Tagebuch ohne Fotos zum Drucken



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9.) Die große Fastenzeit

Aufsteige mein Gebet wie Weihrauch vor Dein Angesicht,

meiner Hände Erhebung sei ein Abendopfer.
Refrain (Chor): Aufsteige mein Gebet wie Weihrauch vor Dein Angesicht

meiner Hände Erhebung, sei ein Abendopfer.
Herr, ich ruf zu Dir, erhöre mich,

komm und merke auf meine Stimme,

wenn ich zu Dir rufe.
- Refrain (Chor)-
Setze Wächter vor meinen Mund, oh Herr,

und vor das Tor meiner Lippen setze eine Wache.
- Refrain (Chor)-
Neige mein Herz nicht zu bösen Dingen,

dass ich nicht frevle, ruchlose Taten vollbringe.
- Refrain (Chor)-
Aufsteige mein Gebet wie Weihrauch vor Dein Angesicht,

(Chor:) meiner Hände Erhebung sei ein Abendopfer.
Rauchopfer der Liturgie der vorgeweihten Gaben

Sonntag, 23. Februar 2009 - Tag der Befreier des Vaterlandes

An den letzten Tagen hatte ich schon mehrfach versucht herauszufinden, ob an dem staatlichen Feiertag der Befreier des Vaterlandes überhaupt Vorlesungen an der orthodoxen Universität stattfinden. Sie fanden statt - allerdings fiel meine aus. So wie ich den Dozenten einschätze, wird er ruhigen Gewissens zu Hause geblieben sein. So haben wir vergeblich auf ihn gewartet. Etwa eineinhalb Stunden vorher hatte Olga mich noch gefragt, ob wir unser Tandem-Treffen nicht auf 14 Uhr verschieben könnten - wir hätten es gut machen können, hätte ich es gewusst. So musste ich auf sie bis 16:30 Uhr warten. Eine Zeitlang habe ich das Warten am Notebook verbracht, dessen Akku aber nach etwa einer Stunde den Geist aufgegeben hat, weil ich damit ja vorher schon im Internet war. Anschließend habe ich mich am nahegelegenen Bahnhof erkundigt, wann mein Professor morgen einen Zug zum Flughafen nehmen kann. Und so war ich dann pünktlich um 16:30 Uhr wieder zurück und habe mich mit Olga getroffen. Vorher habe ich kurz mit Ludmilla Simonovna über den Vortrag meines Professors am morgigen Tag gesprochen und zum Schluss hat sich noch mit mir geschimpft, dass sie mich ohne Mütze gesehen hat - dabei hatte ich sie nur auf den paar Metern von der Stalowaja zu den Unterrichtsräumen nicht auf. Heute ist es jedoch wieder ratsam eine Mütze aufzusetzen, weil es über Tag wieder kalt war - um -10°C. Und dabei sind wieder die kleinen Eiskristalle durch die Luft geflogen, die im Sonnenlicht so herrlich funkeln und ihre ganze Pracht erst auf der Kleidung zeigen, wenn man ihre Sternchenform erkennen kann. Es ist, als wenn kleine Teile des Himmels auf die Erde gekommen sind. Ich freue mich immer sehr über die kleinen Sternchen und kann mich an ihnen nicht satt sehen - immer in dem Bewusstsein, dass ich das aus meiner Heimat nicht kenne und vielleicht auch so schnell nicht mehr wieder erleben werde.

Zudem hat heute die Fastenzeit angefangen zu beginnen - nämlich noch nicht ganz: Ab heute ist die fleischlose Zeit, für eine Woche sind aber noch Käse, Milch, Eier und so weiter erlaubt. Und ab dem 02. März bis zum Osterfest ist dann die große fleischlose Fastenzeit. Vor der Fastenzeit ist in Deutschland ja traditionell die Karnevalszeit, die hier in Russland allerdings eher weniger begangen wird. Ich habe heute eine "Jeckin" in der Metro gesehen, die ihre Verkleidung an die Haltegriffe gehängt hatte und in Zivil fuhr, das Gesicht war aber weiß geschminkt.

Nun war ja heute der staatliche Feiertag der Befreier des Vaterlandes. Dementsprechend war die Stadt heute wieder wie leer gepustet und es war sehr ruhig - fast so, als wenn Moskau doch mal Schlaf nötig hat. Es ist an dem Tag üblich, dass man die Männer gratuliert. Einige haben wohl den Sinn des Festes wohl nicht ganz erfasst und auch mich gratuliert, was ich aber zumeist höflich abgelehnt habe, zumal ich weder in der Russischen Armee gedient habe noch dass ich einen anderen Identifikationspunkt damit hätte.

Den Abend habe ich dann eigentlich nur an meinem Tagebuch gebastelt und jede Menge Fotos der letzten Tage eingefügt und die Homepage geringfügig erweitert. In einer Pause habe ich meine Kontoauszüge kontrolliert und habe als Überraschung des Abends gesehen, dass liebe Bekannte mir eine sehr großzügige Zuwendung haben zukommen lassen, wo ich mich natürlich sehr darüber gefreut habe. Ich will dort morgen Abend, wenn ich mein Handy wieder aufgeladen habe, anrufen und mich persönlich bedanken.
Sonntag, 23. Februar 2009

Es scheint nach staatlichen Feiertagen hier öfter vorzukommen, dass der Triebfahrzeugführer seinen Zug nicht immer korrekt zum Halten bekommt und etwas über die Station hinausschießt. So am heutigen Morgen wieder: Wenigstens eine halbe Wagenlänge ist er zu weit gefahren. Und als er wieder abfahren wollte, fuhr er wieder ein Stück rückwärts, weil der den Fahrtrichtungsschalter vergessen hatte, umzulegen. Solche "Betriebssituationen" habe ich lediglich einmal bei meinen häufigen Eisenbahnfahrten in Deutschland erlebt - und hier schon mehrfach.

Zunächst habe ich heute im Paveljezker Bahnhof für meinen Professor das Zugticket zum Flughafen besorgt und ihn dann in der Metrostation Novokusnezkaja abgeholt. Rund um den Bahnhof und die Metro-Station habe ich versucht, mein Handy aufzuladen, aber entweder hatte der Laden geschlossen oder die Ladestation war nicht für Megafon-Nummern. Dementsprechend war das Ergebnis sehr bescheiden und erst nach der Vorlesung habe ich es aufgeladen.

In der Universität hat Professor Bremer einen Vortrag über die Universität und die Theologische Fakultät in Münster gehalten - anschließend konnte das Auditorium Fragen stellen. Dabei sind teilweise sehr interessante Fragen gestellt worden, sowohl von Studenten als auch von Dozenten und Professoren. Besonders habe ich mich darüber gefreut, dass das orthodoxe Pendant zu Professor Bremer, Vater Valentin, auch da war. Nach dem Treffen, das gute eineinhalb Stunden dauerte, sind wir dann dort zum Essen eingeladen worden, wo die "Väter", also die Priester der Universität, essen oder sich aufhalten. Mit dabei waren Ludmilla Simonovna, Vater Valentin, Juri Valerjewitsch, Vater Andrej (den ich bis dahin noch nicht kannte) und die Mitarbeiterin von Ludmilla Simonovna, deren Namen ich mir einfach nicht behalten kann. Bei Borschtsch und Kartoffelpürree mit überbackenem Fisch und Wein gab es ein gemütliches Beisammensein, bei dem dann und wann ein Trinkspruch gesagt wurde. Interessant fand ich die Atmosphäre in dem Haus: Es war zwar alles renoviert und sah gut aus, aber ebenso auch ein wenig unordentlich: Der Tisch war nicht sauber, es standen noch Essenreste herum und eigentlich musste erst aufgeräumt werden, bevor wir dort essen konnten. Mir war es ein wenig unangenehm, nicht helfen zu können oder zu dürfen. Sobald ich derartige Anstalten machte, wurde ich gebeten, mich zu setzen. So wurde mir der Wein von Vater Valentin eingeschenkt, das Essen durch Ludmilla Simonovna und Juri Valerjewitsch gereicht. Und für meinen Geschmack wurde ich viel zu viel während des gesamten Treffens gelobt. Besonders in Erinnerung ist mir der Satz von Vater Valentin an Prof. Bremer in Erinnerung geblieben, als er gesagt hat: "Wir werden Andreas im Sommer aber wieder zurückgeben." Für mich war dies ein guter Einblick heute, wie hier über mich gedacht wird - Ludmilla Simonovna drückte es so aus, dass hier wohl oft "von unserem Andrej" gesprochen wird. Der Satz zeigte mir doch, dass ich hier gut aufgenommen bin und mich ganz geborgen fühlen darf. Alles in allem war es ein sehr schönes Treffen, dass mich noch einmal in meiner Sache bestärkt hat. Anschließend habe ich Professor Bremer noch die Fakultätskirche und die Studentenkirche gezeigt - bei letzterer insbesondere die Wandgemälde, die von der entsprechenden Fakultät dort gemacht wurden. So habe ich heute auch erfahren, dass die Fakultätskirche St. Nicolai eine der wenigen Kirchen in Moskau gewesen ist, die während der Sowjetzeit geöffnet gewesen und damit etwas Besonderes ist.

Nach dem ich Professor Bremer zum Bahnhof gebracht habe, war ich noch in der Vorlesung "Einleitung in die liturgische Überlieferung", wo ich mich dieses Mal sehr gut einfinden und Fragen stellen konnte. Insbesondere konnte ich hin und wieder was aus der katholischen Kirche und dem Eucharistieverständnis in Bezug auf die zelebrierenden Priester erzählen. Mir ist gerade heute noch einmal sehr deutlich geworden, dass an dieser Fakultät sehr viel zwischen orthodoxer und katholische Kirche verglichen wird, so dass die Studenten hier einen viel tieferen Einblick in andere christliche Kirchen haben als es an der Münsteraner theologischen Fakultät der Fall ist. Hier ist auch das Interesse für die anderen Kirchen viel größer, da gerade in diesem Seminar oft gefragt wird, wie es in einer anderen christlichen Kirche gehandhabt wird.

Als ich wieder zu Hause war, habe ich mich einerseits für die finanzielle Zuwendung bedankt und dort, wo ich angerufen habe, denen eine große Freude gemacht. So konnte ich ein wenig von meiner Zeit hier erzählen und vor allem bestätigen, dass ich mich hier nach wie vor sehr, sehr wohl fühle. Anschließend bin ich duschen gegangen und wieder kam nur wenig Wasser aus der Leitung - es wurde noch weniger, als ein zweiter eine andere Dusche benutzt hat. Ich habe mich da so drüber geärgert, dass ich mich vehement bei der Administratorin beschwert habe, die sich gleich des Problems bemächtigen wollte. Zudem habe ich ihr gesagt, dass ich Probleme mit einer Steckdose in meinem Zimmer habe. Vor ein paar Tagen habe ich dort einen Stecker hineingesteckt und mir kam ein Funke entgegengeflogen. Auch das soll bald behoben werden.

Sehr überrascht bin ich immer wieder, wie gut viele durch dieses Tagebuch informiert sind. Einerseits in dem Telefongespräch heute kam das oft zum Tragen und auch meinem Professor brauchte ich eigentlich gar nichts mehr zu erzählen, weil er ebenfalls sehr gut informiert war. Ich möchte zu gerne einen Zähler auf meine Homepage bauen um wenigstens in ungefähr eine Ahnung zu bekommen, wie viele das Tagebuch lesen, doch leider lässt sich das mit dem Browser und meinem Programm nicht verwirklichen.

Mit diesem Abend geht ein für mich sehr interessanter und stärkender Tag zu Ende, den ich in meiner Zeit hier sicherlich nicht missen möchte und der für mich sehr wichtig ist.



Donnerstag, 26. Februar 2009

An diesem Tag ist zunächst alles wie gewohnt verlaufen: Zunächst war ich im Internet und habe mit meiner Mutter telefoniert und ihr etwas zu den Bildern auf meiner Homepage erzählt, anschließend war die Vorlesung bei Vater Valentin und dann hatte ich bis zu meinem Treffen mit Elena noch etwa eineinhalb Stunden Zeit, die ich zum Versenden eines Geschenkes vom internationalen Postamt nutzen wollte. Das hat auch alles soweit gut geklappt - nur musste ich wieder länger als eine halbe Stunde warten, so dass ich früher aufbrechen musste und das Geschenk dann doch nicht losgeworden bin. Das nehme ich mir jetzt für Montag oder schon für Samstag vor. Ich bin mal gespannt, was dann dazwischen kommt. Nun habe ich es aber während der Wartezeit wenigstens geschafft, ein paar Ostergrußkarten und interessante Briefmarken zu kaufen.

Dann war ich mit Elena und einem Spanier verabredet, in die Tretikovskaja-Galerie (wird "Tretjakovskaja-Galerie“ geschrieben, aber anders ausgesprochen) zu gehen. Dort angekommen, mussten wir Ausländer wieder einen erhöhten Preis bezahlen, so dass ich die Kassiererin erst etwas angegrummelt, mich dann aber kurz darauf bei ihr entschuldigt habe, was sie mit großer Freude und Herzlichkeit angenommen hat. Ich war irgendwie wohl noch gestresst und genervt vom internationalen Postamt und den vielen Menschen in der Metro. Ich glaube manchmal, dass ich mich da immer noch nicht richtig dran gewöhnt habe, auch wenn es mir zeitweise nichts ausmacht. In der Tretikovskaja-Galerie haben wir uns die Ikonen-Sammlung angeschaut, die wirklich sehr beeindruckend ist. Besonders viele Ikonen waren von dem Heiligen Nicolai (Nikolaus) zu finden. Ich fand aber auch andere Ikonen sehr interessant - vor allem ist mir die Ikone vom jüngsten Gericht in guter Erinnerung. Die auf Holz gemalten Vorstellungen davon fand ich sehr interessant. Um kurz vor halb acht wollte der Spanier sich von uns verabschieden und wir wurden mehr oder weniger dann auch höflich aus dem Museum beordert - eigentlich wollten Elena und ich uns noch andere Bilder anschauen.


Freitag, 27. Februar 2009

Den heutigen Tag würde ich aus meiner Sicht als einen fröhlichen und lustigen Tag ansehen, der mir viel Freude gebracht hat. Zunächst ist alles normal verlaufen: Vorlesungen und nach dem Küchendienst die Chorstunde. Beim Küchendienst habe ich heute einmal etwas anderes gemacht, nämlich den Abwasch der großen Küchengeräte. Da es an diesem Tag Fischfrikadellen gab, die auf Backblechen zubereitet wurden, hatte ich im Vergleich zu sonst eine recht schwere Arbeit, die mit jedem neuen Fischfrikadellenblech, das aus dem Backofen geholt wurde, nicht enden wollte. Zwischendurch habe ich mich über große Töpfe hergemacht, die ich sonst nur aus dem KJO-Zeltlager kenne. Um kurz vor drei war dann kaum noch Arbeit für mich da, so dass ich dann etwas eher gehen konnte. Da meine Jacke langsam immer mehr auseinanderfällt - das Hauptproblem sind die Reißverschlüsse (wie so oft bei meinen Kleidungsstücken) und ein Druckknopf, der nicht mehr richtig funktioniert und vielleicht das Ausreißen des großen Reißverschlusses bewirkt hat, habe ich mich in der Nähe nach einer Jacke umgesehen. Ich habe zwei Varianten gefunden in zwei verschiedenen Geschäften. Da ich aber jemanden um Hilfe fragen wollte, habe ich mich noch nicht entschieden. So bin ich dann zunächst zur Chorstunde gegangen und habe kurz vorher Masha angerufen, ob sie mir kurz vor unserem Treffen am Abend beim Jackenkauf behilflich sein kann. Zum Glück hat sie sich bereiterklärt, denn sonst laufe ich große Gefahr, dass die Jacke entweder zu groß, zu weit, zu klein oder in der Farbe einfach unpassend ist. Für so etwas habe ich leider überhaupt kein Händchen.

Die Chorstunde war für mich an diesem Tag sehr, sehr schwer, weil wir uns weiter auf den Donnerstag vorbereitet haben und nur Texte in kirchenslawischer Schrift ohne mir bekannte Noten gesungen haben. Dazu kam, dass ich nicht einen Text davon gekannt habe. Ein weiteres Problem war, dass es nur wenig Liedermappen gab und mein heutiger Nachbar immer mehr mit anderen Dingen beschäftigt ist und die Mappe nicht so hält, dass wir beide lesen können, sondern sie schwirrt dann im übertriebenen Sinne gesagt quer in der Weltgeschichte herum. Weil er so unkonzentriert ist, konnte mir auch nie richtig sagen, wo und was wir gerade singen.

Nach der Chorstunde habe ich erst eine Ikone gekauft und war dann eine gute halbe Stunde zu früh bei Masha, so dass noch genug Zeit für den Jackenkauf da war. So sind wir beide dann zusammen zum Jackenkauf losgezogen. Nachdem ich einige Jacken in dem Laden anprobiert hatte, indem ich zuerst war, haben wir noch dort geschaut, wo ich die andere Jacke gesehen hatte. Sie gefällt mir wegen ihrer Qualität, und ihren vielen Taschen sehr gut und Masha meinte, dass mir die Jacke auch sehr gut stehen würde. So habe ich die dann genommen. Sie hat ungefähr derzeit ungefähr 120 Euro (also 5.300p.) gekostet. Nun hoffe ich auch, dass die Jacke das hält, was sie verspricht: Ein gutes Aussehen, gut waschbar und warm und Wasser- und Wind abweisend ist.

Anschließend habe ich für Mashas Mutter noch ein paar Blumen gekauft und habe mich sehr über den hohen Preis gewundert. Ich wusste ja, dass Blumen recht teuer in Russland sind, aber mit über 20 Euro habe ich nicht gerechnet. Zumindest sah der Blumenstrauß am Ende sehr gut aus. Und da ich ja öfter bei Masha und ihren Familie zu Gast bin, finde ich diese "kleine" Aufmerksamkeit mehr als gerechtfertigt. Der Abend war dann auch wieder sehr schön. Vor allem habe ich viel über die orthodoxe Fastenzeit gelernt: Dass es nur zweimal in dieser Zeit möglich ist, Fisch zu essen und Wein zu trinken, dass ganz auf tierische Produkte verzichtet wird und dass strenges Fasten in der ersten und letzten Woche sehr bescheiden aussieht: An den ersten beiden Tagen nur etwas Wasser und Brot, an zwei Tagen der Woche etwas Gekochtes - jedoch fettfrei (wie zum Beispiel Kartoffel), dann an einem Tag wieder nur etwas Wasser. Wobei dies nun eine strenge monastische Variante ist. Während dieser Zeit gehört auch der Verzicht auf Theaterbesuche dazu. Ganz besonders im Mittelpunkt steht der Weg zu Gott: Gebet und häufige Kirchgänge und lange Liturgien und Gottesdienste, über die ich noch berichten und somit möglichst alle besuchen möchte. Die Woche vor der großen Fastenzeit - die fleischlose Woche - dagegen ist eine sehr fröhliche Woche. So werden viele Blinis (Pfannkuchen) gegessen - wie an diesem Abend auch - und es herrscht eine fröhliche Stimmung - vielleicht ist sie etwas mit der Karnevalszeit in Deutschland vergleichbar. Nur dass ich von hier bislang keine Verkleidungen und Prunksitzungen kenne.

Als ich um 23 Uhr im Wohnheim wieder ankam, war man dort auf dem Hof auch am feiern: Es dauerte gar nicht lange, da wurde ich zum Tanzen und Toben im Schnee aufgefordert - und dabei ziemlich häufig abgelöst. Und so haben wir dann noch bis kurz vor Mitternacht viel Spaß und Freude gehabt. Es war der erste Abend, den ich hier im Wohnheim erlebt habe, an dem Männer und Frauen gemeinsam so ausgelassen gefeiert und Spaß gehabt haben - ohne Alkohol natürlich. Nach diesem wunderschönen, vorfastenzeitlichen Ereignis hatte ich dann sogar Kontakt mit einigen Studenten von meiner Etage, zu denen ich sonst gar keinen Zugang außer einen Gruß finde, der dann irgendwie hingenuschelt erwidert wird. Mit Peter und Oleg haben ich dann noch in der Küche zusammen gesessen und Tee getrunken. Gegen halb eins habe ich dann noch einige Liedtexte, die ich nach der Chorstunde fotografiert habe und morgen ausdrucken will, so zurechtgeschnitten, dass ich sie problemlos ausdrucken kann und sie lesbar sind. Denn für Donnerstag muss ich sie noch fleißig lesen lernen. So bin ich dann erst gegen halb zwei ins Bett gekommen - aber total glücklich mit dem, was ich an diesem Tag erleben durfte.



Samstag, 28. Februar 2009

Und nun ist schon wieder der letzte Tag im Februar. Wo ist bloß die Zeit geblieben? Alles vergeht wie im Fluge und ich merke die Zeit kaum - ich weiß nur, dass die Zeit eine sehr schöne Zeit ist. Und manchmal wünsche ich mir, dass ich die Zeit bremsen könnte oder dass ich nicht gezwungen bin, so schnell zu genießen.

Heute ist eigentlich vieles anders gekommen, als ich geplant habe. Zunächst habe ich heute Morgen meinen Taschencomputer bei Masha abgeholt, den ich dort gestern Abend vergessen hatte. Dann hatte ich eigentlich geplant, nach der Vorlesung das Tagebuch auszudrucken und es dann direkt mit einem anderen Brief zu verschicken und natürlich vorher noch in der Stalowaja zu essen. Nun hatte ich meinem Bruder eine SMS geschrieben, dass ich später im Internet sein werde - wir wollten heute telefonieren. Nach der Vorlesung stellte sich heraus, dass es kein Mittagessen in der Stalowaja gibt, weil eine Fakultät ihren Fakultätstag hatte. So habe ich Nina gesucht, mit der ich etwas ausdrucken wollte. Sie war aber schon in einer Vorlesung. So habe ich Matthias angerufen und ihm gesagt, dass ich jetzt schon Zeit zum telefonieren hätte und so haben wir etwa eine Viertelstunde später gemeinsam über das Internet telefoniert. Mein geänderter Plan war, Nina um halb zwei zu treffen, ich fand sie aber nicht vor. Sie war angeblich einkaufen gegangen. Letztlich habe ich sie in der Mensa gefunden, die nun doch geöffnet hatte. Dann habe ich auf sie gewartet, weil sie mir gesagt hatte, dass sie gleich kommen würde. Ich habe mich dann aber doch zu ihr gesetzt und ich habe dann zu Mittag gegessen. Gegen Viertel vor drei haben wir dann ein paar Liedtexte ausgedruckt, die ich noch für den Chor lernen will - dabei ist leider die Tonerkartusche des Druckers leer geworden, so dass das Drucken zwecklos geworden ist. Nun war es mittlerweile kurz nach drei, ich habe mich bei Nina verabschiedet und bedankt und bin dann in den Laden gegangen, wo ich die Jacke gekauft habe und habe die Verkäuferin dort gefragt, wo denn mein Taschentuch - ein Geschenk des Hauses - wäre. Sie hatte es in eine der vielen Jackentaschen gesteckt und ich es noch nicht gefunden. So bin ich heute gar nicht mehr zur Post gekommen.

Dann bin ich mit Mashas Familie in den Mäusezirkus gefahren. In der Metrostation "Zwjetnoj Boulevard" haben wir noch eine Bekannte Mashas mit ihrem Enkel getroffen. Sie ist eine Deutschlehrerin, mit der ich bis nach der Vorstellung viel auf Deutsch unterhalten habe. Der Mäusezirkus ist für Kinder gedacht, aber für Erwachsene durchaus auch interessant. Insbesondere finde ich die Einfachheit der Bühne interessant, mit der man aber einen sehr hohen Wirkungsgrad erzielen kann. Es ist mehr oder minder eine Gartenbahn dort aufgebaut, die im Kreis fährt mit Mäusen als Passagiere. Und rundherum passieren alle möglichen Dinge: Figuren erscheinen und bewegen sich und irgendwo auf der Bühne ist immer etwas in Bewegung oder gab es etwas zu entdecken. Nach dem Theater waren Masha und ich noch im Militärmuseum und wir haben uns die Ausstellung im Freigelände angeschaut - Masha wollte mir dort eine Dampflokomotive mit Kriegsverkleidung zeigen - ein in der Tat durchaus interessantes Exponat. Ich denke, dass ich das ganze Museum mal besuchen werde, da es doch interessant zu sein scheint.

Nach dem Besuch hatten wir etwas Hunger und ich kannte ein Café kurz vor der Metrostation. Dort haben wir uns eine Obsttorte und Tee gekauft - Masha dann noch eine Kartoffel mit Füllung. Alles haben wir redlich geteilt und sogar alles aufgegessen. Das war unser Abschied von der fleischlosen Zeit - der Übergang in die große Fastenzeit ohne tierische Produkte. Wir wollten eigentlich noch in den Gottesdienst gehen, waren aber nachher viel zu spät dran. Bei ihr zu Hause angekommen, habe ich mich noch ein wenig in der Küche nützlich machen dürfen und nach dem Abendessen bin ich nach Hause ins Wohnheim gefahren. Wir haben uns heute über die Farben der liturgischen Gewänder in der russisch-orthodoxen Kirche unterhalten: Gold steht also für normale liturgische Tage - dies ist in der katholischen Kirche die Farbe grün. Grün steht in der orthodoxen Kirche für etwas, dass mit dem Heiligen Geist in Verbindung ist, blau ist ein Marienfest, violett wie in der katholischen Kirche die Fastenfarbe, in der großen Fastenzeit wird aber schwarz getragen. Zu Ostern ist rot dran, was in der katholischen Kirche ja die Farbe der Märtyrer ist. Und letztlich gibt es noch weiß, das ist für Hochfeste wie Weihnachten, Priesterweihe und letztlich auch für Beerdigungen - es ist, wie an anderer Stelle schon beschrieben, die Farbe der Freude.

Nachtrag: Als ich auf dem Hof stand und auf Nina gewartet habe, habe ich die Segnung eines Autos durch Vater Niclolai. gesehen. Dabei geht es nicht so zaghaft zu, wie ich es aus meiner Gemeinde in Oldersum kenne: Die Türen und die Motorhaube des Autos würde geöffnet, es wurden ein paar Gebete gesprochen und dann hat Vater Nicolai das Auto mit einem großen Weihwasserpinsel gesegnet. Dabei hat er durch jede Türe einen vernünftigen Schlag Wasser gespritzt. Und zum Schluss wurde der Autobesitzer auch noch in dieser Art und Weise gesegnet und der Pinsel über ihm ausgeschüttelt.

 

 

Sonntag, 01. März 2009



Heute bin ich genau rechtzeitig zur Göttlichen Liturgie in die Fakultätskirche gekommen und habe eine wie immer sehr schöne Liturgie erlebt. Dort habe ich Janka auch wieder getroffen, die jetzt für einige Zeit in Moskau studieren wird. Anschließend haben wir zusammen mit einigen Freunden in der Stolowaja gegessen und viel erzählt. Auf dem Weg zur Kirche heute Morgen habe ich vor dem Wohnheim eine Schneeraummaschine gesehen - auch wenn kaum Schnee auf der Straße lag: Zunächst fuhr eine Art Raupe vorweg, die alles an die Seite geschoben hat, und dann kam eine Art Förderband, dass den zusammen geschobenen Schnee (eigentlich eine grau-schwarze Pampe) in einen rückwärts dahinter rollenden Lastwagen befördert hat.

Gegen Abend war der Versöhnungsgottesdienst, der am Anfang der großen Fastenzeit steht, die nun mit dem morgigen Tag anfängt. Eigentlich wollte ich von einer Kirche in die andere spurten, das hat dann aber wegen eines kurzfristigen Treffens nicht mehr geklappt, so dass ich nur zur Fakultätskirche gekommen bin. Das hat mich ein wenig geärgert, weil es mir wichtig war, in beide Kirchen zu kommen. Nach dem Gottesdienst stellten sich die Priester und Diakone - es waren eine ganze Menge - in einer Reihe auf und man bat sich gegenseitig um Vergebung: "Ich bitte um Verzeihung." - "Gott hat verziehen, so verzeihe ich auch." Dazu gehörte dann noch der Segen mit dem Kreuz, mit dem Kreuz- und Handkuss. Die Diakone dagegen hatten ein Evangeliar in der Hand.

Anschließend war ich wieder bei Masha zu Hause eingeladen, wo ich mich wieder sehr drüber gefreut habe. Dort fühle ich mich immer rundum wohl und gut aufgehoben. Vor meiner Zeit in Russland habe ich mir manchmal ausgemalt, dass so etwas Ähnliches eintreten möge, da aber im Leben nicht mit gerechnet. Dass das wahr geworden ist, ist für mich ganz großes Glück und große Freude.
 


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