Beck, Johann Tobias, ‘22.2.1804 Balin- gen/Wttbg., f28.12.1878 Tübingen. 1827 Pfarrer in Waldtann, 1829 Stadtpfarrer in Bad Mergentheim. 1836 auf Empfehlung des Missionsinspektors Chr. G. —> Blumhardt auf eine vom »Verein zur Beförderung christlich-theologischer Wissenschaft und christlichen Lebens« gestiftete Professur nach Basel berufen. Er sollte »wahre Wissenschaftlichkeit mit der Begeisterung des Glaubens verbinden« und ein Gegengewicht zur kritischen Theologie De Wettes bilden. 1843 Professor für Systematische Theologie und Frühprediger an der Stiftskirche in Tübingen.
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hat als theologischer Lehrer und Seelsorger bis in sein hohes Alter einen überragenden Einfluß auf mehrere Tübinger Theologengenerationen ausgeübt. Den —» Biblizis- mus des württembergischen Pietismus verband er mit einer originellen heilsgeschichtlichen Schau.
Drei Aspekte seiner Theologie fanden dabei immer wieder besondere Beachtung: Seine
Johann Tobias Beck
als »Theopneustie« verstandene Inspirationslehre der Heiligen Schrift, unter Ablehnung der orthodoxen mechanistischen Verbalinspiration. Seine Lehre vom —»Reich Gottes, dessen idealistisches Mißverständnis er ablehnte, das vielmehr »schon von Grundlage der Welt an als selbständiges Reich besteht« und erst am Ende dieser Welt mit dem Kommen Christi voll in Erscheinung tritt. Seine christliche Ethik, die er als Einheit von Denken und Wollen darstellte, und die ihn zum prophetischen Warner vor einer Verweltlichung der Kirche machte.
Lit.: B. Riggenbach, J. T. Beck, 1888 - A. Schiatter, Becks theolog. Arbeit, 1904 - G. Sentzke, Die Theologie J. T. B.s und ihr Einfluß in Finnland I, 1949
Rott
Beichte
I. Die biblische Begründung Die B. ist von Jesus selbst eingesetzt. Jesus hauchte seine Jünger an und sprach zu ihnen: »Nehmet hin den Heiligen —> Geist, wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben, und wem ihr sie erlasset, dem sind sie erlassen.« (Joh 20,22 -23). Wie der Schöpfer den Menschen zum Leben erweckte, indem er ihm seinen Atem einhauchte (Gen
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, so gibt Jesus den Jüngern durch den Schöpferakt teil an der neuen Existenz. Die in der B. zugesprochene Vergebung (Absolution) schafft eine neue Existenz. Das Behalten der Sünde, das Nichtaussprechen der Vergebung (Retention = Festhalten) schließt den Menschen von der neuen Existenz aus. Der dem Petrus und dann allen Jüngern gegebene Auftrag, Sünden zu vergeben und zu behalten, wird verglichen mit dem Eröffnen des Weges zum Himmel und dem Verschließen dieses Weges. Die Schlüsselgewalt besteht im Freispruch und im Binden (vgl. Mt 16,19; 18,18). Bei diesen Worten der Einsetzung der B. knüpft Jesus an das Amt des königlichen Palastvorstehers an, der den Auftrag und die Aufgabe hat, auf- und zuzuschließen (vgl. Jes 22,22). Dabei gehört im alttestamentlichen Sprachgebrauch das Auf- und Zuschließen einmal zum Handeln des Richters, zum anderen zur Tätigkeit des Lehrers. Der Richter spricht frei und verurteilt, der Lehrer erlaubt und verbietet. Das Bekennen der Sünden (vgl. ijoh 1,9; Jak 5,16) ist nur der erste Teil der B. Hauptteil der B. ist der Freispruch oder das Behalten der Sünden.
II. Die Praxis der B.
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die B. im engeren sinne, a) Die stille B. (Her- zensbeichte). Der Mensch bekennt in der Einsamkeit vor Gott seine Schuld. Wo er der Vergebung gewiß wird, hat ihn Gottes direkter Freispruch erreicht, b) Die allgemeine B. Der Mensch bekennt in der Stille im Rahmen eines B.-gottesdienstes im Anschluß an das Hören der zehn —> Gebote seine Schuld und empfängt durch den Zuspruch des Pastors die Absolution, die Vergebung und Freiheit.
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Die Einzelbeichte. In die Einzelbeichte gehören alle Sünden, die »zwicken und zwacken« (M. Luther). Wenn ein Mensch die Gewißheit der Vergebung weder in der Herzens- noch in der allgemeinen B. erfahren konnte, sollte er einem Christen seines Vertrauens — jeder Jünger kann B. hören - seine Sünden beichten. Der Zuspruch »Dir sind deine Sünden vergeben«, setzt für ihn eine neue Zeit.
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DIE B. INNERHALB DES SEELSORGERLICHEN GESPRÄCHS (Tätigkeit des Lehrers). Im seelsor- gerlichen Gespräch geht es um das lehrende Überführen: dies ist Schuld vor Gott (Retention im Bereich des Lehrens). Während eines seelsorgerlichen Gesprächs kann es auch zur
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im eigentlichen Sinne kommen.
Lit.: J. Bräumer, Das Sakrament der B., 1977 - A. Richter, Gedanken zur Praxis der Seelsorge, 19724
Bräumer
Bekehrung
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Biblischer Befund
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zur Terminologie. Das Wort B. ist Übersetzung des ntl. epistrophe (so nur Apg 15,3, als Verbum aber häufig, besonders bei Lukas und in den Briefen des NT). Dies ist seinerseits in der Septuaginta Übersetzung des hebr. schub (= umkehren). Das eigentliche ntl. Hauptwort für B. aber ist metanoia. Bedeutet es ursprünglich auch nur »Umbesinnung, Reue«, so wird es doch schon in der Zeit vor dem NT zunehmend gleichbedeutend mit epistrophe. In diesem Sinn wird es im NT vor allem in den synoptischen Evangelien und der Off Joh gebraucht. Luther übersetzte es in Anlehnung an den Sprachgebrauch der mittelalterlichen Kirche (poe- nitentia) mit »Buße«. Aber dies Wort ist sachlich unzureichend: metanoia hat mit Strafe (»Bußgeld«, im lat. poenitentia klingt poena = Strafe an) nichts zu tun, auch die ebenfalls im Wort enthaltene Bedeutung »Besserung« (so Luther Mt ii,20; Lk 13,3) spricht nur einen Aspekt an.
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GESCHICHTE DES BEGRIFFS IN DER BIBEL. B. ist - ähnlich wie —> Wiedergeburt - kein gesamtbiblischer Begriff. Er taucht erstmals auf, wo der Abfall Israels von Gott in den Blick gerät (Dtn 30,2), und d.h. vor allem bei den meisten Propheten des AT: sie rufen das Volk dazu auf, von den Götzen zu Gott zurückzukehren (schub) und damit in den Bund und den ihm entsprechenden Gehorsam. Grundlegend für das Verhältnis Israels zu Gott ist also der Bund, und er ist, da er auch nach dem Abfall von Gott her immer noch besteht, die Voraussetzung des Umkehrrufs. Aber schon bei den ältesten Schriftpropheten tritt die Form der Mahnrede (»Kehre um!«) gegenüber der Scheltrede (»Ihr kehrtet nicht um« Am 4,6-11) zurück in der wachsenden Erkenntnis, daß das Volk gar nicht umkehren kann (Jer 13,23). Daneben aber tritt bald das Heilswort: Gott selbst wird eines Tages das Unmögliche möglich machen (Jer 31). Mit diesem Einbezug der B.spredigt in einen endzeitlichen Horizont ist eine Tendenz zur Einmaligkeit der B. verbunden. Ebenso zeichnet sich eine Tendenz zu ihrer Zuspitzung auf den einzelnen ab (Jer 18,11).
Diese Botschaft der Propheten wird von Johannes dem Täufer und vor allem von Jesus aufgenommen: jetzt ist die Stunde da! (Mk 1,15a,- Lk 4,21). Nicht in irgendwelchen menschlichen Anstrengungen, sondern in
der Person Jesu und seinem Weg bis zu Kreuz und -» Auferstehung ist die Voraussetzung für die letzte, endgültige Umkehr gegeben (Mt 4,17; Mk 1,15). D.h.: Jesu Ruf zur Umkehr ist zunächst Ruf zum —> Glauben an die rettende Gnade Gottes (Mk 1,15b; vgl. Lk 15). In diesem Glauben aber wird der radikale Bruch mit dem bisherigen Leben (Mt 16,24) möglich und wirklich. Nach Ostern (Apg 2) tragen die Jünger Jesu Freudenbotschaft weiter und bringen sie in der Missionspredigt über Israel hinaus zu allen Menschen (Apg 17,30; iThess 1,9). Da aber die Vollendung noch aussteht, der Bekehrte sich noch in der Spannung des »schon - aber noch nicht« findet (Röm 8,24), muß auch er stets neu zur Umkehr gerufen werden (Off 2-3; 2Kor 7,9 u.ö.). Dadurch wird die erste Umkehr, die B., nicht relativiert. Vielmehr bleibt sie - wie im AT der Bund mit Israel - als für das Verhältnis zu Gott grundlegend bestehen, es sei denn, der Christ fällt ganz vom Glauben ab (Heb 6,4-6).
II Zur Geschichte des Begriffs in der Kirche
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In der Zeit der —» Alten Kirche wird die Umkehr der Christen an das Bußsakrament (—> Beichte) gebunden. Die B. als einmaliges Ereignis flüchtet sich ins Mönchtum (B. = Eintritt ins Kloster.)
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tn der Reformation durchbricht Luther in der 1. der 95 Thesen die Institutionalisierung der Umkehr, indem er sie aktualisiert: das ganze Leben des Christen soll eine ständige Umkehr sein.
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der -» Pietismus stellt die einmalige B. in den Mittelpunkt seiner Erneuerungsbemühungen. Die lebensgeschichtliche Realität der B. kommt dabei in dem - oft mit gesetzlichen Zügen behafteten - »Bußkampf« (A. H. Francke) zum Ausdruck.
4- IM GEGENZUC GEGEN -*• AUFKLÄRUNG Und -» liberale Theologie betont die Erweckungstheologie wieder die Notwendigkeit der B. des Menschen. So nennt M. -> Kähler den Glauben schlechthin »B.sglauben«, lehnt aber in der Linie lutherischer Überlieferung die Einmaligkeit der B. (Wiss. v. d. ehr. Lehre
S. 253. 529ff) anders als A. -> Schiatter (Chr. Dogma S. 548) und K. —> Heim (Ich gedenke der vorigen Zeiten S. 315f) ab.
5. bei den -» evangelikalen ist die Einmaligkeit der B. einhellige Überzeugung. Zur Begründung der B.spredigt wird teilweise die Entscheidungsfreiheit des Menschen gelehrt (A. Kuen S. 26ff), gleichzeitig kann aber betont werden, daß die mit der B. ineinsgesetzte Wiedergeburt ausschließlich »göttliches Werk« sei (B. —» Graham, Friede mit Gott, 4.Tb-Aufl. S. 87.97).
ÜI Zur gegenwärtigen Situation
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Gegen alle theologische Festschreibung volkskirchlicher Erfahrung ist am biblischen Zeugnis von der einmaligen B. festzuhalten. Sie braucht nicht datierbar zu sein. Aber ohne die in ihr vollzogene grundlegende Wendung im Leben gibt es kein Christsein. Die tägliche oder auch in besonderen Akten der Umkehr (-h> Beichte) neu zu vollziehende Absage an die —» Sünde und Zuwendung zu Gott behält daneben im Leben des Christen ihre Notwendigkeit und ihren Ernst.
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Gegen ein nur geistiges oder gefühlsmäßiges Mißverständnis der B. ist festzuhalten, daß sie eine Wendung des ganzen Menschen ist und daher alle seine Lebensbezüge auf eine neue Grundlage stellt. So wird der Einbezug des einzelnen in die anbrechende Herrschaft Gottes gesellschaftliche Folgen haben. Das rechtfertigt aber nicht gegenwärtige Versuche, die B. in sozial-politische Veränderung aufgehen zu lassen.
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Gegen jede Form der Auffassung, daß der Mensch zu seinem —» Heil mitwirke (Synergismus), ist festzuhalten, daß es nicht in des Menschen Freiheit steht umzukehren, wann er will. Vielmehr schafft Gottes Geist durch das Wort den Kairos (—» Gnadenzeit), in dem die Umkehr möglich wird.
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Ungeachtet der Gefahr des Psychologi- sierens oder der Verkehrung des Umkehrrufs in gesetzliche Forderung ist am biblischen Realismus festzuhalten, in dem B. erfahrbar ist als willentliches Tun des Menschen. B. ist die empirische Seite des verborgenen Wirkens Gottes in der —» Wiedergeburt. Der Imperativ hat also grundsätzlich sein Recht in der B.spredigt.
Lit.: H. W. Wolff, Das Thema der Umkehr in der atl. Prophetie, ZThK 1951 - J. Schniewind, die Freude der Buße, 1956 - ders., Das biblische Wort von der B.( 1948 - S. Hausamann, Buße als Umkehr und Erneuerung von Mensch und Gesellschaft,
197 5 - A. Kuen, Ihr müßt von neuem geboren werden, 1969 - H. Burkhardt, Die biblische Lehre von der B., 1978 Burkhardt
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