Evangelisches Gemeindelexikon


Zehlendorfer Verband für Diakonie



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Zehlendorfer Verband für Diakonie

Diakonie


Zehnte, Der

Lev 27,30 gebietet Gott, den Z.n an Früchten und Tieren dem Herrn zu opfern (Gen 14,20 berichtet, daß Abraham dem König Melchi- sedek den Z.n als Gabe darreicht. Vgl. auch Num 18,21 ff.; Mal 3,8ff.). Der Z. ist in Israel die Erinnerung daran, daß aller Besitz Gottes Eigentum und daher nur anvertrautes Lehen ist. Lk r8,i2 wird deutlich, daß in den Krei­sen Israels, die das Gesetz ernst genommen haben, auch der Z. weiter gegeben worden ist. In den urchristlichen Gemeinden wurde das Opfer im Sinne des Dankopfers (nicht mehr im Sinne des fordernden Gesetzes) be­tont. Das Opfer ist Liebesdienst, der nach dem Willen eines fröhlichen Herzens getan werden soll (beachte 2Kor 8f.). Die Gabe des zehnten Teiles des Einkommens für Gott im Sinne einer Geldgabe wird von vielen Chri­sten heute als geistliche Lebensordnung freiwillig vollzogen.






Christian Heinrich Zeller




Zeller, Christian Heinrich, *29.3.1779 Entringen in Württ., f 18.5.1860 Beuggen bei Rheinfelden. Zunächst als Rechtsanwalt tä­tig, dann Erzieher und Leiter einer Privat­schule in St. Gallen, wurde Z. von dem Wir­ken Pestalozzis beeindruckt und nahm des­sen Gedanken ganz in die eigene Praxis auf. 1820 gründete Z. zusammen mit C. F. —» Spittler im Schloß Beuggen ein Rettungs­haus für gefährdete Jugendliche, das vom erweckten Geist der »Deutschen —» Chri­stentumsgesellschaft« geprägt war. Unter dem gleichen Dach wurden hier verwahrlo­ste Kinder erzogen und junge Männer ko­stenlos als Lehrer ausgebildet. Was sie ge­lernt hatten, sollten sie baldigst weiterge­ben, sich jedenfalls nicht nur auf gut be­zahlte Stellen melden, sondern auch in arme Gemeinden gehen. Unter Z.s glücklicher Hand blühte die »Armenlehrerschule« schnell auf und strahlte mächtig auf die ver­antwortlich denkenden Christen Württem­bergs aus, wo bald eine »Süddeutsche Ret­tungshausbewegung« mit über 20 Häusern entstand.




Samuel Zeller




Zeller, Samuel, *9. 4. 1834 Beuggen b. Ba­sel, + 18.4.1912 Männedorf, war das zehnte Kind des Vorstehers der Armen- und Armen­lehreranstalt Beuggen bei Basel, Christian Heinrich Zeller. Mehrere Jahre unterrich­tete er als Seminarlehrer an der ev. Mittel­schule Schiers/Graubünden, dann als Lehrer in Beuggen. 1857 kam er krank in die Erho­lungsanstalt —» Männedorf und wurde von Dorothea —» Trudel geheilt und zum Glau­ben geführt. Nach kurzer Lehrtätigkeit in Elberfeld wurde er ihr Mitarbeiter und 1862 ihr Nachfolger. Ein Kennwort von Z.: Laß das Wort Gottes in Fleisch und Blut überge­hen.

Lit.: A. Zeller, S. Z. ein Knecht Jesu Christi, 1950



  1. Schmid

Zeltmission

  1. BEWEGGRÜNDE

Die Z. ist eine Antwort auf die Entkirchli- chung breiter Schichten der Bevölkerung. In dem Maße, wie einerseits theologisch Libe­ralismus und Rationalismus, wie auch so­ziologisch die Verbürgerlichung in der Kir­che Zunahmen, nahm andererseits im Volk die Verbindung mit der Kirche ab. Dazu kam, daß die Arbeiterschaft sich enttäuscht von der Kirche abwandte, weil sie sich in ih­rem Kampf um soziale Gerechtigkeit und gesellschaftliche Anerkennung von der Kir­che im Stich gelassen fühlte. Die Z. ist ein

Kind der —» Erweckungsbewegung. Getrie­ben von der Erkenntnis, daß der Mensch un­bedingt der Begegnung mit Gott bedarf, wuchs unter Christen das Verlangen, die entkirchlichten Menschen zu erreichen und sie in die Nachfolge Christi zu rufen. Wenn die Menschen nicht zur Kirche kommen, so muß die Kirche zu den Menschen gehen.



  1. KENNZEICHEN DER Z.

Die Verwendung eines Zeltes bzw. einer Zelthalle als Versammlungsstätte soll dazu dienen, den entkirchlichten und glaubens­fernen Menschen einen neutralen Ort anzu­bieten, wo es keiner religiösen oder sonsti­gen »Aufpolierung« bedarf, um ihn zu besu­chen. So hat es sich oft ereignet, daß Arbeiter nach ihrer langen Arbeitszeit in ihrer Ar­beitskleidung von der Fabrik unmittelbar in die Zeltversammlung gingen. Dies wird z.B. von der ersten Z. in Barmen 1902 berichtet. Ein zweites Kennzeichen der Z. ist ihre Mo­bilität. Das Zelt kann in jeder Stadt und je­dem Dorf in kurzer Zeit aufgebaut werden. Von der soziologischen und missionarischen Zielsetzung her - Erreichung der entkirch­lichten und glaubensfernen Menschen - be­steht ein drittes Charakteristikum der Z. in ihrer volkstümlichen Verkündigungsweise und aufgelockerten Programmgestaltung. Darum wird von den Anfängen an im Zelt dem Inhalt nach elementar und der Form nach allgemeinverständlich verkündet. Da die Z. um den Menschen in seiner Ganzheit weiß, spricht sie durch leicht singbare Lieder auch die Schichten des Gemüts an.

  1. GESCHICHTE DER Z.

a) Gründungsjahre und Entwicklung bis zum 1. Weltkrieg. Der Begründer der Z. auf dem europäischen Festland ist Jakob —» Vet­ter. Er erwog den Gedanken, »wie es möglich sei, die großen Volksmassen zu evangelisie- ren«. In seinem Geist sah er 1895 ein »großes Zirkuszelt« und hörte die Worte: »Das ist der Ort, in welchem du die Massen des Volks unterbringst. . . Das Merkwürdigste an der Sache war«, berichtet er, »daß ich den gan­zen Zeltbau mit seiner inneren Einrichtung sah ... So wurde die Z. von dem liebevollen Herrn geschenkt.« Die 1902 von ihm ge­gründete »Deutsche Z.« hat seit 1904 ihren Sitz in Geisweid/Siegen. Die erste Zeltver­sammlung fand am 27.4.1902 auf der An­höhe Tersteegensruh bei Mülheim/Ruhr statt. Tausende waren zur Einweihungsfeier gekommen. Infolge der christozentrischen

Verkündigung und des sehr starken Besuchs wurde die »Deutsche Z.« schnell bekannt. Die Einladungen häuften sich derart, daß Vetter sich entschloß, bereits 1905 ein zwei­tes Zelt in Dienst zu stellen. Es war größer als das erste und konnte 3 000 Menschen fas­sen. Der erste Einsatzort war Lüdenscheid. Dieses Großzelt wurde besonders in den westdeutschen Städten (Mülheim, Essen, Gelsenkirchen, Barmen, Düsseldorf) einge­setzt (»Westzelt«). Das ältere Zelt ging nach Ostdeutschland (»Ostzelt«) und arbeitete selbständig unter dem Namen »Z. - Ost«. Noch im Jahre 1905 wurde die Herstellung eines dritten Zeltes beschlossen, das nach einigen Einsätzen in Westdeutschland 1906 einem holländischen Komitee in Apeldoorn übergeben wurde. Um dem Ruf der schwei­zer Freunde Rechnung zu tragen, gründete Vetter 1906 die »Schweizer Z.« mit Sitz in Rämismühle, Kanton Zürich. In Deutsch­land wurde 1907 noch ein »Süd-Zelt« einge­setzt, so daß in wenigen Jahren fünf große Zelte in Deutschland, Holland und der Schweiz in Städten und Dörfern im Einsatz waren.

Der Dienst der Z. war ein wichtiger Bestand­teil der damaligen Erweckung. Vetter be­richtet: »Manchmal war die rettende Macht Gottes so mächtig in unseren Versammlun­gen, daß 50, 100, 200, 300 und mehr an ei­nem Abend sich für Gott weihten. Die Er­weckungen . . . bleiben uns für alle Zeiten Denkmäler der Barmherzigkeit.« Es gelang Vetter, begabte Evangelisten für die Z. zu gewinnen. Besonders hervorzuheben sind der intellektuell und rednerisch sehr befä­higte Fritz —» Binde, ein ehemaliger Atheist und Marxist, und Ludwig Henrichs, der »Sy­stematiker unter den Evangelisten« (vgl. sein Buch »Etliche zu Evangelisten«).

Zusammen mit Pfarrer Otto —» Stockmayer hat Vetter Grundsätze für die Z. ausgearbei­tet, die bis zur Gegenwart die Z. vor Rationa­lismus und Schwärmerei bewahrt haben. Die wichtigsten Grundsätze sind: das Haupt der Z. ist Christus, den sie verkündigen will. Sie steht auf dem Boden der Hl. Schrift als alleiniger Autorität in Leben und Lehre und fordert von jedem Menschen eine gänzliche Willensentscheidung für Jesus. Die Z. dient keiner bestimmten Konfession, sondern ar­beitet mit allen Kirchen und Gemeinschaf­ten an der Rettung der Welt. Sie nimmt gern Einladungen zur Evangelisationsarbeit an und ist in der Aufbringung der Mittel vom Herrn abhängig.



  1. Die Z. zwischen den Weltkriegen

Der Ausbruch des ersten Weltkrieges unter­brach die Arbeit, weil die meisten Helfer (Zeltdiakone) eingezogen wurden. Nach dem ersten Weltkrieg wurde die Z. wieder in vollem Umfang aufgenommen. Der Sturz der alten Staatsform hatte das Volk tief ver­unsichert. Dazu kam die Inflation, die den Menschen das mühsam Ersparte raubte. Um so mehr fragten Menschen nach dem, was nicht wankt. Einer der Evangelisten in jenen Jahren, der Ostpreuße Ernst Krupka schreibt: »Überall, auch in kleinen Städten waren die Zelte gefüllt und überfüllt... In Großstädten waren Zeltarbeiten mit 3 000 bis 4000 Besuchern keine Seltenheit.« Die Z. geriet stark in die ideologischen Ausein­andersetzungen der zwanziger Jahre. Wie sehr die Z. ernst genommen wurde, bewei­sen die häufigen Störungen, die besonders durch Kommunisten während der Zeltver­anstaltungen verursacht wurden. So kam es z.B. in sächsischen Industriestädten wieder­holt vor, daß hunderte von Kommunisten unter Absingen der Internationale während der Verkündigung das Zelt verließen. Die Zeltversammlung sang dann ihrerseits »Ge­genlieder«. Wiederholt wurden Zelte mit Steinen beworfen, Stricke, die der Veranke­rung dienten, durchschnitten und in kom­munistischen Zeitungen polemische Arti­kel gegen die im Zelt betriebene »Volksver­dummung« veröffentlicht. Die herausra­genden Zelt-Evangelisten in jenen Jahren waren Robert Volkmann und Ernst Krupka. Ferner wirkten die Evangelisten Roeder, Vei­ler, Petri, Puhle und Trappmann. Der be­kannte Evangelist Daniel Schäfer tat eben­falls wiederholt Dienste in den Zelten. Im Ostzelt wirkte besonders der Ostpreuße Waldemar Didschun. Nach ständiger Über­wachung und Bespitzelung im Dritten Reich kam die Arbeit beim Ausbruch des zweiten Weltkrieges völlig zum Erliegen.

  1. Die Z. nach dem zweiten Weltkrieg Maßgeblich am Wiederaufbau der Z. waren Krupka und Didschun beteiligt. Ähnlich wie nach dem ersten Weltkrieg war nach dem to­talen Zusammenbruch der Zulauf zur Z. sehr groß. Viele Landeskirchen, Freikirchen und Gemeinschaften stellten nun ihrerseits Zelte in Dienst. Die Zelte der Landeskirchen wurden jeweils den Volksmissionarischen

Ämtern unterstellt. Daneben gibt es Zelte der Ev. -> Methodistischen Kirche, des Bun­des Ev.-freikirchlicher Gemeinden (-» Bapti­sten), des Bundes —> Freier ev. Gemeinden, des Jugendbundes für —> entschiedenes Christentum (EC), der -» Berliner Stadtmis­sion, der —» Ev. Gesellschaft, des Missions­werkes —*■ Neues Leben u.a. Gegenwärtig gibt es rund 50 Zelte, von denen die meisten zwischen 300 und 1000 Besucher fassen. Verschiedene volksmissionarische Ämter haben inzwischen den Zeltdienst einge­stellt. Gleichwohl sind Zeltevangelisatio­nen die mit Abstand bestbesuchten Veran­staltungen der Gemeinden. 2 000 bis 3 000 Besucher sind im größten Zelt der Deut­schen Z. prö Veranstaltung die Regel. Die einzelnen Zeltarbeiten werden in der Regel »auf dem Boden der ev. Allianz« durchge­führt und auf der von Pfarrer Wilhelm Brauer gegründeten -» Deutschen Evangelisten­konferenz terminlich und regional in einem »Zeitplan« aufeinander abgestimmt.

Lit.: P. Scharpff, Geschichte der Evangelisation, 1964 - J. Vetter, Gottes Fußspuren in der Zeltmis­sion, 1907 - L. Henrichs, Etliche zu Evangelisten, 1922 - M. Vetter, Evangelist Jakob Vetter, Ein Le­bensbild, 1922 - O. Riecker, Das evangelistische Wort, 19532.

Bergmann

Zeuge (Zeugendienst)

Zeuge ist im AT fast ausschließlich ein rechtlicher, nicht ein religiöser Begriff. Es geht um das Bekräftigen der Wahrheit in ei­nem Rechtsstreit entweder zugunsten oder zuungunsten einer Person (Num 5,13; 35,30); für den Betroffenen hängt von der Zeugenaussage sehr viel ab. Darum wird ab­solute Wahrhaftigkeit erwartet (Dtn 5,20). Von denen, die Gott vertrauen, wird dieser selbst als Z. angerufen. Er soll die endgültige richterliche Entscheidung treffen (Ps 89,37; Ri ri,io). Nur in Jes 43,9-12 und 44,8 hat der Z. eine religiöse Bedeutung: Israel gilt im Prozeß Gottes gegen die anderen Völker als sein Z., denn Israel kennt den wirklichen, alleinigen Gott aus den Erfahrungen der ei­genen Geschichte.

Auch im NT findet sich die übliche juristi­sche Anwendung (Mk 14,63; Apg 6,13), häu­figer jedoch ein neues Verständnis: Im reli­giösen Sinn sind eigentlich nur die Zwölf Z.n des Auferstandenen und nehmen als »erste Generation« eine Sonderstellung ein (Apg 1,22; 2,32; 4,33; ro,4of.). Sie bezeugen, daß der Auferstandene mit dem ihnen be­kannten geschichtlichen Jesus identisch ist. Zum Ablegen dieses Zeugnisses sind sie be­sonders berufen (Apg 1 o,3 9f.) und mit dem Geist ausgestattet (Apg 1,8).

Auch in der 1. Generation erfordert dieses Zeugnis die Antwort des Glaubens. Denn obgleich ein geschichtliches Ereignis be­zeugt wird, ist dieses doch bewirkt durch ei­nen Eingriff Gottes in die Welt, und der kann ohne Glaube nicht verstanden werden. Was durch und in Jesus geschieht, ist Offenba­rung (Apg 2o,2of.). Diese wird verkündigt, gepredigt, bezeugt - mit dem Ziel, daß die Hörer glauben. Das ganze Johannesevange­lium versteht sich so als Zeugnis zum Glau­ben (Joh 19,35 und 21,24). Jesus legt Zeugnis ab für den wahren Gott, der seinerseits ihn - den Sohn - als den einen Erlöser bestätigt. Aus dem Prozeß, der zwischen dem heiligen Gott und der ungläubigen Menschheit läuft, kommt nur der an Christus Glaubende ge­rechtfertigt heraus (Joh 8,12-18 und 9,39). Was Jesus über Gott und sich selbst sagt, liegt jenseits allgemein menschlicher Er­kennbarkeit. Darum ist hier wie auch bei Paulus das Zeugnis des —> Geistes im Herzen des Menschen unerläßlich (Joh 15,26h; Röm


  1. 16).

Im zwischenkirchlichen Bereich hat man sich seit der Weltkirchenkonferenz in Evan- ston (1954) um eine sorgfältige Begriffsab­grenzung zwischen Zeuge und —» Prosely- tismus bemüht und festgestellt, daß auch in einem ökumenischen Zeitalter das rechte Zeugnisgeben zur Glaubensfreiheit gehört.

Lit.: N. Brox, Z. und Märtyrer, Untersuchungen zur frühchristlichen Zeugnis-Terminologie, 196t (kath.) - H. J. Margull, Theologie der missionari­schen Verkündigung, 1959 - P. Scharpff, Ge­schichte der Evangelisation, 1964 - G. Wieske, Persönliche Evangelisation, 1974

Wieske

Zeugen Jehovas



Zeugen Jehovas (früher: Ernste Bibelfor­scher, seit 1953 Neue-Welt-Gesellschaft; »Jehova« ist falsche Vokalisation des alt. Gottesnamens JHWH = Jahwe), im An­schluß an Jes 43,10-12 Name einer religiö­sen Gruppe, die in Lehre und Entwicklung große Wandlungen durchlief.

  1. Anfänge. Der Textilkaufmann Charles T. Russell (1852-1916) glaubte an die 1874 un­sichtbar geschehene Wiederkunft Christi, der 40 Jahre »Erntezeit« folgen sollten. Um




Zeltmission: Bilder aus der evangelischen Zeltarbeit. (Fotos: Hans Lachmann)

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seine Ideen zu propagieren, wurde die Wachtturmgesellschaft gegründet. Als 1914 die sichtbare Wiederkunft ausblieb und Rus­sell 1916 starb, breitete sich Verwirrung un­ter seinen Anhängern aus.

2. lehre und Organisation. Russells Nach­folger Joseph Franklin Rutherford (1869- 1942) erhob die Wachtturmgesellschaft in den Rang der »endzeitlichen Heilsgemein­de« (Hutten) und bildete eine zentrali­stisch-diktatorisch geführte »theokratische Organisation«. Hinter diesem Begriff ver­birgt sich eine für Z.J. charakteristische Ge­schichtsschau, die sie durch willkürliche Kombination von Bibelstellen aus der Hl. Schrift ableiten. Die Geschichte ist der Kampfplatz zwischen Jehova und Satan. Sa­tan will sich mächtiger erweisen als Jehova, indem er alle Menschen zu verderben sucht. Aber stets gab es »treue Zeugen Jehovas«; die Z.J. sind also die älteste religiöse Gruppe der Menschheit. Jehova hat Satan für seinen Versuch 6000 Jahre (vgl. Schöpfungsbericht 6 Tage = 6000 Jahre) zugebilligt. Danach folgt das 1 ooojährige Reich. Seit der Zerstö­rung Jerusalems 607 v.Chr. bis zum Jahre 1914 war die theokratielose Zeit. 1914 lief die »Zeit der Nationen« aus und die »Theokratische Organisation« wurde aufge­richtet, so daß Satan wütender denn je schnaubt und durch Weltkriege, Erdbeben, Hunger, Atombomben, Völkerbund, UNO, röm.-kath. Kirche und die -» ökumenische Bewegung das Verderben bringt. Mt 24,34 (»dies Geschlecht wird nicht vergehen«) wird auf die Gegenwart bezogen, d.h. die jetzt lebende Generation erlebt das Ende. Dieses wird in den schrecklichsten Bildern als die letzte Entscheidungsschlacht von Harmagedon ausgemalt. Die getreuen Z.J., die den Verkündigungsfeldzug für Jehova ge­führt haben, werden überleben und werden die nach der Schlacht auf erstandenen Toten einer Prüfung unterziehen, die über den 2. Tod oder das ewige Leben entscheidet.

Um diese Lehren zu verbreiten, wurde ein riesiger Propagandaapparat aufgebaut. Jeder Z.J. ist Verkündiger und muß Felddienst­stunden ableisten, über die eine genaue Sta­tistik geführt wird. Die Welt wurde mit Mil­liarden Druckerzeugnissen überschwemmt (am bekanntesten: »Wachtturm«, »Erwa­chet«). Da jeder Zeuge die Bücher kauft, um sie an Außenstehende zu veräußern, ist jedes von der Zentrale genehmigte Buch ein Ver­kaufserfolg. Die Wachtturmgesellschaft ist ein großes Wirtschaftsunternehmen mit hohen Gewinnen. Ca. 1,7 Millionen Ver­kündiger und Pioniere arbeiten in über 200 Ländern. Es gibt 32000 Versammlungen (BRD: 1 200), die nach oben in Kreise, Bezir­ke, Zweige und Zonen organisiert sind. An der Spitze in Brooklyn stehen der Präsident und ein siebenköpfiges Direktorium. In den Ostblockländern werden J.Z. verfolgt. Im 3. Reich kamen viele standhaft in den Konzen­trationslagern um (Ablehnung des Wehr­und Ersatzdienstes).



3. Beurteilung. Die Neue-Welt-Gesellschaft ist eine Sekte. Das zeigt 1. ihr Umgang mit der Hl. Schrift (s.o.), die von den »Dienern der Theokratisehen Organisation« als dem »irdischen Mitteilungskanal« Gottes erklärt werden muß; 2. ihre Stellung zu Christus, der lediglich Begründer der Theokratischen Organisation ist und durch seinen Tod am Pfahl den »Loskaufpreis« bezahlt hat, wo­durch eine Wiedererweckung möglich ist; 3. ihre Haltung zu den Kirchen, die alle Werk­zeuge Satans (»Religionisten«) sind.

Lit.: Neue-Welt-Ubersetzung der hebräischen und griechischen Schriften - J.Z. in Gottes Vorhaben - über J.Z.: K. Hutten, Seher - Grübler - Enthusia­sten, 196811, S. 7 sff. — J. Doyon, Ich war eine Zeugin Jehovas, 197 t - A. Rogerson, Viele von uns werden niemals sterben, 1971

Geldbach

Ziemendorf, Theodor, *19.5.1837 Berlin, 128.2.1912 Fairhaven (Ägypten), ev. Theolo­ge, Studium in Berlin. Von 1869 bis 1909 Pfarrer in Wiesbaden, wo er 1870 einen Bas­ler Missionsverein gründete und neben einer Sonntagsschule die Arbeit der -» Stadt­mission anfing. Ende der 70er Jahre rief er ein Vereinshaus ins Leben, Ende der 80er Jahre übernahm er ein Asyl für Strafentlassene Frauen und 1891 den neu gegründeten -» CVJM. Als Mitglied des Evangelisations­vereins (1886) gehörte er zu den Initiatoren und geistlichen Trägern der ersten Gna- dauer Konferenz (1888). 1900 wurde er Vor­sitzender der neu gegründeten Sudan-Pio- nier-Mission (heute Oberägypten-Mission, Wiesbaden). Er starb auf seiner fünften Afri­kareise.

Lit.: J. Held, Anfänge einer deutschen Moham­medanermission, 1925

Ohlemacher

Zigeunermission

Schon bald nach Kriegsende (1945) nahm die

Mission für Süd-Ost-Europa, Siegen, den missionarischen Dienst unter den ca. 50000 Zigeunern, die die Konzentrationslager überlebt hatten, auf. Z.Zt. stehen in der Z. ein Ehepaar und elf Missionarinnen im seel- sorgerlichen und diakonisch-fürsorgerli- chen Dienst.

Die verschiedensten Versuche, das fahrende Volk in unsere Gesellschaft zu integrieren, blieben weithin erfolglos. Im Denken, Emp­finden, Verhalten und den Lebensgewohn­heiten zeigen die Zigeuner völlige Andersar­tigkeit. Fast vollzählig bekennen sie sich zum christlichen Glauben. In jeder Woh­nung findet sich ein Marienaltar, nicht sel­ten auch das Bild des gekreuzigten Christus. Gleichzeitig aber herrschen —» Aberglaube, Geister- und Todesfurcht sowie okkulte Verbindungen. Als Randgruppe der Gesell­schaft und Kirche haben sie Hilfe im diako- nisch-fürsorglichen Bereich dringend nötig. Z. geschieht in mehr als 30 Städten der BRD. Besuche, Betreuung von Kindern, Jugendli­chen und Erwachsenen, gottesdienstliche Veranstaltungen, Freizeitarbeit und viel per­sönliche Seelsorge bilden die Schwerpunkte missionarischen Bemühens. Die an Christus gläubig Gewordenen schlossen sich teil­weise zu Gemeindekreisen zusammen.

Fehler


Zilz, Walther, *2. 8. 1887 Berlin, 125. n. 1957 Freudenberg Krs. Siegen. 1921-45 Pfarrer am Diakonissenmutterhaus »Frie­denshort« (E. v. Tiele-Winckler) in Mie- chowitz O/S., gleichzeitig Pfarrer der dorti­gen Kirchengemeinde. 1945-57 Vorsteher des »Friedenshortes« in Berleburg. 1957 Fer­tigstellung eines neuen Mutterhaus-Zen­trums für den westlichen Teil (BRD) in Freudenberg. In Schlesien u.a. Mitarbeit in der Leitung des Schlesischen und des Gnadauer Gemeinschaftsverbandes und der Süd-Ost-Europa Mission, 1946-57 Vorsit­zender der Deutschen -» Zeltmission, 1946-54 Vorsitzender der Deutschen Ev. -» Allianz, 1954-57 Präses der Europäischen Allianz, 1947-50,1954-57 Herausgeber des Ev. Allianzblattes.

Lit.: u.a. Die Verklärung Jesu Christi in der Wolke von Zeugen 1926 - Wenn Gottes Winde wehn, r 930 — A. Tholuck, 196z2 — Sonnette um den Frie­denshort, r946 - E. v. Tiele-Winckler, 1952

Zilz

Zimmermann, Karl Gustav-Adolf- Werk

Zinzendorf —» Pietismus III. e, —> Brüder­gemeine

Zionspilgerbund

Der Z. entstand 1892 als unabhängiger Ge­meinschaftskreis in Fischerskampe bei El­bing durch die Wirksamkeit des Lehrers


  1. A.Wolff, seit 1891 Herausgeber einer Zeit­schrift »Zionspilger«. Seinen Beruf mußte er aufgeben und übernahm 1896 die Leitung einer Gemeinschaft in Danzig. Der Z. war durch strenge Aufnahmebedingungen und Zucht, Führung durch zwölf Älteste, Eintei­lung aller Mitglieder in Arbeitsabteilungen sowie monatliche Zionspilgerfeste gekenn­zeichnet. Über der Frage der Sündlosigkeit kam es 1897 zur Spaltung. 1900 schloß man sich dem Brüderrat des Gemeinschaftsbun­des für Posen und Westpreußen an.

Lit.: P. Fleisch, Die moderne Gemeinschaftsbewe­gung in Deutschland, Bd. I, 19123, S. 207f.

Balders


Zirkusmission -> Berufsmissionen

Zöckler, Theodor, *5.y. 1867 Greifswald, 118.9.1949 Stade, kam im Dienst der däni­schen —> Judenmission 1891 nach Stanis­laus, wo Gott seinem Leben durch die Be­gegnung mit der zerstreut unter Juden, Po­len, Ukrainern lebenden deutschen ev. Dia­spora eine andere Wendung gab. In der Zeu­genaufgabe der Diaspora als Christusdienst unter den Völkern erfüllte sich im wechsel­vollen politischen Schicksal des Landes das Leben Z.s als Gründer der Stanislauser An­stalten (Bethel des Ostens), des Zentralaus­schusses für die —»Innere Mission in Öster­reich, Leiter der ev. Kirche Galiziens, Vor­kämpfer der ökumenischen Zusammenar­beit in Polen und Patron der ev. Bewegung unter den Ukrainern.

Lit.: L. Zöckler, Gott hört Gebet, 1951 — O. Wag­ner, T.Z., in: »Kyrios«, Bd. VII, r9Ö7 -D. Theodor Zöckler (Sammelband), 1967



Wagner

Zorn Gottes -> Gericht Zungenrede



Z. (= Glossolalie; griech. glossa = Zunge, Sprache.; lalein = sprechen, reden) ist eine in vielen Religionen und Kulturen bekannte, vieldeutige Erscheinung, die auch in psy- chopathologischen Krankheitsbildern auf- tritt. Z. bezeichnet ein Ausstößen von un­verständlichen Lauten, bei dem der Wille des Glossolalen - oft in ekstatischen Zu­ständen - ausgeschaltet ist. Z. kann auch mit Hilfe psychologischer Methoden und mit Rauschmitteln erzeugt werden. Im AT scheint es unter ekstatischen (—» Ekstase) Propheten vergleichbares verzücktes Reden gegeben zu haben (vgl. iSam io, 5ff.; i9,2off. u.ö.), und im hellenistischen und jüdischen Umfeld des NT ist Reden unter dem Einfluß eines »göttlichen«« Geistes bekannt. Das NT wertet Glossolalie als Zeichen des Wirkens des Hl. —> Geistes in der Gemeinde (Mk

  1. . Dabei ist zu unterscheiden zwischen dem einmaligen Sprachwunder an Pfingsten (Apg 2), das als Zeichen des anbrechenden Gottesreiches das Ende der babylonischen Sprachverwirrung (Gen n vgl. Jes 28,7-12 und Joel 3,1-5) anzeigen soll und den späte­ren Formen der Z. Paulus, selbst mit diesem -» Charisma begabt (iKor 13,19), mißt ihm jedoch nur untergeordnete Bedeutung zu. Denn Z. »erbaut«« nur den, der sie praktiziert (iKor 14,4), trägt für den Aufbau der —> Ge­meinde nichts aus, sondern birgt die Gefahr der Unordnung in der Gemeinde in sich. Darum wird Z. in der Gemeindeversamm­lung nur nach einer festen Redeordnung zu­gelassen und nur, wenn auch die Auslegung derselben gewährleistet ist (1 Kor 14,27^). Es ist zu beachten, daß im Katalog der Geistes­gaben iKor i2,8ff. Z. und die Gabe der Aus­legung ganz am Ende der Aufzählung stehen und daß das Schweigegebot für die Frauen in der Gemeindeversammlung (iKor 14,34) im Zusammenhang mit den Charismen des Z. und Weissagens erteilt wird. Sofern die gute Ordnung gesichert ist, soll Z. in der Ge­meinde nicht gehindert werden.

In der Geschichte der Christenheit begegnet das Z. durch alle Jahrhunderte bis heute im Zusammenhang mit ekstatischen oder me­ditativen Verhaltensweisen vornehmlich bei solchen Gruppen, die entweder schon im vornherein der Gesamtkirche (»Verfallskir- che<«) kritisch gegenüberstanden oder sich im Gefolge ihrer außerordentlichen Erfah­rungen von ihr trennten, z.T. unter Verfol­gungen. Die bekanntesten Gruppen sind die Montanisten (ca. 157-200) in Kleinasien, ie Camisarden in Südfrankreich (Einfluß auf England und Deutschland, bes. die Wet­terau 1714-1749), die -> Katho­lisch-Apostolische Gemeinde in England (183iff.) und die im Gefolge der Erweckun­gen von Wales (1904/05), Los Angeles (1906) und Kassel (1907) entstandene weltweite -» Pfingstbewegung. Einen auf geistliche Re­form der Kirchen ausgerichteten neuen Typ stellt die —» Charismatische Bewegung (seit 1966) aus Amerika dar.

Die Inhalte der Z. bestehen durch die Jahr­hunderte hindurch hauptsächlich in Bot­schaften vom nahen Weitende, Bußrufen, Lobsprüchen und Ermahnungen, die auf dem Hintergrund einer rigoristischen Ethik erwachsen sind. Z. trat dabei vielfach in so­zial schwachen Bevölkerungsschichten, die unter starkem Leidensdruck stehen, auf; Massenveranstaltungen wirkten mit ihren suggestiven Momenten begünstigend auf das Aufkommen von Z. Auffallend ist, daß bei den meisten Gruppen, in denen Z. prak­tiziert wurde, Frauen und besonders junge Mädchen Ausgangspunkte der Erscheinun­gen der Z. waren. Heute erfaßt die charisma­tische Bewegung in Nordamerika und Eu­ropa auch akademisch gebildete Kreise, und das Schwergewicht der Z. liegt hier stärker in der Anbetung. Umstritten ist, ob Zungen­redner gelegentlich auch in einer ihnen gänzlich unbekannten Fremdsprache reden. Zur Beurteilung des Z.: Es gibt keine zurei­chenden Gründe, die charismatischen Wir­kungen des Hl. Geistes auf die ersten beiden Jahrhunderte der Geschichte der Christen­heit beschränken zu wollen. Maßstab für eine —» Prüfung des Geistes, aus dem die grundsätzlich vieldeutige Z. kommt, ist nach Paulus die Lebensführung des Glosso­lalen (iKor 13,1). Überall dort, wo von der Gabe des Z.s eine besondere Stellung in der Gemeinde hergeleitet wird oder dieselbe gar als unerläßliches Zeichen des »Gläubig­seins«« (—> Geistestaufe) gewertet wird, sind die biblischen Linien verlassen und droht Spaltung. Der Inhalt aller Z. ist am Gesamt­zeugnis der Bibel als der allein gültigen Of­fenbarung Gottes zu überprüfen.

Lit.: E. G. Hinson u.a., 2000 Jahre Z. Glossolalie in biblischer, historischer und psychologischer Sicht, 1968 - M. T. Kelsey, Zungenreden, 1970

Ohlemacher

Zwei-Reiche-Lehre

1. MARTIN LUTHER (1483-1546) ENTWICKELTE SEINE SOG. ••ZWEI-REICHE.-(“ZWEI-REGIMENTEN-| lehre im Anschluß an die Hl. Schrift, auch



wenn er an Auffassungen des Kirchenvaters Augustin anknüpfen konnte. In der Bibel fand er zwei Gruppen von Aussagen. Auf der einen Seite stehen die Worte Jesu in der Bergpredigt und der Apostel vom »Gesetz Christi«: die Jünger Jesu üben niemals Ge­walt, widerstehen dem Unrecht nicht, rä­chen sich nicht, sondern dienen einander in der Liebe, was auch immer geschieht. Auf der anderen Seite finden sich das Ja zum Staat, die Ermahnung zum Gehorsam gegen die Obrigkeit (Röm 13 und iPetr 2,r3f.), fer­ner die Worte des AT, die das »Schwert« ein- setzen und bestätigen, also auch die Todes­strafe, wie Gen 9,6 oder Ex 2i,i4.22ff., auch eine Stelle wie Lk 3,14, in der Johannes der Täufer den Stand der Soldaten nicht als sol­chen ablehnt, sondern anerkennt. »Dieses Nebeneinander, ja scheinbare Widereinan­der der verschiedenen biblischen Aussagen führt Luther zu seiner Lehre von den beiden Regimenten« (Althaus).

2. gott regiert die Welt, so lehrt Luther, auf zwei je unterschiedliche Weisen.

  1. Das »weltliche« (»irdische«, »zeitliche«, »leibliche«) Regiment dient zur Erhaltung der Welt. Gott übt es aus mittels der Obrig­keit und ihrer Regierung, darüber hinaus aber mittels all dessen, was dem Fortbestand des irdischen Lebens dient: Ehe und Familie, Eigentum, Wirtschaft, »Stände« und Berufe, die er eingesetzt hat. Dieses weltliche Regi­ment nimmt Gott allerorts wahr, auch unter Heiden und Gottlosen. Es ist daher zwar Gottes, aber nicht Christi Reich. Die »Not­wendigkeit« für dieses »Reich der linken Hand« liegt in der menschlichen Bosheit (das gilt vor allem für die Strafgewalt des Staates), darüber hinaus in der Unentbehr­lichkeit lebenserhaltender Ordnungen in­nerhalb der Schöpfung. Es ist bestimmt von Recht und Macht; in ihm regiert die -> Ver­nunft

  2. Das geistliche Regiment (»Reich Christi«, »himmlisches Reich«, »Reich des Glau­bens«) dient zur Erlösung der Welt. Gott übt es aus durch das Evangelium von der sün­denvergebenden Gnade,- es erreicht die Men­schen durch den Dienst der Kirche in der Predigt, in den Sakramenten, im brüderli­chen Zuspruch. Dieses geistliche Regiment übt Gott nicht in aller Welt aus, sondern in­nerhalb der Christenheit. Da in ihm der Hl.

Geist wirkt, fehlt jeder äußerliche Zwang;

alles vollzieht sich in der Freiheit der Gnade im »Reich der rechten Hand«.



  1. WIE DIE VERSCHIEDENHEIT, WIRD AUCH DIE ZU­SAMMENGEHÖRIGKEIT DER BEIDEN REG1MENTE von LUTHER betont: beide Reiche sind von Gott eingesetzt - er ist der Herr beider,- beide stehen im Kampf gegen den Satan, wenn auch mit verschiedenen Mitteln; in beiden wird Gottes Liebe wirksam, wenn auch in unterschiedlicher Gestalt; das weltliche Reich dient dem geistlichen, es schafft sozu­sagen die Rahmenbedingungen für die Evan­geliumsverkündigung.

  2. DER CHRIST GEHÖRT BEIDEN REICHEN AN und soll sich in beiden für Gott einsetzen. Aber sein Handeln muß, obwohl es immer aus dem Glauben an Jesus Christus heraus­wächst und keinen Lebensbereich gegen­über Gottes Willen ausgrenzt, doch eine zweifache Gestalt annehmen. Nur so ent­spricht es dem zweifachen Regiment Gottes. Wie kann der Christ diese Doppelexistenz leben, ohne innerlich gespalten zu sein? Luther antwortet, indem er von »zwei un­terschiedlichen Personen in einem Men­schen« spricht, die er »Christ und Weltper­son« oder »private und öffentliche Person«, bzw. »Person« und »Amt« nennt. Er lehrt zu unterscheiden zwischen einem Handeln in eigener Sache, bei dem der Christ sich kom­promißlos an den Maßstäben der Bergpredigt orientiert und nötigenfalls durch Verzicht auf Recht, Macht, Vergeltung usw. leidet, und dem Handeln im Amt für andere (schon als Vater, erst recht als Fürst oder im Kriege), in dem er dem Bösen aktiv widersteht, es hindert und straft, Recht, Macht und Gewalt ihm gegenüber einsetzt. Luther sah die große Spannung und auch die Gefahren, etwa des Selbstbetruges, die in dieser Antwort liegen. Er betonte die Liebe als gemeinsames Motiv des Handelns im persönlichen und im amt­lichen Bereich.

s. was bedeutet die z. FÜR unsere zeit? Die Ge­sellschaftsordnung des 16. Jh.s, auf die sie sich ursprünglich bezog, ist vergangen. Die Lehre selber wurde häufig mißbraucht, um die Eigengesetzlichkeit der Welt zu verteidi­gen, d.h. sie praktisch als von Gottes Gebot unabhängig zu erklären. Dagegen wurden zuerst im sogen, »linken Flügel« der Refor­mation, heute im Umkreis der Theologie K.

Barths Versuche gesetzt, aus dem Evange­lium unmittelbar Richtlinien für die Welt­gestaltung abzuleiten, um so dem Ernst der —» Nachfolge Christi wirklich gerecht zu werden. Entscheidend ist deshalb, ob die Z. in ihrem Kern, auch wenn sie nicht direkt aus der Bibel erhoben werden kann, schrift­gemäß ist. Diese Frage muß m. E. bejaht werden. »Eine bessere, klarer an der Schrift orientierte Deutung der christlichen Exi­stenz in der Welt, die ihren Bestand mit Zwangsmitteln sichern muß, ist uns noch nicht gegeben« (Lau).

Lit.: F. Lau, Luthers Lehre von den beiden Reichen, 1952 - P. Althaus, Die Ethik Martin Luthers, 1965 - H. Bornkamm, Luthers Lehre von den zwei Rei­chen im Zusammenhang seiner Theologie, 1969’’ - G. Sauter (Hg.), Zur Zwei-Reiche-Lehre Luthers (mit einer kommentierten Bibliographie von J. Haun), 1973 - Stott/Runia, Das Himmelreich hat schon begonnen, 1977

Kopfermann



Zwingli -> Reformation

Zum Artikel: Literaturarbeit V

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