Conspire. Trevor Paglen unmarked 737 2005 conspire



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, einen Profit erzielen. Hier haben wir
also die Quelle der Erfindungsgabe.

An dieser Stelle möchte ich daraufhinweisen, dass die Strategie des tragisch unvoll-


endeten oder fragmenthaften Objekts, das Bild der zerbrochenen Totalität als Spiegelbild
der gespaltenen Subjektivität - kurz: die Adornosche Ästhetik - in keinem echten Wider-
spruch zum Mainstream, ja zur Norm der künstlerischen Produktion in der Risikogesell-
schaft steht. Denn wir leben nicht mehr in der Keynesianischen Welt der 1950er Jahre,
als die Bevölkerung der am höchsten entwickelten Nationen zugunsten von geistloser
Produktion und passivem Konsum immobilisiert wurde. Damals konnte man das große
moderne Kunstwerk als das beruhigende Bild eines narzisstischen Ganzen denunzieren,
als den letzten degradierten Ersatz der bourgeoisen Harmonie. Heute wird die Bevölke-rung der am höchsten entwickelten Nationen, wie auch die Eliten der weniger entwickel-
ten Nationen, mobilisiert zur Intensivierung der globalen imperialen Eroberung in der
relativ kurzen Zeit, die bis zur ökologischen und sozialen Katastrophe verbleibt. In dieser
Situation erfüllt die ästhetisierte Ware, das Produkt der Erfindungsgabe, die Funktion
einer aufrüttelnden, stimulierenden Kraft: wie ein Schuss Speed, oder besser, eine Nase-
voll Kokain für die kreative Klasse. Die Frage ist, wie kommen wir über ihre fieberhaften
Wiederholungen hinaus?

Der typische historizistische Fehler beim Versuch, die Bedingungen einer avant-


gardistischen Kunst und Politik zu definieren, liegt darin, dass man die Bourgeoisie
und vor allem die klassische bourgeoise Kultur als den Ort des Bruchs annimmt. Die
- kulturell und politisch - weltweit dominierende Klasse ist heute nicht mehr die euro-
päische Bourgeoisie mit ihrer an der Aufklärung geschulten, in den manikürten Gärten
der alten Handelsstädte genährten Ästhetik. Sondern es ist die amerikanisierte imperiale
Technokratie einer beginnenden Weltregierung, die aus der Erfüllung des Modernismus
und der industriellen Modernisierung resultiert. Seit dem Ende des zweiten Weltkriegs
und dem endgültigen Kollaps der westeuropäischen Hegemonie haben die radikal ver-
einfachten Techniken des wissenschaftlichen Reduktionismus und der abstrakten Kunst,
auf denen die moderne Subjektivität beruht, es ermöglicht, das neue amerikanische Im-
perium mit bis dato unvorstellbarer Geschwindigkeit auszuweiten. Mit der Verbreitung
ihrer computerisierten Werkzeuge rund um den Globus und der damit einhergehenden
Verdoppelung der Zahl der Menschen in kapitalistischen Arbeitsverhältnissen haben
die Eliten der Weltregierung vielleicht keinen größeren Schub der Deterritorialisierung
ausgelöst als zuvor die europäische koloniale Bourgeoisie. Aber sie haben dies nicht in
vier Jahrhunderten bewirkt, sondern in weniger als zwanzig Jahren, im Wesentlichen seit
1989, mit der Folge enormer sozialer und politischer Umwälzungen - aus denen derzeit
unter dem Decknamen des (und des «Kriegs gegen den Terrorismus») ein
globaler Bürgerkrieg erwächst.

Wenn ich hier Ulrich Becks Begriff der «Risikogesellschaft» benutze, dann nicht nur


im Hinblick auf die Formen des Risikomanagements, derer die neuen globalen Eliten
sich bedienen. Ich beziehe mich vor allem auf Becks Begriff der «zweiten Moderne», in
welcher der Erfolg des Projekts der Modernisierung die Umwelt, in der er sich ausbreitet,
verändert und dabei Nebenwirkungen mit essentiell unkalkulierbarem Risiko auslöst:
wirtschaftlicher Zusammenbruch, politische Konflikte, ökologische Katastrophen und
die massenhafte Entfremdung durch die Globalisierung des possessiven Individualismus.
Das Gespenst dieser Risiken führte zum Bruch von Seattle, Genua, Porto Alegre, Seoul,
Buenos Aires, Cancun, Hongkong und so weiter. Und hier beginnt die Möglichkeit von
etwas wie einer neuen Avantgarde. Der Ort des Bruches ist genau der Ort, wo die neuen
technologischen Werkzeuge auf das Leben auf unserem Planeten angesetzt werden. Die
in diesem Bruch implizierte Transformation sollte jetzt sowohl künstlerisch als auch
politisch radikalisiert werden, durch gezieltes Experimentieren, was ein anderes Wort ist
für den Prozess - und nicht nur den Moment - des Anders-Werdens.

In der Kunst geht es nicht mehr um das Werk, in der Politik nicht mehr um die


Partei. Beide Bereiche stehen unter völliger Kontrolle, sie sind nur noch zombiehafte Ka-
tegorien. Wir sollten unseren Blick vielmehr auf Situationen, auf komplexe Verhältnisse
richten, aus denen sprechende Subjekte und Gruppen hervorgehen können. Signifikante
Experimente finden dort statt, wo technowissenschaftliche Kräfte angewendet werden;
diese Experimente zielen darauf ab, neue Formen der Wahrnehmung und des Ausdrucks
zu entwickeln, die der Transformation der globalen Gesellschaft angemessen sind. Die
Orte dieser Experimente sind doppelt, widersprüchlich, und in diesem Sinne vielleicht
analog zum Widerspruch zwischen Ware und Ding, wie er von den avantgardistischen
Philosophen des zwanzigsten fahrhunderts entwickelt wurde. Aber die heutige Konfigu-
ration ist völlig anders.

Einerseits stehen Wahrnehmung und Ausdruck in engem Zusammenhang mit Ener-


gie, Technowissenschaft und Code, also mit denselben Techniken, mit denen die globalen
Eliten den Planeten umformen. Es ist dringend notwendig, sich aus der faszinierten Hin-
wendung auf die eigene psychische Instabilität zu lösen und die materiellen und organisa-
torischen Prozesse zu erkennen, mit denen die Techno-Eliten den Planeten ,
das heißt, einer vollständigen Umgestaltung unterwerfen. Diese Wahrnehmung ist jedoch
nur durch das Raster der Technologie möglich, das heißt durch die heutigen universa-
lisierten Techniken des Transports, der Kommunikation, der Visualisierung und der
physischen Transformation von Materialien. Man kann keine konstruktive Zielsetzung
entwickeln, wenn man diese Techniken ignoriert, denn Ignoranz - und damit meine ich
die immer größere Unkenntnis von infrastrukturellen Entwicklungen - macht es einfach
unmöglich, sich den Veränderungen zu widersetzen. Doch wie sich wohl jeder bewusst
ist, impliziert die Beschäftigung mit diesen Techniken das unkalkulierbare Risiko der
Selbst-Transformation oder sogar des Selbstverlusts, einer tiefgreifenden Entfremdung,
die sich in der Falle der recodifizierten, formatierten Ausdrucksformen manifestiert.

Aus diesem Grund verlangt das Eingehen des technologischen Risikos am Ort seiner


Anwendung auf das Leben andererseits eine entgegengesetzte Zeiterfahrung, die wir die
Zeit des Anderen nennen können. Die Zeit des Anderen kann nicht zu einer bestimmten
historischen Identität verdinglicht werden. Solche historisierenden Identitäten entstehen
heute weltweit als normative Konstrukte, die als Reaktion auf die Deterritorialisierung
oder die Entwurzelung ganzer Bevölkerungen aus der Matrix ihrer tragenden Instituti-
onen eingesetzt werden. Während die Welt durch die Kraft der deterritorialisierenden
Abstraktion zusammenwächst, wächst zugleich das Risiko des Zerfalls in normative
Identitäts-Blöcke, die durch jede erdenkliche Technik der politischen Manipulation ge-
festigt werden, aber aus eben diesem Grund inhärent blind sind für den größeren Prozess
- die gegenläufige Bewegung. Der Ausdruck einer neuen Art von aktivem Handeln und
die spezifische Wahrnehmungsfähigkeit, die ihm den Eintritt in unser Leben ermöglicht,
müssen durch diese Identitäts-Schleier hindurch funktionieren.

Die Zeit des Anderen kann nur erlebt, oder besser: experimentell erfahren werden


zwischen Menschen, die in dem Prozess stehen, sich selbst fremd zu werden. So gerät die

Frage der Übersetzung in den Mittelpunkt des künstlerischen oder politischen Gesche-


hens. Das Ereignis der zeitlichen Übersetzung ersetzt das avantgardistische Kunstwerk,
seine Ko-Artikulierung ersetzt die avantgardistische Partei. Solche Ereignisse haben ihre
Vorläufer im dialogischen Modus des karnevalesken Widerstands, doch sie müssen noch
in tiefgreifend affektiver und effektiver Weise entwickelt werden. Durch das Raster der
technologischen Wahrnehmung, durch die reaktiven Identitäten und darüber hinaus gilt
es, ein konstruktives Bestreben zum Ausdruck zu bringen, tragfähige Institutionen zu
errichten, die in der Lage sind, die destruktiven Kräfte, die derzeit ungezügelt herrschen,
einzudämmen und zu transformieren. Der Wunsch nach einem anderen Leben.

Aus dem Englischen von Christoph Hollender

Risk of the New Vanguards

Brian Holmes



Questions posed by Chto Delat? (What Is To Be Done), for a debate in Paris on the
actuality of the avant-garde:

  1. How can we understand autonomy in reference to art in today's context?

  2. Is it possible to talk of the avant-garde without Vanguardism; a conceptualisation
    of political subjectivity which has been understandably discredited by historical experi-
    ence and the failed event of 1917? In what ways could the avant-garde open possibilities
    of alternative futures or pose structures of

  3. Are we talking the avant-garde again because of the possibility of a new political
    event post-Seattle? What new social subjects have emerged through this event who could
    inspire contemporary avant-garde gestures?

We are confronted today with the emergence of a global society, a society of constant
mobility and interchange, marked by a violent paradox: just when this world begins to
come together, it begins to fall apart, in a double movement. This is a risk society that
exalts and rewards creativity; with the result that it is saturated in art. It is exemplified
on the subjective level by the so-called creative class, it runs on invention power, innova-
tion has become its productive norm. For those very reasons, it denies the existence of
artistic vanguards, just as it denies and represses anything like a political avant-garde.
The globalising process itself is supposed to be the only vanguard. Let’s try to lookbeyond
that double denial of agency.

What characterises the autonomy of a vanguard formation? At the very least: rupture


with the established definitions of art and politics, priority of experimentation, renewal
of perception and expression, constructive aspiration and the desire of another life. The
most expressive elements of the new social movements that emerged around the turn of
the millennium have partially fulfilled this agenda, through a process of transcultural-
ism and transsubjectivity, utterly different in that respect from the unitary projects of
the historical vanguards. But this is a moment of latency and regathering for social move-
ments ; so maybe now is the time to try to determine the rupture on which their expressive
renewal and constructive aspiration is based, in hopes of taking it further.

Global society is a risk society: it embraces all forms of instability and calculates


them as potential profit or loss. These kinds of calculations are proposed directly to the
imperial extractive corporations by risk-management consultants, working in tandem
with insurance companies and mercenaries. But they are also evident in more polite civil
society, and most clearly in the financial sector, which despite its tumultuous oscillations
has become the guiding force of global development. If the figure of the artist has emerged
as this society’s ideal subjectivity, it is not only because aesthetic production is required to
cover up all the proliferating vectors of capitalist depredation with a fascinating gloss of
spectacle. It is also, even above all, because the artist is seen to embrace instability on the
psychic level, and then to escape that instant of subjective risk by shedding off its image
as a finished product, i.e. a commodity. The expressive valence of the artistic commodity
then becomes a source of psychic instability for others, continually relaunching the pro-
ductive cycle among the creative classes (which is a new name for the transformed middle
classes of the earlier Keynesian period). Through this continual risk and reification of the
self, the artist is able to realise a profit on the oscillating curves of his or her own subjectiv-
ity, reconceived as

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