VGH Hessen 1 TG 404/99 v. 12.2.99, NVwZ-Beilage 1999, 53; InfAuslR 1999, 245; EZAR 461 Nr. 23; FEVS 2000, 190; GK AsylbLG §120 Abs. 5 VGH Nr. 13; IBIS C1386. Vorbehaltlich einer Hauptsacheentscheidung dürfte § 120 Abs. 5 BSHG auf Konventionsflüchtlinge nicht anwendbar sein, weil fraglich ist, ob damit die von der BR Deutschland in Art. 23 GK sowie in Art. 1 EFA i.V.m. Art. 1 und 2 des Zusatzprotokolls zum EFA übernommene völkerrechtliche Verpflichtung eingehalten würde, Konventionsflüchtlinge und eigene Staatsangehörige auf dem Gebiet der öffentlichen Fürsorge gleichzubehandeln.
Das VG hat zutreffend dargelegt, dass das EFA auf Flüchtlinge im Sinne der GK anwendbar ist, nach dem Wortlaut sei eine differenzierende, nur für Ausländer geltende Regelung nach Art des § 120 Abs. 5 BSHG ausgeschlossen. Die Regelung des EFA werde jedoch durch die später inkraftgetretene Regelung des § 120 Abs. 4 (jetzt § 120 Abs. 5) BSHG als späteres Bundesgesetz derogiert. Diese Auffassung wird in der obergerichtlichen Rspr. zum Teil auch hinsichtlich der Einschränkung des Art. 23 GK durch § 120 Abs. 5 BSHG vertreten (OVG Hamburg, OVG Berlin).
Dem ist entgegenzuhalten, dass innerstaatliche Gesetze nach der Rspr. des BVerfG grundsätzlich auch dann im Einklang mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen der BR Deutschland auszulegen und anzuwenden sind, wenn sie zeitlich später erlassen wurden als ein geltender völkerrechtlicher Vertrag: "denn es ist nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber, sofern er dies nicht klar bekundet hat, von völkerrechtlichen Verpflichtungen ... abweichen oder die Verletzung solcher Pflichten ermöglichen will." (BVerfG v. 26.3.1987, 2 BvR 1107, 1124/77 und 195/79, BVerfGE 74, 358, 370; vgl dazu ausführlich auch OVG Nds. 4 B 11/98 v. 29.5.98; s.a. Deiseroth, DVBl. 1998, 116, 121).
Ein dahingehender Wille des Gesetzgebers dürfte jedoch den zu § 120 Abs. 4 BSHG vorliegenden Gesetzesmaterialien - BT-Drs. 11/6321 S. 37, 90) nicht zu entnehmen sein. Die Zwecksetzung der Bestimmung konnte den Personenkreis der anerkannten Flüchtlinge im Sinne von §§ 51 AuslG, 70 AsylVfG schon deshalb nicht erfassen, weil letztere Bestimmung, nach der unter den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG eine räumlich unbeschränkte Aufenthaltsbefugnis zu erteilen ist, im Regierungsentwurf noch nicht enthalten war, sondern erst auf Veranlassung des Bundesrats eingefügt worden ist (vgl BT-Drs 11/6451 S. 3, 11 zu Nr. 11). Dieser Personenkreis hat das Recht der Freizügigkeit im Bundesgebiet (§§ 2, 3 AsylVfG, Art. 26 GK). Zu berücksichtigen ist auch, dass eine Verlagerung von Sozialhilfelasten bei jedem Umzug, auch bei inländischen Sozialhilfeempfängern eintreten kann, der entsprechende Ausgleich ist in § 107 BSHG allgemein geregelt. Eine Intention des Gesetzgebers, den völkervertraglich gewährleisteten Anspruch von Flüchtlingen im Sinne der GK einzuschränken, ist den Gesetzesmaterialien zu § 120 Abs. 4 BSHG nicht zu entnehmen (vgl. dazu ausführlich VGH Ba-Wü 7 S 2948/96 v. 18.12.96, NDV-RD 1997, 135).