Ich will hier in diesem Bereich die Diskussion nicht verbreitern, weil wir ja im Zusammenhang mit der Anfragebeantwortung des Herrn Landeshauptmannes nächste Woche ohnedies zu diesem Thema noch sprechen werden. Aber es ist vollkommen klar, daß die administrativen Instrumente zur Preisstabilisierung deswegen nicht zustande kommen, weil sie seitens der Oppositionspartei im Parlament nicht zur Verfügung gestellt werden. Das ist vollkommen unbestritten, glaube ich. Schauen Sie sich etwa die Aufmachung an, wie das präsentiert wird. Als das Preisbestimmungsgesetz etwa verbessert werden sollte, hat man geschrieben: Jetzt peilt man das Ende der freien Wirtschaft an. Und gleich darüber stand als neuer Titel: ,,Inflation wieder über 8 Prozent." Das ist eine köstliche Kombination: Wenn Preisstabilisierungsmaßnahmen beabsichtigt sind, wird behauptet, daß dals Ende der freien Wirtschaft angepeilt wird, und gleich darunter wird triumphiert, daß die Preissteigerungsrate wieder höher geworden ist.
So kann man das, sehr geehrte Damen und Herren, einfach nicht machen! So geht das nicht! (Landesrat Schneider: Das ist ja vollkommen wirkungslos!) Wir werden noch darauf zu sprechen kommen. Das ist ein Bereich, über den man reden kann. Aber weil Sie sagen, Herr Landesrat, das ist ganz wirkungslos: Ich frage mich nur, sehr geehrte Kollegen von der ÖVP-Fraktion, wenn bei uns das Preisbildungsgesetz und das Preisbestimmungsgesetz, wenn sie wirksamer werden sollen - beim Preisbildungsgesetz kommen wir ja wahrscheinlich gar nicht dazu, es enthält ja verfassungsrechtliche Bestimmungen -, das Ende der freien Marktwirtschaft bedeuten würden, wie es möglich ist, daß im August des heurigen Jahres - das habe ich einer Statistik der Handelskammer vor zwei Monaten etwa entnommen - mit Ausnahme von Deutschland, Österreich und Frankreich laut dieser Statistik in sämtlichen anderen Ländern, und das waren alle OECD-Länder, administrative Preiskontrollen durchgeführt wurden, zum Teil ein Preisstopp, ohne dass man eine Angst gehabt hätte, daß dadurch das Ende der freien Marktwirtschaft herbeigeführt würde. Also alle konservativ regierten Länder, mit Ausnahme von Frankreich, sind in der Liste jener Länder, die sich nicht gescheut haben, solche administrativen Preiskontrollen durchzuführen. (Abg. Kienberger: Sagen Sie uns den Erfolg!) Wenn Sie um den Erfolg fragen, dann darf ich Sie daran erinnern, was heute einer Ihrer Herren, ich glaube, es war auch Herr Dr. Bernau, gemeint hat: Hoffentlich kommen wir, sagte er, noch durch wirksame Maßnahmen auf freiwilliger Basis zu Stabiliiserungsmöglichkeiten, sonst droht uns schon im kommenden Jahr der Preisdirigismus. So etwa war seine Bemerkung. Das heißt also, er ängstigt sich, daß es, wenn es nicht auf freiwilliger Basis zu wirksamen Stabilisierungsmaßnahmen kommen könnte, zu administrativen Preiskontrollen kommt. (Abg. Kienberger: Von Ihrer Seite! - Abg. Stangler: Sie glauben, damit lösen Sie die Probleme!) Da3 ist, Herr Kollege, die Antwort auf Ihren Einwand!
Das ist so ungefähr wie die Geschichte vom Huhn und vom Ei. Wenn Sie sich die Statistik ansehen, dann können Sie natürlich jetzt sagen: Weil sie diese administrativen Pneiskontrollen haben, haben sie hohe Preissteigerungsraten. Aber es ist doch in Wirklichkeit umgekehrt so: Wenn nichts mehr nützt, wenn man glaubt, es gibt ganz einfach keine anderen M ' lichkeiten mehr, dann müssen eben auch konservativ regierte Staaten zu Preisregulierungsmaßnahmen dirigistischer Art greifen. Es ist doch eher so.
Aber ich will mich hier nicht weiter verbreitern, weil das ja nur ein Aspekt ist. Ich möchte darauf hinweisen: Es gibt ja noch andere Möglichkeiten der Preisstabilisieming. Sie haben zum Beispiel die Möglichkeit der Verringerung des öffentlichen Investitionsaufwandes genannt, eine Forderung des ÖAAB. Nun, zu dieser Forderung des ÖAAB, den öffentlichen Investitionsaufwand zu schmälern, das heißt die inflationistische Auswirkung des Budgets zu beseitigen, haben Sie gestern aus Ihren eigenen Reihen von Herrn Ing. Molzer schon einige Hinweise bekommen, daß das sicher nicht die einheitliche Auffassung Ihrer Fraktion ist, denn es ist ganz einfach nicht so ohne weiteres möglich, zu sagen: Verringert den Investitionsaufwand! Und was der Kollege Molzer gesagt hat vom Hochbau, vom Wohnungsbau, das sagt man auch im öffentlichen Dienst. Wir haben das gehabt beim Antrag des Kollegen Reiter. Das sagt man bei den kommunalen Bauvorhaben, das sagt man bei den Krankenhausbauten mit gleicher Berechtigung, des sagt man bei den Schulbauten. Was bleibt dann noch ausgenommen?
Es ist daher sinnlos, etwa immer eine Forderung zu erheben, von der Sie selbst genau wimen, daß sie nur im beschränkten Rahmen zu realisieren ist, weil Ihre eigenen Leute, Ihre eigenen Bünde doch nicht mitmachen dabei. (Abg. Kienberger: Alles infolge der Inflation! Leider Gottes!) Aber Sie kritisieren doch die Preisstabilisierung (Abg. Stangler: Offensichtlich!).,und ich weise Ihnen nach, daß die von Ihnen angeführten und empfohlenen Preisstabilisierungsmaßnahmen weder Ihre einheitliche Meinung sind noch zielführend sind, denn Sie selbst sind es ja, die gleichzeitig wieder Anträge stellen, damit das nicht gemacht wird, was Sie auf der anderen Seite fordern. Sie haben dasselbe, meine Damen und Herren, bei der Verringerung des öffentlichen Verwaltungsaufwendes. Das ist vor allem ein Lieblingskind des Wirtschaftsbundes. Der Wirtschaftsbund sagt immer wieder: Der Verwaltungsaufwand ist noch viel zu hoch. Sagen Sie das doch den Personalvertretungen im Rahmen der Bundesregierung, dann werden Sie sehen, daß auch hier die Interessen des Wirtschaftsbundes etwa und die Interessen des ÖAAB, soweit sie sich in den Pexsonalvertretungen auf Bundesebene akzentuieren, keineswegs übereinstimmen. Es ist daher auch dieses Mittel, das Sie so anempfehlen, nicht geeignet.
Schließlich die Verschärfung des Wettbewerbs. Daß die Venschärfung des Wettbewerbs ebenso wenig generell zielführend ist, das wissen wir auch alle. Auch hier etwa nur das Beispiel in der Bauwirtschaft. Sie wissen, was die Ankündigung, man würde bei Ausschreibungen etwa auch ausländische Firmen beim Anbotstellen einbeziehen, einen Sturm der Entrüstung hervongerufen hat. (Abgeordneter Diettrich: Das ist auch nichts!) Auch das ist kein generell anwendbares Mittel. (Abg. Stangler: Wer war denn beteiligt an dem Entrüstungssturm ausländischer Firmen?) Bei der Entrülstung über die Einbeziehung ausländischer Firmen? Schauen Sie sich die einschlägigen Publikationen der Bauwirtschaft an. (Abg. Stangler: Ich frage nur, wer dabei war! Waren das die Unternehmer allein? Oder hat die Gewerkschaft auch etwas gesagt?) Mir ist nicht bekannt, daß die Bau- und Holzarbeitergewerkschaft in ihren Publikationen dagegen Stellung genommen hat. (Abg. Stangler: Das ist aber sehr interessant, daß die Gewerkschaft nichts sagt dazu! Das ist doch sehr interessant!) Warum? (Abgeordneter Stangler: Wessen Arbeitsplätze sind denn dann gefährdet, wenn ausländische Firmen kommen?) Sie brauchen nicht einen Versuch zu machen, sich in dieser Richtung dem Dilemma zu entziehen, Kollege Stangler, denn vorläufig haben unsene Bau- und Holzarbeiter keine Sorge, daß die Regierungspolitik ihre Arbeitsplätze gefährdet. Das ist an sich keine aktuelle Problematik für sie.
Dasselbe haben Sie bei der Kreditbremse, die ganz einfach nicht durchzuhalten ist, weil es hier ebenfalls genug Fälle gibt, die man ausnehmen sollte, wie das auf unserer Seite erkennbar ist.
Und Sie haben das gleiche - und das möchte ich abschließend hinzufügen, weil das nicht endlos fortgesetzt werden kann, obwohl es denkbar wäre - bei den Agrarpreisen. Eine kurze Bemerkung zu den Kollegen, die aus diesem Lager gesprochen haben: Ich habe absolutes Verständnis dafür, daß Sie in Ihrem Bereich gleicherweise versuchen, Ihre Einkommen an die Inflationsraten anzupassen. Vollkommen klar. Ich würde aber nie sagen: Wie sollen Sie es sonst tun? Selbstverständlich. Aber dann bitte ich um eines: Wenn Sie das tun müssen, und dafür habe ich Verständnis, dann dürfen Sie nicht zu den laustärksten Knitikern zählen, wenn die Inflationsrate hinaufgeht. (Abg. Kienberger: Wo ist denn das Ende, Herr Doktor?) Na gut, wo ist das Ende: Sie können doch nicht gleichzeitig der Motor inflationistischer Entwicklungen sein und ebensosehr die Kritik daran auf Ihre Fahnen schreiben. Wenn wir wissen, daß auf dem Agrarsektor Preiserhöhungen notwendig sind, müssen sie durchgefüh werden. Aber Sie können dann doch nicht hinterher, wenn diese Preiserhöhungen durchgeführt wurden, noch Krach machen, daß sie zu gering sind, und im gleichen Atemzug sich beschweren, daß die Inflationsrate gestiegen ist. Das ist doch eine Inkonsequenz, die einfach nicht zu vertreten ist.
Und daher, Kollegen aus dem agrarischen Lager: Ich bin gern bereit, in diesen Fragen mit Ihnen gemeinsam zu gehen, aber unter der Vorawetzung, daß Sie dann nicht, wenn man sich bemüht, Ihre Interessen zu vertreten, den Spieß umdrehen und die Bundespolitik dafür verantwortlich machen und nicht Ihre eigenen Ansprüche. Denn so geht das nicht. (Abg. Kienberger: Das haben wir nie gemacht!) Schauen Sie sich den ,,Bauernbündler" an mit seinen Artikeln zur Preisentwicklung! Sie können dann nicht mehr sagen: Das ist nicht zutreffend, daß der ,,Bauernbündler" zu jenen Publikationen zählt, die die Inflationsraten am stärksten in den Vordergrund rücken. Ich glaube, das können Sie nicht bestreiten. Und so geht es ganz einfach nicht!
Daß Sie dann bei den Arbeitnehmern - und schließlich sind wir alle auf eine gewisse Zusammenarbeit angewiesen - nicht auf Sympathien stoßen, wenn wir auf der einen Seite vielleicht mit Ihnen gemeinsam gehen sollen und auf der anderen Seite dann noch zu den Schuldigen gestempelt werden an dieser inflationistischen Entwicklung, das ist auch klar. So geht das einfach nicht. Das wollte ich bei der Gelegenheit einmal aufzeigen. (Abg. Anzenberger: Herr Doktor! Wir haben volles Verständnis! Aber Sie haben es ja bei den Roggenpreisen gesehen: Wie wollen Sie es den Bauern klarmachen, daß die Preise steigen und die Bauern bekommen nichts? - Abg. Stangler: Die Regierung müßte mit der Opposition einmal ernstlich zu reden beginnen!) Schauen Sie - das sage ich Ihnen ganz offen: - Bei dieser Sachlage, wie ich Sie Ihnen geschildert habe, ist es doch eher ein Wunder, daß wrr keine höhere Inflationsrate haben. Das ist doch vollkommen klar.
Ich möchte bei der Gelegenheit vielleicht auch gleich Nchtigstellen, was Kollege Doktor Bernau in seinem Referat hinsichtlich der Preissteigerungsraten erwähnt hat. Das war ein Mißverständnis, glaube ich, seinerseits. Was er gebracht hat, war nicht die Aufstellung über die internationalen Preissteigerungsraten der OECD vom Oktober dieses Jahres, denn die ist erst am 12. Dezember von der OECD herausgekommen, sondern was er gebracht hat mit dem Hinweis, daß wir da an viertschlechtester Stelle stünden, waren geschätzte Daten für das gesamte Jahr 1973. Die tatsächlichen OECD-Zahlen aus dem Oktober dieses Jaihres besagen nämlich, daß in der großen Anzahl der Mitgliedsstaaten der OECD lediglich Belgien, Luxemburg und die Bundesrepublik Deutschland niedrigere Preissteigerungsraten haben als Österreich, während wir an vierter Stelle, aber von unten, sind. Alle anderen, ob das jetzt Dänemark ist mit 10,4 Prozent, Finnland mit 14,2 Prozent, Frankreich mit 8,1 Prozent, Griechenland mit 23,2 Prozent, Island mit 20 Prozent, Italien mit 11 Prozent, und so geht das weiter, liegen weit über um. Das mußte ich noch feststellen, damit wir uns keiner falschen Annahme hingeben.
Und nun, geschätzte Damen und Herren - ich habe mir vorgenommen, Ihre Zeit nicht allzusehr zu beanspruchen -, nur ein paar Bemerkungen noch zu dem, was in der Debatte von einigen Kollegen erwähnt wurde, gleich im Zusammenhang mit den Preisen, weil ich gerade dabeigewesen bin.
Kollege Ing. Molzer hat die zehn Prozent im Jänner schon für wahrscheinlich angesehen. Ich möchte in aller Freundschaft etwas dazu sagen. Schauen Sie: Ich bin auch nicht sicher, ob wir nicht am Beginn des nächsten Jahres ganz schön an die neun Prozent herankommen werden. Aber wir können doch nicht schon drei Monate vorher solche Daten als geradezu feststehend hinstellen, wenn wir nicht selbst den Preisauftrieb beeinflussen wollen. Wir haben das erlebt vor der Einführung der Mehrwertsteuer. Als die Mehrwertsteuer mit 1. Jänner 1973 eingeführt wurde, hat man vier, fünf Monate vorher schon gesagt: Das wird furchtbar werden. Wenn die Mehrwertsteuer kommt, dann sind das Inflationsraten von zehn Prozent. Am laufenden Band ist das in den verschiedensten Publikationen, in den Massenmedien vertreten worden. Was war das Ergebnis? Wir haben Erhebungen gemacht. Dreimal haben wir bis zum Dezember 1972 Erhebungen durchgeführt. Was hier an Preissteigerungen vorgenommen wurde, allein aus dem Ankündigungseffekt heraus, weil sich alle gesagt haben: Du liebe Zeit, wenn im Jänner zehn Prozent Preissteigerungen kommen, dann werden wir aber geschwind noch schauen, daß wir uns schadlos halten!, das war ein Wahnsinn.
Ich würde auch an Sie appellieren, selbst wenn wir alle wissen, daß die Preisentwicklung nicht günstig sein kann, wenn man hört, was uns an Benzinpreiserhöhungen und an Anhebungen in anderen Bereichen im kommenden Jahr ins Haus st en könnte. Es ist ja übrigem nicht nur bei ns so, sondern wir werden, international gesehen, wieder sagen: Wir sind in einer guten Gesellschaft, es wird alles andere mitziehen. (Abg. Stangler: Vielleicht müßte man doch einmal aufhören, die staatlichen Tarife anzuheben!) Aber man kann micht jetzt schon davon reden, daß es eine Katastrophe geben wird, um bereits zwei Monate, drei Monate vorher diese inflationistische Entwicklung noch anzureichern. Das hat doch keinen Sinn.
Ich wollte Herrn Ing. Molzer auch noch etwas anderes sagen. Er hat gemeint – das habe ich genau mitgeschrieben; der Kollege Kaiser hat darauf bereits repliziert -, die Unternehmerschaft beginnt sich bereits von der Paritätischen Kommission zu distanzieren. Wenn das so wäre, geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses, dann wäre es bedauerlich. Aber ich muß hinzufügen: Man soll nicht den Eindruck haben, daß die Arbeitnehmerseite die Paritätische Kommission als ihr einseitiges Interesseninstrument betrachtet. Das muß ganz deutlich festgestellt werden. (Zustimmung bei der SPÖ.)
Wenn es dazu kommen sollte, dann wäre aber wahrscheinlich eines die Konsequenz: Die Paritätische Kommission ist die Basis der Sozialpartnerschaft. Wir haben bewußt auf eine Institutionalisierung verzichtet. Wir haben kein Gesetz. Wir haben keinen Verein. Es ist eine freiwillige Basis, und die Kontaktbasis ist die Paritätische Kommission. Wenn die verlassen wird, würde das der Sozialpartnerschaft in Österreich einen schweren Schlag versetzen. Aber bitte, man muß wissen, was man tut. Ich wollte hier nur klarstellen: Die Arbeitnehmerseite wird nicht kämpfen, weil wir immer wieder den Eindruck gehabt haben, daß es ein Instrument des Ausgleichs ist und absolut kein Instrument, das die Arbeitnehmerseite ungebührlich begünstigt.
Zum Kollegen Präsident Robl in einem Punkt eine kurze Replik. Der Herr Präsident Robl hat gemeint, es sei nicht Aufgabe der Bauern gewesen - und ich nehme an, dass das auch für die Gegenwart gelten soll -, sich um die Agrarmarktordnung zu bemühen, denn die Fondsmittel sind Förderungsmittel für alle Österreicher und es wäre Sache der Bundesregierung. Sie sind übrigens aus dem eigenen Lager inzwischen ja schon widerlegt worden, denn der Kollege Weissenböck, glaube ich, hat sehr eindeutig klargestellt, dass es sich bei der Agrarmarktordnung um ein sehr bedeutendes Instrument der Interessenslage der Bauernschaft handelt, und ich möchte das nur unterstreichen: Selbstverständlich ist das, Herr Präsident, eines der wichtigsten Sicherheitsventile der Bauernschaft, ihre Einkommensinteressen auf einer gesetzlichen Basis gesichert zu sehen. Das kann man ja schon allein daraus ableiten, daß doch nicht die Konsumenten um die Aufrechterhaltung der Agrarmarktordnung kämpfen. (Abgeordneter Dipl.-Ing. Robl: Die Regierung!) Die Regierung kämpft nur deswegen darum - und das sei ohne Zögern zugestanden -, weil auch die Konsumenten an einheitlichen Preisen in ganz Österreich und an einer vernünftigen Versorgung interessiert sind. Aber von den Konsequenzen her ist die Interessenslage eindeutig auf seiten der Agrarpolitik gegeben, auf Seite Ihrer Interessensgemeinschaft. (Abg. Dipl.-Ing. Robl: Im Hinblick auf die Diskussion, die es 1971 gegeben hat, habe ich das gesagt, daß es nicht Sache der Opposition oder der Partei des Bauernbundes sein kann, sondern auch Sache der Regierung sein muß!) Nein, Sie haben nicht gesagt „muß auch sein", sondern Sie haben gesagt, das ist überhaupt nicht Sache der Bauern, und dem wollte ich entgegentreten. Des stimmt einfach nicht. Denn was ist denn die Konsequenz, wenn es zu keiner Verlängerung kommt? Sie wissen es doch genau, und wir haben uns auch im Rahmen der Arbeiterkammer schon mit dieser Sachlage vertraut gemacht. Diese Kompetenzen sind doch ihrer Natur nach keine Bundeskompetenzen, sondern Landeskompetenzen. Wenn die Agrarmarktordnung wegfällt, wenn sie nicht zustande kommt, wenn sie nicht verlängert wird, dann haben Sie die Notwendigkeit, das auf Landesebene zu regeln. Und dann versuchen Sie einmal, das auf Landesebene zu regeln! (Abgeordneter Dipl.-Ing. Robl: Bei einem Weltmarkt-Weizenpreis von 3,60 S keine Schwierigkeit!) Ja, bei der Marktregelung ohne Geld wird es keine Schwierigkeit geben. Aber wenn Sie die drei Milliarden, die da drinnenstecken, dann auf Landesebene aufbringen wollen, wird das schon etwas schwieriger sein.
Daher möchte ich doch nicht ganz unwidersprochen lassen, wenn Sie meinen, die Bundesregierung soll sich darum kümmern. Es ist ja ihre Angelegenheit, eine Agrarmarktordnung zu machen. Das ist doch überwiegend - ich glaube, es hat gar keinen Sinn, worin sollte auch der Sinn liegen, das zu bestreiten - eine Angelegenheit, die primär im Interesse der Bauernschaft gelegen ist.
Ich glaube, daß dementsprechend die Verhandlungen mit dem gebührenden Ernst zu führen sein werden. Die Konsumenteninteressen werden dann zwar unterschiedlich berücksichtigt sein, je nachdem, wie die Landesgesetzgebung ausschaut, aber man wird sie sicher in irgendeiner Form berücksichtigen können.
Und nun zum letzten Kollegen - ich kann mir nicht versagen, darauf Bezug zu nehmen - , zum Kollegen Anzenberger. Sie haben den Vorwurf an die Arbeiterkammer gerichtet, daß die Arbeiterkammer so gar kein Verständnis dafür aufgebracht hat oder aufbringt - es war ja nicht nur in der Vergangenheit so -, wenn Sie zum Zwecke der Marktregulierung Interventionskäufe beabsichtigen. So habe ich das verstanden. (Abgeordneter Anzenberger: Das war anders gesagt!) Ich möchte da etwas ähnliches sagen wie vorhin zur allgemeinen Preissituation. Schauen Sie: Sie können doch nicht von der Arbeitnehmerseite, oder sagen wir es ganz konkret: Sie können doch nicht vom Österreichischen Arbeiterkammertag und seinen Leuten, die ihn bei diesen Verhandlungen vertreten, verlangen, daß wir auf der einen Seite als Konsumentenvertretung einer Regelung zustimmen, die allenfalls die Interessen der Konsumenten insofern vernachlässigt, als das Sinken von Preisen aufgehalten wird, während wir auf der anderen Seite immer wieder erleben, wie gerade Ihre Vertreter, die Vertreter aus dem agrarischen Lager, in der Paritätischen Kommission, wenn es darum geht, daß wir uns darum kümmern, daß bei Preisreduzierungen diese Preissenkungen an die Konsumenten weitergegeben werden, eine Front gemeinsam mit dem Handel oder mit jenen machen, von denen wir diese Preisreduzierungen verlangen. Wie sollen wir denn das den Konsumenten verständlich machen? (Abg. Anzenberger: Es hat aber nichts gebracht, das war ja das Pech, als den Bauern schlechte Preise! Das ist herausgekommen! Das war das Ende vom Lied!) Da muß ein reelles Zusammenarbeiten vorhanden sein, Kollage Anzenberger! Wenn Sie erwarten, daß die Konsumentenvertreter Ihre Interessen berücksichtigen, wenn es nicht im Interesse der Konsumenten liegt, sondern weil es im Interesse der Sicherung Ihrer Einkommenssituation ist, für die man Verständnis haben kann in bestimmten Bereichen, dann können Sie doch nicht auf der anderen Seite erwarten, daß unsere Leute begeistert sind, wenn dann solche Anträge auf Preissenkungen deswegen nicht durchkommen in der Paritätischen, weil die Vertreter der Land- und Forstwirtschaft gemeinsame Sache machen mit den Produzenten, mit jenen, die diese Möglichkeiten an die Konsumenten weitergeben sollen.
Das sei auch einmal offen gesagt, denn ich habe es mir schon oft vorgenommen, und heute hat sich die Gelegenheit geschickt. Ich will vielleicht gleich hinzufügen: Die Sozialpartnerschaft funktioniert deswegen, weil die Partner wissen, was sie sich wechselseitig zumuten können. Das muß einem in einem bestimmten Bereich einfach bewußt sein. Sie müssen wissen, was Sie den Konsumentenvertretern zumuten können. und wir müssen wissen, was man Ihren Interessen wegen akzeptieren muß. (Abg. Anzenberger: Damals ist es nicht herausgekommen. Der Konsument hatte keine Vorteile und der Bauer hat den Preis weggehabt samt der Produktion!) Er kann ja keine Vorteile haben, Kollege Anzenberger, wenn den Forderungen der Arbeitnehmerseite eine geschlossene Front der anderen gegenübersteht. Wie sollen wir uns da durchsetzen? Das ist doch nicht möglich. Daher wäre es notwendig, daß wenigstens dort, wo die Bauern sehenden Auges miterleben, wie sie billiger verkaufen müssen und, um ein konkretes Beispiel zu sagen, das Fleisch teurer wird, zusammengearbeitet wird. Daher ist die Arbeiterkammer an die Landesregierung und die Kammern mit dem Ersuchen herangetreten, sich zusammenzusetzen, um einen Preisbeirat zu bilden und darüber zu reden. Es geht jedoch nicht an, daß die Landwirtschaftskammer, die an einem gemeinsamen Vorgehen ein unmittelbares Interesse haben müßte, uns dann mitteilt, es sei nicht Sache der Landwirtschaftskammer und auch keine Sache des Landes, sondern die Angelegenheit müsse auf Bundesebene erledigt werden, und sie sei gegen die Bildung eines solchen Preisbeirates. Im Lateinischen hat es einen guten wahren Spruch gegeben, der die Grundlage der ganzen Rechtslage war. Dieser heißt: ,,do ut des". Dieser gilt auch in der Politik: ,,Ich gebe, damit Du gibst." Und wenn jemand etwas haben will und der andere nichts zu erwarten hat, dann müssen Sie sich darauf einstellen, daß das nicht funktionieren kann. Das soll auch einmal klar ausgesprochen werden.
Nun zum Schluß, meine Damen und Herren. Ich habe mich in dieser Budgetdebatte bewußt nicht zur Grenzlandförderung gemeldet, möchte aber in aller Bescheidenheit, weil ich glaube, doch jener Angehörige des Hohen Hauses zu sein, der sich am längsten und sicherlich nicht am wenigsten entscheidend für die Probleme des Grenzlandes eingesetzt hat, darauf hinweisen, daß es sicherlich ein Dutzend Anträge waren, die ich in dem Zusammenhang gestellt habe. Ich habe im Jahre 1957 den regionalen Entwicklungsausschuß ins Leben gerufen, ich war der erste Geschäftsführer im Verein für die unterentwickelten Gebiete. Mir kann man über die Grenzlandförderung nichts erzählen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der rechten Seite. Das, was sich in der letzten Zeit auf diesem Gebiet tut, schmerzt mich persönlich. Ich will das ganz offen sagen Ich habe mir vorgenommen, in diesem Haus auf der Ebene der Grenzlandförderung, wenn diese so betrieben wird, daß Sie im Jahre 1972 die Grenzlandförderung plötzlich entdecken und nicht respektieren, daß man sich lange Zeit darum gekümmert hat, nicht mehr zu sprechen. (Abg. Stangler: Haben Sie diese Formulierung notwendig?) Ich werde Ihnen etwas sagen. Wir haben uns im Jahre 1969 am Beginn dieser Funktionsperiode vorgenommen, über die Verschuldensfrage tunlichst nicht mehr zu reden, denn es hat aus zwei Gründen keinen Sinn: 1. weil wir der Meinung waren, daß wir dieses Problem gemeinsam lösen und 2. weil jedes Hochspielen der Verschuldensfrage dem Image des Grenzlandes nur geschadet hätte. Wir haben gesagt, hören wir doch damit auf. Wie sollen denn die Leute ins Waldviertel gehen, wenn wir jetzt davon reden, was in den letzten 20 Jahren dort geschehen ist. Wenn diese Zurückhaltung, die wir bewußt geübt haben, und aus gutem Grund geübt haben, etwa mißverstanden werden sollte und Sie jetzt daraus den Schluß ziehen, es könne darüber nicht geredet werden, im Gegenteil, die Schuldigen seien jetzt in der Bundesregierung, und es sei die Bundesregierung, die etwas vernachlässigt habe, dann komme ich bei dieser Diskussion, ehrlich gestanden, nicht mehr mit, und ich werde mich lediglich bemühen, im Rahmen einer Dokumentation, für deren Erscheinen ich garantiere, dafür zu sorgen, daß die Verschuldensfrage noch bekannt wird. Ich danke Ihnen schön. (Lebhafter Beifall bei der SPÖ. - Abg. Stangler: Die Drohung ist der Weisheit letzter Schluß, kann man dazu nur sagen. - Abg. Dr. Brezovszky: Sie haben 15 Jahre lang alles abgelehnt! - Abg. Stangler: Da haben Sie etwas gehabt davon! - Landeshauptmannstellvertreter Czettel: Der Kreisky war schuld! - Große Unruhe im Hause. - Zweiter Präsident Binder gibt das Glockenzeichen.)
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