Zum Untersuchungsraum: Den Raum der Untersuchung bilden die drei Residenzstädte Schwerin, Ludwigslust und Neustrelitz, welche aufgrund ihrer (zeitweisen) Funktion als herrschaftliche Zentralorte der Mecklenburgeischen Herzoggeschlechter im Laufe des 18. Jahrhunderts und zu Beginn des 19. Jahrhunderts von Bedeutung waren. Die Fokussierung auf Residenzstädte erscheint insofern besonders wertvoll, als dass hier die höfische und städtische Gesellschaft unmittelbar aufeinandertraf und so die Herrschaftsrepräsentation zwischen Repression von Randgruppen und der Demonstration der eigenen Frömmigkeit von Seiten des Herrschers am ehesten greifbar ist. Die Entscheidung für die drei Städte im Speziellen ist drei konkreten Fakten geschuldet: (1.) Es handelt sich unterschiedslos um weltliche Residenzstädte, (2.) sie gehören geschlossen der protestantischen Konfession an und sind (3.) typologisch den Kleinstädten zuzuordnen. Die bewusst homogene Anlage des Forschungsdesigns erhöht die Aussagekraft der Forschungsergebnisse, indem der Fokus konkret auf eine einzelne Untersuchungskategorie, nämlich den obrigkeitlichen Umgang mit Randgruppen, gelenkt wird. Insbesondere die Größe der Stadt kann entscheidenden Einfluss auf die Untersuchungsergebnisse nehmen: Frühneuzeitliche Großstädte zogen aufgrund vermeintlich größerer Ressourcen eine höhere Zahl von mobilen Bettlern an, Kleinstädte wurden hingegen mit ihren begrenzten Abwehrmechanismen häufig von durchreisenden Vagabunden bedrängt. Die Wahrnehmung von Armut und Randgruppen sowie des vermeintlichen Bedrohungspotentials ist eine entsprechend andere, die es zu berücksichtigen gilt.
Zum Untersuchungszeitraum: Die Gesellschaft befindet sich mit dem Ende der Frühen Neuzeit und dem „Aufbruch in die Moderne“ ex post betrachtet an einer Wendemarke in der Geschichte, die durch die geistige Bewegung der Aufklärung eingeleitet wird. Der Zeitraum der Untersuchung ist insofern ein spannungsgeladener, als dass mit der Mitte des 18. Jahrhunderts ein deutliches Bevölkerungswachstum einsetzte. Gepaart mit den folgenden Teuerungen, der Abschottung der Zünfte und dem gleichzeitigen Verfall kirchlicher Einrichtungen folgte hieraus eine deutliche Zunahme der mobilen Unterschichten23. Können derartige Entwicklungen festgestellt werden, sind sie bei der Nachvollziehung der zeitgenössischen Wahrnehmung von Ausgegrenzten zu berücksichtigen: Die in diesem Fall vorauszusetzende Überlastung armenfürsorgerischer Institutionen und Entstehung von Versorgungsdefiziten kann die Wahrnehmung von Randgruppen wesentlich beeinflusst haben. Des Weiteren bietet sich ein Ausblick in das frühe 19. Jahrhundert an, so dass die Transformationsphase der „Sattelzeit“ den zeitlichen Bezugsrahmen des Dissertationsprojektes definiert24. Ein weiteres Ziel der Arbeit besteht somit auch darin, die konstruierte Epochengrenze zwischen Früher Neuzeit und Moderne aufzubrechen und thematisch hinsichtlich der Armen- und Randgruppenpolitik zu überwinden.
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