Evangelisches Gemeindelexikon



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Rationalismus -» Vernunft III. 3. Rauhes Haus —» Wiehern, —» Diakon

Rausch, Friedrich Karl Emil, *7.9.1807 Kassel, 1^8.9.1884 Rengshausen. Studium in Marburg und Halle. 1832 Pfarrer in Kassel. 1839 durch das liberale Konsistorium wegen seiner Verkündigung »strafversetzt« nach Rengshausen. Hier gründete er 1844 das »Rettungshaus für verwahrloste Kinder« (heute: Jugendheim Beiserhaus für Schwer- erziehbare Jugendliche). Es war die erste An­stalt der —» Inneren Mission in Kurhessen. R.s Predigt war erwecklich ausgerichtet. Davon zeugen seine vier Predigtbände: »Zeugnisse von Christo dem Gekreuzig­ten«, »Die Herrlichkeit des Herrn«, »Der Herr ist König«, »Des Königs Christen«.






Radiomission: Im Studio des Evangeliums-Rundfunk. (Fotos: Hans Lachmann)


1866 ging R. nach der Machtübernahme durch die Preußen in Hessen mit 43 Pfarrern in die Renitenz (—» Altlutheraner).

Lit.: Jahresberichte der Rettungsanstalt von 1845-1863 mit Ansprachen von R. - Lebenserin­nerungen v.E.R., in: Melsunger Missionsblatt (Jg. 1901-06) - Rudolf Schiunk, Die 43 renitenten Pfarrer, 1923 - Karl Wicke, Die Hessische Renitenz - ihre Geschichte und ihr Sinn, 1930

Görisch


Rechtfertigung

  1. Biblischer Befund

r. ALTES Testament: Die alttestamentliche Gottesanschauung ist die Grundlage für die paulinische R.s-lehre. Gott ist ein Gott des Rechtes. Er hat Gerechtigkeit lieb (Ps 1 1,7; 3 3,5). Er ist selbst gerecht in seinem Handeln am Menschen, und er fordert Gerechtigkeit von ihm im Sinn eines rechten Lebens im Gehorsam gegen sein —» Gebot. Er belohnt die Gerechtigkeit und bestraft das Unrecht, denn er ist Richter. Nur der Gerechte gelangt zum —> Heil und zum Leben. Schon im AT ist sowohl die Gottesgerechtigkeit als auch die vom Menschen geforderte Gerechtigkeit nicht in erster Linie eine Eigenschaft, son­dern das Handeln, das dem Gottesbund ge­mäß ist; Gerechtigkeit meint also nicht eine Seinsqualität, sondern das der Gottesbezie­hung entsprechende Verhalten Gott und dem Mitmenschen gegenüber. Darum gibt es auch im AT schon in einem vorläufigen Sinn Glaubensgerechtigkeit. Wer vertrau­ensvoll im Gottesbund steht und damit auch dem Gebot Gottes gegenüber fest und treu bleibt, der ist gerecht (Hab 2,4). Gottes Recht und Gottes Gnade sind auch im Alten Bund geeint. Der Bund beruht auf der freien, gnä­digen Zuwendung Gottes (Ex 33,18f.), und der Bundesglaube ist beides zugleich, Glaube an Gottes Gerechtigkeit und an seine Gnade.

2. im iudentum sind Recht und Gnade Gottes nicht mehr eins. Wer gute Werke tut, der empfängt den gerechten Lohn nach seinem Verdienst. Wer aber nur ungenügende Werke vorzuweisen hat, der bedarf zusätzlich der Gnade.

v neues Testament: Auch im NT steht fest, daß der Gotteswille erfüllt werden muß, und daß nur der Gerechte zum Leben gelangt.



Neu dem AT, dem Judentum, auch Qumran gegenüber ist dies, daß bei Paulus aus der Gesetzeserfüllung keine Gerechtigkeit und also kein Heil zu erwarten ist. Gerechtigkeit gibt es jetzt allein durch Gottes unverhoff­ten und unverdienten richterlichen (forensi­schen) Freispruch, der im Glauben an den genugtuenden Sühnetod Jesu Christi ange­nommen wird. Um Jesu willen vergibt Gott die Sünde und stellt in einem souveränen, gnädigen Heilshandeln das durch menschli­che Schuld zerbrochene Rechtsverhältnis zwischen sich und dem Menschen wieder her. In der Offenbarung dieser Gottesgerech­tigkeit wird klar, daß der Versuch, auf dem Wege des —» Gesetzes Heil und Gerechtig­keit zu erlangen, nur in die Selbstbehaup­tung vor Gott hineinführt und zudem auf ei­nem unrealistischen Optimismus beruht, den Paulus zerbrochen hat. Der Ort, wo Gott seine heilschaffende Gerechtigkeit wirkt und kundgibt, ist also das Kreuz (Röm 3,2 5L; 5,9f• / iKor 5,18; Gal 3,13). Dabei gehört zum Kreuz immer auch die -> Auferstehung (Röm 4,25). So wird Christus selber unsere Gerechtigkeit genannt (iKor 1,30; Röm

  1. . In der Rechtskundgabe im Kreuz Chri­sti sind Gerechtigkeit und Gnade Gottes ge­eint. Die Strafe liegt auf Ihm zu unserem Heil (Röm 8,32; 4,25; 2Kor 5,21; Röm 8,3; iKor 1,30; 15,3; iPetr 2,24; 3,18; Joh 1,29). Es handelt sich also nicht um Gnade statt Recht, sondern eine heilige Gnade wird im Kreuz geoffenbart und gewährt. Entschei­dend an der Gerechtsprechung des Sünders ist ihr Gegenwarts- und Vollständigkeits­charakter. Wer an ihn glaubt, ist gerecht (Röm 3,24-26; 5,1; 5,9; 8,30; 9,30; iKor

  1. , im Unterschied zum Judentum, das die Gerechtsprechung erst im Endgericht erwartet.

Ist die Gerechtsprechung auch schon Ge- rechtmachung? Um die Frage zu beantwor­ten, muß beachtet werden, daß die Gerech­tigkeit nicht eine Eigenschaft des Menschen ist, sondern ganz in seiner Beziehung zu Gott liegt. Wer sich im Glauben ganz auf Gott wirft, sich und seinen Ruhm preisgibt und all sein Vertrauen in das Werk Christi setzt, der ist damit in die rechte Beziehung zu Gott getreten. Sein Glaube wird ihm zur Gerechtigkeit gerechnet (Röm 4,3 -5), nicht
als Ersatz für die fehlenden Werke, sondern deshalb, weil so allein Gott wirklich geehrt wird. In diesem Sinn ist die R. des Sünders nicht nur ein Anrechnen der Gerechtigkeit Christi, sondern darin zugleich eine göttli­che Schöpfertat. Der Mensch wird hineinge­zogen in die Gewalt der ein neues Leben in Glauben und Gerechtigkeit ermöglichenden Gottesgerechtigkeit. Entscheidend ist, daß Gott in der R. von seiner Forderung nichts nachläßt. Der Gerechtgewordene ist zum Gehorsam, zum Tun der Gerechtigkeit auf- geboten und nun auch ausgerüstet. Dem Ge­richtsgedanken wird darum sein Ernst nicht genommen. Er ist im Gegenteil radikalisiert. —> Heilsgewißheit ist zwar in der R. als ge­genwärtiges Gut geschenkt, aber gerade so gilt es jetzt erst recht, zu jagen nach dem Ziel im Tun des Willens Gottes (Phil 3,14). Die Gerechtigkeit bleibt insofern auch für den Gerechtfertigten immer noch zugleich Hoffnungsgut. Als gesicherter Gegenwarts­besitz könnte sie ihn ja allenfalls auch gott­los machen, was ein Selbstwiderspruch wäre. Nun aber kennt und vertraut er Gott und wartet darum zuversichtlich auf den endgültigen Freispruch im —> Gericht (Röm 5,2). Zu beachten ist, daß für Gott nicht das Spannungsverhältnis zwischen Gegenwart und Zukunft besteht wie für den Glauben­den. Wen Gott in einem Schöpfungsakt ge­recht spricht, den will und wird er auch voll­enden (Röm 8,30). Das schließt für den Men­schen die Furcht nicht aus, sondern ein (Phil

  1. , und auch der Glaubende geht dem Ge­richt nach den Werken entgegen (2Kor 5,10). In engem Zusammenhang mit der R. steht bei Paulus die Erlösung. Steht bei der R. der Gedanke des Rechtsverhältnisses zu Gott im Vordergrund, so bei der Erlösung die Be­freiung des Menschen aus der Versklavung an die gottfeindlichen Mächte.

Als Drittes ist neben R. und Erlösung die Versöhnung mit Gott zu nennen. Bei ihr wird an die Beziehung der —» Liebe zwischen Gott und Mensch gedacht. In der Versöh­nung ist darum über den Rechtszustand hin­aus der Bund der Liebe wieder erneuert (Röm 5,5). Auch hier ist Gott der allein Aktive. Nicht der Mensch versöhnt sich mit Gott, sondern er wird versöhnt (2 Kor 5,18-21). Er muß nicht mehr Feind Gottes sein, nicht mehr schwach, Sünder, Gottloser, sondern geliebtes Kind. Die Versöhnung verläuft ge­nau parallel zur R. mit dem Unterschied, daß sie jetzt schon als Gegenwartsgabe vollstän­dig und also nicht noch zugleich ein zu er­wartendes Hoffnungsgut ist wie die R. und die Erlösung. Auch hier wird aber der Mensch nicht überrollt, sondern Gott läßt bitten (2Kor 5,20). Auch hier sind das Objek­tive und das Subjektive zusammengeschlos­sen: die Versöhnung ist geschehen im Tode Jesu, und sie soll deshalb wirklich werden in jedem einzelnen, der das Wort hört und sich versöhnen läßt. Deshalb gilt von der Welt beides und beides mit vollem Gewicht: sie ist versöhnt, zugleich aber auch noch nicht versöhnt, bis alle das Wort gehört und ange­nommen haben.

  1. Kirchengeschichte

  1. DIE MITTELALTERLICHE KIRCHE hat die pauli- nische R.slehre bald nicht mehr rein be­wahrt. Der Gedanke des menschlichen Ver­dienstes vor Gott machte sich wieder breit und schmälerte die alleinige Geltung der Gnade.

  2. LUTHER HAT DIE R.SLEHRE ERNEUERT Und das nicht nur als Theologe, sondern aus eigen­stem Erleben heraus. Wie Paulus dem Juden­tum gegenüber, so erkennt Luther im Ge­gensatz zur katholischen Kirche, daß der Mensch sich vor Gott keinerlei Verdienste erwerben kann, und daß Gott in der R. des Sünders der allein Handelnde ist. Auch bei Luther zeigt sich in der R. die göttliche Gnade als völlig freies Erbarmen und ihr Werk als ein ganzes Werk, d.h. auch für ihn gehören R. und Gerechtmachung untrenn­bar zusammen. Die R. ist die Grundlage für ein neues Leben, wobei auch dieses ganz Gottes Werk bleibt. Luthers R.slehre ist theozentrisch zu verstehen: Gottes Absicht, den Menschen gerecht zu machen, geht vor­aus und ist Grund für die Gerechterklärung. Die R. ist nicht wie im Mittelalter ein Pro­zeß, an dem der Mensch verdienstvoll mit­wirkt, sondern einmaliger Akt göttlicher Gnade. Das R.surteil ist aber für Luther stets verbunden mit dem Verwerfungsurteil: Der Mensch als solcher ist und bleibt Sünder. Allein um Christi willen betrachtet und be­handelt Gott diesen Sünder als Gerechten. Der Glaubende beugt sich unter dieses dop­pelte Urteil Gottes (unter den Richtspruch des Gesetzes und den Freispruch des Evange­liums). Er weiß sich als Sünder in sich selbst, als Gerechten aber, sofern er in Christus ein neues Geschöpf sein darf. Deshalb müssen auch Buße und Demut bleiben. Der Gerecht­fertigte hat seine Gerechtigkeit nicht als si­cheren Besitz; der Emst des Gerichtes bleibt, aber er glaubt der göttlichen Verheißung und hofft auf die Vollendung. Luther hat (wohl doch im Unterschied zum NT?) zwischen R.sgewißheit und Heilsgewißheit als Ge­wißheit endgültiger Errettung unterschie­den und erstere wohl stark, letztere aber nie ganz bejaht.

3. neuere zeit: Der Pietismus stellt die R. in den Zusammenhang mit der erlebbaren —» Wiedergeburt und -» Bekehrung. So wird auch an der R. die Erfahrung stärker betont als bei Luther, der die R. auch ohne und ge­gen alle —» Erfahrung allein ans Wort und damit an den Glauben bindet. Die Aktivität Gottes und die Passivität des Menschen wird aber auch vom Pietismus hervorgeho­ben und an der Gnade die die Sünde über­windende Macht gerühmt. Die R.sgewißheit ist persönliche Heilsgewißheit, und mehr Gewicht als auf die ständige Buße wird auf die reale Lebenserneuerung in der —> Heili­gung gelegt. —» Kähler entwickelt die ganze christliche Lehre vom reformatorischen Grundartikel der R. aus. An der R. betont er die Zueignung der Versöhnung. Beim Ge­rechtfertigten unterscheidet er den nun­mehr befriedigenden religiösen Stand der unmittelbaren Gotteskindschaft und den immer noch unbefriedigenden sittlichen Stand, welcher fortschreitende Heiligung er­fordert. —> Schiatter unterstreicht, daß Gott in der R. als Wollender an uns handelt und in uns den guten Willen wirkt, so daß es nun zum Gehorsam des Lebens kommt. I daß die Voraussetzung eines schon beste­henden Gottesglaubens, an die Paulus und Luther anknüpfen konnten, heute vielfach wegfällt. Der heutige Mensch fragt weniger, ob Gott gnädig sei, als wie er erkannt und er­fahren werden könne. Dennoch möchte ge­rade der heutige Mensch an eine Gerechtig­keit, zugleich aber auch an eine Gnade glau­ben können, und vielleicht hat er auch von beidem »Erfahrungen« oder wenigstens Ah­nungen und vage Hoffnungen. Hier kann die Verkündigung einsetzen mit dem Hinweis auf das Kreuz, in dem die Macht der Gerech­tigkeit und der Gnade zu unserem Heil ge­eint sind, nicht in unpersönlicher Weise im Sinn von Prinzipien, sondern als persönliche Liebestat des lebendigen Gottes. Es kann auch heute erkannt werden, daß die unbe­friedigende und vielfach sinnlose Situation des menschlichen Lebens in der gestörten Gottesbeziehung ihren Grund hat, und daß nur Gott selber diese Beziehung erneuern und heilen kann.

Der Glaube und die Gewißheit der R. ruhen auch heute allein im Wort. Sie dürfen aber auch von Erfahrung begleitet sein, vor allem von der Erfahrung des —» Geistes, der die Gottesgemeinschaft schenkt und vertieft, und der zu realer Lebenserneuerung hilft.

Lit.: R. Hermann, Luthers These »gerecht und Sünder zugleich«, i960 - H. E. Weber, Reforma­tion, Orthodoxie und Rationalismus I/i .2; II,

I937 — 5I



  1. Schmid


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