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§ 8 Abs. 2 SGB II. Erwerbsfähig könnten Ausländer nur sein, wenn ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt sei oder erlaubt werden könne. Als Polin benötige die Antragstellerin eine Arbeitserlaubnis. Aus wirtschaftspolitischen Gründen sei nicht davon auszugehen, dass diese erteilt würden.

Die Antragstellerin hat im Beschwerdeverfahren eine Arbeitserlaubnis-EU als Haushaltshilfe ab 19.07.06 vorgelegt. Wegen der Wartefrist von 4 Wochen zwischen Arbeitserlaubnisantrag und Arbeitsantritt habe der Arbeitgeber jedoch kein Interesse mehr gehabt. Die Antragsgegnerin erklärt nunmehr, ein Bezug von ALG II sei seit 01.04.06 ausgeschlossen, da sich das Aufenthaltsrecht der Antragstellerin allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergebe, § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II.

Gründe: Die Antragsstellerin hat Anspruch auf Leistungen nach SGB II. Sie genießt (noch) nicht die volle Freizügigkeit; eine Beschäftigung steht unter dem Vorbehalt der Genehmigung (§ 13 FreizügG-EU, § 284 SGB III), die nach Maßgabe des § 39 AufenthG erteilt werden kann, insbesondere wenn für die Beschäftigung vorrangig zu berücksichtigende Arbeitnehmer nicht zur Verfügung stehen. Diese Einschränkung steht der Erwerbsfähigkeit iSd § 8 Abs 2 SGB II von vornherein jedoch nicht entgegen. Vielmehr werden Ausländer, die die sonstigen Voraussetzungen nach den §§ 7 und 8 SGB II erfüllen, sowohl mit unbeschränktem als auch mit nachrangigem Arbeitsmarktzugang erfasst (BT-Drs 15/1516, S 52 und 1749, S 31).

Allerdings genügt die gesetzgeberisch eingeräumte, abstraktgenerelle Möglichkeit der Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis nicht (aA SG Dessau S 9 AS 386/05 ER, B.v. 21.07.05). Vielmehr muss Aussicht auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis bestehen (vgl. Eicher/Spellbrink SGB II § 8 Rn 61 f). Besteht keine realistische Chance auf Genehmigung einer Beschäftigung, kann das Ziel einer Integration der Leistungsempfänger in den Arbeitsmarkt (§ 1 SGB II) nicht erreicht werden. Dann kann nicht von einer Erwerbsfähigkeit des Ausländers iSd § 8 Abs 2 SGB II ausgegangen werden (s auch LSG Berlin-Brandenburg L 25 B 1281/05 AS ER, B.v. 13.12.05).

Mit der Vorlage der Arbeitserlaubnis-EU als Haushaltshilfe hat die Antragstellerin glaubhaft gemacht, dass ihr die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt werden könnte. Demgegenüber hat die Antragsgegnerin die Prognose, eine Arbeitnehmertätigkeit sei "aus wirtschaftspolitischen Gründen vorerst nicht zu gestatten", auch nicht ansatzweise untermauert. Daran ändert auch die anfängliche Argumentation der Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren nichts, diese sei nur deshalb erteilt worden, weil der Arbeitgeber eine Arbeitnehmerin mit polnischen Sprachkenntnissen verlangt habe.

Des Weiteren wurde der Anspruch nach einem unzutreffenden Hinweis der Ausländerbehörde, die Aufenthaltsgenehmigung werde widerrufen, verneint. Diese Auskunft knüpfte an § 5 Abs 1 Nr 1 des AufenthG an, wonach die Erteilung eines Aufenthaltstitels idR voraussetzt, dass der Lebensunterhalt gesichert ist, das jedoch auf Unionsbürger keine Anwendung findet.

Dem Anspruch steht auch nicht § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II entgegen. Die Antragstellerin ist, nachdem ihr Ehemann eine selbstständige Tätigkeit aufgenommen hatte, ihm in das Bundesgebiet nachgereist und nahm eine Beschäftigung auf, die sie dann verlor. Die Antragstellerin ist mit ihrem Ehemann davon ausgegangen ist und hat versucht, vorrangig aus den Einkünften der selbstständigen Tätigkeit des Ehemannes zu leben. Erst als dieses durch Auftragsrückgang und Verlust ihres Beschäftigungsverhältnisses nicht möglich war, hat sie ALG II beantragt. Somit kann nicht davon ausgegangen werden, dass sie zum Personenkreis gehört, der vom SGB II ausgeschlossen ist (vgl BT-Drs 16/688 S 13.).


LSG Berlin-Brandenburg L 18 B 772/06 AS ER, B.v. 07.09.06 Liegt noch keine bestandskräftig abgelehnte Arbeitsgenehmigung nach § 284 SGB III vor, dürfte die Erwerbsfähigkeit eines neuen Unionsbürgers im Hinblick auf § 8 Abs. 2 SGB II zu bejahen sein.
LSG Rh-Pfalz L 3 ER 175/06 AS, B.v. 17.10.06, www.sozialgerichtsbarkeit.de zu § 8 Abs. 2 SGB II. Kein Anspruch auf ALG II für neue Unionsbürger mit nur nachrangigem Arbeitsmarktzugang, die keine qualifizierte Berufsausbildung haben.
LSG Berlin-Brandenburg L 19 B 116/07 AS ER, B.v. 25.04.07, InfAuslR 2007, 317
www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2009.pdf

Sachverhalt: Der 16jährige Antragsteller ist schwedischer Staatsbürger bosnischer Herkunft. Er reiste zusammen mit seinem für ihn sorgeberechtigten Großvater im Juli 2006 nach Deutschland ein und besucht eine allgemeinbildende Schule. Sein Großvater erhält eine Rente von 56 € sowie Leistungen nach SGB XII. Der Antragsteller besitzt eine Freizügigkeitsbescheinigung nach § 5 FreizügG/EU. Er (bzw. sein Großvater für ihn) erhält Kindergeld. Leistungen nach SGB II lehnte das Jobcenter ab, da er ein Aufenthaltsrecht nur zur Arbeitsuche habe, § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II. Der Antragsteller machte geltend, dass er als Schüler kein Arbeitsuchender sei, sich beim Jobcenter nur aus formalen Gründen arbeitsuchend gemeldet habe, und ein Aufenthaltsrecht unmittelbar aus Art 18 EGV besitze. Das LSG sprach im ALG II unter Anrechnung des Kindergeldes zu.

Gründe: Der Anspruch ist nicht nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II ausgeschlossen. Der Gesetzgeber hat nach der Begründung des Ausschuss für Arbeit und Soziales, BT-Drs. 16/688, S. 13, mit dieser Regelung Art. 24 Abs. 2 i.V.m. Art 14 Abs. 4 b der RL 2004/38/EG umgesetzt. Abweichend vom Grundsatz der Gleichbehandlung nach Art 24 Abs. 1 Satz 1 RL 2004/38/EG ist der Aufnahmestaat nach Abs. 2 dieser Norm nicht verpflichtet, anderen Personen als Arbeitnehmern oder Selbständigen, Personen denen dieser Status erhalten bleibt, und ihren Familienangehörigen während der ersten drei Monate des Aufenthaltes oder ggf. während eines längeren Aufenthaltes nach Art. 14 Abs. 4 b einen Anspruch auf u.a. Sozialhilfe zu gewähren. Nach Art 14 Abs. 4 b darf unbeschadet des Kapitel IV auf keinen Fall eine Ausweisung verfügt werden, wenn Unionsbürger eingereist sind, um Arbeit zu suchen.

Zwar ergibt sich das Aufenthaltsrecht des Antragstellers aus Gründen der Arbeitsuche, § 2 Abs. 2 Nr. 1 2. Alt. FreizügG/EU, er kann sein Aufenthaltsrecht nicht aus einer anderen Regelung des § 2 Abs. 1 bis 5 FreizügG/EU ableiten. Ob sich sein Aufenthaltsrecht unmittelbar aus Art 18 EGV ergibt, kann dahingestellt bleiben

§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II ist gemeinschaftsrechtlich auszulegen. Aufgrund der nach Art. 12 EGV verbotenen Diskriminierung besteht wegen der Staatsangehörigkeit kein Leistungsausschluss, jedenfalls nicht nach Ablauf eines dreimonatigen Aufenthaltes (Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG). Der EuGH hat mit U.v.07.09.04 (C-456/02 Trojani) ausgeführt, Art 18 EGV erkenne jedem Unionsbürger das Recht auf Aufenthalt in den Mitgliedsstaaten unmittelbar zu. Zwar könnten die Mitgliedsstaaten dieses Recht vom Vorhandensein ausreichender Existenzmittel abhängig machen. Derartige Beschränkungen seien jedoch im Einklang mit den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts, insbesondere des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, anzuwenden. Hält sich allerdings der Betroffene (im von EuGH entschiedenen Fall durch eine amtliche Aufenthaltserlaubnis bescheinigt) rechtmäßig in dem Mitgliedsstaat auf, so sei das Diskriminierungsverbot des Art. 12 EGV zu beachten. Ein nicht wirtschaftlich aktiver Unionsbürger könne sich beim Bezug von Sozialhilfeleistungen auf Art. 12 EGV berufen, wenn er sich im Aufenthaltsstaat für eine bestimmte Dauer rechtmäßig aufhalte oder eine Aufenthaltserlaubnis besitze. Daraus ergibt sich bei rechtmäßigem Aufenthalt ein Anspruch auf Gleichbehandlung mit den Staatsangehörigen des Aufnahmemitgliedsstaates. Der EuGH hat mit U.v. 23.03.04 (C 138/02 - Collins) ausgeführt, dass Unionsbürger, die sich rechtmäßig im Aufnahmemitgliedsstaat aufhalten, sich auf Art. 6 EGV (jetzt Art. 12 EGV) berufen können. Angesichts der Einführung der Unionsbürgerschaft und angesichts der Auslegung, die das Recht der Unionsbürger auf Gleichbehandlung in der Rechtsprechung erfahren habe, sei es nicht mehr möglich, vom Anwendungsbereich des Art. 48 Abs. 2 EGV (jetzt Art. 39 Abs. 2 EGV), der eine Ausprägung des in Art. 6 EGV (jetzt: Art. 12 EGV) garantierten tragenden Grundsatzes der Gleichbehandlung sei, eine Leistung auszunehmen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt eines Mitgliedsstaates erleichtern solle.

Bei gemeinschaftsrechtlicher Auslegung des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II ergibt sich daher für Unionsbürger aufgrund der nach Art. 12 EGV verbotenen Diskriminierung wegen der Staatsangehörigkeit kein Leistungsausschluss, jedenfalls nicht nach Ablauf eines dreimonatigen Aufenthaltes.
LSG Berlin-Brandenburg L 14 B 963/06 AS ER, B.v. 14.11.06, FEVS 58/2007, 311 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2013.pdf , www.sozialgerichtsbarkeit.de Anspruch auf ergänzendes ALG II für Unionsbürger mit Minijob.

Der Anspruch entfällt nicht aufgrund § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II. Das Aufenthaltsrecht des Antragstellers ergibt sich nicht "allein aus dem Zweck der Arbeitssuche". Es mag sein, dass er ursprünglich zu diesem Zweck eingereist ist. Er hat danach aber eine Arbeit bei einer Gebäudereinigung aufgenommen. Aufgrund dessen hat er als "Arbeitnehmer" und Staatsangehöriger Italiens – unabhängig davon, ob er weiterhin eine andere (oder weitere) Arbeit sucht – ein Recht auf Aufenthalt nach § 2 Abs. 1 und 2 Nr. 1 FreizügG/ EU.

Dieses Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmer besteht ungeachtet dessen, dass der Antragsteller nur eine geringfügige Beschäftigung ("Minijob") vereinbart hat und ausübt. Im FreizügigG/EU findet sich keine Bestimmung, wonach "Arbeitnehmer" i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU nur ein mehr als geringfügig Beschäftigter wäre. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist als "Arbeitnehmer" auch anzusehen, wer weniger verdient, als im betreffenden Mitgliedstaat als Existenzminimum angesehen wird, vorausgesetzt, er übt tatsächlich eine echte Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis aus. Außer Betracht bleiben lediglich "Tätigkeiten, die einen so geringen Umfang haben, dass sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellen" (U.v. 23.03.82, Rs. 53/81 Levin, Rn 17 und 18 sowie vom 26.02.92, Rs. C-357/89 Raulin, Rn 13). Dafür kann ein Anhaltspunkt sein, dass die betreffende Person nur sehr wenige Stunden gearbeitet hat; ggf. ist auch der Umstand zu berücksichtigen, dass sich der Betroffene zur Arbeit auf Abruf des Arbeitgebers zur Verfügung halten muss (U.v. 26.02.92, a.a.O., Rn 14).

Die vom Antragsteller ausgeübte Beschäftigung ist nicht "völlig untergeordnet und unwesentlich". Er erbringt auf Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrags Arbeitsleistungen. Dass das Arbeitsentgelt nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts ausreicht, ist nach der Rspr. des EuGH ebenso unerheblich wie der Umstand, dass die Beschäftigung i.S.d. deutschen Sozialversicherungsrechts "geringfügig" ist, d.h. nicht der Versicherungspflicht unterliegt.

Auch steht der Eigenschaft des Antragstellers als "Arbeitnehmer" nicht entgegen, dass er durchschnittlich weniger als 40 Stunden im Monat und ab April 2006 sogar "nur sehr wenige Stunden" gearbeitet hat und der Arbeitsvertrag – da eine bestimmte Zahl von Arbeitsstunden nicht vereinbart ist – wohl so zu verstehen ist, dass er "Arbeit auf Abruf" zu leisten hat. Abgesehen davon, dass der Antragsteller glaubhaft gemacht hat, dass er sich um Zuweisung von mehr Arbeitsstunden – vergeblich – bemüht hat, gilt in diesem Fall ("Arbeit auf Abruf" ohne Vereinbarung einer bestimmten Dauer der Arbeitszeit) nach § 12 Abs. 1 Satz 3 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG), das auch für geringfügig Beschäftigte Anwendung findet (§ 2 Abs. 2 TzBfG), eine Arbeitszeit von zehn Stunden wöchentlich als vereinbart, mit der Folge eines entsprechenden Beschäftigungs- und Vergütungsanspruchs des Antragstellers; davon abweichende Regelungen sieht der (allgemeinverbindliche) Rahmentarifvertrag für die Gebäudereinigung vom 04.10.03 nicht vor.

Dass der Antragsteller diese Ansprüche – aus (bei der Antragsgegnerin offenbar ebenfalls bestehender) Unkenntnis oder aus Sorge um den Bestand des Arbeitsverhältnisses – nicht durchsetzt, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Vielmehr ginge dieser Anspruch bis zur Höhe der erbrachten Sozialleistungen auf die Antragsgegnerin über (§ 115 Abs. 1 SGB X). Eine dementsprechend als vereinbart geltende Beschäftigung von zehn Stunden wöchentlich mit einem Vergütungsanspruch (unter Zugrundelegung des nach dem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag für das Gebäudereinigerhandwerk zu zahlenden Stundenlohns von 7,87 Euro) von 341 Euro monatlich, ist keine "völlig untergeordnete und unwesentliche" mehr.

Danach kann unentschieden bleiben, ob der Antragsteller auch aufgrund des gemeinschaftsrechtlichen Diskriminierungsverbots (Artikel 12 EG-Vertrag) Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende beanspruchen kann (vgl. dazu EuGH, U.v. 07.09.04, Rs. C-456/02 Trojani).


LSG NRW L 19 B 21/07 AS ER B.v. 22.03.07, NZS 2007, 607, www.asyl.net/Magazin/Docs/2007/M-7/9997.pdf , www.sozialgerichtsbarkeit.de

Die polnische Antragstellerin reiste im Mai 2004 ein. Die Antragstellerin wie auch ihre seit März 2005 in Deutschland angemeldeten Kinder verfügen über eine Bescheinigung gemäß § 5 FreizügG/EU. Im November 2005 beantragte N Leistungen für die Antragstellerin als Partnerin in eheähnlicher Gemeinschaft sowie für ihre drei Kinder. Das LSG lehnt den Anspruch unter Verweis auf § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II (Leistungsausschluss für Ausländer auf Arbeitssuche) ab.

Nach Art. 7 Abs. 3 Buchst. b und c Richtlinie 2004/38/EG beträgt der Zeitraum für die Arbeitssuche mindestens 6 Monate. Die Antragstellerin hält sich allein zum Zweck der Arbeitssuche in Deutschland auf, was von ihr auch nicht bestritten wird.

Das LSG kann es dahingestellt sein lassen, ob sich aus dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 12 EU ergibt, dass steuerfinanzierte Sozialleistungen Unionsbürgern nach den gleichen Voraussetzungen und im gleichen Umfang zu gewähren sind (vgl. Strick, Sozialhilfe und Alg II für Unionsbürger, NJW 2005, 2182 ff).

Denn nach dem EU-Beitrittsvertrag können die alten Mitgliedsstaaten die Freizügigkeit gegenüber den Staatsangehörigen der neuen Mitgliedsstaaten für eine Übergangszeit beschränken. Von der Möglichkeit hat Deutschland Gebrauch gemacht. Staatsangehörigen aus den Beitrittsländern ist eine Beschäftigung nur mit Genehmigung der Agentur für Arbeit möglich. Der Antragstellerin ist jedoch keine Arbeitserlaubnis-EU nach § 284 Abs. 1 SGB III erteilt worden.

Die Antragstellerin erfüllt auch nicht die Voraussetzungen eines Verbleiberechts nach selbständiger Tätigkeit. Denn die in § 2 Abs. 2 Ziff. 5 FreizügigG/EU in Bezug genommene Verbleiberichtlinie für selbständig Erwerbstätige (RL 75/34/EWG v. 17.12.74) ist am 29.04.06 außer Kraft getreten. Die Voraussetzungen der danach einschlägigen Freizügigkeitsrichtlinie erfüllt die Antragstellerin nicht. Das Recht auf Aufenthalt für mehr als drei Monate setzt nach Art. 7 Abs. 1 Richtlinie 2004/38/EG voraus, dass der Selbständige und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügen. Dies war bei den Antragstellern nicht der Fall, wie der Bezug von Leistungen nach dem SGB II belegt. Da die Antragstellerin ihr Gewerbe nur vom 26.05.04 bis 02.11.05 ausgeübt hat und 1972 geboren ist erfüllt sie schon nicht die zeitlichen Vorgaben der Ausnahmeregelung des Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG.

Der Senat hat von einer Beiladung des Sozialhilfeträgers abgesehen, da die Klägerin nach § 23 Abs. 3 SGB XII i.d.F.v. 02.12.06 keine Sozialhilfe erlangen kann, insofern sich ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt.


  • Anmerkung: Das LSG NRW liest die Unionsbügerrichtlinie (RL 2004/38/EG) falsch! In Art 7 Abs. 1 der RL wird voraussgesetzt, das der Unionsbüger a) Arbeitnehmer oder Selbständiger ist, oder b) er für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt; oder c) ... ; oder d) .... Verbleibeberechtigt ist ein Selbständiger im Übrigen nicht erst im Falle eines Daueraufenthaltsrechts nach Art 17 der RL, sondern als arbeitslos gewordener Arbeitnehmer oder Selbständiger in der Regel bereits nach wesentlich kürzerer Tätigkeit unter den Voraussetzungen des Art 7 Abs. 3 der RL (ebenso nunmehr § 2 Abs. 3 FreizügG/EU).


LSG Hessen L 9 AS 44/07 ER, B.v. 13.09.07 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2105.pdf Kein ALG II für eine alleinerziehende seit 4 Jahren in Deutschland lebende Litauerin, die zwar ein Gewerbe angemeldet, aber weder abhängige noch sebständige Erwerbstätigkeiten nachweisen konnte. Sie besitzt entweder überhaupt kein Freizügigkeitsrecht oder aber ein solches nur zur Arbeitsuche, was jeweils den ALG II Anspruch für Mutter und Kind ausschließt. Ansprüche nach dem SGB XII hat das LSG nicht geprüft.
LSG NRW L 9 B 80/07 AS ER, B.v. 27.06.07, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2113.pdf Anspruch auf Sozialhilfe als Ermessensleistung für vom ALG II ausgeschlossene arbeitsuchende Unionsbürger.

Dem Anspruch steht nicht § 21 Satz 1 SGB XII entgegen, wonach Personen, die dem Grunde nach nach SGB II leistungsberechtigt sind, keinen Leistungsanspruch nach SGB XII haben. Scheitert ein Anspruch von EU-Angehörigen auf ALG II an § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II, gebietet das Gemeinschaftsrecht und hierbei insbesondere der aus Art. 12 EGV herzuleitende Anspruch nicht erwerbstätiger EU-Bürger auf Teilhabe an den staatlichen Sozialleistungssystemen des Mitgliedsstaates, in den sie eingereist sind, eine Auslegung des § 21 Satz 1 SGB XII dahingehend, diese Personen als nicht dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II anzusehen und ihnen so den Zugang zu lebensunterhaltsichernden Leistungen nach SGB XII zu eröffnen (so auch LSG NRW L 20 B 248/06 AS ER, B.v. 03.11.06, InfAuslR 2007, 114, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2469.pdf).

Abweichend von der EU-Freizügigkeitsrichtlinie gewährt das nationale Recht nach § 2 Abs. 2 Nr.1 FreizügigG/EU ein unbefristetes Aufenthaltsrecht bei Arbeitssuche; dabei verzichtet es auf die Voraussetzung der begründeten Erfolgsaussicht bei Arbeitssuche (LSG NRW, aaO). Hält sich ein EU-Bürger hiernach rechtmäßig auf, ist Art. 12 EGV zu beachten, der eine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verbietet. Eine solche Diskriminierung liegt aber vor, wenn eine nationale Regelung Unionsbürgern, die sich in einem (anderen) Mitgliedsstaat aufhalten, Sozialhilfe auch dann nicht gewährt, wenn sie die Voraussetzungen erfüllen, die für die Staatsangehörigen dieses Mitgliedsstaates gelten (LSG NRW, aaO, Rn. 33, unter Hinweis auf EuGH, U.v. 07.09.04, C-456/02, Trojani und EuGH, U.v. 20.09.01, C- 184/99, Grzelczyk).

Im Übrigen weist das LSG darauf hin, dass selbst den Ausländern, die nach Deutschland eingereist sind, um Sozialhilfe beziehen, nicht sämtliche staatlichen Leistungsansprüche verloren gehen. Vielmehr hat der Sozialhilfeträger in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens dann zumindest die unabweisbare Hilfe analog § 1 a AsylbLG zu gewähren, da ansonsten die Antragstellerin als EU-Bürgerin schlechter gestellt wäre als Ausländer, die eingereist sind, um Leistungen nach dem AsylbLG zu erhalten (Birk, LPK SGB XII, § 23 Rn. 34).

LSG Nds.-Bremen L 6 AS 444/07 ER, B.v. 25.07.07, InfAuslR 2008, 52,
www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2584.pdf Es kann dahinstehen, ob der Ausschluss von arbeitsuchenden Unionsbürgern mit EU-Recht vereinbar ist (dazu LSG Bln-Brandenbg B.v. 25.04.07 L 19 B 116/07 AS ER; LPK SGB II 2.A. § 7 Rn 19 u. 27; Hauck/Noftz SGB II § 7 Rn 30; Winkel, Soziale Sicherheit 3/2006, 103; Schreiber, ZESAR 1112/2006, 423).

Der Antragsteller gehört nicht zum Personenkreis, der gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II vom ALG II ausgeschlossen werden soll. Nach Art. 24 Abs. 2 Richtlinie 2004/38/EG ist der Aufnahmestaat nicht verpflichtet, anderen Personen als Arbeitnehmern oder Selbständigen, Personen, denen dieser Status erhalten bleibt und ihren Familienangehörigen während der ersten 3 Monate des Aufenthalts (oder gegebenenfalls während des längeren Aufenthalts nach Art. 14 Abs. 4b) Sozialhilfe zu gewähren. In Nr. 10 der Gründe der Richtlinie heißt es, dass Personen, die ihr Aufenthaltsrecht ausüben, während ihres ersten Aufenthalts die Sozialleistungen des Aufnahmemitgliedstaats nicht unangemessen in Anspruch nehmen sollen.

Hiervon ausgehend ist § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II richtlinienkonform dahin auszulegen, dass von der Regelung nur diejenigen Ausländer betroffen sind, die erstmals nach Deutschland einreisen und dort unmittelbar mit dem Zuzug Sozialleistungen in Anspruch nehmen. Diese Auslegung entspricht dem Willen des Gesetzgebers, der einen Leistungsausschluss nur derjenigen EU-Bürger annahm, die erstmals in Deutschland Arbeit suchen ("Auch die Familienangehörigen eines erstmals in Deutschland arbeitsuchenden EU-Bürgers sind dann vom Bezug von Leistungen nach diesem Buch ausgeschlossen"; vgl. SG Osnabrück S 22 AS 263/06 ER, B.v. 27.04.06, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2115.pdf , rechtskräftig).

Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Der Antragsteller hat nicht zum ersten Mal in einem anderen Mitgliedsland Arbeit gesucht, sondern ist nach einem längeren Auslandsaufenthalt in das Mitgliedsland zurückgekehrt, in dem er geboren und aufgewachsen ist.


LSG Ba-Wü L 7 SO 3970/07 ER-B, B.v. 17.09.07, InfAuslR 2008, 51, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2132.pdf (Revision beim BSG anhängig) Kein Ausschluss vom ALG II für zur Arbeitsuche einreisende Unionsbürger im Falle eines vorangegangenen langjährigen Aufenthaltes in Deutschland, wenn sie nach einem Auslandsaufenthalt nach Deutschland zurückkehren (wie LSG Nds.-Bremen L 6 AS 444/07 ER, B.v. 25.07.07 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2584.pdf).
LSG Berlin-Brandenburg L 32 B 1558/07 AS ER, B.v. 27.09.07, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2123.pdf Die Antragstellerin ist als erwerbsfähig i.S.d. § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 8 Abs. 1 SGB II anzusehen, § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II steht dem Anspruch nicht entgegen. Sie hält sich nicht (nur) zur Arbeitssuche in Deutschland aus. Sie will hier bei ihrem Mann und Kind sein.

Noch nicht klar ist zwar, ob die Antragsteller ihren nach § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB II erforderlichen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. Daran bestehen Zweifel, weil sich die Antragsteller das ihnen mutmaßlich als Unionsbürgern zustehende Aufenthaltsrecht bislang nicht haben bescheinigen lassen. Es spricht aber viel dafür, dass eine Leistungsversagung nach Maßgabe des Tenors unzumutbar wäre.

Die Erteilung einer Arbeitserlaubnis ist auch nicht nach § 8 Abs. 2 SGB II ausgeschlossen. Ihr könnte vielmehr nach § 284 Abs. 1 und Abs. 2 SGB III (Arbeitsgenehmigung-EU für Staatsangehörige der neuen EU-Mitgliedstaaten) i.V.m. § 39 Abs. 2-4, 6 AufenthG eine Arbeitserlaubnis erteilt werden. Da die theoretische Möglichkeit ausreicht, ist unerheblich, dass die Arbeitsagentur die Zustimmung nach § 39 Abs. 2 AufenthG wohl nicht erteilen will.
LSG Nds-Bremen L 8 SO 88/07 ER, B.v. 14.01.08, InfAuslR 2008, 227 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2135.pdf

1. § 7 Abs 1 S. 2 SGB II - seine Vereinbarkeit mit dem Diskriminierungsverbot des Art 12 EGV unterstellt - schließt einen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen für Ausländer nur aus, wenn sich das Aufenthaltsrecht ausschließlich auf den Grund "zur Arbeitsuche" stützt. Beruht das Aufenthaltsrecht des Ausländers auch auf dem Grund "Ehegattennachzug", sind Leistungen zu bewilligen.

2. Das Europäische Fürsorgeabkommen EFA ist innerstaatlich anwendbares, Rechte und Pflichten des Einzelnen begründendes Recht und von den Sozialleistungsträgern und den Gerichten zu beachten. Es geht als lex specialis der grundsätzlich alle Ausländer betreffenden Regelung des § 7 Abs 1 S 2 SGB II bzw § 23 Abs 3 SGB XII (Fassung ab 07.12.06) vor. Für den vom EFA erfassten Personenkreis ist der Leistungsausschluss nach § 7 Abs 1 S 2 SGB II wirkungslos.

Das LSG lässt offen, ob der in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II geregelte Ausschluss von Unionsbürger mit Aufenthaltsrecht nur zur Arbeitsuche mit EU-Recht vereinbar ist (Diskriminierungsverbot des Art. 12 EG-Vertrag), da der Leistungsausschluss für vom Europäischen Fürsorgeabkommen [EFA, mit Liste der Unterzeichnerstaaten unter www.conventions.coe.int] vom 11.12.1953 erfasste Staatsangehörige, wozu auch die Antragstellerin gehört, wirkungslos ist. Gemäß § 30 II SGB II bleibt zwischenstaatliches Recht unberührt und ist somit bei der Anwendung des SGB II zu beachten. Auch für das der Sozialhilfe (Art 2a EFA) ähnliche ALG II gilt der Grundsatz der Gleichbehandlung mit Inländern nach Art 1 EFA. Diese Wirkung des EFA gilt jedenfalls dann, wenn die Hilfebedürftigkeit nicht unmittelbar mit der Einreise, sondern wie hier erst danach (hier: durch Verlust des Arbeitsplatzes des Ehemannes einige Monate nach Einreise der Ehefrau) entstanden ist. Auch die Voraussetzung des erlaubten Aufenthaltes (Art 1, Art 11 EFA) liegt vor.

Nur ergänzend führt das LSG aus, dass der Ausschlussgrund des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II ohnehin nur gilt, wenn sich das Aufenthaltsrecht ausschließlich auf den Grund "zur Arbeitssuche" stützt (S. 9 des Beschlusses). Dies ist vorliegend nicht der Fall, da die niederländische Antragstellerin als zu einem in Deutschland lebenden Ausländer mit Niederlassungserlaubnis nachgezogene Ehefrau nach § 30 I AufenthG auch ein Aufenthaltsrecht nach dem AufenthG beanspruchen kann [§ 11 Abs. 1 Satz 5 FreizügG/EU].
OVG Bremen S1 B 252/07. B.v. 05.11.07 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2137.pdf Die Antragsteller, irische Staatsangehörige mit zwei Kindern, zogen im September 2006 zur Arbeitssuche nach Deutschland. Sie erwarben im Dezember 2006 ein Reihenhaus (103 qm, 68.000 Euro). Ihr im Februar 2007 gestellter ALG II-Antrag wurde abgelehnt. Zum 01.09.07 nahm der Ehemann eine selbständige Tätigkeit auf, das Einkommen betrug 812 Euro.

Die Antragsteller haben ab 01.09.07 ein Aufenthaltsrecht aufgrund der selbständigen Erwerbstätigkeit und Anspruch auf ergänzendes ALG II. Das Aufenthaltsrecht der Ehefrau folgt daraus, dass sie Familienangehörige ist. Das Hausgrundstück ist wegen seiner angemessenen Größe nicht als Vermögen zu berücksichtigen.

Für die Zeit bis 31.08.07 sprach das OVG im Hinblick auf die im Hauptsacheverfahren zu klärenden Rechtsfragen um 30 % gekürztes ALG II als Darlehen zu, da fraglich ist, ob der ausnahmslose Ausschluss von Leistungen nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II an Unionsbürger, deren Aufenthalt sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt, mit dem Diskriminierungsverbot des Art. 12 Abs. 1 EGV vereinbar ist.

Zum Teil wird Art. 7 Abs. 2 S. 1 SGB II unter Berufung auf die Rspr. des EuGH wegen Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot des EGV als unanwendbar angesehen (LSG Berlin-Brandenburg L 19 B 116/07 AS ER, B.v. 25.04.07, InfAuslR 2007, 317; SG Köln S 6 AS 30/07 ER, B.v. 13.02.07; LPK-SGB II, 2. A., § 7 Rn 19; Hauck/Noftz, SGB II, § 7 Rn 30; Schreiber, ZESAR 2006, 423ff). Zum Teil wird die Vorschrift angewandt, weil den Entscheidungen des europäischen Richtliniengesetzgebers und des nationalen Gesetzgebers bei der im Eilverfahren gebotenen Interessenabwägung die größere Bedeutung zukomme als der durch „Unschärfen“ gekennzeichneten Rspr. des EuGH (LSG NRW L 20 B 59/07 AS ER, B.v. 15.06.07; LSG Nds-Bremen L 9 AS 447/07 ER, B. v. 02.08.07).



Fraglich ist, ob ein zeitlich unbeschränkter Leistungsausschluss auch für solche Unionsbürger, die sich ernsthaft um Arbeit bemühen, noch verhältnismäßig ist. Im Hauptsacheverfahren bedarf es dazu voraussichtlich der Vorabentscheidung durch den EuGH. Nach EuGH C-138/02, U.v. 23.03.04, Collins ist eine Sozialleistung, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern soll und ähnlich wie die Grundsicherung nach dem SGB II Arbeitslosengeld und Sozialhilfe ersetzt, dem Gleichbehandlungsgrundsatz unterworfen. Nach EuGH C-456/02. U.v. 07.09.04 Trojani kann sich ein Unionsbürger auf das Diskriminierungsverbot berufen und eine Sozialhilfeleistung beanspruchen, obwohl er nicht freizügigkeitsberechtigt ist. Nach EuGH C-209/03, U.v. 15.03.05 Bidar verstößt es gegen das Diskriminierungsverbot, Unionsbürgern eine Studienbeihilfe zu versagen, obwohl die RL 1993/96/EG, aus der sich das Freizügigkeitsrecht der Studenten ergab, einen solchen Anspruch ähnlich wie Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG ausschloss.

Art. 12 Abs. 1 EGV enthält kein absolutes Differenzierungsverbot. So hat der EuGH in der Sache Martínez Sala eine verbotswidrige Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit lediglich mit der Begründung angenommen, es sei nichts vorgetragen, was eine Ungleichbehandlung rechtfertigen könne. Die Verhinderung einer Zuwanderung in die Systeme sozialer Sicherung ist ein legitimes Interesse der Mitgliedstaaten, das grundsätzlich geeignet ist, eine Ungleichbehandlung von Unionsbürgern zu rechtfertigen. Entsprechend hat es der EuGH in der Sache Collins als legitim angesehen, eine Beihilfe an Arbeitssuchende erst zu gewähren, nachdem das Bestehen einer tatsächlichen Verbindung des Arbeitssuchenden mit dem Arbeitsmarkt des Mitgliedstaats festgestellt wurde. In der Sache Bidar hat es der EuGH als legitim angesehen, dass zu Studienzwecken eingereiste Unionsbürger nachgewiesen haben müssen, dass sie sich zu einem gewissen Grad in die Gesellschaft des Mitgliedstaats integriert haben, z. B. sich dort eine gewisse Zeit aufgehalten haben. Im Urteil Trojani finden sich keine vergleichbaren Ausführungen, zu ihnen bestand möglicherweise kein Anlass, weil der Kläger sich bereits zwei Jahre berechtigt in dem Mitgliedstaat aufhielt, bevor er Sozialhilfe beantragte, und der Mitgliedstaat von der Möglichkeit, seinen Aufenthalt zu beenden, keinen Gebrauch gemacht hatte.

In einem solchen Fall kommt der Solidarität des Aufnahmestaats größeres Gewicht zu als in den Fällen, in denen ein Unionsbürger erst zuwandert. Es erscheint daher fraglich, ob zwischen Art. 24 Abs. 2 i. V. m. Art. 14 Abs. 4 Buchst. b) RL 2004/38 und § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II einerseits und der Rechtsprechung des EuGH zum Diskriminierungsverbot in der Sache Trojani tatsächlich ein Widerspruch besteht, wie in der Rspr. und Literatur zum Teil angenommen.

Die Rspr. des EuGH begründet durchgreifende Zweifel, ob die ausnahmslose Ausschlussregelung des § 7 Abs. 2 S. 1 SGB II verhältnismäßig ist. Das Ziel, die Zuwanderung in die Systeme sozialer Sicherung zu begegnen, lässt sich auch durch weniger einschneidende Regelungen erreichen, die nach der Verbindung des arbeitssuchenden Unionsbürgers zum Aufnahmemitgliedstaat differenzieren. Dies gilt jedenfalls in einem Fall wie hier: Die Antragsteller haben nach ihrer Niederlassung in Deutschland im September 2006 zum Zweck der Arbeitssuche ihren Lebensunterhalt zunächst aus eigener Kraft bestritten. Sie haben durch den Erwerb eines selbstgenutzten Wohnhauses dokumentiert, dass sie sich in verfestigter Weise in Deutschland niederlassen wollen. Die Kinder der Antragstellerinnen gehen in Deutschland zur Schule. Diese Umstände könnten dafür sprechen, dass die Antragsteller im April 2007 (Eingang des Eilantrags beim OVG) die Kriterien einer hinreichenden tatsächlichen Verbindung im Sinne der Collins-Rspr. des EuGH erfüllten und nicht vom ALG II ausgeschlossen werden dürfen.
LSG Nds-Bremen L 6 AS 664/07 ER, B.v. 02.11.07 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2139.pdf ALG II für eine seit 2 Jahren in Deutschland lebende schwangere lettische Antragstellerin. Sie besitzt eine Arbeitserlaubnis EU, ihr Aufenthaltsrecht ergibt sich jedoch nur aus der Arbeitsuche. Im Rahmen des Eilverfahrens ist nicht abschließend zu klären, ob der Ausschluss des § 7 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB II mit Europarecht vereinbar ist. Im Rahmen einer Folgenabwägung und im Hinblick auf das Menschenwürdeprinzip des GG sind der Antragstellerin Leistungen zuzusprechen.
SG Nürnberg S 19 AS 738/07, B.v. 18.12.07, Vorlagebeschluss für EuGH zu


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