Evangelisches Gemeindelexikon



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Methodismus/Methodisten

Der Methodismus ist eine Erweckungs- und Missionsbewegung, die weltweit auf das kirchliche Leben Einfluß genommen hat. Ausgangspunkt ist die Erfahrung der ev. Glaubensgewißheit von Charles (18. 12. 1707-29. 3. 1788) und John Wesley (17. 6. 1703-2. 3.1791) unter dem Eindruck der re- formatorischen Botschaft in den Schriften Luthers. Die Brüder Wesley waren ordinierte




John Wesley


Pfarrer der Kirche von England. Schon vor ihrer Heilserfahrung hatten spottende Stu­denten sie und ihren »heiligen Club« als »Methodisten« belächelt und sie dadurch in eine Verbindung mit Erscheinungen des -> Pietismus in Deutschland gebracht.



I. Theologie und Frömmigkeit lohn Wesley schrieb: »Unsere Hauptlehren, die alle andern in sich schließen, sind drei: die Lehre von der Buße, vom —» Glauben und von der —»• Heiligung. Die erste davon be­trachten wir sozusagen als den Vorhof zum Christsein, die zweite als die Tür dazu und die dritte als das Christsein selber.« Im Zen­trum stand nicht mehr alleine die Frage nach der —> Rechtfertigung, sondern »das Christ­sein selber«, wenn Wesley als die wichtigste Aufgabe der M. beschrieb, »schriftgemäße Heiligung über die Lande zu verbreiten«. Der »neue Mensch« war durch die »freie Gnade« auf den Weg zur »christlichen Voll­kommenheit« gerufen, die ihren konkreten Ausdruck in »völliger Liebe« fand. Hier lie­gen die theologischen Wurzeln für die sozia­len Impulse der M. In mehr als 6 ooo Liedern suchte Charles Wesley die Freude des Heils ständig neu auszudrücken, so daß R. Law­rence noch 1954 urteilte: »Wesleys Hymnen allein schon zu lesen bedeutet ein Erlebnis der Freude«. Methodistische Frömmigkeit war von einem zuversichtlichen »Optimis­mus der Gnade« (G. Rupp) getragen, wo­durch der »anthropologische Pessimismus des frühen Protestantismus« (L. Klein, kath.) überwunden wurde. Angesichts der ersten industriellen Revolution führte die Erfah­rung des Heils die Brüder Wesley und George Whitefield (16.12.1714-30.9.1770) zu einer erfolgreichen evangelistischen Missions­praxis. »John Wesley war der erste, der klar erkannte, daß die Aufgabe des Christentums in der modernen Welt Mission heißt« (M. Schmidt). Seine offensive missionarische Verkündigung in Verbindung mit Straßen­predigt, Predigt durch weibliche und männ­liche Laien, zeitgemäße Versammlungsfor­men und umfassende —» Literaturarbeit machten ihn zum Begründer der modernen Evangelisation, der die ganze Welt als sein Kirchspiel bezeichnete. Obwohl John Wes­ley als Führer der entstandenen Bewegung jede Kirchenspaltung zu vermeiden suchte, weil »methodistische Theologie« »Lehre vom Heil« ist (Spoerri), die zunächst die ek- klesiologischen Fragen zurücktreten ließ, kam es im 19. Jh. weltweit zur Organisation methodistischer Kirchen.

  1. Geschichte in Deutschland In Württemberg wirkten M. seit 1831. Nach der 1848er Revolution kam es zuerst von Bremen aus zu Gemeindegründungen in Deutschland und der Schweiz. Auf eine erste Phase schneller Ausbreitung infolge der deutsch-amerikanischen Verbindungen durch die Auswanderung, setzte nach dem Erstarken des Nationalismus in Deutsch­land und vielfacher landeskirchlicher Pole­mik (»englischer Import«) eine Begrenzung ein. Prof. Th. —» Christlieb suchte dem Zu­lauf zum kirchenbildenden M. aus den er­weckten Kreisen durch Stärkung der -» Ge­meinschaftsbewegung entgegenzutreten. In der —> Gemeinschaftsbewegung, die um diese Zeit die methodistische Evangelisa­tion übernahm, konnte man methodistische Frömmigkeit ohne die Konsequenz des Kir­chenwechsels und ohne Belastung des na­tionalen Empfindens haben. Die Weimarer Republik wurde von den M. begrüßt, weil sie erstmals den —» Freikirchen alle bürgerli­chen Rechte einräumte. Der Staat aner­kannte die M. gegen den Protest der Landes­kirchen als »Körperschaften des öffentli­chen Rechts«. Bischof John L. -» Nuelsen erwies sich als mutiger Kirchenführer von außergewöhnlichem Format. Während des Dritten Reiches suchten die M. als integrier-



Voigt

George Whitefield

ter Zweig einer Weltkirche zwischen der Bekennenden Kirche (K. Barth: »Eine Erwei­terung unserer Basis auf Bekenntnisse nicht-reformatorischen Ursprungs und eine Einbeziehung auch solcher Gruppen (hier waren die M. gemeint) in den »Bund« wird ja wohl nicht in Frage kommen«) und den Deutschen Christen ihren eigenen Weg. Endlich nach 1945 kam es im Zusammen­hang mit den großen Hilfsmaßnahmen aus der Ökumene zu besseren zwischenkirchli­chen Verhältnissen, während die Freikir­chen sich seit 1926 in einer Arbeitsgemein­schaft als -» »Vereinigung ev. Freikirchen« zusammengefunden hatten. 1968 erfolgte auf Weltebene eine Vereinigung der Ev. Ge­meinschaft (-► Albrecht) mit der Methodi­stenkirche zur Ev.-methodistischen Kirche (EmK).



  1. Zum heutigen Selbstverständnis Der methodistische Theologe S. Lodewigs betont: »Nicht die Zugehörigkeit zur Kirche gewährleistet den Glauben des einzelnen, sondern der Glaube des einzelnen begründet seine Zugehörigkeit zur Kirche«. Diese theologische Position drückt sich in den Strukturen der Ev.-methodistischen Kirche aus. Die nach wie vor geübte Kindertaufe macht das universale Heilsangebot auf den einzelnen hin sichtbar. Die Aufnahme in die Kirchengliedschaft erfolgt jedoch erst, wenn es zur Annahme des Heilsangebotes durch die Hingabe an Christus kommt, wodurch

  2. der einzelne befähigt wird, das persönliche Bekenntnis des Glaubens im öffentlichen Gottesdienst abzulegen. Darin wird der im Apostolischen Glaubensbekenntnis als »Gemeinschaft der Heiligen« umschriebene Kirchenbegriff in volkskirchlicher Umwelt beibehalten. Im Sinne des NT gehören Ruf zum Glauben und Aufnahme in die Kirche zusammen, weil Menschen ohne Glauben in Wahrheit trotz Kirchengliedschaft nicht wirklich zur Kirche gehören. — Die methodi- stischen Gemeinden sind überschaubar und zählen oft zwischen 200 und 300 Kirchen­glieder. Christozentrische Wortverkündi­gung, christliche Gemeinschaft sowie mis­sionarische und soziale Verantwortung ge­hören zusammen. Die vier europäischen Zentralkonferenzen mit je einem Bischof sind durch die gemeinsame Verfassung inte­grierte Regionen der weltweiten »United Methodist Church«, die rund 20 Mill. Mit­glieder und ebensoviele Angehörige zählt. In der BRD und Berlin (West) arbeiten heute mehr als 200 ordinierte Pastoren, 662 Laien­prediger und 461 Predigthelfer in 511 Ge­meinden und weiteren 396 Predigtplätzen, abgesehen von den 1 719 Besuchsorten. Die EmK verzichtet als Freikirche auf den Ein­zug von Kirchensteuern. Der gesamte kirch­liche Haushalt wird aus freiwilligen Opfern getragen (1975 insgesamt 20,7 Mill. DM). Die Ausbildung der Pastoren erfolgt in der Regel im Theologischen Seminar der EmK in Reutlingen. Dem vierjährigen Studium geht ein Praktikantenjahr vorauf; es folgen vor der Ordination zwei Kandidatenjahre. Die Dozenten werden ohne staatlichen Einfluß von der Kirche berufen und besoldet.

Lit.: The Encycolopedia of World Methodism, hg. v. N. B. Harmon, 2 Bde., Nashville/Tenn. 1974 -R. Knierim, Entwurf eines meth. Selbstverständnis­ses, Zürich i960 - J. L. Nuelsen, Kurzgefaßte Ge­schichte des Methodismus, 19292 - M. Schmidt, John Wesley, 2 Bde., Zürich 1953/1966 - V. Schneeberger, Theologische Wurzeln des sozialen Akzents bei John Wesley, Zürich. 1974 - C.E.Som- mer, Der Methodismus, 1968 - Th. Spoerri, Das Wesentliche Meth. Theologie, Zürich 1954 - W. Thomas, Grund und Mitte des christlichen Glau­bens, Zürich 1973 - K.H.Voigt, Die diakonische Verantwortung der EmK, Zürich 1968 - ders., Warum kamen die Methodisten nach Deutsch­land:, 1975 - ders., Die Evangelisch-methodisti- sche Kirche, in: H.B.Motel, Glieder an einem Leib, 1975 — ders., Die Wesleyanische Methodisten- Gemeinschaft in Deutschland, 1978 - M. Mar­quardt, Praxis und Prinzipien der Sozialethik John Wesleys, 1977 - Sonntagsblatt der EmK: Wort und Weg (wöchentlich)



Karl Mez




Walter Michaelis

Mez, Karl, *20.4.1808 Kandern, 128.5.1877 Freiburg; Großindustrieller. In Kreisen der —> Brüdergemeine erweckt, gehörte M. zu den frühen Vertretern eines christlichen —> Sozialismus, mit dem er eine optimistische Fortschrittsgesinnung verband, die ihn im politischen wie wirtschaftlichen und kirch­lichen Leben zu einem der führenden Män­ner seines Landes machte. Als junger Mensch erlernte er in Mailand die Seidenfa­brikation, um sie im verarmten Schwarz­wald einzuführen. Um 1867 beschäftigte er gegen 1 000 Arbeiter in seinen Werken von Weltruf. Er gab ihnen Gewinnbeteiligung, betriebliches Mitspracherecht auch in Lohn­fragen und trug bei einer von ihm gegründe­ten Krankenversicherung einen Anteil von 40%. M. errichtete das 1. deutsche Wohn­heim für heimatlose Arbeiterinnen. Be­freundet mit dem durch ihn erweckten E. —> Schrenk, eng verbunden mit —> Henhöfer wie mit G. —> Werner und —> Spittlers Werk St. —» Chrischona, gründete er 1868 die »Ev. Konferenz der bibelgläubigen Pfarrer und Laien« in Baden und war einflußreiches Mitglied der badischen Generalsynode sei­ner ev. Landeskirche. Die —»Innere Mission verdankt ihm die Gründung des Freiburger Ev. Stiftes.

Lit.: J. Kober, Karl Mez, Basel 1892

Beyreuther


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