Verfassung von 1995 erwähnt explizit die Menschenrechte. Artikel 29 schützt beispielsweise die Meinungsäußerungsfreiheit. Die Bestimmungen werden jedoch nicht eingehalten. Die äthiopische Regierung begeht regelmäßig Menschenrechtsverletzungen, die im Gegensatz zur Verfassung und verschiedenen internationalen Verträgen stehen, welche Äthiopien ratifiziert hat. Oppositionelle, kritische Medienschaffende oder religiöse Anführer werden von den Behörden schikaniert, bedroht und ohne Haftbefehl in Gewahrsam genommen (Unrepresented Nations and Peoples Organization (UNPO), Submission to the UN Office of the High Commissioner for Human Rights, Universal Periodic Review, Ethiopia, September 2013, S. 2:
http://onlf.org/wp-content/uploads/2013/10/UNPO-UPR-submission-Ethiopia-19th.pdf).
Gemäß der äthiopischen Verfassung ist das Justizsystem zwar eine unabhängige Institution, jedoch gibt es keine effektive Gewaltenteilung zwischen Judikative und Exekutive. Die Macht liegt hauptsächlich beim Premierminister und die Gerichte arbeiten unter strenger Anweisung der Regierung (USDOS, Ethiopia, 27. Februar 2014, S. 1; Bertelsmann Stiftung, Ethiopia Country Report, 2014, S. 9.). Politisch motivierte Gerichtsverfahren sind häufig (Bertelsmann Stiftung, Ethiopia Country Report, 2014, S. 9). Ende 2012 gab es gemäß Schätzungen von NGOs 400 politische Gefangene in Äthiopien (Freedom House, Freedom in the World 2013, Ethiopia, Januar 2013).
Haftbedingungen, Folter, Todesstrafe
Amnesty International beschreibt die Zustände in äthiopischen Gefängnissen als sehr prekär. Es gibt weder genügend Nahrung noch sauberes Wasser. Zudem sind die sanitären Anlagen in einem bedenklichen Zustand. Der Zugang zu einem rechtlichen Beistand wird oftmals nicht gewährleistet. Gewissen Häftlingen ist es nicht erlaubt, ihre Familien zu kontaktieren (HRW, World Report 2014, Ethiopia, 21. Januar 2014.). Die medizinische Versorgung wird den Gefangenen teilweise bewusst verweigert .
Olbana Lelisa und Bekele Gerba, beides Führungspersonen der politischen Opposition, wird die medizinische Behandlung verweigert. Berichten zufolge befinden sie sich im Kaliti-Gefängnis. (AI, Further Information on Urgent Action, 25. April 2014, S. 1:
www.amnesty.org/en/library/asset/AFR25/001/2014/en/6a05e90f-4a9a-443b-95b4-02c69b54e990/afr250012014en.pdf).
Misshandlungen und Folter sind weit verbreitet. Es gibt Berichte über Gefangene, die in Haft gestorben sind. Geständnisse werden unter Folter erpresst. Laut Amnesty International kommt es insbesondere bei Verhören durch die Polizei und in Untersuchungshaft zu Folterhandlungen (AI, Amnesty International Report 2013, Äthiopien, 23. Mai 2013). Einer Delegation des Europäischen Parlaments wurde der Zugang ins Kaliti-Gefängnis in Addis Abeba im Juli 2013 verweigert, obwohl sie zuvor eine Bewilligung erhalten hatte (HRW, World Report 2014, Ethiopia, 21. Januar 2014). Selbst das IKRK hat zu vielen Haftanstalten im Land keinen Zutritt.
Das äthiopische Strafgesetzbuch sieht die Todesstrafe für eine Vielzahl von Straftaten wie Verbrechen gegen den Staat, Völkermord, Feigheit vor dem Feind, Mord oder bewaffneter Raubüberfall vor. Die Vollstreckung der Strafe bedarf der Zustimmung des Staatspräsidenten. Gemäß Amnesty International wurden im Jahr 2013 mindestens acht Todesstrafen ausgesprochen (Amnesty International, Oral Statement by Amnesty International, Item 8, Activity Reports of Mem-bers of the Commission and Special Mechanisms, Chairperson of the Working Group on Death Penalty and Extrajudicial, Summary or Arbitrary Executions in Africa, 5. Mai 2014, S. 3:
www.amnesty.org/en/library/asset/AFR01/002/2014/en/45fe21d5-eae0-4248-bb96-8f099bc467ca/afr010022014en.pdf. www.icrc.org/eng/assets/files/annual-report/current/ icrc-annual-report-ethiopia.pdf ). Aufgrund der generellen Intransparenz und den rechtlichen Einschränkungen für Menschenrechtsorganisationen ist es äußerst schwierig, Informationen über die Todesstrafe in Äthiopien zu erhalten.
Menschenrechtslage
Human Rights Watch konstatiert eine deutliche Verschlechterung der Menschen-rechtssituation in den letzten Jahren (HRW, Ethiopia, Brutal Crackdown on Protests, 5. Mai 2014:
www.ecoi.net/local_link/275297/404430_de.html ). Gemäß den aktuellen Berichten von US-DOS, Freedom House und Amnesty International kommt es in Äthiopien häufig zu Menschenrechtsverletzungen. Grundrechte wie die Meinungs-und Versammlungs-freiheit werden von der äthiopischen Regierung mit Füssen getreten. Personen, die sich kritisch gegenüber dem Regime äußern, werden schikaniert, bedroht und willkürlich verhaftet. Studentinnen und Studenten oder ethnische Minderheiten, die sich gegen "Entwicklungsprojekte" der Regierung aussprechen, werden ebenso festgenommen wie Muslime, die sich gegen die Einmischung der Regierung in religiöse Angelegenheiten wehren (USDOS, Ethiopia, 27. Februar 2014; HRW, World Report 2014, Ethiopia, 21. Januar 2014; AI, Amnesty International Report 2013, Ethiopia, 23. Mai 2013; HRW, Ethiopia, Brutal Crackdown on Pro-tests, 5. Mai 2014:
www.ecoi.net/local_link/275297/404430_de.html). Bei Verhören kommt es oft zu Misshandlungen und Folter. Zudem wird das äthiopische Regime für extralegale Tötungen und das Verschwindenlassen von Personen verantwortlich gemacht (AI, Amnesty International Report 2013, Ethiopia, 23. Mai 2013).
Mitglieder von oppositionellen Parteien werden regelmäßig verhaftet und verurteilt. Gemäß Amnesty International werden auch vermeintlich Oppositionelle festgenommen Freedom House, Freedom in the World, Ethiopia, 9. Mai 2013).
Medizinische Versorgung
Aufgrund der hygienischen Verhältnisse und der unzureichenden Versorgung mit Medikamenten sowie des Mangels an entsprechendem Fachpersonal entspricht die Lage in den Krankenhäusern (auch in der Hauptstadt) nicht dem europäischen Standard
Es gibt in Äthiopien weder eine kostenlose medizinische Grundversorgung noch beitragsabhängige Leistungen. Die medizinische Behandlung erfolgt entweder in staatlichen Gesundheitszentren bzw. Krankenhäusern oder in privaten Kliniken. Die Behandlung akuter Erkrankungen oder Verletzungen ist durch eine medizinische Basisversorgung gewährleistet. Komplizierte Behandlungen können wegen fehlender Ausstattung mit hochtechnologischen Geräten nicht durchgeführt werden.
Chronische Krankheiten, die auch in Äthiopien weit verbreitet sind, wie Diabetes, Schwäche des Immunsystems etc. können mit der Einschränkung behandelt werden, dass bestimmte Medikamente ggf. nicht verfügbar sind. Durch die Entwicklung der Devisenreserven in Äthiopien sind Einfuhren von im Ausland hergestellten Medikamenten von Devisenzuteilungen durch die Nationalbank zur Bezahlung von Handelspartnern im Ausland abhängig. Deswegen kann es bei bestimmten Medikamenten gelegentlich zu Versorgungsengpässen kommen. Generell ist die medizinische Versorgung auf dem Land wegen fehlender Infrastruktur erheblich schlechter als in den städtischen Ballungszentren
(Quellen: Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien 08.04.2013 (Stand Februar 2014); Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (3.9.2014): Reise und Aufenthalt - Äthiopien - Sicherheit und Kriminalität, http://www.bmeia .gv.at/ reise-aufenthalt/reiseinformation/land/aethiopien/, [Zugriff 11.09.2014]).
Behandlung nach der Rückkehr
Es sind bisher keine Fälle bekannt, dass zurückgekehrte Äthiopier Benachteiligungen oder gar Festnahme oder Misshandlung ausgesetzt waren. Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer, insbesondere für unbegleitete Minderjährige gibt es nicht. Rückkehrer können nicht mit staatlicher Unterstützung rechnen (AA 8.4.2014).
Die Regierung arbeitet bei der Flüchtlingshilfe und bei zurückkehrenden Staatsbürgern generell mit dem UNHCR und anderen humanitären Organisationen zusammen. Die Arbeit von Hilfsorganisationen wird aber manchmal durch Behörden, bewaffnete Gruppen und die unstete Sicherheitslage eingeschränkt (USDOS 27.2.2014).
Für Opfer staatlicher Repression besteht grundsätzlich die Möglichkeit, ihren Wohnsitz in andere Landesteile zu verlegen, womit sie einer lokalen Bedrohungssituation entgehen können. Die Gründung einer neuen wirtschaftlichen und sozialen Existenz in anderen Landesteilen ist jedoch angesichts des niedrigen Existenzniveaus in allen Landesteilen und der ethnischen Abgrenzung schon aus sprachlichen Gründen schwierig. In den größeren Städten ist ein wirtschaftlicher Neuanfang im Vergleich leichter möglich (Auswärtiges Amt, 8. April2014, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien; U.S. Department of State, 27. Feber 2014, Country Report on Human Rights Practices 2013 - Ethiopia, , http://www.ecoi.net/local_link/270706/400790_de.html, Zugriff [11.09.2014];
Versammlungsfreiheit, Vereinigungsfreiheit, Opposition
Die Verfassung gewährleistet Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, beide werden in der Praxis aber eingeschränkt (Freedom House, 23. Jänner 2014, Freedom in the World 2014 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/local_link/277837/407183_de.html, [Zugriff 11. September 2014]).
Die Verfassung und weitere Gesetze sehen die Versammlungsfreiheit vor. Die Regierung respektiert das Recht aber nicht. Die Organisatoren großer öffentlicher Versammlungen oder Demonstrationen müssen die Regierung 48 Stunden vorher benachrichtigen und eine Genehmigung einholen. Die Behörden können die Genehmigung nicht verweigern, können aber verlangen, die Veranstaltung aus Sicherheitsgründen oder Gründen der Bewegungsfreiheit an einem anderen Ort oder Zeitpunkt zu veranstalten. Über eine zeitliche oder örtliche Verlegung durch die Behörden müssen die Organisatoren innerhalb von 12 Stunden nach ihrem Antrag auf Genehmigung schriftlich verständigt werden. In der Realität werden Demonstrationen allerdings meist von Sicherheitskräften blockiert, Menschen festgehalten oder verhaftet, mit der Begründung, dass keine Genehmigung vorliege. Während es Anfang Juni 2013 der Blue Party gelang, eine friedliche Demonstration mit mehreren tausend Demonstranten abzuhalten, wurden nachfolgende Demonstrationen der UDJ und auch der Blue Party in Addis Abeba sowie in anderen Städten behindert und zerstreut. Die Parteien berichten über Festnahmen, Hausarrest, Bürorazzien und Beschlagnahmung von Material.
Oppositionsparteien wie die All Ethiopian Unity Party (AEUP), die Unity for Democracy and Justice Party (UDJ), die Blue Party, die Ethiopian Raey (Visionary) Party u.a. berichten regelmäßig von Problemen, Örtlichkeiten für Versammlungen zu erhalten. Raumreservierungen werden kurzfristig storniert, oder es werden Genehmigungen der Behörden verlangt, z.B. einen Parteitag abzuhalten, obwohl es für eine solche Forderung keine gesetzliche Grundlage gibt. Einflussnahmen auf Hotels oder andere Anbieter werden von Regierungsseite regelmäßig abgestritten. Ebenso berichten die Parteien von massiven Schwierigkeiten, friedliche Demonstrationen zu organisieren.
Das Gesetz sieht die Vereinigungsfreiheit sowie das Recht auf uneingeschränkte friedliche politische Aktivität vor. Die Regierung schränkt diese Rechte jedoch ein Das NGO-Gesetz sowie die Ende 2011 dazu eingeführten Verwaltungsvorschriften haben erhebliche Auswirkungen auf zivilgesellschaftliches Engagement, insbesondere im Menschenrechts-bereich. Die unabhängige Tätigkeit von Gewerkschaften im Lande wird trotz der in der Verfassung garantierten Vereinigungsfreiheit behindert, nicht partei- bzw. regimetreue Gewerkschaften. werden oftmals untergraben, so wie es in der Vergangenheit mit der Ethiopian Teachers Association geschah. (Auswärtiges Amt, 08. Feber 2014, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien; U.S. Department of State, 27. Feber 2014, Country Report on Human Rights Practices 2013 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/ local_link/270706/400790_de.html, [Zugriff 11.September 2014]).
Die Opposition ist ideologisch, ethnisch und regional breit gefächert und gilt nach den Ereignissen nach den Parlamentswahlen 2005 weiterhin als geschwächt. Ihr Handlungsspielraum bleibt eingeschränkt. Mit Blick auf die nächsten Parlamentswahlen 2015 bemühen sich die Oppositionsparteien um eine deutlichere Profilierung. Durch Allianzen und Vereinigungen beabsichtigen sie, an Stärke zu gewinnen. Neben der legalen politischen Opposition gibt es militante "Befreiungs"-Bewegungen, die im Juni 2011 vom äthiopischen Parlament als terroristische Organisationen gelistet wurden. Dazu zählen u.a. Ginbot 7, die Oromo Liberation Front (OLF) in der Region Oromia und Teile der Ogaden National Liberation Front (ONLF) in der Somali-Region, die sich nicht am Friedensabkommen mit der Regierung im Oktober 2010 beteiligt haben.
Die politische Betätigung für Oppositionsparteien wird de facto durch willkürliche Vorgaben hinsichtlich der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit beschränkt. Parteimitglieder und -anhänger werden (gelegentlich) verhaftet oder (v.a. von den Sicherheitskräften) eingeschüchtert. Prominent sind die Verfahren gegen Oppositionsmitglieder, wie z.B. Andualem Arage (ehem. Pressesprecher der Unity for Democracy and Justice Party/UDJ), der mit anderen in einem Verfahren auf Grundlage des Antiterrorgesetzes zu lebenslänglicher Haft verurteilt wurde. In einem anderen Verfahren sind 60 Vertreter der Volksgruppe der Oromo (ca. 35% der äthiopischen Bevölkerung) u.a. der Mitgliedschaft in der OLF angeklagt. Weite Teile der Opposition werden von der Regierung nicht als legitimer politischer Akteur anerkannt. In der Rhetorik versucht die Regierung immer wieder, die legalen Oppositionsparteien als "Schirm" für Terroristen dazustellen. Die Vorgehensweise gegen Oppositionelle begründet die Regierung regelmäßig mit gesetzlichen Bestimmungen (Antiterrorgesetz, Strafrecht) und Sicherheitsgründen bzw. mit der Bekämpfung des Terrorismus. Vereinzelt wird von Oppositionellen über willkürliche Festnahmen oder Fälle von Verschwindenlassen berichtet. In den meisten Fällen tauchen die Personen wieder auf, wie in zwei Fällen der Oppositionspartei AEUP. Jüngst veröffentlichte die Oppositionspartei UDJ einen Bericht, demzufolge in den letzten drei Jahren über 120 Mitglieder willkürlich festgehalten oder durchsucht wurden.
Äthiopische NGOs schätzen die Anzahl politischer Gefangener Ende 2012 auf bis zu 400, verschiedene Schätzungen gehen aber weit auseinander (Auswärtiges Amt, 08. Feber 2014, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien; [Zugriff 11.September 2014]; Auswärtiges Amt, März 2014, Länderinformationen - Äthiopien - Innenpolitik,
http://www.auswaertigesamt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Aethiopien/Innenpolitik_node.html , [Zugriff 11.September 2014]; Freedom House, 23. Jänner 2014, Freedom in the World 2014 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/local_link/277837/407183_de.html, [Zugriff 11. September 2014]).
Meinungs- und Pressefreiheit
Die Verfassung und weitere Gesetze sehen die Meinungs- und Pressefreiheit vor. Die Regierung versucht jedoch mittels verschiedener Einschüchterungsmethoden, Kritik zu unterbinden. So werden etwa Journalisten, Oppositionsaktivisten und regierungskritische Personen schikaniert, verhaftet und strafrechtlich verfolgt. Die Aktivitäten der politischen Opposition wurden überwacht und behindert. Stärker als das Medien- und Informationsgesetz wirkt sich das Antiterrorgesetz auf die Meinungs- und Pressefreiheit in Äthiopien aus. Denn es umfasst nicht nur direkte und indirekte Unterstützung von Terrorismus als Tatbestand, sondern auch Berichterstattung über terroristische Gruppen oder Aktivitäten, die von der Öffentlichkeit als Anstiftung bzw. Propaganda aufgefasst werden könnten. "Gummi-Paragraphen" schüren die Angst vor Willkür und Repression. Hinzu kommen weitreichende Befugnisse, die das Antiterrorgesetz den Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden einräumt, z.T. auch ohne gerichtliche Überwachung. Angesichts der Verhaftungen und Prozesse herrscht eine große Verunsicherung bei Medienvertretern, was die Praxis einer gewissen Selbstzensur verschärft. Die Haftstrafe der im Januar 2012 wegen Terrorismus zu 14 Jahren Haft verurteilten Journalistin Reyot Alemu wurde im Berufungsverfahren im August 2012 auf 5 Jahre reduziert. Begnadigt wurden im Rahmen der traditionellen Amnestie zum äthiopischen Neujahr die beiden Ende 2011 verurteilten schwedischen Journalisten Skibbe und Persson.
Über die Gesetze hinaus gibt es eine subtile Kontrolle über die Medien. Für Zeitungen steht eine einzige staatliche Druckerei zur Verfügung, die auf Grundlage des Strafgesetzbuchs die Möglichkeit hat, den Druck von ihrer Meinung nach "verfassungswidrigen" Inhalten (in der Praxis handelt es sich oftmals lediglich um regierungskritische Aussagen) zu verweigern. Unabhängige Zeitungen wie "Finote Netsanet", Organ der Oppositionspartei UDJ, hatten erhebliche Probleme zu erscheinen und sind daher auf das Internet umgestiegen (Auswärtiges Amt, 08. Feber 2014, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien; U.S. Department of State, 27. Feber 2014, Country Report on Human Rights Practices 2013 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/ local_link/270706/400790_de.html, [Zugriff 11.September 2014]).
Religionsfreiheit und religiöse Gruppen
Die Verfassung und die meisten Gesetze und Richtlinien schützen die Religionsfreiheit. Die großen und häufigen Proteste von Muslimen verlaufen für gewöhnlich friedlich, die Reaktionen der Sicherheitskräfte sind zurückhaltend. Es gibt aber auch Ausnahmen:
Im August 2013 kamen bei Zusammenstößen zwischen Polizei und muslimischen Demonstranten drei Demonstranten ums Leben, sieben Polizisten wurden verletzt. Bei den Feiern zum Fastenbrechen Eid al-Fitr nahm die Polizei in Addis Abeba mehr als 1.000 Personen fest; die meisten davon wurden kurz danach wieder entlassen. Vom Prozess von 29 unter dem Antiterrorgesetz angeklagten Muslimen wurde im Jänner aufgrund von Sicherheitsbedenken die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Es gab 2013 zudem regelmäßig Berichte, dass die Polizei in muslimischen Häusern in Addis Abeba Razzien durchführte, um Beweise gegen Terroristen zu suchen. Außerdem wird über gesellschaftliche Missbräuche und Diskriminierung aufgrund der Religionszugehörigkeit, des Glaubens oder der Religionsausübung berichtet.
Staat und Religion sind getrennt. Die Regierung bemüht sich, bei hochrangigen Personalentscheidungen (Ernennung von Vize-Premiers oder Ministerposten), die Muslime des mehrheitlich christlich geprägten Landes einzubinden. Ihr Anteil an politischen Entscheidungsfunktionen spiegelt aber unverändert nicht ihre Bedeutung in der Gesellschaft wider.
In der Praxis existieren vielschichtige Spannungen inter- und intrareligiöser Art. Grundsätzlich sieht sich Äthiopien als Modell für interreligiöse Toleranz und Verständigung. Die Regierung, die seit Anfang der 1990er Jahre an der Macht ist, ist die erste Regierung Äthiopiens, die Religionsfreiheit in der Verfassung verankert hat. Zuvor waren v.a. Muslime benachteiligt. Inzwischen erkennt die Regierung religiöse Spannungen an und versucht, darauf zu reagieren.
Allerdings beobachtet die Regierung angeblich islamistisch-fundamentalistische Strömungen besonders kritisch, ebenso den wachsenden Einfluss wahabitischer bzw. salafistischer Gruppen und begründet hartes Vorgehen gegen Muslime mit dem Kampf gegen extremistische Strömungen und Terrorismus. Äthiopische Muslime ihrerseits werfen der Regierung Einmischung in religiöse Angelegenheiten und eine Beschränkung der Ausübung der Religionsfreiheit vor, z.B. im Zusammenhang mit den Wahlen zum Islamischen Rat (Islamic Affairs Supreme Council) und mit vom äthiopischen Ministerium für föderale Angelegenheiten im Zusammenarbeit mit dem (regierungsnahen) Islamic Affairs Supreme Council organisierten Lehrgängen zur äthiopischen Verfassung und zu einer gemäßigten Form des Islam, des so genannten "Al-Ahbash" (Auswärtiges Amt, 08. Feber 2014, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien; U.S. Department of State, 27. Feber 2014, Country Report on Human Rights Practices 2013 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/ local_link/270706/400790_de.html, [Zugriff 11.September 2014]).
Die äthiopische Bevölkerung wird per Juli 2013 auf 93,9 Millionen geschätzt. Im Zensus 2007 wurde geschätzt, dass 44% der Bevölkerung der Äthiopisch-Orthodoxen Kirche (EOC) angehören, 34% sunnitische Muslime sind und 19% christlichen evangelikalen oder Pfingstkirchen angehören. Des Weiteren gibt es eine kleine Anzahl von Katholiken, Zeugen Jehovas, Juden, Mormonen und einige Anhänger indigener Religionen. Die Äthiopisch-Orthodoxe Kirche ist in den nördlichen Regionen Tigray und Amhara vorherrschend, sowie in Oromia präsent. Der Islam ist vor allem in den Regionen Afar, Oromia und Somali vorherrschend. Protestantische Kirchen sind vor allem in der Region der südlichen Nationen, Nationalitäten und Völker, in Gambella und Teilen von Oromia vertreten (U.S. Department of State, 27. Feber 2014, Country Report on Human Rights Practices 2013 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/ local_link/270706/400790_de.html, [Zugriff 11. September 2014]).
Ethnische Minderheiten
In Äthiopien gibt es mehr als 80 ethnische Gruppen. Die Grenzen der Regionalstaaten sind weitgehen entlang der Grenzen der Lebensräume der größten ethischen Gruppen gezogen. Die meisten politischen Parteien basieren vorwiegend auf ethnischer Zugehörigkeit. Die Verfassung gewährt den ethnischen Gruppen Gleichberechtigung und weitgehende Autonomierechte. Die meisten der derzeit 76 anerkannten Ethnien sind mit zumindest einem Vertreter in der zweiten Parlamentskammer, dem "House of Federations", vertreten (sowie einem weiteren Vertreter je 1 Million Angehöriger). Angesichts eines wahrgenommenen überproportionalen politischen Einflusses der kleineren Ethnie der Tigray (ca. 6% der Bevölkerung) fühlen sich die beiden größten Ethnien (Oromo, ca. 35%; Amharen, ca. 27%) politisch unterrepräsentiert. Die Tigray haben zudem auch großen Einfluss in der Wirtschaft. Politisch in der Opposition aktive Mitglieder der Oromo werden von Sicherheitskräften häufig der Nähe zur OLF verdächtigt .
Äthiopien ist offiziell eine Föderation gleichberechtigter Völker ohne ethnische Diskriminierung oder Konflikte. Tatsächlich gibt es keine Diskriminierung ganzer Völker oder Bevölkerungsgruppen. In einige Regionen (z.B. Somali und Afar) flossen aber bisher staatliche Investitionen nur sehr spärlich. In der Praxis kommt es außerdem teilweise zu Benachteiligungen in Einzelfällen. Beispielsweise haben Personen, welche die Titularsprache einer Region nicht beherrschen, kaum Chancen, eine Anstellung im öffentlichen Dienst dieser Region zu erhalten. Auf föderaler Ebene werden dabei häufig Tigray und Amharen bevorzugt, die Tigray sind in allen staatlichen Institutionen überproportional vertreten. Die Tatsache, dass die ethnische Zugehörigkeit jedes Äthiopiers im Kebele-Familienregister und in der ID eingetragen ist, eröffnet Möglichkeiten zur ethnischen Diskriminierung .
Es gibt Tausende von Binnenflüchtlingen in Äthiopien, einerseits wegen bereits langwährender Konflikte zwischen ethnischen Gruppen um Ressourcenverteilung (Zugang zu Wasser, Weide- oder Ackerland), andererseits wegen Konflikten zwischen aufständischen Gruppen und der Regierung, wie z.B. in der Somali-Region/Ogaden und in Gambella. 2012/13 kam es bei Konflikten zwischen Ethnien zu 100-150 Toten.
So brachen beispielsweise im Jänner 2013 vermutlich aufgrund von Anti-Oromo Graffiti an der Universität Addis Abeba Unruhen aus, bei denen 20 Personen verletzt wurden. Bei Zusammenstößen zwischen Afar, Somali und Oromo in Awash Arba kamen Berichten zufolge mehr als 20 Personen ums Leben. In der westlichen Region Benishangul-Gumuz vertrieben Behörden mehr als 8.000 ethnische Amharen aus ihren Häusern; einige davon gaben an, von der Polizei aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit geschlagen und schikaniert worden zu sein. Die Vertreibungen wurden vom regionalen Präsidenten öffentlich als Fehler bezeichnet, die Vertriebenen sollten für materielle Verluste und Verletzungen Kompensationen erhalten. Mehrere in die Vorfälle involvierte lokale Beamte wurden hierfür entlassen.
Vorwürfe der Diskriminierung gegen bestimmte ethnische Gruppen werden auch im Zusammenhang mit Umsiedlungsprogrammen sowie mit landwirtschaftlichen Großinvestitionen im Westen (Gambella) und Süden (Südomo) des Landes vorgebracht. Verschiedene Fact-Finding-Missionen der Geber in die genannten Gebiete konnten systematische Menschenrechtsverletzungen nicht nachweisen, Einzelfälle sind hingegen nicht auszuschließen. Die vor allem von ethnischen Somalis bewohnte Somali Region/Ogaden ist Schauplatz vermuteter Menschenrechtsverletzungen in großem Umfang von Regierungstruppen sowie bewaffneter ONLF-Anhänger. Eine unabhängige Bestätigung der Vorwürfe ist nicht möglich (Auswärtiges Amt, 08. Feber 2014, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien; U.S. Department of State, 27. Feber 2014, Country Report on Human Rights Practices 2013 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/ local_link/270706/400790_de.html, [Zugriff 11.September 2014]; vgl. Länderinformation der Staatendokumentation, Äthiopien, Stand 05. September 2014).
2. Beweiswürdigung:
Die erkennende Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesasylamtes (nunmehr: Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl - BFA) und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Zusätzlich wurden Auszüge aus dem Strafregister, der Grundversorgung sowie dem Zentralen Melderegister eingeholt.
2.2. Zur Person des Beschwerdeführers und zu seinem Vorbringen
Der Beschwerdeführer konnte durch Vorlage verschiedener Dokumente, darunter einen unbedenklichen, mit einem Lichtbild versehenen äthiopischen Studentenausweis, seine Identität nachweisen.
Die strafrechtliche Unbescholtenheit ergibt sich aus dem Strafregister, die mangelnde Selbsterhaltungsfähigkeit aus dem Auszug aus der Grundversorgung.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand leiten sich einerseits aus den einzelnen Vorbringen des Beschwerdeführers anlässlich seiner Einvernahmen und andererseits aus den Wahrnehmungen des Bundesasylamtes ab. Zudem wurden im gesamten bisherigen Verfahren keine gesundheitlichen Einschränkungen vorgebracht.
Dass der Beschwerdeführer im Bundesgebiet kein Familienleben führt, dass keine Verwandten von ihm im Bundesgebiet aufhältig sind, er keiner Beschäftigung nachgeht und er- abgesehen von den Deutschkursen - keine Schule, Universität oder eine sonstige Bildungseinrichtung besucht, er keiner Organisation angehört und er auch nicht karitativ tägig ist, spiegelt sich einerseits in den Angaben des Beschwerdeführers wider, welche die zentrale Erkenntnisquellen des Asylverfahrens darstellen, und anderseits lässt sich auch vom vorliegenden Sachverhalt nichts Gegenteiliges ableiten. Darüber hinaus wurde den dargestellten Feststellungen im gesamten bisherigen Verfahren nicht entgegengetreten.
Was die vom Beschwerdeführer im nunmehrigen Verfahren vorgebrachten Fluchtgründe anbelangt, ist zunächst festzuhalten, dass das Bundesasylamt mit dem Beschwerde-führer eine ausführliche Vernehmung durchgeführt hat. Der aufgrund dieser Vernehmung festgestellte Sachverhalt, dessen Beweiswürdigung und die ausführlichen Länderfeststellungen zu Äthiopien finden ihren Niederschlag im angefochtenen Bescheid. Da die vom Bundesasylamt herangezogenen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen des Bundesasylamtes zu zweifeln.
Aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes ist sohin zu konstatieren, dass das Bundesasylamt im oben angeführten Bescheid der gegenständlichen Entscheidung ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren zugrunde gelegt hat. Darüber hinaus hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer (sowie der belangten Behörde) mit Schriftsatz vom 16.9.2014 aktuelle und umfassende Länderfeststellungen zu Äthiopien sowie einen Fragenkatalog zu allfälligen integrationsbegründenden Sachverhalten des Beschwerdeführers zugestellt. Die mit diesem Schriftsatz in einem an die Parteien ergangene Aufforderung, binnen einer zweiwöchigen Frist eine Stellungnahme dazu abzugeben, verlief mit dem Ergebnis, dass nur der Beschwerdeführer den oben im Verfahrensgang unter Punkt I.16. genannten Schriftsatz als Stellungnahme einbrachte.
Das Bundesasylamt hat im angefochtenen Bescheid in seiner Beweiswürdigung schlüssig dargelegt, dass im Falle des Beschwerdeführers keine Fluchtgründe im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen. Die seitens des Bundesasylamtes vorgenommene Beweiswürdigung ist im Sinne der allgemeinen Denklogik in sich schlüssig und stimmig. Sie steht auch in Einklang mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Behörde einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubwürdig anerkennen kann, wenn der Asylwerber während des Verfahrens im Wesentlichen gleichbleibende Angaben macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und wenn nicht erst sehr spät gemachte Angaben den Schluss aufdrängten, dass sie nur der Asylerlangung um jeden Preis dienen sollen. Als glaubhaft könnten Fluchtgründe im Allgemeinen nicht angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Asylverfahren vorbringt (VwGH vom 06.03.1996, 95/20/0650).
Im Beschwerdeschriftsatz machte der Beschwerdeführer nunmehr geltend, dass er Mitglied der somalischen Gruppe "O.N.L.F." gewesen sei, dass diese Gruppe gegen die Äthiopier in Somalia gekämpft und er das Land verlassen habe, damit er nicht inhaftiert oder getötet werde. Er habe einige Zeit im Wald und im Freien verbracht und später habe er das Land verlassen und nun befürchte er, dass die Gruppierung seinen Eltern etwas antue, weil die Gruppierung erfahren habe, dass er das Land verlassen habe. Er habe mit der Gruppierung gegen die Äthiopier gekämpft und ihr Ziel sei es gewesen, sich von den Äthiopiern zu befreien. Sie seien geschlagen, getötet und inhaftiert worden.
Hierzu ist - ungeachtet des dem Beschwerdeverfahren inhärenten Neuerungsverbotes - festzuhalten, dass aus Sicht der erkennenden Richterin das dem im Beschwerdeschriftsatz vorgebrachten, an sich schon unsubstantiierten Bedrohungsszenario kein maßgeblicher Wahrheitsgehalt zugesonnen werden kann, zumal diese Behauptungen des Beschwerde-führers im diametralen Widerspruch zu den niederschriftlichen Angaben vom 13.5.2013 vor dem Bundesasylamt stehen, wo der Beschwerdeführer auf die konkrete Aufforderung der Organwalterin, er möge konkret darlegen, in welcher Form er von der äthiopischen Regierung verfolgt worden sei, wörtlich replizierte:
"Ich habe niemals gegen die äthiopische Regierung gekämpft. Wenn ich gegen die äthiopische Regierung gekämpft hätte, hätte man mich verhaftet oder getötet." Und auf die an anderer Stelle der Vernehmung gestellte Frage, ob der Beschwerdeführer Mitglied der Gruppierung "ONLF" sei, antwortete dieser: "Nein, ich bin kein Mitglied dieser Gruppierung". Darüber hinaus ist in dieser Vernehmung evident, dass der Beschwerdeführer sein Fluchtvorbringen im Laufe seiner Vernehmung unter dem Vorhalt der Widersprüchlichkeiten seiner Behauptungen sukzessiv abschwächte und schließlich resümierend das Nachfolgende vorbrachte: "Bis heute habe ich dachte, dass ich in meiner Heimat von der Regierung oder Polizei gesucht werde. Aber so ist es nicht. Ich hatte keinerlei Probleme in meiner Heimat. Ich wurde von niemanden in meiner Heimat gesucht. Ich hatte nur Angst, weil ich vermutet habe, die Gruppierung ONLF mit Lebensmittel unterstützt zu haben. Aber das weiß ich auch mit Sicherheit nicht. Ich habe nur einige Päckchen hin und her gebracht. Für wen diese Päckchen gedacht waren und wem diese Sachen gehörten, weiß ich nicht. Alles was ich heute vorgebracht habe, sind nur Vermutungen. Ich wurde in meiner Heimat niemals gesucht und ich hatte auch mit niemanden Probleme."
Aus dem Standpunkt der erkennenden Richterin zeigt sich in der Beschwerdebehauptung ein unglaubhaftes und gesteigertes Fluchtvorbringen, welches im klaren Widerspruch zu den Angaben in der Niederschrift vom 13.5.2013 steht und als frei erfundenes Konstrukt der Untermauerung eines, in Wirklichkeit nicht existenten, Flucht- bzw. Verfolgungsgrundes dienen sollte.
Der belangten Behörde ist daher durchaus zu folgen, wenn sie feststellt, dass der Fluchtgrund aus einer nicht näher konkretisierten schwierigen Lebenssituation resultiert, die als solche keine asylrelevante Verfolgung darstellt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Verfahrensbestimmungen
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
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