Gericht Asylgerichtshof Entscheidungsdatum 22. 03. 2010 Geschäftszahl



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15. In der hg. Dokumentation liegen zur Behandelbarkeit (ua) von Depressionen in Nigeria aus jüngster Vergangenheit folgende Informationen auf: Gemäß einem Bericht des UK Home Office und des Danish Immigration Service (Home Office Border Agency/Danish Immigration Service, Report on Fact-Finding Mission to Nigeria, carried out in September 2007 and January 2008, 29. Oktober 2008:

www.homeoffice.gov.uk/rds/pdfs08/nigeria_ffm0108_291008.doc.) sei eine psychiatrische Versorgung in Nigeria möglich. Es gebe etwa 35 psychiatrische Kliniken oder psychiatrische Abteilungen. Acht davon seien Regierungseinrichtungen, die anderen würden von den einzelnen Staaten betrieben. In psychiatrischen Kliniken in Nigeria würden unter anderem klinische Depressionen, suizidale Tendenzen, Posttraumatische Belastungsstörungen, Schizophrenie und Psychosen behandelt. In einigen Kliniken sei die Behandlung kostenlos, die Medikamente müssten selbst bezahlt werden. Weiteren Berichten zufolge gestalte sich die Behandlung durch ausgebildete Psychiater aufgrund der geringen Zahl verfügbarer Kräfte und der Stigmatisierung psychisch Kranker durch die eigenen Familien schwierig, teilweise verfügten PatientInnen nicht über ausreichende finanzielle Möglichkeiten, eine Behandlung zu bezahlen (zB. Auskunft der SFH-Länderanalyse vom 18.01.2010; Nigeria: Behandlung von Schizophrenie, Asthma bronchiale und Hepatitis B, Seite 2).


IV. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Zur Zurückweisung wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):
1.1. Gemäß 75 Abs. 4 AsylG 2005 begründen ab- oder zurückweisende Bescheide auf Grund des Asylgesetzes, BGBl. Nr. 126/1968, des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, sowie des Asylgesetzes 1997 in derselben Sache in Verfahren nach diesem Bundesgesetz den Zurückweisungstatbestand der entschiedenen Sache (§ 68 AVG).
Gemäß § 68 Abs. 1 AVG in Verbindung mit § 23 AsylGHG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Beschwerde nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Bestimmung (z. B. VwGH 25.04.2007, 2004/20/0100; 30.6.2005, 2005/18/0197; 25.4.2002, 2000/07/0235) liegen verschiedene "Sachen" im Sinn des § 68 Abs. 1 AVG vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Relevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. In Bezug auf wiederholte Asylanträge muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Entscheidungsrelevanz zukommt und an den die positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Asylwerbers und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden auseinanderzusetzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen. Aus § 69 Abs. 1 AVG ergibt sich, dass eine neue Sachentscheidung nicht nur bei identem Begehren auf Grund desselben Sachverhaltes, sondern auch im Falle desselben Begehrens auf Grund von Tatsachen und Beweismitteln ausgeschlossen ist, die bereits vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben, aber erst nachträglich hervorgekommen sind. Demnach sind aber auch Bescheide, die - auf einer unvollständigen Sachverhaltsbasis ergangen - in Rechtskraft erwachsen sind, verbindlich und nur im Rahmen des § 69 Abs. 1 AVG einer Korrektur zugänglich. Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des über den ersten Antrag absprechenden Bescheides entgegen.
Ob ein neuerlicher Antrag wegen geänderten Sachverhaltes zulässig ist, darf nur anhand jener Gründe geprüft werden, welche die Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht hat; in der Berufung (hier: Beschwerde) gegen den Zurückweisungsbescheid dürfen derartige Gründe nicht neu vorgetragen werden (vgl. zB VwSlg. 5642 A/1961; 23.5.1995, 94/04/0081; 15.10.1999, 96/21/0097; 4.4.2001, 98/09/0041; 25.4.2002, 2000/07/0235). Allgemein bekannte Tatsachen hat das Bundesasylamt jedoch als Spezialbehörde von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. VwGH 7.6.2000, 99/01/0321; 29.6.2000, 99/01/0400).
Aus dem Neuerungsverbot im Berufungsverfahren (hier: Beschwerdeverfahren) folgt, dass die Berufungsbehörde (hier: der Asylgerichtshof) den bekämpften Bescheid in sachverhaltsmäßiger Hinsicht bezogen auf den Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides des Bundesasylamtes zu kontrollieren hat.
"Sache" des Rechtsmittelverfahrens ist nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, die Rechtsmittelinstanz darf demnach nur darüber entscheiden, ob die Vorinstanz den Antrag zu Recht zurückgewiesen hat oder nicht. Sie hat daher entweder - falls entschiedene Sache vorliegt - das Rechtsmittel abzuweisen oder - falls dies nicht zutrifft - den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben, dies mit der Konsequenz, dass die Behörde, gebunden an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde, den Antrag nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Die Rechtsmittelbehörde darf aber über den Antrag nicht selbst meritorisch entscheiden (VwGH 30.5.1995, 93/08/0207).
1.2. Sache des vorliegenden Beschwerdeverfahrens iSd § 66 Abs. 4 AVG iVm § 23 Abs. 1 AsylGHG ist somit nur die Frage, ob das Bundesasylamt zu Recht den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.
Das Erstverfahren, an dessen meritorischer Entscheidung der angefochtene Bescheid zu messen ist, wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 23.09.2008, GZ A9 252.506-0/2008/8E, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung entschieden.
Im vorliegenden Fall ging das Bundesasylamt zu Recht davon aus, dass der Behandlung des nunmehr dritten Antrages des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz das Prozesshindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache entgegensteht: Denn das Vorbringen zum dritten Antrag enthält keinen glaubhaften entscheidungsrelevanten Kern, der sich auf den Zeitraum nach dem rechtskräftigen Abschluss des ersten Asylverfahrens am 29.09.2008 (im Folgenden: "Erstverfahren") bezöge. Der Beschwerdeführer betonte in diesem dritten Verfahren bei der Erstbefragung sowie vor der Asylbehörde zunächst ausdrücklich und wiederholt, seine Asylgründe aus dem Erstverfahren seien aufrecht. Damit behauptet er in diesem neuerlichen Verfahren - bezogen auf Nigeria - wiederum eine Bedrohung durch jene Personen, die seinen Vater ermordet haben sollen, bzw. wirtschaftliche Gründe für seine Flucht. Das erstgenannte Bedrohungsszenario wurde aber bereits im Erstverfahren (auch) als unglaubwürdig qualifiziert (siehe dazu auch unten lit. a), zu den zweitgenannten Gründen (wirtschaftlichen Gründen) wurde in der tragenden Begründung des das Erstverfahren abschließenden Erkenntnisses des Asylgerichtshofes zudem dargelegt, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers keine Asylrelevanz aufweise, er nach den getroffenen Feststellungen seinen Asylantrag nicht aufgrund einer konkreten, ihn betreffenden wohlbegründeten Furcht vor Verfolgung stelle, sondern vielmehr wirtschaftliche Gründe bzw. die Absicht, eine bessere Ausbildung zu erhalten, ausschlaggebend gewesen seien.
Da sich an diesen letztgenannten Umständen seither nichts geändert hat und sich auch die Lage im Herkunftsstaat seither nicht verschlechtert hat (konkrete Umstände, die für eine Änderung der allgemeinen Lage in Nigeria sprächen, hat der Beschwerdeführer nicht angeführt und es sind solche auch nicht amtsbekannt), trat in Ansehung des Beschwerdeführers jedenfalls aus diesen Gründen keine entscheidungswesentliche Sachverhaltsänderung ein.
Zusätzlich führte der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren zur Begründung seines Antrages -zusammengefasst - folgende Gründe ins Treffen:
a.) Er habe in der Schubhaftzelle einen furchtbaren Traum gehabt, nämlich dass jene Männer, die seinen Vater getötet hätten, ihn zu töten versucht hätten und es im Falle der Rückkehr wieder versuchen würden. Diese Leute hätten alle Möglichkeiten versucht, ihn auf spirituelle Weise zu attackieren.
b.) Der Beschwerdeführer würde im Falle der Rückkehr "Rache am Bruder seines Vaters nehmen", dieser habe den Vater nämlich umgebracht. Er wolle aber kein Verbrechen begehen.
c.) Wenn er heim käme, würde ihn die nigerianische Polizei einsperren, da er in Österreich um Asyl angesucht habe. In diesem Zusammenhang brachte der Beschwerdevertreter später der Sache nach ergänzend vor, auch unbescholtenen Rückkehrern würde von den nigerianischen Behörden ein Delinquenzhintergrund unterstellt, was eine Gefahr für diese, nach dem Dekret 33 bestraft und in Nigeria ins Gefängnis zu kommen, impliziere.
d.) Er habe in seiner Heimat (nunmehr) niemanden mehr und wisse nicht, wohin er gehen und wo er schlafen solle, wer sich um ihn und seine Gesundheit kümmern würde. Er wolle, dass man auf ihn aufpasse, Österreich sei sein Leben. Er habe außerdem Arbeit und wolle Steuern zahlen.
e.) Er selbst sei psychisch krank, die Diagnose ginge aus den vorgelegten Befunden hervor. In Nigeria gäbe es zwar Medikamente, diese wären aber in der bewährten Zusammenstellung nicht verfügbar und auch nicht erschwinglich, zudem bestehe dort keine Möglichkeit einer Gesprächstherapie.
f.) Er habe seit drei Monaten eine 19-jährige Freundin, die mentale Probleme habe und die auf seinen Zuspruch angewiesen sei.
Diesen vom Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt eingetretener Sachverhaltsänderungen vorgebrachten Gründen ist im Einzelnen folgendes zu entgegnen:
Ad a.) Soweit der Beschwerdeführer nunmehr vorbringt, die Mörder seines Vaters könnten ihn töten, wobei er im Folgenden erläutert, dass dies auf "spirituelle Weise" geschehen würde, ist ihm zu entgegnen, dass schon im Erstverfahren eine von den Feinden des Vaters ausgehende (tatsächliche) Bedrohung - rechtskräftig - als unglaubwürdig beurteilt wurde (siehe die oben unter Punkt I.3. zweiter und dritter Absatz wiedergegebene Begründung des das Erstverfahren beendenden hg. Erkenntnisses vom 23.09.2008). Dazu kommt, dass eine auf Woodoo basierende Bedrohung (wie sie in diesem Verfahren nunmehr vorgebracht wird) mit den Denkgesetzen nicht im Einklang steht, weswegen im Ergebnis keine objektive Bedrohung, die eine relevante Sachverhaltsänderung darstellt, gesehen werden kann.
Ad b.) Dass der Beschwerdeführer "Rache am Bruder seines Vaters nehmen" und damit ein Verbrechen begehen könnte, ist kein Umstand, vor dem das AsylG schützt, daraus kann der Beschwerdeführer daher keinesfalls ableiten, dass ihm asyl- oder subsidiärer Schutz zu Teil werden könnte. Zum einen richtet sich in einem solchen Fall die Bedrohung nämlich nicht gegen den Asylwerber, sondern geht vielmehr von ihm aus, zum anderen kann er die "Gefahr" - sollte sie tatsächlich bestehen - durch eigenes Zutun (bzw. Unterlassen) vermeiden.
Ad c.) Die eingangs behauptete Gefahr, dass der Beschwerdeführer in Nigeria wegen seiner Asylantragstellung gefährdet sein könnte, wurde schon im Erstverfahren als nicht gegeben beurteilt (siehe die oben unter Punkt I.3. vorletzter Absatz wiedergegebene Begründung des hg. Erkenntnisses vom 23.09.2008). Dem weitwendigen Vorbringen des Beschwerdevertreters (auch) in diesem Verfahren zur angeblichen illegalen Weitergabe von Daten seitens des BMI an die nigerianischen Vertretungsbehörden (insbesondere über strafrechtliche Verurteilungen) und dem offenbar damit gemeinten Bedrohungspotential für den Beschwerdeführer im Falle einer Abschiebung nach Nigeria ist folgendes entgegenzuhalten:
Zum einen ist es dem Vertreter nicht gelungen, auch nur einen unbeteiligten Zeugen für die Behauptung einer tatsächlich eigetretenen Bedrohung der abgeschobenen Nigerianer namhaft zu machen, auch die Äußerungen des Beschwerdeführers selbst gründen sich durchgehend auf "Hörensagen", wobei der Beschwerdeführer trotz mehrmaliger Aufforderung nicht einmal den Namen auch nur eines einzigen Informanten - obwohl es sich um Bekannte aus dem Fußballteam handeln soll - nannte. Ungeachtet dessen hat die Verwaltungsbehörde (neuerlich) von der ÖB Abuja die Ankunft eines Abschiebefluges (vom 02.12.2009) beobachten lassen und es wurde (neuerlich) festgestellt, dass es - entgegen dem Vorbringen der Vertretung - zu keinen (auch nur kurzfristigen) Anhaltungen der überstellten Nigerianer gekommen ist (S. oben Punkt III.9). Abgesehen davon, dass es nach der ständigen Rechtsprechung des Asylgerichtshofes in der Praxis zu keinen Gefahren im Zusammenhang mit dem Delikt 33 kommt, selbst wenn der Betroffene Verurteilungen in Österreich nach dem SMG aufweist, da diese Bestimmung in der Praxis in Nigeria seit Jahren nicht vollzogen wird, ist schon gar nicht nachvollziehbar, inwiefern dem Beschwerdeführer, der ja strafrechtlich unbescholten ist, in irgendeiner Weise ein diesbezügliches Risiko drohen sollte.
Ad d.) Sofern der Beschwerdeführer vorbringt, nunmehr in Nigeria "niemanden mehr" zu haben, weil Mutter und Schwester verstorben seien, so ist ihm zu entgegnen, dass nach den rechtskräftigen Feststellungen des Asylgerichtshofs im Erstverfahren die Basisversorgung der Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln zumindest im städtischen Bereich grundsätzlich gewährleistet und in den Großstädten eine ausreichende medizinische Versorgungslage gegeben sei, weil es sowohl staatliche als auch zahlreiche privat betriebene Krankenhäuser gebe (zur Behandelbarkeit psychischer Erkrankungen siehe unten ad e). Zudem könne ein Rückkehrer bei "seinen Leuten" Unterstützung erwarten und es werde ihm in der Regel die Bestreitung des Lebensunterhaltes ermöglicht werden (siehe die oben unter Punkt I.3. vorvorletzter und vorletzter Absatz wiedergegebene Begründung des hg. Erkenntnisses vom 23.09.2008). An diesen Umständen hat sich nichts geändert, sodass auch für den Fall, dass tatsächlich Mutter und Schwester nach Beendigung des Erstverfahrens verstorben sein sollten, in Bezug auf das Bestehen einer Existenzmöglichkeit keine entscheidungsrelevante Sachverhaltsänderung eingetreten ist. Letztlich ist auch nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer tatsächlich keine Angehörigen in Nigeria haben soll, wurde doch von einem als Vater bezeichneten "XXXX" eine Zustimmungserklärung zur Reise des Beschwerdeführers nach Österreich gegeben (AS 43 und 45 des hg. Aktes des Erstverfahrens), ein Umstand, dessen Aufklärung der Beschwerdeführer bereits im Erstverfahren vermissen ließ. Zudem war der Beschwerdeführer offenkundig integriertes Mitglied in einem regionalen Fußballverein, sodass auch aus diesem Grund nicht erklärbar ist, dass er in Nigeria "niemanden", also keinerlei persönlichen Anknüpfungspunkt (mehr) haben soll.
Ad e.) Zur vorgebrachten psychischen Erkrankung ist zunächst zu klären, ab welchem Ausmaß der Erkrankung (bzw. Grad der Verschlechterung des Zustandes) eine entscheidungswesentliche Änderung des Sachverhaltes (hier: in Bezug auf eine allfällig erforderlich werdende Gewährung subsidiären Schutzes) eingetreten wäre. Dazu ist rechtlich folgendes auszuführen:
Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes zu Art. 3 EMRK im Zusammenhang mit der Abschiebung von Kranken habe im Allgemeinen kein Fremder ein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leide oder selbstmordgefährdet sei. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver sei, sei unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gebe. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führe die Abschiebung zu einer Verletzung in Art. 3 EMRK. Solche lägen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben. Dennoch könnte der Transport vorübergehend oder dauernd eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, etwa bei fortgeschrittener Schwangerschaft oder der Erforderlichkeit eines ununterbrochenen stationären Aufenthalts (EGMR Goncharova & Alekseytsev, 03.05.2007, 31246/06; Ayegh, 07.11.2006, 4701/05;

Karim, 04.07.2006, 24171/05; Paramasothy, 10.11.2005, 14492/03;



Ramadan & Ahjredini, 10.11.2005, 35989/03; Hukic, 27.09.2005, 17416/05; Kaldik, 22.09.2005, 28526/05; Ovdienko, 31.05.2005, 1383/04; Amegnigan, 25.11.2004, 25629/04; VfGH 06.03.2008, B 2400/07; VwGH 25.04.2008, 2007/20/0720 bis 0723).
Im Beschwerdefall hat der Beschwerdeführer zuletzt einen Befund des AKH vom 26.02.2010 vorgelegt, in dem der behandelnde Arzt, ein Oberarzt der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, die Diagnose "Dystymia (ICD-10: F34.1); DD: chronische Depression mit somatischen Symptomen" und als Medikation "Cipralex, Mirtabene und Zyprexa anführt (siehe oben Punkt III. 14.). Demgegenüber kam die von der Verwaltungsbehörde beigezogene Ärztin, einer Allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen "für Psychotherapeutische Medizin, besonders für Psychotraumatologie" (Fachgebiet 02.01) nach Durchführung der Untersuchung des Beschwerdeführers am 18.01.2010 und der Anamnese zu dem Ergebnis, dass aus aktueller Sicht keine belastungsabhängige krankheitswertige psychische Störung vorliege und auch sonst keine Krankheitssymptome gegeben seien und führt detailliert und nachvollziehbar aus, warum die in den Vorbefunden diagnostizierten Erkrankungen (somatoforme Schmerzstörung, eine depressive Störung und eine posttraumatische Belastungsstörung) aus ihrer Sicht nicht vorlägen (siehe dazu oben Punkt III.11). Die letztgenannte Beurteilung scheint insbesondere deshalb gut nachvollziehbar, weil sie eine Biographie des Beschwerdeführers zugrundelegt, die zwar auf den Angaben des Beschwerdeführers bei der Untersuchung basiert, aber dennoch mit den Feststellungen des Asylgerichtshofes zur Lebensgeschichte des Beschwerdeführers im Erstverfahren im Einklang steht. Davon abweichend legt der Autor des Befundberichtes vom 26.02.2010 seinen diagnostischen Überlegungen und der Diagnose eine Biographie des Beschwerdeführers zugrunde, die auf solchen Angaben des Beschwerdeführers beruhen, die vom Asylgerichtshof ausdrücklich als unglaubwürdig qualifiziert wurden. Aus diesem Grund treten Zweifel an der Richtigkeit dieser Diagnose auf.
Allerdings ist eine abschließende Aufklärung der Widersprüche in den Befunden der befassten Ärzte (allenfalls durch weitere Gutachter) aus folgenden Gründen entbehrlich: Der Beschwerdeführer hat wiederholt aus eigenem eingeräumt, dass Psychopharmaka in Nigeria grundsätzlich erhältlich sind, nach den Länderberichten - so eine seiner Stellungnahmen - sei es höchstens möglich, die Psychopharmaka selbst zu beschaffen, aufgrund der Kosten wäre es aber schwer, einen Mediziner zu finden, der die Einstellung vornehmen würde. Der Beschwerdeführer brauche außerdem eine Gesprächstherapie, die in Nigeria nicht möglich sei (siehe oben Punkt III.12). Damit im Einklang steht auch die Dokumentationslage des Asylgerichtshofes, wobei dieser zufolge die psychiatrische Versorgung in einigen Kliniken sogar kostenlos erfolge (siehe oben Punkt III.15).
Selbst unter Zugrundelegung der vom Beschwerdeführer zuletzt vorgebrachten Erkrankung, nämlich einer Dysthymia (erg: chronische Form einer depressiven Verstimmung) bzw. einer chronischen Depression mit somatischen Symptomen, handelte es sich im Lichte der oben dargelegten Judikatur nicht um eine Erkrankung mit jener besonderen Schwere, die nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes zu Art. 3 EMRK eine Überstellung nach Nigeria als eine unmenschliche Behandlung erscheinen ließe. Dass die - wie oben dargelegt grundsätzlich bestehende - Behandlungsmöglichkeit in Nigeria möglicherweise nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder unter Umständen kostenintensiver ist, ist nach dem oben Gesagten nicht rechtserheblich und räumt dem Beschwerdeführer nicht das Recht ein, in Österreich zu verbleiben, um hier (weiter) behandelt zu werden, und zwar selbst nicht im - nicht konkret behaupteten - Fall einer Selbstmordgefährdung.
Demnach lägen auch bei unterstellter Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers seit Abschluss des Erstverfahrens mit dem Stand des zuletzt vorgelegten Befundes vom 26.02.2010 nicht jene oben dargestellten außergewöhnlichen Umstände vor, eine allenfalls eingetretene Sachverhaltsänderung in diesem Umfang wäre daher im Ergebnis rechtlich nicht relevant.
Ad f.) Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, er habe seit drei Monaten eine 19-jährige Freundin, die mentale Probleme habe und die auf seinen Zuspruch angewiesen sei, sie sei die Liebe seines Lebens, so berührt dieses Vorbringen nicht die Frage der Gewährung von Asyl oder internationalen Schutz, sondern hat allenfalls Einfluss auf die Zulässigkeit der Ausweisung. Auf dieses Vorbringen wird daher unten iZm der Ausweisung (Punkt IV.2.) eingegangen.
Die von der Behörde vorgenommene Zurückweisung erfolgte im Ergebnis daher zu Recht.
2. Zur Ausweisung des Beschwerdeführers nach Nigeria (Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides):
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird.
Nach § 10 Abs. 2 AsylG 2005 sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn
1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder
2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden. Dabei sind insbesondere zu berücksichtigen:
a) die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war;
b) das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;
c) die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;
d) der Grad der Integration;
e) die Bindungen zum Herkunftsstaat des Fremden;
f) die strafgerichtliche Unbescholtenheit;
g) Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;
h) die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren.
Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 ist dann, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.
Nach § 10 Abs. 4 AsylG 2005 gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.
Gemäß § 10 Abs. 5 AsylG 2005 ist über die Zulässigkeit der Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß § 10 Abs. 2 Z 2 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Ausweisung schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein gemeinschaftsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.

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