Masarykova univerzita V Brně Faktulta filozofická


Die Wortbildungsarten im Deutschen25



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Die Wortbildungsarten im Deutschen25


Meine Aufgabe besteht in der Analyse von Kurzwörtern und Kurzformen in publizistischen Texten. Im Grunde genommen ist die Kurzwortbildung eine der Wortbildungsarten. Um diesen Prozeß zu verstehen, ist es jedoch notwendig, auch die anderen Wortbildungsarten in Betracht zu ziehen. Denn Kürzungen entstehen ja eigentlich aus anderen Wortbildungsmodellen – aus Zusammensetzungen oder Wortgruppen – das heißt aus komplexeren Wortformen, aus Lexemen, die den Begriff mit mehreren Wörtern zum Ausdruck bringen. Deshalb möchte ich zuerst kurz die anderen Wortbildungsarten beschreiben.

Die Komposition

Ein Kompositum (eine Zusammensetzung) besteht aus zwei oder mehreren selbständigen Konstituenten. Meistens ist es zwei oder dreigliedrig. Eine Konstituente muss eine selbstständige lexikalische Einheit (ein Lexem) sein. Mehrgliedrige Komposita haben zwei Hauptglieder, wobei eins ein Kompositum ist. Der erste Teil eines Kompositums heißt Bestimmungswort und trägt den Wortakzent. Das letzte Glied heißt Grundwort und bestimmt das Genus und die Wortart des Kompositums.

Wir unterscheiden die Komposita aus historisch-formaler und inhaltlicher Hinsicht.

Die Komposita aus historisch-formaler Sicht

Entstehungsgeschichtlich ältere - die Juxtapositionen und jüngere - die Kasus-kompositionen. Im ersten Fall handelt es sich um die flexionslose Aneinander-fügung zweier selbständiger Wörter (z. B. der Hausflur, die Hausapotheke, der Bürgerkrieg), im zweiten Fall ist das Bestimmungswort flektiert (z. B. die Jahreszeit, die Formenlehre, die Geisterstunde).

Die Komposita aus inhaltlicher Sicht

      1. Kopulativkomposita (Additionswörter oder Reihenwörter)


Die einzelnen Glieder dieses Kompositums sind gleichgeordnet, sie gehören der gleichen Wortart an. Die Bedeutung ergibt sich aus den Einzelbedeutungen der Glieder, die sich umkehren lassen, ohne den Sinn zu verlieren oder zu verändern. Selbstverständlich gibt es auch Kopulativkomposita, bei denen die Glieder unumkehrbar sind z. B. Zahlen oder Farbnennungen. Die Zahl dieser Komposita ist beschränkt.

Determinativkomposita

Die überwiegende Art der Zusammensetzungen. Das Bestimmungswort ist dem Grundwort untergeordnet. Es spezifiziert die Bedeutung des Grundwortes (z. B. die Sackgasse, das Regenwasser, der Obstgarten). Man spricht von Verzweigung. Wir unterscheiden dann linksverzweigte (z. B. der Schreibtischsessel), rechtsverzweigte (z. B. der Seiden-lampenschirm) und links-rechts-verzweigte (expandierende) Determinativkomposita (z. B. das Leichtmetallbaugerüst). Manchmal kommt es dabei zu sogenannten Mammutbildungen (drei- oder mehrgliedrigen Zusammenbildungen (z. B. die Arbeitsförderungs-gesetznovellierung usw.). Solche Determinativ-komposita nennt man endozentrisch.


    • Eine Untergruppe der Determinativkomposita sind exozentrische Komposita (Possessivkomposita oder Bahuvrihi-Bildungen). Hier ist das Bestimmungswort nicht determinierend. Es wird eine neue Bedeutung geschaffen. Das Subjekt steht außerhalb des Kompositums. Das neue Wort hat eine übertragene, metaphorische Bedeutung (z. B. der Dickkopf, der Hasenfuß) und ist meistens in der schönen Literatur benutzt, um die Sprache farbig und wirkungsvoll zu gestalten.

    • Ein ähnliches Phänomen können wir bei den sogenannten Zusammenrückungen beobachten. Es handelt sich um die Aneinanderreihung von mehreren Wörtern. Sie behalten aber ihre syntaktische Folge und Flexionsformen. Der letzte Teil bestimmt aber nicht die Wortart und die Bedeutung ergibt sich nicht aus den Einzelteilen, sondern ist neu. Es sind meistens Substantive und Adverbien (z. B. Handvoll, Taugenichts, Vaterunser, zeitlebens, infolge usw.).

    • Das verdunkelte Kompositum

Das sind solche Zusammensetzungen, bei denen nicht mehr erkennbar ist, dass es sich um ein Kompositum handelt, weil ein Glied heute nicht mehr als selbstständiges Wort existiert (z. B. der Bräutigam, heute, die Nachtigall)

Das Verstärkungskompositum

In der gesprochenen Sprache wird immer öfter eine Aneinanderreihung von Adjektiven gebraucht. Es wird zur Verstärkung einer Aussage gebraucht und kann auch durch Alliteration gekennzeichnet werden (z. B. blitzblank, funkelnagelneu). Dazu gehören auch Verdoppelungen wie z.B. jaja, tagtäglich; oder lautmalende Gefüge z. B. ticktack, singsang

Die Zusammenbildung

Es ist eine Art der Wortbildung, die zwischen der Komposition und der Derivation steht. Es sind Wörter, die nur syntaktisch zusammengehörende Verbindungen sind. Sie können in ihre syntaktischen Teile aufgelöst werden, aber das letzte Glied kann nicht allein stehen (z. B. Frühaufsteher, Gesetzgebung, vielbeinig, augenfällig).

Die Derivation

Die Derivation (die Ableitung) ist ein sehr produktiver Wortbildungsprozeß. Durch diesen Prozeß entstehen besonders Substantive, Verben und Adjektive. Eine Ableitung wird durch Anfügen unselbständiger Silben an den Wortstamm oder durch eine Lautveränderung gebildet. Dabei ändert sich häufig die Wortart (z. B. das Verb wird zu Substantiv oder Adjektiv usw.). Manchmal entstehen Ableitungen, bei denen sich die Wortart nicht verändert. Wir unterscheiden zwei Arten von Ableitung:

Die explizite Ableitung

Hierher gehören die Präfigierung (Wortbildung durch Vorsilben) und die Suffigierung (Wortbildung durch Nachsilben). Bei der Präfigierung entstehen Wörter mit Hilfe der ursprünglich bedeutungstragenden Silben. Zur Zeit sind sie aber keine selbständigen Wörter mehr. Es sind z. B. be-, ge-, ent-, er-, miß-, un-, ur-, ver-, zer- usw. Wörter, die durch Präfigierung entstanden sind: erfahren, Gebirge, gelingen, entlaufen, mißglücken, ungeschickt, Unglück, Urwald, vergehen, durchlesen usw. Bei der Suffigierung werden Suffixe (z. B. –chen, -el, -er, -heit, -in, -lein, -schaft, -bar, -ig, -lich, -sam usw.) oder Halbsuffixe (-fähig, -mäßig, -pflichtig, -wert, -zeug usw.) an den Wortstamm angehängt, um neue Wörter zu bilden. Von einem Wortstamm können verschiedene Ableitungen gebildet werden. Sie unterscheiden sich in der Bedeutung. Es können auch Ableitungen entstehen, die durch Präfixe und gleichzeitig auch Suffixe gebildet werden (z. B. beruhigen, beklagen). Neue Suffixe entstehen durch Zusammenwachsen zweier Suffixe (z. B. –el + -er = -ler: Künstler, -er + -n = -ern: silbern usw.)

Die implizite Ableitung

Es ist die durch Ablaut oder Konsonanten-veränderung im Wortinneren entstandene Ableitung. Es entsteht ein Derivat ohne erkennbare Affixe.Von den starken Verben entstehen durch verschiedene Stufen des Ablauts Substantive bzw. Adjektive (z. B. binden: Band, Bund, bündig, bändigen; fliegen: Flug usw.). Die Ableitungen durch Konsonanten-veränderung gehen an den grammatischen Wechsel der urgermani-schen stimmlosen Reibelaute zurück. So entstanden Wörter wie z. B. Hefe – heben, ziehen – Zug, schneiden – geschnitten usw.

Die Umbildung ( Konversion, Wortartwechsel)

Bei der Umbildung wird ein Wort in eine andere Wortart überführt. Es kommt aber im Gegenteil zur impliziten Derivation zu keinen lautlichen und Bedeutungsveränderrungen.

Es gibt drei Möglichkeiten der Umbildung:

Überführung in ein Substantiv (Substantivierung)

Alle Wortarten können substantiviert werden, indem ein Artikelwort vorangestellt wird und das Wort mit dem großen Buchstaben geschrieben wird. Am häufigsten substantiviert man die Verben. (z. B. das Laufen, beim Lernen usw.). Man kann zum Verb aber auch Suffixe zufügen und zwar –e: das Gerede, das Gequatsche; -ei: die Spielerei, die Näherei; -ung: die Sendung, die Sammlung; die Nullableitung: der Kauf, der Ruf.

Bei Substantivierung durch Suffixe gibt es oft mehrere Varianten. Es kommt dann auch zu inhaltlichen Unterschieden.

In Einzelfällen kommt es zu Bedeutungserweiterung oder –verengung. Man kann aber auch sehr gut Adjektive oder ganze Wortgruppen substantivieren.

Überführung in ein Verb

Substantive oder Adjektive können zu Verben werden. Es entstehen sogenannte Ereignisverben (Regen – regnen), Komparativverben (dienern, hamstern), schmückende Verben (polstern, versilbern), bewirkende Verben (kürzen, schärfen) und durative Verben (schlafen, gleichen). Eine besondere Gruppe von Verben, bei der es zu keinem Wortartwechsel kommt, sind Verben, die aus anderen Verben entstehen – Veranlassungsverben (fällen, legen, setzen) und Wiederholungsverben (meckern, flattern).

Überführung in ein Adjektiv

In ein Adjektiv werden gelegentlich Substantive umgewandelt (z. B. Schuld – schuld, das ist spitze, klasse), oder oft werden die Partizipien wie Adjektive gebraucht (z. B. der gekochte Schinken, die kaputte Uhr).

Die Wortmischung (Wortkreuzung, Kontamination)26

Es ist eine besondere Form der Wortbildung. Sie entsteht so, dass sich die Teile zweier Wörter oder Wortstämme zu einem neuen Wort verbinden. Die Teile bei der Neubildung greifen ineinander oder folgen aufeinander wie bei der Zusammensetzung. (z. B. Buchweizen + Heidekorn: Heideweizen, Erdapfel + Grundbirne: Erdbirne; mutter(s)allein + seelenallein = mutterseelenallein).

Interaktion, Reduplikation27

Interaktion ist die Wiederholung eines Wortes und Reduplikation ist Wiederholung eines Wortteiles, indem ein neuer Ausdruck entsteht. Interaktion kann zur Ausdruckverstärkung dienen (z. B. jaja, soso), sie tritt in der sog. Ammensprache auf (z. B. Kuckuck, Mimi, Mama, Papa; manchmal mit Ablaut: lirumlarum, Mischmasch, ticktack; bzw. mit Anlautwechsel: Hokuspokus, Techtelmechtel).

Durch Reduplikation entstanden manche Verben z. B. beben, plappern quiken.


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