VG Hannover, Urteil v. 8.7.97 - 3 A 6716/96, IBIS C1295 Eine verfassungskonforme Auslegung des § 120 Absatz 5 satz 2 BSHG erfordert die Berücksichtigung von Härtefällen. Das VG hat einer libanesischen Familie mit Aufenthaltsbefugnis, die aus Nordrhein-Westfalen nach Hannover gezogen ist, einen Anspruch auf (ergänzende) Sozialhilfe zugesprochen.
Der Flüchtling hatte in Niedersachsen eine Arbeit gefunden, die es ihm ermöglichte, seinen und zu einem geringen Teil auch den Unterhalt seiner Familie zu sichern. Bei Anwendung des § 120 Abs. 5 Satz 2 BSHG stünde der Familienvater vor der Alternative, entweder seine Arbeitstätigkeit wieder aufzugeben oder aber eine unabsehbar lange Trennung von der Familie in Kauf zu nehmen. Das VG ist der Auffassung, dem Kläger kann weder eine Trennung von seiner Familie noch eine Rückkehr mit seiner Familie nach Nordrhein-Westfalen unter Inkaufnahme dort gegebener Arbeitslosigkeit zugemutet werden. Bei der Anwendung des BSHG ergibt sich vorliegend ein Konflikt zwischen § 120 Abs. 5 BSHG einerseits und dem Selbsthilfegebot und der Verpflichtung, seinen Lebensunterhalt durch Arbeit zu sichern (§§ 2, 18 BSHG) sowie dem Prinzip der familiengerechten Hilfegewährung nach § 7 BSHG anderserseits. Der Konflikt zwischen der gesetzgeberischen Zielsetzung, eine Verlagerung von Sozialhilfelasten in andere Länder zu vermeiden, mit dem in § 1 Abs. 2 S. 2 BSHG festgehaltenen Prinzip der Stärkung der Selbsthilfe könne nicht einseitig zu Lasten des letztgenannten Prinzips entschieden werden. Zur Vermeidung eines Verstoßes gegen Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsgebot in Art. 20 Abs. 1 GG ist die Regelung des § 120 Abs. 5Satz 2 verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass die Möglichkeiteröffnet wird, ”wenigstens in Härtefällen eine abweichende Entscheidung zu erreichen (vgl. BVerfGE 30, 25)”.
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