Präsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Finanzminister. – Der Finanzminister hat seine Redezeit um 2 Minuten und 8 Sekunden überzogen. Da wir im Rahmen der Aktuellen Stunde, was die Redezeiten anbelangt, eigene Regeln haben, werden wir in der zweiten Runde bei den Fraktionsrednerinnen und -rednern entsprechend großzügig sein. – Ich erteile für die CDU-Fraktion Herrn Kollegen Schmitz das Wort.
Hendrik Schmitz (CDU): Frau Präsidentin! Meine werten Kollegen! Meine Damen und Herren! Neben den Zeitschulden, die uns der Finanzminister jetzt noch hinterlassen hat, reden wir auch noch über andere Schulden im Rahmen des Finanzhaushalts. Herr Minister, ich bin seit Mai 2012 hier im Parlament und weiß, dass es Reden von Ihnen im Plenum gab, in denen Sie deutlich mehr Substanz geliefert haben. Ich hätte, was diese Frage anbelangt, in dieser Aktuellen Stunde mehr erwartet, dass Sie uns nämlich Ihre nachhaltige Finanzpolitik erklären und konkret werden. Das war aber – ich muss das sagen -nicht so.
Ich komme zu den Grünen: Von ihnen wurde in der Debatte gesagt, dass diese Aktuelle Stunde unnötig und die Bundespolitik auf die Ebene der Landespolitik gezogen worden sei. Herr Kollege Mostofizadeh, ich muss Ihnen ganz deutlich sagen: Die Rentenpläne der Großen Koalition zu kritisieren, ist das eine. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Rentenpläne, welche die Grünen im Bundestagswahlkampf vorgeschlagen haben, sogar noch um einiges – sogar wesentlich – teurer geworden wären als das, was wir jetzt umsetzen.
(Beifall von der CDU)
Meine Damen und Herren, ich möchte aber auf die Aktuelle Stunde zurückkommen und würde sie gerne mit einer Frage beginnen. Wer von Ihnen, werte Kollegen, würde heute einen Mittelklassewagen kaufen, dessen Gegenwert auf 25.000 € beziffert würde? Wer würde den auf Pump kaufen und ernsthaft in Betracht ziehen, am nächsten Tag weitere Schulden zu machen, ohne diese zeitnah zurückzahlen zu wollen? – Ich sehe keine Reaktion, keine Zustimmung. Wen wundert’s?
(Lachen von den GRÜNEN)
– Ja, da lachen Sie! – Nichtsdestotrotz hätte ich mir von den Grünen und von der SPD mehr Zustimmung erwartet; denn 25.000 € sind die aktuelle Pro-Kopf-Verschuldung eines jeden Bundesbürgers. Die Hälfte davon – jetzt wird es dramatisch –, rund 12.000 €, gehen auf Nordrhein-Westfalen zurück.
Ich will das noch einmal verdeutlichen: Rechnerisch gesehen stehen quasi schon Neugeborene für ein Fahrzeug in der Kreide, das sie nach derzeitigem Recht erst in 17 Jahren fahren dürfen. Angesichts dieser Situation erscheint es mir – und sicherlich auch den Menschen in unserem Land – ganz und gar nicht abwegig, von der Landesregierung ein entschiedenes Vorgehen in Sachen Entschuldung zu erwarten, denn es ist dringend an der Zeit, den Staat – dieses Land –, verehrte Kolleginnen und Kollegen, auf die kommenden Herausforderungen vorzubereiten, sprich: Sie müssen das Land zukunftsfest machen.
Bei Ihnen aber bewegt sich das gegen null. Man findet nichts. Ihr Mantra bzw. Ihr Credo heißt immer wieder: „Nichts verändern, viel versprechen“. An anderer Stelle aber – Herr Minister, das hat man eben noch einmal gehört – wird immer wieder viel gefordert. – Es darf viel gefordert werden. Dann müssen aber auch die Punkte angesprochen werden, die kritisch sind und die gemeinsam gelöst werden müssen. Andererseits muss man dann aber auch den Willen zeigen, bei sich selber anzufangen und zu konsolidieren. Das aber vermissen wir bei Ihnen.
(Beifall von der CDU)
Ihr Begriff von nachhaltiger Finanzpolitik reicht – verzeihen Sie es mir – von zwölf Uhr bis mittags. Trotzdem schaffen Sie es in diesem Interview mit viel Pathos, eine nationale Anstrengung zu fordern. Das machen Sie nicht, weil Sie erkannt haben, dass Sie die Verantwortung haben, zu konsolidieren, und weil Sie den kommenden Generationen zeigen wollen, dass es strukturelle Veränderungen geben muss.
Das Gegenteil ist der Fall, liebe Kolleginnen und Kollegen: Sie wollen die Folgen Ihrer kurzsichtigen Politik nur noch auf noch mehr Schultern verteilen.
Und dass Sie es im angesprochenen Interview bewerkstelligen, werter Herr Finanzminister, ganz Nordrhein-Westfalen, für das die Wählerinnen und Wähler Ihnen Verantwortung übertragen haben, auf eine einzelne Region zu reduzieren, nämlich auf das Ruhrgebiet, das setzt meiner Ansicht nach dem Ganzen die Krone auf.
(Beifall von der CDU)
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, es geht im Einzelnen nicht um den Wortlaut eines Interviews, das der Finanzminister hier geführt hat – darin sind wir uns alle einig –, sondern um etwas viel Grundsätzlicheres. Es geht darum – das möchte ich an dieser Stelle auch mal ansprechen –, dass sich innerhalb der Landesregierung ganz unterschiedliche Auffassungen bezüglich der nordrhein-westfälischen Zukunft präsentieren. Das ist eigentlich nichts Neues, also diese Kakophonie, dieses Agieren ohne Kompass, wenn es um grundlegende, wichtige Dinge für unser Land geht.
Doch dieses Mal spreche ich nicht von den bekannten Unstimmigkeiten zwischen den Koalitionären, also Rot und Grün, sondern ich rede von unterschiedlichen Ansichten der SPD-Minister. Und das möchte ich Ihnen gerne erläutern.
Ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin aus der „Westdeutschen Zeitung“ von vor knapp zwei Wochen. Da heißt es, zur Nachhaltigkeit zähle auch der Blick auf die nächste und übernächste Generation. Unternehmen müssten enkelfähig sein, sagte der Minister. Und gemeint ist in diesem Fall der Wirtschaftsminister, Herr Duin.
(Vorsitz: Vizepräsident Eckhard Uhlenberg)
Er lobt die Familienunternehmen in der „Westfalenpost“ zu Beginn dieser Woche für zahlreiche Eigenschaften, zum Beispiel für die Orientierung am Ziel der Langfristigkeit.
Und, meine Damen und Herren, das, wofür der Wirtschaftsminister so schwärmt, nämlich die von ihm genannte Enkelfähigkeit – das ist ein neuer Begriff –, das nennt man auch Nachhaltigkeit. Und die kann man auch in der Finanzpolitik betreiben.
Auch wenn der Wirtschaftsminister meiner Ansicht nach oft eher ein bisschen als Rhetorikminister auftritt, so scheint er doch im Gegensatz zum Finanzminister verstanden zu haben, was der ehemalige britische Premierminister Major mit einem, wie ich finde, guten Satz beschrieben hat: Die bequemen Lösungen von heute sind die unbequemen Aufgaben von morgen.
(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Allerdings!)
– Schön, dass Sie mir zustimmen, Herr Kollege. – Diese plötzliche Erkenntnis eines SPD-Ministers, also das zu akzeptieren, macht mich dann doch ein wenig stutzig.
Herrn Duins plötzliches Faible für nachhaltiges Handeln passt doch so gar nicht zum Wirken Ihres Finanzministers, werte Kolleginnen und Kollegen. Man muss sich doch nur mal den Landeshaushalt anschauen. Das tun wir ja auch regelmäßig. Dabei wird mehr als deutlich, dass Herr Finanzminister Norbert Walter-Borjans nicht viel von Nachhaltigkeit in der Finanzpolitik hält.
Ich nenne Ihnen gerne einige Beispiele.
Nehmen wir – Sie haben es eben angesprochen – das letzte Kindergartenjahr, das beitragsfrei ist. Worin liegt hier die Sinnhaftigkeit, wenn bereits 98 % der Kinder in den Kindergarten gehen? Hier wird unter dem Deckmäntelchen der Anreizschaffung auf Einnahmen verzichtet, obwohl dies durch nichts begründet ist. Wir können gerne darüber reden, was sinnvoll ist. Aber dies ist ein Beispiel, das ich so nicht gelten lasse.
(Jochen Ott [SPD]: Wie bitte, durch nichts begründet? Sie haben doch keine Ahnung! Schwarz-Grün hat es doch eingeführt im VRR! Sie haben es doch eingeführt!)
Wir können auch noch über weitere Themen reden. Was ist denn mit dem Sozialticket? Worin liegt unter Nachhaltigkeitsaspekten die Notwendigkeit einer Förderung in Höhe von 30 Millionen €? Wo kommen diese Ausgaben denn den kommenden Generationen zugute, Herr Zimkeit? Darüber müssen wir doch reden.
(Jochen Ott [SPD]: Wo kommen Sie eigentlich her? Haben Sie eine Ahnung, wofür das Ticket gebraucht wird?)
Wir können doch über alles reden, aber dafür müssen Sie auch wissen, was Nachhaltigkeit in der Finanzpolitik bedeutet.
(Beifall von der CDU)
Das müssen Sie auch zur Kenntnis nehmen. Was ist denn mit den Fahrradautobahnen, werter Kollege? Was ist das? Sind das Infrastrukturmaßnahmen, die unseren Kindern und Enkeln zugutekommen?
(Jochen Ott [SPD]: Wo kommen Sie denn her? Da würde ich auch nicht auf der Fahrradautobahn fahren!)
– Ich kann Ihnen sagen, woher ich komme. Darüber können wir gleich reden.
(Jochen Ott [SPD]: Wir fahren mal gemeinsam durch den Kölner Süden! Dann zeige ich Ihnen den Sinn einer Fahrradautobahn!)
Sie müssen mir an dieser Stelle erklären, ob Sie glauben, dass diese Investitionen langfristig Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen sichern und somit der kommenden Generation helfen. Das – und nichts anderes – ist hier die entscheidende Frage.
(Beifall von der CDU)
Es gibt noch viele weitere Beispiele. Was ist zum Beispiel mit den Gefängniszellen, die jetzt in einem schönen, neuen Barbie-Rosa gestrichen werden, Frau Ministerpräsidentin? Ich frage mich, ob die Landesregierung jetzt im Bereich „Schöner Wohnen“ tätig wird. Ich muss Ihnen sagen: Das macht mich sauer. Denn das sind Ausgaben, die diesem Land meiner Ansicht nach nicht gerecht werden.
(Ministerpräsidentin Hannelore Kraft: Das ist wahrscheinlich billiger als in Weiß!)
– Das weiß ich nicht. Meine Sorge ist: Wenn nächstes Jahr Grün das neue Rosa ist, Frau Ministerpräsidentin, dann streichen wir die Zellen neu, und dann wird wieder Geld ausgegeben.
(Beifall von der CDU)
Dem Ganzen wird noch die Krone aufgesetzt, wenn die Landesregierung – und das möchte ich Ihnen auch noch sagen – Geld bereitstellt, um den Milchkonsum zu verringern. Auf der einen Seite unterstützt das Land eine dementsprechende Homepage, auf der anderen Seite, verehrte Kolleginnen und Kollegen, unterstützt das Land den Milchkonsum, die Schulmilchförderung und fördert die Homepage www.maedchen-lieben-milch.de. Das passt nicht zusammen.
(Zuruf von der SPD: Was?)
Das ist zwar nur ein kleines Beispiel, aber es zeigt, wie diese Landesregierung Finanzpolitik macht, nämlich ohne Kompass, ohne Ziel und ohne eine Idee, wie dieses Land noch in 20, 30 Jahren zukunftsfähig sein soll.
(Beifall von der CDU)
Liebe Frau Ministerpräsidentin, liebes Kabinett, nehmen Sie sich doch ein Beispiel am Wirtschaftsminister. Statt ständig über Steuererhöhungen zu reden, das Für und Wider der Schuldenbremse zu diskutieren und den Länderfinanzausgleich immer wieder nach vorne zu bringen, sollten Sie aktiv werden, handeln und dieses Land enkelfähig machen. Schließlich geben Sie sich öffentlich immer dementsprechend und stellen sich als sorgende Landesmutter dar.
Deshalb möchte ich Ihnen eines sagen: Eine sorgende Mutter – und das wissen Sie sicher besser als ich – muss auch mal Nein sagen können. Wenn es um das Taschengeld oder darum geht, Geschenke zu verteilen oder sich etwas zu kaufen, dann muss man auch mal Nein sagen können.
(Heiterkeit von der SPD – Jochen Ott [SPD]: Das machen wir beim nächsten CDU-Antrag! Da können Sie sich sicher sein!)
Jaja! – Deswegen fordere ich Sie auf: Machen Sie eine nachhaltige Politik für Nordrhein-Westfalen! Machen Sie endlich eine generationengerechte Finanz- und Haushaltspolitik! Machen Sie unser Land zukunftsfest. Und orientieren Sie sich am Wirtschaftsminister: Machen Sie Nordrhein-Westfalen enkelfähig! – Vielen Dank.
(Beifall von der CDU)
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Vielen Dank, Herr Kollege Schmitz. – Für die SPD-Fraktion spricht der Kollege Börschel.
Martin Börschel (SPD): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist eigentlich das Wesen der zweiten Runde von Plenardebatten, dass man als Redner versucht, auf die Argumente der Vorrednerinnen und Vorredner – in diesem Fall der Opposition – einzugehen. Aber offen gestanden: Mein Zettel ist immer noch leer. Ich weiß gar nicht so recht, auf welche inhaltlich geprägte Argumentation ich eingehen soll.
(Heiterkeit und Beifall von der SPD)
Ich habe mich natürlich ein bisschen mit dem schriftlich eingereichten Antrag der FDP zur Aktuellen Stunde beschäftigt und muss sagen: Das, was ich bisher gehört habe, hat mit vielem zu tun, aber nur wenig mit dem, was Sie selbst hier eingereicht haben.
(Beifall von der SPD)
Man hat ein bisschen das Gefühl, als würden hier etliche Rednerinnen und Redner unter dem Deckmantel der Aktuellen Stunde nach dem Motto „Was ich immer schon mal sagen wollte“ verfahren.
(Heiterkeit und Beifall von der SPD)
Und der Kollege Schmitz aus Puffendorf hat ja eben selbst gesagt: Wir können doch hier über alles reden.
(Heiterkeit von der SPD)
Das heißt, Sie haben hier noch einmal sehr eindrucksvoll dargelegt, dass es mittlerweile tatsächlich eine gewisse Beliebigkeit hat und jeder die Redezeit nutzt, um die Welt damit zu beglücken, was ihm zu welchen Themen auch immer auf dem Herzen liegt.
Ich möchte trotzdem – Herr Kollege Lindner, es war ja Ihre Aktuelle Stunde – zumindest auf zwei, drei der Dinge, die Sie aufzuschreiben und zu verbalisieren versucht haben, eingehen.
Dass Sie die angeblich unumgänglichen Steuererhöhungspläne des Finanzministers schlicht falsch abgeschrieben haben, ist hier schon mehrfach gesagt worden. Ich will in dieses Rund nur noch mal sagen: Bereiten Sie sich in Zukunft bitte seriöser vor! Es kann doch nicht ernsthaft sein, dass wir in dieser Art und Weise miteinander umgehen.
(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)
Herr Kollege Lindner, auch das sei mir zu sagen gestattet: Ich habe Ihnen vorhin sehr aufmerksam zugehört. Aber statt sich hier mit den Kolleginnen und Kollegen im Rund auseinanderzusetzen und diese anzusehen, haben Sie häufiger Richtung Pressetribüne geblickt.
(Sigrid Beer [GRÜNE]: Deswegen machen wir das doch hier! Deswegen veranstalten wir doch diese Aktuelle Stunde!)
Insofern meine ich schon, dass Sie sich die Mühe machen sollten, mehr auf die Ebene der Landespolitik hinabzusteigen,
(Robert Stein [fraktionslos]: Was ich immer schon mal sagen wollte!)
statt hier verhinderte Bundestagsreden zu halten.
(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Christian Lindner [FDP]: Nein, Herr Börschel! Da kriege ich eingeschlafene Füße! Sagen Sie mal was zur Grunderwerbsteuer!)
– Ja, Herr Kollege Lindner, ich muss Ihnen das sagen.
(Christian Lindner [FDP]: Sagen Sie doch mal was zur Grunderwerbsteuer!)
Denn Sie müssen sich schon mit den Mühen des Landes auseinandersetzen.
(Christian Lindner [FDP]: Sagen Sie doch mal was zur Grunderwerbsteuer!)
Es kann doch nicht sein, dass Sie sich sowohl mündlich als auch schriftlich in Ihrem Antrag mehrfach kritisch mit der Frage globaler Mehreinnahmen auseinandersetzen, obwohl es doch Ihre eigene Fraktion war, die die globalen Mehreinnahmen
(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Noch einen draufsetzt!)
gemessen an dem Landeshaushalt, der gerade beschlossen worden ist, noch erhöhen wollte. Also unglaubwürdiger ging es nicht, Herr Kollege Lindner. Das müssen Sie sich hier wirklich entgegenhalten lassen.
(Beifall von der SPD)
Einen Punkt möchte ich Ihnen vorhalten: Sie schreiben in Ihrem Antrag,
(Christian Lindner [FDP]: Ablenkungsmanöver!)
dass es mittlerweile sechs der 16 Flächenländer schaffen würden, einen positiven Finanzierungssaldo auszuweisen.
(Christian Lindner [FDP]: Sagen Sie doch mal was zur Grunderwerbsteuer!)
Hierzu möchte ich Ihnen entgegenhalten, dass die meisten dieser sechs Flächenländer, die einen positiven Finanzierungssaldo ausweisen können,
(Christian Lindner [FDP]: Sagen Sie doch mal was zur Grunderwerbsteuer! – Gegenruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Nein! Wir sagen lieber was dazu!)
dies unter anderem deswegen schaffen, weil Nordrhein-Westfalen Zahler im Länderfinanzausgleich ist.
(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Jochen Ott [SPD]: So ist das!)
Das heißt, die schaffen das, weil Nordrhein-Westfalen jedes Jahr, Herr Kollege Lindner, 1 bis 2 Milliarden € nach den diversen Ausgleichsstufen des Länderfinanzausgleichs in den Pott hineingibt.
(Christian Lindner [FDP]: Sagen Sie doch mal was zur Grunderwerbsteuer!)
Das dürfen Sie als Bundesvorsitzender einer einst stolzen Partei nicht ignorieren, sondern das müssen Sie hier tatsächlich zur Kenntnis nehmen.
(Beifall von der SPD – Christian Lindner [FDP]: Warum sagen Sie nichts zur Grunderwerbsteuer?)
Herr Kollege Dr. Optendrenk, das war dann doch ein tiefer Griff in die ideologische Mottenkiste. Sie haben versucht, uns hier mit Vorträgen zum Sozialismus zu beglücken,
(Minister Guntram Schneider: Nein, eben nicht!)
und uns vorgehalten, dass es doch das Problem des Sozialismus gewesen sei, dass die öffentliche Hand zu viel Geld habe, und dass es das Wesen des Sozialismus sei, immer nur die öffentliche Hand mit Geld auszustatten. Ich bin bisher davon ausgegangen, dass Ihnen die vielen Kolleginnen und Kollegen, die Sie nach der deutschen Einheit als Blockflöten in Ihre Partei integriert haben, das besser hätten erklären können.
(Zuruf von der CDU: Also bitte!)
Eines der diversen Probleme des real existierenden Sozialismus war es doch, dass weder die privaten Haushalte noch die öffentliche Hand ausreichend über Finanzierungsmittel verfügt haben. Ich meine, Herr Kollege, das müssten Sie eigentlich längst gelernt haben.
Und dass Herr Schulz am Ende der Debatte mit dem Allgemeinplatz „Geld ist immer aktuell“ gipfelt, zeigt noch mal eindrucksvoll, dass ich wirklich nicht mehr Munition und Grund habe, Ihre Zeit länger in Anspruch zu nehmen. Diese Aktuelle Stunde ist der Rede nicht wert. Ich glaube, das ist deutlich geworden. Insofern bin ich gespannt, wie Sie ernsthaft zu sachbezogener Politik zurückkehren möchten. – Vielen Dank.
(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Christian Lindner [FDP]: Zur Grunderwerbsteuer kein Wort! Das ist verdächtig, Herr Kollege! – Gegenruf von Jochen Ott [SPD]: Sie müssen sich entscheiden! Berlin oder Düsseldorf? Das ist schwierig!)
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Vielen Dank, Herr Kollege Börschel. -Für die FDP-Fraktion spricht Herr Abgeordneter Witzel.
Ralf Witzel (FDP): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist interessant, was hier Redner der Koalitionsfraktionen und der Finanzminister einerseits gesagt haben und andererseits eben nicht gesagt haben.
Sie, Herr Finanzminister, haben hier einiges zu den Schul- und Studienfonds gesagt. Das ist das beste Beispiel für das, was wir hier kritisieren: dass Sie eben nicht bereit sind, strukturell zu konsolidieren, sondern auf einen einmaligen Strohfeuereffekt setzen. Menschen haben über Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte Geld zusammengehalten, auf diese Weise ist Vermögen entstanden,
(Zurufe von der SPD: Oh!)
und nun kommen Sie daher und stecken das für den Landeshaushalt ein. Das ist für Sie wahrscheinlich strukturelle Haushaltskonsolidierung.
(Jochen Ott [SPD]: Wo ist eigentlich Ihr Briefkasten?)
Wir sagen, das ist ein einmaliger Strohfeuereffekt.
(Beifall von der FDP)
Sie, Herr Finanzminister, haben uns eine Frage allerdings nicht beantwortet. Sie haben gesagt, aus Ihrer Sicht sei es schwierig, den Haushalt ohne Steuererhöhungen zu konsolidieren. Sind Sie dann bereit und in der Planung, dort zu handeln, wo das Land eigene Entscheidungen treffen kann, und in signifikantem Umfang Steuern zu erhöhen, die dem Landeshaushalt anheimfallen?
Wir haben Sie im Haushalts- und Finanzausschuss gefragt: Wollen Sie in dieser Legislaturperiode eine weitere Erhöhung der Grunderwerbsteuer? – Darauf haben Sie auf mehrfache Nachfrage immer gesagt: Eine solche Planung gibt es jetzt nicht. – Das heißt doch aus dem Deutsch der Behörden übersetzt, dass Sie Ihren Fachreferaten keinen entsprechenden förmlichen Arbeitsauftrag erteilt haben.
Sie haben auf mehrfache Nachfrage nicht gesagt: Nein, wir haben da bereits sehr kräftig zugelangt. Wir wollen das nicht. Das ist kein Instrument, das wir in dieser Legislaturperiode bemühen können. – Das aber wäre eine klare Haltung an dieser Stelle gewesen. Sie haben hier heute Gelegenheit, Ihre Haltung dazu zu präzisieren.
(Beifall von der FDP)
Herr Finanzminister, ich kann Ihre Enttäuschung mental gut nachvollziehen.
(Christian Lindner [FDP]: Da grinst der Börschel!)
Das war ja in Wahrheit Ihr insgeheimer Wunsch für viele vermeintlich soziale Wohltaten einer SPD-geführten Bundesregierung: Es wird nicht lange dauern, dann gibt es Steuerhöhungen, und dann fällt von dieser neuen Steuereinnahmemasse ja automatisch ein Anteil auch für das Land Nordrhein-Westfalen ab. – Sie haben gehofft, dann hätte es einen warmen Regen gegeben und Sie hätten auf harte Entscheidungen struktureller Haushaltskonsolidierung in Nordrhein-Westfalen verzichten können. – So war Ihre Hoffnung.
Nun wissen wir: Es gibt immer mehr Umverteilungen zulasten der jungen Generation. Das Ganze geschieht durch eine Ausplünderung der Sozialkassen, von der Sie selber aber im Landeshaushalt nicht profitieren.
Deshalb sind auch Ihre Feststellungen so bemerkenswert. Sie sagen zum einen, auch die FDP setze bei ihren 70 Haushaltsänderungsanträgen und bei ihren Vorstellungen zur Haushaltskonsolidierung auf Mehreinnahmen.
(Martin Börschel [SPD]: Auf globale Mehreinnahmen!)
Deshalb, Herr Finanzminister und Herr Kollege Börschel, ist mir an der Stelle eine Begriffsklärung wichtig. Wir freuen uns über weniger Neuverschuldung, wenn bei konstanter, individueller Steuerbelastung durch Wirtschaftswachstum, gute Konjunktur und wirtschaftliche Dynamik
(Martin Börschel [SPD]: Entfesselung fehlt noch!)
die Volkswirtschaft auch in Nordrhein-Westfalen so brummt und mehr Umsatzprozesse stattfinden, dass im Ergebnis mehr Steuerertrag generiert wird.
(Christian Lindner [FDP]: So ist es!)
Dagegen kann doch keiner etwas haben. Falsch ist es aber, durch noch mehr Umverteilung Leistungs- und Anstrengungsanreize und Bereitschaften der Bürger auszubremsen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Leistung muss sich in diesem Land wieder lohnen.
(Beifall von der FDP – Jochen Ott [SPD]: Ist das denn wahr? Leistung muss sich lohnen!)
Deshalb, Herr Kollege Ott, haben wir mit vielen Experten vom Institut der deutschen Wirtschaft …
(Jochen Ott [SPD]: Das, was Sie machen, ist keine Leistung, Herr Kollege Witzel!)
– Das Institut der deutschen Wirtschaft sitzt in Ihrer Heimatstadt Köln, Herr Kollege Ott.
(Jochen Ott [SPD]: Sie können gern nach Preußen gehen!)
Wir haben Ihnen in diesen Tagen ein Gutachten vorgestellt, das belegt, dass bei allen relevanten Indikatoren das Land Nordrhein-Westfalen in seiner wirtschaftlichen Dynamik anderen Bundesländern und der bundesweiten Entwicklung hinterherhinkt, weil Sie in Ihrer Wirtschaftspolitik genau das Gegenteil machen.
Sie wollen immer mehr Regulierung, mehr grüne Verbote, Sie zwingen Handwerker zu Stilllegungen von Kfz in grünen Umweltzonen, Sie sorgen für massives Kneipensterben infolge Ihrer grünen Rauchverbotsgesetzgebung, Sie verteuern die Energiepreise – wenn Grüne jetzt auch im Bundesrat die unverzichtbare EEG-Reform blockieren –, Sie sorgen für eine Forschungs- und Innovationsbremse durch Ihre Eingriffe in das Hochschulfreiheitsgesetz, und Sie schaffen mit dem Tariftreue- und Vergabegesetz ein bürokratisches Monster, das Sie selbst nicht mehr gebändigt bekommen. Das ist Ihre Politik.
(Beifall von der FDP und der CDU – Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD])
Herr Finanzminister, Sie reden über Ihre Philosophie der vermeintlich guten Schulden. Sie haben in einem Interview gesagt: Die Finanzdecke reicht nicht, wenn der Staat mehr tun soll. – Wir wollen aber nicht, dass der Staat mehr tut. Wir wollen, dass sich der Staat auf seine Kernaufgaben konzentriert. Dann bekommen Sie auch den Haushalt in den Griff.
Sie haben hier einen Finanzbericht vorgelegt, quasi regierungsamtlich, in dem steht, Sie haben 1 Milliarde Konsolidierungsbedarf, wenn alles gutgeht, wenn es keine Wagnisse gibt, wenn keine größeren konjunkturellen Einbrüche geschehen,
(Stefan Zimkeit [SPD]: 800 Millionen €!)
wenn keine Ideen auf Regierungsseite mehr aufkommen, noch mal mit der „sozialen Gießkanne“ durch die Gegend zu ziehen.
Die Deutsche Bundesbank – darauf hatte ich Sie dieser Tage hingewiesen – sagt, Sie müssten, um spätestens zum allerletzten Termin, 2020, den Haushaltsausgleich hinzubekommen, einen Puffer in Ihrer Kalkulation haben; denn es könnten auch unwägbare Dinge passieren. Die Schuldenbremse ist keine unverbindliche Preisempfehlung. Sie ist ein Minimum dessen, was Sie zu erreichen haben.
Deshalb müssen Sie nicht nur eine Planung haben, die eine schwarze Null für 2020 vorsieht, sondern Sie müssen auch noch einen Puffer in Ihren Planungen anlegen, für den Fall, dass nicht alles ideal verläuft, dass nicht mehr die Rekordsteuereinnahmen der letzten Jahre als warmer Regen unser Land beglücken, so wie das bei Ihnen in den letzten Jahren der Fall gewesen ist. Deshalb brauchen wir genau diese strukturellen Maßnahmen.
(Beifall von der FDP – Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])
Ein Letztes. Sie ziehen ja gerne den Vergleich mit der Vorgängerregierung. Das ist genau der Unterschied: Bezogen auf die damaligen Verhältnisse der akuten internationalen Wirtschafts- und Finanzmarktkrise gab es ganz andere Annahmen, was die Refinanzierungskosten des Staates angeht, was die Belastungen für Kreditzinsen und Tilgung angeht und natürlich auch die Steuereinnahmen. Allein in den Schätzungen zwischen dem Haushalt 2009 und 2010 infolge der Wirtschafts- und Finanzmarktkrise mussten wir mit über …
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