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§ 12 AufenthG / § 14 AuslG - auflösende Bedingung zur Aufenthaltserlaubnis



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§ 12 AufenthG / § 14 AuslG - auflösende Bedingung zur Aufenthaltserlaubnis



VG Augsburg Au 6 K 05.31, U.v. 11.07.06, InfAuslR 2007, 11, www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/9344.pdf

Die auflösende Bedingung "erlischt bei Nichtmehrbestehen der ehelichen Lebensgemeinschaft mit..." in der Aufenthaltserlaubnis ist rechtswidrig (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Wie das VG Augsburg (B.v.19.11.03, Au 6 S 03.1571, bestätigt durch VGH Bayern 24 CS 03.3206, B.v. 14.01.04) festgestellt hat, ist eine derartige Bedingung zur Aufenthaltserlaubnis gem. § 14 Abs. 1 AuslG grundsätzlich zulässig (vgl. BVerwG vom 03.06.97, InfAuslR 1997, 391).

Die Behörde muss die inhaltliche Bestimmtheit im Blick haben. Nur eine dauerhafte Trennung beendet die eheliche Lebensgemeinschaft. Maßgeblich ist, ob sich die Eheleute während der Trennungszeit endgültig von der Ehe gelöst haben oder nur eine vorübergehende Trennung vorliegt.

Bei einer auflösenden Bedingung ist im Interesse der Rechtssicherheit für den Ausländer, aber auch für alle anderen, für die der Aufenthaltsstatuts von rechtlicher Bedeutung ist, etwa Arbeitgeber, Sozialleistungsbehörden, Gerichte, Polizei zu fordern, dass der ausländerrechtliche Status des Klägers eindeutig bestimmbar ist. Das Fortbestehen der ehelichen Lebensgemeinschaft als solches ist häufig streitig zwischen den Beteiligten. Ob und wann es sich endgültig um das "nicht mehr Bestehen einer eheliche Lebensgemeinschaft" handelt, ist oft ungewiss und daher unbestimmt (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG), so dass auch die Folge unbestimmt ist, ob die Aufenthaltserlaubnis nun erloschen sein soll oder nicht.



Zweifel an der Rechtmäßigkeit bestehen auch, weil ein Verwaltungsakt mit auflösender Bedingung voraussetzt, dass im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung eine Regelung des Gegenstandes fehlerfrei getroffen werden kann. Dabei wäre u.a. zu prüfen, ob eine besondere Härte im Sinn des § 31 Abs. 2 AufenthG vorliegt. Diese Gründe können erst gewürdigt werden, wenn es tatsächlich zur Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft gekommen ist. Da die Beendigung der Aufenthaltserlaubnis erst bei Eintritt des Bedingungsfalls wirksam werden soll, muss eine - fehlerfreie - Ermessensentscheidung von den dann gegebenen Verhältnissen ausgehen.

§§ 4, 21 AufenthG / § 14 AuslG - Zulassung selbständiger Erwerbstätigkeit



VG Stuttgart 6 K 5478/02, U.v. 17.07.03, InfAuslR 2003, 404 Es ist ermessensfehlerhaft, einem Konventionsflüchtling (hier: aus dem Irak) die Erlaubnis für selbständige Erwerbstätigkeit (hier: im Reinigungsgewerbe) unter Berufung auf die VwV AuslG (Nr. 10.3 i.V.m. Nr. 30.0.1.3) sowie fehlende Ansprüche aus Handels- und Niederlassungsverträgen (sog. "Meistbegünstigungsklauseln") die selbständige Erwerbstätigkeit zu untersagen. Der Kläger kann sich auf Art. 18 GK berufen, wonach Flüchtlinge hinsichtlich der Ausübung einer selbständigen Tätigkeit eine möglichst günstige Behandlung zusteht. Die Zulassung zu selbständiger Erwerbstätigkeit kann ermessensgerecht sogar in Fällen sein, in denen sich der Ausländer nicht auf Meistbegünstigungsklauseln berufen kann und sein Aufenthalt im Bundesgebiet nicht von Dauer ist, und zwar dann, wenn seine persönlichen Belange die öffentlichen Belange überwiegen.

  • Anmerkung: Rechtsprechung zum ausländerrechtlichen Verbot nichtselbständiger Erwerbstätigkeit in Form von Auflagen nach §§ 14 bzw. 56 AuslG - insbesondere zum Erwerbstätigkeitsverbot als Auflage zur Duldung - siehe weiter oben unter Entscheidungen zum Arbeitserlaubnisrecht!

§ 23 Abs. 1, § 104a AufenthG, § 32 AuslG - Bleiberechts- und Altfallregelungen




Bleiberechts- und Altfallregelungen 1996, 1999, 2000, 2001



OVG Bremen 1 B 406/99 v. 28.01.00, InfAuslR 2000, 187; EZAR 015 Nr. 20; NVwZ-Beilage I 2000, 128; FEVS 2000, 569; www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1522.pdf Die Anwendungshinweise des Innensenators zur Altfallregelung der IMK vom 19.11.1999 haben nicht wie eine Anordnung nach § 32 AuslG Rechtssatzcharakter in dem Sinne, dass sie sowohl für Behörden als auch für die Gerichte bindend sind. Die Anwendungshinweise sind vielmehr Richtlinien im Sinne von norminterpretierenden Verwaltungsvorschriften, an die die Gerichte nicht gebunden seien, denn die Auslegung von Rechtssätzen durch die Verwaltung ist nicht Maßstab, sondern gerade Gegenstand der richterlichen Kontrolle. Bei der Auslegung des IMK-Beschlusses kommt das OVG zum Ergebnis, das verlangte eigene Einkommen muss nicht schon am 19.11.1999 erzielt worden sein. "Der Stichtag ist vielmehr maßgebend für die Prognose, ob der Lebensunterhalt in Zukunft durch eigene Erwerbstätigkeit gesichert werden kann." Hat ein Antragsteller wegen seiner aufenthaltsrechtlichen Situation bisher keine Chance auf Erteilung einer Arbeitsgenehmigung gehabt, kann ihm dies nun nicht entgegengehalten werden: "Es wäre widersprüchlich und unverständlich, wenn die Anordnung die Einräumung eines Bleiberechts von einer Voraussetzung abhängig machen würde, die ihrerseits nur erfüllt werden kann, wenn zuvor ein Bleiberecht gewährt worden ist. Eine derartige Interpretation der Anordnung (...) würde bedeuten, dass die Anordnung für einen erheblichen Teil der sog. Altfälle faktisch leerliefe; die getroffene Regelung erschiene dann als ‚Etikettenschwindel‘."

Das Gericht sah es vorliegend als ausreichend an, dass die Antragsteller Einstellungszusagen vorlegen konnten, dabei ist es unschädlich, dass es sich um befristeten Arbeitsvertrag nach § 19 BSHG handelt. Aus öffentlichen Mitteln werden u.a. auch Staatsbedienstete bezahlt. Befristete Arbeitsverträge sind heute nicht außergewöhnlich, und eine entsprechende Differenzierung enthält die Anordnung des Bremer Innensenators zu Recht nicht. Eine BSHG-Stelle spricht nicht gegen eine Integration, da eine Förderung auch für Personen in Frage kommt, die bisher aus objektiven Gründen keine Beschäftigung finden konnten. Ein ergänzender Sozialhilfebezug begründet bei einer Familie mit sechs Kindern einen "besonderen Härtefall" im Sinne der Anordnung, die Härte liegt darin begründet, das schon ein deutscher Arbeitnehmer mit durchschnittlichem Erwerbseinkommen den Bedarf einer Familie mit sechs Kindern kaum decken kann, die Härte wird noch dadurch verschärft, dass die Antragsteller vorerst kein Kindergeld beziehen können.


OVG Münster 17 B 2750/98 v. 04.08.99, InfAuslR 2000, 109 Die im Runderlass NRW zur Altfallregelung 1996 genannte Frist 31.12.1996 hat nicht den Charakter einer an den Ausländer gerichteten Ausschlussfrist, sondern stellt eine Bearbeitungsfrist für die Ausländerbehörden dar. Für den Ausländer allein maßgeblich ist die im Erlass genannte Sechswochenfrist, die allerdings voraussetzt, dass er von der Ausländerbehörde auf die Möglichkeit der Antragstellung hingewiesen und zu den persönlichen Voraussetzungen für eine Härtefallregelung beraten worden ist, dies ist vorliegend bislang nicht geschehen, so dass der Antrag vorliegend trotz Ablaufs der Frist vom 31.12.1996 noch gestellt werden konnte. Von ihrer Beratungspflicht war die Ausländerbehörde nicht deshalb entbunden, weil der Antragsteller Sozialhilfe bezog. Die Ausländerbehörde hat den Antragsteller deshalb vielmehr auch darauf hinzuweisen müssen, dass seine Arbeitsbemühungen durch eine auf sechs Monate befristete Aufenthaltsbefugnis unterstützt werden können. Da der Antragsteller zur Sicherung des Lebensunterhalts ausreichende konkrete Arbeitsangebote in Aussicht hat, deren Zustandekommen bisher an kurzen Duldungszeiträumen oder von der Arbeitsverwaltung verweigerter Arbeitserlaubnis gescheitert ist, dürfte ihm ein Anspruch nach dem Altfallerlass zustehen. Seine Abschiebung ist daher vorläufig zu untersagen.
OVG Münster 18 B 783/99 v. 17.05.99, InfAuslR 2000, 111 Anspruch auf Erteilung einer Duldung für einen abgelehnten Asylbewerber, weil nur durch die Duldung sichergestellt werden kann, dass ihm die mögliche Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nach der Altfallregelung 1996 zu Gute kommt.

Eine vorsätzliche Verzögerung der Abschiebung im Sinne der Härtefallregelung ist nach deren Nummer III.1 beispielsweise bei wiederholten Asylfolgeanträgen anzunehmen, dagegen hat der Antragsteller erst ein Asylfolgeverfahren betrieben. Der Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis steht auch nicht entgegen, dass der Antragsteller seine Passpflicht nicht erfüllt, da sich den Akten nicht entnehmen lässt, dass der Antragsteller es an den erforderlichen Mitwirkungshandlungen hat fehlen lassen, und naheliegend ist, dass die Ausnahmemöglichkeit des § 9 Abs. 1 Nr. 3 AuslG auf ihn entsprechend anwendbar ist.



Nicht abschließend beurteilen lässt sich, ob die Verurteilung zu einer Jugendstrafe von 2 Jahren der Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis entgegensteht. Dem AuslG ist im Rahmen von Ermessensentscheidungen ein absoluter Versagungsgrund - wie ihn die Härtefallregelung nach ihrem Wortlaut vorsieht - fremd. Nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 wird eine Aufenthaltsgenehmigung, deren Erteilung - wie die Aufenthaltsbefugnis - im Ermessen der Ausländerbehörde steht, nur im Regelfall versagt. Diese Regelung ist hier entweder unmittelbar, oder aus verfassungrechtlichen Gesichtspunkten entsprechend anwendbar. Bei der daher gebotenen Ermessensabwägung sind der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, Präventionsgesichtspunkte und die strafrichterliche Prognose, darunter die Gründe für die Aussetzung der Strafe zur Bewährung, die Schwere der Straftat und die Wiederholungsgefahr zu prüfen. Damit ist jedoch der dem Eilverfahren angemessene Prüfungsrahmen überschritten, eine Klärung bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.
VG München 8 K 00.70160, Urteil v. 05.06.00, IBIS R7741 Die IMK-Altfallregelung von 1999 schließt nur Bürgerkriegsflüchtlinge, nicht jedoch alle Bürger aus Bosnien und Herzegowina aus. Einer der Antragsteller ist zwar Bosnier, er hat aber zuletzt in Mazedonien gelebt und ist von dort 1992 nach Deutschland gekommen, er ist daher kein Bürgerkriegsflüchtling. Die anderen Antragsteller sind Mazedonier, die Altfallregelung schließt aber nur Bürgerkriegsflüchtlinge aus Bosnien-Herzegowina sowie Staatsangehörige der BR Jugoslawien einschl. des Kosovo aus. Ziff 5.6. Satz 1 des IMK-Beschlusses ist nach Aufassung des gerichts als Klarstellung anzusehen, dass es nicht auf die Staatsanhehörigkeit alleine ankommert, sondern dass nur ehemalige Bürgerkriegsflüchtlinge aus Bosnien-Herzegowina sowie Staatsangehörige der BR Jugoslawien einschl. des Kosovo generell ausgeschlossen werden sollten. Die Antragsteller erfüllen auch die übrigen Voraussetzungen der Altfallregelung und haben daher gemäß § 32, 30 und 31 AuslG Anspruch auf Aufenthaltsbefugnisse. Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob es sich bei der Anordnung nach § 32 AuslG um eine Rechtsnorm handelt oder ob eine Ermessensbindung der nachgeordneten Behörden hierdurch herbeigeführt wird.
VGH Bayern 24 CE 00.2014 v. 06.09.00, IBIS e.V. C1571 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1571.pdf Die Antragsteller sind solange zu dulden, bis geklärt ist, ob die Altfallregelung auf sie Anwendung finden muss. Der Ehemann kam am 5.9.92 nach Deutschland, seine Frau im Mai 94. 1995 bis 99 wurden ihre drei Kinder geboren. Ihre Asylanträge wurden rechtskräftig abgelehnt. Das Landratsamt lehnte Aufenthaltsbefugnisse gem. Altfallregelung unter Verweis auf Schreiben des Bayerische Innenministeriums v. 25. u. 27.11.99 ab. Für den Ehemann gelte der Stichtag für Alleinstehende 1.1.90, weil seine Kinder erst nach dem 1.7.93 geboren sind.
Der IMK-Beschluss von 19.11.99 regelt jedoch: "Asylbewerberfamilien und abgelehnten Vertriebenenfamilien mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern kann der weitere Aufenthalt im Bundesgebiet gestattet werden, wenn sie vor dem 1. Juli 1990 eingereist sind, seitdem ihren Lebensmittelpunkt im Bundesgebiet gefunden und sich in die hiesige wirtschaftliche, soziale und rechtliche Ordnung eingefügt haben. Dabei muss der Ausländer mit mindestens einem minderjährigen Kind in häuslicher Gemeinschaft leben, das sich seit dem 1. Juli 1993 oder seit seiner Geburt im Bundesgebiet aufhält."
Dazu der VGH: "Damit ist entscheidend, ob auf den Wortlaut des IMK-Beschlusses (...) oder die hierzu ergangenen Hinweise (...) abzustellen ist. Dies wiederum hängt von dem den Anordnungen nach § 32 AuslG zuzumessenden Rechtscharakter ab. Handelt es sich um eine ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift, kommt es maßgeblich auf die tatsächliche Handhabung an. Wird ihr jedoch Rechtssatzcharakter beigemessen, ist sie für die Ausländerbehörden sowie für die Gerichte bindend und begründet für die betroffenen Ausländer unmittelbare Rechtsansprüche, ohne dass es noch auf die Auslegung durch die anordnende Oberste Landesbehörde oder ihre tatsächliche Anwendung oder Ausführung durch die nachgeordneten Behörden ankäme."
Die offene Rechtsfrage, die der VGH durch ein anhängiges Verfahren beim BVerwG (AZ 1 B 49.99) vor Abschiebung der Antragsteller geklärt wissen will, ist die Frage, ob eine nach § 32 AuslG erlassene Anordnung der Obersten Landesbehörde (nur) eine ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift darstellt, die keinen eigenständigen richterlichen Auslegungen unterliegt, oder ob und inwieweit die Verwaltungsgerichte befugt sind, die behördliche Anwendung einer nach § 32 AuslG erlassenen Anordnung der Obersten Landesbehörde zu überprüfen.
OVG NRW 18 B 1135/00 v. 19.09.00 Die sog. Altfallregelung 1999 (vgl. Erlasse MI NRW v. 29.12.99 und 18.04.00) sowie die zugrundeliegenden IMK-Beschlüsse begünstigen solche Ausländer nicht, die zwar vor dem für sie maßgeblichen Stichtag eingereist sind, aber erst nach In-Kraft-Treten der Regelung einen Asylantrag gestellt haben.
BVerwG 1 C 19.99 v. 19.09.2000, InfAuslR 2001, 70; EZAR 015 Nr. 22; NVwZ 2001, 210; Asylmagazin 1-2/2001, 42; IBIS R9322, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2031.pdf Ein IMK-Beschluss zur Altfallregelung (hier: Altfallregelung 1996) ist kein Rechtssatz, auf den Asylbewerber sich berufen können. Der Beschluss ermöglicht den obersten Landesbehörden eine Anordnung zur Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen nach § 32 AuslG ohne die strenge Bindung nach §§ 30 und 31 AuslG, zwingt sie hierzu aber nicht. Ob die oberste Landesbehörde eine Anordnung nach § 32 AuslG trifft, steht in ihrem Ermessen. Die von der obersten Ausländerbehörde ergehenden Regelungen sind nichts anderes als Weisungen, bei Erfüllung der Voraussetzungen dem Ausländer eine Aufenthaltsbefugnis zu erteilen, also interne Ermessensbindungen. Der Ausländer kann sich daher nicht unmittelbar auf die nach § 32 ergangene Anordnung berufen, er hat nur Anspruch auf Gleichbehandlung. Bei Unklarheiten der Interpretation der Anordnung hat die Ausländerbehörde den wirklichen Willen der obersten Landesbehörde erforderlichenfalls durch Rückfrage zu ermitteln.


  • vgl. dazu Anmerkungen von RA Hubert Heinhold, München in PRO Asyl Infonetz, Infomappe 40/2000, www.proasyl.de/texte/mappe/2000/40/5.pdf Heinhold weist darauf hin, dass die Grenze einer solchen Interpretation die Willkür und der Gleichheitssatz ist. Als Willkür der bayerischen Anordnung könne möglicherweise der Aspekt der "Sippenhaft" bei einer Zurechnung von Straftaten eines Familienmitglieds auf alle anderen angesehen werden, nach Lage des Einzelfalles auch die starre 6-Monats-Regel bei Sozialhilfebezug. Auch der bayerische Ausschluss von Familien, die vor dem Stichtag eingereist, deren Kinder jedoch erst danach geboren sind, könne als Willkür und Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz angesehen werden, da sowohl der IMK-Beschluss als auch die bayerischen Anordnung sich als Fortschreibung der Altfallregelung 1996 bezeichnen. Damals waren auch Familien, deren Kinder nach dem Stichtag geboren wurden, unter Verweis auf den Schutzzweck "Familie" einbezogen, wobei zur Begründung angeführt wurde, dass nicht entscheidungserheblich sei, ob dieser schutzwürdige Sachverhalt bereits zum Stichtag vorgelegen habe.


OVG Saarland 3 V 26/01, B.v. 22.10.01, Asylmagazin 1-2/2001, 40, IBIS M1406, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2030.pdf Sozialhilfebedürftigkeit von Familien nach Altfallregelung 1999. Das potenzielle Einkommen der im gemeinsamen Familienhaushalt lebenden volljährigen Kinder kann auch zugunsten der Eltern und der minderjährigen Geschwister berücksichtigt werden. Dabei ist es angesichts des engen familiären Zusammenhalts keineswegs zwingend, vom Einkommen der volljährigen Geschwister einen Selbstbehalt analog der pauschalen Vorgaben in den Sozialhilferichtlinien zu § 16 BSHG zu berücksichtigen, vielmehr ist vorliegend davon auszugehen, das sie ihr gesamtes Einkommen für den gemeinsamen Bedarf einsetzen werden. Ebenso Vorinstanz VG Saarland 11 F 28/01 B.v. 9.8.2001, IBIS M1414.
VGH Ba-Wü 11 S 2212/00 B.v. 10.09.01, InfAuslR 2002, 21

Zum Verhältnis Aufenthaltsbefugnis aufgrund Altfallregelungen nach § 32 AuslG - Aufenthaltsbefugnis aufgrund einer Einzelfallentschiedung nach §§ 30/31 AuslG, sowie zum Regelversagungsgrund Sozialhilfebedürftigkeit bei ausländerbehördlich verfügtem Arbeitsverbot.



Leitsätze: "1. Nur für den Bereich und in dem Umfang, in dem eine Anordnung nach § 32 AuslG Regelungen enthält, die das der Ausländerbehörde gemäß §§ 30, 31 Abs.1 AuslG zustehende Ermessen bei der Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen intern binden, ist eine davon abweichende behördliche Entscheidung grundsätzlich ausgeschlossen. Die positiven Erteilungsvoraussetzungen sowie die negativen Ausschlussgründe in einer solchen Anordnung dienen zur Bestimmung und Abgrenzung der von den Regelungen erfassten Ausländergruppe und haben nur in diesem Zusammenhang Bedeutung, nicht jedoch darüber hinaus auch für Ermessensentscheidungen nach § 30 oder § 31 Abs.1 AuslG.

2. Die Härtefallregelung nach dem Beschluss der IMK vom 29.03.96, die durch deren Beschluss vom 19.11.99 fortgeschrieben und durch die Anordnungen des MI Ba-Wü nach § 32 AuslG vom 15.05.96 und vom 12.01.00 für das Land Ba-Wü umgesetzt wurde, stellt - ebenso wie sonstige Bleiberechtsregelungen - eine die Erteilung und Verlängerung einer Aufenthaltsbefugnis erleichternde, aber insoweit keine abschließende Regelung dar. Sie lässt die Regelungen der §§ 30 und 31 Abs. 1 AuslG unberührt, wonach unter den dort genannten Bedingungen eine Aufenthaltsbefugnis nach Ermessen erteilt werden kann

3. Der Regelversagungsgrund der nicht ausreichenden Sicherung des Lebensunterhalts aus eigener Erwerbstätigkeit nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 AuslG kann einem Aufenthaltsbegehren nicht entgegenstehen, wenn die Ausländerbehörde selbst die Aufnahme einer beabsichtigten Erwerbstätigkeit untersagt und damit die Möglichkeit der Sicherung des Lebensunterhalts durch ein eigene Erwerbstätigkeit des Ausländers ausgeschlossen hat."

Der VGH hat einer als Asylbewerber abgelehnten kurdischen Familie aus dem Libanon mit ungeklärter Staatsangehörigkeit Aufenthaltsbefugnisse nach § 30 Abs. 3 AuslG zugesprochen. Anordnungen nach § 32 AuslG haben grundsätzlich keine Einschränkung, sondern eine Erweiterung der Aufenthaltsmöglichkeiten für die durch die Anordnung erfassten Ausländer zum Gegenstand. Der Versagungsgrund des Bezugs von Leistungen nach AsylbLG steht dem Aufenthaltsbegehren nicht entgegen, weil die Ausländerbehörde selbst die Erwerbstätigkeit untersagt hat (vgl. auch zur Abweichung vom Regelversagungsgrund Obdachlosigkeit bei Verpflichtung zur Wohnungsname in einer Obdachlosenunterkunft, VGH Ba-Wü 1 S 103/96 InfAuslR 1998, 78). Es kommt auch nicht darauf an, dass die Ausländerbehörde in Aussicht gestellt hat, das zur Duldung verfügte ausländerrechtliche Arbeitsverbot aufzuheben, wenn [nur] die Wahrscheinlichkeit besteht, dass durch die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis die Chancen des Ausländers auf dem Arbeitsmarkt verbessert werden und sich der Sozialhilfebezug verringert (vgl. VGH Ba-Wü 13 S 413/00 InfAuslR 2001, 169). Ebensowenig ist im vorliegenden Zusammenhang rechtlich erheblich, ob das Verbot einer Erwerbstätigkeit rechtmäßig verfügt wurde. Im Übrigen kann die Annahme einer Ausnahme bei den Klägern auch deshalb gerechtfertigt sein, weil sich vorliegend nichts dafür abzeichnet, dass sich das Ausreise- und Abschiebehindernis Passlosigkeit in absehbarer Zeit entfällt (wird ausgeführt; vgl. auch VGH Ba-Wü 13 S 3121/96 InfAuslR 1999, 133).


VG München M 17 E 01.70147, B.v. 05.09.01, InfAuslR 2002, 36 Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung für die Dauer des gerichtlichen Hauptsacheklageverfahrens auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis für bosnische Kriegsflüchtlinge im Rahmen der Altfallregelung vom 10.05.2001 wg. des Gebots effektiven Rechtschutzes (Art 19 Abs. 4 GG). Die strittigen Rechtsfragen sind im Eilverfahren nicht zu klären. Eine aktuelle Beschäftigungsmöglichkeit liegt zwar vor, die Behörde lehnt die Aufenthaltsbefugnis aber wegen Unterbrechungen der bisherigen Beschäftigungen durch Zeiten des AlHi- und Sozialhilfebezugs ab. Diese Unterbrechungen sind aber möglicherweise auf die Kurzfristigkeit der erteilten Duldungen bzw. Ausreisefristen zurückzuführen, es könnte sich insoweit um "unverschuldete Arbeitslosigkeit" handeln, wobei im Hauptsacheverfahren zu klären sein wird, ob diese Unterbrechungen für eine Bleiberecht im Rahmen der Altfallregelung unschädlich sind.

OVG Bremen 1 B 228/02 B.v.11.06.02, IBIS M2327 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1738.pdf Für das Land Bremen besteht ein Handlungsspielraum bezüglich als Minderjährige eingereister und inzwischen volljährig gewordener Kinder von staatenlosen Kurden aus dem Libanon in die "Altfallregelung". Nach Festlegung "sachgerechter Kriterien" kann damit ein Aufenthaltsrecht ermöglicht werden. Das OVG bestätigt zwar, dass das aufenthaltsrechtliche Schicksal minderjähriger Kinder aus Gründen der Familieneinheit grundsätzlich an das der Eltern geknüpft ist. Bezüglich der inzwischen volljährig gewordenen Kinder ist der Innensenator nach dem Wortlaut der Altfallregelung aber nicht daran gehindert, einem volljährigen erwerbstätigen Ausländer, der den Lebensunterhalt der Familie selbst bestreiten kann und nicht wegen der Begehung von Straftaten von der Altfallreglung ausgeschlossen ist, in die Regelung einzubeziehen.


  • dazu Bremer Innensenator, Erlass vom 2. Juli 2002, IBIS M2220 www.proasyl.de/texte/mappe/2002/68/4.pdf Einbeziehung in die Altfallregelung als Minderjährige eingereister, inzwischen volljährig gewordener Kinder von staatenlosen Kurden aus dem Libanon, "die einen ganz wesentlichen Teil ihrer Sozialisation im Bundesgebiet erfahren haben, inzwischen das Elternhaus verlassen und oft selbst bereits eine Familie gegründet und erhebliche Integrationsleistungen erbracht haben". Bislang wurde diese Personengruppe ausgeschlossen, da aufgrund falscher oder unterdrückter Angaben über die wahre Identität erlangte Aufenthaltszeiten kein Aufenthaltsrecht in Frage käme, Kinder müssten sich insoweit das Verhalten der Eltern zurechnen lassen.


VGH Hessen 9 UE 1233/01, U.v. 17.09.02 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2029.pdf Die Regelung in Nr. 3.2 a) Abs. 1 des Beschlusses der IMK vom 18./19.11.99 über das Bleiberecht von Asylbewerberfamilien mit langjährigem Aufenthalt, wonach als Voraussetzung für die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis der Lebensunterhalt der (gesamten) Familie zum Stichtag 19.11.99 durch legale Erwerbstätigkeit ohne zusätzliche Sozialhilfe gesichert sein muss, ist für während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet volljährig gewordene und beruflich eingegliederte bzw. in der Ausbildung zu einem anerkannten Bildungs- bzw. Ausbildungsabschluss befindliche Kinder aus Asylbewerberfamilien nicht anwendbar. Für sie genügt für die Einbeziehung in die Bleiberechtsregelung nach Nr. 3.1 letzter Satz des Beschlusses vom 18./19.11.99, wenn ihr eigener Lebensunterhalt durch legale Erwerbstätigkeit ohne zusätzliche Sozialhilfe am Stichtag gesichert war.
OVG Brandenburg 4 B 110/02, B.v. 06.08.02, IBIS M3036, EZAR 015 Nr. 30 Die Bundesländer sind nicht verpflichtet, die in einem Beschluss der IMK (Altfallregelung 1999) enthaltene Bleiberechtsregelung wörtlich zu übernehmen. Den Ländern stand es frei, eine erfolgreiche Integration im Sinne des Beschlusses vom 19. 11.99. auch dann anzunehmen, wenn in der Zeit davor Bemühungen um eine Beschäftigung unternommen waren oder zu diesem Zeitpunkt ein Arbeitsvertrag oder eine verbindliche Zusage für eine Beschäftigung vorlagen.
VGH Ba-Wü 13 S 314/02, B.v. 20.04.02, IBIS C1760 Der Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 GG) wird nicht dadurch verletzt, dass aufgrund der Anordnung des Innenministeriums Ba-Wü nach § 32 AuslG zur Altfallregelung 1999 eine zum Teil restriktivere Verwaltungspraxis als in anderen Bundesländern besteht. § 32 kann keine Verpflichtung der obersten Landesbehörde entnommen werden, Beschlüsse der IMK uneingeschränkt zu verwirklichen. § 32 begründet keine Ansprüche, die über den Anspruch auf Gleichbehandlung nach Maßgabe der tatsächlichen Anwendung der nach § 32 erlassenen Anordnung der obersten Landesbehörde hinausgehen.
VGH Hessen, B.v. 05.09.03 - 9 UZ 826/02, IBIS M4338, Asylmagazin 12/2003, 31 www.asyl.net/Magazin/12_2003c.htm - F1 Zur Umsetzung des IMK-Beschlusses zur Altfallregelung 1999 mittels Erlass des Landes zu § 32 AuslG.

Bei einer Anordnung der obersten Landesbehörde nach § 32 AuslG handelt es sich nicht um eine Rechtsvorschrift, sondern eine Willenserklärung, die unter Berücksichtigung des wirklichen Willens und der tatsächlichen Handhabung, d.h. der vom Urheber gebilligten und geduldeten Verwaltungspraxis, auszulegen und anzuwenden ist (Anschluss an BverwG, U.v. 19.09.00, InfAuslR 2001, 70).

Ein Beschluss der IMK begründet nicht die Pflicht eines Bundeslandes, die Aufnahme der betreffenden Ausländergruppe unbeschränkt durch landesrechtliche Anordnung nach § 32 AuslG umzusetzen. § 32 Abs. 1 AuslG räumt der obersten Landesbehörde die Befugnis zu der dort vorgesehenen Anordnung ein, begründet indes keine entsprechende Verpflichtung. Bleibt ein Bundesland in einer nach § 32 AuslG erlassenen Anordnung hinter einem der Anordnung zugrunde liegenden Beschluss der IMK zurück, so kann ein Ausländer nicht mit Erfolg verlangen, in Übereinstimmung mit der günstigeren Regelung der IMK behandelt zu werden (BVerwG, B.v.14.03.97, InfAuslR 1997, 302).

Vor dem 01.01.99 eingereiste alleinstehende Personen und Ehegatten ohne Kinder kommen (jedenfalls in Hessen) nicht in den Genuss der Härtefallregelung, wenn sie ihren Asylantrag erst geraume Zeit nach Einreise gestellt haben (hier: Einreise 1989 als Spezialitätenkoch, Asylantrag 1992)



Anmerkungen:

  • IMK- Bleiberechtsbeschluss vom 19.11.1999 (Altfallregelung 1999) im Wortlaut: InfAuslR 2000, 103; kritisch zur Altfallregelung 1999: Siegfried, InfAuslR 2000, 104, Siegfried, InfAuslR 2000, 307 sowie Rittstieg, InfAuslR 2000, 312

  • IMK-Bleiberechtsbeschluss vom 24.11.2000 für Bürgerkriegsflüchtlinge aus Bosnien und Kosovo, insbesondere für Traumatisierte aus Bosnien. Im Wortlaut in: amnesty international Asylinfo 12/2000, 9; ZAR 2001, 2; InfAuslR 2001, 108; Weisung Hamburgs v. 28.12.00 zur Umsetzung des Beschlusses: InfAuslR 2001, 153

  • kritisch zur Bleiberechtsregelung v. 24.11.00 f. Bosnier und Kosovaren: Hofmann, Asylmagazin 1-2/2001, 11

  • 'Zuwanderungsbeschlusss JUG' des Ministerrates Ba-Wü v. 5.12.2000 und Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums Ba-Wü vom 08.01.2001 zum Bleiberecht für erwerbsttätige Jugoslawen gemäß § 8 AAV und § 10 AuslG, Wortlaut über www.innenministerium.baden-wuerttemberg.de kritisch zu dieser Regelung Welte in InfAuslR 2001, 68

  • IMK- Beschluss vom 15.02.2001 zum Bleiberecht für ausreisepflichtige erwerbstätige Bosnier - im Wortlaut in ZAR 2/2001

  • IMK- Beschluss vom 10.05.2001 zum Bleiberecht für ausreisepflichtige erwerbstätige Bosnier und jugoslawische Staatsangehörige einschließlich Kosovo - im Wortlaut in Asylmagazin 7-8/2001

  • IM Schleswig-Holstein, Erlass vom 16.07.02 - IV 602-212-29.233.1-1.1/23.11.2001 IBIS M2221, www.asyl.net/Magazin/Docs/2002/M-2/2221.DOC Verlängerung des Bleiberechts für junge volljährige Kinder von Konventionsflüchtlingen.


§ 23 Abs. 1, § 104a AufenthG - Bleiberechtsregelung 2006, Altfallregelung 2007



OVG Schleswig-Holstein 4 MB 57/07, B.v.12.07.07. www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2028.pdf Duldungsanspruch im Hinblick auf das erwartete Inkrafttreten der gesetzlichen Bleiberechtsregelung nach § 104a AufenthG und auf den Gesetzentwurf Bezug nehmenden Abschiebestopp-Erlass des Innenministeriums Schleswig-Holstein. Ein Asylfolgeantrag sowie im Asylfolgeverfahren vom Gericht für nicht glaubwürdig befundene Angaben zu fachärztlich bestätigter psychischer Erkrankung im Asylfolgeantrag sind keine Täuschung der Ausländerbehörde oder Behinderung aufenthaltsbeendender Maßnahmen.
BVerwG 1 C 43.06, U.v. 04.09.07, InfAuslR 2008, 71, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2112.pdf Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 104a AufenthG nach Tod des deutschen Ehepartners für Ausländerin, die wg. Nichteinhaltens des Visumsverfahrens bisher nur eine Aufenthaltsbefugnis nach § 30 IV AuslG besaß. Bei Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen und Tod des Ehepartners jedoch kein Verlängerungsanspruch nach bzw. analog § 31 AufenthG.
OVG NRW 17 B 1779/07, B.v. 27.11.07, NVwZ-RR 2008, 493 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2128.pdf (bestätigt VG Gelsenkirchen 11 L 1067/07, B.v. 09.10.07, www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/12246.pdf) Anspruch auf Duldung trotz des Ausschlussgrundes des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG (Straftaten), um die Prüfung eines Antrags auf vorzeitige Tilgung aus dem Strafregister gemäß § 49 BZRG zu ermöglichen, wenn der Antrag hinreichende Erfolgsaussichten hat, und die übrigen Voraussetzungen des § 104a vorliegen. Anders als nach Auffassung der Vorinstanz ist es nach dem Wortlaut des § 104a Abs. 1 Satz 1 jedoch nicht ausreichend, dass das Datum der Straftat vor dem zeitlichen Rahmen der Altfallregelung lag. § 104a Abs. 1 Satz 1 setzt sowohl die zeitlichen Bedingungen als auch unabhängig davon das Fehlen der Ausschlussgründe voraus.

Eine vorzeitige Tilgung dürfte zu erwägen sein, wenn ein Festhalten an den registerrechtlichen Regelungen für den Betroffenen eine unbillige, mit Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung unvereinbare Härte darstellt. Dass derartige Härten im Zusammenhang mit Bleiberechtsregelungen von der Registerbehörde in der Vergangenheit vereinzelt bejaht worden sind und zu einer vorzeitigen Tilgung geführt haben, hat das Bundesamt für Justiz als zuständige Registerbehörde auf fernmündliche Anfrage gegenüber dem VG bestätigt. In der Entscheidung des VG wird im Einzelnen dargelegt, warum ein derartiger Härtefall hier vorliegen könnte.


§ 49 BZRG Anordnung der Tilgung in besonderen Fällen

(1) Die Registerbehörde kann auf Antrag oder von Amts wegen anordnen, daß Eintragungen entgegen den §§ 45, 46 zu tilgen sind, falls die Vollstreckung erledigt ist und das öffentliche Interesse der Anordnung nicht entgegensteht. Wohnt der Betroffene im Geltungsbereich dieses Gesetzes, so soll die Registerbehörde das erkennende Gericht und die sonst zuständige Behörde hören. Betrifft die Eintragung eine Verurteilung, durch welche eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist, so soll sie auch einen in der Psychiatrie erfahrenen medizinischen Sachverständigen hören.

(2) Hat der Verurteilte infolge der Verurteilung durch ein Gericht im Geltungsbereich dieses Gesetzes die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden und Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, oder das Recht, in öffentlichen Angelegenheiten zu wählen oder zu stimmen, verloren, so darf eine Anordnung nach Absatz 1 nicht ergehen, solange er diese Fähigkeit oder dieses Recht nicht wiedererlangt hat.

(3) Gegen die Ablehnung einer Anordnung nach Absatz 1 steht dem Antragsteller innerhalb zwei Wochen nach der Bekanntgabe der Entscheidung die Beschwerde zu. Hilft die Registerbehörde der Beschwerde nicht ab, so entscheidet das Bundesministerium der Justiz.


VGH Ba-Wü 13 S 2438/07, B.v. 26.11.07 www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/12051.pdf Das ursprünglich auf § 23 Abs. 1 AufenthG gestützte Rechtschutzbegehren ist gemäß § 104a AufenthG zu prüfen. Keine "Sippenhaftung" beim Ausschlussgrund des § 104a Abs. 1 Satz Nr. 4 AufenthG (Täuschung; Behinderung aufenthaltsbeendender Maßnahmen), wenn (nur) ein Familienmitglied den Abschiebungsversuch verhindert hat (hier: die Ehefrau und Mutter durch Trinken von Chlorreiniger, wobei offen bleibt ob es sich um einen Suizidversuch handelte).

§ 104a sieht - anders als gemäßer der aufgrund des IMK-Beschluss vom 16.11.06 ergangenen Anordnung des MI Ba-Wü v. 20.11.06, Ziff. 3.5 - gemäß § 104a Abs. 3 eine "Sippenhaftung" ausdrücklich nur im Falle des Ausschlussgrundes des § 104a Abs. 1 Satz Nr. 6 AufenthG (Straftaten) vor. Weil die übrige Familie demnach eine AE beanspruchen kann, würde die isolierte Abschiebung der Ehefrau und Mutter gegen Art 8 EMRK verstoßen, weshalb auch sie wie die anderen Familienmitglieder (im Rahmen des Eilverfahrens) eine einstweilige Duldung beanspruchen kann.


OVG Nds. 8 ME 108/07, B.v. 20.11.07 www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/12035.pdf Keine AE nach § 104a bei in Folge eines Asylwiderrufs bestandskräftig widerrufener Niederlassungserlaubnis. Wie sich aus der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/5065, 201 f.) ergibt, zielt die Regelung auf "ausreisepflichtige" Ausländer, die am 01.07.07 seit Jahren geduldet wurden und hier wirtschaftlich und sozial integriert sind.

Beruht - wie vorliegend - die der Aufenthaltstitel auf einer Flüchtlingsanerkennung, kann die Niederlassungserlaubnis zwar gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG widerrufen werden. Der bis dahin erreichte Stand der Integration ist jedoch ein maßgebender Gesichtspunkt bei der Ausübung des Ermessens, ob vom Widerrufsrecht Gebrauch gemacht werden soll. Die Antragsgegnerin weist zu Recht darauf hin, dass die Niederlassungserlaubnisse überhaupt nicht widerrufen worden wären, wenn sie sich tatsächlich integriert hätten oder dies auch nur in naher Zukunft zu erwarten gewesen wäre. Wird - wie vorliegend - eine solche Integration verneint und (deshalb) die Niederlassungserlaubnis widerrufen, ist folglich nach Sinn und Zweck des § 104a AufenthG kein Grund ersichtlich, die betroffenen Ausländer über den Wortlaut hinaus in den Kreis der nach § 104 a AufenthG Begünstigten einzubeziehen.


VGH Ba-Wü 11 S 2091/07, B.v. 25.10.07, InfAuslR 2008, 29, www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/11970.pdf Kein Anspruch auf AE nach § 104a Abs. 2 wegen Jugendstrafe von 10 Monaten.

Wegen günstiger Prognose voraussichtlich aber Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG wegen Art 8 EMRK für den "weitreichend verwurzelten", seit 18 Jahren in Deutschland lebenden Antragsteller, der in der Türkei keine nahen Verwandten hat, diese vielmehr alle in Deutschland leben, und der die türkische Sprache offenbar nur mündlich beherrscht. Zu seinen Gunsten ist trotz der Drogenproblematik zu berücksichtigen, dass er erfolgreich eine Ausbildung abgeschlossen hat und berufstätig war, nach Entlassung aus der Strafhaft einen Arbeitsplatz in Aussicht hat, und dass ihm von der Bewährungshelferin und weiteren Personen eine positive Integrationsprognose bescheinigt wird. Die Abschiebung ist daher vorerst auszusetzen.


OVG Saarland 2 D 390/07, B.v. 30.10.07, www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/12125.pdf PKH für Klage auf Aufenthaltserlaubnis nach § 104a AufenthG. Die von den Klägern geltend gemachten Ansprüche nach § 23 Abs. 1 sind nunmehr nach § 104a AufenthG zu beurteilen.

Wie indes § 104a III Satz 2 AufenthG deutlich macht, geht der Gesetzgeber zwar davon aus, dass der Ausschluss wg. Straftaten auch gegenüber in häuslicher Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen gilt, gebietet aber unter den dort genannten (engen) Voraussetzungen eine gesonderte Betrachtung für den - wie hier nach Aktenlage unbescholtenen - Ehepartner. Die dadurch aufgeworfenen Fragen, etwa inwieweit dabei eine gesonderte wirtschaftliche Betrachtung für den Ehegatten des Straftäters vorzunehmen ist, sind nicht im PKH-Verfahren zu klären. Letzteres gilt auch für mögliche rechtliche Folgen für die nicht am Verfahren beteiligten, hier aufgewachsenen gemeinsamen Kinder unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK oder mit Blick auf Art. 6 GG.


OVG Hamburg 3 Bs 246/07, B.v. 23.10.07 Die Sperrwirkung des § 10 III S. 1 AufenthG steht einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104a II AufenthG („kann“-Ermessen, kein Rechtsanspruch!) entgegen. Der Ausschlussgrund des § 10 III S. 1 AufenthG ist auch erfüllt, wenn ein Asylfolgeantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde. Der Antragsteller hat weder eine Ausbildung noch einen Schulabschluss, so dass auch das Integrationserfordernis des § 104a II nicht erfüllt ist.

  • Anmerkung: das OVG HH übersieht, dass vor allem abgelehnte Asylbewerber Zielgruppe des § 104a sind (Bt-Drs. 16/5065, 201) und § 104a bei dieser Auslegung weitgehend leer laufen würde


VGH Bayern 24 CE 07.1347, 24 C 07.1345, B.v. 28.09.07 Keine Aufenthaltserlaubnis nach § 104a wg. mangelhafter Mitwirkung bei der Beschaffung von Heimreisedokumenten. Ein unvollständig ausgefüllter Antrag auf Heimreisedokumente reicht nicht, die Antragsteller haben sich weder an die Behörden im Heimatland noch an Verwandte in Syrien gewandt. Im Übrigen fehlt es an einem Rechtschutzbedürfnis, da eine Abschiebung nach § 60a IV S. 4 AufenthG anzukündigen ist und dann ausreichend Zeit besteht Rechtschutz in Anspruch zu nehmen (Anmerkung: der VGH übersieht, dass diese Bestimmung durch das EU-Richtlinienumsetzungsgesetz gestrichen wurde).
OVG Nds. 11 LB 69/07, U.v. 27.09.07, www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/11969.pdf (Revision beim BVerwG anhängig). Keine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 I oder 104a AufenthG für den 1979 geborenen, seit 1985 in Deutschland lebenden Kläger. Die frühere Aufenthaltsbefugnis war nicht verlängert worden, da die Behörden neben der libanesischen – der Kläger besitzt einen libanesischen Pass - noch eine türkische Identität ermittelt haben. Eine Aufenthaltserlaubnis nach dem IMK-Bleiberechtsbeschluss oder nach § 104a I ist wg. bestandskräftigem Strafbefehl aus 2004 zu 100 Tagessätzen wg. unerlaubten Schlachtens von 100 Schafen ausgeschlossen. Eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104a II ist wegen negativer Integrationsprognose ebenfalls ausgeschlossen, denn der Kläger spricht zwar fließend deutsch und verdient 1600 € brutto, was für ihn und seine beiden Kinder ausreicht, betreibt jedoch den Familiennachzug seiner Frau und zwei weiterer Kinder und hält entgegen der Ermittlungsergebnisse des Beklagten daran fest, dass er nicht die türkische Staatsangehörigkeit besitzt. Eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 V ist ausgeschlossen, da der Kläger bei ernsthaft bekundetem Rückkehrwillen von den libanesischen Behörden einen Laissez Passer auch ohne in Deutschland in Aussicht stehenden Aufenthaltstitel erhalten kann. Art 8 EMRK steht der Aufenthaltsbeendung nicht entgegen, da dem Kläger die falschen Angaben seiner Eltern zuzurechnen sind, und seine Kinder wiederum das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihres Vaters teilen.

  • Anmerkung: Siehe dazu www.nds-fluerat.org/projekte/gazale-salame/


OVG Nds. 8 LB 210/05, U.v. 12.09.07, www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/11559.pdf Dadurch dass die Klägerin bereits eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 I besitzt, die voraussichtlich nach § 23 I, hilfsweise nach § 104a verlängert wird, entfällt nicht das Rechtschutzbedürfnis für die Feststellung eines Abschiebehindernisses nach § 60 VII wg. Traumatisierung durch Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 VwVfG, da das dadurch erlangte Abschiebungshindernis grundsätzlich Dauerwirkung entfaltet und die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 III „dauerhafter“ als eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 I oder 104a ist.
VG Münster 5 K 347/06, B.v. 11.09.07, www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/11514.pdf Da § 104 a I S. 3 Halbsatz 2 AufenthG bestimmt, dass die Aufenthaltserlaubnis als Aufenthaltserlaubnis nach Kapitel 2 Abschnitt 5 AufenthG gilt, ist § 5 III S. 2 (Passpflicht) in den Fällen des § 104 a I AufenthG anwendbar. Die Entscheidung, ob von der Passpflicht abgesehen wird, liegt im Ermessen der Ausländerbehörde. Vorliegend ist nicht ersichtlich, dass die Ausländerbehörde die in § 5 III gesetzten Grenzen des Ermessens überschritten hat. Die Kläger hatten seit 1995 die Möglichkeit, durch eigene Bemühungen ggf. mit Hilfe im Libanon lebender Verwandter klären zu lassen, ob sie libanesische Staatsangehörige (geworden) sind oder der libanesische Staat ihnen den Sonderstatus eines Staatenlosen bescheinigt.
OVG Bremen 1 B 315/07, B.v. 06.08.07, InfAuslR 2007, 447, www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/11226.pdf Anspruch auf Duldung, um im Hinblick auf zu erwartende Aufenthaltserlaubnis nach § 104a II eine Rechtsvereitelung zu verhindern.

Der Antragsteller lebt seit 12 Jahren in Deutschland, beherrscht die deutsche Sprache und hat einen Hauptschulabschluss. Der Abschluss ist keine Selbstverständlichkeit, denn in 2002 verließen fast 20% der ausländischen Jugendlichen das Schulsystem ohne Abschluss (Bericht der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration über die Lage der Ausländer in Deutschland, 2005, S. 53). Zwar hat der Antragsteller weder eine Ausbildung begonnen noch ist er einer Erwerbstätigkeit nachgegangen. Das kann ihm aber nicht vorgehalten werden, weil seine Duldung die Nebenbestimmung "Erwerbstätigkeit nicht gestattet" enthielt.

Auch die Tatsache, dass der Antragsteller mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, steht einer positiven Integrationsprognose nicht entgegen. Eine Verurteilung liegt nicht vor. Straftaten dürfen zwar auch berücksichtigt werden, wenn sie nicht zu einer Verurteilung von mindestens 50 Tagessätzen geführt haben. Die Einschränkung des Ausschlusstatbestands in § 104a I S.1 Nr. 6 begründet keine Sperrwirkung für § 104a II. Erforderlich ist aber, dass sich aus den Taten persönliche Defizite ergeben, die eine positive Prognose ausschließen. Entsprechende Feststellungen hat das VG nicht getroffen.

Liegen die Voraussetzungen des § 104a II vor, wird eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 I erteilt. Ob die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 I und II zu prüfen sind kann offen bleiben. Nach § 5 III AufenthG kann von § 5 I und II AufenthG abgesehen werden. Bei der Ermessensentscheidung ist dem humanitären Sinn und Zweck der Altfallregelung Rechnung zu tragen. Es wäre ermessensfehlerhaft, die Aufenthaltserlaubnis abzulehnen, weil der Lebensunterhalt nicht gesichert ist (§ 5 I Nr. 1), obwohl dem Ausländer eine Erwerbstätigkeit bisher aus Rechtsgründen verwehrt war.


VGH Bayern 24 ZB 07.1643, B.v. 25.09.07 Keine AE nach § 104a nach erfolgtem Asylwiderruf und Widerruf der AE (Irak). Wie sich aus der Begründung zu § 104a ergibt, ging es dem Gesetzgeber vor allem darum, Ausländern eine dauerhafte Perspektive zu geben, die seit Jahren im Bundesgebiet leben, hier wirtschaftlich und sozial integriert sind und deren Ausreise bzw. Abschiebung aller Voraussicht nach in nächster Zeit nicht möglich sein wird. Dem Gesetzgeber ging es nicht darum, aus humanitären Gründen erteilte Aufenthaltserlaubnisse unbesehen zu verlängern oder den Widerruf solcher Aufenthaltserlaubnisse nach Wegfall der humanitären Gründe zu stoppen. Vielmehr wollte er aus dem Gesamtkreis der jahrelang geduldeten Ausländer der Teilgruppe eine längerfristige Perspektive bieten, die sich hier wirtschaftlich und sozial integriert und rechtstreu verhalten hat. Da § 104 a weder an das Vorhandensein einer Aufenthaltserlaubnis noch an das (frühere) Vorliegen humanitärer Gründe anknüpft, muss davon ausgegangen werden, dass die Zielrichtung dieses Gesetzes auch nicht darauf gerichtet ist, auf Verwaltungsprozesse über den Widerruf von aus humanitären Gründen erteilten Aufenthaltserlaubnissen nachträglich einzuwirken.
AG Bernau 5 Ls 21/07, U.v. 03.08.07, InfAuslR 2008, 179, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2130.pdf Schwerwiegende verfassungsrechtliche Bedenken gegen "Sippenhaftung" durch Ausschluss der Eltern und Geschwister vom IMK-Bleiberecht und von § 104a AufenthG in Folge einer Jugendstrafe von 8 Monaten auf Bewährung für den 16jährigen Täter. Der IMK-Beschluss und § 104a I Nr. 4 i.V.m. § 104a III AufenthG verstoßen gegen Menschenwürde, Diskriminierungsverbot und richterliche Unabhängigkeit, Art 1, 3, 97 GG. Auf Vorlage beim BVerfG wird dennoch verzichtet, stattdessen trotz erneuter Straftat wg. geringer Schwere der Tat und positiver Prognose unter Einbeziehung der Jugendstrafe von 8 Monaten Bildung einer auf 60 Stunden gemeinnützige Arbeit gemilderten Gesamtstrafe nach § 31 JGG.
OVG NRW 18 B 1864/07, B.v. 21.01.08, NVwZ-RR 2008, 423 Die Vorlage eines Passes im Verfahren auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis § 104a AufenthG nach langjähriger Passlosigkeit ist ein Indiz dafür, dass die Bemühungen um einen Pass zuvor unzureichend waren und behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung im Sinne des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG vorsätzlich hinausgezögert oder behindert wurden.
VG Ansbach AN 19 K 07.02641, U.v. 11.12.07 Kein Anspruch auf AE nach § 104a nach Asylwiderruf. Die Verurteilung eines Ehepartners zu einer Strafe von 100 Tagessätzen in 1998 führt zum Ausschluss beider Partner [Anmerkung: mit der Frage der Tilgung nach dem BZRG setzt sich das VG nicht auseinander!]. Eine Härte nach § 104a Abs. 3 ist nicht erkennbar, da die drei Kinder der Kläger inzwischen volljährig sind und der Klägern auch angesichts ihres Alters eine Rückkehr in den Irak nicht unzumutbar ist.
OVG Niedersachsen 11 ME 132/07, B.v. 20.11.07 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2143.pdf Die 1947 und 48 geborenen Antragsteller sind 1996 mit ihren Kindern eingereist. Sie können sowohl über § 25 IV S 2 (Verlängerung der bisher nach § 25 V erteilten Aufenthaltserlaubnis, die die Ausländerbehörde wg. Volljährigkeit der Kinder nicht mehr verlängern wollte) als auch über § 104a I AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis beanspruchen. Zwar verfügen die Antragsteller trotz ihres langjährigen Aufenthalts nicht über die von § 104 a Satz 1 Nr. 2 AufenthG geforderten Deutschkenntnisse. Nach § 104 a Abs. 1 Satz 5 AufenthG wird jedoch von den Deutschkenntnissen abgesehen, wenn der Ausländer diese Anforderung aus Altersgründen nicht erfüllen kann. Davon ist bei den zwischenzeitlich sechzigjährigen Antragstellern auszugehen.
OVG NRW 18 B 230/08, B.v. 12.02.08, InfAuslR 2008, 211 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2166.pdf Lange zurückliegende fehlende Mitwirkung bei der Passbeschaffung kein Ausschlussgrund nach § 104a AufenthG. Dem Wortlaut zufolge lassen sich unter § 104a Abs. 1 Sat 1 Nr. 4 AufenthG auch schlicht mangelnde selbstinitative Bemühungen um die Passbeschaffung fassen. Dabei einhält die Bestimmung keine zeitliche Vorgabe oder sonstige Anforderung, so dass dem Wortlaut zufolge auch ein sehr lange zurückliegendes und/oder einmaliges Hinauszögern oder Behindern aufenthaltsbeendender Maßnahmen darunter fällt. Demgegenüber spricht Einiges für ein einschränkendes Verständnis dieser Bestimmung. So nennen die Anwendungshinweise des BMI konkrete Beispiele, wann die Mitwirkungspflicht nicht erfüllt ist, etwa wenn der Betreffende Personaldokumente vernichtet oder unterdrückt hat oder innerhalb eines bestimmten Zeitraumes nach Aufforderung nicht bei seiner Vertretung vorgesprochen hat. Der Erlass des Innenministeriums NRW fordert eine wertende Gesamtbetrachtung und spricht von beharrlicher Weigerung bei der Passbeschaffung. Diese liege hier nicht vor, weil der Antragsteller sich im Jahre 2000 bei seiner Botschaft wieder um Pässe bemüht hat.
VG Göttingen 1 A 390/07, U.v. 21.05.08 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2185.pdf Anspruch auf Ausweisersatz für bisher geduldete Kosovaren, die eine Aufenthaltserlaubnis beantragt haben. Derzeit ist es für Kosovaren unzumutbar, sich wegen Beantragung eines neuen Passes an Serbische Generalkonsulate zu wenden, unabhängig davon, dass diese bereit sind, an Kosovaren neue Pässe auszugeben.
OVG Rheinland-Pfalz 7 B 10027/08.OVG, B.v. 22.02.08, InfAuslR 2008, 249, www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/12845.pdf Eine Jugendstrafe von 2 Jahren schließt nach der Erlasslage in Rh-Pfalz sowohl die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach der Bleiberechtsregelung der IMK vom November 2006 als auch nach der Altfallregelung des § 104a AufenthG aus.
VG Frankfurt/M 1 E 3668/07 (2), U.v. 23.01.08, Asylmagazin 4/2008, 33, www.asyl.net/Magazin/Docs/07/M-9/12846.pdf Unzumutbarkeit der Passbeschaffung, wenn dazu eine unwahre Erklärung gegenüber der Heimatvertretung abgegeben werden muss. Die wegen Passlosigkeit geduldete Klägerin hatte sich geweigert, überhaupt beim iranischen Konsulat vorzusprechen, um einen Passantrag zu stellen.

Das VG führte aus, dass die iranischen Behörden bekanntermaßen eine Erklärung verlangen, nach dem die Antragsteller den Pass zur freiwilligen Ausreise erhalten wollen ("Freiwilligkeitserklärung"). Da die Klägerin Deutschland nicht freiwillig verlassen will, kann von ihr nicht verlangt werden, die Heimatvertretung zu belügen. Eine solche Forderung stellt einen unzulässigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG) dar.

Dass der Asylantrag nach § 30 Abs. 3 AsylVfG als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, steht der Aufenthaltserlaubnis nach § 104a AufenthG nicht entgegen. Betrachtet man § 10 Abs. 3 isoliert, so käme eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104a - unterstellt die Norm vermittle keinen Rechtsanspruch - somit nicht nur für solche Asylbewerber nicht in Betracht, deren Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden ist, sondern auch für diejenigen, deren Asylantrag „einfach“ abgelehnt worden ist. Denn § 104a befindet sich nicht im 5. Abschnitt des 2. Kapitels, sondern im 10. Kapitel des Aufenthaltsgesetzes. Dieses Ergebnis kann jedoch nicht richtig sein. Es hätte zur Folge, dass der gesetzliche Zweck des § 104a nicht erfüllt werden könnte und diese Norm faktisch leer liefe. Denn § 104a wäre auf die weit überwiegende Mehrzahl der Ausländer, die nach dem Willen des Gesetzgebers von dieser Vorschrift erfasst werden sollen, nicht anwendbar.

Ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drs 16/5065, 384) soll § 104a AufenthG dem Bedürfnis der seit Jahren im Bundesgebiet geduldeten und hier integrierten Ausländer nach einer dauerhaften Perspektive in Deutschland Rechnung getragen werden. Der Gesetzgeber hat die Altfallregelung des § 104a AufenthG gerade deshalb geschaffen, um abgelehnten Asylbewerbern, die nicht abgeschoben werden können, einen legalen Aufenthalt und damit eine dauerhafte Perspektive in Deutschland zu verschaffen.


OVG Berlin-Brandenburg 12 S 6.08. B.v. 18.01.08 www.asyl.net/Magazin/Docs/07/M-9/12660.pdf "Sippenhaft" bei der Altfallregelung nach § 104a AufenthG ist verfassungsgemäß (hier: Ausschluss der Ehefrau und der Kinder wegen Straftaten eines Elternteils).

Es handelt sich um eine aus humanitären Gründen eingeräumte Vergünstigung, bei deren Ausgestaltung dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zusteht. Für minderjährige Kinder, deren Eltern straffällig geworden sind, entspricht dies dem Grundsatz, dass das Kind das aufenthaltsrechtliche Schicksal der Eltern teilt (vgl. BT-Drs. 16/5065, 202), der auch sonst das Aufenthaltsrecht von Kindern prägt. Die Regelung begegnet bei summarischer Prüfung keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, auch nicht mit Blick auf Art. 6 GG, da die Antragsteller ausreisepflichtig sind, sodass eine Trennung der Familie selbst bei einer erzwungenen Rückkehr nicht bevorsteht.


OVG Niedersachsen 12 ME 23/08, B.v. 28.01.08 www.asyl.net/Magazin/Docs/07/M-9/12574.pdf Die Anwendung der Altfallregelung ist nach § 104 a Abs. 1 S. 1 Nr. 4 AufenthG auch ausgeschlossen, wenn der Ausländer zwar nicht durch aktives Tun, sondern durch beharrliches Untätigbleiben oder die Nichterfüllung von Mitwirkungspflichten vorsätzlich die Aufenthaltsbeendigung hinausgezögert oder behindert hat.
VG Berlin VG 19 A 255.07, B.v. 18.02.08, www.asyl.net/Magazin/Docs/07/M-9/12590.pdf Eine vorsätzliche Identitätstäuschung schließt nach der Berliner Erlasslage auch dann die Anwendung der Bleiberechtsregelung auf Grundlage des IMK-Beschlusses aus 06 aus, wenn sie nicht ursächlich für die Verlängerung des Aufenthalts war.
VG Berlin VG 15 A 415.07, B.v. 11.02.08 www.asyl.net/Magazin/Docs/07/M-9/12591.pdf Der Ausschluss von Familienangehörigen von der Altfallregelung gem. § 104 a Abs. 3 S. 1 i. V. m. Abs. 1 S. 1 Nr. 6 AufenthG ist verfassungsgemäß; die Härtefallregelung des § 104 a Abs. 3 S. 2 AufenthG gilt über den Wortlaut hinaus nicht nur für den Ehegatten sondern auch für sonstige Angehörige des straffällig gewordenen Ausländers; eine besondere Härte i. S. d. § 104 a Abs. 3 S. 2 AufenthG liegt insbesondere bei "faktischen Inländern" und ihren Eltern vor.
VG Hamburg 8 K 3678/07, U.v. 30.01.08 www.asyl.net/Magazin/Docs/07/M-9/12905.pdf Der Ausschluss von der Altfallregelung gem. § 104 a Abs. 1 S. 1 Nr. 4 AufenthG durch Verzögerung oder Behinderung der Aufenthaltsbeendigung setzt Handlungen von einigem Gewicht voraus.
OVG NRW 18 E 471/08, B.v. 05.06.08, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2190.pdf Zu den zumutbaren Anstrengungen eines Ausländers zur Aufklärung seiner Identität und Passbeschaffung gehört nach dem Fehlschlagen aller sonstigen Anstrengungen regelmäßig, in Deutschland und im Herkunftsland einen Rechtsanwalt zu beauftragen.

Der Besitz eines gültigen Passes zählt zu den Obliegenheiten eines Ausländers (§ 3 Abs. 1 AufenthG). Jener ist ferner Regelvoraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels (§ 5 Abs. 1 AufenthG) und damit auch für die hier erstrebte Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 bzw. 104a AufenthG.

Zudem verdeutlicht § 48 Abs. 3 Satz 1 AufenthG, dass ein Ausländer bei der Beschaffung von Identitätspapieren alle erforderlichen Mitwirkungshandlungen vorzunehmen hat. Diese müssen sich neben dem Bemühen um einen Pass oder Passersatz auch auf die Beschaffung sonstiger Urkunden und Dokumente unabhängig vom Aussteller richten, sofern sie zu dem Zweck geeignet sind, die Ausländerbehörde bei der Geltendmachung und Durchsetzung einer Rückführungsmöglichkeit zu unterstützen.

Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang auf seine Mittellosigkeit verweist, hat er mit dem Hinweis auf § 6 AsylbLG bereits zutreffend auf eine grundsätzlich in Betracht kommende Möglichkeit der Finanzierung der anlässlich der Beschaffung von Identitätspapieren gegebenenfalls entstehenden Kosten (u.a. für einen Rechtsanwalt in seinem Heimatland) hingewiesen. Vgl. hierzu OVG NRW16 A 600/06, B.v. 26.04.06, Bay. VGH Bayern 12 C 06.526, B.v. 03.04.06; zum SGB XII: LSG Berlin-Brandenburg L 15 B 24/06 AY, B.v. 04.12.06; zum BSHG: OVG NRW 16 B 2731/04, B.v. 23.02.05).

Allerdings ist es nicht Aufgabe der Ausländerbehörde, sondern des Ausländers, sich gegebenenfalls die dafür erforderlichen finanziellen Mittel zu beschaffen. Um diese muss sich der Kläger schon selbst bemühen und sie gegebenenfalls zu erstreiten versuchen.
VGH Ba-Wü 11 S 100/08, B.v. 16.04.08 www.asyl.net/Magazin/Docs/2007/M-9/13186.pdf EIne Aufenthaltserlaubnis auf Probe kann nach der "Soll"-Regelung des § 104 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG nur dann ausnahmsweise nicht beansprucht werden, wenn trotz Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Erteilung mit hinreichender Sicherheit prognostiziert werden kann, dass eine Verlängerung nicht in Betracht kommen wird, weder nach § 104 a Abs. 5 AufenthG noch nach der Härteregelung des § 104 a Abs. 6 AufenthG.

Vorliegend ist Abschiebeschutz im Hinblick auf die beantragte Aufenthaltserlaubnis nach § 104a zu gewähren. Ein die Versagung der Aufenthaltserlaubnis rechtfertigender atypischer Sachverhalt liegt nicht darin begründet, dass der Ehemann der Antragstellerin und Vater der 3 gemeinsamen Kinder am 23.01.2007 abgeschoben wurde von der Abschiebung der Restfamilie nur wegen schwangerschaftsbedingter Reiseunfähigkeit der Antragstellerin abgesehen wurde.



§ 104 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG differenziert nicht nach Duldungsgründen. Maßgeblich ist nach der Konzeption des Gesetzes - neben den weiteren in § 104 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 - 6 AufenthG normierten Voraussetzungen - allein die Aufenthaltsdauer. Ob und aus welchen Gründen sich der Ausländer geduldet, gestattet oder mit Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat, ist - abgesehen von Fällen des Rechtsmissbrauchs - unerheblich und spielt auch für die Frage, ob ein Ausnahmefall gegeben ist, keine Rolle.
VGH Bayern 19 ZB 07.2316, B.v. 18.06.08, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2212.pdf

Zur Anwendung der Ausschlussgründe Identitätstäuschung und selbst verhinderte Abschiebung beim IMK-Bleiberecht und bei § 104a AufenthG, und zur Abwägung mit Integrationsleistungen und mit Art 8 EMRK (Integration hier aufgewachsener Kinder).

Die vorläufigen bay. Bestimmungen zur Umsetzung des Bleiberechtsbeschluss der IMK v. 17.11.06 weisen – entsprechend dem Schlussstrich-Charakter der Regelung (vgl. die Anmerkung im Bleiberechtsbeschluss) - darauf hin, dass die Täuschung oder Behinderung von einigem Gewicht gewesen sein muss (für einen großzügigen Maßstab bei § 104a AufenthG - der den Bleiberechtsbeschluss ohne eine abweichende Zielsetzung in Gesetzesform fasst, vgl. BT-Drs. 16/5065, S. 201/202; Hinweise BMI zum RL-UmsetzungsG Nr. I.6; Hailbronner, AuslR, § 104a Rn 9 ff; a.A. Funke-Kaiser, GK AufenthG, § 104a Rn 37).

Dies berücksichtigt, dass eine sinnvolle Bleiberechtsregelung (also eine Regelung für Fälle langjährigen, ausländerrechtlich nicht gebilligten Aufenthalts, die neben dem Verhalten des Ausländers auch den Zeitfaktor und den Aufwand an Sozialausgaben und Verwaltungskraft in den Blick nimmt) von einem strengen Maßstab bei der Bewertung ausländerrechtlicher Pflichtenverstöße Abstand nehmen muss. Weiterhin muss nach den vorläufigen bayerischen Bestimmungen der ausländerrechtswidrige Erfolg in den Vorsatz aufgenommen sein (zu Nr. II. 6.1 IMK-Beschuss); der Ausschlussgrund ist von der Ausländerbehörde nachzuweisen (zu Nr. II. 6 IMK-Beschuss).

Nach dem Protokoll über ein Arbeitsgespräch im Bayerischen MI am 11.01.07, das der Feinsteuerung der Behördenpraxis dient und daher für die am Maßstab des Art. 3 GG orientierte gerichtliche Überprüfung Bedeutung besitzt, soll das Bleiberecht nicht Personen ausschließen, die zwar in mehr oder minder vorwerfbarer Weise ihre Rückführung verhindert haben, aber im Hinblick auf ihre Integrationsbemühungen eine neue Chance verdient haben (S. 8). Die Nichtanwendung des Bleiberechtbeschlusses, etwa wenn „nach jahrelanger Nichtmitwirkung nun plötzlich Pässe vorgelegt werden“, erklärt das MI für zu restriktiv. Im Ergebnis komme es auf eine Gesamtbetrachtung an, die auch Integrationsanstrengungen und -perspektiven berücksichtigt (S. 10).

Die Ausländerbehörde meint, die Klägerin habe hinsichtlich ihres Vaters und ihrer Schwiegermutter eine andere Adresse als sonst angegeben, und behördliche Briefe seien als unzustellbar zurückgekommen. Jedoch hat die Klägerin in den vergangenen zehn Jahren vielfach Angaben gemacht, mit deren Hilfe ihre Identifizierung durch die chinesischen Behörden ermöglicht werden sollte. Abgesehen von den beiden Angaben sind diese Angaben stimmig. Ein einmaliges Versehen der Klägerin ist daher weder auszuschließen noch unwahrscheinlich.

Die Ausländerbehörde legt die meldetechnischen Möglichkeiten der chinesischen Behörden dar. Es bestehen jedoch Zweifel, dass die chinesischen Behörden das Interesse der Ausländerbehörde an einer Rückführung teilen und ihre Auskünfte an diesem Interesse orientieren. Die Klägerin führt aus, von Abschiebung bedrohte Chinesen erhielten in der Regel keine Identitätsnachweise oder Reisepapiere. Diese würden erst ausgestellt, wenn ein Aufenthaltsrecht zugestanden worden sei.

Äußerungen der Zentralen Rückführungsstelle Nordbayern ist zu entnehmen, dass die Darlegungen der Klägerin nicht vollständig von der Hand zu weisen sind. Laut Lagebericht AA v. 05.09.95 zeigen die chinesischen Regierungsbehörden wenig Bereitschaft, bei der Identifizierung ihrer mutmaßlichen Staatsangehörigen mitzuwirken und Identitätspapiere auszustellen; Äußerungen in Rücknahmeverhandlungen deuteten darauf hin, dass die chinesische Regierung nur geringes Interesse an einer Rückkehr illegaler Auswanderer habe; im gleichen Sinne sämtliche nachfolgenden Lageberichte. Bei dieser Sachlage stellt es keinen überzeugenden Beleg für eine Unrichtigkeit der Identitätsangaben der Klägerin dar, wenn die chinesischen Behörden das Nichtgelingen der Identifizierung mitteilen.

Nachdem für ein vorsätzliches und schwer wiegendes Fehlverhalten der Klägerin keine hinreichenden Anhaltspunkte vorliegen, kann offen bleiben, inwieweit ein Verstoß durch besondere Integrationsleistungen aufgewogen wäre. Der Senat weist jedoch darauf hin, dass überdurchschnittliche Integrationsleistungen und -perspektiven vorliegen. In diesem Zusammenhang sind die Belange der Kinder der Kläger mit zu berücksichtigen. Es widerspricht Art. 8 EMRK, wenn der Beklagte dem keine Bedeutung zumisst.


OVG Berlin-Brandenburg 12 S 6.08. B.v. 18.01.08 www.asyl.net/Magazin/Docs/07/M-9/12660.pdf "Sippenhaft" bei der Altfallregelung nach § 104a AufenthG ist verfassungsgemäß (hier: Ausschluss der Ehefrau und der Kinder wegen Straftaten eines Elternteils).

Es handelt sich um eine aus humanitären Gründen eingeräumte Vergünstigung, bei deren Ausgestaltung dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zusteht. Für minderjährige Kinder, deren Eltern straffällig geworden sind, entspricht dies dem Grundsatz, dass das Kind das aufenthaltsrechtliche Schicksal der Eltern teilt (vgl. BT-Drs. 16/5065, 202), der auch sonst das Aufenthaltsrecht von Kindern prägt. Die Regelung begegnet bei summarischer Prüfung keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, auch nicht mit Blick auf Art. 6 GG, da die Antragsteller ausreisepflichtig sind, sodass eine Trennung der Familie selbst bei einer erzwungenen Rückkehr nicht bevorsteht.


OVG Nds 10 LA 260/08, U.v. 17.11.08 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2265.pdf Der Versagungsgrund des § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG ("Sippenhaftung") ist mit höherrangigem Recht vereinbar.

Angesichts des weiten gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums ist es nicht willkürlich und deshalb verfassungsrechtlich nicht bedenklich, Familienmitglieder aufenthaltsrechtlich als Gemeinschaft zu behandeln und eine Aufenthaltserlaubnis zu versagen. Für minderjährige Kinder, deren Eltern straffällig geworden sind, entspricht dies dem Grundsatz, dass das minderjährige Kind das aufenthaltsrechtliche Schicksal der Eltern teilt. Hinzu kommt, dass auf Grund der häuslichen Gemeinschaft ein negativer Einfluss auf die übrigen Familienmitglieder nicht auszuschließen ist. Dies gilt auch für das Verhältnis von Geschwistern untereinander. Für die Fälle, in denen Kinder eine Straftat begangen haben, ist der Ausschluss der Eltern im Hinblick auf ihre Aufsichts- und Erziehungspflicht gerechtfertigt (BT-Drucks. 16/5065 S. 202).



Vorstrafen sind im Hinblick auf den weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers so lange zu berücksichtigen, bis sie nach dem Bundeszentralregistergesetzes BRZG getilgt sind und damit einem Verwertungsverbots unterliegen, auch wenn sie vor Beginn der Voraufenthaltszeiten nach der Altfallregelung ergangen sind.
VG Wiesbaden 4 K 503/08.WI U.v. 03.09.08 www.asyl.net/Magazin/Docs/2007/M-9/14620.pdf § 104a Abs. 3 AufenthG ("Sippenhaftung"), d.h. Ausschluss von der Altfallregelung wegen Straftaten von Familienangehörigen) ist verfassungskonform.

OVG Bremen 1 S 498/08 (PKH), B.v. 11.02.09 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2272.pdf Die Regelung des § 104a Abs. 3 AufenthG ("Sippenhaftung") ist im Hinblick auf Art. 6 GG verfassungsrechtlich zweifelhaft, diese Frage ist nur im Hauptsacheverfahren zu klären, deshalb PKH. Die bestehenden verfassungsrechtlichen Zweifel sind durch die dazu vorliegende Rspr. (vgl. OVG Bln-Brandenburg 12 S 6.08, B.v. 18.01.08 www.asyl.net/Magazin/Docs/07/M-9/12660.pdf, das die Regelung als verfassungskonform ansieht) nicht ausgeräumt.

Ob § 104 Abs. 3 nach Wortlaut und Zweck auch auf eheähnlichen Gemeinschaften (hier: Ehe nach Roma-Recht, zwei mdj. Kinder) anwendbar ist, und bei Fehlverhalten des einen das Bleiberecht des anderen Partners ausschließt, bedarf gleichfalls der Klärung im Hauptsacheverfahren.


VGH Ba-Wü 11 S 2235/08 B.v. 03.11.08 www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/14427.pdf Die Altfallregelung nach § 104 a AufenthG führt nicht dazu, dass die Annahme eines Abschiebungsverbots gem. Art. 8 EMRK wegen Schutzes des Privatlebens gesperrt ist, wenn der Ausländer wegen Straftaten nicht in den Genuss der Bleibe- oder Altfallregelung kommt.
VG Kassel 4 E 1652/07 U.v. 26.11.08 www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/14493.pdf Aufenthaltserlaubnis nach § 104 a i. V. m. § 23 Abs. 1 AufenthG. Der Kläger hat keine Bezüge zu extremistischen oder terroristischen Organisationen mehr und unterstützt diese auch nicht. Er hat seit 2001 an keinerlei Aktivitäten der PKK mehr teilgenommen und ist Anfang des Jahres 2002 auch aus dem Kurdischen Elternrat e. V. in … ausgeschieden. In der mündlichen Verhandlung hat er sich glaubhaft von der PKK und den ihr nahestehenden Organisationen distanziert.
OVG Nds 13 PA 145/08 B.v. 08.12.08 www.asyl.net/Magazin/Docs/2007/M-9/14505.pdf-: Keine Aufenthaltserlaubnis nach § 104 a Abs. 1 AufenthG, weil die Sperrwirkung des § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG entgegensteht (nach § 30 Abs. 3 AsylVfG als offensichtlich unbegründet abgelehnter Asylantrag).
OVG Berlin-Brandenburg 3 M 50.08, B.v. 10.11.08 (PKH) www.asyl.net/Magazin/Docs/2007/M-9/14503.pdf § 104 a Abs. 1 AufenthG beinhaltet als "Soll-Regelung" keinen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis i. S. d. § 10 Abs. 3 S. 2 AufenthG (Ablehnung wg. nach § 30 Abs. 3 AsylVfG als offensichtlich unbegründet abgelehntem Asylantrags).
VG Bremen 4 K 432/06, U.v. 27.10.08 www.asyl.net/Magazin/Docs/2007/M-9/14436.pdf
Ein vorsätzliches Behindern oder Verzögern der Aufenthaltsbeendigung gem. § 104a Abs. 1 AufenthG liegt nicht vor, wenn ein Ausländer eine Mitwirkungshandlung verweigert hat, deren Zumutbarkeit in der Rechtsprechung umstritten ist (hier: Abgabe einer sog. "Freiwilligkeitserklärung" gegenüber der Botschaft des Iran).
VGH Bad-Wü 13 S 2751/08 B.v. 28.10.08 www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/14480.pdf Eine Täuschung über aufenthaltsrechtlich relevante Umstände schließt gemäß § 104a Abs. 1 AufenthG das Bleiberecht auch dann aus, wenn sie für das Unterlassen oder die Verzögerung einer Abschiebung nicht kausal war.

OVG Hamburg 3 Bf 370/07 B.v. 14.10.08 www.asyl.net/Magazin/Docs/2007/M-9/14748.pdf Eine Täuschung gem. § 104a Abs. 1 AufenthG schließt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach der Altfallreglung auch aus, wenn sie nicht ursächlich für den weiteren Aufenthalt war, weil sie letztlich erfolglos blieb.

Es bleibt offen, ob für Unterbrechungszeiten § 85 AufenthG entsprechend anzuwenden ist, da Unterbrechungen allenfalls außer Acht bleiben könnten, die Unterbrechungszeiten aber nicht auf die notwendige Aufenthaltsdauer angerechnet werden.


VG Oldenburg 11 A 1233/08, U.v. 26.11.08 www.asyl.net/Magazin/Docs/2007/M-9/14737.pdf Nach § 104a AufenthG genügt es, wenn der Ausländer am 01.07.07 einen Anspruch auf eine Duldung besaß; Unterbrechungen des Besitzes einer Duldung, Aufenthaltsgestattung oder Aufenthaltserlaubnis sind in entsprechender Anwendung des § 85 AufenthG unbeachtlich.

Wegen der "Soll-Regelung" kann keine Aufenthaltserlaubnis nach § 104a Abs. 1 erteilt werden, wenn sicher davon auszugehen ist, dass der Ausländer seinen Lebensunterhalt nach dem 31.12.09 nicht durch eigene Erwerbstätigkeit wird sichern können und auch kein Härtefall nach § 104a Abs. 6 vorliegt.


VGH Ba-Wü 13 S 519/09, B.v. 24.06.09, www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/15789.pdf Vorlagebeschluss ans BVerfG zur Verfassungswidrigkeit der "Sippenhaft" bei der Altfallregelung.

Leitsatz: "§ 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG, wonach eine nicht nach § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG unschädliche strafgerichtliche Verurteilung innerhalb einer häuslichen Gemeinschaft lebenden Angehörigen einer Familie anspruchsvernichtend zugerechnet wird, ist verfassungswidrig." Insbesondere ist das volljährige verheiratete Kind und in Konsequenz auch dessen Ehegatten aus systematischen und strukturellen Überlegungen aus dem Anwendungsbereich des § 104a Abs. 3 Satz 1 herauszunehmen.


OVG Niedersachsen 8 ME 109/10, B.v. 12.05.10 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2334.pdf Keine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach IMK-Beschluss vom Dezember 2009, da es den Antragstellern während des zweijährigen Besitzes der Aufenthaltserlaubnis auf Probe (§ 104a Abs. 1 AufenthG) trotz mehrerer zeitweiser Beschäftigungen nicht gelungen ist, ihren Lebensunterhalt überwiegend zu sichern. Dass sich hieran nach Erteilung einer weiteren, bis zum 31.12.2011 befristeten Aufenthaltserlaubnis grundlegend etwas ändern wird, ist trotz Teilnahme am ESF-Projekt Netzwerk C. seit Mai 2010 gerade aufgrund der mangelnden beruflichen Qualifikation und der Erkrankung nicht erkennbar.
VG Oldenburg 11 A 3452/10, U.v. 11.01.12 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2397.pdf Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104 a AufenthG iVm IMK-Bleiberechtsbeschluss 2009 auch ohne Lebensunterhaltssicherung bei ernsthaften Arbeitsbemühungen.


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