Evangelische Kirche der Union
Die Ev. Kirche der Union (EKU) geht in ihrem Grundbestand auf die »Ev. Kirche der Altpreußischen Union« (seit 1922) zurück. Diese war in den alten preußischen Provinzen beheimatet, d.h. schon vor 1866. Dort war durch den preußischen König Friedrich
Wilhelm III. von 1817 an vor allem mit Hilfe einer Agendenreform die Vereinigung von Lutheranern und Reformierten (Union) eingeführt worden. Unter den schweren Erschütterungen im Gefolge des 2. Weltkriegs verlor diese Kirche weite Gebiete. Seit 1950 bzw. 1954 - auch der Name »Preußen« mußte fortfallen - gibt es die EKU. (Westen: Rheinland, Westfalen, West-Berlin; Osten: Berlin-Brandenburg, Provinz Sachsen, Greifswald, Görlitz, Anhalt) Sie gehört mit ihren westlichen Gliedkirchen zur —> EKD. Sie hat viel Verbindung auch zur —> VELKD, zumal da die theologischen Richtungen und Unterschiede heute vielfach quer durch die Konfessionen gehen und die Bevölkerungsverschiebungen vielfach neue Verhältnisse geschaffen haben. So gibt es viele Lutheraner in unierten Kirchen; umgekehrt werden Glieder unierter Kirchen, wenn sie in lutherische Kirchen kommen, dort als Glieder dieser Kirchen betrachtet, falls sie nicht einen gegenteiligen Wunsch aussprechen.
Lit.: W. Eiliger (Hg.), Die EKU. Ihre Vorgeschichte und Geschichte, 1967 - J. W. Grant (Hg.), Die Unierten Kirchen, 1973 Dietzfelbinger
Evangelische Kirche in Deutschland
1. Geschichte. »Evangelische Kirche in Deutschland« - EKD - ist der Zusammenschluß der von der Reformation bestimmten lutherischen, reformierten und unierten Landeskirchen in Deutschland; die Herrnhuter Brüderunität (-» Brüdergemeine) hat ein Gastverhältnis. Die Vorgeschichte der EKD reicht bis in die Mitte des vergangenen Jahrhunderts zurück (Deutscher ev. Kirchentag in Wittenberg 1848, Eisenacher Konferenz der Kirchenregierungen 1852). 1915 entstand ein erstes »Deutsches ev. Gesangbuch«. Im —» Kirchenkampf rückten die bekenntnisgebundenen Kirchen und Gruppen seit 1933 enger zusammen. Es kam zur gemeinsamen theologischen Erklärung von Barmen 1934. Nach dem Zusammenbruch 1945 bildete das von allen Mitgliedern des vorläufigen Rates der EKD Unterzeichnete Stuttgarter Schuldbekenntnis einen weiteren wichtigen Schritt vor allem der Ökumene gegenüber. »Wir klagen uns an, daß wir nicht mutiger bekannt, nicht treuer gebetet, nicht fröhlicher geglaubt und nicht brennender geliebt haben«. Am 13.7.1948 wurde auf der Kirchenversammlung in Eisenach die Grundordnung der EKD be-
Gliedkirche
Gliedkirchen der Evang. Kirche in Deutschland
mit Zahlen der Mitglieder und der Pfarrer
Gemeindeglieder (ca.)
Pfarrer
(ca.)
Evang Landeskirche in Baden
Evang Luth Kirche in Bayern
Evang. Kirche in Berlin-Brandenburg (West)
Ev -Luth. Kirche in Braunschweig Bremische Evang Kirche Evang.-Luth Landeskirche Hannover
Evang Kirche in Hessen und Nassau
Evang, Kirche von Kurhessen- Waldeck
Lippische Landeskirche Ev -ref. Kirche in Nordwestdeutschland
Nordelbische Evang.-Luth. Kirche Evang -Luth Kirche in Oldenburg
Vereinigte Prot.-Ev.-Christi. Kirche der Pfalz
Ev. Kirche im Rheinland Evang -Luth. Landeskirche Schaumburg-Lippe Evang -Kirche von Westfalen Evang Landeskirche in Württemberg
Stand: 1.1.1984 1.1.1985
uniert
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1 335000
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1215
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VELKD
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2562000
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2076
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EKU
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922000
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549
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VELKD
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526000
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295
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uniert
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356000
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145
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VELKD
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3542000
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1923
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uniert
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2095000
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1480
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uniert
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1052000
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744
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ref
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234000
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125
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ref
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196000
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143
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VELKD
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2767000
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1395
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luth
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514 000
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254
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uniert
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651 000
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486
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EKU
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3289000
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2026
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VELKD
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70000
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38
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EKU
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2989000
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1795
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luth
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2401000
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1 947
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schlossen, der dann alle Landeskirchen zugestimmt haben. Danach ist die EKD ein Bund von Kirchen, jedoch von der gemeinsamen Basis der Hl. Schrift und der kirchlichen Bekenntnisse her mit so viel Gemeinsamkeit, daß er sich als »Kirche«* bezeichnen kann. Als Organe der EKD arbeiten Synode, Rat und Kirchenkonferenz. Vorsitzende des Rates waren bisher die Bischöfe Wurm, Di- belius, Scharf, Dietzfelbinger, Claß, Lohse. Die EKD sucht innerkirchlich die Gemeinsamkeit der Landeskirchen zu fördern, besonders im Blick auf wichtige Gemeinschaftsaufgaben wie —> Diakonie, —» Mission, Pu
blizistik GEP) und -» Volksmission; nach
außen liegt ihr .die Vertretung der ev. Christenheit in Deutschland ob, etwa in Schulfragen, bei gesetzgeberischen Vorhaben in der Bundesrepublik oder wenn in der Öffentlichkeit die Stimme der Kirche in der Diskussion um sozialethische Fragen laut werden soll. Das Gespräch mit der römisch-katholischen Kirche wie in der gesamten Ökumene muß nicht selten für alle Landeskirchen zusammengeführt werden. Ein Niederschlag dieser Arbeit sind die zahlreichen, häufig heftig diskutierten Denkschriften, die im Lauf der Jahre entstanden sind.
2. TRENNUNG ZWISCHEN OST UND WEST. »Raum für das Evangelium in Ost und West« war 1956 das Thema einer Synode in Ostberlin. Die in unterschiedlichen Gesellschaftssystemen lebende, aber in Jesus Christus und durch ihre Geschichte eng verbundene Christenheit im östlichen und westlichen Teil Deutschlands hat in der EKD lange Zeit den Ausdruck ihres Zusammenhalts gesehen. Evangelische Verantwortung für die —» Welt ließ sie auch heikle Fragen wie die nach dem politischen Dienst des Christen heute, nach Krieg und Frieden, nach der atomaren Bewaffnung, nach der Versöhnung mit den Nachbarvölkern nicht aussparen. Man geriet dabei auch in die Gefahr, das Gemeinsamkeitsverständnis der EKD dogmatisch und politisch zu überfrachten. Je mehr sich die beiden Teile Deutschlands politisch und gesellschaftlich auseinanderlebten, umso mehr wurde auch die EKD, diese »letzte Klammer zwischen Ost und West«, in eine harte Zerreißprobe hineingezogen. 1969/70 lösten sich die östlichen Mitgliedskirchen ab und bildeten einen eigenen »Bund der ev. Kirchen in der DDR«; die EKD behielt ihren Namen. Die beiden Bünde versuchen, die »besondere Gemeinschaft«, in der sie sich nach wie vor verbunden wissen, nach Möglichkeit zu pflegen.
3- Belastungen. Innerkirchliche und theologische Entwicklungen brachten ebenso große Belastungen. Daß die EKD als Vertretung des gesamten volkskirchlichen deutschen Protestantismus nötig ist, hat sich im Lauf der Jahrzehnte erwiesen. Die Spannung zwischen »Kirche« und »Bund«, hinter der auch die konfessionelle Verschiedenheit der Landeskirchen steht, läßt sich tragen; die gleichzeitig vorhandenen konfessionsbestimmten Zusammenschlüsse der —» Vereinigten Ev.-Luth. Kirche Deutschlands und der —> Ev. Kirche der Union haben die EKD nicht behindert, sondern eher gestärkt. Fast tiefer greifen die Gegenwartsauseinandersetzungen über Glaubens- und Lehrfragen. Sie haben vielfach zu einem Lehrpluralismus geführt. Gewiß sind auch Gemeinsamkeiten im Glauben und Handeln gewachsen, etwa in der -» Diakonie (-» Brot für die Welt) oder auf der ökumenischen Ebene. Aber es konnte nicht verborgen bleiben, daß im deutschen Protestantismus in den letzten Jahrzehnten auch gegenläufige, die innere Gemeinschaft gefährdende Bewegungen starken Einfluß gewonnen haben. In vielen theologischen Fragen war man sich 1948 einiger als 25 Jahre später. Um die Stellung der Hl. Schrift als Wort Gottes, um die —> Taufe, besonders um die Frage der Gottheit und Menschheit -» Jesu Christi entstanden heftige Auseinandersetzungen. Die großen —» Kirchentage, zunächst Zeichen der Gemeinsamkeit der Christenheit, wurden einige Male Schauplatz des Streites. In die Kämpfe spielte auch die Unruhe unter der Jugend, besonders unter den Theologiestudenten hinein; nicht selten kam es im Zug dieses Ringens zu einer viele beunruhigenden Politisierung. Im Widerspruch dagegen entstanden die —» Bekenntnisbewegung »Kein anderes Evangelium« und die verschiedensten Bekenntnisgemeinschaften; die —> evange- likalen Kräfte erstarkten gegenüber denen, die sich mehr um die gesellschaftliche Erneuerung bemühten. Auf der Synode 1971 brachte der damalige Ratsvorsitzende diese Spannungen unter dem Stichwort »Glaubenskampf« offen zur Sprache. Er forderte für den weiteren Weg der EKD eine sorgfältige geistliche Analyse der Situation.
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Reform. Mitten in diesen Spannungen leitete die Synode von 1970 nach der Trennung der östlichen Landeskirchen eine Reform der Grundordnung von 1948 in die Wege. Ziel war, die EKD fester und zwar zu einer Kirche mit einer stärkeren Zuständigkeit der zentralen Organe zusammenzufassen. Gewiß war es notwendig, die bisherige Ordnung den neuen Verhältnissen anzupassen. Die größer gewordene Gemeinsamkeit jedoch, mit der die Reform vor allem begründet wurde, war nur die eine Seite der Sache. Der Plan rechnete bei allem guten Ansatz zu wenig mit den von jeher vorhandenen und mit den neu hinzugekommenen Unterschieden im deutschen Protestantismus. Die Reform schien nahe am Ziel, als die württembergische Landessynode im Frühjahr 1976 der neuen Grundordnung die nötige Zweidrittel-Mehrheit versagte. So existiert die EKD vorerst weiter auf dem Boden der Grundordnung von 1948, auf dem sie bisher gewachsen ist. Diese hat den Vorzug, daß sie das für den deutschen Protestantismus nötige ausgewogene Verhältnis zwischen Gemeinsamkeit und Unterschiedlichkeit mit einem guten Augenmaß zur Darstellung bringt. Der ganze Vorgang um eine neue Grundordnung mahnt zur Geduld. Die derzeitige gegliederte Gestalt der EKD »wird noch auf lange Zeit hinaus nicht geändert werden können« (H. Brunotte). Für ein so feinnerviges Gebilde wie für die EKD ist wohl auch in Zukunft die »Baracke« (Th. Wurm) eine geeignetere Unterkunft als ein allzu fest gebautes Haus.
Lit.: H. Brunotte, Die Ev. Kirche in Deutschland,
1964 - H. Dietzfelbinger, Das lösende Wort im Augenblick der Krise, 1971
Dietzfelbinger
Evangelische Kirche in Österreich
Die Verfassung der Ev. Kirche Augsburger und Helvetischer Bekenntnisse in Österreich (1949) stellt in ihrer Präambel fest, daß beide Kirchen, an die Bekenntnisse gebunden, in Lehre und innerer Ordnung selbständige Konfessionskirchen sind, äußerlich jedoch zu brüderlichem Dienst aneinander (Abendmahlsgemeinschaft, Kanzeltausch, Religionsunterricht, Öffentlichkeitsarbeit, Jugendwerk, Predigerseminar), zu gemeinsamem Handeln der Liebe in der —> Diakonie (—» Gailneukirchen; —■» Treffener Anstalten) und zu gemeinsamer Verwaltung (Vertretung gegenüber dem Staat) verbunden sind. Unter 7,52 Mill. Österreichern leben (1976) 407000 Evangelische (5,4%) in großer Zerstreuung. Verhältnis Gemeindeglieder Augsburgischen Bekenntnisses zu solchen Helvetischen Bekenntnisses wie 29 zu 1. Die presbyterial-synodale Ordnung bildet auf drei Ebenen (Gemeinde-Superintenden- tur-Gesamtkirche) analog zu Gemeindevertretung und Presbyterium Vertretungskörperschaften. Die Synode ist das gesetzgebende Organ. Für gemeinsame Belange treten beide Synoden A.B. und H.B. zusammen. Die 177 Gemeinden wählen ihre Pfarrer (insgesamt 210) und verwalten sich selbst. Gottesdienste an ca. 1 000 Orten. Der eingehobene Kirchenbeitrag wird von Gemeinden für die Besoldung der Pfarrerschaft (hinzu kommen Staatspauschale und Einnahmen aus dem Religionsunterricht) an die Kirchenleitung abgeliefert; 1/3 fließt wieder in die Gemeinden zurück. Seit 1939 steht an der Spitze des Oberkirchenrates A.B. ein Bischof (Dr. Eder, D. May, Sakrausky). Die »Äußeren Rechtsverhältnisse der Ev. Kirche« hat der Staat 1961 durch Bundesgesetz als »freie Kirche im freien Staat« geordnet und sich verpflichtet, die Ev. Theol. Fakultät (1820 Lehranstalt, 1850 Fakultät, 1922 im Verband der Universität Wien), den Religionsunterricht an öffentlichen Schulen, die Militärseelsorge finanziell zu erhalten und diakonische Wohlfahrtseinrichtungen zu unterstützen. Ausdrücklich anerkennt er das Recht der Kirche, ökumenische Beziehungen im In- und Ausland zu unterhalten. Die Vielfalt der Gestalten österreichischer Gemeinden erklärt sich aus ihrer Geschichte. 48 sog. Toleranzgemeinden entstanden: Kärnten, Oberösterreich, Wien, Niederösterreich, in der Steiermark und im Burgenland aufgrund des Toleranzedikts des aufgeklärten Kaisers Joseph II. (1781). Danach wurde »private Religionsausübung« der Altkatholiken und der Evangelischen A. und H.B. geduldet (Gemeindegründung bei 100 Familien, Bethausbau abseits der Straße ohne Turm und Glocken, sowie Pfarrerberufung). Diese Gemeinden sind aus einer sechs Generationen währenden Verfolgung hervorgegangen (Geheimprotestantismus, Laienkirche). 1590 waren 9/10 evangelisch (Adel, Bürger, Bauern, Knappen). Unter Ferdinand II. setzt massive Gegenreformation ein (Vertreibung der Amtsträger, dann Verfolgung der Gläubigen, Deportationen). Die burgenländischen Gemeinden sind erst 1921 zu Österreich gekommen (37400 Evangelische).
Gemeinden der Gründerzeit entstehen nach 1848 und 1861 (Protestantenpatent = Gleichberechtigung und öffentlichkeitsrecht) in fast allen Städten durch die Initiative des liberalen Bürgertums (Persönlichkeiten von hohem Rang, meist zugewandert aus Deutschland, Schweiz, Ungarn). Los-von-Rom-Gemeinden nennt man die durch große Austrittsbewegungen aus der röm.kath. Kirche entstandenen Gemeinden (Süd- und Westbahn, Mürztal, Industriegebiete). Nach 1900 aus kulturpolitischen Gründen, nach 1920 z.T. wegen sog. »Dispensehen« (staatliche Scheidung, kath. Verweigerung) erfolgten über 100000 Übertritte, weitere nach 1934 durch Zwangsmaßnahmen des kath. Ständestaates (unter 25 000 Eintritten 17 500 konfessionslose Sozialisten). Unter dem Nationalsozialismus 41500 Austritte (= 13%) und zugleich 27300 Eintritte, vor allem Rückkehr. So wächst die Kirche von 1900 bis 1950 von 100000 auf 400000. Es ist eine schwerwiegende seelsorgerliche Aufgabe der kleinen Kirche, Übertretende zum Evangelium zu führen und ins kirchliche Leben zu integrieren. Evangelistische Tätigkeit geschieht durch die 1919 durch M. Monsky (1876-1969) gegründete -> Volksmission
und verschiedene freie Missionswerke (u.a. —> Aktion in jedes Haus, —> Neues Leben, —> Fackelträger).
Flüchtlingsgemeinden bereichern das kirchliche Leben. 60000 Evangelische A.B. vor allem aus dem Südosten (Nordsiebenbürgen, Jugoslawien, Polen) bauen Siedlungen mit Kirchen oft durch Hilfe der ev. Baugemeinde »Neusiedler«. In der Notzeit große Leistungen des Hilfswerkes. Durch Unterstützung des -» Gustav-Adolf-Werkes werden nach 1950 ca. 200 Kirchen und Pfarrhaus-Neu- und Emeuerungsbauten errichtet. Urlaubergemeinden entstehen an 75 Orten während des Sommers und Winters und erreichten in Gottesdiensten und Vorträgen über 100000 Menschen.
Das Verhältnis zur röm.kath. Kirche hat sich tiefgreifend gewandelt (wesentliche Erleichterungen in »Mischehenfragen«. Im Rundfunk regelmäßige ökumenische Morgenfeiern.).
Lit.: G. May, Die ev. Kirche in Österreich, 1962 -
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Mecenseffy, Geschichte der Protestanten in Österreich 1956 -M. Monsky, Im Kampf um Christus, 19632 Karzel
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