Näheres über Geschichte, Wesen, Entfaltung und Krisen des Gnadauer Verbandes —» Gemeinschaftsbewegung.
Name
In der Kolonie der -» Brüdergemeine Gnadau bei Magdeburg fand vom 22.-24. Mai 1888 eine erste Konferenz von 142 Personen der -» Erweckungsbewegung statt. Nach dem Ort erhielt der hier begründete Zusammenschluß seinen Kurznamen: Gnadauer Verband.
Organisation
GRUNDLAGEN UND ZWECK DES VERBANDES: Der Verein steht auf dem Boden der Heiligen Schrift und der reformatorischen Bekenntnisse. Er hat den Zweck, innerhalb der ev. Landeskirchen und darüber hinaus christliches Gemeinschaftsleben zu pflegen und in evangelistischer Wortverkündigung die Botschaft von Jesus Christus zu bezeugen. Die Verwirklichung dieser Zwecke erfolgt durch die Veranstaltung von —» Konferenzen, Arbeitstagungen und —» Freizeiten sowie die Herausgabe eines Vereinsorganes, christlicher Liederbücher und Schriften.
Leitung DES Verbandes: Der Verein wird von der Mitgliederversammlung geleitet. Zu dieser gehören die Vertreter der Verbände und Werke (je ein stimmberechtigter Vertreter und ein Begleiter) und die persönlichen Mitglieder. Die Mitgliederversammlung tagt in der Regel zweimal im Jahr. Alle vier Jahre wählt sie den geschäftsführenden Vorstand (7 Personen). Dabei ist zu bestimmen, wer mit dem Amt des 1. und 2. Vorsitzenden, des Generalsekretärs und des Schatzmeisters betraut werden soll.
BESONDERE VERANSTALTUNGEN: Der G.V. veranstaltet regelmäßig: a) die Gnadauer Pfingstkonferenz (1. Wochenende nach Pfingsten - Lehrkonferenz - Begegnung der haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter.) b) Die Gnadauer Herbstkonferenz (in Verbindung mit einer Verbandskonferenz - Wanderkonferenz). c) Die Inspektorenkonferenz (Arbeitskonferenz der Inspektoren der Verbände und Werke), d) Die Arbeitsgruppen (z.B. theologischer Beirat; Arbeitsgruppe: Gemeinschaft und Jugend u.a.).
Mitglieder des Gnadauer Verbandes (Stand Dezember 1974): 29 Gemeinschaftsverbände (26 in der BRD, 2 in Österreich, 1 in Holland), 6 Ausbildungsstätten und Brüderhäuser, Bund deutscher Gemeinschafts- Diakonissenmutterhäuser, Deutscher Ge- meinschafts-Diakonie-Verband, 9 weitere angeschlossene Verbände und Werke, 11 persönliche Mitglieder (siehe Tabelle).
Liederbuch: Gemeinschaftsliederbuch, (1. Auflage 1949; vorher Reichsliederbuch, das in einzelnen Verbänden noch benützt wird) mit 628 Liedern und 383 verschiedenen Tonsätzen; Lieder von der Reformation bis Gegenwart unter Betonung des erweckli- chen Liedes.
Stellung zur Kirche
1. für die Stellung der landeskirchlichen Gemeinschaften zu den ev. Landeskirchen gilt bis heute der von Th. —» Christlieb geprägte Satz: »Wir stehen in der Kirche, arbeiten wenn möglich mit der Kirche, stehen aber nicht unter der Kirche.« Die Gemeinschaftsbewegung ist innerhalb der ev. Landeskirchen eine selbständige organisatorische Größe. 2. Innerhalb der Gemeinschaftsbewegung gibt es im Blick auf die Kirchenfrage zwei Gruppierungen: Die eine betont die Einbindung in die Kirche. Sie will nichts anderes als Bewegung in der Kirche sein. Die andere hat stärker freikirchliche Tendenzen (Abhalten von eigenen —» Gottesdiensten, Kasualien u.a.), ohne den äußeren Bruch mit der Kirche vollziehen zu wollen.
Evangelisch-Kirchliches Gnadauer- Gemeinschaftswerk in der DDR.
Nach dem Ende des 2. Weltkrieges 1945 haben sich die Verbände und Werke im Osten Deutschlands nach der Bildung der DDR zu einem organisatorisch eigenständigen Verband zusammengeschlossen. Der Sitz der Zentrale ist Woltersdorf bei Berlin.
Die nach dem 2. Weltkrieg nach Westdeutschland als Flüchtlinge gekommenen Gemeinschaftsleute haben sich bestehenden Kreisen angeschlossen. Teilweise haben sie sich als kleine eigenständige Gruppen noch bis heute erhälten (z.B. ostpreußischer -> Gebetsverein).
Lit.: H. Haarbeck/A. Pagel, Eine offene Tür. 75 Jahre Gnadauer-Konferenz, 1963