Khamzat Gerikhanov (Chechen Social and Cultural Association) erklärte, es sei üblich, dass tschetschenische Rebellen aus benachbarten Republiken im Nordkaukasus zurückgeschickt werden, um (strafrechtlicher) Verfolgung in Tschetschenien ausgesetzt zu sein. Ein Vertreter des föderalen Ombudsmannes erklärte demgegenüber, dass ihm keine Fälle bekannt wären, in denen russische Behörden auf Anfrage der tschetschenischen Behörden Tschetschenen verhaftet und zwecks Strafverfolgung zurück nach Tschetschenien überstellt hätten. Zumindest würden tschetschenische Behörden das russische föderale Justizwesen jedoch bei der Suche nach einer Person, die unter Verdacht steht, Mitglieder illegaler bewaffneter Gruppierungen zu unterstützen, in Anspruch nehmen. Die Entscheidung, ob eine Anfrage von tschetschenischen Behörden zu Recht besteht, trifft dabei die Bundesbehörde. Khamzat Gerikhanov gab weiters an, dass Unterstützer oder Verwandte von Anhängern der illegalen bewaffneten Gruppen, die in eine andere Region der Russischen Föderation gezogen sind, aufgefunden werden, falls nach diesen Personen offiziell auf Bundesebene gesucht wird. Wenn jemand illegale bewaffnete Gruppen zum ersten Mal oder schon vor vielen Jahren mit Nahrung, Unterkunft oder Transport unterstützt hat und sich in der Folge außerhalb von Tschetschenien niederlässt, würden die tschetschenischen Behörden keine bundesweite Suche nach diesen Personen einleiten oder große Anstrengungen unternehmen, um derartige Personen wieder zurück nach Tschetschenien zu überstellen.
Der föderale Ombudsmann hat nach eigenen Angaben noch keine Beschwerden über Belästigungen bzw. Bedrohungen von Tschetschenen durch andere Tschetschenen erhalten, die in der Russischen Föderation außerhalb des Nordkaukasus wohnhaft sind. In dieser Hinsicht ist die Unterscheidung zwischen "high profile persons" und "low profile persons" wichtig. Personen, die von Kadyrow als Außenseiter oder Gegner seiner Regierung bzw. als Rivale seines Clans betrachtet werden, könnten Bedrohungen durch andere Tschetschenen ausgesetzt sein. Sogenannte "high profile persons" sind der Gefahr von Racheakten durch Mitglieder von Kadyrows Geheimdienst in der Russischen Föderation als auch im Ausland ausgesetzt. Demgegenüber werden "low profile persons", die nicht offiziell gegen Kadyrow eingestellt sind, in der Regel nicht belangt.
Ein Vertreter der Chechen Social and Cultural Association betrachtet es als unmöglich für die tschetschenischen Behörden, einen low-profile-Unterstützer der Rebellen in anderen Teilen der Russischen Föderation außerhalb Tschetscheniens zu finden.
Bereits das Bekanntwerden kleinster kritischer Äußerungen betreffend die Regierung Kadyrows würde jedoch zu einer Rüge durch die tschetschenischen Behörden führen. Ekaterina Sokiryanskaya von Memorial in St. Petersburg gab in diesem Zusammenhang an, dass in den meisten Fällen tschetschenische Behörden nach einer Person nicht offiziell suchen, sondern in der Lage sind, (inoffiziell) Personen in der Russischen Föderation und in vielen europäischen Ländern ausfindig zu machen und gegebenenfalls auch zu töten.
(Danish Immigration Service: Chechens in the Russian Federation, Report from Danish Immigration Service's fact finding mission to Moscow and St. Petersburg, the Russian Federation, 12 to 29 June 2011, 11.10.2011)
Wird eine Person aber tatsächlich von Kadyrow gesucht, so könnte jener die Person überall in der Welt, auch in Kopenhagen, Wien, Dubai oder Moskau finden.
(Danish Immigration Service (8.2012): Chechens in the Russian Federation - residence registration, racially motivated violence and fabricated criminal cases,
http://www.nyidanmark.dk/NR/rdonlyres/01750EB0-C5B1-425C-90A7-3CE3B580EEAA/0/chechens_in_the_russian_federation.pdf; Zugriff 25.10.2013)
Was die Sicherheit von Tschetschenen in anderen Teilen der Russischen Föderation betrifft, so kann eine Beurteilung der Gefährdung nur im Einzelfall erfolgen. Dabei ist zu unterscheiden zwischen Tschetschenen, die in Tschetschenien keine Probleme hatten und etwa nur zur Arbeitssuche in einen anderen Teil der Russischen Föderation kommen (diese haben möglicherweise mit Diskriminierung und Anfeindungen aufgrund der weit verbreiteten Fremdenfeindlichkeit in Russland zu kämpfen) und Tschetschenen, die in Tschetschenien tatsächlich verfolgt werden (diese sind gegebenenfalls auch in anderen Teilen der Russischen Föderation nicht sicher).
(ÖB Moskau (9.2013): Asylländerbericht Russische Föderation)
Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die tschetschenischen Behörden Unterstützer und Familienmitglieder einzelner Kämpfer auf dem gesamten Territorium der Russischen Föderation suchen und/oder finden würden, was aber bei einzelnen bekannten oder hochrangigen Kämpfern sehr wohl der Fall sein kann.
(Analyse der Staatendokumentation vom 20.4.2011 - Russische Föderation - Unterstützer und Familienmitglieder (mutmaßlicher) Widerstandskämpfer in Tschetschenien)
Einer internationalen Organisation zufolge ist es für jemanden, der einen Machtmissbrauch von lokalen Behörden in einem Föderationssubjekt fürchtet schwierig, einen sicheren Ort in einer anderen Region in Russland zu finden. Ist die Person registriert, ist es für die Behörden leichter, sie zu finden.
(Danish Immigration Service (8.2012): Chechens in the Russian Federation - residence registration, racially motivated violence and fabricated criminal cases,
http://www.nyidanmark.dk/NR/rdonlyres/01750EB0-C5B1-425C-90A7-3CE3B580EEAA/0/chechens_in_the_russian_federation.pdf; Zugriff 25.10.2013)
Zusammenfassend kann somit gesagt werden, dass im Einzelfall zu prüfen ist, ob eine Ansiedlung von Tschetschenen in anderen Teilen der Russischen Föderation möglich ist. Den wesentlichsten Punkt stellt die Frage dar, ob diese Personen von Kadyrow als Außenseiter oder Gegner seiner Regierung bzw. als Rivale seines Clans betrachtet werden und kann man diesbezüglich eine Unterscheidung in "high profile persons" und "low profile persons" treffen. Angesichts von möglichen Schwierigkeiten bei der Registrierung, die jedoch in den letzten Jahren wesentlich vereinfacht wurde, spielen überdies ein Netzwerk von Verwandten und Bekannten sowie die Möglichkeit der Kontaktierung von NGOs eine Rolle.
6. Lage in den Nachbarrepubliken im Nordkaukasus:
Der Tschetschenienkonflikt hatte in den zurückliegenden Jahren auch auf die Nachbarrepubliken im Nordkaukasus übergegriffen und die gesamte Region destabilisiert. Die Häufigkeit bewaffneter Auseinandersetzungen nimmt insbesondere in Inguschetien und Dagestan weiterhin zu. Die gesamte Region ist wirtschaftlich und sozial eine der am stärksten benachteiligten in der Russischen Föderation. Sie leidet in ganz besonderem Maße unter Korruption, ethnischen Spannungen und der Machtausübung durch einzelne Clans.
(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Russischen Föderation vom 07.03.2011, Seite 25)
Bei den Gewaltakteuren ist ein Ideologiewandel vom Ethno-Nationalismus zum islamischen Fundamentalismus zu beobachten.
Ist zwar grundsätzlich der gesamte Nordkaukasus davon betroffen, konzentriert sich die Gewalt hauptsächlich auf Dagestan. Im Jahr 2012 und bis August 2013 kamen bei Anschlägen und Gewaltakten in der gesamten Region knapp 1.000 Menschen ums Leben, etwa 800 wurden verletzt. Mehr als die Hälfte aller Opfer wurde in Dagestan registriert.
In der Region operieren militante salafistische Muslim-Bruderschaften (Jamaate), wobei die Gruppen lokal organisiert sind und weitgehend autonom handeln.
Zurückzuführen ist die wachsende Sympathie innerhalb der Bevölkerung des Nordkaukasus für gewaltsame Formen des Widerstandes auf die Rücksichtslosigkeit der russischen Sicherheitsorgane im "Kampf gegen den Terrorismus.
Die Gewalt im Nordkaukasus ist auch vor allem Ausdruck der anhaltenden sozio-ökonomischen und politischen Krise im Nordkaukasus. Die Region leidet seit langem unter Armut, Korruption und Vetternwirtschaft und liegen die Einkommen deutlich unter dem russlandweiten Durchschnitt. Die Arbeitslosenquote liegt bei 20 bis 30 %, in Inguschetien sogar bei 50 %.
(http://www.bpb.de/internationales/weltweit/innerstaatliche-konflikte/54672/nordkaukasus vom 06.01.2014)
6.1. Blutrache in Tschetschenien, Inguschetien und Dagestan:
Im Kaukasus gab es lange keine Staaten im traditionellen Sinn des Wortes. Von den einheimischen Völkern gingen keine Staatsbildungen aus, die enge lokale und ethnische Grenzen überschritten haben. Die Macht staatlicher Stellen beschränkte sich gewöhnlich auf den Sitz des Herrschers. Die bergigen Regionen blieben davon weitgehend unberührt. Das nicht Vorhandensein eines Staates impliziert die Abwesenheit von staatlicher Macht und Gesetzen, das einzige Gesetz, das die gegenseitigen Beziehungen regelte, war für lange Zeit das Adat, das sogenannte Gewohnheitsrecht.
Die Tradition der Blutrache stellt einen Teil des Gewohnheitsrechts dar. Wenn der eigentliche Täter nicht zur Rechenschaft gezogen werden kann, so wird sein engster Verwandter zum Ziel der Rache. Das Adat erlaubt nicht, dass die Rache durch irgendeine Regierungseinrichtung ausgeübt wird. Nur das Opfer oder seine Familie dürfen am Täter oder wenn dieser nicht direkt bestraft werden kann, an seiner Familie Rache nehmen. Frauen, Kinder und Alte sind von der Blutrache ausgenommen. Obwohl die Blutrache oft als brutal und grausam betrachtet wird, gilt sie in de facto in Anarchie lebenden Gesellschaften als notwendiger Mechanismus um das Chaos zu verhindern. Während der Sowjetherrschaft wurde versucht die Blutrache sowie das gesamte Adat auszumerzen. In den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts kommt es jedoch zu einem Wiederaufleben des Gewohnheitsrechts und zwar vor allem wegen der Korruption und der Machtlosigkeit der Regierung zusammen mit dem Vertrauensverlust der Bevölkerung in die Staatssicherheit und die Justiz. Auch der kriegsbedingte Zusammenbruch staatlicher Strukturen und die "Fremdherrschaft" des russischen Staates führten zu einem Anstieg der Blutrache.
Jedoch ist man heute, wie die Einrichtung der Versöhnungskommission zeigt, daran interessiert, diese alten Bräuche wieder zurückzudrängen, um die entstehende Gewaltspirale, die bei einem relativ kleinen Volk wie den Tschetschenen auf lange Sicht durchaus für das Überleben der Gruppe bedrohliche Ausmaße annehmen kann, zu unterbrechen.
(Analyse der Staatendokumentation, Blutrache in Tschetschenien vom 05.11.2009)
7. Weitere Erkenntnisse über asyl- und abschiebungsrelevante Vorgänge
7.1. Echtheit von Dokumenten
Die von den staatlichen Behörden ausgestellten Dokumente, welche die betreffenden Staatsangehörigen mit sich führen (insbesondere Reisedokumente), sind nicht selten mit unrichtigem Inhalt ausgestellt. Rund 20% der bei der Botschaft zur Echtheitsüberprüfung vorgelegten Dokumente sind Fälschungen. In Russland ist es möglich, Personenstands- und andere Urkunden zu kaufen, wie z.B. Staatsangehörigkeitsausweise, Geburts- und Heiratsurkunden, Vorladungen, Haftbefehle oder Gerichtsurteile. Asylsuchende aus der Russischen Föderation, insbesondere aus den russischen Kaukasusrepubliken, führen mitunter gefälschte Dokumente (z.B. unzutreffende Haftbefehle) oder unwahre Zeitungsmeldungen mit sich, mit denen staatliche Repressionsmaßnahmen dokumentiert werden sollen. Die Verwaltungsstrukturen in Tschetschenien sind größtenteils wieder aufgebaut, sodass die Echtheit von Dokumenten aus Tschetschenien grundsätzlich überprüft werden kann. Probleme ergeben sich allerdings dadurch, dass bei den kriegerischen Auseinandersetzungen viele Archive zerstört wurden.
7.2. Ausreisekontrollen und Ausreisewege
Die Grenz- und Zollkontrollen eigener Staatsangehöriger durch russische Behörden an den Außengrenzen entsprechen in der Regel internationalem Standard. Es liegen Hinweise vor, dass die Sicherheitsdienste einige Personen mit besonderer Aufmerksamkeit u. a. bei Ein- und Ausreisen überwachen und dunkelhäutige Personen aus dem Kaukasus häufig zu Dokumentenüberprüfungen herausgeholt werden.
Reisende müssen ihren Inlandspass vorweisen, wenn sie Fahrkarten oder Flugtickets kaufen.
(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Russischen Föderation vom 10.06.2013, S25, Seite 38-39; U.S. Department of State: Country Report on Human Rights Practices for 2012 - Russia)
Anfragebeantwortung zur Russischen Föderation: Tschetschenien: Lage von Männern mit Bart [a-8645-3 (8652)] vom 25.04.2014
Iwona Kaliszewska, eine auf den Nordkaukasus spezialisierte Mitarbeiterin am Institut für Ethnologie und Kulturanthropologie in Warschau, schreibt in einem im Jahr 2010 verfassten Bericht über den Nordkaukasus, dass Wahhabiten in Tschetschenien verfolgt und mit den Aufständischen gleichgesetzt würden. Sie würden oft ihre Überzeugungen nicht enthüllen und es komme vor, dass sie Angst davor hätten, die äußerlichen Merkmale, die "Wahhabiten" zugerechnet würden, zu zeigen. Solche äußerlichen Merkmale, beispielsweise das Tragen eines Bartes ohne Schnurrbart oder hochgekrempelte Hosen, seien ein Grund für die Festnahme oder Kontrolle einer Person gewesen. Es sei interessant, dass die Behörden SalafistInnen zwar als "Satane oder Teufel" beschreiben würden, es innerhalb der Kader von Kadyrow jedoch viele Anhänger dieser Strömung gebe. Sie würden üblicherweise zugeben, Salafisten zu sein, und Bärte ohne Schnurrbärte tragen. Ihre Zugehörigkeit zu den Regierungskräften mache sie unantastbar.
Im Jänner 2014 berichtet Caucasian Knot, ein von der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial im Jahr 2001 gegründetes Massenmedium im Internet, das über menschenrechtliche Themen im Kaukasus informiert, dass in Tschetschenien örtliche Einwohnerinnen berichtet hätten, dass in den Tagen zuvor regelmäßig junge Leute von den Strafverfolgungsbehörden auf den Straßen inhaftiert und als mutmaßliche Anhängerinnen eines radikalen Islam verhört worden seien. Nach Angaben der örtlichen Einwohnerinnen hätten die Strafverfolgungsbehörden auf Männer mit Bärten und Frauen mit Hidschab [islamisches Kopftuch, Anm. ACCORD] abgezielt. Mitglieder der Strafverfolgungsbehörden hätten die Situation mit präventiven Maßnahmen erklärt. Örtliche Einwohnerinnen hätten angegeben, dass die Strafverfolgungsbehörden in XXXX und anderen großen Städten Tschetscheniens "Anti-wahhabitische Razzien" durchführen, die Handys junger Männer und Frauen kontrollieren und regelmäßig Verhaftungen vornehmen würden.
Ein Einwohner von XXXX habe einem Korrespondenten von Caucasian Knot erzählt, dass im Hof seines Hauses ein junger Mann mit kleinem Bart, aber ohne Schnurrbart, von der Polizei festgenommen worden sei. Der Mann sei auf die Polizeiwache gebracht und fünf Stunden lang dort festgehalten worden. Man habe ihn dort nach Angaben des Einwohners ständig beleidigt und ihm mit Vergeltung als Wahhabiten gedroht. Man habe den jungen Mann dazu gezwungen, sich den Bart abzurasieren, und habe ihn gewarnt, dass er beim nächsten Mal nicht so einfach davonkommen werde. Der Einwohner von XXXX habe angegeben, dass seines Wissens in den vorangegangenen Tagen Dutzende, wenn nicht Hunderte derartiger Festnahmen erfolgt seien.
In dem Artikel von Caucasian Knot vom Jänner 2014 wird weiters berichtet, eine Einwohnerin Tschetscheniens habe erzählt, dass die Leute direkt auf der Straße verhaftet würden. Am Tag zuvor hätten sie und ihre Freundin gesehen, wie zwei junge Männer mit kleinen Bärten im Stadtzentrum von der Polizei angehalten worden seien. Die Polizisten hätten die beiden umzingelt, ihnen die Telefone abgenommen und die Audio- und Videoaufzeichnungen überprüft. Nach einer Weile habe man die beiden gehen lassen. Sie selbst habe ihrer Tochter bereits geraten, kein allzu großes Kopftuch zu tragen, um keine unnötige Aufmerksamkeit zu erregen. Zudem habe sie ihr verboten, das neue Handy, das sie zum Geburtstag geschenkt bekommen habe, bei sich zu tragen.
Die Razzien der Strafverfolgungsbehörden hätten laut Caucasian Knot nach einem Statement von Ramsan Kadyrow vom 10. Jänner 2014 begonnen. Kadyrow habe von der Intensivierung des Kampfes gegen die Ideologie des Wahhabismus und ihre Anhängerinnen gesprochen. Am 15. Jänner 2014 habe Kadyrow in XXXX eine Versammlung mit den Leitern der Unterabteilungen der Strafverfolgungsbehörden abgehalten. Dort habe er zum wiederholten Male gesagt, dass auf dem Gebiet der Republik Tschetschenien nicht einmal ein Hauch von Wahhabismus vorhanden sein dürfe. Kadyrow habe nach Angaben der staatlichen tschetschenischen Nachrichtenagentur XXXX Inform angemerkt, dass jungen Leuten, die die Wahhabiten nachahmen könnten, besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden müsse. Wenn ein junger Mensch sie selbst im äußeren Erscheinungsbild nachahme, müsse man Alarm schlagen und den Verwandten erklären, wohin das führen könne, so Kadyrow nach Angaben der Nachrichtenagentur.
Die Strafverfolgungsbehörden würden die Aktionen als Vorbeugung bezeichnen. Örtliche Einwohnerinnen hätten angemerkt, dass die Strafverfolgungsbehörden bestimmte Kriterien hätten, nach denen sie potentielle Anhängerinnen des Wahhabismus bestimmen würden. Ein Mitarbeiter einer gesellschaftlichen Organisation in Tschetschenien sei der Ansicht, dass man junge Männer, die mit den Wahhabiten sympathisieren würden, in Tschetschenien anhand eines Bartes mit abrasiertem Schnurrbart und anhand kurzer oder hochgekrempelter Hosenbeine bestimmen würde. Aber genau dieses Aussehen würde der Koran gläubigen Muslimen vorschreiben. Es verhalte sich also so, dass die Führung der Republik einerseits irgendwie eine Islamisierung der Gesellschaft betreibe, auf der anderen Seite aber aktiv dagegen ankämpfe, so der Mitarbeiter der gesellschaftlichen Organisation.
Der staatlich kontrollierte russische Fernsehsender NTW berichtet im Jänner 2014, dass Ramsan Kadyrow empört sei über die Gerüchte, dass in Tschetschenien das Tragen eines Bartes verboten sei. Nach Ansicht des Oberhauptes der Region sei dies eine "unverschämte Lüge", die von "offenen Feinden des Islam" verbreitet werde. Kadyrow habe betont, dass in Tschetschenien jeder Muslim einen Bart tragen und entscheiden könne, wie lang dieser sein solle. Gleichzeitig habe er auf seinem Account bei Instagram angemerkt, dass er nicht zulassen werde, dass die "Wahhabiten und übrigen verfluchten Feinde des Islam" den Kopf heben könnten. NTW merkt an, dass Ramsan Kadyrow sich nicht zum ersten Mal im Internet zu Bärten geäußert habe. Früher habe Kadyrow mitgeteilt, dass der Bart selbst keine Rolle spiele. Schauspieler, Gläubige und nicht Gläubige würden Bärte tragen. Wichtig sei, in welcher Absicht und weswegen man sich einen Bart wachsen lasse.
Die Jamestown Foundation, eine unabhängige, unparteiische und gemeinnützige Organisation, die Informationen zu Terrorismus, den ehemaligen Sowjetrepubliken, Tschetschenien, China und Nordkorea zur Verfügung stellt, berichtet Ende Jänner 2014, dass Mitte Jänner 2014 in Tschetschenien eine große Kampagne gegen den Salafismus, den Habaschismus und andere bekannte islamische Lehren gestartet worden sei. Ramsan Kadyrow habe das Thema des Kampfes gegen ungewollte islamische Lehren bei allen seinen öffentlichen Auftritten seitdem zur Sprache gebracht und gefordert, dass alle Bevölkerungsgruppen aktiv gegen ungewollte islamische Lehren vorgehen. Nach seinem Treffen mit der Geistigen Verwaltung der Muslime habe sich Kadyrow mit tschetschenischen Ministern und Leitern von Bezirksverwaltungen getroffen und sie aufgefordert, sich den Bemühungen im Kampf gegen die Radikalen anzuschließen. Kadyrow habe beschlossen, dass der Kampf gegen Radikale bei der äußeren Erscheinung beginne. Habe ein junger Mann etwa einen Bart, der eine gewisse akzeptierte Länge überschreite, könne er für einen Salafisten gehalten und auf der Straße von Regierungsvertretern aufgehalten werden. Sollte darüber hinaus auf dem Handy von jemandem ein Video mit salafistischen Predigten gespeichert sein, könnte die Person festgenommen und auf die Liste gefährlicher Personen gesetzt werden.
Sakir Magomedow, ein dagestanischer Journalist, der unter anderem für die Zeitung Nowoje Djelo und Radio Free Europe/Radio Liberty (RFE/RL) tätig ist, postet im Februar 2014 auf seinem Twitter-Account ein Foto eines von ihm so bezeichneten "Merkblatts für Tschetschenen". Magomedow habe das "Merkblatt" nach eigenen Angaben von einem Kollegen aus XXXX erhalten.
Das Merkblatt trägt den Titel "Informationen zur Übermittlung an die breite Öffentlichkeit der Republik Tschetschenien" und enthält folgenden Text: "Zur Vorbeugung des Wahhabismus und anderer radikaler Strömungen auf dem Gebiet der Republik Tschetschenien wird der Verkauf und die Verbreitung von Print-, Audio- und Videomaterialien folgender Autoren verboten: [Aufzählung von zehn Namen]. Es werden äußerliche Merkmale und ein Kleidungsstil folgenden Charakters verboten: In Bezug auf Männer - das Tragen eines Bartes ohne Schnurrbart, [...]".
Am 26. Februar 2014 veröffentlicht das Ministerium für Transport und Kommunikation der Republik Tschetschenien auf seiner Website einen Artikel, in dem erläutert wird, dass bekanntermaßen auf Anweisung und unter der direkten Kontrolle von Ramsan Kadyrow, dem Oberhaupt der Republik Tschetschenien, in der Region viel Arbeit für die geistige und moralische Erziehung der Bevölkerung geleistet werde. Besondere Aufmerksamkeit werde den radikalen religiösen Strömungen gewidmet, denen sich einige junge Leute aus Tschetschenien anschließen würden. Im Zusammenhang damit habe die bei der Administration des Oberhauptes und der Regierung Tschetscheniens angesiedelte Abteilung für die Kommunikation mit religiösen und gesellschaftlichen Organisationen, mit dem Ziel der Vorbeugung des Wahhabismus und radikaler Strömungen auf dem Gebiet der Republik Tschetschenien einen Beschluss gefasst, der folgendermaßen laute:
"1. Auf dem Gebiet der der Republik Tschetschenien wird der Verkauf und die Verbreitung von Print-, Audio- und Videomaterialien folgender Autoren verboten: [Aufzählung von zehn Namen]; 2. Es werden äußerliche Merkmale und ein Kleidungsstil folgenden Charakters verboten: In Bezug auf Männer - das Tragen eines Bartes ohne Schnurrbart, [...]".
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), eine international tätige NGO, die sich für Menschenrechte einsetzt, erwähnt in einem Bericht vom März 2014, dass seit Beginn des Jahres 2014 Ramsan Kadyrow mehrere Stellungnahmen zu sogenannten Salafisten oder Wahhabiten abgegeben habe. Er habe all jene, die einen Bart oder einen "nicht traditionellen" Hidschab tragen würden, als TerroristInnen dargestellt. Im Anschluss an Kadyrows Aussagen hätten sich lokale Mitglieder der Sicherheitskräfte genötigt gefühlt, junge Männer mit Bärten direkt nach den Freitagesgebeten zu inhaftieren. Am Eingang der Universität von XXXX werde die Kleidung von Studentinnen überprüft. Sollten sie einen schwarzen Hidschab tragen, der das Gesicht "zu sehr" bedecke, würden sie zurechtgewiesen. Die Mobiltelefone junger Moscheegänger würden konfisziert und nach Predigten von Salafisten durchsucht.
In einem weiteren Artikel von Caucasian Knot vom März 2014 wird berichtet, dass die Imame der Moscheen in XXXX nun das Erscheinungsbild ihrer Gemeindemitglieder überwachen und wöchentlich darüber Bericht erstatten müssten. Diese Anweisung sei vom neuen Kadi [Richter in islamischen Ländern, Anm. ACCORD] von XXXX erlassen worden, der wenige Wochen zuvor von Ramsan Kadyrow, dem tschetschenischen Oberhaupt, ernannt worden sei. Im Oktober 2013 hätten sich die tschetschenischen Behörden auch für die Einführung der Videoüberwachung in Moscheen ausgesprochen, um "die Sicherheit gewährleisten zu können". Am 10. Jänner 2014 habe Ramsan Kadyrow von den Strafverfolgungsbehörden gefordert, den Kampf gegen radikale Bewegungen und ihre AnhängerInnen zu intensivieren. Danach sei es zu Massenverhaftungen von jungen Männern mit Bart und abrasierten Schnurrbärten gekommen. Caucasian Knot merkt an, dass Anhänger des Salafismus üblicherweise Bärte tragen, sich aber die Schnurrbärte abrasieren würden. Zudem würden sie ihre Hosen üblicherweise ein wenig hochkrempeln. EinwohnerInnen von XXXX würden berichten, dass diese Kampagne nach wie vor andauere.
In einem weiteren Artikel vom März 2014 erläutert Caucasian Knot, dass die äußerliche Erscheinung eines Muslims nicht immer den Trends des Islam, den er praktiziere, entsprechen müsse. Die strenge Kontrolle des Erscheinungsbildes von Gemeindemitgliedern sei eine spezifische Vorgehensweise im Nordkaukasus. Eine neue Anweisung des Kadis von XXXX verpflichte die tschetschenischen Imame dazu, wöchentlich Bericht über das Aussehen ihrer Gemeindemitglieder zu erstatten. Professor Michail Roschtschin, ein hochrangiger Mitarbeiter des Zentrums für die Erforschung Zentralasiens, des Kaukasus und der Wolga-Ural-Region der russischen Akademie der Wissenschaften, sei der Ansicht, dass es keine grundlegenden Unterschiede gebe in Bezug auf die Art und Weise, wie innerhalb verschiedener Strömungen des Islam der Bart getragen werde.
Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 25. April 2014)
• Caucasian Knot: B HenHe CH.OBHKH 3agep*HBaroT Mo.ogwx .rogen H3-3a HX BHemHero Buga, 3aflB.raroT Mecrabie ÄHTC-TCH [In Tschetschenien warden junge Leute wegen ihrer äußeren Erscheinung von den Strafverfolgungsbehörden festgenommen, berichten örtliche Einwohner], 16. Jänner 2014
http://www.kavkaz-uzel.ru/articles/236713/
• Caucasian Knot: Kadi of Grozny obliges Imams to supervise the appearance of their mosque-goers, 26. März 2014 http://enq.kavkaz-uzel.ru/articles/27660/
• Caucasian Knot: Experts find stronger control over Muslims' appearance in Chechen mosques counterproductive, 28. März 2014 http://eng.kavkaz-uzel.ru/articles/27681/
• GfbV - Gesellschaft für bedrohte Völker: Written statement submitted by the Society for Threatened Peoples, a non-governmental organization in special consultative status; Severe human rights violations in the North Caucasus, Russian Federation [18 February 2014] [A/HRC/25/NGO/156], 4. März 2014 (veröffentlicht von UN Human Rights Council (HRC), verfügbar auf ecoi.net)
https://www.ecoi.net/file upload/1930 1395390985 g1411739.pdf
• Jamestown Foundation: Authorities in Chechnya Seek to Uproot Some Islamic Teachings; Eurasia Daily Monitor Volume: 11 Issue: 20, 31. Jänner 2014 (verfügbar auf ecoi.net) https://www.ecoi.net/local link/268645/396700 de.html
• Kaliszewska, Iwona: Everyday Life In North Caucasus, 2010 http://www.udsc.gov.pl/files/WIKP/info pdf/Binder1 Kaukaz ang.pdf
• Magomedow, Sakir: Tweet mit Foto von "Merkblatt für Tschetschenen", 25. Februar 2014 (veröffentlicht auf Twitter)
https://twitter.com/zakir
05/status/438301484195672064/photo/1/large?utm source=f b&utm
medium=fb&utm campaign=zakir 05&utm content=438301484195672064
• Ministerium für Transport und Kommunikation der Republik Tschetschenien: Mycy.bMaH HenHH [Für die Muslime Tschetscheniens], 26. Februar 2014 http://mtischr.ru/index.php?option=com blog calendar&year=2014&month=02&modid= 108
NTW: r.aBa HenHH onpoBepraeT c.yxu o 3anpeTe B peruoHe öopog u oöe^aeT He gaTb "nogH^Tb ro.OBy BaxxaÖHcraM". [Das Oberhaupt Tschetscheniens dementiert Gerüchte über das Verbot von Bärten in der Region und verspricht zu verhindern, dass "die Wahhabiten den Kopf heben können], 31. Jänner 2014 http://www.ntv.ru/novosti/836361/
S. 24, Auswärtiges Amt Berlin vom 10.06.2013
Es ist grundsätzlich möglich, von und nach Tschetschenien ein- und auszureisen und sich innerhalb der Republik zu bewegen. An den Grenzen zu den russischen Nachbarrepubliken befinden sich jedoch nach wie vor Kontrollposten, die gewöhnlich eine nicht staatlich festgelegte "Ein- bzw. Ausreisegebühr" erheben.
2. Beweiswürdigung:
Der erkennende Richter des Bundesverwaltungsgerichtes kommt nach Einvernahme des Beschwerdeführers zum klaren Ergebnis, dass seine behauptete Verfolgung im Herkunftsstaat nicht den Tatsachen entspricht.
Das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers stellt sich auf das Wesentliche beschränkt folgendermaßen dar:
Der Beschwerdeführer soll nach einem Moscheebesuch in eine handgreifliche Auseinandersetzung mit einem Sicherheitsbeamten bzw. Kadyrovzy wegen seines Bartwuchses geraten sein. Aufgrund der Art und Weise, wie er seinen Bart getragen habe, sei ihm unterstellt worden, Wahhabit zu sein. Es sei zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung mit dem Sicherheitsbeamten gekommen, wobei ein zweiter hinzugetreten sei. Seine zufällig anwesenden Nachbarn hätten die handgreifliche Auseinandersetzung beendet und dem Beschwerdeführer geholfen, von den beiden Sicherheitsbeamten wegzukommen.
Bei einer Rückkehr befürchte er nunmehr Verfolgungshandlungen, da er einen Sicherheitsbeamten geschlagen habe und ihm unterstellt werde, Wahhabit zu sein.
Dieses Vorbringen ist nunmehr einer Beurteilung auf seine Glaubwürdigkeit zu unterziehen.
Das Vorbringen eines Asylwerbers ist dann glaubhaft, wenn es vier Grunderfordernisse erfüllt (diesbezüglich ist auf die Materialien zum Asylgesetz 1991 [RV 270 BlgNR 18. GP; AB 328 BlgNR 18. GP] zu verweisen, die wiederum der VwGH-Judikatur entnommen wurden).
1. Das Vorbringen des Asylwerbers ist genügend substantiiert. Dieses Erfordernis ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn der Asylwerber den Sachverhalt sehr vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt, nicht aber in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über seine Erlebnisse zu machen.
2. Das Vorbringen muss, um als glaubhaft zu gelten, in sich schlüssig sein. Der Asylwerber darf sich nicht in wesentlichen Aussagen widersprechen.
3. Das Vorbringen muss plausibel sein, d.h. mit den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung übereinstimmen. Diese Voraussetzung ist u. a. dann nicht erfüllt, wenn die Darlegungen mit den allgemeinen Verhältnissen im Heimatland nicht zu vereinbaren sind oder sonst unmöglich erscheinen und
4. Der Asylwerber muss persönlich glaubwürdig sein. Das wird dann nicht der Fall sein, wenn sein Vorbringen auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt ist, aber auch dann, wenn er wichtige Tatsachen verheimlicht oder bewusst falsch darstellt, im Laufe des Verfahrens das Vorbringen auswechselt oder unbegründet einsilbig und verspätet erstattet oder mangelndes Interesse am Verfahrensablauf zeigt und die nötige Mitwirkung verweigert.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in zahlreichen Erkenntnissen betont, wie wichtig der persönliche Eindruck, den das zur Entscheidung berufene Mitglied der Berufungsbehörde im Rahmen der Berufungsverhandlung von dem Berufungswerber gewinnt, ist (siehe z. B. VwGH vom 24.06.1999, 98/20/0435, VwGH vom 20.05.1999, 98/20/0505, u.v.a.m.).
Vorausgeschickt wird, dass im Asylverfahren das Vorbringen des Asylwerbers als zentrales Entscheidungskriterium herangezogen werden muss (so schon VwGH vom 16.01.1987, Zl. 87/01/0230, VwGH vom 15.03.1989, Zl. 88/01/0339, UBAS vom 12.05.1998, Zahl:
203.037-0/IV/29/98 uva.m.)
Das Vorbringen des Beschwerdeführers erfüllt die soeben genannten Kriterien, um ein Vorbringen als glaubwürdig zu beurteilen, nicht. Im Vorbringen des Beschwerdeführers finden sich zwar keine gravierenden Widersprüche, doch hat sich dieses insbesondere nicht plausibel und auch nicht nachvollziehbar dargestellt. Der erkennende Richter des Bundesverwaltungsgerichtes kommt unter Berücksichtigung der Einvernahme des Beschwerdeführers und dem damit zusätzlich entstandenen persönlichen Eindruck zum Schluss, dass das Vorbringen nicht glaubwürdig ist und der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer wie immer gearteten Verfolgungssituation ausgesetzt wäre.
Bereits die geschilderten Modalitäten der Ausreise waren nicht nachvollziehbar und sprechen nicht für ein fluchtartiges Verlassen des Herkunftsstaates. Ach der unveränderte Aufenthalt des Familienclans - insbesondere seines Vaters und seiner drei Brüder, die sich unverändert in XXXX aufhalten sollen - spricht gegen die behauptete Verfolgung. Er legte im Übrigen trotz Möglichkeit zur Kontaktaufnahme mit seiner Familie im Herkunftsstaat seine Reisedokumente nicht vor und zeigt an den aktuellen Entwicklungen im Herkunftsstaat keinerlei Interesse. Schließlich spricht auch sein äußeres Erscheinungsbild gegen die geschilderte Verfolgungsgeschichte und haben sich in diesem Zusammenhang auch Ungereimtheiten ergeben, weshalb bei einer Zusammenschau all dieser Aspekte jedenfalls von einem nicht glaubwürdigen Vorbringen auszugehen war.
Im Folgenden wird auf die soeben aufgezählten Unglaubwürdigkeitselemente im Detail eingegangen:
Der Beschwerdeführer hat bislang im Verfahren keine Reisedokumente vorgelegt. In der Beschwerdeverhandlung meinte er, diese Dokumente zuhause gelassen zu haben. Er könne sie sich nicht von zuhause nachschicken lassen, da er zuhause nicht einmal anrufen könne (S. 3 Verhandlungsprotokoll).
Laut dem Vorbringen des Beschwerdeführers hat dieser Tschetschenien legal und ohne Reisedokument Richtung XXXX verlassen. Auch seine Reise von XXXX über die Ukraine bis nach Österreich soll ohne Reisedokumente erfolgt sein.
In diesem Zusammenhang war festzuhalten, dass in allen Länderberichten seit Jahren gleichlautend beschrieben wird, dass beim Verlassen Tschetscheniens bzw. bei der Einreise nach Tschetschenien Kontrollen stattfinden und offensichtlich sogar Gebühren entrichtet werden müssen.
Hiezu meinte der Beschwerdeführer: "BF: Nein, das ist nicht so, täglich fährt ein Bus von XXXX nach XXXX. VR: Sie meinen also, dass weder bei einer Zugreise noch bei einer Ausreise in einem KFZ irgendwelche Kontrollen an der Grenze von Tschetschenien stattfinden? BF: Für eine Zugkarte muss man einen Ausweis vorlegen. Bei der Reise selbst wird nicht mehr kontrolliert. Wenn man Tschetschenien verlässt, muss man nur berücksichtigen, dass man sich in anderen Landesteilen der Russischen Föderation bei einem Aufenthalt von mehr als drei Monaten registrieren lassen muss." (S. 7 Verhandlungsprotokoll)
Dieses Vorbringen deckt sich nicht mit den Länderinformationen und im Übrigen auch nicht mit den Schilderungen anderer tschetschenischer Asylwerber. Der erkennende Richter erkennt seit Jahren in Asylangelegenheiten tschetschenischer Asylwerber und wird in den überwiegenden Fällen von einer illegalen Ausreise aus Tschetschenien bzw. intensiven Kontrollen bei der Ausreise aus Tschetschenien berichtet.
Nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers war den staatlichen Behörden seit dem Vorfall am 05.09.2014 die Identität des Beschwerdeführers bekannt. Er will am 07.09.2014 aus Tschetschenien ausgereist sein, weil seine Mutter bei der Schwester angerufen und gesagt habe, dass nach dem Beschwerdeführer gesucht werde.
Dieses Vorbringen widerspricht jedoch jeglicher Lebenserfahrung. Nach seinen Schilderungen soll der Beschwerdeführer bei der Ausreise aus Tschetschenien bereits gewusst haben, dass seine Identität bei den tschetschenischen Behörden bekannt ist und nach ihm in Tschetschenien gesucht wird, trotzdem hat er nicht versucht, bei seiner Reise nach Österreich auf geheimen Wegen Tschetschenien zu verlassen, sondern will er legal aus Tschetschenien mit einem öffentlichen Verkehrsmittel gefahren sein.
Auch auf diesen Vorhalt verwies er darauf, dass keine Kontrollen an der Grenze stattfinden würden: "BF: Ich fuhr mit einem Sammeltaxi nach XXXX, das ist eigentlich ein Autobus. VR: Warum fahren Sie in einem Autobus, wo es wahrscheinlich bei der Ausreise aus Tschetschenien Kontrollen gegeben hat und warum versuchen Sie nicht Tschetschenien über die Berge zu verlassen. BF: Ich bin schon nach zwei Tagen ausgereist, deshalb konnte ich das so machen. VR: Aber man wusste doch bereits Ihre Identität. BF: Ja, die zwei Männer, mit denen ich mich geprügelt habe, kannten mich. VR: Umso seltsamer, dass Sie ohne Furcht in einem Bus aus Tschetschenien wegfahren? BF:
Die Sammelautobusse werden nicht kontrolliert, weil so viele Leute in diesem Bus sitzen. VR: Wenn also Sammelautobusse wegen der großen Anzahl der Personen nicht kontrolliert werden, heißt das andererseits, dass auch nach Ihrer Ansicht andere Fahrzeuge mit weniger Insassen schon kontrolliert werden? BF: Linienbusse werden nicht kontrolliert, vielleicht einzig knapp vor XXXX. PKWs werden schon sehr streng kontrolliert, aber nur bei der Fahrt nach XXXX. Bei der Aus-oder Einreise aus Tschetschenien gibt es überhaupt keine Kontrolle mehr." (S. 10 und 11 Verhandlungsprotokoll)
Es wurde bereits dargelegt, dass es nicht den Tatsachen entspricht, dass man ohne Kontrollen aus Tschetschenien ausreisen kann, weshalb der Umstand, dass der Beschwerdeführer eine legale Ausreise aus dem Herkunftsstaat gewählt hat, im Lichte seines Vorbringens nicht nachvollziehbar ist. Eine aktuell von den staatlichen Behörden gesuchte Person würde wohl eine weniger auffällige Form der Ausreise wählen.
Auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer nach wie vor seine Reisedokumente nicht vorgelegt hat, lassen Zweifel an seinen tatsächlichen Ausreisemodalitäten bzw. seinem Aufenthalt tatsächlich in Tschetschenien entstehen.
Der Beschwerdeführer erklärte, dass sich seine Reisedokumente im Herkunftsstaat befinden, weshalb nicht nachvollziehbar ist, weshalb er sich diese nach wie vor nicht von seiner Familie übermitteln hat lassen.
Auch die Weiterreise nach Europa wurde vom Beschwerdeführer in keiner Weise nachvollziehbar geschildert. "VR: Beschreiben Sie mir bitte im Wesentlichen, wie Sie von XXXX bis Österreich gelangt sind, in was für einem Fahrzeug waren Sie unterwegs, über welche Länder sind Sie gefahren? BF: Das war ein schwarzer Geländewagen, der Marke KIA, in den bin ich in XXXX eingestiegen. Ich fuhr zuerst nach XXXX, dann gingen wir drei oder vier Stunden zu Fuß, dann kam der Fahrer wieder und wir fuhren weiter. VR: Und wo sind Sie aus der Russischen Föderation in die Ukraine gekommen? BF: Das weiß ich nicht, ich habe es nicht wahrgenommen. VR: Sie müssen doch bei Ihrer Fahrt erkennen, dass Sie sich der ukrainischen Grenze nähern, da müssen Sie auch sagen können, in welcher Gegend Sie die Grenze zur Ukraine erreicht haben. BF: Ich habe viel geschlafen, ich habe nicht einmal eine Grenze zur Ukraine wahrgenommen, die Pässe sind nirgends kontrolliert worden." (S. 4 Verhandlungsprotokoll)
Dieses Vorbringen mutet insbesondere schwer nachvollziehbar an, als im September 2014 in der Ostukraine bürgerkriegsähnliche Verhältnisse geherrscht haben und natürlich in dieser Zeit auf beiden Seiten der Grenze und auch in den umkämpften Gebieten der Ostukraine ganz massive Kontrollen stattgefunden haben. Es ist unter diesem Gesichtspunkt vollkommen lebensfremd, dass der Beschwerdeführer die Fahrt von XXXX bis zur Westukraine überhaupt nicht beschreiben kann und muss sein Vorbringen, wonach ihn zwei Ukrainer im Wagen transportiert hätten, er überhaupt nichts wahrgenommen habe, was Kontrollen betreffe, nicht sagen könne, ob er die Ukraine ganz im Süden am Schwarzen Meer oder ganz im Norden erreicht habe, da es seine erste Auslandsreise gewesen sei und er sich nicht so gut auskenne (S. 5 Verhandlungsprotokoll), als bloße Schutzbehauptung gewertet werden.
Abgesehen davon trifft es nicht zu, dass es sich um die erste Auslandsreise des Beschwerdeführers gehandelt hat, soll er sich doch vor zwei oder drei Jahren einen Auslandsreisepass ausstellen haben lassen, um mit einer Freundin in Dubai Urlaub zu machen. Die Freundin sei aus XXXX gewesen und habe er diese in XXXX kennengelernt. Er habe noch ein Jahr nach dem Urlaub mit besagter Freundin Kontakt gehabt und sich mit dieser in XXXX getroffen. (S. 5 Verhandlungsprotokoll)
An anderer Stelle erklärte der Beschwerdeführer, im Juni 2014 einen Badeurlaub in XXXX gemacht zu haben. Auf nähere Nachfrage meinte er, mit einer Freundin, die er über soziale Netzwerke kennengelernt habe, diesen Urlaub in der Nähe von XXXX verbracht zu haben. (S. 7 Verhandlungsprotokoll)
Zumal der Beschwerdeführer offenbar nicht gewillt ist, sich seinen Auslandspass und Inlandspass bzw. Kopien davon übermitteln zu lassen, drängt sich der Verdacht auf, dass der Beschwerdeführer versucht, seine Aufenthalte bzw. Reisebewegung zu verschleiern, andernfalls die entstandenen Ungereimtheiten in diesem Zusammenhang nicht erklärbar sind.
Abgesehen vom nicht übermittelten Reisepass aus dem Herkunftsstaat mutet auch das vom Beschwerdeführer an den Tag gelegte Desinteresse, sich Informationen aus dem Herkunftsstaat einzuholen, nicht nachvollziehbar an, was jedoch zweifelsfrei möglich ist, zumal einerseits eine Kontaktaufnahme mit Verwandten im Herkunftsstaat über seine im Bundesgebiet aufhältige Schwester möglich ist, andererseits wäre eine Kontaktaufnahme auch über seinen Bruder in XXXX möglich. Diesem wäre nach seinen Schilderungen - keine Grenzkontrollen an der Grenze zu Tschetschenien - auch problemlos möglich, nach Tschetschenien zu reisen, um die Reisedokumente zu holen bzw. weitere zweckdienliche Informationen für das Asylverfahren des Beschwerdeführers herauszufinden.
Soweit der Beschwerdeführer auf die Kontaktaufnahme mit seiner Mutter angesprochen meint, dass diese immer Angst habe und fürchte, dass das Telefon abgehört werde, kann dem nicht gefolgt werden, hat diese doch, als die Gefahr für den Beschwerdeführer am größten gewesen sein soll, mit diesem bzw. der Schwester, bei der er aufhältig gewesen sein soll, telefoniert. Auch bei seinem Bruder soll die Mutter angerufen haben und gewarnt haben. Auch soll sie damals auch kurz über das Schicksal der Nachbarn erzählt haben. Auch nach der Ausreise soll sie dem Beschwerdeführer über die Mitnahmen des jüngsten Bruders erzählt haben. Wieso die Mutter demnach einerseits vor der Bedrohung telefonisch gewarnt haben soll, andererseits keinerlei konkrete Angaben getätigt haben soll, ist vollkommen absurd.
Wären im Übrigen tatsächlich Telefon bzw. Internet abgehört worden, hätte man wohl bei der Schwester bzw. dem Bruder in XXXX nach dem Beschwerdeführer gesucht, was jedoch vom Beschwerdeführer verneint worden ist.
Unter diesem Aspekt war sein Vorbringen in der Verhandlung über die Möglichkeit der Erlangung von Informationen im Herkunftsstaat als nicht nachvollziehbar zu werten: "BF: Meine Mutter hat gesagt, dass mein Bruder zwei Mal mitgenommen wurde. Beim dritten Mal wurde er sogar drei Tage festgehalten, er hat aber keine Bestätigung für die Festnahme bekommen. VR: Wann haben Sie das von Ihrer Mutter eigentlich erfahren? BF: Vor ca. fünf Monaten. VR: Und seit fünf Monaten wissen Sie gar nicht mehr, was mit Ihren Angehörigen in Tschetschenien passiert ist? BF: Ich war vor ca. zwei Monaten in XXXX und habe die Beschwerde geschrieben. Da habe ich meine Schwester besucht und habe von dort mit meiner Mutter telefoniert. Die Mutter sagte, dass alles ganz schlecht sei. Immer wenn ich darüber sprechen wollte, ist sie vom Thema abgewichen. Ich fragte sie nach den Burschen die mir geholfen haben, sie sagte nur, dass alles schlecht sei. Von Einzelheiten wollte sie nicht sprechen. VR:
Ihre Mutter hat also einerseits Angst, über Einzelheiten am Telefon zu sprechen, andererseits hat die Mutter am Telefon schon erzählt, dass der jüngere Bruder zwei oder drei Mal mitgenommen wurde. BF:
Vom jüngeren Bruder hat sie schon erzählt, aber nicht geantwortet, was mit den Nachbarn passiert ist. Bei uns kann man schon damit rechnen, dass nach einem solchen Telefonat ein Polizist vorbeischaut." (S 9 Verhandlungsprotokoll)
Der Beschwerdeführer verneinte auf Nachfrage auch, dass seit dem angeblichen Vorfall mit den beiden Männern irgendein behördliches Schreiben gekommen sei. Er behauptete, dass in Tschetschenien nicht wie in Österreich irgendein behördliches oder gerichtliches Schreiben verschickt werde. Leute würden bei ihnen abgeholt, gefoltert und verhört werden, bis sie irgendetwas gestehen würden (S. 8 Verhandlungsprotokoll)
Dieses Vorbringen deckt sich in keiner Weise mit der jahrelangen Erfahrung des erkennenden Richters mit Asylwerbern aus Tschetschenien, werden von diesen doch viele behördliche und gerichtliche Schreiben von Behörden und Gerichten vorgelegt, insbesondere wenn es zu Festnahmen gekommen ist. Wäre der Beschwerdeführer tatsächlich - wie von ihm behauptet -, wegen Tätlichkeiten gegen Sicherheitsbeamte bzw. des Verdachts ein Wahhabit zu sein, gesucht worden, wäre davon auszugehen gewesen, dass dieser vor die staatlichen Behörden geladen worden wäre.
Hiezu meinte der Beschwerdeführer, dass Personen behördliche Schriftstücke erhalten würden, die schon einvernommen worden und in Haft gewesen seien. Diese würden dann bei einer Entlassung eine Bestätigung bekommen. Zuerst nehme man die Eltern oder einen Bruder mit, wenn das nicht möglich sei einen Cousin. Mit dieser Vorgehensweise hoffe man, den Gesuchten zu zwingen, sich freiwillig zu stellen. (S. 9 Verhandlungsprotokoll)
Die völlige Beliebigkeit seines Antwortverhaltens wird hier besonders deutlich, hätten nach seinen Ausführungen doch seine Familienangehörigen im Herkunftsstaat mit Mitnahmen zu rechnen gehabt. Außer zwei oder drei Mitnahmen seines jüngsten Bruders - genauer konnte es der Beschwerdeführer nicht sagen - soll aber niemand aus seinem Familienclan im Herkunftsstaat Probleme bekommen haben.
Der zwei bis drei Mal mitgenommene Bruder müsste nach seinem Vorbringen auch über Entlassungsbestätigungen verfügen, erklärte er jedoch darüber nichts zu wissen, da ihm seine Mutter nichts davon erzählt und er auch nicht danach gefragt habe (S. 10 Verhandlungsprotokoll).
Hier war noch einmal darauf zu verweisen, dass eine Kontaktaufnahme mit der Bruder in XXXX seit Monaten möglich gewesen wäre. Diesen hätte er nicht nur fragen können, sondern hätte dieser nach seinen eigenen Ausführungen mit dem täglichen Linienbus nach XXXX fahren und allfällige Beweismittel nach XXXX mitnehmen und an ihn weiterleiten können.
Die Schilderungen, wonach sein Bruder keine Schwierigkeiten wegen ihm haben wollen habe, erscheinen auch insofern nicht nachvollziehbar, als der Beschwerdeführer bereits behauptete, dass seine weiteren in XXXX aufhältigen Brüder nicht belangt worden seien, weil diese verheiratet seien und bei ihren eigenen Familien wohnen würden. Der jüngst Bruder sei mitgenommen worden, weil er noch bei der Familie wohne. (AS 85 im Verwaltungsakt)
Waren demnach bereits sämtliche bisherige Ausführungen des Beschwerdeführers nicht in sich stimmig und in keiner Weise nachvollziehbar, vermochte der Beschwerdeführer auch sein Fluchtvorbringen nicht nachvollziehbar darzulegen.
Der Beschwerdeführer ist Innenausstatter in XXXX gewesen und anscheinend westlich orientiert, will er doch über das Internet Freundinnen außerhalb von Tschetschenien kennen gelernt haben, die nicht dieselbe Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit wie er gehabt hätten. Mit einer Freundin aus XXXX will er über einen Zeitraum von mehr als ein Jahr eine Beziehung geführt haben, mit dieser in Dubai Urlaub gemacht haben. Ein paar Monate vor der Ausreise soll er wiederum eine Frau aus der Nähe von XXXX über das Internet kennengelernt haben und zu dieser auf Urlaub gefahren sein (S. 7 Verhandlungsprotokoll).
Als Innenausstatter sollen zu seinen Klienten die Mittelschicht und reichere Personen gezählt haben (S. 6 Verhandlung).
Das Vorbringen besteht in der Behauptung, dass er in XXXX einen Bart getragen habe, der ihn dem Verdacht ausgesetzt hätte, ein Wahhabit zu sein, was insofern schwer vorstellbar ist, als wohl reiche Kunden in XXXX Vorbehalte hätten, wenn der beauftragte Innenausstatter das Erscheinungsbild eines Widerstandskämpfers aus den Bergen hat.
Der Beschwerdeführer musste auf nähere Nachfrage auch eingestehen, dass sein Bart nicht so lange gewesen sei, aber er sei eher ein bisschen länger geschnitten als heute, aber er habe eben keinen Schnurrbart getragen. Man habe ihm vorgeworfen, dass das nur Wahhabiten machen würden.
Auf Nachfrage, dass er niemals einen auffällig langen Bart in XXXX getragen habe, sondern einen solchen, wie er ihn auch bei der Einreise nach Österreich und auf dem Führerscheinfoto getragen habe, meinte er dass der Bart in XXXX etwa zwei cm lang gewesen sei, aber immer ohne Schnurrbart. Auf weitere Nachfrage, warum er bei der Einreise eigentlich die identische Haarpracht habe wie heute, gab er an, dass er sich in XXXX den Bart geschnitten habe, da er keine Probleme bekommen habe wollen. (S. 6 Verhandlungsprotokoll)
Wenn er in der Beschwerdeverhandlung weiter meint, dass er nicht gewollt habe, dass man ihn in XXXX nach seinen Dokumenten frage, muss bereits kritisch hinterfragt werden, was der Beschwerdeführer in XXXX bis zur Ausreise gemacht habe, erklärte er doch, sich bei seinem Bruder versteckt zu haben (S. 6 Verhandlungsprotokoll).
Aus dem bisherigen Vorbringen, dem aktuellen Erscheinungsbild, dem Foto, dass bei Antragstellung angefertigt wurde und dem vom Beschwerdeführer geschilderten Erscheinungsbild während seines Aufenthaltes im Herkunftsstaat ergeben sich keine Anhaltspunkte, wonach der Beschwerdeführer für einen Wahhabiten gehalten werden könnte.
Auf das Führerscheinfoto und seine Reisedokumente angesprochen, erklärte er, dass man sich die Haare und den Bart schneiden lasse, bevor ein Foto für einen Ausweis gemacht werde, da man sonst Probleme bekommen würde (S. 4 Verhandlungsprotokoll).
Der Beschwerdeführer konnte letztlich keinerlei glaubhafte Ausführungen liefern, dass er im Herkunftsstaat ein Erscheinungsbild wie ein Wahhabit gehabt hat. Sowohl die vorliegenden Fotos als auch seine Schilderungen und sein aktuelles Erscheinungsbild deuten in keiner Weise darauf hin.
In diesem Zusammenhang hat der Beschwerdeführer auch vollkommen unpassend darauf hingewiesen, dass beispielsweise russische Polizisten auf Leute mit dünklerer Hautfarbe schauen würden, die dann kontrolliert werden würden. Er habe auch eine dünklere Hautfarbe. Auf Vorhalt des erkennenden Richters, dass er keineswegs eine dunkle Hautfarbe hat, sondern sehr hellhäutig ist, meinte er dass er wahrscheinlich heute ein bisschen bleich sei, weil er schon so früh wegen der Verhandlung aufgestanden sei (S. 8 Verhandlungsprotokoll), was offensichtlich eine tatsachenwidrige Behauptung ist. Der Beschwerdeführer lässt demnach nichts unversucht, tatsachenwidrige Behauptungen im Zusammenhang mit seinem Erscheinungsbild aufzustellen.
Der erkennende Richter verkennt schließlich nicht, dass es tatsächlich Berichte darüber gibt, dass in Tschetschenien versucht wird, das optische Erscheinungsbild von Männern zu beeinflussen. Um aber als Wahhabit angesehen zu werden, wird wohl mehr dazukommen müssen, beispielsweise eine sehr typische Kleidung, etwa eine spezielle Art, die Hosen zu tragen, etc. Angesichts des Privatleben des Beschwerdeführers und seiner beruflichen Tätigkeit als Innenausstatter in XXXX ist es für den erkennenden Richter nicht nachvollziehbar, dass er mit einem langen Bart und hochgekrempelten Hosen herumgelaufen wäre, gleich einem Salafisten.
Der Beschwerdeführer bestätigte auch noch einmal, dass er bei der Arbeit eigentlich so ausgesehen habe, wie in der Verhandlung - er hat auch normale Kleidung wie jetzt getragen, also T-Shirts, Jeans etc. - und überzeugt seine Behauptung, wonach im Internet diese Leute schreiben würden, dass es genüge, wenn einer von tausend Gründen zutreffe, könne man die Person schon töten (S. 8 Verhandlungsprotokoll), nicht.
Erörtert wurde schließlich der Bericht von ACCORD vom 25.04.2014, Anfragebeantwortung Lage von Männern mit Bart, wonach vor allem Personen mit äußerlichen Merkmalen einem erhöhten Risiko einer Personenkontrolle ausgesetzt sind, der vom Beschwerdeführer bestätigt wurde (S. 8 Verhandlungsprotokoll). Wie zuvor jedoch ausgeführt, konnte der Beschwerdeführer nicht glaubhaft darlegen, über derartige äußerliche Merkmale zu verfügen.
Abes selbst wenn der Beschwerdeführer in eine Kontrolle - wie der von ihm geschilderten - geraten sein soll, ist die von ihm geschilderte Eskalation der Situation nicht glaubhaft. Der Beschwerdeführer ist ein junger Mann, der einen normalen Beruf ausübt und keinesfalls verdächtigt werden kann, ein Wahhabit zu sein. Es ist demnach vollkommen lebensfremd, dass er sich dazu hinreißen gelassen haben soll, einen Kadyrovzy niederzuschlagen, noch dazu wo jeder Einwohner Tschetscheniens weiß, dass die Kadyrovzy jene Sicherheitsleute sind, die am wenigsten oder gar nicht der Kontrolle der Gerichte und der Staatsanwaltschaft unterstehen.
Unter dieser Prämisse ist auch nicht nachvollziehbar, dass die Nachbarn sich in diese Auseinandersetzung eingemischt haben sollen, zumal der Beschwerdeführer mit diesen Nachbarn nicht eng befreundet gewesen sein will und sich auch in keiner Weise um deren weiteres Schicksal gekümmert haben will. Im Hinblick auf die schwerwiegenden Konsequenzen, die ein derartiges Verhalten mit sich bringt, mutet ein Eingreifen der Nachbarn, zu denen keine engere Freundschaft oder sonstige Beziehung besteht, vollkommen lebensfremd an.
Laut dem Beschwerdeführer sollen nämlich die beiden Nachbarn eine weitere handgreifliche Auseinandersetzung verhindert haben. Ein Nachbar soll den Beschwerdeführer zum Auto begleitet haben, der andere Nachbar habe die Uniformierten zurückgehalten. Die beiden Nachbarn seien geblieben und der Beschwerdeführer habe flüchten können (S. 12 Verhandlungsprotokoll). Abgesehen davon, dass - wie bereits erörtert - nicht nachvollziehbar ist, dass sich die beiden nicht enger bekannten Nachbarn in eine derartige gefährliche Situation für den Beschwerdeführer begeben hätten, mutet seine vollkommen Unwissenheit über das weitere Schicksal der Nachbarn, die offenbar bei den Kadyrovzy zurückgeblieben seien, nicht nachvollziehbar an. Die Klärung dieser Frage wäre für den Beschwerdeführer auch insofern essentiell, als der Beschwerdeführer daraus auch seine eigene Gefährdung einschätzen hätte können.
Nach all den aufgezählten Ungereimtheiten und Unplausibilitäten steht für den erkennenden Richter fest, dass die behaupteten Fluchtgründe nicht glaubwürdig sind, sondern der Beschwerdeführer vielmehr basierend auf tatsächlich Umständen im Herkunftsstaat einen Verfolgungsgrund konstruiert hat.
Dass der Beschwerdeführer offensichtlich im Herkunftsstaat nicht verfolgt wird, ergibt sich letztlich aus den Länderinformationen, wo dargelegt wird, dass Gegner Kadyrovs und insbesondere vermutete Wahhabiten bzw. deren Angehörigen Verfolgung und Repressionen ausgesetzt sind. Würde der Beschwerdeführer demnach tatsächlich im Blickfeld von Kadyrov oder den staatlichen Behörden stehen - sei es aufgrund einer Tätlichkeit gegen Kadyrovzy sei es aufgrund des Verdachtes Wahhabit zu sein -, ist auszuschließen, dass Angehörige - insbesondere seine Brüder und sein Vater - unverändert und unbehelligt dort leben können.
Dieser Umstand spricht vielmehr gegen irgendein Interesse am Beschwerdeführer, zumal laut den Ausführungen des Beschwerdeführers die Identität des Beschwerdeführers den tschetschenischen Behörden bekannt sein müsste und er erklärte - wenn auch unregelmäßig -, über diverse Medien mit seiner Familie im Herkunftsstaat in Kontakt zu stehen.
Der Beschwerdeführer ist auch insbesondere nicht im Zusammenhang mit den Gründen seiner im Bundesgebiet aufhältigen Schwester oder anderer Angehöriger ausgereist, wobei diese im Übrigen kein anerkannter Flüchtling ist, sondern ihre Ausweisung für auf Dauer unzulässig erklärt wurde.
Die im Zuge der Beschwerdeverhandlung vorgehaltenen ausführlichen Länderfeststellungen zur Russischen Föderation respektive Tschetschenien verweisen auf eine Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen und legen dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche dar, weshalb kein Anlass besteht, an diesen zu zweifeln. Die vom Beschwerdeführer mit der Beschwerde vorgelegten Berichte stehen im Übrigen im Einklang mit den vorgelegten Länderfeststellungen und sind hg. auch bekannt. In der Beschwerdeverhandlung hat der Beschwerdeführer den vorgehaltenen Länderinformationen im Übrigen nichts entgegengesetzt, sondern auf eine Äußerung hiezu verzichtet.
Aus den Länderinformationen ergibt sich, dass in Tschetschenien keinesfalls eine Situation herrscht, in der jeder Rückkehrer einer existenzbedrohenden Situation ausgesetzt wäre. Trotz der weiterhin bestehenden, zum Teil schweren Menschenrechtsdefizite und der angespannten Lage in Zusammenhang mit der Widerstandsbewegung lässt sich auch derzeit nicht der Schluss ziehen, dass eine Zivilperson in der Russischen Föderation respektive Tschetschenien ohne zusätzliche Risikofaktoren Gefahr liefe, Opfer von Menschenrechtsverletzungen seitens der staatlichen Behörden zu werden.
Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes verkennt nicht, dass die Menschenrechtslage im Nordkaukasus und in Tschetschenien im Speziellen problematisch ist und dass weiterhin mannigfaltige Bedrohungsszenarien bestehen und (auch schwere) Menschenrechtsverletzungen durch Kadyrov bzw. die Kadyrovzy geschehen können. Diese Szenarien rechtfertigen in vielen Fällen die Gewährung von Asyl und dies entspricht der ständigen Praxis der entscheidenden Richter des Bundesverwaltungsgerichtes. Im Ergebnis ist die aktuelle Situation in Tschetschenien daher dergestalt, dass weder von vorneherein Asylgewährung generell zu erfolgen hat, noch dass eine solche nunmehr regelmäßig auszuschließen sein wird. Die allgemeine Lage in Tschetschenien erlaubt die Erlassung von negativen Entscheidungen zur Abschiebung in Fällen, in denen eine solche individuelle Verfolgung nicht besteht.
Anhaltspunkt für eine solche individuelle Verfolgungsgefahr ist laut den vorliegenden Länderinformationen insbesondere ein konkret dargelegter Zusammenhang mit dem Tschetschenienkonflikt, der sich in den letzten Jahren auch auf die Nachbarrepubliken Inguschetien und Dagestan ausgeweitet hat. Im Blickfeld der Behörden stehen insbesondere Rebellen und deren Angehörige bzw. Gegner des bestehenden politischen Systems bzw. von Kadyrov, wobei hiebei wiederum auf eine gewisse Ausprägung der Involvierung abzustellen ist.
Im vorliegenden Verfahren konnten individuelle Fluchtgründe, wie unter der Beweiswürdigung aufgezeigt, nicht glaubhaft gemacht werden.
Die allgemeine Situation in Tschetschenien ist so, dass dem unpolitischen Beschwerdeführer, dessen äußeres Erscheinungsbild nicht dem eines Wahhabiten entspricht, eine gefahrlose Rückkehr zumutbar sein wird. Wäre eine Situation einer systematischen Verfolgung weiter Bevölkerungsschichten derzeit gegeben, wäre jedenfalls anzunehmen, dass vor Ort tätige Organisationen, wie jene der Vereinten Nationen, diesbezügliche Informationen an die Öffentlichkeit gegeben hätten.
Der Beschwerdeführer konnte insbesondere nicht glaubhaft darlegen, in das Blickfeld der staatlichen Behörden, Kadyrov oder die Kadyrovzy geraten zu sein und spricht hiefür insbesondere der Umstand, dass sich seine Angehörigen weiterhin unbehelligt im Herkunftsstaat aufhalten.
Eine allgemeine Gefährdung von allen Rückkehrern wegen des Faktums ihrer Rückkehr lässt sich aus den Quellen auch nicht folgern.
Letztendlich lässt sich aus allgemeinen Berichten zur Russischen Föderation respektive Tschetschenien für den Beschwerdeführer keine sonstige Gefährdungslage im Fall der Rückkehr feststellen.
Wie bereits ausgeführt, herrscht im Herkunftsstaat traditionsbedingt ein starker familiärer Zusammenhalt und ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer in den Kreis seines Familienclans, der im Herkunftsstaat finanziell abgesichert lebt, zurückkehren zu können, wobei ihm wie in der Vergangenheit die Aufnahme einer Beschäftigung zumutbar ist, auch wenn diese nicht seiner Qualifikation entsprechen mag.
Der Beschwerdeführer ist gesund und waren andere Gründe, die gegen seine Rückkehr in den Herkunftsstaat sprechen, nicht feststellbar.
Ergänzend bleibt im Übrigen festzuhalten, dass es dem Beschwerdeführer unbenommen bleibt, sich in einem anderen Teil seines Herkunftsstaates - außerhalb von Tschetschenien - niederzulassen, wenn er mit den dort herrschenden Gegebenheiten nicht einverstanden ist. So steht ihm insbesondere offen nach XXXX zu seinem Bruder zu ziehen, der sich dort seit Jahren aufhält und einen Betrieb hat, der Plastikfenster erzeugt (S. 3 Verhandlungsprotokoll). Mit Hilfe des Bruders wird es dem Beschwerdeführer auch zweifelsfrei möglich sein, eine Registrierung zu erlangen. Der Beschwerdeführer war im Übrigen wiederholt in XXXX und wurde bereits ausgeführt, dass aufgrund der Ungereimtheiten im Zusammenhang mit seiner Ausreise und den nicht vorgelegten Reisedokumenten nicht klar ist, ob sich der Beschwerdeführer vor der Ausreise überhaupt in Tschetschenien aufgehalten hat.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zuständigkeit, Entscheidung durch Einzelrichter:
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.
Anzuwendendes Verfahrensrecht:
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. 51/1991 (AVG) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung BGBl. Nr. 194/1961 (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes BGBl. Nr. 173/1950 (AgrVG), und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 BGBl. Nr. 29/1984 (DVG), und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
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