Text aus: Die Briefe der Päpste und die an sie gerichteten Schreiben. Band : Melchiades bis Anastasius I. (vom Jahre 310—401). Zusammengesetzt, übersetz, mit Einleitungen und Anmerkungen versehen von Severin Wenzlowski



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Text.
1.
Ich verwundere mich, wenn ich von Einigen den Herrn zwar als den Fleisch gewordenen Gott bekennen höre, die aber auf jene Trennung verfallen, welche verkehrter Weise von den Paulianisten aufgebracht wurde. Die Anhänger des Paulus von Samosata nemlich sagen, daß es ein Anderer sei, der vom Himmel ist, den sie als Gott bekennen, ein Anderer aber, der von der Erde ist, den sie einen Menschen nennen; den Einen (nennen sie) unerschaffen, den An-deren erschaffen, den Einen ewig, den Anderen von gestern, den Einen Herrn, den Anderen Knecht, wo sie gottlos handeln, ob sie nun den anbeten, welchen sie Knecht und Geschöpf nennen, oder ob sie den nicht anbeten, welcher uns mit seinem eigenen Blute erlöst hat. Diejenigen aber, welche bekennen, daß Gott vom Himmel aus der Jungfrau Fleisch angenommen habe und Eins sei mit dem Fleische, machen vergeblichen Lärm, da sie sich zu ebenso gottlosen Reden wie Jene hinreissen lassen.

2.
Denn auch sie behaupten, wie ich höre, zwei Naturen, obgleich doch Johannes deutlich den Herrn als Einen bezeichnet, wenn er sagt:302 „Der Logos ist Fleisch geworden," und Paulus mit den Worten:303 „Ein Herr Jesus Christus, durch den Alles (ist)." Wenn also der aus der hl. Jungfrau Geborene Einer genannt wird und Derselbe ist, durch den Alles geworden ist, so ist eine Natur, nachdem der, welcher eine Person hat, sich nicht in zwei theilen läßt, da der Leib ebenso wenig eine eigene Natur304 ist, wie die Gottheit ihrer Fleischesannahme nach, sondern sowie der Mensch eine Natur ist, so auch Christus, der den Menschen ähn-lich wurde. Wenn sie das der Vereinigung gemäße Eine nicht anerkennen, dann können sie den Einen in viele Theile trennen und viele Naturen behaupten, da der Leib vielgestaltig aus Knochen und Nerven und Venen und Fleisch und Haut und Nägeln und Haaren, aus Blut und Geist (besteht), was alles zwar unter einander verschieden, doch die eine Natur des Menschen ist. Daher ist auch die Wahrheit der Gottheit mit dem Leibe (Eins)305und läßt sich nicht in zwei Naturen theilen. Auch dürfte dieses Ganze nicht der Menschensohn genannt werden, der vom Himmel herabgestiegen ist und der Sohn Gottes, welcher vom Weibe geboren ist, wenn man eine Trennung in zwei Naturen annimmt; sondern das vom Himmel Herabgekommene würde wohl der Sohn Gottes heissen, nicht aber Menschensohn, das aus dem Weibe Geborene hiesse Menschensohn und nicht Gottessohn.306Dieß entspricht nun der Paulinischen307Trennung.

3.
Uns aber lehrt die göttliche Schrift, an den einen Herrn zu denken nach seinem Herabkommen vom Himmel als auch nach seiner irdischen Geburt aus dem Weibe. Die demnach so denken, sollen nicht zu gleichen Reden mit Jenen, welche das Entgegengesetzte denken, abschweifen, damit nicht die recht Denkenden durch ihre verkehrte Reden sich versündigen. Denn die zwei Naturen behaupten, müssen die eine anbeten, die andere nicht anbeten, müssen sich auf die göttliche taufen, auf die menschliche nicht taufen lassen. Wenn wir aber auf den Tod des Herrn getauft werden, so bekennen wir die eine Natur der leidensunfähigen Gott-heit und des leidensfähigen Fleisches, so daß demnach unsere Taufe auf Gott und auf den Tod des Herrn gespendet wird.308

4.
Denn wir fürchten nicht die den Herrn in zwei Personen trennenden Verläumder, wenn sie uns, die wir die evangelische und apostolische Einheit behaupten, schmähen, als ob wir sagten, daß das Fleisch vom Himmel sei. Auch können wir, wenn wir sagen, der Sohn Gottes sei vom Weibe geboren, nicht beschuldigt werden, als ob wir behaupteten, daß der Logos von der Erde und nicht vom Himmel sei. Wir aber sagen es von beiden, daß das Ganze309vom Himmel sei wegen der Gottheit, und daß das Ganze vom Weibe sei wegen des Fleisches, da wir die Theilung der einen Person nicht kennen310 und das Irdische vom Himmlischen, das Himmlische vom Irdischen nicht trennen;311denn das wäre eine gottlose Zertheilung. Deßhalb sollen die, welche zwei Naturen behaupten, denen, welche sie zertheilen, keinen Vorwand geben; denn weder ist der Leib an und für sich eine Natur in dem einen Christus, weil er nicht an sich lebenspendend ist noch von dem lebenspendenden Logos getrennt oder geschieden werden kann, noch läßt sich umgekehrt der Logos an und für sich in eine eigene Natur abtrennen, welche er nach der Unfleischlichkeit312 hat, weil der Herr im Fleische und nicht unfleischlich auf Erden wandelte noch den erschaffenen Leib von der unerschaffenen Gottheit trennt, so daß man eine geschaffene Natur trennen könnte; noch ist der unerschaffene Logos ohne Leib unter uns gewandelt, so daß man eine Natur des Ungeschaffenen abtheilen kann. Wenn nun vermöge der Vereinigung und Verbindung und Znsammenbildung in Menschengestalt Beides Eins ist, so kommt dem Zusammengesetzten auch ein Name zu, welcher von der Gottheit die Leidenslosigkeit, von dem Körper aber die Leidensfähigkeit hat. Und sowie wir das Wort des Paulus, daß Christus leidensfähig sei, nicht getrennt verstanden noch die Gottheit uns als leidensfähig dachten,313ebenso wird auch der Ausdruck Geschöpf und Sklave nicht getrennt gebraucht, noch macht er die Gottheit zum Geschöpfe oder Sklaven; und wieder umgekehrt macht das Unerschaffene nicht das Fleisch unerschaffen, noch wird Dieß314von der Gottheit allein gesagt.

5.
Die so denken, mögen ruhig bleiben und überflüssige Fragen vermeiden, damit wir nicht Worte wegen die Dogmen zerreissen. Deßhalb ist übereinstimmend gesagt und gleichlautend bekannt worden, daß der Leib von der Jungfrau, die Gottheit vom Himmel, der Körper im Leibe315 ge-bildet, die Gottheit unerschaffen, ewig ist, damit nach der Vereinigung des Logos mit dem Körper die Gottheit ungetheilt verbleibe. Wenn aber die heilige Schrift das Ganze sowohl Gott als auch das Ganze Mensch zu nennen pflegt, so wollen auch wir den göttlichen Worten folgen und nicht das Untheilbare theilen, indem wir weder die Gottheit vom Körper trennen, als ob es besser gesagt wäre, wenn man sagt, der Körper ist aus dem Leibe gebildet. noch den Körper von der Gottheit trennen, als ob wir die Gegenwart316 bekennen würden, wenn die Gottheit als unerschaffen gepriesen wird.

6.
Wie also sollte es nicht zu bedauern sein, daß die, welche Dieß so in rechter Weise bekennen oder denken, wie sie es auch überkommen haben, durch Worte von einander abweichen? wenn die Einen den Namen Leib gebrauchen für den Logos, wie Johannes, wenn er sagt, daß der Logos Fleisch geworden sei, die Andern aber den Namen der Gottheit nehmen für den, der ganz Sklave ist, sowie Paulus:317 „Ich aber sage: Der letzte Adam (ward) ein lebendigmachender Geist." Dem Fleische nach bekennt Christus, daß er den Vater anbete, indem er sagt:318“Wir beten an, was wir wissen," und die Gottheit wird nicht getrennt. Er wird angebetet nach seiner Gottheit, und der Leib wird bei der Anbetung der Gottheit nicht getrennt. Noch trennen wir (von der Gottheit) den Leib, (denn das ist unmöglich) wenn wir den Leib, welcher gelitten hat, anbeten;319auch die Gottheit wird nicht getrennt, weil sie vereinigt ist; denn der Tod mußte von Gott besiegt werden, und er ist besiegt worden.

7.
Ermahnet aber Jene, welche deßhalb uneins sind. Und in der Lehre werde die Übereinstimmung bewahrt, auf daß wir nicht der Worte wegen uneins seien. Denn in der Lehre verschieden sein, durch Worte sich den Anschein der Übereinstimmung geben, ist gottlos, in der Lehre aber übereinstimmen und in den Worten abzuweichen, ist unnütz und thöricht. Das aber in Übereinstimmung festhaltend, daß Christus eingefleischter Gott, sowohl vom Himmel als von der Erde, daß er Derselbe sei, der Gestalt nach Knecht, der Kraft nach Gott, sollen sie in Eintracht verbleiben und nicht umsonst sich trennen noch in einen Wortstreit nach Art der Häretiker verfallen, sondern nach der Einfalt der Kirche trachten. Lebe wohl!

2. Brief des sel. Julius, Erzbischof von Rom an Prosdocinus


Da ein kleines Brückstück dieses Schreibens auf dem ökumenischen Concil von Ephesus v. J. 431 (in der 1. Sitzung) unter anderen Aussprüchen der Kirchenväter als Beweis für die orthodoxe Lehre gegen Nestorius vorgelesen und als orthodox den Concilsacten eingeschaltet wurde, galt das ganze Schreiben als echt, bis Leontius dasselbe für einen Brief des Timotheus, eines Schülers des Apollinaris, erklärte; wäre die Authentie des Briefes von Synode vorerst geprüft und anerkannt worden, dann hätte wohl die Gegenrede des Leontius keinen Anspruch auf Beachtung; da aber das Concil das daraus citirte Stück im guten Glauben annahm, ohne vorhergegangene Prüfung, weil wahrscheinlich nur dieser eine (unechte) Brief des P.Julius circulirte, der überdieß keine offenbare Häresie enthielt, dürfen wir den Beweisgründen, welche Leontius für seine Meinung anführt, beipflichten, besonders seit wir durch Mich. Lequien, welcher ihn in einem englischen Manuscripte fand, (eben nicht nur einzig jenes kleine Bruchstück, sondern) den ganzen Brief kennen. Ist zwar in demselben die Häresie (des Apollinaris) nicht offen gelehrt, so hat er doch die schon bemerkte Eigenthümlichkeit, daß bei Erwähnung der menschlichen Natur immer nur vom Leibe, nicht aber von der Seele, dem Geiste die Rede ist, also die Irrlehre unter orthodox scheinenden Worten verbirgt; überdieß ist die Überschrift eine bei den Papstbriefen ganz ungewohnte, sie lautet auch an Acacius; Coustant möchte den Brief nicht Timotheus, sondern dem Meister Apollinaris selbst zuschreiben und vermuthet aus den weitläufigeren Erörterungen über den hl. Geist, daß er erst nach dem J. 360, nachdem Macedonius seine Irrlehre über denselben ausgestreut, verfaßt sei.

Text.
1.
Dem Herrn, meinem geliebtesten Prosdocius,320 (entbietet) Julius Gruß im Herrn.

1. Unsere Ansicht nach der apostolischen Überlieferung ist folgende:321 Des Vaters und Sohnes und hl. Geistes (Gottbeit) ist eine wahre Gottheit, eine Anbetung und Verherrlichung des Sohnes zum Vater in der Anbetung des hl. Geistes. Wer aber eine zweite Gottheit einführt, der sei im Banne; ebenso wer ein anderes Bekenntniß hinzufügt zu den Rufen der Seraphim, welche „Heilig, heilig, heilig ist der Herr Sabaoth, die ganze Erde ist voll seiner Herrlichkeit,"322zum Lobe der göttlichen Dreieinigkeit singen, wie es Johannes und Paulus bezeugen und zwar Johannes, wo er sagt,323daß den Propheten die (von dem Seraphim) besungene Herrlichkeit des Sohnes erfüllt habe, Paulus aber, wo er die Herrlichkeit des hl. Geistes anzeigt, indem er sagt,324daß jene Worte des hl. Geistes wahr seien, die nemlich von dem Gesehenen und Verherrlichten (vorgebrachten). Weil die Herrlichkeit des Geistes die Herrlichkeit des Sohnes ist und die Herrlichkeit des Sohnes auch die des Vaters, deßhalb wird eine Wesenheit der Dreifaltigkeit von den Synoden des Erdkreises verkündiget. Jeder also, der von der Wesenheit des alleinigen Gottes den Sohn und den hl. Geist trennt, als ob sie aus dessen Willen wären und nicht aus seiner Wesenheit, als ob sie in Ähnlichkeit mit seiner Wesenheit (bestehen würden), der sei im Banne.



2.
Zur Vollendung des Glaubens aber wird der Sohn Gottes verkündiget, der aus der Jungfrau Maria Fleisch geworden und unter den Menschen gewohnt, nicht im Menschen gewirkt hat; denn das ist in den Propheten und den Aposteln der Fall. Ein vollkommener Gott im Fleische und ein vollkommener Mensch im Geiste,325 nicht zwei Söhne, ein wahrhaftiger nemlich, der den Menschen annahm, und ein anderer, der von Gott angenommene sterbliche Mensch,326sondern ein Eingeborener im Himmel, eingeboren auf der Erde.327 Wahrhaft Gott, dem Fleische nach Mensch, welches er nach seiner Ähnlichkeit gebildet hat,328die Welt erlösend durch die Gemeinschaft des eigenen Geistes, welcher durch die Einhauchung verliehen wird;329der der Gestalt nach wie ein Mensch herrschet über die, so Himmel, auf der Erde und unter der Erde sind, von Allen als der Eine und alleinige Herr gepriesen wird in der Herrlichkeit des Vaters.330 Amen.


3.
Wenn aber Jemand sagt, daß der aus Maria geborene Sohn der von Gott angenommene Mensch sei und zwei Personen vereiniget worden sind, der wisse, daß er der göttlichen Hoffnung beraubt sei.331Denn er ist Gott, Logos, durch welchen Alles ist, wie Johannes und Paulus lehrten, nicht daß der Logos Jesum angenommen habe, der aus Maria geboren war, sondern daß er selbst in die Welt gekommen sei, geboren (gebildet)332 aus dem Weibe; auch lehrten sie nicht, daß der vom Himmel (Herabgekommene) in einem irdischen Menschen aus Erde gewohnt habe, sondern daß er der zweite, himmlische Adam sei.333 Da nun der Logos, welcher das Fleisch aus Maria hat, himmlisch macht er auch uns, die wir wahrhaft irdisch sind, dadurch, daß er himmlisch ist, himmlisch der Ähnlichkeit nach. Denn wir sind berufen zur Gemeinschaft mit dem Sohne Gottes, welcher mit uns den Tod und das dem Menschen gebührende Kreuz theilte, da er der Herr der Herrlichkeit war und nicht der Sklave des Todes wie jeder Mensch, sondern der den Tod vernichtete und Licht und Leben und Unsterblichkeit und seinen eigenen Sieg uns zuwandte.334

4.
Daher sei auch Jeder im Banne, welcher den aus Maria geborenen Sohn nicht als Gott, den Fleisch gewordenen Logos bekennt, wesensgleich mit dem Vater, vom Anfange an seiend, unveränderlich in der Fleischwerdung, leidensunfähig in den Leiden.335 Ebenso sei der im Banne, welcher sagt, daß das Fleisch des Erlösers nicht aus Maria, sondern vom Himmel sei,336 oder daß der, welcher seiner Natur nach unerschaffen ist, ein Geschöpf oder aus dem Nichts sei. Wer aber den Leib wegen der Vereinigung mit dem unerschaffenen Gott göttlich nennt und Ihn (den Logos) nach jedem von beiden anbetet als den einen unerschaffenen Gott, der wird selig sein.337 Nimm keinen Anstoß an dem Fleische und seinen Leidenschaften, sondern bete auf unkörperliche Weise338den an, welcher mit dem ihm eigenen Körper angebetet wird, als der Eine und alleinige Sohn Gottes von Ewigkeit und in Ewigkeit. Wir haben aber auch in der Lehre der hl. Taufe seine zweite Ankunft zu bekennen gelernt. Amen.

3. Brief des sel. Julius, Erzbischof von Rom, über die Einheit (oder Vereinigung)339 des Leibes mit der Gottheit in Christus


Dieses und die zwei folgenden Schreiben hat Card. Angelo Mai (Präfect der vaticanischen Bibliothek) im 7. Bande seiner Scriptorum veterum nova collectio ex vaticanis codicibus edita Romae 1823 zuerst publicirt; sie fanden sich in inem von einem anonymen Monophysiten verfaßten Codex unter einer großen Anzahl von theils echten und entstellten, theils ganz unterschobenen Zeugnissen, welche zur Vertheidigung der monophysitischen Irrlehre dienen sollten; daß auch dem Papste Julius von den Monophysiten Briefe und zwar sieben unterschoben worden seien, behaupteten neben und nach Leontius auch viele Andere; zwei solcher Schreiben, welche Leontius den Apollinaristen340oder Monophysiten zuweist, haben wir soeben kennen gelernt; es frägt sich, ob auch die nun folgenden drei diesen Fälschungen zugezählt werden sollen. Meines Wissens sind sie von neueren Autoren nirgends erwähnt, ersetzt oder untersucht, wenn ich von Jaffe's Registrirung Derselben unter die echten Papstdocumente absehe; auch ihr erster Editor schließt sich dem Urtheile des Leontius, aber mit einer gewissen Reserve an, indem er sagt (l. c.. p. 164): „Ich folge . . . dem Urtheile des Leontius in der Weise, daß ich diese Schriften, wenigstens die meisten, für unter einem falschen Titel auf Julius übertragen halte." In Ermanglung äusserer Anhaltspuncte sind wir für die Untersuchung über den Autor unserer drei Briefe auf die inneren Beweise, vorzüglich den Inhalt, beschränkt, und hier drängt sich nun zunächst der Gedanke auf, daß dieselben unmöglich von einer und derselben Hand herrühren können; der erste stimmt allerdings in Anlage, Ausdrucksweise, Zweideutigkeiten mit den zwei oben angeführten Briefen (an Dionysius und Prosdocius) so ziemlich überein und könnte mit diesen einen Autor haben; den zweiten könnte man sowohl diesen anreihen, aber man könnte ihn ebenso gut für orthodox halten, wenn man. die damals noch verschiedene, schwankende Bedeutung des „ὑπόστασις" berücksichtigend, nicht „Wesenheit," sondern „Person" übersetzt; von diesen beiden aber unterscheidet sich wesentlich der dritte Brief; so, wie er uns vorliegt, ist es ebenso unmöglich ihn für echt oder überhaupt nur für orthodox zu erklären, als es unmöglich ist, ihn den Apollinaristen oder Monopbvsiten zuzuschreiben; das Erstere verbieten die Worte: eine Natur, eine Thätigkeit (μία φύσις, μία ἐνέργεια), andererseits wird dem Leibe des Erlösers eine vernünftige Seele zugeschrieben und die sel. Jungfrau Maria ausdrücklich Gottesgebärerin (θεοτόκος) genannt; nun aber war gerade die Leugnung einer menschlichen mit Vernunft begabten Seele in Christus der Ausgangspunkt des Apollinarismus, sowie die Verwerfung des Titels Mariens als Gottesgebärerin der des Monophysitismus; ich kann mir diese eclatanten Widersprüche in einem und demselben Stücke nur durch die Annahme erklären, daß dieser, ursprünglich von den Monophysiten unterschobene Brief von Jenen, welchen die falsche Überschrift imponirte, verschiedene puristicirende Änderungen und Zusätze erfahren habe.

Text.
1.
Mit Recht wird der Herr als der heilige Sohn vom Anbeginne auch dem Leibe nach341 bekannt und unterscheidet er sich hienach von jedem anderen Leibe; denn er wurde leineswegs in der Mutter empfangen ohne die Gottheit, sondern mit dieser vereinigt, wie der Engel sagt:342 „Der hl. Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Allerhöchsten wird dich überschatten; darum wird auch das Heilige, welches aus dir geboren wird, Sohn Gottes genannt werden." Und nun (ist) sein Herabsteigen vom Himmel nicht nur die Geburt vom Weibe, denn es heißt nicht nur343 „gebildet vom Weibe, untertänig unter dem Gesetze," sondern (es heißt) auch (von ihm):344 „Niemand steigt in den Himmel hinauf, als der vom Himmel herabgestiegen ist, (nemlich) der Menschensohn." So ist auch sein Leib nicht eigentlich ein Geschöpf zu nennen, da er ganz untrennbar von dem ist, dessen Leib er ist, sondern er hat auch Antheil an dem Namen des Unerschaffenen und an der Benennung Gott, weil er mit Gott vereinigt ist, wie es heißt: „Der Logos ist Fleisch geworden" und bei dem Apostel:345 „Der letzte Adam ward ein lebendigmachender Geist." Wir dürfen aber, sowie wir dem Leibe das Herrliche beilegen in Folge der göttlichen Annahme und Vereinigung mit Gott, ebenso auch das Rühmlose (Niedrige) nicht verleugnen, so das Geborenwerden aus dem Weibe nach dem Apostel, das Gebildetwerden aus dem Leibe als Knecht Gottes nach dem Propheten, die Benennung seiner überhaupt als Mensch Menschensohn, das Einreihen unter die vielen Nach-kommen Abrahams, von welchen er als Mensch abstammt, allerdings muß man es nach menschlicher Art sagen und hören.

2.
Ebenso wird, wenn das Ganze346Mensch genannt wird, Niemand die göttliche Wesenheit leugnen, welche sich mit dem Leibe unter diesem Namen offenbarte; ferner wird, wenn es347 dem Leibe nach Knecht genannt wird, Niemand seine Herren348 –Natur leugnen, welche sich mit dem Leibe unter dem Namen einer knechtlichen darstellte. Und umgekehrt wird, wenn der vom Himmel Herabgestiegene ein himmlischer Mensch genannt wird, Niemand die Vereinigung des irdischen Leibes mit der Gottheit leugnen. Denn nie läßt es sich in Wirklichkeit oder dem Namen nach trennen, wenn der Herr Knecht genannt wird, oder wenn man den Unerschaffenen geschaffen nennt wegen der Verbindung mit der Knechtsgestalt und dem geschaffenen Leibe. Vielmehr verkündiget man in ihm sowohl das Gefchaffensein in Verbindung mit dem Unerschaffenen, als auch das Unerschaffensein in der Vermischung mit dem Geschaffenen, da die eine Natur aus einem Theile von jedem dieser beiden349 besteht und die jedem Theile zugehörige Wirksamkeit der Logos im Ganzen mit göttlicher Vollkommenheit zugleich vollbringt,350wie es bei den gewöhnlichen Menschen in Folge der zwei unvollkommenen Theile geschieht, welche eine Natur ausfüllen und unter einem Namen angezeigt werden, indem das Ganze ebenso Fleisch genannt wird, ohne damit die Seele auszuschließen, wie das Ganze auch Seele genannt wird, ohne den Leib auszuschließen, obwohl er etwas Anderes ist im Vergleiche mit der Seele.

351

3.
So ist also der eingemenschte Gott der Herr und erhaben über die Zeugung, wenn er auch vom Weibe geboren wurde, Herr, wenngleich er die Gestalt der Knechte angenommen hat, Geist, obschon er wegen der Vereinigung mit dem Fleische sich als Fleisch zeigte, nicht ein Mensch nack dem Apostel, wenn er auch von Diesem als Mensch geprediget wird und überhaupt ein unsichtbarer Gott in einem sichtbaren Leibe gestaltet, ein unerschaffener Gott in einer geschaffenen Hülle erscheinend, sich zwar der Gestalt nach vernichtend, aber unvernichtet und unverändert und unerniedriget der göttlichen Wesenheit nach; denn für die göttliche Natur gibt es durchaus keine Veränderung, sie läßt sich weder verringern noch vergrößern. Wenn er sagt:352 „Verherrliche mich," so ist Dieß vom Leibe und eine Verherrlichung des Leibes (gemeint), wenn auch vom Ganzen gesagt, weil das Ganze Eins ist; und umgekehrt, wenn er fortfährt: „mit jener Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, ehe die Welt war," zeigt er die stets verherrlichte Gottheit an, was, obgleich es eigentlich der Gottheit zukommt, dennoch gemeinsam vom Ganzen gesagt ist. So ist er sowohl Wesensgleich mit Gott dem unsichtbaren Geiste nach, wobei unter diesem Namen auch das Fleisch zugleich mitverstanden wird, weil es zu dem mit dem Vater wesensgleichen Logos geeinigt ist, und umgekehrt ist er auch mit den Menschen wesensgleich, wobei mit dem Leibe auch die Gottheit miteinbegriffen ist. weil sie zu dem uns Wesensgleichen vereinigt wurde; es ward aber die Natur des Leibes in der Vereinigung mit dem Gott Wesensgleichen und in der Gemeinschaft der wesensgleichen Benennung ebenso wenig geschmälert, als die Natur der Gottheit in der Gemeinschaft mit dem menschlichen Leibe und in der Benennung eines uns wesensgleichen Fleisches353verändert worden ist.

4.
Denn auch Paulus sagte mit den Worten:354 „des Sohnes aus dem Samen Davids dem Fleische nach," daß der Sohn Gottes diese Abstammung angenommen habe, und sagte nicht, das Fleisch getrennt nennend: das Fleisch wurde aus dem Samen Davids. Auch wenn er sagt:355 „Seid gesinnt, wie auch Christus Jesus gesinnt war. welcher, da er in Gottes Gestalt war. es für keinen Raub hielt, Gott gleich zu sein," sagt er nicht, trennend: dessen Gottheit der Gestalt Gottes es für keinen Raub erachtete. Gott gleich zu sein. Und doch ist die Gottheit weder Jesus genannt worden vor der Geburt aus der Jungfrau, noch bat sie die Salbung im hl. Geiste gehabt, weil der Logos Gottes Spender des Geistes ist, nicht ein im Geiste Geheiligter. Ferner sagt er:356 „Für sie heilige ich mich selbst, damit auch sie in der Wahrheit geheiliget seien, indem er nicht trennt und sagt: Ich heilige mich selbst; und doch, genau betrachtet, ist es unmöglich, daß er von sich selbst gebeiliget werde; denn wenn der Logos heiligt, was ist das Geheiligte? Wenn der Ganze geheiligt wird, was ist das Heiligende? Er aber hat, die eine Person und die ungetheilte Erscheinung seines Wesens357 zugleich bewahrend, sowohl das Heiligen als auch das Geheiligtwerden mit Bezug auf das Ganze gebraucht, damit es uns klar und deutlich sei, daß nicht nach Art der Propheten oder der Apostel Einer einen Andern heiligt, wie der Geist die Propheten und Apostel, wie Paulus von der ganzen Kirche sagt:358 „den berufenen Heiligen und Geheiligten in Christus Jesus" und der Heiland selbst von den Aposteln:359„Heilige sie in Wahrheit." Denn die ganze menschliche Natur ist in dem Heiligen (inbegriffen). Auch die Schaar der Engel, sowie er selbst undie ganze Schöpfung ist geheiliget und erleuchtet; das Heiligende und Erleuchtende aber ist der Geist; auch der Logos ist der Heiligende und Erleuchtende durch den Geist, keineswegs aber der Geheiligte, denn er ist Schöpfer und nicht Geschöpf. Das Geheiligtwerden360 aber hat seinen Grund von daher, woher ihn auch das Verkörpertsein hat, und sind die Handlungen zwar unterschieden, werden aber durch die Vereinigung des Fleisches mit der Gottheit verbunden, so daß nicht Einer, der heiliget, und ein Anderer. der geheiligt , zu trennen und überhaupt die Fleischwerdung selbst eine Heiligung ist.



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