Kirche -* Gemeinde Kirche und Staat
Die christlichen Gemeinden lebten von Anfang an in Spannung zum Römischen Reich. Hauptgrund dafür war die Ablehnung des Kaiserkultes. Es kam zu gewaltsamen Eingriffen des Staates, zu denen die Erlasse der Kaiser Trajan und Hadrian rechtliche Handhabe boten. Christen sahen dieses als Gottes Ratschluß an und nahmen (trotz Offb 13) keine staatsfeindliche Haltung ein. Erst das Mailänder Edikt 313 verkündet Toleranz. Mit Konstantins Alleinherrschaft kommt es zum Umschwung. Die Kirche soll die Reichseinheit sichern. Die Kaiser sorgen für die Kirche in äußerer Hinsicht (Staatskirche seit Theodosius d. Gr.), verhelfen ihr auch mittels der Reichssynoden zu innerer Einheit (seit Nicäa 325). Synodalbeschlüsse werden Reichsgesetzen gleichgestellt und bestimmen ihrerseits die Gesetzgebung. Die Kirche gewinnt an Wirkungsweite auf Kosten ihrer Unabhängigkeit. Die Theorie, daß K.u.S. sich die Waage halten (Symphonia), konnte selten verwirklicht werden, da der Staat immer das Übergewicht hatte. Die von Päpsten des Frühmittelalters entwickelte Zweischwertertheorie (nach Lk 22) blieb zunächst stummer Protest. Seit dem 11. Jh. gewann die Auffassung, daß die Kirche über dem Staat stehe (Augustins Vorstellung vom Gottesstaat) an Durchschlagskraft. Kaiser und Papst (Imperium und Sacerdotium) treten zum Kampf an (Gregor VII., Kaiser Heinrich IV.: Canossa). Bernhard von Clairvaux bestimmt das Verhältnis von K.u.S. als das von Sonne und Mond. Die Macht der Päpste führt zum Untergang der Staufer, sinkt aber bald selbst von ihrer Höhe. Rechtsgelehrte sprechen dem Papst das Recht ab, die Politik zu bestimmen.
Der Niedergang des Papsttums bereitet seit dem 15. fh. dem landesherrlichen Kirchenregiment und damit später auch dem Lan- deskirchentum den Weg: Luthers Auftreten führt zur Lösung der alten Verbindung von K.u.S. Luther wünscht eine selbständige Kirche, kann sie aber nicht durchsetzen. Es kommt zur »Vermischung« der Gewalten, vor der er immer gewarnt hatte. Was schon Melanchthon vorbereitet, setzt sich im Zeitalter des Absolutismus durch: der Landesherr nimmt die Wahrung beider Tafeln des Gesetzes (Pflichten gegen Gott und Pflichten gegen den Nächsten) für sich in Anspruch. An die Stelle des Episkopalsystems setzen die Juristen (J.H.Böhmer und Chr.Thomasius) das Territorialsystem. Das naturrechtlich unterbaute Staatsrecht dominiert in allen europäischen Staaten.
Auf calvinistischem Boden war die Distanz von K.u.S. zeitweise größer. Die —» Freikirchen konnten sich dort stärker entfalten (England, USA). Dennoch ist auch da die Staatsräson bestimmend. Die Forderung der Trennung von K.u.S. breitet sich indes seit dem Ende des 18. Jh.s immer mehr aus (USA 1787, Französische Revolution). Trotz der Aufhebung des entsprechenden Gesetzes durch Napoleon (1802) blieb diese Tatsache im Bewußtsein der Menschen des 19. Jh.s. Die deutsche Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche (1848) forderte daher in ihren Grundrechten die Trennung von K.u.S. Die Preußische Verfassung von 1850 bahnte den Weg dazu, ohne ihre Tendenz zu verwirklichen. Die an die staatliche Leitung gewöhnten Kirchen vermochten mangels äußerer Voraussetzungen ihre Verwaltung nicht selbst zu übernehmen. Die Möglichkeiten der liberalen Ära wurden nicht genutzt. Der —» Bismarcksche Staat erhob erneut im »Kulturkampf« den Anspruch auf Überwachung der Kirchen. Die neuere Entwicklung im Verhältnis von K.u.S. greift auf Maßnahmen zurück, die das späte Mittelalter in Konkordaten geübt hatte. Die äußeren Beziehungen werden in Staatsverträgen geregelt. Der Kirchenkampf während des »Dritten Reiches« deckte die alten Probleme wieder auf. Der Staat begann mit verschärften Mitteln einen neuen Kulturkampf. Die Kirche wurde in die Illegalität gedrängt. Mit dem Zusammenbruch des totalitären Staates konnte ein Neuanfang in der Bestimmung des Verhältnisses von K.u.S. gemacht werden. Seitdem erkennen die Staatsregierungen die Eigenständigkeit der Kirchen an, obwohl die Abgrenzung schwere und bisweilen unlösbar erscheinende Probleme aufwirft. Aus der Weimarer Verfassung übernahm das Bonner Grundgesetz die staatskirchenrechtlichen Artikel. Der Staat erkennt den Kirchen einen öffent- lichkeitsauftrag zu. Das Verhältnis von K.u.S. wird entinstitutionalisiert und auf die Wirkungsbereiche reduziert. K.u.S. begegnen sich auf allen Lebensgebieten, vor allem im kulturellen Bereich (Schule, Bildungsund Sozialwesen). Sie tragen beide die Verantwortung vor Gott für den einzelnen Menschen wie für die menschliche Gemeinschaft.
Freikirchliche Bestrebungen gingen in den letzten 3 Jh.en meist von England aus. Der Grundsatz des —» Independentismus wurde in verschiedenen Richtungen vertreten. —> Baptisten und —*■ Quäker wirkten von dort aus mit Erfolg in den USA und setzten in der Verfassung das freikirchliche Prinzip durch. Im 19. Jh. regten sich in der Schweiz ähnliche Kräfte. Dort war A. —» Vinet Vorkämpfer der freien Kirche. Unter stark dogmatischem Einfluß entstanden in den Niederlanden fundamentalistisch eingestellte Freikirchen. Auch in Preußen hatten konfessionelle Gründe dazu geführt, das staatskirchliche Prinzip zu durchbrechen. 1845 wurde die Generalkonzession für die Lutherische Freikirche (—> Altlutheraner) erlassen. Auf derselben Grundlage konnten sich später die —» Altreformierten absondern und nach 1866 die renitenten Gemeinden in Hessen.
Von England aus wirkten independentisti- sche Motive immer stärker nach Deutschland herüber. Seit den vierziger Jahren des 19. Jh.s kam es in einigen Städten zu Gründungen baptistischer Gemeinden. Doch machten sie nur langsam Fortschritte. Seit den achtziger Jahren hat unter dem Einfluß des Neupietismus die Predigt der —» Methodisten an Wirkung gewonnen.
Freikirchliche Gemeinden standen anfangs öfter in Spannung zum Staat, da dieser immer noch das Hoheitsrecht beanspruchte. Auseinandersetzungen hielten darum im Laufe des 19. Jh.s auch in der Öffentlichkeit noch an. Nach 1918 änderte sich vielfach die Lage.
Quellen: R. Mirbt, Quellen zur Geschichte des Papsttums, I9325 - E. Eichmann, K.u.S. (Quellensammlung zur kirchlichen Rechtsgeschichte), 19Ö22 - H. Raab, K.u.S. von der Mitte des r 5. Jh.s bis zur Gegenwart, dtv-Dok., 1966 Lit.: K. Holl, Das Verhältnis von S.u.K., Kl. Sehr, hg. v. R. Stupperich, 1966 - P.W. Fuchs (Hg.) S.u.K. im Wandel der Jahrhunderte, 1968 - H. Scheuner,
K.u.S. in der neueren deutschen Entwicklung, (Zs. f. ev. Kirchenrecht 7,. 1959/61) - K. Perutz, Das Verhältnis von S.u.K. nach der Weimarer Verfassung, 1928 - P. Mikat, Das Verhältnis von K.u.S. in der Bundesrepublik, 1964 - G. Westin, Die Geschichte des Freikirchentums, 1956 - E. Friesenhahn und K. Scheuner, Handbuch des Staatskirchenrechts der BRD, 2 Bde. 1974/75 - Axel v. Campenhausen, Staatskirchenrecht, 1973
Stupperich
Kirchenkampf
Der Begriff K. bezeichnet die Auseinandersetzung zwischen Nationalsozialismus und ev. Kirche 1933-1945.
I. Der von den Deutschen Christen (DC) INSZENIERTE ANFANG
Nicht Hitler und die Partei begannen den K., sondern die innerkirchliche Gruppe der DC, die freilich schon vor 1933 z.B. in Preußen von Parteistellen tatkräftige Unterstützung erhielten. Nach der Machtübernahme Hitlers Jan./März 1933 versuchten die DC mit Gewalt, die ev. Kirche nicht nur politisch, sondern auch weltanschaulich der Parteiideologie gleichzuschalten. Sie erstrebten ein sog. arteigenes, völkisches Christentum (Verzicht auf AT und jüd. Bestandteile des NT, Übernahme des Arierparagraphen, also Ausschaltung von sog. Nichtariern aus kirchlichen Ämtern, Einführung der Reichskirche und des Führerprinzips).
Um ihnen zuvorzukommen, bereiteten die Landeskirchen die Verfassung einer Deutschen Ev. Kirche (DEK) vor und wählten am 27-5-33 F. v. Bodelschwingh zum designierten Reichsbischof. Unter dem Eindruck der von den DC ausgehenden Proteste trat er nach einem Monat wieder zurück. Die für Juli vom Staat ausgeschriebenen Reichskirchenwahlen brachten, nach massiver Unterstützung durch die Partei und Hitler selbst, einen überwältigenden Sieg der DC über die jungreformatorische Gruppierung »Evangelium und Kirche««. Die Reichssynode wählte nun den Vertrauensmann Hitlers, L. Müller, zum Reichsbischof. In fast allen Landeskirchen übernahmen die DC die Leitung (außer in den sog. intakten Kirchen Hannover, Bayern und Württemberg sowie den kleinen reformierten Landeskirchen). Zu den schwerwiegendsten Maßnahmen dieser Zeit gehörte die Überführung des Ev. Jugendwerks mit seinen 700000 Jugendlichen in die Hitlerjugend Dez. 1933. Viele Verbände entzogen sich diesem Schritt durch Selbstauflösung (-* CVJM, E. —> Stange) und gingen in kirchliche Gemeindejugend über.
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Der Widerstand regt sich Die Gegenwehr in den Kirchen wie überhaupt in allen christlichen Kreisen begann unsicher. Hitler scheint nicht ganz unbegründet eine kurze Zeit geglaubt zu haben, daß sich zumindest der Protestantismus bereitwillig auf die NS-Weltanschauung werde umschalten lassen. Jedenfalls sahen viele Christen, Pfarrer wie Laien, auch verschiedene geschlossene Gruppen in den —» Freikirchen und in Teilen der -» Gemeinschaftsbewegung, in Hitler den »frommen Kanzler«, den von Gott gesandten Retter vor dem Bolschewismus. Der NS war dem deutschen Volk auch nicht einfach als etwas geistig und emotional Fremdes aufgezwungen worden. Typisch nationale, ja selbst nationalsozialistische Parolen wurden bis hinein in das »Ev. Allianzblatt« schon vor der Machtübernahme akzeptiert, sehr deutlich auch in der Judenfrage. Ein erster Widerstand formierte sich als Reaktion auf die Maßnahmen der DC-Kirchenleitungen (Arierparagraph) Herbst 1933 im Pfarrernotbund, dem sich unter der Leitung von M. Niemöller (*1892) in kurzer Zeit ca. 7000, d.h. 40% aller Pfarrer anschlossen. Allerdings hatte man auch hier zunächst keinen klaren politischen und theologischen Durchblick (Grußtelegramm an Hitler anläßlich des Austritts Deutschlands aus dem Völkerbund Okt. 1933), bis K. Barth hinzustieß, der durch seine Schrift »Theologische Existenz heute« (Juni 1933) ein richtungweisendes Signal gesetzt hatte. Gleichzeitig setzte der selbstverschuldete Niedergang der DC ein. Die radikalen Kräfte in ihr drängten über die bisherigen kirchenpolitischen Erfolge hinaus auf völlige Gleichschaltung der Kirche mit der NS-Ideo- logie. In der berüchtigten Sportpalastkundgebung am 13.2.1933 proklamierten sie ihre Ziele so unverhüllt, daß ein Sturm der Entrüstung in der Öffentlichkeit einsetzte. Viele, die im nationalsozialistischen »Aufbruch« zunächst gutgläubig eine große volksmissionarische Möglichkeit gesehen hatten, wandten sich jetzt von den DC ab. Auch der vorher unsichere Vorstand des Gnadauer Verbandes entschied sich jetzt unter der Leitung von W. -*• Michaelis gegen Zusammenarbeit mit den DC (Dez. 1933; der —» Deutsche Gemeinschafts-Diakonieverband trennte sich daraufhin von Gnadau; Gnadau seinerseits sah sich 1937 genötigt, die Zusammenarbeit mit der —»Blankenbur- ger Allianzkonferenz und der Ev. —> Allianz aufzukündigen). Der Versuch des Pfarrernotbundes und einiger Kirchenführer, in einem Gespräch mit Hitler (25.1.1934) die Abberufung des Reichsbischofs zu erreichen, scheiterte allerdings, so daß dieser seine Politik der Eingliederung aller Landeskirchen in die Reichskirche fortsetzen konnte.
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Die Entstehung der Bekennenden Kirche (BK)
Im Frühjahr 1934 schlossen sich einige freie Synoden aus Rheinland, Westfalen und Brandenburg mit den Landeskirchen Bayern und Württemberg zur »Bekenntnisgemeinschaft der DEK« zusammen. Die daraufhin einberufene Barmer Synode vom 30./31. 5. 1934 wurde die Geburtsstunde der BK. Sie nahm einmütig die von K. Barth entworfene und von H. —> Asmussen erläuterte Barmer Theologische Erklärung an, in der gegen jede Einmischung staatlicher Interessen Jesus Christus als einziges Wort Gottes und alleinige Quelle kirchlicher Verkündigung bekannt wurde. Als der Reichsbischof im Herbst 1934 die Eingliederung der beiden intakten Kirchen Bayern und Württemberg sowie die Absetzung ihrer Bischöfe Meiser und Wurm anordnete, proklamierte die 2. Bekenntnissynode in Dahlem das kirchliche Notrecht (die Ordnung der Kirche geht nicht mehr vom Kirchenregiment, sondern von der Synode aus). Die Aktion des Reichsbischofs scheiterte allerdings bald am spontanen, breiten volkskirchlichen Protest. Auf Drängen der beiden intakten Kirchen wurde nun, um der BK gegenüber der Reichsregierung mehr Gewicht zu verleihen, eine »Vorläufige Kirchenleitung« (VKL) gebildet. Sie wurde von der Regierung aber nie anerkannt.
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Die Zeit des Reichskirchenausschusses (RKA)
Wenn Hitler auch nicht bereit war, L. Müller offiziell fallenzulassen, so sah er jetzt doch ein, daß Müller die in ihn gesetzten Hoffnungen nicht erfüllte, stattdessen die inneren Auseinandersetzungen nur verstärkt
hatte. Deshalb wechselte er die Taktik und setzte Herbst 1935 H. Kerrl als Minister für kirchliche Angelegenheiten ein mit der Aufgabe, die kirchliche Szene zu beruhigen. Dazu berief Kerrl den RKA aus Männern der Mitte. In der Frage der Zusammenarbeit mit dem RKA zerbrach die Einheit der BK. Die Lutheraner formierten sich zum »Rat der Ev. Luth. Kirche Deutschlands« (März 1936). Die an kirchlichen Interessen ausgerichtete Arbeit des RKA blieb zwar nicht ohne Erfolge (Neuordnung verschiedener Kirchenleitungen unter Ausschaltung von DC-Füh- rern). Aber eben damit beschwor er zunehmend den Widerstand der Partei herauf, der im Febr. 1937 schließlich zum Rücktritt des RKA führte.
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Geschlossener Angriff der nationalsozialistischen Weltanschauung auf die Kirche
Jetzt wurde von Seiten der Partei die schon früher angelaufene antichristliche Propaganda massiv verstärkt, vor allem durch A. Rosenberg (»Mythos des 20. Jahrhunderts«). Kirchenmitgliedschaft und Parteimitgliedschaft wurden als sich ausschließend erklärt. Eine große Kirchenaustrittswelle setzte ein. Mehr als 1 Million Menschen verließen allein in den Jahren 1937-39 die Kirche. Die Verhaftungen von Pfarrern und auch Laien nahmen zu, oft im KZ endend, wo viele umkamen (P. —» Schneider). Auch M. Niemöller wurde Ende 1937 verhaftet und Anfang 1938 nach einem Prozeß trotz faktischen Freispruchs in ein KZ gebracht und damit der BK eine treibende Kraft genommen. Die kirchliche Verwaltung hatte der Staat bereits früher durch Einrichtung von staatlichen Finanzabteilungen in den Landeskirchenämtern weitgehend unter seine Kontrolle bekommen. Der Kampf der BK verlagerte sich jetzt stärker auf die Gemeindeebene. I
denen Ev. Kirche im Warthegau wurde das Kirchensteuer- und Sammlungsrecht verwehrt. Sie wurde unter Vereinsrecht gestellt. Offensichtlich sollte hier ein Grundmodell für die Zeit nach dem Sieg ausprobiert werden.
Auf Seiten der Kirche kam es jetzt mehr als vorher zu mutigem Eintreten nicht nur für kirchliche, sondern auch allgemeinmenschliche Belange (Proteste Bischof Wurms gegen die Euthanasie und Judenverfolgung; —> Bodelschwinghs erfolgreicher Widerstand gegen die Euthanasie in Bethel; Hilfe für Juden durch das »Büro Grüber«). Die Erkenntnis der verbrecherischen Natur des Regimes führte schließlich eine Reihe engagierter Christen trotz schwerer Gewissenskämpfe (Röm 13; Problem des Tyrannenmords) in den aktiven Widerstand gegen Hitler (—» Bonhoeffer).
Die gemeinsame Not der Kirche ermöglichte endlich seit 1943 von Wurm ausgehende neue Einigungsversuche, die über die BK hinaus auch die kirchliche Mitte erreichten. Hier konnte dann nach dem Krieg wieder angeknüpft werden (—> EKiD).
Lit.: E. Beyreuther, Die Geschichte des Kirchenkampfes in Dokumenten, 1966 (als Einführung, mit Lit.) - ders., Der Weg der Ev. Allianz in Deutschland, 1969 (S. 85-112) - E.G.Rüppel, Die Gemeinschaftsbewegung im Dritten Reich, 1969 - K. Scholder, Die Kirchen und das Dritte Reich, 1978
Beyreuther
Kirchentag, Deutscher Ev.
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Gründung und Zielsetzung: Gründer des K.es war der Jurist R. von —» Thadden-Trieg- laff. - Nach der Rückkehr aus Sibirien rief er am 1.8.1949 auf der Ev. Woche in Hannover als »Mann ohne Amt und Auftrag« zur Gründung eines K.es auf, bei dem das verantwortliche Laienchristentum sich deutlich zu Wort melden sollte und bei welchem die Christen für ihren Sendungsauftrag in der Welt zugerüstet werden sollten. 1950 kam in Essen der erste K. (28000 Dauerteilnehmer) zustande. Seitdem versammelte man sich jährlich, seit 1959 alle zwei Jahre. R. v. Thadden wurde erster Präsident, 1964 löste Richard von Weizsäcker ihn ab.
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losung und Thematik: Die Losungen des K.es sind zumeist biblisch formuliert: Berlin
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»Wir sind doch Brüder!«, Stuttgart
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»Wählt das Leben!«, Hamburg 1953 »Werft euer Vertrauen nicht weg!«, Leipzig 1954 »Seid fröhlich in Hoffnung!«, Berlin 1961 (kurz vor Abriegelung des Ostteils der Stadt) »Ich bin bei euch«, Berlin 1977 »Einer trage des anderen Last«. - In der Thematik gab es neben der seelsorgerlich-missionari- schen stets eine diakonisch-politische Dimension. Mehrere Arbeitsgruppen (Kirche und —» Gemeinde, —> Familie und -» Erziehung, Volk und Politik, —» Arbeit und Wirtschaft, Gesunde und Kranke, Christen und Juden u.a.) klären, welche Themen brennend sind. Das Sekretariat in Fulda koordiniert die thematische und organisatorische Planung. Obgleich der K. finanziell von den Landeskirchen abhängig ist, ist er keine kirchliche Institution, sondern ein freies Werk innerhalb der Kirche.
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Arbeitsweise: Nach dem Eröffnungsgottesdienst werden an den drei folgenden Tagen angeboten: —» Bibelarbeit, Vortrag, Hearing, Diskussion. An einem »Markt der Möglichkeiten« sind neuerdings viele Initiativgruppen beteiligt (in Berlin T977 knapp 300). Zur Einzelaussprache stehen Seelsorger und Berater bereit. Gegen 18 Uhr versammelt man sich zu einem »Abendgebet zur Sache«, in dem vieles aus den Gesprächen des Tages aufklingt. Abends finden missionarische Treffen, Kirchenmusiken, Bühnenaufführungen u.ä. statt. Mit der Hauptversammlung am Sonntag schließt das Treffen. I II das gemeinsame Singen hatte Gewicht. Ost und West waren noch fest beieinander. Allmählich gerieten die großen Gruppen, die den K. von Anfang an trugen, in eine Polarisierung. Die Konfrontation zwischen bibeltreuen und modern-kritischen Teilnehmern erreichte ihren Höhepunkt in Stuttgart (1969), in der kontrovers angelegten Arbeitsgruppe »Streit um Jesus«. Seitdem zogen sich viele zurück. Die -» Bekenntnisbewegung riet ihren Anhängern, am K. nicht teilzunehmen. Man verurteilte den —> Pluralismus und führt seit 1973 alternative —» Gemeindetage unter dem Wort durch.
Lit.: C. Wolf/H. H. Walz, hören-hoffen-handeln, 30 Jahre Deutscher Ev. K.( 1979 Rothenberg
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