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§ 28 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG



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§ 28 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG zur Ausübung der Personensorge gegenüber einem minderjährigen unverheirateten Unionsbürger (Deutschen) eingereist sind.
LSG Hamburg L 4 AS 266/12 B ER, B.v. 11.10.12 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2502.pdf Der Leistungsausschluss greift nach Maßgabe des Art 14 Abs 4 iVm Art 24 Abs 2 UnionsbürgerRL nur bei Unionsbürgern, die sich erstmals in Deutschland zur Arbeitssuche aufhalten, nicht aber bei solchen EU-Bürgern, die bereits für einige Zeit (hier: für fünf Monate) in Deutschland gearbeitet haben.

Ein den Anspruch ausschließender Aufenthalt allein zum Zweck der Arbeitsuche liegt nicht mehr vor, wenn eine tatsächliche Verbindung zum dt. Arbeitsmarkt vorliegt. Der Ausschluss ist dann auch nach Ablauf der Verbleibefrist des § 2 Abs. 3 FreizügG/EU nicht mehr anwendbar.


LSG BE-BB L 14 AS 3133/12 B ER, B.v. 28.01.13 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2554.pdf Alg II für ehemals prostituierte Unionsbürgerin aus Rumänien bzw. Bulgarien. Straßenprostitution ist legale selbständige Tätigkeit iSd FreizügG/EU. Nach Aufgabe der Tätigkeit wg. Schwangerschaft besteht Aufenthaltsrecht als verbleibeberechtigte Selbständige nach § 2 Abs. 3 FreizügG/EU.

Die Unionsbürgern durch Art. 49 AEUV zuerkannte Niederlassungsfreiheit schließt (unter bestimmten Voraussetzungen) die Ausübung der selbständigen Prostitution auch ohne "feste Einrichtung" ein, aufgrund der selbständigen Erwerbstätigkeit besteht ein von einer Arbeitsuche unabhängiges Aufenthaltsrecht. Die Prostitution ist in Deutschland nicht verboten. Ob die Einkünfte beim Finanzamt zutreffend angegeben wurden, berührt nicht die Rechtmäßigkeit der Tätigkeit. Dass für den Gewerbeschein eine andere Tätigkeit angezeigt wurde, dürfte unerheblich sein, weil die Prostitution nicht als „Gewerbe“ i.S.d. Gewerbeordnung angesehen und eine Anzeigepflicht nicht angenommen wird (Bericht der Bundesregierung zu den Auswirkungen des Prostitutionsgesetzes, B.IX.1, S. 66). Selbst wenn die Tätigkeit als „Gewerbe anzuzeigen sein sollte, wäre ihre nicht angezeigte Ausübung nicht „illegal“, da es jedenfalls einer amtlichen Erlaubnis dazu nicht bedarf.

Nicht folgen kann der Senat der Auffassung, die Antragstellerin habe keine selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt, weil sie dazu keine „feste Einrichtung“ unterhalten habe, sondern ihr „auf der Straße nachgegangen“ sei. Das EuGH-Urteil v. 25.07.91 Rs. C-221/89 bezieht sich auf den Betrieb eines Fischereischiffes und somit einen anderen Sachverhalt. Es sind eine Reihe von wirtschaftlichen („gewerblichen“) Tätigkeiten denkbar, deren Ausübung keine „feste Einrichtung“ voraussetzt („Reisegewerbe“, § 55ff GewO).

Hingegen hat der EuGH U.v. 20.11.01 Rs. C-268/99 Aldona Malgorzata Jany www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2556.pdf zur Prostitution – in Kenntnis dessen, dass ihr auch „auf der Straße nachgegangen“ werden kann (Erwägungsgrund 62) entschieden, dass sie als eine durch die Niederlassungsfreiheit gewährleistete selbständige Erwerbstätigkeit anzusehen ist, sofern sie nicht im Rahmen eines Unterordnungsverhältnisses in Bezug auf die Tätigkeit, die Arbeitsbedingungen und das Entgelt, in eigener Verantwortung und gegen ein Entgelt, das der diese Tätigkeit ausübenden Person vollständig und unmittelbar gezahlt wird, ausgeübt wird, eine „feste Einrichtung“ ist danach jedenfalls für diese Tätigkeit nicht erforderlich, um sich auf die Niederlassungsfreiheit berufen zu können (ebenso: BVerwG, B.v. 24.10.02 - 1 C 31/02: www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2555.pdf Die von einer Unionsbürgerin in einem anderen Mitgliedstaat selbständig ausgeübte Prostitution wird durch die Niederlassungs- bzw. Dienstleistungsfreiheit (Art. 52, 59 EGV, jetzt: Art. 43, 49 EG) erfasst).

Das nach mehr als einjähriger Tätigkeit erworbene Aufenthaltsrecht als niedergelassener Selbstständiger entfällt nicht dadurch, dass die Tätigkeit wegen Schwangerschaft eingestellt wird. Nach § 2 Abs. 3 FreizügG/EU bleibt nach mehr als einem Jahr Tätigkeit das Recht auf Aufenthalt erhalten, wenn die Einstellung der Tätigkeit auf Umständen beruht, auf die der Selbständige keinen Einfluss hatte. Dies ist hier anzunehmen. Es erscheint „zweifelhaft, dass die Beendigung einer selbständigen Tätigkeit als freiwillig anzusehen ist, wenn sie Folge einer Schwangerschaft ist. Das LSG BE-BB L 15 B 54/08 SO ER hat zu § 2 Abs. 3 FreizügG/EU zutreffend ausgeführt, das Grundgesetz stelle die Familie und ausdrücklich die Mutter unter besonderen Schutz (Art. 6 Abs. 1 und 4 GG). Diesem Schutzauftrag liefe es zuwider, wenn der Entschluss, ein Kind zu bekommen, mit dem Verlust des Freizügigkeitsrechts verbunden wäre. Zum anderen stelle es auch einen Verstoß gegen das Verbot geschlechtsspezifischer Benachteiligung (Art. 3 Abs. 3 GG) dar, nur bei der schwangeren Frau rechtliche Nachteile aus einer Tatsache eintreten zu lassen, die sie zwangsläufig nicht allein herbeiführen kann.

Dass die Antragstellerin aufgrund ihrer Schwangerschaft Einschränkungen in der Erwerbstätigkeit unterliegt, steht der Erwerbsfähigkeit gem. § 8 Abs. 1 SGB II nicht entgegen. Bei normalen Verlauf liegt kein regelwidriger Körperzustand der Frau vor und damit nicht einmal eine Arbeitsunfähigkeit (BAG, U.v. 22.03.95 – 5 AZR 874/93). Dass eine Schwangerschaft die Erwerbsfähigkeit i.S.d. § 8 Abs. 1 SGB II nicht berührt, ergibt sich im Übrigen aus § 21 Abs. 2 SGB II.

Die Antragstellerin ist auch rechtlich erwerbsfähig i.S.d. § 8 Abs. 2 SGB II, da ihnen jedenfalls die Aufnahme einer (abhängigen) Beschäftigung erlaubt werden könnte. In jedem Fall ist ihnen die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit erlaubt.
BSG B 4 AS 54/12 R, U.v. 30.01.13 (Vorinstanzen SG Stuttgart S 11 AS 4985/10, LSG BW L 3 AS 1477/11)
www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2596.pdf

Anspruch auf ALG II für schwangere Bulgarin wegen Zusammenlebens mit dauerhaft bleibeberechtigtem Kindsvater. Trotz eingeschränkter Arbeitnehmerfreizügigkeit war die Klägerin erwerbsfähig iS der Regelung des § 8 Abs 2 SGB II aF. Auch der Leistungsausschluss nach § 7 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB II greift nicht. Eskann nicht festgestellt werden, dass sich die Klägerin allein zur Arbeitssuche aufgehalten hat. Aufgrund der Vorwirkungen der Geburt ihres Kindes bestand bereits ein anderer Aufenthaltszweck.

Aus § 11 Abs 1 S. 5 FreizügG/EU iVm der Auffangregelung des § 7 Abs 1 S. 3 AufenthG können sich in begründeten Fällen Aufenthaltserlaubnisse für nicht ausdrücklich erfasste Aufenthaltszwecke ergeben. Dies betrifft insbesondere Aufenthaltsrechte aus dem Zusammenleben von Partnern mit einem gemeinsamen Kind und bevorstehenden Familiengründungen. Der zu erwartenden Geburt des Kindes, das aus Art 6 GG Anspruch auf Ermöglichung und Aufrechterhaltung eines familiären Bezugs zu beiden Elternteilen von Geburt an hat, kommen aufenthaltsrechtliche Vor- und Schutzwirkungen für das Aufenthaltsrecht seiner Eltern zu. Insofern wäre es der schwangeren Klägerin nicht zumutbar gewesen, sich vom Vater des Kindes zu trennen und das Bundesgebiet zu verlassen. Es bestand daher bereits vor Anerkennung der Vaterschaft durch den Lebensgefährten ein von der Arbeitsuche unabhängiges Aufenthaltsrecht. 




Der Kindvater ist Grieche und lebte bereits mehr als 8 Jahre in Deutschland, das erwartete Kind wird daher nach § 4 Abs 3 StAG auch die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten. Eine Entscheidung, ob der Ausschluss nur Arbeitssuchender generell gegen Europarecht verstößt (VO 883/2004), hat das BSG bei dieser Gelegenheit wiederum nicht getroffen.
LSG Sachsen L 7 AS 964/12 B ER, B.v. 31.01.13 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2539.pdf Der Ausschlusstatbestand des Art. 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II verstößt höherrangiges Recht, nämlich Art. 18 und 21 AEUV bzw. den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 4 VO (EG) Nr. 883/2004 und ist daher unwirksam. Daher Anspruch auf ALG II für arbeitsuchenden Unionsbürger, ein Anspruch auf Sozialhilfe kommt nicht in Betracht (vgl. hierzu LSG BE-BB L 14 AS 933/12 B ER B.v. 28.06.12).

Zu unterscheiden ist die europarechtliche Regelung zum Aufenthaltsrecht von Bürgern eines Mitgliedsstaates im Gebiet eines anderen Mitgliedsstaates der EU in Richtlinie 2004/38/EG von der europarechtlichen Regelung zum Zugang von Bürgern eines Mitgliedsstaats zu den sozialen Sicherungssystemen eines anderen Mitgliedsstaats der EU in der VO (EG) Nr. 883/2004. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II hat die aufenthaltsrechtliche Regelung des Art. 24 Abs. 2 Richtlinie 2004/38/EG in nationales Sozialrecht umgesetzt. Falls es sich - wofür EuGH Vatsouras v. 04.06.09 C-22/08, C-23/08 spricht - beim Alg II nicht um "Sozialhilfe" i.S.d. Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG handelt, mangelt es § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II an einer europarechtlichen Rechtfertigungsnorm. Für den Fall, dass Leistungen nach dem SGB II "Sozialhilfe" im Sinne der Richtlinie sind, liegt ein Verstoß gegen Art. 4 VO (EG) Nr. 883/2004 vor.


LSG BE-BB 18 AS 313/13 B ER, B.v. 14.02.13 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2561.pdf Ob der Ausschluss nach Art. 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II gegen höherrangiges Recht (Art. 24 RL 2004/38 EG, Art 4 VO 883/2004 EG) verstößt ist ungeklärt, daher im Rahmen einer Folgenabwägung Leistungen in Höhe des absoluten Existenzminimums, d.h. Beträge nach der Übergangsregelung des BVerfG zu § 3 Abs 1 und 2 AsylbLG. Unterkunftskosten fallen vorliegend nicht an, da die Antragsteller derzeit über eine kostenlose Wohnmöglichkeit verfügen.
LSG HH L 4 AS 266/12 B/ER, B.v. 11.10.12 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2577.pdf (im Ergebnis ebenso LSG NI-HB 25.07.07 - L 6 AS 444/07 ER www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2584.pdf; LSG HH 02.03.10 - L 5 AS 54/10 B ER).

Kein Alg II-Ausschluss wegen Aufenthalt nur zur Arbeitssuche für Unionsbürger, die in Deutschland bereits erwerbstätig waren, auch über den 6-Monatszeitraum des § 2 III FreizügG/EU hinaus. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II erfasst gemäß Art. 14 Abs 4 iVm Art 24 II Unionsbürger-RL nur Personen, die sich erstmals zur Arbeitssuche nach Deutschland begeben. Ein den Anspruch ausschließender Aufenthalt allein zum Zweck der Arbeitsuche liegt nicht mehr vor, wenn eine tatsächliche Verbindung zum dt. Arbeitsmarkt vorliegt. Der Ausschluss ist dann auch nach Ablauf der Verbleibefrist des § 2 Abs. 3 FreizügG/EU nicht mehr anwendbar.


LSG BE-BB L 31 AS 318/13 B ER, B.v. 11.03.13 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2582.pdf Im Rahmen einer Folgenabwägung Alg II für zur Arbeitsuche eingereisten Spanier, ob der SGB II-Ausschluss gegen EU-Recht verstößt, kann im Eilverfahren nicht abschließend entschieden werden. Ob der EFA-Vorbehalt wirksam ist, hängt auch davon ab, ob der betroffene Signatarstaat - hier Spanien - Einspruch gegen den Vorbehalt eingelegt hat.
LSG NRW 10.10.13 - L 19 AS 129/13 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2604.pdf ALG II für rumänische Familie mit Kindern, die lange Zeit nur von Kindergeld und Verkauf von Obdachlosenzeitung (über-)lebten und erfolglos Arbeit suchten. Nach längerer objektiv aussichtsloser Arbeitssuche wechselt Freizügigkeitsgrund von „zur Arbeitsuche“ zu „nicht-erwerbstätig” bzw. “ohne Aufenthaltsgrund“. Für „nicht-erwerbstätige” bzw “ohne Aufenthaltsgrund freizügigkeitsberechtigte“ UnionsbürgeInnen besteht bereits nach dem Wortlaut des § 7 SGB II kein Leistungsausschluss. Dieses Freizügigkeitsrecht bleibt dann auch ohne ausreichender Existenzmittel iSd § 4 FreizügG/EU so lange bestehen, bis die Ausländerbehörde im Rahmen einer Ermessensentscheidung eine Verlustfeststellung getroffen hat.
EuGH Brey C -140/12 vom 19.09.13 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2606.pdf Strittig ist der Anspruch des in Österreich lebenden deutschen Herrn Brey auf österreichische „Ausgleichszulage“ (vergleichbar der dt. Grundsicherung SGB XII 4. Kap) zu seiner nicht existenzsichernden dt. Rente.

EuGH qualifiziert die Ausgleichszulage aufgrund ihrer Zwischenstellung zwischen Sozialhilfe und Rente als „besondere beitragsunabhängige Geldleistung“, die unter den Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art 4 und 70 VO 883/2004 fällt. Hierfür dürfte es nicht darauf ankommen, ob die Ausgleichszulage im Anhang zu Art 70 explizit genannt ist.

Die Anwendung der VO 883/2004 setze dabei einen rechtmäßigen Wohnsitz voraus, ein Ausschluss von sozialen Leistungsansprüchen nach der VO 883/2004 mangels rechtmäßigen Wohnsitzes ist ggf. zulässig.

Der Wohnsitz wird dabei nicht dadurch unrechtmäßig, dass ein inaktiver Unionsbürger (hier: Rentner, vergleiche § 4 FreizügG/EU) ergänzende Sozialhilfe benötigt. Vielmehr ist Ermessen auszuüben, ob diese Inanspruchnahme „unangemessen“ ist: maßgeblich sind absehbare Bezugsdauer, Ausmaß der Belastung für das nationale Sozialhilfesystem, hier auch Ausstellung einer Meldebescheinigung.

Die Ausgleichszulage ist aber auch als Sozialhilfe iSd Art 24 Abs 2 RL 2004/38 EG zu qualifizieren. Daher für inaktive Unionsbürger ohne Arbeitnehmereigenschaft eine sozialrechtliche Anspruchseinschränkung bei unangemessener Inanspruchnahme möglich.

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Gleichbehandlungsanspruchs für alle Unionsbürger nach VO EG 883/2004

LSG Hessen LSG HE 14.07.11 - L 7 AS 107/11 B www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2376.pdf ALG 2 aufgrund des sozialrechtlichen Gleichbehandlungsanspruchs für alle Unionsbürger nach VO EG 883/2004 für eine bisher nicht erwerbstätig gewesene Bulgarin ohne Arbeitserlaubnis.

Tendenziell ebenso:



  • LSG BW 24.10.11 - L 12 AS 3938/11 ER-B, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2365.pdf

  • LSG BE/BB B.v. 30.09.11 - L 14 AS 1148/11 B ER, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2375.pdf

  • LSG NI/HB 11.08.11 - L 15 AS 188/11 B ER, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2357.pdf

  • LSG BE/BB 30.11.10 - L 34 AS 1501/10 B ER, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2377.pdf

  • LSG BY 12.03.08 - L 7 B 1104/07 AS ER zur VO 1408/71 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2379.pdf.

  • LSG ST 14.11.11 - L 5 AS 406/11 B ER, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2392.pdf

  • SG Berlin 24.05.11 - S 149 AS 17644/09 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2378.pdf

  • SG Berlin S 96 AS 5723/12 ER, B.v. 26.03.12, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2398.pdf

  • SG Berlin S 110 AS 28262/11, U.v. 27.03.12, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2414.pdf

  • SG Berlin S 110 AS 7455-12 ER, B.v. 05.04.12, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2413.pdf.

  • SG Berlin S 75 AS 10822/12 ER B.v. 10.05.12 (auf EFA Vorbehalt kommt es wg VO 883/2004 nicht an) www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2425.pdf

  • SG Berlin S 91 AS 8804/12 ER, B.v. 08.05.12, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2430.pdf

  • LSG BE/BB L 18 AS 1018/12 B ER, B.v. 10.05.12 (Anspruch europarechtlich nicht geklärt, im Eilverfahren daher nur Leistungen analog § 3 AsylbLG) www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2432.pdf

  • LSG BE/BB L 14 AS 763/12 B ER, B.v. 27.04.12 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2458.pdf

  • LSG BE/BB L 25 AS 837/12 B ER, B.v. 23.05.12 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2457.pdf

  • LSG HE L 9 AS 615/12 B ER v. 29.10.12 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2515.pdf Alg II für nur arbeitsuchende rumänische Unionsbürger aufgrund Art 4 VO 883/2004 iVm Anhang X zur VO sowie Art. 34 Grundrechtscharta EU (vgl. Schreiber, NZS 2012, 647, Eichenhofer, Zesar 2012, 357, Frings, ZAR 2012, 317).

  • LSG NRW L 19 AS 1809/12 B ER, B.v. 20.12.12, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2551.pdf ebenso LSG NRW - L 7 AS 2016/12 B ER B.v. 10.12.12 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2552.pdf Es ist umstritten, ob der Leistungsausschluss gegen europ. Recht, insb. Art. 4 EG VO 883/2004 verstößt. Aufgrund Folgenabwägung Leistungen im Eilverfahren, weil auch ausl. Staatsangehörigen das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum zusteht.

  • LSG HE L 7 AS 624/12 B ER, B.v. 18.12.12 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2553.pdf

  • LSG SN L 2 AS 182/12 B ER, B.v. 20.12.12 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2548.pdf

  • LSG SN L 7 AS 964/12 B ER, B.v. 31.01.13 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2539.pdf Der Leistungsausschluss verstößt gegen Art 18 und 21 AEUV und VO EG 883/2004.

  • LSG SH L 6 AS 29/13 B ER, B.v. 01.03.13 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2573.pdf Europarechtliche Gründe (VO EG 883/2004) sprechen überwiegend gegen den Ausschluss. Jedenfalls sind im Rahmen einer Folgenabwägung bei unzureichenden Bindungen in den Herkunftsstaat Leistungen nach SGB II in Höhe des Existenzminimums nach dem BVerfG-Urteil v. 18.06.12 zum AsylbLG zu gewähren.

  • LSG Hessen U.v. 20.09.13 - L 7 AS 474/13 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2602.pdf, ebenso LSG Bayern U.v. 19.06.13 - L 16 AS 847/12 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2603.pdfLeistungsausschluss vom SGB II ist europarechtswidrig wg Verstoß gegen Gleichbehandlungsgebot Art. 24 Abs. 1 UnionsbürgerRL als auch Art. 4 i. V. m. Art. 70 VO (EG) 883/2004.


EFA-Vorbehalt ist völkerrechtswidrig und daher nichtig

  • SG Berlin 78 AS 8137-12 ER, B.v. 25.04.2012 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2417.pdf Alg II für zur Arbeitsuche eingereisten Griechen, EFA-Vorbehalt völkerrechtswidrig, Anspruch auch nach VO 883/2004,

  • SG Berlin B.v. 25.04.12 - S 55 AS 9238/12 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2416.pdf Für den EFA-Vorbehalt fehlt eine hinreichende Grundlage durch Parlamentsgesetz.

  • SG Düsseldorf S 10 AS 1258/12 ER, B.v. 26.04.12 (EFA Vorbehalt wohl völkerrechtswidrig) www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2431.pdf

  • LSG BE/BB L 19 AS 794/12 B ER, B.v. 09.05.12 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2452.pdf, ebenso LSG BE/BB L 19 AS 1851/12 B ER, B.v. 15.08.12 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2499.pdf.
    EFA-Vorbehalt völkerrechtswidrig und wirkungslos. Vorbehalte zu völkerrechtlichen Abkommen können nach Art. 2 Abs. 1d und Art. 19 Wiener Vertragsrechtskonvention nur bei Ratifizierung, Unterzeichnung, Annahme oder Genehmigung eines Vertrags, aber nicht nachträglich erklärt werden. Art. 16 b EFA regelt als speziellere Vorschrift, dass die Vertragsschließenden neuere Rechtsvorschriften dem Europarat mitzuteilen haben, die in Anhang I noch nicht aufgeführt sind, und gleichzeitig Vorhalte hinsichtlich der Anwendung dieser Rechtsvorschriften auf Angehörige der Vertragsstaaten machen können.
    Der Vorbehalt vom 19.12.2011 ist als Reaktion auf das Urteil des BSG vom 19.10.2010 zu verstehen. Das SGB II ist jedoch kein neues Gesetz, denn es ist bereits am 1.1.2005 in Kraft getreten. Der Leistungsausschluss in § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 ist mit wenigen Änderungen aber schon zum 28.08.2007 in Kraft getreten [Anm: zutreffend ist bereits der 01.04.2006, BGBl I 2006, 558, vgl. zur Begründung BT.-Drs. 16/688, 13], ohne dass gleichzeitig ein Vorbehalt erklärt worden ist. Letztlich werden bei der Auslegung geltenden Rechts durch ein Bundesgericht keine neuen Rechtsvorschriften geschaffen. Somit liegt kein zulässiger Vorbehalt vor, das EFA ist weiter anzuwenden. Auf die Frage, ob die Zulässigkeit des Vorbehalts an der fehlenden Ermächtigung durch Parlamentsgesetz scheitert (so SG Berlin B.v. 25.04.12 - S 55 AS 9238/12 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2416.pdf) kommt es damit nicht an.

  • LSG BE/BB L 25 AS 837/12 B ER, B.v. 23.05.12 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2457.pdf

  • LSG BY L 16 AS 568/12 B ER, B.v.14.08.12 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2481.pdf EFA Vorbehalt dürfte unwirksam sein, da SGB II wohl kein neue Rechtsvorschrift im Sinne von Art. 16 Buchst. b EFA ist, und weil der Bundestag gemäß Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG damit hätte befasst werden müssen.

  • LSG Sachsen-Anhalt L 2 AS 903/12 B ER, B.v. 29.01.13 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2550.pdf

Ausschluss nur Arbeitsuchender dürfte europarechtswidrig sein, Anspruch vermutlich unmittelbar aus primärem EU-Recht, daher im Rahmen einer Folgenabwägung vorläufiger Anspruch im Eilverfahren (ohne Prüfung VO 883/2004)



  • LSG BE/BB L 28 AS 566/11 ER-B v. 17.05.11, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2449.pdf

  • LSG NRW L 6 AS 356/11 B ER v. 17.05.11, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2450.pdf

  • LSG SH L 3 AS 155/11 B ER v. 14.09.11, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2451.pdf

  • SG Berlin S 37 AS 8126/12 ER B.v. 10.04.12, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2448.pdf

  • SG Berlin S 124 AS 7164/12 ER - B.v. 14.05.12 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2455.pdf EFA Vorbehalt wirksam, kein Anspruch nach VO 883/2004, Ausschluss verstößt aber gegen Art. 18 AEUV.

  • LSG SN L 7 AS 964/12 B ER, B.v. 31.01.13 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2539.pdf Der Leistungsausschluss verstößt gegen Art 18 und 21 AEUV und ebenso auch gegen VO EG 883/2004.

Anspruch auf Sozialhilfe nach SGB XII für erwerbsfähige, als Ausländer vom SGB II ausgeschlossene Unionsbüger:



  • LSG NRW B.v. 29.06.12 - L 19 AS 973/12 B ER www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2482.pdf, ebenso LSG NRW B.v. 03.09.12 - L 19 AS 1542/12 B ER www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2562.pdf, LSG NRW B.v. 02.10.12 - L 19 AS 1393/12 B ER www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2563.pdf, LSG NRW B.v. 15.11.12 - L 19 AS 1917/12 B ER www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2564.pdf, Sozialhilfe nach 3. Kapitel SGB XII aufgrund EFA-Vorbehalt für vom SGB II ausgeschlossenen Unionsbürger. § 21 SGB XII schließt Sozialhilfe für erwerbsfähige Ausländer, die gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II vom Alg II ausgeschlossen sind nicht aus (vgl. Eicher, jurisPK-SGB XII, § 21 SGB XII Rn 9, Rn 19ff; Coseriu jurisPK-SGB XII, § 23 Rn 36.3).

  • LSG BE/BB L 14 AS 933/12 B ER B.v. 28.06.12, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2468.pdf Anspruch für nur arbeitsuchenden Spanier nach EFA auf Sozialhilfe zum Lebensunterhalt nach § 23 SGB XII. Die Erwerbsfähigkeit (§ 21 SGB XII) steht dem Anspruch nicht entgegen. Denn der Antragsteller wäre, wenn er wegen der Regelung in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II keine Leistungen nach SGB II beanspruchen könnte, von den dort vorgesehenen Leistungen ausgeschlossen und danach gerade nicht "dem Grunde nach leistungsberechtigt nach SGB II.

  • LSG HH L 4 AS 332/12 B ER, B.v. 14.01.13 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2586.pdf Ausschluss nur Arbeitsuchender im SGB II und EFA-Vorbehalt sind europa- und völkerrechtlich nicht zu beanstanden, es liegt auch kein Verstoß gegen VO 883/2004 und primäres EU-Recht vor. Aber: Anspruch auf Leistungen nach dem 3. Kapitel SGB XII (Sozialhilfe zum Lebensunterhalt) für erwerbsfähige Arbeitsuchende aus EFA-Vertragsstaaten, da das EFA für den Bereich des SGB XII weiter gilt.

  • LSG NRW, B.v. 03.11.06 - L 20 B 248/06 AS ER, InfAuslR 2007, 114 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2469.pdf

  • LSG NRW B.v. 27.06.07- L 9 B 80/07 AS ER www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2113.pdf

  • LSG Sachsen, B.v. 04.01.11 - L 7 SO 28/10 B www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2470.pdf

  • SG Konstanz B.v. 05.11.08 - S 3 AS 2665/09 ER www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2471.pdf

  • LSG NI/HB B.v. 20.07.12 - L 9 AS 563/12 B ER www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2485.pdf § 21 SGB XII steht einem Sozialhilfeanspruch nach dem EFA iVm 3. Kapitel SGB XII nicht entgegen, wenn der Hilfebedürftige wegen § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II als nur arbeitsuchender Unionsbürger kein Alg II beanspruchen kann.

  • Eicher in jurisPK-SGB XII, § 21 Rn. 26 f. SGB XII; Coseriu jurisPK-SGB XII, § 23 Rn 36

  • Vgl. auch: VG Oldenburg B.v. 27.03.13 - S 25 AY 91/12 ER www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2574.pdf Ein türkischer Staatsangehöriger mit Aufenthaltserlaubnis nach § 25 V hat nach EFA als sich "erlaubt" (vgl. Art 11 EFA) in Deutschland aufhaltender Angehöriger eines der vertragschließenden Staaten Anspruch auf Leistungen nach dem 3. Kapitel SGB XII statt nach §§ 1, 3 AsylbLG. Leistungen nach SGB II können wegen des deutschen EFA-Vorbehalts vom 19.12.2011 nicht beansprucht werden.

  • Anderer Ansicht: LSG BE/BB L 23 SO 157/12 B ER, B.v. 18.07.12, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2467.pdf aufgrund § 21 SGB XII keine Sozialhilfe zum Lebensunterhalt für nach § 7 SGB II vom Alg II ausgeschlossene erwerbsfähige Ausländer, Ausschluss von jeglichen Leistungen ist auch nicht europarechtswidrig.


Anderer Ansicht (kein Anspruch nach VO 883/2004, kein Anspruch nach primärem Europarecht):

vgl. zur Kritik dieser Entscheidungen Frings, Sozialleistungen für Unionsbürger/innen nach der VO 883/2004, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/pdf/Frings_Sozialleistungen_883-2004.pdf, sowie SG Berlin S 91 AS 8804/12 ER, B.v. 08.05.12, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2430.pdf:



  • LSG NRW L 7 AS 614/11 B E, B.v. 18.11.11, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2394.pdf VO 883/2004 wegen bis Ende 2013 noch eingeschränkter Arbeitnehmerfreizügigkeit ggf. noch nicht anwendbar auf Rumänen und Bulgaren, wenn diese noch keine tatsächliche Verbindung zum Arbeitsmarkt des Aufnahmemitgliedsstaats hergestellt haben.

  • LSG BE/BB L 20 AS 2347/11 B ER, B.v. 29.02.12, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2415.pdf, die Möglichkeit des Ausschlusses von Alg II als "Sozialhilfe" nach Art 24 Abs. 2 Unionsbürger-RL gehe als "spezielleres Recht" dem Gleichbehandlungsanspruch VO 883/2004 vor; dieses zitierend ohne die Erwerbstätigeneigenschaft des im Bundesfreiwilligendienst und als Straßenmusiker tätigen Klägers hinreichend zu prüfen LSG BE/BB L 29 AS 414/12 AS ER, B.v. 05.03.12 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2393.pdf, ähnlich (selbständige Auftritte als Musiker in einer Band seien "keine Arbeit") SG Berlin 11.06.12 - S 205 AS 11266/12 ER, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2461.pdf, LSG BW L 3 AS 1477/11, U.v. 16.05.12, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2486.pdf; LSG BE/BB L 5 AS 1749/12 B ER, B.v. 06.08.12 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2487.pdf kein Anspruch nach VO 883/2004, EFA-Vorbehalt ist völkerrechtskonform.

  • LSG BE/BB L 5 AS 2157/11 B ER, B.v. 03.04.12, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2412.pdf

  • LSG NI/HB L 9 AS 347/12 B ER, B.v. 23.05.12, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2462.pdf, ebenso LSG NI/HB L 9 AS 47/12 B ER, B.v. 23.05.12.


Anmerkungen zur VO 883/2004/EG:

Gleichbehandlungsansprüche für alle Unionsbürger aus den alten und neuen EU-Staaten lassen sich aus der am 1.5.2010 in Kraft getretenen VO EG 883/2004 ableiten. Die am 1.5.2010 in Kraft getretene VO 883/2004/EG ersetzt die frühere VO EWG 1408/71.

Art. 4 der VO 883/2004/EG garantiert Unionsbürgern, die sich in einem anderen Mitgliedsstaat aufhalten, Gleichbehandlung bei den Leistungen der Sozialen Sicherheit. Gemäß Art 3 Abs. 3 i.V.m. Art. 70 der VO gilt dies auch für die in Anhang X der VO aufgeführten "besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen". Art. 70 macht lediglich die Einschränkung, dass diese Leistungen nicht exportiert werden. Alg II muss also nur gewährt werden, solange der Unionsbürger seinen Wohnsitz in Deutschland hat.

Anhang X VO 883/2004/EG in der durch VO EG 988/2009 zum 1.5.2010 aktualisierten Fassung nennt für Deutschland als besondere beitragsunabhängige Geldleistungen a) die Grundsicherung nach dem 4. Kapitel SGB XII sowie b) die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II.



Ebenso war dies auch schon bisher in Anhang IIa der VO EWG 1408/71 geregelt. Die in Anhang X genannte Einschränkung "soweit für diese Leistungen nicht dem Grunde nach die Voraussetzungen für den befristeten Zuschlag nach Bezug von Arbeitslosengeld (§ 24 Abs. 1 SGB II) erfüllt sind." ist irrelevant, da dieser Zuschlag seit 1.1.2011 abgeschafft ist. Allerdings setzte Art. 2 VO EWG 1408/71 voraus, dass der Unionsbürger z.B. als Arbeitnehmer, Selbständiger oder Student dem sozialen Sicherungssystem des Aufnahmelandes zugehört. Art. 2 VO EG 883/2004 setzt hingegen nur noch voraus, dass für den Unionsbürger (auch) die Rechtsvorschriften des Aufnahmelandes gelten.

Im Ergebnis leitet sich aus der VO EG 883/2004 ein Anspruch auf ALG II für alle Unionsbürger (auch bisher nicht erwerbstätige Rumänen und Bulgaren) nach den gleichen Maßstäben wie für Deutsche ab. Alg II kann auch beansprucht werden, wessen Aufenthaltsrecht nur auf der Arbeitsuche beruht, oder wenn auch dieser Aufenthaltsgrund nicht vorliegt, die Ausländerbehörde aber nicht festgestellt hat, dass das Aufenthaltsrecht erloschen ist.



Hingegen gilt gemäß Art. 3 Abs. 5 VO EG 883/2004 in der durch Art. 1 Nr. 4 VO EG 988/2009 geänderten Fassung der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht für die "soziale und medizinische Fürsorge". Unionsbürger können aus der VO - anders als aus dem Europ. Fürsorgeabkommen EFA – keine Ansprüche auf Sozialhilfe nach SGB XII mit Ausnahme Grundsicherung nach dem 4. Kapitel SGB XII ableiten. Als „Sozialhilfe“ im Sinne des Art. 24 Abs. 2 UnionsbürgerRL können demnach neu einreisenden bzw. nur arbeitsuchenden Unionsbürgern zwar Ansprüche auf Sozialhilfe nach dem 3. und 5. bis 9. Kapitel SGB XII vorenthalten werden, nicht jedoch das Alg II und die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung.

Vgl zum ALG II Anspruch aufgrund der VO EG 883/2004 auch Eva Steffen, SGB II: Fürsorge- oder Arbeitsmarktgesetz? - Ist die Frage bei Leistungen für Unionsbürger noch relevant? ANA-ZAR 2011, 9 www.auslaender-asyl.dav.de/ANA-ZAR02-11.pdf.

SG Leipzig 3.6.2013, S 17 AS 2198/12 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2623.pdf
AZ beim EuGH: Rechtssache C 333/13 Dano gegen Jobcenter Leipzig 
Vorlagebeschluss an den EuGH zum Ausschluss von nur arbeitsuchenden Unionsbürgern vom Alg II.

Das SG fragt den EuGH, ob der Ausschluss mit VO 883/2004, Art 18 und 20 AEUV und Art 24 Abs 2 RL 38/2004 vereinbar ist. Klägerin ist bisher nie erwerbstätig gewesene alleinerziehende seit mindestens 2010 in Deutschland lebenden Rumänin.

Dazu Stellungnahme Generalanwalt Wathelet vom 20.05.14 an den EuGH, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2630.pdf:
"....Im vorliegenden Fall fügt sich meines Erachtens die nationale Regelung, indem sie Personen, die einzig und allein mit dem Ziel nach Deutschland kommen, Nutzen aus dem Sozialhilfesystem dieses Mitgliedstaats zu ziehen, und sich in keiner Weise darum bemühen, sich in den Arbeitsmarkt zu integrieren, in den Willen des Unionsgesetzgebers ein. Damit kann verhindert werden, dass die Personen, die von ihrer Freizügigkeit Gebrauch machen, ohne sich integrieren zu wollen, eine Belastung für das Sozialhilfesystem werden. Sie steht außerdem mit dem den Mitgliedstaaten überlassenen Gestaltungsspielraum in diesem Bereich in Einklang. Sie erlaubt es mit anderen Worten, Missbräuche und eine gewisse Form von „Sozialtourismus“ zu verhindern...."

Das ALG II sei eine besondere beitragsunabhängige Geldleistung iSd VO 883/2004, es scheine sich aber auch um Sozialhilfe iSd RL 2004/38 zu handeln.

Der persönliche Anwendungsbereich von Art. 4 VO 883/2004 sei für Personen eröffnet, die eine besondere beitragsunabhängige Geldleistung im Sinne von Art. 3 Abs. 3 und Art. 70 der VO beanspruchen. Dies bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass die geltend gemachte Diskriminierung gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 4 VO 883/2004 verstößt.  Die Klägerin sei offenbar nicht nach Deutschland eingereist, um Arbeit zu suchen, und bemühe sich nicht darum, dort eine Beschäftigung zu finden. Ihre Situation werde dagegen von Art. 7 Abs. 1b RL 2004/38 über das Erfordernis ausreichender Existenzmittel erfasst.

Die VO 883/2004 und die RL 2004/38/EG stehen der Entscheidung des nationalen Gesetzgebers nicht entgegen, Staatsangehörige der anderen Mitgliedstaaten auf der Grundlage eines allgemeinen Kriteriums – wie dem Grund der Ankunft im Staatsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats –, das geeignet ist, das Fehlen einer tatsächlichen Verbindung mit diesem Staat nachzuweisen, vom Bezug einer besonderen beitragsunabhängigen Geldleistung auszuschließen, um eine übermäßige Belastung für sein Sozialhilfesystem zu verhindern.


Dazu EuGH C 333/13 v. 11.11.2014 (Rechtssache Dano, Vorlage SG Leipzig) www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2646.pdf Kein Anspruch auf Sozial(hilfe)leistungen zur Existenzsicherung (hier: Alg II) für wirtschaftlich inaktive, allein zum Zweck des Sozialleistungsbezugs eingereiste, nicht aktiv arbeitsuchende Unionsbürger.

Die VO (EG) Nr. 883/2004 ist dahin auszulegen, dass ihr Art. 4 für die „besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen“ im Sinne von Art. 3 Abs. 3 und Art. 70 dieser VO gilt.



Art. 24 Abs. 1 RL 2004/38/EG in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 Buchst. b dieser RL und Art. 4 VO 883/2004 in der durch VO 1244/2010 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass sie der Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegenstehen, nach der Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten vom Bezug bestimmter „besonderer beitragsunabhängiger Geldleistungen“ im Sinne des Art. 70 Abs. 2 VO 883/2004 ausgeschlossen werden, während Staatsangehörige des Aufnahmemitgliedstaats, die sich in der gleichen Situation befinden, diese Leistungen erhalten, sofern den betreffenden Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten im Aufnahmemitgliedstaat kein Aufenthaltsrecht nach RL 2004/38 zusteht.

Der EuGH ist für die Beantwortung der vierten Frage nicht zuständig.


BSG EuGH Vorlage 14.12.2013 - B 4 AS 9/13 R www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2624.pdf (zum Sachverhalt sh auch die Vorinstanz SG Berlin - S 55 AS 18011/12 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2629.pdf, anhängig beim EuGH: Rechtsache Jobcenter Berlin Neukölln ./. Alimanovic (C-67/14)

Vorlagebeschluss an den EuGH zum Ausschluss von nur arbeitsuchenden Unionsbürgern vom Alg II. Das BSG fragt den EuGH, ob der Ausschluss mit VO 883/2004, Art 18 und 45 AEUV und Art 24 Abs 2 RL 38/2004 vereinbar ist. Klägerin ist eine in der Vergangenheit nur für weniger als 12 Monate erwerbstätig gewesene alleinerziehende seit mindestens 2010 in Deutschland lebende Schwedin.

1. Gilt das Gleichbehandlungsgebot des Art 4 VO (EG) 883/2004 - mit Ausnahme des Exportausschlusses des Art 70 Abs 4 VO (EG) 883/2004 - auch für die besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen iS von Art 70 Abs 1, 2 VO (EG) 883/2004?
 


2. Falls 1. bejaht wird: Sind - ggf in welchem Umfang - Einschränkungen des Gleichbehandlungsgebots des Art 4 VO (EG) 883/2004 durch Bestimmungen in nationalen Rechtsvorschriften in Umsetzung des Art 24 Abs 2 RL 2004/38/EG möglich, nach denen der Zugang zu diesen Leistungen ausnahmslos nicht besteht, wenn sich ein Aufenthaltsrecht des Unionsbürgers in dem anderen Mitgliedstaat allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt?
 


3. Steht Art 45 Abs 2 AEUV in Verbindung mit Art 18 AEUV einer nationalen Bestimmung entgegen, die Unionsbürgern, die sich als Arbeitsuchende auf die Ausübung ihres Freizügigkeitsrechts berufen können, eine Sozialleistung, die der Existenzsicherung dient und gleichzeitig auch den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert, ausnahmslos für die Zeit eines Aufenthaltsrechts nur zur Arbeitsuche und unabhängig von der Verbindung mit dem Aufnahmestaat verweigert?
 



EuGH C-67/14 v. 15.09.15 Jobcenter Berlin-Neukölln / Alimanovic www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2683.pdf Ausländer, die nach Deutschland kommen, um Sozialhilfe zu erhalten (vgl. EuGH Dano), oder deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, erhalten keine Leistungen der deutschen Grundsicherung für Arbeitsuchende. Für Arbeitsuchende gibt es – nach den Feststellungen des EuGH – zwei Möglichkeiten, um ein Aufenthaltsrecht zu erlangen:

Ist ein Unionsbürger, dem ein Aufenthaltsrecht als Erwerbstätiger zustand, unfreiwillig arbeitslos geworden, nachdem er weniger als ein Jahr gearbeitet hatte, und stellt er sich dem zuständigen Arbeitsamt zur Verfügung, behält er seine Erwerbstätigeneigenschaft und sein Aufenthaltsrecht für mindestens sechs Monate. Während dieses Zeitraums kann er sich auf den Gleichbehandlungsgrundsatz berufen und hat Anspruch auf das europarechtlich als Sozialhilfeleistungen anzusehende ALG II.



Wenn ein Unionsbürger im Aufnahmemitgliedstaat noch nicht gearbeitet hat oder wenn der Zeitraum von sechs Monaten abgelaufen ist, darf ein Arbeitsuchender nicht aus dem Aufnahmemitgliedstaat ausgewiesen werden, solange er nachweisen kann, dass er weiterhin Arbeit sucht und eine begründete Aussicht hat, eingestellt zu werden. In diesem Fall darf der Aufnahmemitgliedstaat jedoch jegliche Sozialhilfeleistung (auch Alg II) verweigern.

Schließlich weist der EuGH noch einmal darauf hin, dass, wenn ein Staat eine Ausweisung veranlassen oder feststellen will, dass eine Person im Rahmen ihres Aufenthalts dem Sozialhilfesystem eine unangemessene Belastung verursacht, die persönlichen Umstände des Betreffenden berücksichtigt werden müssen (EuGH Brey) . Der EuGH betont jedoch, dass eine solche individuelle Prüfung bei einer Fallgestaltung wie der hier vorliegenden nicht erforderlich ist, weil das in der „Unionsbürgerrichtlinie“ vorgesehene abgestufte System für die Aufrechterhaltung der Erwerbstätigeneigenschaft (das das Aufenthaltsrecht und den Zugang zu Sozialleistungen sichern soll) selbst verschiedene Faktoren berücksichtigt, die die persönlichen Umstände der eine Sozialleistung beantragenden Person kennzeichnen. Der Gerichtshof stellt zudem klar, dass die Frage, ob der Bezug von Sozialleistungen eine „unangemessene Inanspruchnahme“ eines Mitgliedstaats darstellt, nach Aufsummierung sämtlicher Einzelanträge zu beurteilen ist.



Anmerkungen zu EuGH Alimanovic:

Claudius Voigt: Arbeitshilfe SGB II und UnionsbuergerInnen zum Alimanovic Urteil  - "Die Strategie des Trüffelschweins" www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/pdf/voigt_trueffelschwein.pdf

Bernd Eckhardt: Schwerpunktthema EuGH-Urteil Alimanovic C-67/14 vom 15.9.2015 www.harald-thome.de/media/files/Sozialrecht-justament-5-2015.pdf
Dokumente zum Alg II für Unionsbürger und Drittstaater

  • Classen, Sozialleistungen für MigrantInnen nach SGB II, SGB XII und AsylbLG, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/pdf/Classen_SGB_II_XII_AsylbLG.pdf

  • Classen, Anmerkungen zum deutschen Vorbehalt gegen das Europäische Fürsorgeabkommen EFA vom 19.12.2011 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/pdf/EFA_Vorbehalt_Kommentar.pdf

  • Classen/Rothkegel, Die Existenzsicherung für Ausländer nach der Sozialhilfereform, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/pdf/Classen_Rothkegel_Hartz_IV.pdf

  • Frings, Sozialleistungen für Unionsbürger/innen nach der VO 883/2004, März 2012, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/pdf/Frings_Sozialleistungen_883-2004.pdf

  • Frings, Sozialrecht für Zuwanderer, Nomos 2008, S. 66 ff.

  • Geiger, InfAuslR 1/2008, 46

  • Steffen, SGB II: Fürsorge- oder Arbeitsmarktgesetz? - Ist die Frage bei Leistungen für Unionsbürger noch relevant? ANA-ZAR 2011, 9 www.auslaender-asyl.dav.de/ANA-ZAR02-11.pdf

  • Schreiber, info also 1/2008, 3


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