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Es werde Licht: Geist und Bewusstsein 15

Eines der großen Welträtsel ist das Phänomen unseres Bewusstseins. Die Qualität des Farberlebnisses ,rot‘, die emotionale Erfahrung von Angst oder Lust und die Vorstellung eines ersehnten zukünftigen Ereignisses sind grundverschieden von materiellen Dingen oder Ereignissen in der materiellen Welt. Das Pendant zum Farberlebnis ,rot‘ ist eine bestimmte elektromagnetische Wellenlänge, das Pendant zu Angst kann ein Auto sein, das auf einen zurast, das Pendant von Lust der Genuss der Leibspeise, und die frohe Erwartung bezieht sich auf Ereignisse, die noch gar nicht eingetreten sind, also auf etwas Irreales. Philosophen haben seit mehr als zweieinhalb Jahrtausenden versucht, den Zwiespalt zwischen Materiellem und Geistigem zu überwinden. Es lohnt sich nach wie vor, einige wichtige Erklärungsversuche der Philosophiegeschichte – und damit der Menschheitsgeschichte – kennenzulernen.



15.1 Philosophische Ansätze

Auch als Laie fallen einem zwei prinzipielle Erklärungsmöglichkeiten für Geist und Bewusstsein ein. Die eine Möglichkeit, die uns schon alltagssprachlich begegnet, lautet, dass es zwei Substanzen, zwei Welten gibt: das Seelisch-Geistige, das keine Ausdehnung und keine Materie hat, und das Materielle, aus dem unser Körper, Pflanzen und Tiere sowie alle Naturerscheinungen bestehen. Die Philosophie nennt diese Zweiteilung der Welt Du-

R. Oerter, Der Mensch, das wundersame Wesen, 373

DOI 10.1007/978-3-658-03322-4_15, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2014

alismus. Der einflussreichste Dualist war Descartes, der zwischen res cogitans (denkender Substanz) und res extensa (ausgedehnter Substanz) unterschied.

Monismus: Materialismus

Die andere Position nimmt an, dass es nur eine Substanz oder ein Prinzip in der Welt gibt. Diese Position nennt man Monismus (monos: eins). Sie ist theoretisch die elegantere, weil man alles auf ein und dasselbe zurückführt. Eine sehr schlaue, wenn auch heute absurd erscheinende Position vertrat Parmenides, einer der frühesten griechischen Philosophen. Für ihn gab es nur das ruhende, unveränderliche Sein. Was wir an Wandel, Entwicklung, Prozess wahrnehmen, kann nur eine Täuschung sein. Ein Werden ist unmöglich. Denn warum soll etwas aus Nichts (das nicht ist) entstehen? Diese Frage beschäftigt uns heute noch: Was war vor dem Urknall? Parmenides argumentiert weiter: es ist etwas ganz da oder gar nicht, dazwischen gibt es nichts. Deshalb kann neben dem einen Sein kein anderes Sein existieren. Alle die vielen Dinge und Erscheinungen sind Trug. Dies ist ein Monismus radikalzuEndegedacht. Eriststimmig, wennwirdieVielfaltderErscheinungenignorieren und auf ein Sein transformieren, das schon immer da war und immer da sein wird.

Dagegen erscheinen uns die anderen altgriechischen Monisten naiv. Thales nimmt als Urstoff der Welt das Wasser an, Anaximenes die Luft, Heraklit das Feuer und Demokrit die Atome. Nur Anaximander vermutet etwas Unanschauliches als Grundstoff der Welt, das Apeiron. Es ist das Nicht-Eingrenzbare, Unfassbare, Unendliche, aber es ist dennoch materiell vorhanden und quantitativ gedacht. Wir denken dabei unwillkürlich an die „unendlichen Weiten des Weltraumes“ von Raumschiff Enterprise. Aber auch bei den anderen genannten Naturphilosophen gibt es Verbindung zur heutigen Naturwissenschaft. Wasser ist bekanntlich tatsächlich der Urstoff des Lebens, ohne Wasser kein Leben auf diesem Planeten. Luft als Urstoff hat den Vorteil, dass man bei ihr als unsichtbarer Substanz auch die Seele, das Geistige, mitdenken kann und fast alles Leben Luft zum Stoffwechsel benötigt. Das Feuer als Grundsubstanz spendet lebensnotwendige Wärme und symbolisiert psychische Eigenschaften, wie Kraft, Intelligenz, Mut. Die Atome vollends haben sich bis heute gehalten und existieren nun in moderner Form als unvorstellbare Gebilde in einem unvorstellbaren Quantenraum. Die griechischen Naturphilosophen waren Materialisten. Die Ursubstanz war etwas aus ihrer greifbaren und sichtbaren Welt. Sie waren auch Atheisten, denn der jeweils angenommene Urstoff existierte schon immer, er wurde nicht von einem Gott geschaffen.

Am bekanntesten und einflussreichsten ist der Materialismus von Marx geworden:

Meine dialektische Methode ist der Grundlage nach von der Hegelschen nicht nur verschieden, sondern ihr direktes Gegenteil. Für Hegel ist der Denkprozess, den er sogar unter dem Namen Idee in ein selbständiges Subjekt verwandelt, der Demiurg des Wirklichen, das nur seine äußere Erscheinung bildet. Bei mir ist umgekehrt das Ideelle nichts anderes als das im Menschenkopf umgesetzte und übersetzte Materielle. (MEW 23: 27).

15.1 Philosophische Ansätze

Die modernen Naturwissenschaftler verstehen sich im Regelfall ebenfalls als Materialisten, wobei allerdings das Materielle wenig Greifbares enthält. In der Quantenwelt sind die Materieteilchen nicht mehr vorstellbar als kleine Klümpchen. In der mathematischen Beschreibung bilden sie ausdehnungslose Punkte oder Felder oder „Schalen“, ihr Impuls und ihr Ort können nicht zugleich erfasst werden. Teilchen können aus dem Nichts entstehen und wieder verschwinden. In einer solchen Welt gibt es wohl auch Platz für Geist und Bewusstsein. Doch zunächst wollen wir uns einige Alternativen ansehen.

Monismus: Idealismus

Natürlich kann man sich die Grundsubstanz, aus der alles besteht, auch als etwas Immaterielles vorstellen. Der erste und deshalb vielleicht bedeutendste Vertreter dieser Position ist der große griechische Philosoph Platon. Alles ist Geist und nur das Geistige ist real. Was uns materiell und greifbar oder sichtbar gegenübersteht, ist eine Täuschung. Ewig wahr und unveränderlich sind nur die Ideen, die hinter den Dingen stehen. Eine solche Sichtweise liegt dem modernen naturwissenschaftlich gebildeten Menschen ferne. Kauft er doch täglich materielle Waren für materielles Geld. Sofern er aber sein durch Bildung erworbenes Wissen bemüht, sind Platons ewige unabänderliche Ideen nicht mehr so abstrus. Was wir sehen und fühlen, ist ja wirklich eine Täuschung. Unsere Finger bestehen fast vollständig aus Leerräumen, die Finger erfassen Gegenstände, die ebenfalls fast nur aus Leerräumen bestehen. Atomkerne und ihre Bestandteile, die Quarks, darf man sich nicht als Klümpchen vorstellen, und die Elektronen, die um die Kerne kreisen, sind ebenfalls keine Kügelchen. Das einzige, was bleibt, sind die Naturgesetzte, denen die Elementarteilchen gehorchen und die überall im Universum zu gelten scheinen. Platon würde die Naturgesetze als Prototyp seiner Ideen ansehen, allerdings insofern nicht als letzte unveränderliche Ideen, als menschliche Erkenntnis immer nur vorläufig bleibt. Unter dieser Perspektive ist das Geistige greifbarer als das Materielle, genauso wie unser immaterielles Bewusstsein unmittelbarer zugänglich ist als die Dinge, die uns durch Wahrnehmung oder Vorstellung bewusst werden.

Kant hat den Idealismus noch von einer anderen Seite her beleuchtet, von den apriori gegebenen Kategorien und Anschauungsformen, durch die wir uns und die Welt erkennen. Er stellt dar, dass wir das „Ding an sich“, damit ist die Wirklichkeit gemeint, nicht direkt erkennen können, und zwar grundsätzlich nicht, weil wir die Welt nur durch die Brille unserer Erkenntniswerkzeuge erfassen, nämlich den Denkkategorien und Anschauungsformen. Letztere sind die uns vorgegebenen Wege, wie wir Raum und Zeit erfassen. Wir können uns den Raum nur dreidimensional vorstellen und die Zeit nur als gleichmäßig verstreichende in eine Richtung verlaufende Abfolge von Ereignissen. Beide Vorstellungen („Anschauungsformen“) sind falsch, wenn man den Stringtheoretikern und der Relativitätstheorieglaubenwill. WirsindalsoinderLage, hinterdieAnschauungsformenzusehen. Aber bei den Denkkategorien ist dies nicht so leicht möglich. Da gibt es bei Kant Kategorien derQuantität, QualitätundRelation. AllunserDenken, einschließlichdesmathematischen Denkens benutzt solche Kategorien. Sind sie nur eine Beigabe der Evolution, damit wir besser in der Welt zurechtkommen? Oder erkennen wir mit ihnen die Wirklichkeit? Wenn beispielsweise „Qualität“ nur eine Scheinkategorie wäre, gäbe es kein Leib-Seele-Problem und kein Geist-Materie-Problem, weil wir einfach eine falsche Unterscheidung treffen. Beide Bereiche wären gar nicht verschieden.

Dualismus

Der Dualismus macht es sich insofern leicht, als er Geistiges und Psychisches in ein eigenes ReichdesSeinsverlagern. DanachgibteszweiWelten: einematerielleundeinegeistige. Das kommt, wie gesagt, dem Alltagsverständnis sehr entgegen, hilft aber am Ende doch nicht so viel weiter, wie man auf den ersten Blick meinen könnte. Wir wären dann gleichzeitig in zwei unterschiedlichen Welten zu Hause. Descartes hat diesen Gedanken systemisch ausgeführt und sich auf das Verhältnis von Bewusstsein und Körper beim Menschen konzentriert. Wie treten Bewusstsein und Körper miteinander in Beziehung? Descartes vermutete die Zirbeldrüse als Schaltstelle zwischen beiden Substanzen, wohl weil sie der einzige Teil im Gehirn ist, der nur einmal vorkommt.

Eine ganz spezielle Form des Dualismus vertritt Aristoteles. Er unterscheidet zwischen Form und Materie (Stoff). Der Stoff (hyle) ist die gestaltlose, starre Substanz, das „zugrunde Liegende“ (hypokeimenon), die Form (eidos) dessen Gestaltung. Im Beispiel der Entstehung einer Statue lässt sich das Verhältnis der beiden Substanzen veranschaulichen. Der Marmorblock bildet den Stoff und seine Bearbeitung die Form. Stoff wird von Aristoteles auch als Möglichkeit und Form als Wirklichkeit verstanden. So steckt im Samen die Möglichkeit des Baumes, während der herangewachsene Baum die Form gewordene Wirklichkeit darstellt. Angewandt auf die moderne Physik würden die physikalischen Gesetzte und die ihnen folgende Ordnung der Materie und Energie die Form bilden. Die Trennung macht aber Schwierigkeiten, weil alle atomaren und subatomaren Teilchen nicht ohne die Gesetze gedacht werden können, denen sie folgen.

Der Dualismus ist keineswegs ausgestorben. Zwei Substanzdualisten der Gegenwart sind Eccles und Popper. Der Nobelpreisträger Eccles nimmt eine Wechselwirkung zwischen Gehirn und Selbst an. In „Das Rätsel Mensch“ (1982) bezeichnet er seinen Ansatz als Radikale Dualistische Interaktionstheorie. Der „selbstbewusste Geist“ wirkt auf das Gehirn und umgekehrt neurologische Prozesse (z. B. Wahrnehmung) auf das Bewusstsein. Diese Position findet heute kaum noch Anhänger, aber sie ist in ihrer Formulierung von John C. Eccles und Beck (1994) ein Versuch, den Dualismus neurologisch zu manifestieren. Ihr Ansatz konzentriert sich auf Synapsen. Die Autoren sind der Meinung, dass Quantenvorgänge im gesamten elektrophysiologischen Prozess des Neurons nur dort, bei den Synapsen, eine Rolle spielen können und stellen ein Modell für die quantentheoretische Beschreibung der Synapsentätigkeit vor.

Die grundlegenden neuronalen Einheiten des cerebralen Cortex nennen sie Dendronen. Das sind zylindrische Bündel von Neuronen, die im Cortex vertikal in sechs Schichten an-

15.1 Philosophische Ansätze

geordnetsind. Jederdieser40Mio. DendronenistmiteinermentalenEinheit, demPsychon verknüpft, daseinebestimmtebewussteErfahrungvermittelt. IneinerintentionalenHandlung wirken Psychonen auf Dendronen ein und vergrößern für einen kurzen Augenblick die Wahrscheinlichkeit des Feuerns von Neuronen durch einen Quantentunnel-Effekt bei der sog. Exozytose. (Der Tunneleffekt ist eine Bezeichnung dafür, dass ein atomares Teilchen eine Potentialbarriere von endlicher Höhe auch dann überwinden kann, wenn seine Energie geringer als die Höhe der Barriere ist.) Bei der Wahrnehmung verläuft der Vorgang umgekehrt: Dendronen wirken auf Psychonen und verursachen ein Bewusstseinserlebnis. Der Übergang geschieht durch die sog. Exozytose; sie ist eine Art des Stofftransports aus der Zelle hinaus. Dabei verschmelzen oder „fusionieren“ im Cytosol liegende Vesikel mit der Zellmembran und geben so die in ihnen gespeicherten Stoffe frei.

Das Hauptproblem ist bei Eccles neben der Annahme zweier wechselwirkenden Substanzen das Faktum, dass Selbst-Bewusstsein erst während der Ontogenese entsteht. Dann aber wäre das Bewusstsein ein Epiphänomen, erst aus dem Materiellen bildet sich der Geist. Ein ähnliches Problem ergibt sich bei der Drei-Welten-Lehre von Karl Popper. Nach seiner Meinung gibt es drei Substanzen, drei „Welten“. Die Welt 1 ist die physische Welt der Körper und physischen Zustände, Vorgänge und Kräfte. Die Welt 2 ist die psychische Welt der bewussten Erlebnisse und unbewussten psychischen Vorgänge, und die Welt 3 die Welt der geistigen Produkte: Wissen, Kunst, Moral. Diese dritte Welt ist aber ein Erzeugnis des Menschen. Sie existiert erst, seitdem es Menschen gibt. Wichtig erscheint die Unterscheidung von Geist und Bewusstsein, die uns noch beschäftigen wird. Hauptproblem bleibt die ontologische Unterstellung. Ist es nötig, drei Seinsarten und damit drei Substanzen anzunehmen?



Neutraler Monismus

Wie wäre es, wenn man die Dichotomie von Geist und Materie zugunsten einer Seinsform aufgibt, die beides vereint oder beides zugleich ist? Geist und Materie lassen sich nach Meinung mancher Philosophen auf ein drittes unabhängiges Prinzip zurückführen. Die Ure-Theorie von Carl Friedrich v. Weizsäcker (weitergeführt von Görnitz) geht nicht von Materie und Energie als den Grundbausteinen des Universums aus, sondern davon, dass in allen Erscheinungen der Welt, also auch in den Elementarteilchen, Information steckt. Ure sind die Informationseinheiten, mit denen diese Physiker versuchen, die Welt zu beschreiben. Chalmers (2002b) verfolgt diesen Gedanken weiter. Sowohl in physikalischen Vorgängen und Objekten als auch im Bewusstsein steckt Information. Die physikalischen Gesetze lassen sich vielleicht informationstheoretisch formulieren und ebenso die Bewusstseinserlebnisse. Danach hat Information zwei Aspekte: einen physikalischen und einen erlebnishaften. Da aber Information allgegenwärtig ist, fragt sich, ob Bewusstseinserlebnisse nicht auch in einfachen physikalischen Informationen stecken. Chalmers fragt beispielsweise, ob dann der Thermostat, der ja ebenfalls eine Information enthält, zumindest in einfacher Form Bewusstsein hätte. Die andere Alternative wäre, dass nur bestimmte Informationsformen einen Erlebnisaspekt besitzen. Dann könnten bestimmte physikalisch präsente Informationsstrukturen im Gehirn präzise bestimmten Erlebnissen zugeordnet werden.

Einen anderen Zugang wählt der Philosoph Whitehead (1929). Er vertritt eine organismische Wirklichkeitsauffassung. Nicht nur der Mensch, sondern das gesamte Universum baut sich aus organismischen Einheiten auf, die immer komplexer werden und graduell an Subjektivität (Bewusstheit) zunehmen. Die Welt besteht aus actual entities, die sich wie die Atome zu größeren Organisationformen vereinen. Das ontologische Prinzip bei Whitehead besagt, dass alles, was real ist, von solchen aktualen Entitäten produziert wird. Diese Einheiten sind aber nicht statisch, sondern befinden sich im Prozess, im Werden. Ein wirkliches Wesen (auch die kleinsten Einheiten) ist, indem es wird. Alle Entitäten empfinden. Dieses Empfinden wird von einem gewissen Komplexitätsgrad der Entitäten zum bewussten Erlebnis. Durch den Kunstgriff der „Beseelung“ aller Materie und die Annahme einer fortwährend im Prozess befindlichen Materie umgeht bzw. löst Whitehead das Problem des Auftretens von Bewusstsein in der Evolution. Bewusstsein in einfachster Form ist schon immer da und der Materie selbst eigen.

EineMöglichkeit, elegantmitdemMaterie-Geist-Problemumzugehen, bietetderKonstruktivismus an. In seiner radikalen Form (v. Glasersfeld 1992; v. Foerster 1992) behauptet er: Wir können nichts über die Realität erfahren, nicht einmal, ob sie existiert. Alle unsere Konzeptionen von Realität sind unsere Konstruktionen, weiter nichts. Der Psychologische Konstruktivismus macht keine Annahmen über die Realität, sondern nimmt an, dass unser Verständnis von Welt und vom Selbst Konstruktionen sind, deren Entwicklung im Kindes- und Jugendalter übrigens bereits ausgiebig untersucht wurde. Ob radikal oder eingeschränkt, ausdemBlickwinkeldesKonstruktivismusistdieUnterscheidungvonGeist und Materie ein Scheinproblem, denn beide Begriffe sind ja nur unsere Konstruktionen. Wenn wir die Welt anders konstruieren, entfällt das Problem.

ZudenGrundlagenderobigenDarstellungsieheWerkezurGeschichtederPhilosophie,

z.B. Gadamer (2000) und Schupp (2005).



15.2 Bewusstsein

Das Verhältnis zwischen Leib und Seele scheint in unserer Alltagserfahrung in Form einer Wechselwirkung zwischen beiden Seiten zu funktionieren. Wenn wir uns aufregen, überträgt sich dieser Affekt auf den Körper, er geht auf Alarmstufe. Wenn wir uns mit einer Nadel stechen, erleben wir die Körperverletzung als Schmerz, also als Bewusstseinserlebnis. Dennoch ist die Wechselwirkungslehre nicht haltbar, es sei denn, wir nehmen zwei Substanzen, zwei Welten an, eine psychische und eine körperliche. Die andere Alternative, der Parallelismus, nimmt an, dass psychische und körperliche Prozesse parallel ablaufen und sich nicht wechselseitig beeinflussen. Diese zunächst absurd erscheinende Position gewinnt an Plausibilität, wenn man psychische Prozesse und körperliche Vor-

gänge als zwei Erscheinungen ein und derselben Phänomens ansieht. Die Innenansicht vermittelt das Bewusstseinserlebnis, das nur dem Subjekt zugänglich ist. Die Außenansicht gibt die neurophysiologischen Prozesse wieder, sie sind von Dritten beobachtbar und messbar. Diese monistische Position bezeichnet man auch als Identitätslehre, weil es sich bei psychischen und physischen Vorgängen um das Gleiche handelt. Schon Spinoza vertrat diese Auffassung. Extensio (das Ausgedehnte) und cogitatio (das Gedachte) sind Attribute ein und derselben Substanz. Begründer der Identitätslehre in der Psychologie war Gustav Theodor Fechner im 19. Jahrhundert mit seiner Psychophysik (Fechner 1860). Die Gestaltpsychologen nahmen Isomorphie zwischen Gehirnstruktur und Wahrnehmungserlebnis an, eine Sonderform der Identitätslehre. Diese direkte Entsprechung existiert allerdings nicht. Dominierende Meinung in den Naturwissenschaften ist, dass Bewusstsein nicht ohne Gehirntätigkeit existiert. Edelman (2002) unterscheidet zwei Arten von Bewusstsein. Beim primären Bewusstsein ist das Lebewesen aufmerksam und sich seiner Umgebung bewusst. Höheres Bewusstsein beinhaltet Selbstbewusstsein, die Fähigkeit, sich in der Welt zu sehen und ein Gefühl für die Vergangenheit und Zukunft zu haben. Chalmers (2002a, b) unterscheidet beim Bewusstsein das „leichte“ Problem (Wahrnehmung, Lernen, Sprache, Vorstellungen) und das „harte“ Problem (wie können Vorgänge im Gehirn zu subjektiven Erfahrungen, zu Gefühlen werden?). Da das harte Problem nicht lösbar ist, schlägt Chalmers vor, bewusstes Erleben als fundamentalen, irreduziblen Wesenszug anzuerkennen, ähnlich wie Masse-Energie in der Physik. Er sieht aber im Informationsbegriff (s. o.) eine Möglichkeit, physikalische und Erlebnisstrukturen zusammenzuführen.

Annahmen über die Entstehung des Bewusstseins im Gehirn

Seit langem unterscheidet man zwei Arten von Bewusstsein: Intentionalität und Qualia (z. B. Husserl 1913, s. unten). Bewusstsein ist Bewusstsein von „etwas“, es ist immer auf Gegenstände (im allgemeinen Sinn, s. Kap. 6, Kap. 8) gerichtet, also intentional. Solche „Gegenstände“ können äußerer Art (Wetter, Gebäude, Menschen) oder innerer Art sein (Körperempfindungen, Schmerz oder Unbehagen an einer Körperstelle). Qualia beziehen sich auf das inhaltliche Erleben, etwa wie man die Farbe Rot erlebt, wie sich Schmerz anfühlt, wie der Mann den Anblick einer schönen Frau erlebt und umgekehrt. Gerhard Roth (2003) kennzeichnet drei Bereiche des Gehirns, in denen Bewusstsein entsteht:



  1. die Formatio reticularis (ARAS: Aufsteigendes reticuläres Aktivierungssystem), die fürdie Wachheit des Bewusstseins und die Aufmerksamkeit zuständig ist;

  2. Gehirnpartien, die bei Gefühlen und Gedächtnis aktiv sind, und

  3. die Großhirnrinde, bei der die Assoziationsfelder Bewusstsein erzeugen.

Dabei ist die Großhirnrinde (Cortex) mutmaßlich der Ort, an dem Bewusstsein entsteht, wenn die Gehirnpartien a) und b) sich in Interaktion mit dem Cortex befinden. Roth (2003) vermutet, dass Bewusstsein entsteht, wenn zwischen den Abermilliarden von kortikalen Nervenzellen und Billionen von Synapsen Synchronizität hergestellt wird, wobei zugleich der Einfluss der Formatio reticularis, des Thalamus, des Hippocampus und des limbischen Systems wirksam ist. Die Annahme der Synchronizität wird seit langem von Wolf Singer (z. B. 2004) vertreten, der seit Jahren mit seinen Mitarbeitern Gehirnprozesse und ihr psychisches Pendant untersucht. Die unmittelbare visuelle Wahrnehmung von Objekten als bewusstes Erleben erklärt er durch synchrone Entladungen Hunderter oder Tausender Neuronen, die über viele Hirnareale verteilt sein können. Die Assoziationsfelder in der Großhirnrinde könnten die neuronalen Verbände synchronisieren und dadurch die Eigenschaften des Gegenstandes, wie Farbe, Form, Bewegung und Position im Raum zu einem ganzheitlichen Eindruck vereinen. Auch für die bloße Vorstellung von konkreten oder abstrakten Objekten gibt es nach Singers Meinung experimentelle Befunde. So fanden Tallon-Baudry und Varela in Paris, dass sich bei der bewussten Vorstellung von kurz zuvor gesehenen Objekten mehrere Zentimeter voneinander entfernten Areal im Gehirn synchron entluden. Die Assoziationsareale in der Hirnrinde sind evolutionsgeschichtlich jung. Sie spielen nach Meinung Singers die Rolle eines Spiegels, in dem die Wahrnehmung undVorstellungvonGegenständennochmalsrepräsentiertwird. „Vielleichtentstehtunser Bewusstsein genau hier: in einem Spiel von Spiegeln“ (Singer 2004, S. 25). Die Annahme von Synchronizität als Voraussetzung für die Entstehung von Bewusstseinserlebnissen wird von vielen Forschern geteilt. Crick, der Mitentdecker der Doppelhelix-Struktur der DNA, und Koch (1990, 2003) behaupten, dass zusätzlich zu der Bedingung des synchronen Impulse Bewusstsein entsteht, wenn Neuronen in der Sekunde rund 40 Mal feuern, halten das allerdings später nicht mehr für hinreichend (2003). Penrose (1995) nimmt dagegen an, dass Bewusstsein aus quantenphysikalischen Prozessen entsteht, die in den Mikrotubuli (Proteinstrukturen innerhalb der Neuronen) stattfinden.

In Abb. 15.1 sind die Gehirnpartien dargestellt, die mit Bewusstsein verbunden sind. Vor allem scheinen neben den Assoziationsfeldern der Hirnrinde selbst zwei Organisationsebenen an der Entstehung von Bewusstsein beteiligt zu sein. Die thalamo-corticale und die subthalamische Ebene (Delacour 2004, S. 17). Auf ersterer Ebene besteht eine rege Wechselwirkung zwischen Thalamus und Hirnrinde. Dabei sind Relaiskerne mit sensorischen Arealen des Cortex verknüpft. Neben diesem Regelkreis gibt es einen zweiten, der den Wachzustand, den REM-Schlaf (Rapid Eye Movement: die Schlafphase; in der wir träumen) und den Tiefschlaf reguliert. Dieser Regelkreis verbindet den Reticular- und Relaiskern. Wird der Relaiskern gehemmt, so versinken wir in den (meist) traumlosen Nicht-REM-Schlaf. REM-Schlaf und Wachzustand sind sich also auf dieser Ebene der neuronalen Wirkmechanismen ähnlich.

Auf der subthalamischen Ebene unterscheiden sich jedoch die beiden Bewusstseinszustände. Wir träumen, wenn die Reticularformation der Brücke aktiv ist und sind wach, wenn sie durch den Raphekern und den Blauen Kern gehemmt wird (siehe Ausschnittsvergrößerung des Hirnstamms in der Abb. 15.1).



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