Diplomarbeit – Flurnamen



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Anthroponyme in Flurnamen43

Flurnamen, die Anthroponyme enthalten, benennen viele Objekte. Diese Benennungsweise stellt eine wichtige Möglichkeit bei der Flurnamenbildung dar. Impuls für solche Flurnamen war Beziehung eines Menschen zum benannten Objekt. Man unterscheidet fünf Arten von Motivationen, die Eigennamen in die Flurnamen eingliedern, es sind44:



  1. Eigentumsverhältnis – Objekt gehörte derjenigen Person, beim Entstehen dieses Flurnamens konnte diese Person nicht mehr lebendig sein (Vránův skok)

  2. Gründungsverhältnis – der Eigenname weist an den Gründer des Objektes hin, dieses geschieht in Teich- (Smolek) oder Waldnamen (Klofáč)

  3. Besitz-, Mietverhältnis – deutet auf Person hin, die im vermieteten Objekt tätig war oder lebte (Za Izákem)

  4. Verhältnis der Verehrung – sakrale und profane Bauten; Sakralbauten wurden nach den beliebten Heiligen benannt (U sv. Antoníčka), Profanbauten sind nach dem gleichen Prinzip (beliebte Personen) benannt (Johančino nábřeží – genannt zu Ehren von Johanka und ihrer Heirat)

  5. historisches, individuelles Verhältnis – Objekt wurde nach einer Person, die zu dem Platz eine Beziehung hatte, benannt; oder falls es sich um ein Lieblingsort oder Ort des Todes handelte (Helenin dub)

In den Flurnamen, die direkte Benennung enthalten, stehen Personennamen im Vordergrund. Manchmal kann der Flurname auch die präpositionale Konstruktion haben (U Hausmanova křížku). Mehrwortige Benennung hat einen mehr komplizierten Ausdruck (U Štěpánka hajného lesy).


Arten und Formen von Anthroponymen in Flurnamen

In den tschechischen Flurnamen sind vor allem Familien-, Vor- und Nachnamen vertreten, nicht so häufig sind Spitznamen.45



  1. Vornamen erscheinen in Flurnamen selten, der meist verbreitete Vorname ist Kateřina. Vornamen kommen in der Grundform (Jan, Anna) oder als Hypokoristikum / Kosewort (Honza, Anička), manchmal in der mundartlichen Form (Markýta) vor. Einige Vornamen tauchen in zwei schriftlichen Formen (Fabián - Fabiján) auf, wo die zweite Variante phonetisch ist.

Die Heiligen haben auch ihren Platz in Flurnamen (Mikuláš, Antonín), die vor allem Sakralbauten benennen. Selten sind Namen von bekannten Persönlichkeiten (U Napoleóna) oder biblische Namen (Herodes – Benennung eines Felsens) zu sehen.

Die Benennungen sind entweder direkt (Anička - Baumschule), oder präpositional verwendet (U Alžběty – Wald hinter der Kapelle mit der Statue von Hl. Elizabeth). Possessivadjektiv ist eine andere Möglichkeit (Na Miladiným). Alle in Flurnamen benutzten Vornamen kommen in der gegenwärtigen Gesellschaft vor.



  1. Nachnamen erscheinen in Flurnamen sehr oft, sie erfassen das System von den in ganzen Böhmen benutzten Nachnamen in der Zeit der Flurnamenbildung. Typisch tschechische Nachnamen kommen in Flurnamen oft vor – Novák, Dvořák, Horák, Čihák. Viele Nachnamen sind nur in Einzelfällen zu sehen (Prkno, Zlevar), die zurzeit unter lebenden Einwohnern nicht zu finden sind. Bei einigen Namen kann man die Grundform nicht eindeutig erkennen.


Form der Nachnamen
Viele Nachnamen existieren in zwei oder mehreren Schriftformen, bei Nachnamen tschechischer Herkunft ist die Differenz in verschiedentlich langen Vokalen (z.B. Kameník und Kamenik) oder in der Qualität der Konsonanten (z.B. Kalkus und Kalkuš) zu suchen. Formunterschiede (Dočekal und Dočkal) stellen eine nicht umfangreiche Gruppe der unterschiedlichen Formen dar. Man kann mehrere Schriftformen bei Namen deutscher Herkunft sehen (Hoffmann – Hoffman, Hofmann, Hofman), es war durch ungenaue phonetische Umschreibungen bedingt.

Die männlichen Nachnamen sind in Flurnamen mehr vertreten, häufig in Form von Possessivadjektiv, was ein Problem bei der Bestimmung der Grundform bedeutet (Baršovo konnte von Bareš oder Barš entstehen). Weibliche Formen mit Endung -ová sind sehr selten zu sehen.

Die Nominativform tritt bei Namen der Teiche in Südböhmen, Namen der Wälder, Felder und Wiesen auf. Mit Präpositionalfügung kann man durch ein oder zwei Wörter gebildete Flurnamen vor allem in Ostböhmen beobachten (Cíglerova, Kmochův ostrov).

Adjektivnachnamen verwendet man in einer zusammengestellten Form (z.B. U Spurnýho, Na Hebkýho palouce). Die Deklination von Possessivadjektiven ist jeweils durch Suffix -ův aus Adjektivnachnamen vertreten: Novotný – Novotnův – Novotnový und es entstanden Flurnamen U Novotnový skály usw.



  1. Familiennamen tauchen im Nominativ meistens als Namen von Ortsteilen mit Suffix -ovi, das sind aber Ortsnamen. Die möglichen Formen sind: Genitiv mit (U Horáků), Suffix -ových/-ovejch ist nur in einigen Gebieten zu sehen, Instrumental mit

-ovy in Präpositionalphrasen (Na Mendlovy), Form mit -ovic (Novákovic) usw. Die Formen differieren in verschiedenen Dialekten.46
Die formale Seite der Flurnamen mit Anthroponymen47

  1. Anthroponym im Nominativ als einzige lexikalische Einheit, im Präpositionalkasus und als Possessivadjektiv (Jana, Na Špačkovým, U Studenů)

  2. Anthroponym in Verbindung mit einem anderen Anthroponym oder Eigenname in indirektem und präpositionalem Kasus (Pod Karlem Novákovým, Vorlovo Standy, U Šnajdra a Zelenky, Musilovo a Zelených)

  3. Anthroponym mit danach stehendem Appellativ (Za Moravcem hony, U Nováků ve statku, Šimkovo u křížku, Na Štěpánkovým u vodojemu, Pod Rybovou cestou)

  4. Anthroponym mit vorher stehendem Appellativ (U cihelny Cais, Vohrádka Vorlova, U Buku Oldovo, Slatina Moudrého, U lesa Špindlerovo)

Mit Flurnamen, die Anthroponyme enthalten, benannte Objekte

Wie schon oben geschrieben, das Motiv für Benennung eines Objektes war bei diesen Flurnamen Beziehung einer Person zu diesem Objekt. Diese Namen kann man in weitere Gruppen teilen48:


  • Flurnamen, die sich zum Boden beziehen und die benennen – Erhöhungen, Täler; stehende Gewässer; Felder, Gärten, Weiden

  • Flurnamen, die sich auf Vegetation beziehen – Wälder, Bäume, Baumschulen

  • Flurnamen, die Objekte benennen, in den sich die Menschenarbeit realisiert (Stoffbearbeitung) – Brüche, Sandgruben

  • Flurnamen, die Ergebnisse menschlicher Arbeit benennen – Sakralbauten, Profanbauten, Wege


Flurnamen deutscher Herkunft in Böhmen
Deutsche Namen sind zusammen mit deutschen Bewohnern vor allem in die Grenzgebiete Böhmens gekommen sowie in engige, so entstandene Sprachinsel. Die deutschen Bauern kamen auf unser Areal vermehrt seit dem 12. Jahrhundert, dieses Geschehen war mit Wirtschaftssituation Böhmens im 12. und 13. Jahrhundert verbunden. Der brach gelegene Boden wurde bearbeitet und deswegen hat man für eine gute Orientierung Flurnamen entwickelt.49
Deutsche Flurnamen kann man genauso wie die tschechischen einteilen50:

  1. 1 direkte eingliedrige – a) nicht abgeleitet: Qual – für nasse Wiese, Tannen für Tannenwald; b) abgeleitete mit Präfix – Anbühl (an- + -bühel) für Abdachung und abgeleitete ohne Präfix – Altung (alt + -ung) für einen alten Flusslauf

  1. 2 direkte mehrgliedrige determinativ a) einwortig – Komposita: Bergäckerlein = Feldchen auf einem Berg, Ziegenberg; b) mehrwortige mit Kongruenz – Weißer Berg, Krummer Acker

  2. Indirekte – präpositional: Am Berg, Im Kessel

Einzelne Typen konnten kombiniert erscheinen. Deutsche Flurnamen aus Kompositen waren im Vergleich mit tschechischen sehr produktiv, ebenso Präpositionalphrasen und mehrwortige Ableitungen.

Große Veränderungen in Entwicklung von deutschen Flurnamen stellte das Jahr 1945 dar. Deutsche Bewohner wurden ausgesiedelt, die Ankunft neuer tschechischer Ansiedler war i.d.R. mit Verschwindung oder Adaptation deutscher Flurnamen ins Tschechische verbunden. Dank einigen Faktoren erhalten sich viele deutsche Namen in unserer Gegend auch nach dem Jahre 1945. Vor allem waren es Sprachkontakte, die die Kontinuität der deutschen Flurnamen bewahrten. Zuerst mit Deutschen, später Kontakte der Alteingesessenen mit neugekommenen Bewohnern. Die Kontinuität hängt auch mit der Größe der Objekte zusammen. Die größten Objekte waren für die Orientierung für Leute aus mehreren Dörfern sehr wichtig, deswegen bewahrten sich diese Namen. Ein weiterer Faktor für Namenbewahrung war die Bodenbearbeitung, später haben die Agrargenossenschaften einzelne Felder in größere Einheiten ggf. mit einem gemeinsamen Namen zusammen gebunden.51

Die sprachliche Kontinuität der deutschen Flurnamen wurde durch deutsche Dialekte, die auf unserem Gebiet gesprochen wurden, geleistet. Es waren oberdeutsche (Bairisch, Ostfränkisch) und mitteldeutsche (vor allem ostmitteldeutsche) Dialekte. In Südböhmen wurde Mittelbairisch, weiter nach Nordwesten Nordbairisch, dann Ostfränkisch und in Nordböhmen Sächsisch gesprochen. Nord- und Nordostböhmen sind durch schlesische Mundarten charakteristisch. Einzelne Dialekte hatten nicht die reine Form, viele andere lokale Mundarten beeinflussten die gesprochene Sprache.52

Deutsche Flurnamen wurden später ins Tschechische integriert. Diese Flurnamen wurden meist nicht an die Schriftsprache angepasst, deswegen spiegeln diese Namen volkstümliches gesprochenes Deutsch wider.53

Die deutschen Flurnamen kann man insbesondere im Hinblick auf die Ebene der Phonologie, Morphologie und Lexikologie untersuchen.



Phonologische Veränderungen

  • Adaptation der Laute: es gibt entweder Äquivalente in beiden (Ausgangs- und Ziel-) Sprachen, oder es kommt zu grundsätzlichen Änderungen bei Lautveränderungen (vor allem bei Lauten, die in der Zielsprache nicht existieren - Diphthonge)54

  • Kerny (bei Holašovice in Südböhmen): gern aker, gern wiese, Gernwißfleken – Wort gern (Gehre, Gehren, mhd. gêr, gêre) ist in Bedeutung von „Keil, etwas Keilförmiges“, in Landwirtschaft „ein kürzeres keilförmiges Feld zwischen längeren Parzellen“, in deutschen Gebieten oft belegt. Die tschechische Form mit dem K- am Anfang geht aus der bairischen Aussprache aus.55


Morphologische Veränderungen

  • deutsche Flurnamen wurden so lange gebraucht, dass auch ihre Deklination angepasst wurde (Zuordnung zu einem Genus) – auf dieser Ebene kann man Flurnamen folgenderweise einteilen56:

  • morphologisch nicht geändert – nach dem Jahre 1945 nicht mehr verwendet (Hausfelder, Vierteln)

  • in Tschechisch mit tschechischer Präposition, aber nicht der tschechischen Deklination angepasst – eine temporäre Gruppe von Flurnamen (Na šajm, Na Henebizn), später wahrscheinlich ins Tschechische integriert

  • morphologisch angepasst (Na Kacaberku, Hinterperky)


Lexikalische Veränderungen57

  • Teil des deutschen Kompositums wird durch ein tschechisches Suffix ersetzt (Muttergottesberg > Mutrák)

  • ein Teil des deutschen Namens wird an tschechisches Suffix angepasst (Bühel > Píhal)

  • die deutsche Basis wird um tschechische Affixe erweitert (pod- + Berg > Podperky)

Die Adaptation der deutschen Flurnamen ins Tschechische wird durch Überschichtung mit tschechischen Sprachmitteln charakterisiert, vor allem nach Unterbrechung der Sprachkontakte. Die deutschen Namen konnten auch übersetzt werden. Die semantische Kontinuität wird damit bewahrt. Einige deutsche Namen, die gleiche formale Bildung als tschechische Namen haben (z.B. Deutscher Steig = Německá stezka – direkte mehrgliedrige determinative Bezeichnung58), konnten Wort für Wort übersetzt werden. Dagegen deutsche Komposita brauchten Modifikation der Struktur und auch Semantik (z.B. Bachacker = Zapotoky, Sandkapelle = kaplička Na písku, Hopfengarten = Na Chmelnici). Bei der Übersetzung konnte die Bedeutung durch falsche Etymologie geändert werden (Haselberg aus Hasel und Berg, nicht Hase – übersetzt als Zaječák).59

Seit dem Jahr 1951 fand Revision und Standardisierung der Flurnamen für Landkarten statt. In den ehemaligen deutschen und deutsch-tschechischen Regionen verminderte sich die Zahl der Flurnamen und man musste sie tschechisieren. Die Namen wurden übersetzt (Fünffingergasse -> Pětiprstí), aufgrund des Klanges gestaltet (Bileberg -> Bílý vrch) oder ersetzt (Gottsein Fels -> Na skalkách). Die tschechisierten und unklaren Namen wurden stehengelassen (Wutscheracker -> U vůči), verdeutschte tschechische Namen wurden wieder tschechisiert (Klum Berg -> Chlum).60
Die deutschen Dialekte zeigen uns detailliert die Besiedlung Tschechiens, die typischen Züge der Mundarten verraten mehr über dortige Einwohner, über ihre Migration und Kolonisation.
Besiedlung Tschechiens und insbesondere des Gebietes Böhmisch Leipa
Der Bezirk Böhmisch Leipa (Česká Lípa) wurde später als das Innland Tschechiens, erst in der christlichen Zeit gegen Jahren 950 bis 1150, besiedelt. Im 5. Jahrhundert v. Ch. erschienen die Kelten in Böhmen, nach denen diese Gegend Bojerheim oder Bojoheim genannt wurde, in Besitz nahmen. Nach ihnen gelangen nach Böhmen Markomannen. Die weiteren Bewohnern waren die Slawen, die mehrere Siedlungen (darunter auch z.B. Böhmisch Leipa) gegründet und die viele Flurnamen den Naturobjekten (Berge Wilschtberg (Vlhošť), Gans (Husa); Fluss Polzen (Ploučnice); Wälder Dubinky und Bučiny u.a.) gegeben hatten.61

Das gut zugängliche Polzental und die Nähe der Oberlausitz (Horní Lužice) und Zittau (Žitava) haben die Deutschen dazu gelockert, hier Siedlungen zu gründen. Die deutsche Kolonisation gelangte hierher im 13. Jahrhundert, die slawischen Siedlungen wurden zu deutschen umgestaltet. Im ehemaligen Gerichtsbezirk Deutsch Gabel (Jablonné v Podještědí) sind Namen deutscher Herkunft aus dem 13. Jahrhundert zu finden. Das erkennt man aus den Namenberührungen mit Lautersatz: „Namen auf -dorf, -hain, -walde, z.B. Hennersdorf (Dubnice), 1405 Heinrichsdorf; Hermsdorf (Heřmaničky), 1454 Hermansdorf; Ringelshain (Rynoltice), 1352 Rynoldi villa.“62 Im Gerichtsbezirk Böhmisch Leipa (Česká Lípa) kommen meistens tschechische Namen vor, parallel auch Ortsnamen deutscher Herkunft aus dem 13. Jahrhundert. Im Gerichtsbezirk Niemes (Mimoň) wurde das Kummergebirge (Hradčanské stěny/ Polomené hory) als ein Gebiet, das sich zur Besiedlung nicht eignet, gesehen. Deswegen wurde es von Tschechen und auch Deutschen gemieden und galt als eine Siedlungsscheide.63

Früh nach der Gründung von Böhmisch Leipa (Česká Lípa) wurde Niemes (Mimoň) als eine deutsche Siedlung betrachtet (1262 Nemans). Die Anwesenheit von Deutschen ist also auch in dieser Region geltend. In das 13. Jahrhundert kann das Dorf Barzdorf (Pertoltice pod Ralskem) zurückreichen, dessen tschechische Mischname Pertolticze erst 1543 erschien.64 Neben Deutsch, wurde auch Tschechisch im 14. Jahrhundert um Niemes (Mimoň) gesprochen. Voitsdorf (Bohatice) wird 1371 als „Voytsdorf, quae in boemico dicitur Bohaticz65 genannt. Der Name von Reichstadt (Zákupy) kam zunächst in seiner tschechischen Variante vor (1352), 1554 ist die Stadt deutsch.66 Es gibt keine Zweifel, dass in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts Deutsche in dieser Gegend verweilen – der Name Rollberg (Ralsko) weist die Verdumpfung des tschechischen a auf (1380 w Ralsczye, 1435 Roll).67 In der Nähe von Niemes (Mimoň) befanden sich „teils deutsch benannte Dörfer wie Götzdorf (Božíkov), Barzdorf (Pertoltice), teils solche mit Doppelnamen wie Voitsdorf (Bohatice), teils solche mit tschechischem Namen wie Brenn (Brenná).“68 Hühnerwasser (Kuřívody) nannte sich im 13. Jahrhundert Freistadt (1279 civitas Vristad in qua est ecclesia s. Georgii, 1352 Libera civitas sive Kurziwoda).69 Zuerst eine deutsche Siedlung mit tschechischen Bewohnern wandelte sich in eine tschechische mit deutscher Bevölkerung um. Der tschechische Name wurde im 17. Jahrhundert ins Deutsche übersetzt. Genauso Oschitz (Osečná) gelang im 16. Jahrhundert in die Deutschtum.70
Während der Herrschaft von letzten Přemysliden und ersten Luxemburgern geschah eine nächste deutsche Kolonisation, im Jahre 1426 eroberten die Hussiten Weißwasser (Bělá pod Bezdězem), Niemes (Mimoň) und letztendlich auch Böhmisch Leipa (Česká Lípa). Mit diesen Kriegsereignissen hängt Verbreitung von Krankheiten, Pest, Hunger und Elend zusammen.71

Im 16. Jahrhundert wurden im Niemeser Gerichtsbezirk neue deutsche Namen gebildet: Audishorn (Útěchovice), 1322 Vtiechowicz begegnet 1544 Vtigishorn; Merzdorf (Břevniště), 1544 Brzewnistie, 1628 Merczdorf. Es könnte auf die Fortsetzung der Besiedlung auch während und nach Hussitenkriege hinweisen.72

Bei der Besiedlung war die Funktion des Lokators sehr wichtig. Er wurde von einem Grundherrn zur Anlage eines Dorfes berufen. Der Lokator besorgte dann die Leute für die Rodung oder Bodenbebauung. Nach der Arbeit bekam der Lokator, der manchmal auch die Stelle des Richters einnahm, zwei bis drei Parzellen in dem gegründeten Dorf. Einige Grundstücke bekam auch die Kirche.73

An der Struktur der Dörfer lässt sich entweder die deutsche oder die slawische Gründung erkennen. Die slawischen Siedlungen wurden um einen Platz in der Mitte gehäuft, die deutschen waren langgestreckte Anlagen. Das waren z.B. die sogenannten Waldhufendörfer, in denen jedes Haus seine eigene lange Parzelle bekam.74

Die slawische Vorbesiedlung in Plauschnitz (Ploužnice) wurde später durch Deutsche übernommen, was man auf der Flureinteilung beobachten kann: Plauschnitz gehörte erst zu Burg Dewin (Děvín), später (1432) zur Feste Struhanken (Stohánek) und schließlich zur Herrschaft Hühnerwasser (Kuřívody).75

Die deutschen Ortsnamen befanden sich im Gebiet von Drum (Stvolínky), nördlich vom Polzen (Ploučnice) bis an Böhmisch Leipa (Česká Lípa), weiter über Bürgstein (Sloup v Čechách) bis Gabel (Jablonné v Podještědí) und ostwärts nach Reichenberg (Liberec).76 Deutschen Flurnamen kamen nördlich von Dauba (Dubá), in Hirschberg (Doksy) und Hühnerwasser (Kuřívody), dann in Richtung nach Oschitz (Osečná) vor.77 Man findet Städte und Siedlungen, in denen sich schon im 14. Jahrhundert die tschechischen Bürger in Mehrheit durchsetzten, es sind: Reichstadt (Zákupy), Habstein (Jestřebí), Dauba (Dubá), Hirschberg (Doksy), Hühnerwasser (Kuřívody), Weißwasser (Bělá pod Bezdězem), Turnau (Turnov), Böhmisch Aicha (Český Dub), Liebenau (Hodkovice nad Mohelkou) und Reichenau (Rychnov u Jablonce nad Nisou).78

Die Besiedlung des Nordböhmens gelang in diese Gegend aus Zittau (Žitava), „dafür spricht die historische Auseinanderfolge der urkundlichen Nachrichten, die politische Entwicklung und auch die Mundart.“79 Die Stadt Zittau (Žitava) wurde zum ersten Mal im Jahre 1238 erwähnt, südlich davon wurde Gabel (Jablonné v Podještědí)1240 begründet. Nach Niemes (Mimoň) sind ostfränkisch-nordbairische Kolonisten von Norden und Westen gekommen.80
Sudetenland und seine Sprachräume
Die Bezeichnung Sudeten entspricht weitgehend dem Siedlungsgebiet der Deutschen in Böhmen (Čechy), Mähren (Morava) und Österreich-Schlesien (Rakouské Slezsko). „Es umfasste 3338 Gemeinden sowie 59 deutsche Sprachinselgemeinden im tschechischen Sprachgebiet. Bis 1945 betrug die Zahl der Sudetendeutschen rund 3,5 Millionen.“81 Vor mehr als 700 Jahren strömten die Deutschen in dieser Gegend als Bauern, Handwerker und Bergleute. Sie haben Wälder gerodet, neue Städte und Dörfer gebaut und das deutsche Stadtrecht in die Länder der böhmischen Krone gebracht. „Nach dem ersten Weltkrieg wurde das Sudetenland gegen den Willen seiner deutschen Bevölkerung dem aus der zerschlagenen Donaumonarchie neu geschaffenen Vielvölkerstaat der Tschechoslowakei zugeschlagen.“82 Durch das Münchner Abkommen aus dem Jahre 1938 wurden die sudetendeutschen Regionen dem Deutschen Reich zuerkannt. Mehr als 3 Millionen Sudetendeutscher wurden nach dem zweiten Weltkrieg durch die Beneš-Gesetze vertrieben. „Über 6.000 davon lebten bis 1945 in Niemes (Mimoň), weitere rund 25.000 in den umliegenden Städten und Orten des ehemaligen Gerichtsbezirkes Niemes.“83

Um 1900 bestand der Niemeser Gerichtsbezirk aus 5 Städten, 3 Pfarrdörfern, 51 Dörfern und 67 durch einzelne Häuser oder durch Häusergruppen gebildete "einschichtige" Ortsteile, mit zusammen 23.331 Einwohnern, aufgeteilt in 39 Ortsgemeinden.84



Die Nationalität der Bewohner kann man aus dem Namen des Pfarrers in demjenigen Dorf mit gewisser Wahrscheinlichkeit erschließen, die Pfarrer sollten in der Volkssprache predigen und deswegen wurde entweder der tschechische oder der deutsche Prediger in die Dörfer und Städte von der Kirche bestellt.85 Aus den Namen der Bewohner kann man genauso ihre Nationalität auffassen, obwohl sich die Bevölkerung untereinander vermischt hatte. Seit der Neuzeit und noch heute tragen manche Tschechen den deutschen und Deutsche den tschechischen Namen. Der Suche nach unterschiedlichen Orten des Vorkommens von Deutschen und Tschechen ist also die Sprache behilflich. Um eine umfangsreiche Erfassung der ganzen Geschichte der Sudetenländer hatte sich der Historiker, Sprachforscher, der Universitätsprofessor Ernst Schwarz mit vielen herausgegebenen und einigen leider nur vorbereiteten Büchern bemüht. Seiner Meinung nach soll „das Wissen um die Kulturleistungen in einem Zeitraum von über sieben Jahrhunderten nicht verloren gehen.“86
Da in die Sudeten Deutsche aus mehreren deutschsprachigen Gebieten gekommen sind, war die deutsche Sprache in Sudetenland nicht einheitlich. Die lokale Mundart wurde von den Beziehungen des Lokators und der ersten Einsiedler zur früheren Heimat bedingt, womit sich „eine gewisse gleichmäßige Siedlerschicht mit gleichmäßiger Mundart“87 gestaltet hat. Es wurden bairische, schlesische, ostfränkische und einige Inselmundarten gesprochen.88 Die nordböhmische Sprachlandschaft übernahm die Sprachzüge der sächsischen Mundart, man kann zwei Hemmlinien feststellen: die Brüxer – bei Stadt Brüx (Most) – und Kamnitz-Leipaer – von Böhmisch Kamnitz (Česká Kamenice) nach Böhmisch Leipa (Česká Lípa). In der zweiten Hemmstelle kommen ostfränkische Erscheinungen wie „entrundetes aich : oich euch, ostfränkisch Āgen : ostmitteldeutsch Ōgen, ofr. Nocht : omd. Nacht, hērt : hīrt hört“89 vor. Diese Aussprache hatte sich zu weit nach Osten bis zum Reichenberg (Liberec) ausgedehnt.90 Man sprach ọu für mhd. ā und gedehntes o von Teplitz (Teplice) bis Gablonz (Jablonec) und Friedland (Frýdlant),91 z.B. die sog. Kummersproche. Für mhd. ei war hier ęi, ēi verbreitet.92 Das mundartliche -e aus altem -a (oberdeutsch: Lind, Haid, Wies; mitteldeutsch: Linde, Heide, Wiese) wurde schriftlich in -a umgesetzt (in Nordböhmen: Haida, Liebwerda, Dauba; in Sachsen: Walda, Linda).93
Die deutsch-tschechische Sprachgrenze gestaltete sich innerhalb der Jahrhunderte und festigte sich im 17. Jahrhundert. Als ein Forschungsmittel werden die Erscheinungen des Lautersatzes verwendet, es sind „Beobachtungen, wie Laute der einen Sprache in der anderen wiedergegeben werden.“94 In beiden Sprachen begannen die Lautveränderungen bereits im Mittelalter, in der deutschen Sprache sind es:

  • „die Veränderungen der s- Laute, das Eintreten des Umlautes, die Diphthongierung der mhd. ī, ū, iu, die Verdumpfung des a, Veränderungen in der Anfangsbetonung – Apokope („Wegfall eines Auslautes oder einer auslautenden Silbe“95) und Synkope („Ausfall eines unbetonten Vokals im Wortinnern zwischen Konsonanten“96), die Wiedergabe des b (im Bairischen und Ostmitteldeutschen ist sie verschiedenartig)“97

  • auf der tschechischen Seite sind es folgende Lautveränderungen – „der Übergang von g zu h, von r zu ř, von ľu zu li, u.a.“98

Das ganze Gebiet von Tetschen (Děčín) an gegen Osten, die Gegenden des Polzen, um Rumburg (Rumburk), Schluckenau (Šluknov), Leipa (Česká Lípa), Reichenberg (Liberec) und Friedland (Frýdlant) bis gegen die Isergebirge (Jizerské hory) und die Oberlausitz (Horní Lužice) muss man als „ein sprachlich gemischtes Gebiet betrachten“,99 wo neben den kleinen slawischen Volksstämmen Deutsche in Mehrheit lebten. Die Slawen „nahmen bald auch deutsche Sitten und Sprache an und so unter den deutschen Bewohnern nach und nach verschwanden.“100



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