§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von XXXX Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.
Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.
3.2. Prüfungsumfang, Übergangsbestimmungen
Gemäß § 75 Absatz 19 AsylG 2005 idF BGBl I 144/2013 sind alle mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren ab 1. Jänner 2014 vom Bundesverwaltungsgericht nach Maßgabe des Abs. 20 zu Ende zu führen.
Bestätigt das Bundesverwaltungsgericht in den Fällen des Abs. 18 und 19 in Bezug auf Anträge auf internationalen Schutz
1. den abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes,
2. jeden weiteren einer abweisenden Entscheidung folgenden zurückweisenden Bescheid gemäß § 68 Abs. 1 AVG des Bundesasylamtes,
3. den zurückweisenden Bescheid gemäß § 4 des Bundesasylamtes,
4. jeden weiteren einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 4 folgenden zurückweisenden Bescheid gemäß § 68 Abs. 1 AVG des Bundesasylamtes,
5. den Bescheid des Bundesasylamtes, mit dem der Status des Asylberechtigten gemäß § 7 aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt, oder
6. den Bescheid des Bundesasylamtes, mit dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 aberkannt wird,
so hat das Bundesverwaltungsgericht gem. § 75 Ab. 20 AsylG in jedem Verfahren zu entscheiden, ob in diesem Verfahren die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist oder das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt zurückverwiesen wird. Wird das Verfahren zurückverwiesen, so sind die Abwägungen des Bundesverwaltungsgerichtes hinsichtlich des Nichtvorliegens der dauerhaften Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung für das Bundesamt nicht bindend. In den Fällen der Z 5 und 6 darf kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegen.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Absatz 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Absatz 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1 .der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 28 Absatz 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Zu A)
3.3. Verletzung der Entscheidungspflicht
§ 73 AVG idF BGBl. I 65/2002 lautete:
"Entscheidungspflicht
(1) Die Behörden sind verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Sofern sich in verbundenen Verfahren (§ 39 Abs. 2a) aus den anzuwendenden Rechtsvorschriften unterschiedliche Entscheidungsfristen ergeben, ist die zuletzt ablaufende maßgeblich.
(2) Wird der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen, so geht auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, wenn aber gegen den Bescheid Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat erhoben werden könnte, auf diesen über (Devolutionsantrag). Der Devolutionsantrag ist bei der Oberbehörde (beim unabhängigen Verwaltungssenat) einzubringen. Er ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist. (3) Für die Oberbehörde (den unabhängigen Verwaltungssenat) beginnt die Entscheidungsfrist mit dem Tag des Einlangens des Devolutionsantrages zu laufen."
Die relevanten Bestimmungen des B-VG, aufgehoben durch BGBl. I 51/2012, lauteten:
"Garantien der Verfassung und Verwaltung
Artikel 129. Zur Sicherung der Gesetzmäßigkeit der gesamten öffentlichen Verwaltung sind die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern, der Asylgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof berufen."
"Asylgerichtshof
Artikel 129c. Der Asylgerichtshof erkennt nach Erschöpfung des Instanzenzuges 1. über Bescheide der Verwaltungsbehörden in Asylsachen, 2. über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in Asylsachen."
§ 61 AsylG 2005 idF BGBl. I 122/2009 lautete:
"Asylgerichtshof
(1) Der Asylgerichtshof entscheidet in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 oder 3a vorgesehen ist, durch Einzelrichter über 1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und 2. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes. (2) [- (4)...]"
Die Erstbeschwerdeführerin erhob in ihrem Schriftsatz vom 27.11.2013 ausdrücklich eine auf § 61 Abs. 1 Ziffer Asylgesetz gestützte Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.
Die Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes war am 31. Dezember 2013 beim Asylgerichtshof anhängig. Das Verfahren ist daher gemäß § 75 Abs. 19 AsylG 2005 vom Bundesverwaltungsgericht zu Ende zu führen.
Für die Beurteilung der Frage, ob die Erhebung der Säumnisbeschwerde durch die Erstbeschwerdeführerin zulässig war, ist daher die Rechtslage im Zeitpunkt der Einbringung dieses Rechtsbehelfs maßgeblich.
§ 61 AsylG 2005 idF BGBl. I 122/2009 lautete:
"Asylgerichtshof
(1) [...] (2) Beschwerden gemäß Abs. 1 Z 2 sind beim Asylgerichtshof einzubringen. Im Fall der Verletzung der Entscheidungspflicht geht die Entscheidung auf den Asylgerichtshof über. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden des Bundesasylamtes zurückzuführen ist. (3) [- (4)...]"
Die Beschwerde wurde gemäß § 61 Abs. 2 erster Satz AsylG 2005 beim Asylgerichtshof eingebracht.
§ 61 Abs. 2 zweiter und dritter Satz entsprachen ausweislich der Materialien § 73 Abs. 2 AVG (RV 371 BlgNR 23. GP). Daher kann zur Prüfung der Voraussetzungen der Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes die zum Devolutionsantrag nach § 73 Abs. 2 AVG ergangene Rechtsprechung herangezogen werden.
Voraussetzungen für die Einbringung eines Devolutionsantrages sind die Parteistellung des Antragstellers im Verfahren und dessen Beeinträchtigung in seinen rechtlichen Interessen durch die Untätigkeit der Behörde sowie der Ablauf der Entscheidungsfrist (vgl. Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4, 2009, 397 ff.).
Im Verfahren über ihren Antrag auf internationalen Schutz verfügen die Beschwerdeführer über Parteistellung und werden sie durch die Untätigkeit des Bundesasylamtes (nunmehr Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) in ihrem Recht auf Entscheidung über ihre Anträge beeinträchtigt. Gemäß § 73 Abs. 1 AVG war das Bundesasylamt verpflichtet, über die Anträge ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen die Bescheide über die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz zu erlassen. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 16.04.2013 wurden die Bescheide des Bundesasylamtes vom 25.08.2009 behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung neuer Bescheide an das Bundesasylamt zurückverwiesen. Das Erkenntnis wurde dem Bundesasylamt am 18.04.2013 zugestellt. Die Frist von sechs Monaten begann daher ab diesem Zeitpunkt zu laufen und war zum Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes bereits abgelaufen.
Inhaltlich muss der Devolutionsantrag den Antrag, über den nicht fristgerecht entschieden wurde, konkret benennen. Er muss sich auf den ganzen Parteiantrag beziehen (Hengstschläger/Leeb, AVG § 73 Rz 110).
Die Erstbeschwerdeführerin rügt, dass das Bundesasylamt sieben Monate lang keine Entscheidung über ihren Antrag auf internationalen Schutz getroffen habe. Der Antrag, über den nicht fristgerecht entschieden wurde, ist daher als Antrag der Erstbeschwerdeführerin auf internationalen Schutz hinreichend bestimmt.
Die Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes war daher zulässig. Die Zuständigkeit zur Entscheidung über die Anträge der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers auf internationalen Schutz sind daher gemäß § 61 Abs. 2 AsylG 2005 mit 27.11.2013 auf den Asylgerichtshof übergegangen. Das Verfahren ist gemäß § 75 Abs. 19 AsylG 2005 seit 1. Jänner 2014 vom Bundesverwaltungsgericht zu Ende zu führen.
Die Zulässigkeit der Beschwerde ist auch nicht weggefallen: Die Beschwerde entspricht auch den Voraussetzungen der §§ 8 f. VwGVG idF BGBl. I 33/2013:
"Frist zur Erhebung der Säumnisbeschwerde
§ 8. (1) Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) kann erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist. (2) [...]
Inhalt der Beschwerde
§ 9. (1) Die Beschwerde hat zu enthalten: 1. [- 3. ...] 4. das Begehren und 5. [...]. (2) Belangte Behörde ist 1. [- 2. ...] 3. in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG jene Behörde, die den Bescheid nicht erlassen hat, 4. [- 5. ...]. (3) [- (5) ...] (5) Bei Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG entfallen die Angaben nach Abs. 1 Z 1 bis 3 und 5. Als belangte Behörde ist die Behörde zu bezeichnen, deren Entscheidung in der Rechtssache begehrt wurde. Ferner ist glaubhaft zu machen, dass die Frist zur Erhebung der Säumnisbeschwerde gemäß § 8 Abs. 1 abgelaufen ist."
Die Säumnisbeschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden des Bundesasylamtes zurückzuführen ist. Ein überwiegendes Verschulden des Bundesasylamtes ist dann anzunehmen, wenn die Verzögerung weder durch das Verschulden der Partei noch durch unüberwindliche Hindernisse verursacht wurde (vgl. Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4, 2009, Rz 638).
Für diese Beurteilung gilt es auszumachen, ob die Ursache einer Verzögerung des Verwaltungsverfahrens (überwiegend) im Einflussbereich des Bundesasylamtes liegt; gegebenenfalls ist das Verschulden der Partei an der Verzögerung des Verfahrens gegen jenes der Behörde abzuwägen (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 73 Rz 126 ff.). Der Grundsatz der Amtswegigkeit allein vermag jedenfalls Verzögerungen des Ermittlungsverfahrens nicht zu rechtfertigen. Überflüssige Verfahrensschritte stellen bei klarer Sachlage daher ebenso eine schuldhafte Verzögerung dar wie zB unnötige Ausdehnungen des Ermittlungsverfahrens oder die entbehrliche Abhaltung mündlicher Verhandlungen. Unterlässt die Behörde die für eine zügige Verfahrensführung nötigen weiteren Verfahrensschritte, liegt ebenso ein überwiegendes Verschulden vor (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 73 Rz 129). Kommt es auf Grund eines langwierigen Ermittlungsverfahrens zu einer überlangen Verfahrensdauer, ist eine eingehende Darstellung des bisherigen Verfahrensverlaufes in zeitlicher Abfolge und eine Begründung durch das Bundesasylamt erforderlich, in der nachvollziehbar, über allgemeine Behauptungen hinausgehend, dargelegt wird, welche Ursachen die Dauer der einzelnen Verfahrensschritte sachlich rechtfertigen (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 73 Rz 131).
Ein unüberwindbares, das Verschulden der Behörde ausschließendes Hindernis für die fristgerechte Erledigung der Sache liegt immer dann vor, wenn der Behörde trotz zweckentsprechender und zügiger Verfahrensführung eine Entscheidung vor dem Einlangen der Beschwerde unmöglich gewesen ist, etwa weil das Verfahren im Einzelfall äußerst komplex ist, Beweise nicht erhoben werden können oder außerhalb der Einflusssphäre der Behörde gelegene Ereignisse das Verfahren blockieren. Der Eintritt eines unüberwindlichen Hindernisses schließt das überwiegende Verschulden der Behörde nicht aus, wenn bereits zuvor schuldhaft Ermittlungen nicht rechtzeitig eingeleitet wurden, wenn also das unüberwindliche Hindernis unmittelbar vor Beschwerdeerhebung aufgetretenen ist, jedoch schon vorher eine auf einem überwiegenden behördlichen Verschulden beruhende Verfahrensverzögerung vorlag (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 73 Rz 137).
Zu § 73 Abs. 2 AVG wurde auch judiziert, dass das Verschulden der zur Entscheidung berufenen Behörde auch dadurch nicht ausgeschlossen wird, dass eine dazu berufene Behörde die erforderliche Zustimmung verweigert, weil die Behörde den Antrag in diesem Fall abzuweisen hat. Grundsätzlich sind Verzögerungen durch eine an der Entscheidung mitwirkungsbefugte Behörde bei der Beurteilung des Verschuldens der zur Entscheidung berufenen Behörde zu berücksichtigen (Hengstschläger/Leeb, AVG § 73 Rz 133).
Das Bundesasylamt führte in seiner Stellungnahme vom 03.12.2013 aus, dass das gegenständliche Asylverfahren von zwei nicht mehr beim Bundesasylamt tätigen Beamtinnen durchgeführt worden sei; aufgrund der notwendigen Aktualisierung der Länderberichte, der großen Anzahl von Verfahren und der bevorstehenden Umstrukturierung sei der Bescheid nicht in der vorgesehenen Entscheidungsfrist erlassen worden. Aus der Stellungnahme des Bundesasylamtes gehen keine Umstände hervor, wonach die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen wäre. In diesem Zusammenhang ist weiters anzumerken, dass es sich aus dem Akteninhalt auch nicht ergibt, dass die Ermittlungsverzögerung durch ein schuldhaftes Verhalten der Beschwerdeführer oder durch unüberwindliche Hindernisse verursacht waren.
Daraus folgt, dass den Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht stattzugeben war und dass die Zuständigkeit hinsichtlich der Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz auf das Bundesverwaltungsgericht übergegangen ist und es in der Folge über diese Anträge selbst zu entscheiden hat.
3.4. Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1, Abschnitt A, Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.
Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974, ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung". Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. zB. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; VwGH 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH 25.1.2001, Zl. 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht. (VwGH E vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH 25.1.2001, Zl. 2001/20/0011).
Für eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH 26.02.1997, Zl. 95/01/0454, VwGH 09.04.1997, Zl. 95/01/055), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl. VwGH 18.04.1996, Zl. 95/20/0239; VwGH 16.02.2000, Zl. 99/01/0397), sondern erfordert eine Prognose.
Verfolgungshandlungen, die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318).
Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 09.09.1993, Zl. 93/01/0284; VwGH 15.03.2001, Zl. 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH 16.06.1994, Zl. 94/19/0183, VwGH 18.02.1999, Zl. 98/20/0468).
Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).
Eine Verfolgung, d.h. ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen, kann weiters nur dann asylrelevant sein, wenn sie aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen (Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung) erfolgt, und zwar sowohl bei einer unmittelbar von staatlichen Organen ausgehenden Verfolgung als auch bei einer solchen, die von Privatpersonen ausgeht (VwGH 27.01.2000, Zl. 99/20/0519, VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256, VwGH 04.05.2000, Zl. 99/20/0177, VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203, VwGH 21.09.2000, Zl. 2000/20/0291, VwGH 07.09.2000, Zl. 2000/01/0153, u.a.).
Im gegenständlichen Fall sind die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem in der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Grund nicht gegeben. Die Erstbeschwerdeführerin vermochte wie ausführlich in der Beweiswürdigung dargelegt keine asylrelevante Verfolgung gemäß Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft zu machen. Für den Zweitbeschwerdeführer, den minderjährigen Sohn der Erstbeschwerdeführerin, wurden keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide (Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten) war daher der Erfolg versagt.
3.5. Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten
Hinsichtlich der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide (Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten) ist Folgendes anzuführen:
Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden, dessen Asylantrag abgewiesen wurde, zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gefahr im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Art. 2 EMRK lautet:
"(1) Das Recht jedes Menschen auf das Leben wird gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden.
(2) Die Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie sich aus einer unbedingt erforderlichen Gewaltanwendung ergibt:
a) um die Verteidigung eines Menschen gegenüber rechtswidriger Gewaltanwendung sicherzustellen;
b) um eine ordnungsgemäße Festnahme durchzuführen oder das Entkommen einer ordnungsgemäß festgehaltenen Person zu verhindern;
c) um im Rahmen der Gesetze einen Aufruhr oder einen Aufstand zu unterdrücken."
Während durch das 6. ZPEMRK die Todesstrafe weitestgehend abgeschafft wurde, erklärt das 13. ZPEMRK die Todesstrafe als vollständig abgeschafft.
Art. 3 EMRK lautet: "Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden."
Folter bezeichnet jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen, um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden. Der Ausdruck umfasst nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind (Art. 1 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984). Unter unmenschlicher Behandlung ist die vorsätzliche Verursachung intensiven Leides unterhalb der Stufe der Folter zu verstehen (Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht 10. Aufl. (2007), RZ 1394), unter einer erniedrigenden Behandlung die Zufügung einer Demütigung oder Entwürdigung von besonderem Grad (Näher Tomasovsky, FS Funk (2003) 579; Grabenwarter, Menschenrechtskonvention 134f).
Art. 3 EMRK enthält keinen Gesetzesvorbehalt und umfasst jede physische Person (auch Fremde), welche sich im Bundesgebiet aufhält. Die Ausweisung eines Fremden kann eine Verantwortlichkeit des ausweisenden Staates nach Art. 3 EMRK begründen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass die betroffene Person im Falle ihrer Ausweisung einem realen Risiko ausgesetzt würde, im Empfangsstaat einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).
Eine aufenthaltsbeendende Maßnahme verletzt Art. 3 EMRK auch dann, wenn begründete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Fremde im Zielland gefoltert oder unmenschlich behandelt wird (für viele:
VfSlg 13.314; EGMR 7.7.1989, Soering, EuGRZ 1989, 314). Die Asylbehörde hat daher auch Umstände im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers zu berücksichtigen, auch wenn diese nicht in die unmittelbare Verantwortlichkeit XXXX fallen. Als Ausgleich für diesen weiten Prüfungsansatz und der absoluten Geltung dieses Grundrechts reduziert der EGMR jedoch die Verantwortlichkeit des Staates dahingehend, dass er für ein "ausreichend reales Risiko" für eine Verletzung des Art. 3 EMRK eingedenk des hohen Eingriffschwellenwertes ("high threshold") dieser Fundamentalnorm strenge Kriterien heranzieht, wenn dem Beschwerdefall nicht die unmittelbare Verantwortung des Vertragstaates für einen möglichen Schaden des Betroffenen zu Grunde liegt (vgl. Karl Premissl in Migralex "Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in "Dublin-Verfahren"", derselbe in Migralex: "Abschiebeschutz von Traumatisierten"; EGMR: Ovidenko vs. Finnland; Hukic vs. Scheden, Karim, vs. Schweden, 4.7.2006, Appilic 24171/05, Goncharova & Alekseytev vs. Schweden, 3.5.2007, Appilic 31246/06.)
Der EGMR geht weiters allgemein davon aus, dass aus Art. 3 EMRK grundsätzlich kein Bleiberecht mit der Begründung abgeleitet werden kann, dass der Herkunftsstaat gewisse soziale, medizinische od. sonstige unterstützende Leistungen nicht biete, die der Staat des gegenwärtigen Aufenthaltes bietet. Nur unter außerordentlichen, ausnahmsweise vorliegenden Umständen kann die Entscheidung, den Fremden außer Landes zu schaffen, zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen (vg. z. B. Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 ["St. Kitts-Fall"], oder auch Application no. 7702/04 by SALKIC and Others against Sweden oder S.C.C. against Sweden v. 15.2.2000, 46553 / 99).
Gem. der Judikatur des EGMR muss der Beschwerdeführer die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer aktuellen und ernsthaften Gefahr schlüssig darstellen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 7.7.1987, Nr. 12877/87 - Kalema gg. Frankreich, DR 53, S. 254, 264). Dazu ist es notwendig, dass die Ereignisse vor der Flucht in konkreter Weise geschildert und auf geeignete Weise belegt werden. Rein spekulative Befürchtungen reichen ebenso wenig aus (vgl. EKMR, Entsch. Vom 12.3.1980, Nr. 8897/80: X u. Y gg. Vereinigtes Königreich) wie vage oder generelle Angaben bezüglich möglicher Verfolgungshandlungen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 17.10.1986, Nr. 12364/86: Kilic gg. Schweiz, DR 50, S. 280, 289). So führt der EGMR in stRsp aus, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller "Beweise" zu beschaffen, es dennoch ihm obliegt -so weit als möglich- Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht ( z. B. EGMR Said gg. die Niederlande, 5.7.2005).
Auch nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, VwGH 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). Wenn es sich um einen der persönlichen Sphäre der Partei zugehörigen Umstand handelt (zB ihre familiäre (VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua), gesundheitliche (VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601) oder finanzielle (vgl VwGH 15.11.1994, 94/07/0099) Situation), von dem sich die Behörde nicht amtswegig Kenntnis verschaffen kann (vgl auch VwGH 24.10.1980, 1230/78), besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Asylwerbers (VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279).
Voraussetzung für das Vorliegen einer relevanten Bedrohung ist auch in diesem Fall, dass eine von staatlichen Stellen zumindest gebilligte oder nicht effektiv verhinderbare Bedrohung der relevanten Rechtsgüter vorliegt oder dass im Heimatstaat des Asylwerbers keine ausreichend funktionierende Ordnungsmacht (mehr) vorhanden ist und damit zu rechnen wäre, dass jeder dorthin abgeschobene Fremde mit erheblicher Wahrscheinlichkeit der in § 8 Abs. 1 AsylG umschriebenen Gefahr unmittelbar ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 26.6.1997, 95/21/0294).
Der VwGH geht davon aus, dass der Beschwerdeführer vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen muss, in seinem Herkunftsstaat mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit von einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr betroffen zu sein. Wird dieses Wahrscheinlichkeitskalkül nicht erreicht, scheidet die Gewährung von subsidiärem Schutz somit aus.
Umgelegt auf den gegenständlichen Fall werden im Lichte der dargestellten nationalen und internationalen Rechtsprechung folgende Überlegungen angestellt:
Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor, weshalb aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 und/oder 3 EMRK abgeleitet werden kann.
Auch wenn im Herkunftsstaat der Beschwerdeführer die Todesstrafe praktiziert wird, so müssten konkrete Anhaltspunkte vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt wäre. Nachdem keine derartige Gefährdung geltend gemacht wurde, liegt auch keine reale Gefahr einer Verletzung des Protokolls Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe vor.
Äthiopien befindet sich nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes und es kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden, dass für die Beschwerdeführer als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach erkannt, dass auch die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten kann, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet. Gleichzeitig wurde jedoch unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte betont, dass eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen ist (vgl. u.a. VwGH 06.11.2009, Zl. 2008/19/0174 und VwGH 21.08.2001, Zl. 200/01/0443).
Die Erstbeschwerdeführerin ist seit mehr als sechs Jahren in XXXX aufhältig; sie ist mit einem äthiopischen Staatsbürger verheiratet, mit dem sie XXXX Kinder hat, wobei XXXX der Kinder in Äthiopien unter der Aufsicht einer Hausangestellten leben. Der minderjährige Sohn der Erstbeschwerdeführerin lebt mit ihr in XXXX. Es ist glaubhaft, dass der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr kein Rückhalt für die Erstbeschwerdeführerin wäre, sondern für sie eher als Bedrohung erscheint. So antwortete sie auf die Frage der erkennenden Richterin, was sie bei einer Rückkehr nach Äthiopien befürchte: "Ein großes Problem ist mein Mann. Ich habe kein gutes Leben mit ihm. Ich habe XXXX Kinder mit ihm. Er hatte keinen Respekt vor mir, ich bin traditionell verheiratet worden und ich hatte keine Rechte. Wir hatten auch verschiedene Meinungen." Ihr Mann hat inzwischen wieder geheiratet und würde sie bei einer Rückkehr offensichtlich nicht unterstützen. Die Erstbeschwerdeführerin verfügt somit über kein familiäres Netzwerk, das ihr eine Rückkehr erleichtern würde. Es besteht die reale Gefahr, dass es der Erstbeschwerdeführerin unmöglich wäre, eine Arbeit zu finden, bzw. dass sie höchstens eine Arbeit finden würde, in der sie sexueller Gewalt ausgesetzt wäre und ein menschenunwürdiges Leben führen müsste.
Die sozioökonomische Situation alleinstehender Frauen in Äthiopien muss als überaus schlecht bezeichnet werden. Die Arbeitslosigkeit von Frauen in XXXX wird auf 40 bis 55 % geschätzt. Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass eine Frau in Äthiopien einer eigenständigen Erwerbstätigkeit nachgehen kann, sind insbesondere eine höhere Schulbildung, das Leben in der Stadt, das Verfügen über finanzielle Mittel und die Unterstützung durch ein soziales Netzwerk. Ohne diese Voraussetzungen bleiben Frauen oft nur berufliche Aktivitäten - wie namentlich Prostitution - die aus ethischer Sicht oder mit Blick auf gesundheitliche Risiken nicht zumutbar wären (vgl. ALEXANDRA GEISER, SFH, Äthiopien: Rückkehr einer jungen alleinstehenden Frau, Bern, 13. Oktober 2009).
Für alleinstehende, nach Äthiopien zurückkehrende Frauen ist es nach Kenntnis des Bundesverwaltungsgerichts schwer, sozialen Anschluss zu finden, da allein lebende Frauen von der Gesellschaft - auch der städtischen - nicht akzeptiert werden, weil die kulturelle Norm für Frauen ein Leben in der Familie vorsieht (vgl. auch entsprechende Urteile des Schweizer Bundesverwaltungsgerichtes; etwa BVGE 2011/25
E. 8.5 S. 521 f. und dortige Hinweise sowie die zuletzt ergangenen Urteile E-4069/2013 vom 30. August 2013 E. 5.3.2, E-1765/2011 vom
11. Ju-li 2013 E. 7.3.3 und D-6131/2012 vom 28. Mai 2013 E. 8.1.3).
Aufgrund der oa. Ausführungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass die Erstbeschwerdeführerin aufgrund ihrer exzeptionellen Situation als eine alleinstehende Frau, welche für ein minderjähriges Kind zu sorgen hat und von ihrem Ehemann nicht wieder aufgenommen werden würde, im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien in eine allfällige Anfangsschwierigkeiten überschreitende dauerhaft aussichtslose Lage geraten würde (vgl. dazu etwa auch Asylgerichtshof vom 27.10.2011, A3 318.567-1/2008/15E). Der Beschwerde zu Spruchteil II. war daher unter Abwägung der persönlichen Gründe der Erstbeschwerdeführerin Folge zu geben.
Der mit "Familienverfahren im Inland" betitelte und im gegenständlichen Verfahren anzuwendende § 34 AsylG 2005 idgF lautet wie folgt:
"§ 34. (1) Stellt ein Familienangehöriger von
1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;
2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder
3. einem Asylwerber
einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.
(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist;
2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und
3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).
(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist;
2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist;
3 gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und
4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.
(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.
(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.
(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:
auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;
auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind."
Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits im Herkunftsland (richtig: Herkunftsstaat) bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.
Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:
Der Zweitbeschwerdeführer ist minderjähriges Kind einer Fremden, der der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde. Er ist somit Familienangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 22 iVm. § 34 Abs. 3 AsylG 2005.
Zwischen dem Zweitbeschwerdeführer und der Familienangehörigen, der der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, besteht ein aufrechtes Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK. Im gesamten Verfahren haben sich keinerlei Anhaltspunkte dahingehend ergeben, dass unter Gesamtbetrachtung aller Umstände des vorliegenden Falles die Fortsetzung des Familienlebens in einem anderen Staat zumutbar oder möglich wäre.
Einem Familienangehörigen ist der Status eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 34 Abs. 3 Z.1 nicht zuzuerkennen, wenn er straffällig geworden ist. Der Zweitbeschwerdeführer ist minderjährig.
Gegen die Mutter des Zweitbeschwerdeführers, der der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, ist ein Verfahren zur Aberkennung dieses Status gemäß § 9 AsylG 2005 nicht anhängig.
Da im gegenständlichen Fall alle gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, war dem Zweitbeschwerdeführer im Familienverfahren der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 iVm. § 34 Abs. 3 AsylG 2005 zuzuerkennen.
3.6. Zu Spruchpunkt III. (Befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte)
Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 idgF ist einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung zu erteilen. Diese gilt für ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über den Antrag des Fremden vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl für jeweils zwei weitere Jahre verlängert.
Das Bundesverwaltungsgericht hat der Erstbeschwerdeführerin und dem Zweitbeschwerdeführer den Status der subsidiär Schutzberechtigten in Hinblick auf den Herkunftsstaat Äthiopien zuerkannt, sodass eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 idgF zu erteilen war.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; dazu sei auf die im Text angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen (vgl. etwa zur Glaubwürdigkeit des Vorbringens, VwGH vom 06.03.1996, 95/20/0650). Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:BVWG:2015:I403.1408765.2.00
www.ris.bka.gv.at Seite von
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