§§ 11, 12 SGB II; §§ 82, 90 SGB XII; §§ 76, 88 BSHG - Einkommen und Vermögen
BVerwG 5 C 32.97 v. 1.10.98, ZfS 1999, 190; IBIS C1452 Es ist sachgerecht, bei der Prüfung, inwieweit von dem im Haushalt lebenden Angehörigen Leistungen zum Lebensunterhalt des mit ihm in Haushaltsgemeinschaft lebenden Hilfesuchenden Klägers erwarten werden können, auf die Empfehlungen des dt. Vereins für öff. und private Fürsorge zur Heranziehung Unterhaltspflichtiger in der Sozialhilfe (NDV 1995, S. 1ff.) zurückzugreifen. Dem Vater des volljährigen Antragstellers steht als nicht gesteigert Unterhaltspflichtigem nach den Unterhaltsleitlinien des OLG Hamm ein Eigenbedarf von mind. 1600.- DM zu, vom Unterhaltspflichtigen ist ein Einsatz von 50 % des diesen Betrag übersteigenden Einkommens zur Sicherstellung des Lebensunterhalts des Klägers zu erwarten. Hierbei ist auch die Hälfte der Mietkosten der zu zweit bewohnten Wohnung dem Sozialhilfebedarf des Klägers zuzurechnen. Es ist nicht Sinn von § 16 BSHG, die sozialhilferechtliche Hilfeerwartung an in Haushaltsgemeinschaft lebende unterhaltspflichtige Angehörige über die gesetzlich vorgesehene Inanspruchnahme durch den Träger der Sozialhilfe nach § 91 BSHG hinaus zu erweitern.
Anmerkung: vgl. zu § 16 BSHG und Anrechenbarkeit des Einkommens des Stiefvaters BVerwG 5 C 37/97 v. 26.11.98, info also 1999, 313.
BVerwG 5 C 35.97 v. 18.2.99, ZfSH/SGB 1999, 550; FEVS 2000, 1; IBIS C1510 Sozialhilferechtlich ist Einkommen alles das, was jemand in der Bedarfszeit wertmäßig dazuerhält, und Vermögen das, was er in der Bedarfszeit bereits hat. Dabei ist grundsätzlich vom tatsächlichen Zufluss auszugehen, es sei denn, rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt (normativer Zufluss) - Aufgabe der sog. Identitätstheorie. Danach ist hier eine Steuererstattung für das Vorjahr im Zeitpunkt des Zuflusses Einkommen i.S. von § 76 Abs. 1 BSHG. Nach § 8 Abs 1, § 3 Abs 2 VO zu § 76 BSHG kann die Anrechnung des als Einmalzahlung für ein Jahr zugeflossenen Betrages auf zwölf Monate verteilt werden.
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vgl. dazu kritisch Brühl, A., Der höchstrichterliche Vermögensraub und die Thronräuber, info also 2000, 124ff. (Teil 1) und 185 ff. (Teil 2)
OVG Münster Urteil 22 A 285/98 v. 20.06.00, info also 2000, 216; DVBl 2001, 581 (Revision beim BVerwG anhängig). Solange die Bundesregierung keine Rechtsverordnung zur Höhe des Freibetrags vom Arbeitseinkommen nach § 76 Abs. 2a BSHG erlassen hat, sind die Empfehlungen des Dt. Vereins für öff. und private Fürsorge (25 % des Regelsatzes als Sockelbetrag, zzgl. 15 % des übersteigenden Einkommens, bis zu einem Höchstbetrag von zusammen 50 % des Regelsatzes) als sachgerecht und im Regelfall als antizipiertes Sachverständigengutachten anzuwenden. Die (u.a.) von der Stadt Köln angewandten niedrigeren Freibeträge für Geringverdiener sind rechtswidrig.
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vgl dazu Spindler, H., Der Erwerbstätigenfreibetrag - seine Elemente und seine sozialpolitische Funktion, info also 2000, 181.
Arbeitserlaubnis, Deutschkurse, Leistungen nach SGB III
Arbeitserlaubnis ab 01.01.05 - AufenthG, BeschV, BeschVerfV
VG Braunschweig 6 B 113/05, B.v. 06.04.05, IBIS M6448, Asylmagazin 5/2005, 35; InfAuslR 2005, 264; ZAR 2005, 375 www.asyl.net/Magazin/Docs/2005/M-5/6448.pdf zum Arbeitsverbot als Nebenbestimmung zur Duldung.
Widerspruch und Klage gegen das zur Duldung verfügte Arbeitsverbot haben aufschiebende Wirkung. § 84 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG, der die aufschiebende Wirkung ausschließt, kann auch nicht im Wege analoger Anwendung auf ein als Nebenbestimmung zur Duldung erlassenes Beschäftigungsverbot erstreckt werden. Es liegt auch kein sonstiger Fall des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung vor. Eine Nebenbestimmung zu einer Duldung ist keine "Vollstreckungsmaßnahme" I.S.d. §§ 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO, 70 Abs. 1 Nds. VwVG i. V. m. § 64 Abs. 4 Nds. SOG, bei der die aufschiebende Wirkung ausgeschlossen wäre.
Eine nach § 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG erlassene Nebenbestimmung muss geeignet und erforderlich sein. Der mit einem Beschäftigungsverbot als Nebenbestimmung zur Duldung intendierte "Lästigkeitswert" begründet in aller Regel keinen nennenswerten Anreiz für eine beschleunigte Ausreise und fördert auch nicht die Bereitschaft, bei der Beschaffung von Ausreiseunterlagen mitzuwirken. Ein Ausländer, der in seiner Heimat kein besseres Leben und nicht einmal einen Arbeitsplatz erwartet, lässt sich durch eine solche Nebenbestimmung nicht beeindrucken. Die seit Jahren insoweit erfolglose Anordnung solcher Nebenbestimmungen belegt dies auch im Falle des Antragstellers. Die Erwägungen des Antragsgegners sind im Übrigen falsch, soweit sie darauf abstellen, es ginge beim Antragsteller darum, seine Identität zu klären oder ihn zur Mitwirkung bei der Passbeschaffung anzuhalten. Der Antragsgegner hat übersehen, dass der Antragsteller einen gültigen Pass vorgelegt hat.
Gegen die Rechtmäßigkeit des Arbeitsverbots spricht vor allem, dass das Beschäftigungsverbot seit Inkrafttreten des AufenthG nicht mehr erforderlich ist. Einem Ausländer, dessen Aufenthalt lediglich geduldet wird, ist es im Grundsatz unmittelbar durch das Gesetz verboten, einer Beschäftigung nachzugehen (§ 4 Abs. 2 und 3 AufenthG). § 4 Abs. 3 AufenthG bestimmt ausdrücklich, dass Ausländer eine Beschäftigung nur ausüben dürfen, wenn der Aufenthaltstitel es erlaubt. Dieser gesetzliche Grundsatz des Beschäftigungsverbots für Ausländer, bedarf keiner Konkretisierung für den Einzelfall. Individuell regelungsbedürftig ist allein die nicht bereits von Gesetzes wegen bestimmte Beschäftigungserlaubnis.
In diesem Sinne ermächtigt § 10 BeschVerfV, einem geduldeten Ausländer mit Zustimmung der Agentur für Arbeit eine Beschäftigung zu erlauben. § 11 Satz 1 BeschVerfV verpflichtet zur Ablehnung einer Beschäftigungserlaubnis, wenn bestimmte Umstände vorliegen. § 11 BeschVerfV ermächtigt jedoch nicht zum Erlass eines Beschäftigungsverbotes als Nebenbestimmung zur Duldung. § 11 BSchVerfV verbietet auch nicht für alle Fälle, in denen keine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG erteilt werden darf, eine Beschäftigung zu erlauben. Während § 25 Abs. 5 AufenthG darauf abstellt, dass die Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist, geht § 11 BeschVerfV davon aus, dass eine Beschäftigungserlaubnis versagt werden muss, wenn bei diesem Ausländer aus von ihm zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können. Dieser Unterschied lässt Raum für die Überlegung, dass einem Ausländer zwar die Aufenthaltserlaubnis versagt, ihm aber gleichwohl eine Beschäftigungserlaubnis erteilt werden kann, wenn er nicht abgeschoben werden soll.
VG Hannover 2 B 1087/05, B.v. 14.03.05, InfAuslR 2005, 204; IBIS M6331, Asylmagazin 6/2005, 44, www.asyl.net/Magazin/Docs/2005/M-5/6331.pdf Arbeitsverbot für Ausländerin mit Duldung nach § 11 BeschVerfV rechtswidrig.
Sachverhalt: Die Antragstellerin, Kurdin yezidischen Glaubens aus Syrien, ist 1997 als UMF in die BRD eingereist, ihre Flüchtlingsanerkennung wurde auf Klage des Bundesbeauftragten wieder aufgehoben, sie ist seit 2001 ausreisepflichtig und steht seit 2002 in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis. . Der Versuch der Ausländerbehörde, Passersatzpapiere zu beschaffen, blieb erfolglos. Die Duldung wurde im Februar 2005 verlängert und mit der Auflage "Erwerbstätigkeit nicht gestattet" versehen.
Gründe: Die einstweilige Anordnung ist zulässig, da es sich nicht um eine Auflage handelt, bei der ein Rechtsmittel aufschiebende Wirkung entfalten könnte. Ein Widerspruch gegen die Auflage ist nicht zulässig [wohl augrund Nds. Landesrecht, Anm. G.C.], die Klagefrist beträgt mangels Rechtsmittelbelehrung 12 Monate. Die Dringlichkeit ergibt sich aus dem drohenden Verlust des Arbeitsplatzes. Die Voraussetzungen für ein Beschäftigungsverbot nach § 11 liegen nicht vor. Die Antragstellerin ist nicht eingereist, um Leistungen nach AsylbLG zu erlangen, denn sie galt im Zeitpunkt ihrer Einreise nach der Rspr. des OVG Nds. als gruppenverfolgt. Die Antragstellerin hat auch alles getan, um sich um gültige Personalpapiere Syriens zu bemühen. Sie hat bei der Ausländerbehörde ihre Staatsangehörigkeit als "ungeklärt" angegeben und in der Asylanhörung erklärt, in Syrien keine Personalpapiere besessen zu haben und nicht registrierte "Ungeklärte" zu sein. Dass das BAFL die Antragstellerin in seinem Bescheid zur syrischen Staatsangehörigen gemacht hat, verleiht ihr die Staatsangehörigkeit noch nicht. Die Antragstellerin hat durch Vorlage einer Fahrkarte nach Berlin eine Reise dorthin glaubhaft gemacht. Sie hat versichert, bei der Botschaft vorgesprochen zu haben, wobei ihr Antrag mündlich abgelehnt wurde. Auch ein schriftlicher Antrag bei der Botschaft ist glaubhaft gemacht. Die Kammer hält es wegen der durchweg widerspruchsfreien Darstellung der Antragstellerin während ihres Aufenthalts in Deutschland für überwiegend wahrscheinlich, dass sie als nicht Registrierte die syrische Staatsangehörigkeit nicht besitzt, und ihr deshalb auch nicht vorgehalten werden kann, Bemühungen über ihre in der Heimat lebenden Eltern unterlassen zu haben. Bemühungen, die offensichtlich erfolglos bleiben müssen, können von dem Ausländer nicht verlangt werden und sind nicht geschuldet.
VG Münster 8 L 189/05, B.v. 31.03.05, Asylmagazin 6/2005, 43, www.asyl.net/Magazin/Docs/2005/M-5/6404.pdf Anspruch auf Verlängerung einer Arbeitserlaubnis als Haushaltshife für die geduldete Antragstellerin. Die nach § 12 BeschVerfV zuständige Arbeitsagentur hat die Zustimmung zur Beschäftigung erteilt. Auf die nach § 10 BeschVerfV erforderliche Wartezeit von einem Jahr kommt es bei der Verlängerung einer bestehenden Arbeitserlaubnis nicht an.
Versagungsgründe nach § 11 BeschVerfV stehen der Arbeitserlaubnis nicht entgegen. Aufenthaltsbeendende Maßnahmen können derzeit nicht vollzogen werden, weil die Antragstellerin über keinen gültigen Pass oder Passersatzpapier verfügt. Dieses Abschiebungshindernis hat die Antragstellerin nicht zu vertreten. Das Gericht vermag nicht zu erkennen, Mitwirkungshandlungen zur Passbeschaffung die Antragstellerin gegenwärtig unterlässt. Derartige Mitwirkungshandlungen hat auch die für den Versagungsgrund des § 11 BeschVerfV darlegungs- und beweispflichtige Ausländerbehörde bislang nicht aufgezeigt. Aus der Bescheinigung der aserbaidschanischen Botschaft geht vielmehr hervor, dass die Antragstellerin sämtliche für die Ausstellung eines Reisedokuments erforderlichen Unterlagen vorgelegt hat und die Ausstellung von den aserbaidschanischen Behörden geprüft wird. Die Dauer dieses Verfahrens fällt nicht in den Einflussbereich der Antragstellerin. Die Antragstellerin hat angesichts des drohenden des Verlustes ihres Arbeitsplatzes auch einen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlichen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
OVG NRW 18 B 574/05, B.v. 22.04.05, Asylmagazin 12/2005, 27, www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/7367.pdf Der Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die in der Duldung enthaltene Auflage "Erwerbstätigkeit nicht gestattet" anzuordnen ist nicht statthaft. Im Gegensatz zur bis 31.12.04 geltenden Rechtslage, nach der es sich bei dem einer Duldung beigefügten Verbot einer Erwerbstätigkeit um eine isoliert anfechtbare Auflage im Sinne von § 56 AuslG handelte und daher ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft war, ist den in §§ 4 Abs. 3 Satz 1, 42 Abs. 2 Nr. 5 AufenthG und in § 10 BeschVerfV getroffenen Regelungen zu entnehmen, dass geduldete Ausländer die eine Beschäftigung ausüben wollen, einer Erlaubnis bedürfen, die gegebenenfalls mit einem Verpflichtungsbegehren zu erstreiten ist, und vorläufiger Rechtsschutz im Verfahren nach § 123 VwGO zu erstreiten ist. Soweit der Duldung zufolge dem Antragsteller "Erwerbstätigkeit nicht gestattet" ist, handelt es sich nicht um eine selbständig anfechtbare Auflage, sondern nur um einen Hinweis auf die Rechtslage.
VG Karlsruhe 10 K 493/05, B.v. 14.04.05, InfAuslR 2005, 320, IBIS M7029 Im VG-Verfahren wg. Erteilung einer Arbeitserlaubnis für eine zustimmungspflichtige Beschäftigung ist die Bundesagentur für Arbeit notwendig beizuladen (§ 65 Abs. 1 VwGO).
§ 4 AufenthG normiert ein gesetzliches Beschäftigungsverbot, soweit die Ausübung der Erwerbstätigkeit nicht nach dem AufenthG bestimmt ist oder eine Erlaubnis hierzu vorliegt. Nach dem AufenthG ist der Vermerk in einer Duldung "Erwerbstätigkeit nicht gestattet" nur ein deklaratorischer Hinweis auf das gesetzliche Beschäftigungsverbot. Dieser ist rechtlich nicht anfechtbar.
Rechtschutz bezüglich einer Beschäftigungserlaubnis ist - sofern bei der Ausländerbehörde ein entsprechender Antrag auf (Weiter)Beschäftigung gestellt wurde - im Wege der Verpflichtungsklage bzw. im Eilverfahren nach § 123 VwGO zu gewähren. Dabei sind im Hinblick auf das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache gesteigerte Anforderungen zu stellen.
Nach § 10 BeschVerfV steht die Beschäftigungserlaubnis im Ermessen der Ausländerbehörde ("kann" erteilt werden). Bei der Ermessensausübung dürfen - neben den in § 11 BeschVerfV genannten zwingenden Ausschlussgründen wie mangelnder Mitwirkung bei der Passbeschaffung - wie nach bisherigem Recht weitere Gründe berücksichtigt werden, etwa das Interesse daran, dass abgelehnte Asylbewerber nach Abschluss des Asylverfahrens das Bundesgebiet verlassen.
Dies spricht auch dafür, § 10 BeschVerfV so zu verstehen, dass Ausländer mit einer Duldung nach Abschluss des Asylverfahrens erst nach Ablauf einer erneuten Wartefrist von 12 Monaten eine Beschäftigung aufnehmen dürfen. Das VG lässt daher offen, ob ein "gestatteter Aufenthalt" auch als erlaubter Aufenthalt im Sinne des § 10 BeschVerfV gilt.
VG Karlsruhe 6 K 1458/05, B.v. 02.08.05, IBIS M7135 www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/7135.pdf
In Angelegenheiten der Gestattung der Ausübung einer Beschäftigung ist die Verpflichtungsklage lediglich dann statthaft, wenn der Ausländer eine erstmalige oder erneute Entscheidung begehrt (s. a. VG Karlsruhe 10 K 493/05, B. v. 14.04.05; VG Braunschweig 6 B 113/05, B. v. 06.04.05). Um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist insoweit gemäß § 123 VwGO nachzusuchen.
Geht es hingegen um die Änderung oder Aufhebung einer Nebenbestimmung, die die Ausübung einer Beschäftigung betrifft, folgt aus § 84 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG die sofortige Vollziehbarkeit dieser Entscheidung i. S. v. § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO. Als statthafte Klageart in der Hauptsache ist in diesen Fällen die Anfechtungsklage anzusehen, vorläufiger Rechtsschutz kann nach § 80 Abs. 5 VwGO gewährt werden.
VGH Ba-Wü 11 S 1011/05 B.v. 12.10.05, InfAuslR 2006, 131; Asylmagazin 12/2005, 25; EZAR NF 83 Nr. 4 www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/7437.pdf
Dem Antragsteller wurde 2004 von der Agentur für Arbeit die Tätigkeit bei einer Reinigungsfirma erlaubt. Seiner nach Abschluss seines Asylverfahrens im Februar 2005 ausgestellten Duldung wurde der Zusatz beigefügt: "Erwerbstätigkeit: nicht gestattet". Dagegen erhob er Widerspruch und begehrte die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO, hilfsweise nach § 123 VwGO. Das VG ist zu Recht davon ausgegangen, dass nur der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zulässig ist. Der Zusatz "Erwerbstätigkeit: nicht gestattet" zur Duldung ist mangels Regelungsgehalts kein Verwaltungsakt, sondern ein schlichter Hinweis auf die seit dem Inkrafttreten des AufenthG geltende Rechtslage.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist unbegründet.
1. Fraglich ist bereits das Vorliegen eines Anordnungsgrundes. Bei geduldeten Ausländern, denen die Beschäftigung noch nicht erlaubt war, dürfte der Zeitablauf bis zum Hauptsacheverfahren und die damit verbundenen finanziellen Einbußen noch keinen ausreichenden Grund bilden, sofern nicht zusätzliche Umstände hinzutreten, welche die einstweilige Zulassung zur angestrebten Beschäftigung zur Abwendung wesentlicher Nachteile gebieten. Das könnte der Fall sein, wenn der Ausländer bereits gearbeitet hat und ihm eine Kündigung droht (vgl. VG Koblenz 3 L 278/05, B.v. 04.03.05, NVwZ 2005, 724) und/oder der Arbeitgeber dem Antragsteller einen bestimmten Arbeitsplatz eine Zeit lang freihält, bevor er eine Ersatzkraft einstellt (vgl. VG Hannover 2 B 1087/05, B.v. 14.03.05, InfAuslR 2005, 204), oder wenn die Chancen auf Einstellung sich durch Zeitablauf aus anderen Gründen wesentlich verschlechtern, etwa weil das Berufsbild eine ununterbrochene Berufsausübung verlangt, um die berufsspezifischen Kenntnisse auf aktuellem Stand zu halten.
Dies trifft für den Antragsteller nicht zu, der schon bisher als Hilfskraft in der Reinigungsbranche tätig war. Diese Branche ist von hoher Fluktuation geprägt und setzt keine kontinuierliche Ausübung der Tätigkeit voraus.
2. Das VG hat einen Anordnungsanspruch zutreffend verneint. Zwar dürfte dem Anspruch weder der Versagungsgrund des § 11 BeschVerfV (dazu a) noch der fehlende Ablauf der nach § 10 BeschVerfV erforderlichen Wartefrist entgegenstehen (dazu b). Die Ermessensausübung des Regierungspräsidiums zu seinen Lasten lässt aber keine Fehler erkennen (dazu c).
a) Für eine Einreise zur Inanspruchnahme von Leistungen nach dem AsylbLG fehlt hier jeder Anhaltspunkt, zumal der Antragsteller gegen Ende des Asylverfahrens bereits beschäftigt war.
Rückführungen irakischer Staatsangehöriger finden derzeit nicht statt. Aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegenüber dem Antragsteller können derzeit unabhängig von seinem Verhalten nicht vollzogen werden.
b) Ein Anspruch scheitert auch nicht am fehlenden Ablauf der Wartefrist. Nach § 10 BeschVerfV kann geduldeten Ausländern erst nach einem Jahr erlaubten oder geduldeten Aufenthalts eine Beschäftigungserlaubnis erteilt werden. Die Ansicht des VG, unter Zeiten "erlaubten" Aufenthalts fielen Zeiten des Besitzes einer Aufenthaltsgestattung nicht, erscheint bedenklich. Selbst wenn "gestatteter" und "erlaubter" Aufenthalt nicht gleichzusetzen wären, bliebe fraglich, ob die Wartefrist nur für die erstmalige Beschäftigungserlaubnis gilt (vgl. VG Münster 8 L 189/05, B.v. 31.03.05, AuAS 2005, 127). Auch dies kann aber letztlich dahinstehen.
c) Es ist jedenfalls nicht glaubhaft gemacht, dass das Regierungspräsidium sein ihm nach § 10 Satz 1 BeschVerfV eröffnetes Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat. Die Erwägung des Regierungspräsidiums, gegen eine Erteilung spreche die nicht ausreichende Mitwirkung bei der Passbeschaffung, dürfte bei summarischer Prüfung nicht zu beanstanden sein.
Der Berücksichtigung dieses Umstandes steht kein aus § 11 Satz 1, 2. Alt. BeschVerfV folgendes Berücksichtigungsverbot entgegen (dazu aa). Diese Erwägung erweist sich auch sonst nicht als ermessensfehlerhaft (dazu bb).
aa) Aus §§ 10 f. BeschVerfV wird gefolgert, Unterlassungen des Ausländers, die zur Bejahung des Tatbestandes des § 11 BeschVerfV dieses Versagungsgrundes nicht ausreichten, dürften bei der Ermessensentscheidung nach § 10 BeschVerfV nicht berücksichtigt werden (so Stiegeler, a.a.O., S. 7).
Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Die nicht ausreichende Mitwirkung bei der Passbeschaffung ist zwar nicht ursächlich für die Unmöglichkeit der Aufenthaltsbeendigung, wohl aber für die Verletzung der Passpflicht nach § 48 Abs. 1 und 3 AufenthG. Eine solche Unterlassung kann im Rahmen von § 10 Satz 1 BeschVerfV berücksichtigt werden.
bb) Nach der Rpsr. des Senats zum AuslG war ein Erwerbstätigkeitsverbot zur Duldung nach § 56 Abs. 3 Satz 3 AuslG zulässig, um einem abgelehnten Asylbewerber den Anreiz zu nehmen, seine Passpflicht nach § 4 AuslG zu missachten (VGH Ba-Wü 11 S 975/04, U.v. 06.10.04; VGH Ba-Wü 11 S 1795/04, B.v. 25.09.03, InfAuslR 2004, 70). Diese Erwägungen können auch das Ermessen nach § 10 BeschVerfV in zulässiger Weise bestimmen. Der Verordnungsgeber hat für die Beschäftigungserlaubnis an geduldete Ausländer nicht die Kombination einer Anspruchsnorm mit Versagungsgründen gewählt ("Geduldeten Ausländern ist ....eine Beschäftigung zu erlauben, wenn... , es sei denn, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen aus von ihnen zu vertretenden Gründen..."), sondern die Kombination einer Ermessensnorm mit Versagungsgründen. Dies spricht dafür, dass die Kriterien für die Ausübung des in § 56 Abs. 3 Satz 3 AuslG eröffneten Ermessens auch für die nach § 10 BeschVerfV gebotene Ermessensentscheidung herangezogen werden können.
VG Koblenz 3 L 278/05, B.v. 04.03.05, ZAR 2005, 376, NVwZ 2005, 724 Leitsatz: "Die Möglichkeit der freiwilligen Ausreise eines Ausländers in sein Heimatland begründet keine die Ablehnung der Arbeitserlaubnis begründenden Versagungsgrund i.S.d. § 11 BeschVerfV."
§ 11 spricht - anders als § 25 AufenthG - gerade nicht von der "freiwilligen Ausreise, sondern von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen. Abschiebungen in den Irak finden aber derzeit von Deutschland aus nicht statt.
VG Sigmaringen 4 K 468/05, U.v. 14.06.05, IBIS M6908, www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/6908.pdf Für den Versagungsgrund des § 11 BeschVerfV trägt die Ausländerbehörde die Beweislast; beim Vorwurf der mangelnden Mitwirkung bei der Passbeschaffung muss sie vortragen, welche erfolgversprechenden Mitwirkungshandlungen zu erfüllen sind; Auskünften der armenischen Behörden in Rückführungsfällen ist nur ein geringer Wert beizumessen.
OVG NRW 17 B 1485, B.v. 09.11.05, IBIS M7604, Asylmagazin 1/2 2006, 35, www.asyl.net/Magazin/Docs/2006/M-6/7604.pdf Ein Arbeitsverbot für Geduldete darf nach § 10 BeschVerfV (wonach Geduldeten eine Beschäftigung erlaubt werden "kann") über die in § 11 BeschverfV genannten Tatbestände hinaus auch auf allgemeine, einwanderungspolitische Ermessenserwägungen gestützt werden (a.A. Marx, Ausländer- und Asylrecht, 2. A. 2005, S. 217). Bei Vorliegen der in § 11 BeschVerfV genannten Umstände darf hingegen keine Beschäftigungserlaubnis erteilt werden, somit ist in diesem Fall ein Ermessen gar nicht erst eröffnet.
Auch nach der früheren Rechtslage war anerkannt, dass das behördliche Anliegen, einer tatsächlichen Verfestigung des Aufenthalts eines geduldeten Ausländers entgegenzuwirken, es rechtfertigt, ihm die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu untersagen (vgl. VGH BaWü 11 S1795/03, B.v. 25.09.03, InfAuslR 2004, 70).
OVG NRW 18 B 1772/05, B.v. 18.01.06, InfAuslR 2006, 222; Asylmagazin 4/2006, 34, www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/7931.pdf, www.justiz-nrw.de -> Rechtsbibliothek -> Rspr. NRW
Leitsätze: 1. Will ein geduldeter Ausländer erreichen, dass die ihm erteilte Duldung um die Erlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung erweitert wird, ist gerichtlicher Rechtsschutz im Wege eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und im Hauptsacheverfahren im Wege der Verpflichtungsklage zu erreichen.
2. Für einen derartigen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung besteht jedenfalls dann ein Anordnungsgrund, wenn der Ausländer bereits in einem Arbeitsverhältnis steht und dieses im Falle der Versagung der begehrten Erlaubnis beendet zu werden droht.
3. Die unzureichende Mitwirkung bei der Passbeschaffung kann grundsätzlich einen Versagungsgrund im Sinne des § 11 BeschVerfV darstellen, sie muss allerdings kausal dafür sein, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können.
4. Ein Anspruch auf Erweiterung der Duldung dahin, dass die Ausübung einer Beschäftigung gestattet wird, setzt voraus, dass eine entsprechende Ermessensreduzierung auf Null gegeben ist. Ist das nicht festzustellen, kann ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über den entsprechenden Antrag gegeben sein.
Der Rechtsschutzantrag des in einem Arbeitsverhältnis stehenden geduldeten Syrers gegen den zu seiner Duldung verfügten Zusatz "Erwerbstätigkeit nicht gestattet" blieb vorliegend erfolglos, da ihm fehlende Mitwirkung bei der Passbeschaffung vorgehalten wird und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen aus anderen als von ihm zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden können. Maßgeblich ist dabei das gegenwärtige Verhalten des Antragstellers. Einer Aufforderung zur Passbeschaffung bedarf es nach der Rspr. des OVG NRW grundsätzlich nicht.
OVG NRW 18 B 787/05, B.v. 27.03.06, Asylmagazin 5/2006, 26, www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/8093.pdf Nach § 10 BeschVerfV kann die Ausländerbehörde geduldeten Ausländern nach pflichtgemäßen Ermessen die Ausübung einer Beschäftigung erlauben. Dabei hat sie vornehmlich einwanderungspolitische Interessen zu berücksichtigen, die vor allem auch darin bestehen, eine weitere Aufenthaltsverfestigung etwa durch die Ausübung einer Erwerbstätigkeit zu verhindern (vgl. OVG NRW, 17 B 1485/05 v. 09.11.05, Asylmagazin 1/2006, 35; ferner auch VGH BW 11 S 1795/03, B.v. 25.09.03, InfAuslR 2004, 70). Hierbei handelt es sich um einen Umstand, den die Ausländerbehörde auch berücksichtigen darf, wenn die Voraussetzungen des § 11 BeschVerfV nicht vorliegen (vgl. Fehrenbacher, HTK-AuslR/§ 10 BeschVerfV 12/2005 Nr. 4).
Zwar wäre der mit der Beschwerde angesprochene Gesichtspunkt einer faktischen Integration und einer damit verbundenen Unzumutbarkeit einer Rückkehr ins Heimatland, der letztlich mangels einer dauerhaft statthaften Duldung auf § 25 Abs. 5 AufenthG zielt, auch im Rahmen der hier getroffenen Ermessensentscheidung von Relevanz, weil bei feststehender Unzumutbarkeit einer Ausreise einer Aufenthaltsverfestigung nicht mehr sinnvoll entgegen gewirkt werden kann.
Dafür ist es jedoch erforderlich, dass dem Ausländer aus Rechtsgründen eine freiwillige Rückkehr in sein Heimatland unzumutbar ist. Die rechtlichen Maßstäbe ergeben sich insbesondere aus den Abschiebungsverboten und vorrangigem Recht, namentlich Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 2 Satz 2, 6 GG, dem aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) abzuleitenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, und Art. 8 EMRK (wird ausgeführt).
Insoweit verweisen die Antragsteller lediglich pauschal auf die Erwerbstätigkeit, ihre Wohnverhältnisse und die Integrationsleistungen ihrer Kinder, insbesondere durch deren Schulbesuch und berufen sich im Übrigen auf ihre Erkrankungen. Das alles ist schon deshalb unzureichend, weil die Antragsteller erst im Jahre 2000 nach Deutschland einreisten, sie mithin erst wenige Jahre hier leben, und schon deshalb noch nicht von einer faktischen Integration ausgegangen werden kann.
Hinzu kommt, dass sich ihr Aufenthalt in Deutschland bisher nur auf Asylverfahren und Folgeverfahren gründet und sie wegen deren Erfolglosigkeit seit Jahren vollziehbar ausreisepflichtig sind. Deshalb durften sie zu keinem Zeitpunkt erwarten, dauerhaft in Deutschland bleiben zu können, was im Rahmen des Art. 8 Abs. 2 EMRK zulasten der Antragsteller geht (vgl. VGH Ba-Wü 1 S 3023/04, B.v. 02.11.05). Es ist auch nicht erkennbar, dass sie irgendwann einmal ernsthaft gewillt waren, auch nur die formellen Voraussetzungen für die Erfüllung ihrer Ausreisepflicht zu schaffen, indem sie sich um gültige Reisedokumente bemühten.
VGH Hessen 9 UZ 1412/04, B.v. 28.01.05, www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/6143.pdf Das VG hat die Klage auf Aufhebung der Nebenbestimmung zur Duldung "Erwerbstätigkeit nicht gestattet" abgewiesen.
Die Ausländerbehörde hat ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt, wenn sie mit der Auflage auf die Vermeidung einer Aufenthaltsverfestigung von ausreisepflichtigen Asylbewerbern abstellt, die es an der notwendigen Mitwirkung an der beabsichtigten Aufenthaltsbeendigung fehlen ließen. Die zumutbare Mitwirkung nach § 15 Abs. 2 Nr. 6 AsylVfG umfasst auch die vom iranischen Staat verlangte Erklärung der Freiwilligkeit der Rückkehr. Die hiergegen gerichtete Berufung rechtfertigt keine ernsthaften Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des VG.
Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Arbeitsaufnahme zu einer rechtlichen Aufenthaltsverfestigung führt. Entscheidend ist vielmehr, dass eine berufliche Betätigung zu einer verstärkten Integration in die hiesigen Verhältnisse führt, die bei ausreisepflichtigen Ausländern, die nicht im erforderlichen Umfang an ihrer Aufenthaltsbeendung mitwirken, als problematisch anzusehen ist.
Der Senat schließt sich der vom OVG Nds. 4 LB 471/02, U.v. 11.12.02, NVwZ-Beilage 20O3, 54)geäußerten Auffassung an, wonach die Freiwilligkeitserklärung rechtskräftig abgelehnten Asylbewerbern zumutbar ist. Ob der Iran sich insoweit völkerrechtswidrig verhält (verneinend: OVG Nds a. a. O.), kann dahingestellt bleiben. Selbst ein völkerrechtswidriges Verhalten des Iran unterstellt führt nicht dazu, dass den Klägern die Freiwilligkeitserklärung nicht zumutbar wäre.
OVG Nds. 9 ME 82/05, B.v. 07.10.05, www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/7734.pdf
Das VG hat die aufschiebende Wirkung der Klage auf Aufhebung der unter Anordnung des Sofortvollzugs verfügten Auflage zur Duldung "Erwerbstätigkeit nicht gestattet" abgewiesen. Dabei kann offen bleiben, ob die Nebenbestimmung lediglich einen Hinweis auf die Rechtslage darstellt, so dass der Antrag bereits mangels Rechtschutzbedürfnis abzuweisen wäre.
Die Auflage ist zutreffend darauf gestützt, dass der seit 1993 ausreisepflichtige Antragsteller sich nicht erkennbar um Heimreisedokumente bemüht hat und dass durch die Auflage einer Aufenthaltsverfestigung entgegengewirkt werden soll. Der Antragsteller kann sich im Hinblick auf angekündigte, aber bisher nicht durchgeführte Abschiebungen nicht auf Vertrauensschutz berufen. Nach §§ 3 AufenthG dürfen sich Ausländer im Bundesgebiet nur aufhalten, wenn sie einen Pass oder Passersatz besitzen. Gemäß § 48 Abs. 3 AufenthG ist ein Ausländer verpflichtet, an der Beschaffung des Identitätspapiers mitzuwirken. Der Antragsteller hat es an der erforderlichen Mitwirkung fehlen lassen, einen vietnamesischen Pass oder ein Passersatz zu erlangen, mit dem er seiner Ausreisepflicht freiwillig nachkommen könnte. Eine solche Mitwirkung hat nicht erst zu erfolgen, wenn die Behörde den Ausländer dazu auffordert. Vielmehr wird nach dem Gesetz vom Ausländer gefordert, dass er sich bereits im Vorfeld selbständig um Reisepapiere kümmert.
Die Nebenbestimmung ist auch nicht unverhältnismäßig. Das Verbot einer Erwerbstätigkeit ist für geduldete Ausländer als ein geeignetes Mittel anzusehen, um einer Verfestigung und Verlängerung des Aufenthalts im Bundesgebiet entgegenzuwirken (vgl. BVerwG, B.v. 28.12.90, Buchholz 402.24; VGH Ba-Wü, B.v. 25.09.03, InfAuslR 2004, 70). Es gehört auch weiterhin zu den aufenthaltsrechtlich erheblichen Zwecken, dem Ziel einer (weiteren) Aufenthaltsverfestigung geduldeter Ausländer vorzubeugen (vgl. OVG Hamburg 3 Bs 40/05, B.v. 21.04.05, juris).
OVG Nds. 12 ME 397/05, B.v. 08.11.05, www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/7732.pdf
Das VG hat die aufschiebende Wirkung der Klage auf Aufhebung der Nebenbestimmung zur Duldung "Erwerbstätigkeit nicht gestattet" festgestellt (§ 80 V VwGO) und die Ausländerbehörde verpflichtet, die begehrte Arbeitserlaubnis zu erteilen (§ 123 VwGO). Die Beschwerde der Ausländerbehörde bleibt ohne Erfolg.
Es kann offen bleiben, ob die Nebenbestimmung eine selbständig anfechtbare Auflage oder einen bloßer Hinweis auf die Rechtslage darstellt. Der Kern der Streitigkeit besteht in der Frage, ob die Beschäftigungserlaubnis nach § 11 BeschVerfV zu versagen ist, weil aus von den Antragstellern zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können. Dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 10 BeschVerfV (i.V.m. §§ 39 bis 41 AufenthG) vorliegen, insbesondere die Arbeitsagentur ihre Zustimmung erteilt hat (und deshalb auch nicht gem. § 65 Abs. 2 VwGO beizuladen ist), ist unstreitig. Auch hat die Antragsgegnerin erklärt, sie übe das Ermessen nach § 10 BeschVerfV dahingehend aus, dass die Beschäftigungserlaubnisse erteilt werden, wenn ein Versagungsgrund im Sinne des § 11 BeschVerfV nicht durchgreife.
Im Hinblick auf die von § 11 BeschVerfV vorausgesetzten Mitwirkungspflichten ist unbestritten, dass die betroffenen Ausländer alle für die Beseitigung einer Passlosigkeit erforderlichen und zumutbaren Handlungen vorzunehmen haben (vgl. VG Karlsruhe 10 K 493/05, B. v. 15.04.05; Stiegeler, Asylmagazin 6/2005, S. 7).
Der Einwand der Antragsgegnerin, die Mitwirkung an der Beschaffung von Passersatzpapieren durch die Ausländerbehörde entbinde die Antragsteller nicht von der Verpflichtung zu eigenen zumutbaren Anstrengungen zur Beschaffung von Pässen, geht im vorliegenden Fall fehl. Dem Tatbestand des § 11 BeschVerfV unterfällt nur ein Verhalten, das die Abschiebung verhindert, auf die Möglichkeit bzw. die Voraussetzungen einer freiwilligen Ausreise kommt es anders nach § 25 Abs. 5 AufenthG nicht an. Weiter ist davon auszugehen, dass die Voraussetzungen des § 11 BeschVerfV nur durch ein gegenwärtig an den Tag gelegtes schuldhaftes Mitwirkungspflichtversäumnis erfüllt werden, das kausal zu einem Abschiebungshindernis führt (VG Sigmaringen 8 K 1287/05, B.v. 25.08.05; Leineweber, InfAuslR 2005, 302; Stiegeler, a.a.O., 7). In Anbetracht dessen sieht es der Senat als entscheidend an, dass die Antragsgegnerin nach dem aktuellen Verhalten der Antragsteller derzeit die Möglichkeit hat, Passersatzpapiere zu beschaffen und dann die Abschiebung der Antragsteller durchzuführen.
VGH Bayern 24 CE 05.2685, B.v. 10.03.06, www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/8075.pdf
Der PKH-Antrag für den Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Verlängerung der bestehenden Arbeitserlaubnis wird abgelehnt. Mit der begehrten einstweiligen Anordnung auf Arbeitserlaubnis würde in unzulässiger Weise die Hauptsache vorweggenommen. Nach § 10 BeschVerfV hat der geduldete Antragsteller nur das Recht, dass die Ausländerbehörde ermessensfehlerfrei über seinen Antrag entscheidet. Eine einstweilige Anordnung könnte nur erlassen werden, wenn eine Ermessensreduzierung auf Null anzunehmen wäre, was hier zu verneinen ist.
Sofern im Hauptsacheverfahren nicht die Versagung der Erlaubnis gemäß § 11 BeschVerfV festgestellt wird, hat die Ausländerbehörde in ihre Ermessenserwägungen nach § 10 BeschVerfV alle persönlichen Belange des Antragstellers einzustellen und diese mit dem öffentlichen Interesse an einer Versagung der Beschäftigung abzuwägen. Zu den persönlichen Belangen gehören private Interessen wie z.B. Bindungen im Bundesgebiet und seine familiäre Situation, aber auch finanzielle Belange des Antragstellers. Auf der anderen Seite können z.B. die Interessen der Bundesrepublik, geduldete Ausländer aus arbeitsmarktpolitischen oder anderen Gründen von einer Beschäftigung fernzuhalten, einen öffentlichen Belang darstellen.
Keiner der vom Antragsteller angesprochenen Gesichtspunkte führt zu einer Ermessensreduzierung auf Null. Die Tatsache, dass der Antragsteller bisher gearbeitet hat, kann keinen Vertrauenstatbestand schaffen, ihm auch weiterhin eine Beschäftigung zu erlauben. Durch das AufenthG und die BeschVerfV ist zum 01.01.05 die Möglichkeit einer Beschäftigung für geduldete Ausländer grundsätzlich neu geregelt worden. Diese neue Rechtslage gilt auch für Ausländer, die bereits in einem Beschäftigungsverhältnis standen.
Darauf, ob der Tatbestand des § 11 BeschVerfV vorliegt, sowie auf eine Prüfung durch die Arbeitsagentur kommt es deshalb nicht mehr an. Dem Vertrauensschutz ist Rechnung getragen, da gemäß § 105 AufenthG eine vor Inkrafttreten des AufenthG erteilte Arbeitserlaubnis bis zum Ablauf weitergilt. Der Antragsteller konnte deshalb bis März 2005 arbeiten. Einen weiteren Vertrauensschutz besitzt er nicht. Eine Arbeitsplatzgarantie hatte er nicht. Der Verlust seines Einkommens und die Kündigung seiner Wohnung und der Umzug in eine Gemeinschaftsunterkunft mögen den Antragsteller hart treffen, letztendlich hat er aber lediglich eine Chance zum Gelderwerb nutzen können, die er nunmehr - zumindest vorübergehend - nicht mehr hat.
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Anmerkung: Das Gericht unterlässt es, den vom Antragsteller bestrittenen Vorwurf der verweigerten Mitwirkung bei der Passbeschaffung und das von der Ausländerbehörde mit § 11 BeschVerfV und unter Verweis auf eine angebliche freiwillige Ausreisemöglichkeit begründete Arbeitsverbot inhaltlich zu prüfen.
Es setzt sich auch nicht damit auseinander, dass durch den verweigerten einstweiligen Rechtschutz der bestehende Arbeitsplatz unwiderbringlich verloren geht.
Der Antragsteller, geduldeter Palästinenser aus dem Libanon, lebt seit 1999 in Deutschland war bereits 4 Jahre erwerbstätig. Er hat eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 V AufenthG beantragt. Ihm droht nach dem bayerischem "Landesaufnahmegesetz" der Verlust der Wohnung und die Einweisung in ein Sammellager auf Kosten des Steuerzahlers.
Bekanntlich stellt der Libanon für Palästinenser seit Jahrzehnten weder für eine Abschiebung noch eine freiwillige Rückkehr Papiere aus. Dies (vgl. § 11 BeschVerfV) ist dem VGH Bayern offenbar egal. Da im Hauptsacheverfahren ein Rechtsschutz nicht mehr erreichbar ist - kein Arbeitgeber wird über ein Jahre dauerndes Hauptsacheverfahren einen freien Arbeitsplatz vorhalten, ist für den VGH Bayern der Flüchtling in der Konsequenz scheinbar ein völlig rechtloses Objekt, das dauerhaft ins Lager interniert werden darf.
VG Karlsruhe 4 K 2142/05, B.v. 04.01.06 www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/7904.pdf
Die Erteilung einer Arbeitserlaubnis für geduldete Ausländer nach § 10 BeschVerfV liegt im Ermessen der Behörde ("... kann erlaubt werden"). Sie setzt die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit sowie die Duldung seit einem Jahr voraus.
Letzteres ist beim Kläger unzweifelhaft der Fall. Die Bundesagentur für Arbeit hat erklärt, dass, wäre ihr mitgeteilt worden, dass der Kläger mit einer Deutschen verheiratet sei, die Zustimmung erteilt worden wäre.
Die Ausländerbehörde kann dem nicht entgegenhalten, § 7 BeschVerfV (Härtefallregelung) sei auf geduldete Ausländer überhaupt nicht anwendbar. Die Beurteilung einer Beschäftigungsmöglichkeit oder -notwendigkeit für einen Ausländer obliegt ausschließlich der Arbeitsverwaltung.
Die Ausländerbehörde hat nur die allgemeinen ausländerrechtlichen Voraussetzungen zu prüfen und - gegebenenfalls - allgemeine Migrationsgesichtspunkte im Rahmen ihres Ermessens zu berücksichtigen (vgl. Storr, Kommentar zum ZuwG, § 18 AufenthG Rn 3).
Die Prüfung, ob die Bundesagentur für Arbeit zu Recht, insbesondere gestützt auf die zutreffende Rechtsgrundlage, ihre Zustimmung erteilt oder - wie vorliegend - diese zumindest zugesichert hat, ist der Ausländerbehörde abgeschnitten. Diese ist vielmehr an die Zustimmung gebunden und darauf beschränkt, die sonstigen ausländerrechtlichen Gesichtspunkte zu prüfen.
VG Gießen 4 G 1454/06, B.v. 08.06.06, Asylmagazin 1/2006, 49 www.asyl.net/Magazin/Docs/2006/M-6/8408.pdf Anspruch auf Arbeitserlaubnis im Eilverfahren, da ein konkretes Arbeitsangebot vorliegt und zweifelhaft ist, ob die Stelle langfristig freigehalten wird, vorbehaltlich und nach Maßgabe der (noch nicht vorliegenden) Zustimmung der Agentur für Arbeit. Das Ermessen der Ausländerbehörde, dem geduldeten Ausländer, der sich seit mehr als einem Jahr im Bundesgebiet aufhält, die Ausübung einer Beschäftigung zu erlauben, ist vorliegend auf Null reduziert. Der Erlaubnis steht § 11 BeschVerfV nicht entgegen, da die Rückführung in den Kosovo durch Mitarbeiter der UNMIK abgelehnt wurde. Auf die Möglichkeit einer freiwilligen Ausreise kommt es nach § 11 BeschVerfV nicht an.
VG Schleswig 6 A 58/06, U.v. 24.05.06, InfAuslR 2006, 419, Die jahrelange Ungewissheit über den Ausgang des Asylverfahrens (hier: Irak, Einreise in 2000) stellt eine psychische Belastung dar, die über das Schicksal anderer Asylbewerber hinausgeht und zusammen mit einem völlig beanstandungsfreien Verhalten den Anspruch auf eine Härtefallarbeitserlaubnis nach § 7 BeschVerfV rechtfertigen kann
VG Frankfurt/M 7 G 3999/06(1), B.v. 23.10.06, InfAuslR 2007, 14 Der Versagungsgrund des § 11 BeschVerfV muss aktuell vorliegen, um die Genehmigung einer Beschäftigung zu untersagen. Den Ausländer trifft nicht nur eine Mitwirkungs- sowie Initiativpflicht bei der Beseitigung von Abschiebungshindernissen, sondern auf der anderen Seite besteht für die Ausländerbehörde eine Hinweispflicht sowie eine konkrete Anstoßpflicht, deren Erfüllung sie nachzuweisen hat.
Die Antragstellerin hatte beim jugoslawischen bzw. serbischen Konsulat einen Pass beantragt, der mangels Staatsbürgernachweis nicht ausgestellt wurde. Die Ausländerbehörde hat nicht benannt, was die Antragstellerin unternehmen könnte, um den Staatsbürgernachweis zu erhalten, zumal sie mangels Pass keine Reise vor Ort antreten kann. Laut Lagebericht AA Stand Januar 2006 kann ein Vertrauensanwalt der dt. Botschaft Einsicht in das Staatsangehörigkeitsregister nehmen und auch durch die Beschaffung von Geburtsurkunden etc. Nachweise i.S.d. Rückübernahmeabkommens beschaffen. In Anbetracht dessen hat die Ausländerbehörde jederzeit selbst die Möglichkeit, ein Staatsangehörigkeitsfeststellungsverfahren durchzuführen und damit die Abschiebung zu ermöglichen. Die Antragstellerin hat damit den Nichtvollzug der Abschiebung nicht zu vertreten.
EuGH C- 294/06, U.v. 24.01.08, Payir, Öztürk, Akyüz, InfAuslR 2008, 149 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2141.pdf Neben dem Studium erwerbstätige Ausländer mit befristetem Aufenthalt als Studierende sowie Ausländer mit befristetem Aufenthalt für eine Tätigkeit als Au Pair können die Eigenschaft als Arbeitnehmer nach den Kriterien erfüllen, die der EuGH bisher für die Arbeitnehmereigenschaft gestellt hat. Die die Arbeitnehmereigenschaft von Au Pairs sowie neben dem Studium erwerbstätiger neuer Unionsbürger ausschließenden Durchführungsanweisungen der Arbeitsagentur zur BeschVerfV dürften insoweit obsolet sein. Die entsprechenden Zeiträume rechnen mit für die 12 Monatsfrist der Zulassung zum Arbeitsmarkt, nach deren Ablauf neue Unionsbürger einen unbeschränkten Arbeitsmarktzugang beanspruchen können.
VG Magdeburg 3 B 225/07 MD, B.v. 10.04.08, InfAuslR 2008, 259 www.asyl.net/Magazin/Docs/2007/M-9/13014.pdf Bei einem anhängigen Antrag auf aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gilt ein Aufenthaltstitel gem. § 84 Abs. 2 S. 2 AufenthG für Zwecke der Erwerbstätigkeit als fortbestehend. Die Ausländerbehörde muss daher die Berechtigung zur Erwerbstätigkeit bescheinigen.
SG Berlin S 22 AL 1330/09, B.v.19.05.09 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2291.pdf Anspruch auf Arbeitsberechtigung-EU nach § 284 SGB III, § 12a ArGV für EU-Beitrittsstaater nach einem Jahr real ausgeübter studentischer Nebentätigkeit. Auch Studierende können gemäß der Payir-Entscheidung des EuGH (U.v.24.01.08, C-294/06) zum Arbeitsmarkt zugelassene Arbeitnehmer sein, für die nach Ablauf der einjährigen Wartefrist ein unbeschränkter Arbeitsmarktzugang gilt.
VG Gera 4 K 328/10-Ge, U.v. 19.10.11 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2406.pdf Rechtswidrigkeit der Widerspruchsgebühr (hier 50 Euro nach §§ 51 Abs. 1 Nr. 2 AufenthV) für den Widerspruch gegen eine Erwerbsverbotsauflage zur Duldung bei Bezug von Leistungen nach § 3 AsylbLG, 53 Abs. 2 AufenthV - Befreiung und Ermäßigung aus Billigkeitsgründen.
Literatur und Materialien:
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Leineweber, H., Die Beschäftigung von geduldeten Ausländern seit Inkrafttreten des ZuwG, InfAuslR 2005, 302
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Bartelheim, B. Die Anwendung des § 84 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG auf Rücknahme und Widerruf der Beschäftigungserlaubnis nach § 10 BeschVerfV, InfAuslR 2005, 458
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Stiegler, K. P., Duldung und Erwerbstätigkeit - Arbeitsverbot auf Umwegen? Asylmagazin 6/2005, 5, www.asyl.net
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Zühlcke, J., Karlsruhe, "Die Zulassung von geduldeten Ausländern zur Ausübung einer Beschäftigung nach dem neuen Zuwanderungsrecht" in ZAR 2005, 317. Regierungsrat Dr. Jochen Zühlcke versucht, aus allgemeinen ordnungspolitischen Erwägungen weitgehende, über die in § 11 BeschVerfV genannten Tatbestände hinausgehende ausländerrechtliche Beschäftigungsverbote für Geduldete zu rechtfertigen.
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