Kulturelle Zentren
Unter kulturellen Zentren in der Frühen Neuzeit sind Orte zu verstehen, in denen kulturraumbezogene Mittelpunktsfunktionen gebündelt werden, die auf eine bestimmte Region als Vorbild, Maßstab oder Bezugsinstanz zurückstrahlen. Zentren der Kultur übernehmen die Rolle von Dreh- und Knotenpunkten, in denen die materiellen Ressourcen und intellektuellen Energien eines nach geographischen, politischen, konfessionellen und wirtschaftlichen Kriterien bestimmbaren Gebiets in konzentrierter Form versammelt sind.
Zentralitätsfunktionen eines Ortes beruhen auf politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Faktoren, die in der Frühen Neuzeit immer durch die konfessionelle Ausrichtung bestimmt sind. Dabei ist die additive Anhäufung oder Summierung solcher Funktionen (z.B. Status als Residenz, Profilierung als Gewerbe- und Handelsmetropole, Existenz von Bildungseinrichtungen), deren Grad, Intensität und Kombinationsmuster unterschiedlich sein können, die Voraussetzung für einen qualitativen Umschwung, der ein spezifisches Niveau für die Integration und Kommunikation der kulturtragenden Schichten ermöglicht. Elemente dieser Integrationsleistung und Kommunikationsverdichtung sind höfische, städtische oder kirchliche Repräsentationsbedürfnisse, die Möglichkeiten des Kultur- und Kunsttranfers (Bücher, Kunstwerke) und das Vorhandensein diplomatischer und/oder gelehrter Netzwerke. Stimulierend für die kulturelle Formation können die konfessionelle und gesellschaftliche Pluralität eines Gemeinwesens (Glaubensflüchtlinge, ausländische Funktionsträger) wirken. Die Attraktivität eines Standorts wird gesteigert durch die Konzentration medialer Verbreitungsmittel (Druckereien, Verlage, Presse etc.), das Florieren eines Mäzenatentums höfischer, städtischer oder kirchlicher Prägung und generell durch die Existenz kulturtragender und für kulturelle Aktivitäten offener Schichten (Gelegenheitspoeten, Schriftsteller, Künstler, Musiker, akademische und nicht akademische Rezipienten).
Dostları ilə paylaş: |