Evangelisches Gemeindelexikon


Wachstum im Glauben Heiligung



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Wachstum im Glauben Heiligung

Wacker, Emil, *16.5.1839 Kotzenbüll (Ei- derstedt), +2.4.1913 Flensburg. Von 1876-1910 Pastor und Rektor der Ev.-luth. Diakonissenanstalt in Flensburg. W. ist eine der großen geistlichen Gestalten seiner Zeit. Luthertum, ein Leben aus Schrift und Sa­krament prägen ihn. Seine Hauptschrift wird die »Heilsordnung« (als »Ordo Salutis« 1960 neu von Martin Pörksen u.a. herausge­geben). Die Nordschleswiger Erweckung (vor und nach 1900) ist ohne ihn nicht zu denken. Seine Predigten, die auf Entschei­dung, Sündenerkenntnis und —> Heilsge­wißheit zielen, wirken weit. Vielen wird er ein stiller Seelsorger. In seiner »Flensburger luth. Konferenz« sammeln sich Junge und Alte, Lehrer und Pastoren.

Henschen


Wahrheitsfrage

Die theologische W. stellt sich in der heuti­gen Diskussion bes. in folgenden Problem­kreisen:



  1. INWIEFERN KANN MENSCHLICHE REDE WORT

cottes sein? Die Sprache der Offenbarung ist die prophetische Rede, d.h. menschliche Rede, die mit dem Anspruch göttlicher Ein­gebung begegnet. Der Empfänger der Inspira­tion hört nicht auf, menschliches Gefäß zu sein (2Kor 4,7). Er empfängt und bezeugt die göttliche Eingebung in der Begrenztheit sei­nes Verstehens, seiner Denkformen und sei­ner Sprache. In diesem Sinn ist prophetische Rede inadäquates, d.h. vermenschlichtes Zeugnis von Gott, das zeichenhaftes, sehr oft bildhaftes Wort ist (Gleichnisse, prophet. Visionen). Aber weil das Zeichen, Bild oder Symbol vom —> Geist Gottes eingegeben ist, hat es —» Vollmacht, ist es unvertauschbai und bewirkt wahrhaftiges, aber menschli­ches Verstehen Gottes. Wenn Jesus den Sei­nen erlaubt, Gott »Vater« zu nennen, so spricht sich in dieser Erlaubnis höchste Vollmacht aus, obschon der Name aus dem Alltag genommen ist. Dem frommen Juden erscheint dieser Name unstatthaft. Es ist Auszeichnung, nämlich Zuerkennung der

Gotteskindschaft, wenn Gott als Vater ange­redet werden darf. Die Mittelbarkeit der Of­fenbarung durch menschliche Rede, die sich erfüllt in der Menschwerdung des Wortes (Joh 1,14), bestätigt die Transzendenz des verborgenen (iTim 6,16), weltüberlegenen (Jes42,5-8) Gottes, des Schöpfers und Erlö­sers.



  1. WIE VERHÄLT SICH OFFENBARUNG ZUR NATUR­WISSENSCHAFT? Die Schule R. —> Bultmanns begründete ihre Kritik an den biblischen Re­den vom Handeln Gottes damit, daß diese Rede das »überholte« biblische Weltbild voraussetze, wie es Gen 1 formuliert. Aber das Weltbild von Gen 1 ist das Weltbild des menschlichen Auges, das verbunden ist mit der zeichenhaften, prophetischen Vision vom Sechstagewerk. Der wirkliche Grund der Kritik ist ein Weltbild, das die Wirklich­keit als geschlossene, kausal determinierte Totalität versteht. Dieses vorausgesetzt, muß jedes Handeln Gottes in der Welt bzw. in der —> Geschichte abgelehnt werden. Um­gekehrt ist die biblische Botschaft eine In­fragestellung dieser Weltanschauung. Leider ist die Auseinandersetzung nur von weni­gen, wie K. —> Heim, geführt worden. Heute ist ein fruchtbares Gespräch aber durchaus verheißungsvolle Möglichkeit geworden. Die Naturwissenschaft behauptet nicht mehr die Ewigkeit unseres Weltsystems (wodurch die Zeit als Dimension des Wirkli­chen große Bedeutung erhält), und immer mehr wird mit »offenen« Weltmodellen ge­arbeitet. Überdies ist zu sagen, daß die de­terministische Philosophie nie ein Modell der Geschichte besaß, das erlaubt hätte, Ver­gangenes (ohne Quellen) zu rekonstruieren oder Zukunft zu berechnen. Nur die Theolo­gie war in der Lage, vom Offenbarungsge­schehen her Geschichte als sinnvollen Ge­samtzusammenhang aufzuweisen. Selbst Geschichtsdeutungen, die Anspruch auf Wissenschaftlichkeit erheben, haben zum Aufweis einer Theologie versteckt theolo- gisch-heilsgeschichfliche Motive verwendet (Lessing, —> Hegel, Marx, Bloch). Theologie muß vermehrt davon ausgehen, wie Ge­schichte von kontingenten Offenbarungser­eignissen her qualifiziert ist, und von hier aus wäre auch die offene Zeit (Zukunft) als —» Gericht, Verheißung und Neuschöpfung zu interpretieren.

  2. WIE VERHÄLT SICH DIE OFFENBARUNG ZU DEN NICHTCHRISTLICHEN RELIGIONEN’ Hier geht es um den Ausschließlichkeitsanspruch der christlichen Wahrheit. Zu dessen Begrün­dung ist nicht auf vergleichbare anthropolo­gische Aspekte (Tugend, innerer Friede, so­ziale Verantwortung u.a.) hinzuweisen, son­dern auf Gottes Rettungstat in Christi Tod und Auferweckung, d.h. auf die geoffenbarte Versöhnung und Neuschöpfung durch Got­tes Macht im Gegensatz zu allen Wegen der Selbsterlösung und Selbsttranszendierung.

Lit.: F. Flückiger, Theologie der Geschichte, 1970-

  1. Burkhardt (Hg.), Absolutheit des Christen­tums?, 1974 - H. W. Beck, Weltformel kontra Schöpfungsglaube, 1972 - ders., Der offene Zirkel, Wahrheit als Erklärungsmodell, 1976

Flückiger

Waisenanstalten -» Sozialarbeit Waldenser Mittelalter

Waldersee, Marie Esther Gräfin von,

(geb. Lee), *3.10.1837 New York, 14.7.1914 Hannover. Die junge, verwöhnte Amerika­nerin genoß ihre Jugend auf vielen Reisen. In Frankreich und Deutschland wurde sie um­schwärmt. Mit 24 Jahren wurde sie in Paris konfirmiert - und kam am gleichen Tag zur Gewißheit des Glaubens. Nach kurzer Ehe mit dem Fürsten von Noer, der auf der Hochzeitsreise in Palästina starb, heiratete sie 1874 den Grafen Alfred Waldersee, der später kaiserlicher Feldmarschall wurde und 1901 als Befehlshaber der europäischen Truppen den Boxeraufstand in China nieder­schlug. An seiner Seite gab es ein bewegtes Leben. Wo immer das Paar Wohnung nahm, suchten sie Gemeinschaft mit lebendigen Christen. Die Gräfin sammelte junge Mäd­chen und Frauen um die Bibel, setzte sich für die Arbeit des —» CVJM ein, war Mitbegrün­derin des Frauen-Missions-Gebetsbundes und stellte ihr Haus in Hannover für Ver­sammlungen der Ev. —» Allianz zur Verfü­gung. Am Ende vermachte sie ihren Besitz christlichen Liebeswerken.

Lit.: A. J. Schmith, In Preußen keine Pompadour, 1965 —Gräfin Elisabeth Waldersee, Von Klarheit zu Klarheit, Ein Lebensbild, gezeichnet von ihrer

Nich,e' 19,93 Rothenberg

Wandervogel —> Jugendbewegung







Johannes Wams

Warns, Johannes, *21.1.1874 Osteel/Ost- friesland, 127.1.1937 Wiedenest. Sohn eines Pfarrers in Ostfriesland und mütterlicher­seits verbunden mit dem erwecklichen Pfar­rer Trommershausen in Wiedenest (Ober- bergischer Kreis) erlebte W. als Vikar zu­sammen mit seinem späteren Schwiegerva­ter Pastor Chr. Köhler (gest. 1922) in Schil­desche bei Bielefeld eine —> Erweckung der dortigen Kirchengemeinde. 1905 folgten die beiden allianzgesinnten und missionswirk­samen Männer dem Ruf an die neu gegrün­dete Bibelschule für Innere und Äußere Mis­sion nach Berlin, die 1919 nach —> Wiedenest verlegt und deren Leiter W. dort wurde. In seinen Büchern und Schriften über Taufe (1913), Abendmahl (1917), Gemeindedienste und -Ordnung (1919) entfaltet W. die Ver­bindlichkeit der Bibel für die örtliche Ge­meinde.

Schrupp


Wehrdienst, -Verweigerung

—> Kriegsdienst, -Verweigerung



Weigle, Wilhelm, *3.8.1862 Mettmann, 14.4.1932 Essen. W. erlebte während des Theologiestudiums in Bonn eine klare Wende zu Jesus Christus durch die Begeg­nung mit seinem Lehrer T. —» Christlieb. Mit dessen Sohn Alfred und Hans Mockert zusammen gründete W. die —> Schülerarbeit »Bibelkränzchen« (BK). Als Jugendpfarrer in




Wilhelm Weigle


Essen (1894) schuf W. neben einer BK- Gruppe einen Ev. Jugendverein für i4-i7jährige berufstätige Jungen und 1911 das erste deutsche Jugendhaus, später »Weigle-Haus«. W. wollte den durch die Großstadt gefährdeten Menschen ein geist­liches und menschliches Zuhause schaffen und entwickelte eine —»Jugendarbeit, die in Vielseitigkeit und Methodik ihrer Zeit weit voraus war und ungezählten Menschen zum Segen geworden ist. - Das Erbe W's. lebt in der heutigen Weigle-Haus-Arbeit unter der­selben Zielsetzung in drei Schwerpunkten fort: Hausbesuche, Verbindlichkeit der Gruppenleiter, Sonntagnachmittagspro­gramm.

Lit.: W. Börner, Wilhelm Weigle. Leben und Wir­ken, 1974

Lücke


Weihnachten -> Feste

Weisgerber, Johann Heinrich, *29. 3. 1798 Trupbach, fi2. 2. 1868 Eisern, neben Tillmann —> Siebei führender Mann der —» Erweckungsbewegung im Siegerland. Be­reits früh elternlos, erlernte W. das Schuh­macherhandwerk und wurde als junger Mann erweckt. Von 1825-1829 war er Schuhmachermeister und Erziehungsge­hilfe in der Erziehungsanstalt Düsseltal. Nach seiner Rückkehr in den Heimatort

Trupbach ständig als »Stundenhalter und Seelenpfleger«« unterwegs, betonte er das entschiedene Brechen mit der Sünde und die Notwendigkeit der ganzen Hingabe an Jesus. Eine Lieblingsrede von ihm lautete: »Ohne Reinigung keine Vereinigung« (nach ijoh 3,3). W. verfaßte die Schrift: »Die Notwen­digkeit der wahren Wiedergeburt oder der si­chere und untrügliche Weg zur Seligkeit nach Joh.‘3,3.« 1834 verbot ihm die Kirchen­behörde das Halten der Erbauungsstunden. Darum gründete er 1838 eine »christliche Kolonie« in Eisern, eine Kommunität von ledigen Leuten beiderlei Geschlechts. Seit der Versammlungsfreiheit 1848 dehnte W. seine Wirksamkeit weit mehr in das nas- sauische Gebiet aus. Während T. Siebei die reformierte Richtung der Erweckungsbewe­gung vertrat, den Christus für uns, ging es W. im Geiste Tersteegens um Bekehrung und Heiligung, um den Christus in uns.

Lit.: J. Schmitt, Die Gnade bricht durch, 19583, S. 231 -260

Lehmann


Weissagung -> Prophetie Weißes Kreuz

  1. DAS NACH DEM VORBILD DES ENGLISCHEN -WHITE CROSS- 1890 IN BERLIN GEGRÜNDETE

w.k., zu dem sich führende Vertreter der —» Erweckungsbewegung bekannten, war der Versuch, auf die sexuellen Nöte der jungen Männer seelsorgerlich Einfluß zu nehmen. 1911 wurde das Werk auf den Dienst an Mädchen und Frauen ausgedehnt. Im Drit­ten Reich kam die Arbeit praktisch zum Er­liegen; die Geschäftsstelle in Berlin wurde ausgebombt, das Bundeshaus in Nowawes bei Potsdam nach dem Krieg enteignet. Der Wiederaufbau nach dem zweiten Weltkrieg gestaltete sich überaus schwierig. Das männliche und das weibliche Weißkreuz­werk wurden zu einem gemeinsamen W.K.e.V. mit der Bundeszentrale in Kassel zusammcngelegt.

  1. Der Auftrag des w.k. ist mit der im Unter­titel des Werkes geführten Bezeichnung »Sexualethik und Seelsorge« zu umreißen. Es will seelsorgerliche Hilfe in den bedrän­genden, vielfältigen Problemen der persönli­chen Lebensführung bieten. Das W.K. zeigt Möglichkeiten einer verantwortungsbe­wußten Geschlechtlichkeit, erarbeitet Hil­fen zur sachlichen und geistlichen Orientie­

rung und bietet sexualpädagogische Bera­tung an. Gegen Erscheinungen, die Ehe und —» Familie sowie die Menschlichkeit des einzelnen gefährden, tritt das W.K. für eine Lebensgestaltung nach ethischen Maßstä­ben ein. Dabei ist verbindliche Grundlage die biblische Ethik, wie sie sich in den Schöpfungsordnungen Gottes und im Glau­ben an Jesus Christus ausdrückt. Das sexu­elle Problem wird deshalb nicht isoliert dar­gestellt, sondern in den gesamten Lebensbe­zug eingegliedert.

  1. die Arbeitsweise des w.k. umfaßt: a) Ver- kündigungsveranstaltungen und sexual­ethische Vorträge, b) persönliche Seelsorge, Ehe- und Familienberatung, Elternschulung, Aufzeigen von Suchtgefahren, c) Bereitstel­lung und Verbreitung geeigneten Schrift­tums (u.a. Zeitschrift »Sexualethik und Seelsorge««), d) Jugendtage, Freizeiten, Schu­lungsabende, Wochenendveranstaltungen, Seminare, Mitarbeiterlehrgänge, e) Analyse kultureller und gesellschaftspolitischer Vorgänge.

  2. AUF DEM BODEN DER EV. ALLIANZ IST DAS W.K. von seinem geschichtlichen Auftrag her im kirchlichen und außerkirchlichen Bereich tätig. Es wirbt nicht um Mitglieder und bil­det keine eigenen Gruppen, steht aber jedem Angebot zur Mitarbeit offen und jedem Ver­band fachlich zur Verfügung.

Lit.: G. Naujokat, Liebe-Ehe-Elternschaft, Maß­stäbe biblischer Ethik, 1975

Naujokat


Weling, Anne von, *1837 Neuwied, fi 900. W. kam als Kind zu schottischen Verwandten. Durch den Dienst des Evange­listen Radcliffe fand sie den Weg zum leben­digen und tätigen Glauben. Nach dem Tod der Mutter 1870 wurde sie frei zum Dienst an Verwundeten. Auf seltsamen Wegen kam sie nach Thüringen. In Branderoda, Weißen­fels und —> Blankenburg wirkte sie als Kran­kenpflegerin und Evangeliumsbotin vor al­lem unter Frauen und Kindern. 1886 faßte sie den kühnen Entschluß, Christen ver­schiedener Benennungen zu einer Glau­benskonferenz einzuladen - zur ersten Blankenburger Allianzkonferenz. Es kamen viele Absagen, aber das Treffen fand statt. Unter den 28 Teilnehmern waren F. W. —> Baedeker und Ernst —»Gebhardt. Die bereits 1846 in London entstandene Ev. -» Allianz




Anne von Weling


gewann vor allem im Osten Deutschlands durch die Blankenburger Konferenzen eine tiefgreifende Wirkung. 1890 gründete W. das »Ev. Allianzblatt««, das sich durch kritische Äußerungen zum Zeitgeist und zur volks­kirchlichen Situation profilierte und bis 1940 erscheinen konnte.

Rothenberg

Welt

Das Wesen der W. wird in dem biblischen Gesamtzeugnis unter mehrfachen Aspekten gesehen.


  1. die w. ist Gottes -> Schöpfung. Darum trägt sie die Merkmale der Schönheit, der Weis­heit und der Ordnung. »Denn alles, was Gott geschaffen hat, ist gut und nichts ist verwerf­lich, was mit Danksagung empfangen wird«« (iTim 4). Als geschaffene W. bleiben alle Werke in ständiger Abhängigkeit von Gott (Ps 104,29).

  2. : »DIE W. LIEGT IM ARGEN- (ijoh 5,19). Die Schöpfung hat sich vom Schöpfer losgeris­sen und hat dadurch an Glanz und Herrlich­keit verloren. Der Widersacher Gottes hat sich zum Herrn der W. aufgespielt und die Sinne der Menschen verblendet (2Kor 4,4).

  3. gott aber erbarmt sich in seiner uner­gründlichen Barmherzigkeit der gefallenen W. (2Kor 5,19). Der Widerstreit von Fall und Überwindung der Sündennot kommt in dem

Wort Christi zum Ausdruck: »In der W. habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die W. überwunden« (Joh 16,33).

4. FÜR DIE CHRISTLICHE EXISTENZ ERGIBT SICH DARAUS DIE AUFFORDERUNG: »Stellet euch nicht dieser Weltgestalt gleich, sondern ver­ändert euch durch Erneuerung eures Sinnes« (Röm 12,2). Frei von der W. gilt es, aller W. die frohe Botschaft zu sagen, daß der ret­tende Liebeswille Gottes keine Grenzen kennt. Der abschließende Heilsplan Gottes aber zielt hin auf eine neue W. Gottes, in der Sünde und Tod nicht mehr sein werden (Offb 21).

Die Meisteraufgabe des Glaubens besteht darin, den vielstimmigen Akkord der bibli­schen Aussagen über das Wesen der W. un­verkürzt festzuhalten, eine Aufgabe, die in der Geschichte der Christenheit längst nicht immer gelöst worden ist. Wenn die W. nur unter dem Vorzeichen der Schöpfungsherr­lichkeit gesehen wird, unter Beiseitelassen der Erkenntnis der gefallenen W., dann ent­steht eine naiv romantische Verklärung der W., die an der Wirklichkeit zerbrechen muß. Ebenso aber ist die Deutung des Gnostikers Marcion (2. Jh. n. Chr.) abzulehnen, der nur die Nachtseite der W. wahrzunehmen ver­mochte und sich zu der Behauptung verstieg, die W. sei nicht Gottes Werk, sondern das Produkt eines dämonischen Demiurgen.

Wer um —» Gericht und —► Heil weiß, kann die W. nicht enthusiastisch verherrlichen; er wird sie aber auch nicht fliehen, denn Gott hat uns in sie hineingestellt und uns in ihr den Platz angewiesen. Wohl aber ergibt sich daraus die Haltung des »Haben, als hätte man nicht« (iKor 7,29h)- Der Mensch des Glaubens wird immer darauf gefaßt sein müssen, daß er um seines Glaubens willen von der Welt verachtet und verfolgt wird (Joh 15,18). Von der Verheißung der kommenden Weltvollendung fällt Licht auf alles irdische Tun, sofern es bereit ist, der Königsherr­schaft Gottes in zeichenhafter Vorweg­nahme die Bahn zu bereiten. Das christliche Hoffnungsziel heißt nicht Erlösung von der W., sondern Erlösung für die W. Der Auftrag des Glaubens heißt nicht Weltverneinung und nicht Weltbesessenheit, sondern Ver­antwortunggegenüber der W. in der Haltung der Wachsamkeit.

Lit.: M. Scheler, Die Stellung des Menschen im Kosmos, 1947 - K. Heim, Weltschöpfung und

Weitende, 19743 - A. Köberle, Christliche Verant­wortung gegenüber Gottes Schöpfung, in: Bibli­scher Realismus, 1972

Köberle


Weltbild

Als W. bezeichnet man die wissenschaftli­che Ausformung des Weltverständnisses. Sein jeweiliger Wahrheitsanspruch ist kri­tisch gegenüber früheren Weltbildern. Der Wandel der W.er ist ein geläufiges Argument der Bibelkritik. Weitgehend wird gefordert, das biblische Zeugnis von den antiken W.Vorstellungen zu lösen ( Entmythologi- sierung). Die radikalste Forderung: der Wahrheitsanspruch der Bibel ist mit den überholten W.em erledigt (-» Marxismus). Dagegen ist einzuwenden: a) die heutige Wissenschaft vermittelt kein geschlossenes W. (W. Heisenberg); b) die Grundzüge der bi­blischen Deutung von Welt und Mensch, der Schöpfungsglaube, die Unterscheidung zwi­schen »sichtbarer« und »unsichtbarer« Wirklichkeit (Kol 1,16), sowie zwischen »dieser« und der kommenden und ewigen Welt Gottes sind nicht w.gebunden.

—» Schöpfung

Lit.: H. Rohrbach, Naturwissenschaft, Weltbild, Glaube, 19682 - H. W. Beck, Die Welt als Modell, 1973

Beck

Weltgebetstag —» Frauendienst Weltkirchenkonferenz -» Ökumenische Bewegung

Weltkongreß für Evangelisation -> In­ternationaler Kongreß für Weltevangelisa­tion

Werner, Gustav, *12. 3. 1809 Zwiefalten, f2.8.i887 Reutlingen. Während seines Theologiestudiums in Tübingen und Straß­burg beeinflussen ihn stark die Lehren Swe­denborgs und das Wirken —> Oberlins, der ihm zum bestimmenden Vorbild wird. Als Vikar gründete er ein Werk für fürsorgebe­dürftige Kinder. Er gerät in Konflikt mit sei­ner Kirchenleitung, verzichtet auf sein Amt und baut mit seiner Frau und anderen Hel­fern das »Bruderhaus« in Reutlingen auf. Ungewöhnlich scharf sieht er die Probleme der Industrialisierung und geht sie mit einer »Doppelstrategie« an: Fürsorge für die Schwachen der Gesellschaft und Gründung von Fabriken, die im christlichen Geist ge­leitet sind. Sein Werk erfuhr manche Ein-



Gustav Werner




Johann-Hinrich Wiehern

Schränkungen, besteht aber bis heute in der »Gustav-Werner-Stiftung« fort.

Lit.: W. Teufel, Das Werk der Kraft. Gustav Wer­ners Leben und Werk, 1936

Rückle

Wesley, John —> Methodismus Whitefield —» Methodismus

Wiehern, Johann-Hinrich, *21. 4. 1808 Hamburg, 17.4.1881 Hamburg, Begründer der -» Inneren Mission und Wegbereiter der christl. Liebestätigkeit. Am 31. Oktober 1833 gründete W. gemeinsam mit dem Syn­dikus Carl Sieveking das »Rauhe Haus«. So­dann wurde das Bruderhaus ins Leben geru­fen: Junge Männer (Diakone) bekommen das Rüstzeug für die Erziehungsarbeit. Ein wei­terer Schritt erfolgte mit der Schaffung von Werkstätten. Die Gründung des Verlags und der Druckerei bildete die Voraussetzung für die missionarische Ausstrahlung des Wer­kes. Es entstanden die »Fliegenden Blätter«, Flugschriften, die die Nation, insbesondere die organisierte Kirche, mit dem Aufruf zur Barmherzigkeit konfrontierten. Sie machten W.s Namen alsbald in Deutschland bekannt. König —> Friedrich Wilhelm IV. erteilte den Auftrag, einen Damm gegen die Not aufzu­richten, die der Hungertyphus in Schlesien 1848 ausgelöst hatte.

1848 hielt W. seine Stegreifrede auf dem Wittenberger Kirchentag (»Die Liebe gehört

mir wie der Glaube«), in welcher er die Revo­lution als eine kommunistisch gelenkte, mit atheistischen Parolen entfachte Explosion des niederen Pöbels verurteilte. Er forderte die Rückkehr zum christlichen Glauben, den Aufbruch der Kirche zu den ihr Ent­fremdeten, die Aussendung von Straßenpre­digern in die Großstädte. Die Gründung des »Centralausschusses für die Innere Mission der dt. ev. Kirche« wurde beschlossen. 1857 folgte W. einem Ruf in den preußischen Staatsdienst, um die Reform des Gefängnis­wesens in Angriff zu nehmen. 1866 baute er im Deutsch-Österreichischen Krieg eine Feld-Diakonie auf. 1874 stellte W. sein Staatsamt zur Verfügung und übertrug sei­nem Sohn Johannes den Vorsitz im Rauhen Haus.

W.s Wahlspruch war: »Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat« (ijoh



  1. . Im Vertrauen auf die Macht dieses Wor­tes wurde W. zum überragenden Pädagogen des Protestantismus (Verbindungen zu C. H. —> Zeller und v. d. —» Recke). Aus dem An­trieb dieses Wortes hat er die Kräfte der —» Diakonie koordiniert und damit der Kirche die Perspektiven für die Überwindung der sozialen Not erschlossen.

Lit.: J. H. W., Sämtliche Werke, hg. v. P. Meinhold, 19s8ff.-H.-V. Herntrich, Im Feuer der Kritik-J. H. W. und der Sozialismus, 1969 - K. Kupisch, Das Jahrhundert des Sozialismus und die Kirche, 1958 Herntrich

Wiedenest

Als Bibelschule 1905 in Berlin gegründet von Männern aus der ev. —> Allianz, zunächst für Gemeinden in Rußland und Osteuropa, spä­ter auch für freikirchliche und Gemein­schaftskreise, besonders Offene Brüder (—» Versammlung), in westlichen Ländern. 1919 siedelte man von Berlin nach W. (heute: Bergneustadt) über. Die Leiter waren: Chri­stoph Köhler (1860-1922), Johannes -» Warns (1874-1937), Erich —» Sauer (1898-1959), ab 1959 Ernst Schrupp (geb. 1915).

1952 wurde ein Missionshaus mit Tagungs­stätte angegliedert. Ziele sind missionari­sche Erweckung in der Heimat, Pioniermis­sion in nichtevangelisierten Gebieten und Zusammenarbeit mit Gemeinden in Uber­see. Die Arbeit in Europa, Asien, Afrika und Südamerika vollzieht sich nach dem Prinzip der Sendung »von Gemeinde zu Gemeinde« in partnerschaftlicher Zusammenarbeit in der Heimat (sendende Gemeinden und Mis­sionshaus) und auf den Missionsfeldern (sendende Gemeinden, Missionare und ein­heimische Gemeinden).

Schrupp

Wiederbringung aller Dinge Allver­söhnung



Wiedergeburt

  1. Biblischer Befund

Die Vorstellung von der W. findet sich in­nerhalb der Bibel nur im NT: Tit 3,5 (palin- genesia = Wiederentstehung; das gleiche Wort Mt 19,28 im Blick auf die endzeitliche Erneuerung der Schöpfung), rPetr 1,3.23 (anagennan = noch einmal zeugen), iPetr

  1. (artigennetos = neugeboren), Jak 1,18 (apokyein = gebären, erzeugen), Joh 3,3.7 (anothen gennethenai = von oben oder von neuem gezeugt werden) und Joh 1,13; 3,5.6.8; 1 Joh 2,29; 3,9; 4,7; 5,1.4.18 (ausGott gezeugt werden). Vor allem bei Johannes ist die Vorstellung von der W. daneben aus; drücklich mit der Gotteskindschaft verbun­den (Joh 1,12; ijoh 3,rf. io; 5,2). Von daher sind auch Stellen wie Gal 3,26-4,7 und Röm

  1. in die Betrachtung mit einzubeziehen. Das AT kennt den Gedanken der Gottes­kindschaft nur im auf das Volk Israel bezo­genen Sinn (5 Mos 14,1; Hos 2,1), das Motiv der Zeugung durch Gott nur im Blick auf den König (Ps 2,7). Dagegen findet sich wieder­holt der prophetische Hinweis auf ein künf­tiges Handeln Gottes, das den Menschen von innen her verändert (Jer 31; Hes 36; Jes 44; Joel 3).

Das Wort W. ist also dem AT fremd und scheint seiner Verwendung in zeitgenössi­schen religiösen Strömungen (wie den grie­chischen Mysterien) näherzustehen. Wie diese hat es die Zuspitzung auf den einzel­nen (Joh 3) und die Verbindung mit einem ri­tuellen Handeln (Tit 3,5 der Taufe). Der Zu­sammenhang, in dem die biblischen Belege für die W. stehen, weist aber deutlich in die gesamtbiblische Überlieferung zurück, als überbietende Erfüllung des im AT Angesag­ten.

W. ist hier nicht magisch im Ritus vollzo­gene oder in mystischer Schau sich ereig­nende Verwandlung. Vielmehr ist der Mensch durch das Wort in der Ganzheit sei­nes Gottes- und Weltbezuges als verant­wortliche Person angesprochen: in der W. wird sein durch die —> Sünde zerstörtes Ver­hältnis zu Gott und seiner Schöpfung da­durch grundlegend erneuert, daß Gott ihm seine Schuld vergibt und ihn durch seinen Geist zu neuem, von Glaube, —> Liebe und Hoffnung bestimmten Leben leitet (Joh 3,6.i4ff.; Tit 3,3-8; vgl. 2,2b. 11 ff.). Ent­scheidende geschichtliche Voraussetzung dieses gegenüber dem AT neuen Weges Got­tes ist der Opfertod Jesu (Tit 2,14; 3,4.6; Joh 1,29; 3,16). Im Unterschied zu anderen sote- riologischen Begriffen (-» Heil) gibt das Bildwort von der W. einem vierfachen Sach­verhalt unauswechselbaren Ausdruck:



  1. der allein Aktivität Gottes bei der Rettung des Menschen: niemand kann zur eigenen Geburt aufgefordert werden (Joh 3,3 ist Fest­stellung).

  2. DER VÖLLIGEN NEUHEIT DES CHRISTLICHEN LE­BENS: in der bleibenden, lebendigen Verbun­denheit des Christen mit dem im Geist ge­genwärtigen Christus bindet sich Gottes Feindesliebe (Röm 5,10) an einzelne Men­schen, gewinnt so die freie Liebe von Kin­dern und verwirklicht den Anbruch endzeit­licher Vollendung (Jak 1,18, vgl. auch die Aussagen von der »neuen Kreatur« Gal 6,15; 2Kor 5,17).

  3. DER JE EINMALIG-UNWIEDERHOLBAREN GE­SCHICHTLICHKEIT DER W.: Gott greift in der W. real in das Leben eines Menschen ein und verändert es ein für allemal (Tit 3,5 »rette­te«, vgl. in 3,3f. die Gegenüberstellung einst-jetzt).

4- DER SOZIALITÄT DES NEUEN LEBENS: die in der W. gegebene, vom Menschen aus unauflös­bare (es sei denn durch Abfall vom Glauben) Verbindung mit dem Bruder ist ein organi­scher Ansatz für die Verwirklichung menschlicher Gemeinschaft frei von Eigen­nutz (ijoh 5,1).

  1. Zur Geschichte des Begriffs W.

Seit der Zeit der —» Alten Kirche war das Zeugnis von der W. weitgehend von der Tauf lehre absorbiert. Die -> Reformation mit ihrer Betonung der Heilsvermittlung durch das Wort und den ihm entsprechenden Glauben brachte eine Auflockerung, ohne aber die bis heute in der volkskirchlichen Frömmigkeit und weithin auch Theologie vorherrschende Auffassung, daß mit der Kindertaufe auch die W. schon gegeben sei, wirklich zu durchbrechen. Selbst Ph. J. Spe- ner, führender Theologe des frühen -> Pie­tismus, übernahm die Tauf-W.slehre der lutherischen Orthodoxie, rechnete aber mit der Möglichkeit des Verlustes und der Er­neuerung der W. Im allgemeinen jedoch tritt im Pietismus bis heute in der Lehre von der W. die Bindung an die Taufe zurück gegen­über der Verbindung der W. mit der Entste­hung bewußten Glaubens. I

Vielmehr beginnt in der W. der das weitere Leben des Christen bestimmende Prozeß von Rechtfertigung und Heiligung (gegen den Vorwurf des Pharisäismus der W.slehre). In der W. liegt schließlich die entscheidende Verknüpfung von Soteriologie und -» Ethik für Christen, und zwar der Individual- wie der Sozialethik (gegen den Vorwurf des Heilsegoismus wie gegen ethischen Univer­salismus). Gottes erneuerndes Werk in Kir­che und Welt geht durch das Nadelöhr der Erneuerung von einzelnen.

Lit.: A. Kuen, Ihr müßt von neuem geboren wer­den, 1969 - H. Burkhardt, Das biblische Zeugnis von der Wiedergeburt, 1974 Burkhardt

Wiederkunft Christi - Jüngster Tag



I. Biblische Grundlegung Die W. Christi bedeutet sein zweites Kom­men in Herrlichkeit als Sieger über die Mächte des -> Bösen sowie als endzeitlicher Richter.

  1. EIN DATUM WERDEN DIE GLAUBENDEN nach unzweideutiger Aussage der Bibel niemals erfahren, auch nicht durch Geistesoffenba­rung kurz vor diesem Ereignis (Mt 24,36; Apg 1,7). Alle bisherigen und kommenden Berechnungen sind entweder menschlicher (z.B. bei Bengel) oder dämonischer Natur.

  2. BEI CHRISTI W. GESCHIEHT ZUNÄCHST DIE Sammlung der seinen aus Toten und Leben­den, die sie zu seiner Herrlichkeit hinrückt (Mt 24,31; iKor 15,52; iThess 4,i6f.; Offb 19,7ff.). Eine Entrückung vor der W. gibt es also nicht. Jedoch geschieht die Sammlung so, daß die bis dahin gestorbenen Gläubigen zur ersten —> Auferstehung kommen (iKor 15,23; iThess 4,16f.; Offb 20,4ff.).

  3. IM ZUSAMMENHANG MIT DIESER SAMMLUNG ERFOLGT DIE RECHENSCHAFTSLEGUNG SEINER KNECHTE (Mt 24,45ff.; 2 5,14ff.; 2Kor 5,10). Die Gläubigen werden also vor dem Weltge­richt gerichtet, beim allgemeinen Weltge­richt richten sie an der Seite Jesu mit (Mt 25,40.45; 1 Kor 6,3; Offb 20,11 ff.). Injoh 5,24 bedeutet —> Gericht einen Zustand der Ver­lorenheit, der nicht mit dieser Rechen­schaftsablegung verwechselt werden daif.

  4. MIT JESU W. ENDET DIE TRÜBSALSZEIT DER VER­FOLGTEN gemeinde. Darum die Aufforderung Jesu in Lk 21,28: »Wenn aber dieses anfängt zu geschehen, so sehet auf und erhebet eure Häupter, darum daß sich eure Erlösung naht« (vgl. Offb 6,9ff.).

  5. MIT DER W. JESU BEGINNT AUCH DAS TAUSEND­JÄHRIGE reich (Offb 19 und 20). Am Beginn dieser Epoche erfolgt die erste Besiegung der feindlichen Mächte (Offb 19), am Ende wird der letzte satanische Aufstand besiegt und als letzter Feind der Tod überwunden — Er­eignisse, die Paulus in iKor 15,24ff. zusam­menfaßt (vgl. Offb 20,7).

  1. Bedeutung im Pietismus und bei den Evangelikalen

  1. ANDERS ALS AUGUSTIN UND LUTHER SEHEN

Pietismus und -»■ evangelikale, daß die Ereig­nisse am Ende dieser Geschichte in Epochen gegliedert sind. Für Luther z.B. war alles in einem einzigen Blitz zusammengefaßt. Gerne sprach er vom »Hereinplatzen des jüngsten Tages«. Aufgrund der heilsge­schichtlichen Schau sahen die Pietisten hier genauer.

  1. GEGENÜBER DER THEOLOGIE SEIT DER -» AUF­KLÄRUNG HIELTEN PIETISTEN UND EVANGELIKALE ZÄH AM GLAUBENSBEKENNTNIS Vom wieder- kommenden Herrn und der Realität der künftigen Ereignisse Fest. In der Diskussion mit der Immanenz-Beschränkung hielten sie die Tatsache einer außerirdischen Welt Got­tes aufrecht, gegenüber der Verengung auf das Schicksal der Einzelseele bewahrten sie den universalen Horizont der Reichshoff­nung, der reinen Vergeistigung begegneten sie mit dem Leibcharakter der biblischen Erwartung. Die Auffassung, daß alle Zu­kunft in Menschenhand liegt, lehnten sie unter Hinweis auf Dan 2 und die Offb zu­gunsten des Handelns Gottes ab. Der Ten­denz zur Allerlösung, z.B. bei Karl -» Barth, begegneten sie mit dem Hinweis auf die letzte Verantwortung im Gericht und die Möglichkeit ewigen Verlorenseins. Trotz mancher Absonderlichkeiten sind sie gerade auf diesem Gebiet Anwälte der biblischen Prophetie und der Weite ihrer Hoffnung ge­wesen.

  2. JÜNGSTE ZEUGNISSE EVANGELIKALER ÜBERZEU­GUNG sind die Frankfurter Erklärung Art. 7 und die Lausanner Verpflichtung Art. 15.

  1. ORIENTIERUNGSHILFE:

In der gegenwärtigen Diskussion ist folgen­den vier Punkten besondere Aufmerksam­keit zu schenken:

1. auch die Naturwissenschaft hat gegen die reale Erwartung einer W. Jesu und des Jüng­sten Tages keine prinzipiellen Ein wände.

Die Geschichte läuft nicht einfach unabseh­bar weiter.



  1. die biblischen Aussagen sind nicht mensch­liche Denkmuster, sondern göttliche Ansa­gen.

  2. DIE BIBLISCHEN AUSSAGEN SIND EINE ERNSTZU­NEHMENDE hilfe zur Nüchternheit gegen­über Menschheitsillusionen. Zu den Menschheitsillusionen gehören auch einige »fromme«, z.B. die Überzeugung, wir Men­schen bauten das —> Reich Gottes selbst. Zu dieser Hilfe gehört ferner die Vorbereitung der Gemeinde aufs Leiden und die Zerschla­gung der Illusion, als stünde am Ende der ir­dischen Geschichte eine triumphierende Kirche.

  3. MIT DER W. CHRISTI ALS DEM ZIELPUNKT DER GE­SCHICHTE haben Christen eine positive Hoff­nung gegenüber aller Vergänglichkeit und gegenüber allem Pessimismus dieser Welt. —» Endzeiterwartung

Lit.: K. Hartenstein, Der wiederkommende Herr, 1940 - K. Heim, Der geöffnete Vorhang, o.J. - F. Rienecker, Das Schönste kommt noch, r975 - R. Pache, Die W. Jesu Christi, 19717 Maier

Wilberforce, William, *24.8.1759 Hüll, +29.7.1833 London. Einer begüterten Fami­lie entstammend, wurde W. 1770 Abgeord­neter für Hüll und 1774 für die Grafschaft Yorkshire. 1784 erlebte er unter dem Einfluß der —> methodistischen Erweckungsbewe­gung eine —> Bekehrung und begann sein neues Leben mit der Gründung einer Gesell­schaft zur Reform der Sitten, der 1787 die »Abolition Society« zur Abschaffung des Sklavenhandels folgte. Das von seinem Freunde, dem Premier Pitt d.J., unterstützte Wirken W.s führte zum Gesetz gegen den Sklavenhandel (1807). Obwohl im Alter in anderen politischen Fragen zunehmend konservativ, betrieb W. weiter die Abschaf­fung der Sklaverei, die wenige Monate nach seinem Tode gesetzlich verboten wurde. W. ist auch an der Gründung der Kirchlichen Missions- und der Britischen Bibelgesell­schaft maßgebend beteiligt gewesen.

Lit.: G. Lean, Wilberforce - Lehrstück christlicher Sozialreform, 1974

Obendiek

Wille-Willensfreiheit

Während die Pflanzen durch ihre Wachs­tumsgesetze festgelegt sind und das Tier durch seine Instinkte bestimmt wird, ver­fügt der Mensch über die Fähigkeit zu den­

ken und zu wollen. In der Frage nach der Freiheit des menschlichen Willens stehen sich in allen Jahrhunderten der Geistesge­schichte zwei Haltungen gegenüber, die mit den Worten Determinismus und Indetermi­nismus bezeichnet werden. Der Determi­nismus ist überzeugt, daß alle menschlichen Handlungen einschließlich der seelischen Vorgänge einem kausalmechanischen Zwang unterliegen. Von Verantwortung und Schuld kann dann nicht mehr die Rede sein. Im Unterschied zu dieser den Fatalismus be­günstigenden Auffassung vertritt der Inde­terminismus die hochgemute Anschauung von der absoluten Handlungsfreiheit des Menschen. Die Wahrheit liegt zwischen den beiden Extremen. Kein Mensch ist absolut frei. Wir sind begrenzt durch die Art der leib­lichen Ausrüstung und geistigen Begabung. Wir sind hineingestellt in eine bestimmte geschichtliche Situation, die viele Möglich­keiten von vornherein ausschließt. Schlechte Erbmasse und ungünstige Milieu­bedingungen in Kindheit und Jugend können die Freiheit des Wollens schmerzlich beein­trächtigen. Gleichwohl bleibt innerhalb die­ser Grenzen für jeden Menschen ein Spiel­raum von Freiheit, innerhalb dessen er wäh­len kann und sein Leben verantworten muß. Es ist die eigentliche Würde des Menschen, um Willensentscheidung zu wissen und Willensbildung aufzubauen.

Im Unterschied zu den Wahlmöglichkeiten im alltäglichen Bereich des Lebens erfährt der Mensch als gefallenes Geschöpf Gott ge­genüber aber in schmerzlicher Weise seine völlige Unfreiheit. Er kann sich nicht aus ei­gener Kraft von der Macht des -> Bösen lö­sen, die ihn gefangen hält. Allein die Wie­dergeburt in der Kraft des Hl. —> Geistes kann aus dem gefesselten Willen einen be­freiten Willen schaffen (-» Prädestination), der fähig und willig ist, Gott zu lieben und dem Nächsten zu dienen.

Lit.: M. Luther, Vom unfreien Willen, neu hg. v. B. Jordahn u. H. J. Iwand, T962 - H. Echternach, Wil­lensfreiheit und Vorsehung, 1954 - K. Heim, Die Christliche Ethik, 195s Köberle

Wirz, Johann Jakob ->• Nazarener-Ge­meinde

Wißwässer, Adam, * 13. 9. 1820 Neckar- zimmem, f6. 4. 1897 Mannheim. 1855 in Konstanz als Oberfeldwebel bekehrt, trieb er dort Wortverkündigung, Schriftenmission und Krankenseelsorge. Nach Mannheim versetzt, führte er diese Arbeit fort. Am 16. 11. 1863 aus dem Militärdienst ausgeschie­den, 1865 Eintritt in den Dienst des »Vereins für —» Innere Mission Augsburgischen Be­kenntnisses« in Karlsruhe für die Arbeit in Mannheim und Umgebung. Dort wegen sei­ner Stellungnahmen gegen liberale Pfarrer ausgeschieden, gründete er am 1.7.1871 den »Ev. inneren Missionsverein apostolischen und augsburg'schen Bekenntnisses in Mannheim« e.V. An verschiedenen Orten in Baden und der Pfalz wurde die Zusammen­arbeit mit den liberalen Pfarrern abgelehnt. Eigene Tauf- und Abendmahls-Gemein­schaften entstanden.

Nach seinem Tode wurde sein Sohn Paul mit der Leitung des Vereins beauftragt. Der Verein trägt heute die Bezeichnung »Verein für innere Mission apostolischen und augsburg'schen Bekenntnisses Mann­heim« e.V. und ist Mitglied des Gnadauer Verbandes. Lehmann



Wißwede, Paul, *24. 1. 1880 Pries/Hol- stein, fn. 12.1963 Urach/Württ., Missions­inspektor der Mission für Süd-Ost-Europa (SOE). Bekehrung im -> CVJM Berlin durch Forstmeister von —> Rothkirch. Seit 1904 Mitarbeiter der Mission für SOE. 1904-1908 Lehrer am Missionsseminar, viele Missionsreisen durch die Länder des Ostens, Pionier der Gemeinschaftsarbeit in Russisch-Polen. 1908 Reisesekretär und Mitarbeiter in der Missionsleitung Katto- witz/Oberschlesien. 191S-1918 Offizier im Krieg. Anschließend Prediger im Schlesi­schen Gemeinschaftsverband in Hirsch- berg/Riesengebirge, 1925 in Glogau und 1932 in Breslau. Aktive Mitarbeit im Deut­schen -> EC-Verband. 1938 Missionsinspek­tor der Mission für SOE in Tannhü- bel/Schlesien. W. war Vorsitzender der »Vereinigung von —» Reichsgottesarbeitern in Deutschland«, 2. Vorsitzender im —> Gnadauer Verband und längere Zeit im Hauptvorstand der Deutschen Ev. —► Al­lianz. Ein dynamischer Missionsmann mit einer tiefen Jesusliebe, trat er für eine bi­blisch unverkürzte Verkündigung des Evan­geliums ein und wandte sich gegen jedes Schwärmertum. Sein Grundsatz: »Um ei­nen ew'gen Kranz dies arme Leben ganz!«

Lit.: E. Thimm, Wunder der Gnade Gottes in unse­rem Leben, 3. Folge, 1952, S. 178-188

Lehmann

Woike, Fritz, *24.6.1890 Breslau, 117.10.1962 Opladen; Bundesbahnbeamter. W. wuchs in einer kinderreichen Arbeiter­familie auf. 1913 fand er während einer schweren Erkrankung durch das gelebte Zeugnis einer Diakonisse den Weg zu Chri­stus. Danach wurde er Erzieher bei der Inne­ren Mission, in den notvollen Nachkriegs­jahren Arbeiter bei der Reichsbahn in Opla­den. 1924 erschien sein erster Gedichtband, der, wie alle folgenden Bücher, vor allem von Christus zeugen und zur Nachfolge auf­fordern wollte. Das war auch sein Anliegen bei allen Vortrags- und Evangelisationsrei­sen.

Lit.: 1. Werke: »Was bist du, Mensch?- 1976 2. über W.: F. Schmidt-König, F. W., Bd. 171 der Sammlung »Zeugen des gegenwärtigen Gottes-, 1965 Woike



Wollpert, Johann Georg, *15. 3. 1823 Wannweil, f2i. n. 1903 Stuttgart-Feuer­bach, wanderte 1833 mit seinen Eltern nach Nordamerika (Ohio) aus, kam als Zwanzig­jähriger zum persönlichen Glauben an Chri­stus, trat als Reiseprediger in den Dienst der Ev. Gemeinschaft (—» Methodisten), die ihn 1857 nach Süddeutschland sandte, wo sie 1850/51 ein Evangelisationswerk begonnen hatte. W. gab von 1864 an die Zeitschrift »Ev. Botschafter«, das offizielle Organ der Ev. Gemeinschaft in Deutschland, heraus. Von 1865-1872 war er als »Vorstehender Ältester« der Leiter des Werks, das sich in dieser Zeit auch in der Schweiz auszubreiten begann. W. war ein origineller Verkünder des Evangeliums, ein begnadeter Seelsorger und ein weitherziger Allianzmann.

Lit.: R. Kücklich, J. G. W., ein treuer Seelenhirt, o.J.

Wüthrich

Wort Gottes Bibel



Wrede, Mathilda, *14.3.1864 Wasa/Finn- land, f24.12.1928 Helsinki. Die schwedi­sche Gouverneurstochter hatte schon früh Einblick in die Not der Gefangenen bekom­men. In einer —» Erweckung gläubig gewor­den, verstand sie das Wort Hes 3,11 als ihre Lebensaufgabe. Von 1883 bis 1913 besuchte sie als »Engel der Gefangenen« fast alle Ge­fängnisse und Zuchthäuser Finnlands. Auf einem Gut, das der Vater ihr schenkte, rich­tete sie eine Schule für die Entlassenen ein. Auf dem Transport nach Sibirien begleitete sie die Verurteilten. Nachdem ihr der Dienst in den Gefängnissen untersagt wurde,




Mathilda Wrede


kümmerte sie sich um die Entlassenen. In der Revolution von 1917 versuchte sie zu vermitteln, um Blutvergießen zu verhin­dern.

Lit.: I. M. Sick, M. W., i95927-E. Fogelberg, Unter Gefangenen und Freien, , 92 s Rothenberg

Wüst, Eduard, *23. 2. 1818 Murrhardt/ Württ., 1137- 1859 Neuhoffnung bei Berd- jansk/Gouv. Taurien, Rußland; durch Emp­fehlung der Gemeinde -» Korntal 184 5 in die von schwäbischen Auswanderern gegrün­dete separierte luth. Gemeinde Neuhoff­nung als Pfarrer berufen. Sein weitreichen­des, an L. —> Hofacker orientiertes Wirken als Erweckungsprediger prägte die luth. Gemeinden Südrußlands und hatte mittel­baren Einfluß auf die spätere Bildung von —» Mennoniten-Brüdergemeinden und die Ent­stehung des —» Stundismus.

Lit.: A. Kroeker, Pfr. E. Wüst, der große Erwek- kungsprediger in den deutschen Kolonien Südruß- iands, Spat/Krim 1903 Kahle

Wunder

I. Probleme

Der »verkopfte Mensch« des 20. Jh.s —gefan­gen in seiner puren Rationalität und, bewußt oder unbewußt, in den Denkschemata der modernen Naturwissenschaften - reagiert auf den An-Spruch der biblischen W. nicht existentiell, sondern mit der rationalen Frage nach ihrem tatsächlichen Geschehen­sein: sie erscheinen ihm über- oder un-na­türlich. Sind, so fragt er, Einbrüche einer transzendenten Macht in eine durch Natur­gesetze völlig durchgeordnete und in sich geschlossene Welt möglich? Die Antworten, die er erhält, zollen in der Regel, offen oder heimlich, der herkömmlichen Wirklich­keitssicht Tribut, wonach der naturwissen­schaftlichen Forschung die ganze Wirklich­keit erreichbar ist:



  1. Häufig werden die schrift-w. als solche in ihrer Tatsächlichkeit fraglos anerkannt, zu­gleich aber auch in ihrer Bedeutung relati­viert - so im Biblizismus in der Linie der luth. Orthodoxie und des —> Pietismus.

  2. die biblischen w. werden mit unserem Weltbild verträglich gemacht, d.h. »histo­risch-kritisch«* auf einen ursprünglichen Be­stand zurückgeführt, der eine natürliche, meist psychologisch-medizinische Erklä­rung zuläßt - so schon Semler im 18. Jh. mit dem Prinzip der »Sparsamkeit der W.**.

v DIE BIBLISCHEN W. SIND LEDIGLICH DAS ÄUSSERE GEWAND EINES GEISTLICHEN ODER INNERSEELI­SCHEN wunderbaren Prozesses (z.B. eine Blindenheilung Symbol des Befreitwerdens von geistlicher Blindheit) - so die tiefenpsy­chologisch orientierte Theologie und - mo­difiziert - die existentiale Bibeldeutung —> Bultmanns (Entmythologisierungspro- gramm).

  1. DIE BIBLISCHEN W. WERDEN IM RAHMEN EINER KERYGMAZENTRIERTEN EXEGESE ABGEWERTET ZU hinweisenden Zeichen auf die Osterherr­lichkeit des Christus. Diese moderne Posi­tion stellt sich weder ernsthaft der Frage nach der historischen Wirklichkeit, noch ist sie exegetisch haltbar, noch beantwortet sie die - verdrängte - existentielle Frage: kann mir solches W. widerfahren?

Die Bibel antwortet in Wahrheit auf die in­tellektuelle Frage nicht; sie hat weder einen entsprechenden W.-Begriff, der das abdeckt, was wir zu »W.n«< zählen, noch die Vorstel­lung einer naturgesetzlich durchgeordneten, sich selbst überlassenen Welt. Alles Ge­schehen wird auf Gott zurückgeführt. Es gibt also wohl un-gewöhnliche, staunener­regende, aber keine un-natürlichen, ein Kau­salitätsprinzip verletzenden Ereignisse. Wirklichkeit und Wahrheit der biblischen W. könnten sich dem erschließen, der sich mit seiner ganzen Existenz ihrer Eigen-Dy- namik aussetzt, sich von ihnen - ohne Zen­sur — ansprechen läßt und sie an Erfahrungen im eigenen Lebensbereich anzuknüpfen vermag. Die bloß intellektuelle Frage ist fal­lenzulassen, nachdem in den Naturwissen­schaften selbst die Erkenntnis der Unabge­schlossenheit der Welt Raum gewinnt und Grenzerfahrungen im Bereich der Parapsy­chologie, der Meditation und des Sterbeerle­bens das Offensein der Welt gegenüber Ein-Wirkungen einer Transzendenz anzei- gen.

II. Vier Arten biblischer W.

1. wunderbare Heilungen jesu (biblisch auch: »Krafttaten«)

  1. In den Evangelien, vor allem im Mk, neh­men sie breiten Raum ein. An ihrer Tatsäch­lichkeit hat im Prinzip nicht einmal die zeitgenössische jüdische Polemik gezweifelt (vgl. Mt 12,24; Sanhedrin 43a; Josephus, Al­tertümer, 18,63). Mit der Kraft und Voll­macht des mit dem Geist Gottes ausgerüste­ten endzeitlichen Gesandten (Jes 61, if.) treibt Jesus Dämonen aus, heilt in verschie­dener Weise unheilbar Kranke und weckt Tote wieder auf. Solches wird im NT zu­nächst als konkretes, privat erfahrenes Er­eignis des —> Reiches Gottes bzw. als Voll­zugsweise der Gottesherrschaft gewertet (Mt n,5; 12,28; Lk r3,31 f.), danach erst als hinweisendes oder beweisendes Zeichen (so erst Joh). Die Heilungen Jesu übersteigen die W. der atl. Charismatiker Elia und Elisa, in­sofern Jesu Erbarmen wirkmächtig Not wendet, während Elia Gottes Erbarmen im Gebet erwirken muß, und insofern Jesus mit einer dem Schöpfungswort vergleichbaren »Leichtigkeit« eines kurzen Befehlswortes (vgl. nur Mk 1,41 f.; 3,5 mit Gen 1,3) heilt. Je­sus »hat alles gut gemacht« (Mk 7,37)-diese Bewertung einer Heilung ist identisch mit den Urteilen über die Schöpfungswerke »es war gut« (Gen 1 -2). Und das nicht zufällig: Jesus bringt im endzeitlichen Sabbatjahr (Jes 61,2; Lk 4,19-21) bedeutungsvoll einige der herabgeminderten und »gebundenen« Ge­schöpfe Gottes wieder in ihren ursprüngli­chen, heilen, »schöpfungsmäßigen« Zu­stand zurück (Mk 3,4h; 8,25), und zwar vor­nehmlich am Sabbattag (Lk 13,16; 14,3,- Mk 3,4; Joh 5,9; 9,14). Damit enthüllt Jesus das Ziel der -> Heilsgeschichte als ein sabbatli- ches Zur-Ruhe-Kommen (vgl. Mt 11,28) der vielfältig verletzten Geschöpfe: seine Sab­bat-Heilungen sind Vorschein eines letzten Sabbats, Wieder-gut-Machung und Vollen­dung der Schöpfung. Mit dem Erbarmen des

Heilandes kooperiert häufig - auch dies ein in antiken W.-Berichten fehlendes Grund­motiv- ein »bergeversetzender«« Glaube des Kranken oder eines für ihn eintretenden Menschen.

  1. Trotz der nicht mehr zu bestreitenden Realität sog. »paranormaler Heilungen«« im weiteren Bereich der Parapsychologie und psychotherapeutischer Effekte der Sugge­stion und Überwältigung, die an die Bedeu­tung des Glaubens und des Befehlswortes Jesu im ntl. W. erinnern, sehen wir heute nirgendwo solche eindeutige -» Vollmacht und unerhörte Souveränität am Werk, wie sie sich in Jesu Heilungen manifestierte. Zu bedenken ist folgende Differenz zwischen der Zeit der Offenbarung Gottes in Christus und heute: Uns Heutigen begegnet der Chri­stus nicht in der gleichen evidenten Weise, nämlich nicht leiblich konkret »von Ange­sicht zu Angesicht«. Bringt uns aber der Tod die unmittelbare Christusbegegnung im Sinne von Phil 1,23, so könnte für uns in ihm die Wahrheit der biblischen Heilungsge­schichten - vorher nur als Sehnsucht leben­dig oder fragmentarisch, vorläufig, von we­nigen erfahren - ganz und endgültig wirklich werden.

  1. WUNDERBARE RETTUNGEN

  1. Dazu gehören die Seesturmstillungen Mk 4,35-41; 6,45~52par.; Mt 14,28-31 und die Speisungs-W. Mk 6,30-44; 8,r-iopar.. Sie sind aufgrund eindeutiger Bezugnahmen als endzeitliche Gegenstücke der Exodus-Heils­taten (Schilfmeer; Manna) zu verstehen und verkünden den Christus als endgültigen Er­löser aus akuten »Wasser- und Hungersnö­ten«, d.h. aus allen lebensbedrohenden »Überflutungen« und Mangelsituationen und damit verbundener Angst und Verzweif­lung.

  2. Die Symbolträchtigkeit des Wasser- und Hungermotivs (psalmische Bildersprache!), das Fehlen dieser W. in den Sammelberich­ten von Mk ebenso wie in der Spruchquelle, das Betroffenwerden einer jeweils reprä­sentativen Gruppe (Zwölferkreis; 5 000) weisen auf eine von der Bedeutung der Hei- lungs-W. verschiedene »stellvertretende« Bedeutung hin: existenzbedrohender Man­gel, Gefahren, Unglück, Krisen, einschließ­lich ihrer seelischen Entsprechungen Angst, Verzweiflung, Verschmachten werden unter die Verheißung der Rettung gestellt. Alle Rettungen sind ihrem Wesen nach »Rettun­gen aus dem Tode«, ein letztes Rettungsge­schehen im Sterben vorbedeutend. »Der die Toten auferweckt« - das ist in diesem Zu­sammenhang geradezu Gottes Name (2 Kor

i,9f.).

  1. ZEICHEN l-.SEMEIA-)

  1. Zeichen-W., die im zeitgenössischen Ju­dentum, ja schon im AT (Mose in Ägypten) eine erhebliche Rolle spielen als spektaku­läre Demonstrationen von Gott verliehener Macht und als Indizien für die Messianität eines Menschen, hat Jesus für sich und an­dere kategorisch abgelehnt (Mk 8,nf.; 15,31 f-; Mt 4,i-H; 24,23-26; Joh 6,14h; vgl. auch iKor r,22): er geht den »leisen Weg« des Gottesknechts (Mt 12,1 sff.). Zei­chen geschehen im Interesse eines Israels nationale Freiheit und Größe betreibenden Messiasprätendenten; sie sollen sinnlich wahrgenommen werden und so zu rational begründetem Glauben an die göttliche Sen­dung eines Menschen führen. Für Jesus stand ein derartiger objektiver Nachweis im Gegensatz zum Geschenkcharakter der gött­lichen Offenbarung; die Wirklichkeit Gottes und der Anspruch eines Menschen, göttliche Wahrheit zu vermitteln, kann nicht bewie­sen werden - die Wahrheit erweist sich vielmehr. Beweisenwollende Zeichen-W. vor aller Öffentlichkeit sind - so Jesus - Symptom »falscher« Messianität; sie zu ver­sprechen heißt: verführen oder zum Göt­zendienst anleiten (nach Dtn 13,2-4).

  2. Bis heute gilt: Gottes- und Christuser­kenntnis ist vom Menschen auf der Ebene des Rationalen nicht zu »machen«. Ein »In­dizienbeweis«, historisch-kritisch oder im Veranschlagen persönlich erfahrener Zei­chen, ist zum Scheitern verurteilt.

  1. AUFLEUCHTUNGEN

a) In den W.n der Weihnacht, der Verklärung Jesu, des Seewandels und des leeren Grabes (dazu Himmelfahrt, Pfingsten) leuchtet an markanten Stationen des Weges Jesu der göttliche Lichtglanz (Engelscharen, leuch­tende Kleider, leuchtendes Antlitz) auf und überwältigt die Zeugen Jesu, d.h., leuchtet eine Christus-Wahrheit zwingend und über­führend ein, und zwar in tiefe sub-rationale Schichten des Menschen. Die Erkenntnis Jesu als des Messias widerfährt in der Begeg­nung mit ihm ohne Dazutun des Menschen, ohne Möglichkeit des Glaubens oder Nicht­glaubens. Urbild der beglückenden Licht­glanz-Gottes-Ereignisse im NT sind die Er­scheinungen Gottes am Sinai (Ex 20,18-21; 34,29ff.) und die Verheißung von Jes 60,5: »Da wirst du schauen und strahlen, dein Herz wird beben und weit werden««; ihre Er­kennungszeichen: tremendöses Erschrek- ken und Verwirrung, Sprachlosigkeit (z.B. Mk 9,6; 16,5.8), glückhafte —> Ekstase (z.B. Mk 9,5f; Mt 28,8) und vor allem die Lösung von der Angst durch eine Frohbotschaft (z.B. Lk 2,9ff.) und (oder) das »Fürchtet euch nicht« eines göttlichen Boten, b) Aufleuchtungen der Herrlichkeit Christi sind, zumindest spurweise, auch heute er­lebbar, vornehmlich in der meditativen Be­gegnung mit seinem »Wort« - die Wahrheit »leuchtet ein«, macht betroffen, ohne be­wiesen werden zu können. Darüber hinaus weisen die heute vielregistrierten »Sterbeer­lebnisse« (E. Wiesenhütter, Blick nach drü­ben; f. C. Hampe, Sterben ist doch ganz an­ders) wesentliche Phänomene der ntl. Auf­leuchtungen auf, z.B. die Lichthaftigkeit, das Moment der tremendösen Angst und ihrer völligen Überwindung, das eksta­tische Glück, die Bewußtseinsweitung, das Nicht-angemessen-darüber-sprechen- Können und das veränderte Lebensgefühl nach dem Erlebnis.

Lit.: G. Theißen, Urchristliche Wundergeschich­ten, 1974 - K. Gutbrod, Die Wundergeschichten im Neuen Testament, 1972 - O. Betz/W. Grimm, We­sen und Wirklichkeit der Wunder Jesu, r977

Grimm



z




Zaiss, Hermann -» Gemeinde der Chri­sten »Ecclesia«

Zaremba, Graf Felizian, *15.3.1794 Za- roy/bei Grodno, 131.5.1874 Basel. Aus einer polnisch-reformierten Familie, früh ver­waist. Als stud. jur. las Z. Jung-Stillings Jugendgeschichte. Durch einen Freund in Petersburg erweckt, wird er ein entschlosse­ner Nachfolger Jesu, verzichtet auf die di­plomatische Laufbahn, verteilt sein Vermö­gen und reist nach Deutschland auf der Su­che nach Christen »die nach der Bibel le­ben«. Durch Stillings Schwiegersohn Prof. Schwarz in Heidelberg ins Missionshaus nach Basel gewiesen, ist Z. 1823-1838 Mis­sionar im Kaukasus, wo er die luth. armeni­sche Gemeinde Schemacha gründet. Später ist er 25 Jahre Reiseprediger der Basler Mis­sion.

Lit.: A. Katterfeld, Graf F. Z.

Brandenburg


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