Zehlendorfer Verband für Diakonie
Diakonie
Zehnte, Der
Lev 27,30 gebietet Gott, den Z.n an Früchten und Tieren dem Herrn zu opfern (Gen 14,20 berichtet, daß Abraham dem König Melchi- sedek den Z.n als Gabe darreicht. Vgl. auch Num 18,21 ff.; Mal 3,8ff.). Der Z. ist in Israel die Erinnerung daran, daß aller Besitz Gottes Eigentum und daher nur anvertrautes Lehen ist. Lk r8,i2 wird deutlich, daß in den Kreisen Israels, die das Gesetz ernst genommen haben, auch der Z. weiter gegeben worden ist. In den urchristlichen Gemeinden wurde das Opfer im Sinne des Dankopfers (nicht mehr im Sinne des fordernden Gesetzes) betont. Das Opfer ist Liebesdienst, der nach dem Willen eines fröhlichen Herzens getan werden soll (beachte 2Kor 8f.). Die Gabe des zehnten Teiles des Einkommens für Gott im Sinne einer Geldgabe wird von vielen Christen heute als geistliche Lebensordnung freiwillig vollzogen.
Christian Heinrich Zeller
Zeller, Christian Heinrich, *29.3.1779 Entringen in Württ., f 18.5.1860 Beuggen bei Rheinfelden. Zunächst als Rechtsanwalt tätig, dann Erzieher und Leiter einer Privatschule in St. Gallen, wurde Z. von dem Wirken Pestalozzis beeindruckt und nahm dessen Gedanken ganz in die eigene Praxis auf. 1820 gründete Z. zusammen mit C. F. —» Spittler im Schloß Beuggen ein Rettungshaus für gefährdete Jugendliche, das vom erweckten Geist der »Deutschen —» Christentumsgesellschaft« geprägt war. Unter dem gleichen Dach wurden hier verwahrloste Kinder erzogen und junge Männer kostenlos als Lehrer ausgebildet. Was sie gelernt hatten, sollten sie baldigst weitergeben, sich jedenfalls nicht nur auf gut bezahlte Stellen melden, sondern auch in arme Gemeinden gehen. Unter Z.s glücklicher Hand blühte die »Armenlehrerschule« schnell auf und strahlte mächtig auf die verantwortlich denkenden Christen Württembergs aus, wo bald eine »Süddeutsche Rettungshausbewegung« mit über 20 Häusern entstand.
Samuel Zeller
Zeller, Samuel, *9. 4. 1834 Beuggen b. Basel, + 18.4.1912 Männedorf, war das zehnte Kind des Vorstehers der Armen- und Armenlehreranstalt Beuggen bei Basel, Christian Heinrich Zeller. Mehrere Jahre unterrichtete er als Seminarlehrer an der ev. Mittelschule Schiers/Graubünden, dann als Lehrer in Beuggen. 1857 kam er krank in die Erholungsanstalt —» Männedorf und wurde von Dorothea —» Trudel geheilt und zum Glauben geführt. Nach kurzer Lehrtätigkeit in Elberfeld wurde er ihr Mitarbeiter und 1862 ihr Nachfolger. Ein Kennwort von Z.: Laß das Wort Gottes in Fleisch und Blut übergehen.
Lit.: A. Zeller, S. Z. ein Knecht Jesu Christi, 1950
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Schmid
Zeltmission
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BEWEGGRÜNDE
Die Z. ist eine Antwort auf die Entkirchli- chung breiter Schichten der Bevölkerung. In dem Maße, wie einerseits theologisch Liberalismus und Rationalismus, wie auch soziologisch die Verbürgerlichung in der Kirche Zunahmen, nahm andererseits im Volk die Verbindung mit der Kirche ab. Dazu kam, daß die Arbeiterschaft sich enttäuscht von der Kirche abwandte, weil sie sich in ihrem Kampf um soziale Gerechtigkeit und gesellschaftliche Anerkennung von der Kirche im Stich gelassen fühlte. Die Z. ist ein
Kind der —» Erweckungsbewegung. Getrieben von der Erkenntnis, daß der Mensch unbedingt der Begegnung mit Gott bedarf, wuchs unter Christen das Verlangen, die entkirchlichten Menschen zu erreichen und sie in die Nachfolge Christi zu rufen. Wenn die Menschen nicht zur Kirche kommen, so muß die Kirche zu den Menschen gehen.
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KENNZEICHEN DER Z.
Die Verwendung eines Zeltes bzw. einer Zelthalle als Versammlungsstätte soll dazu dienen, den entkirchlichten und glaubensfernen Menschen einen neutralen Ort anzubieten, wo es keiner religiösen oder sonstigen »Aufpolierung« bedarf, um ihn zu besuchen. So hat es sich oft ereignet, daß Arbeiter nach ihrer langen Arbeitszeit in ihrer Arbeitskleidung von der Fabrik unmittelbar in die Zeltversammlung gingen. Dies wird z.B. von der ersten Z. in Barmen 1902 berichtet. Ein zweites Kennzeichen der Z. ist ihre Mobilität. Das Zelt kann in jeder Stadt und jedem Dorf in kurzer Zeit aufgebaut werden. Von der soziologischen und missionarischen Zielsetzung her - Erreichung der entkirchlichten und glaubensfernen Menschen - besteht ein drittes Charakteristikum der Z. in ihrer volkstümlichen Verkündigungsweise und aufgelockerten Programmgestaltung. Darum wird von den Anfängen an im Zelt dem Inhalt nach elementar und der Form nach allgemeinverständlich verkündet. Da die Z. um den Menschen in seiner Ganzheit weiß, spricht sie durch leicht singbare Lieder auch die Schichten des Gemüts an.
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GESCHICHTE DER Z.
a) Gründungsjahre und Entwicklung bis zum 1. Weltkrieg. Der Begründer der Z. auf dem europäischen Festland ist Jakob —» Vetter. Er erwog den Gedanken, »wie es möglich sei, die großen Volksmassen zu evangelisie- ren«. In seinem Geist sah er 1895 ein »großes Zirkuszelt« und hörte die Worte: »Das ist der Ort, in welchem du die Massen des Volks unterbringst. . . Das Merkwürdigste an der Sache war«, berichtet er, »daß ich den ganzen Zeltbau mit seiner inneren Einrichtung sah ... So wurde die Z. von dem liebevollen Herrn geschenkt.« Die 1902 von ihm gegründete »Deutsche Z.« hat seit 1904 ihren Sitz in Geisweid/Siegen. Die erste Zeltversammlung fand am 27.4.1902 auf der Anhöhe Tersteegensruh bei Mülheim/Ruhr statt. Tausende waren zur Einweihungsfeier gekommen. Infolge der christozentrischen
Verkündigung und des sehr starken Besuchs wurde die »Deutsche Z.« schnell bekannt. Die Einladungen häuften sich derart, daß Vetter sich entschloß, bereits 1905 ein zweites Zelt in Dienst zu stellen. Es war größer als das erste und konnte 3 000 Menschen fassen. Der erste Einsatzort war Lüdenscheid. Dieses Großzelt wurde besonders in den westdeutschen Städten (Mülheim, Essen, Gelsenkirchen, Barmen, Düsseldorf) eingesetzt (»Westzelt«). Das ältere Zelt ging nach Ostdeutschland (»Ostzelt«) und arbeitete selbständig unter dem Namen »Z. - Ost«. Noch im Jahre 1905 wurde die Herstellung eines dritten Zeltes beschlossen, das nach einigen Einsätzen in Westdeutschland 1906 einem holländischen Komitee in Apeldoorn übergeben wurde. Um dem Ruf der schweizer Freunde Rechnung zu tragen, gründete Vetter 1906 die »Schweizer Z.« mit Sitz in Rämismühle, Kanton Zürich. In Deutschland wurde 1907 noch ein »Süd-Zelt« eingesetzt, so daß in wenigen Jahren fünf große Zelte in Deutschland, Holland und der Schweiz in Städten und Dörfern im Einsatz waren.
Der Dienst der Z. war ein wichtiger Bestandteil der damaligen Erweckung. Vetter berichtet: »Manchmal war die rettende Macht Gottes so mächtig in unseren Versammlungen, daß 50, 100, 200, 300 und mehr an einem Abend sich für Gott weihten. Die Erweckungen . . . bleiben uns für alle Zeiten Denkmäler der Barmherzigkeit.« Es gelang Vetter, begabte Evangelisten für die Z. zu gewinnen. Besonders hervorzuheben sind der intellektuell und rednerisch sehr befähigte Fritz —» Binde, ein ehemaliger Atheist und Marxist, und Ludwig Henrichs, der »Systematiker unter den Evangelisten« (vgl. sein Buch »Etliche zu Evangelisten«).
Zusammen mit Pfarrer Otto —» Stockmayer hat Vetter Grundsätze für die Z. ausgearbeitet, die bis zur Gegenwart die Z. vor Rationalismus und Schwärmerei bewahrt haben. Die wichtigsten Grundsätze sind: das Haupt der Z. ist Christus, den sie verkündigen will. Sie steht auf dem Boden der Hl. Schrift als alleiniger Autorität in Leben und Lehre und fordert von jedem Menschen eine gänzliche Willensentscheidung für Jesus. Die Z. dient keiner bestimmten Konfession, sondern arbeitet mit allen Kirchen und Gemeinschaften an der Rettung der Welt. Sie nimmt gern Einladungen zur Evangelisationsarbeit an und ist in der Aufbringung der Mittel vom Herrn abhängig.
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Die Z. zwischen den Weltkriegen
Der Ausbruch des ersten Weltkrieges unterbrach die Arbeit, weil die meisten Helfer (Zeltdiakone) eingezogen wurden. Nach dem ersten Weltkrieg wurde die Z. wieder in vollem Umfang aufgenommen. Der Sturz der alten Staatsform hatte das Volk tief verunsichert. Dazu kam die Inflation, die den Menschen das mühsam Ersparte raubte. Um so mehr fragten Menschen nach dem, was nicht wankt. Einer der Evangelisten in jenen Jahren, der Ostpreuße Ernst Krupka schreibt: »Überall, auch in kleinen Städten waren die Zelte gefüllt und überfüllt... In Großstädten waren Zeltarbeiten mit 3 000 bis 4000 Besuchern keine Seltenheit.« Die Z. geriet stark in die ideologischen Auseinandersetzungen der zwanziger Jahre. Wie sehr die Z. ernst genommen wurde, beweisen die häufigen Störungen, die besonders durch Kommunisten während der Zeltveranstaltungen verursacht wurden. So kam es z.B. in sächsischen Industriestädten wiederholt vor, daß hunderte von Kommunisten unter Absingen der Internationale während der Verkündigung das Zelt verließen. Die Zeltversammlung sang dann ihrerseits »Gegenlieder«. Wiederholt wurden Zelte mit Steinen beworfen, Stricke, die der Verankerung dienten, durchschnitten und in kommunistischen Zeitungen polemische Artikel gegen die im Zelt betriebene »Volksverdummung« veröffentlicht. Die herausragenden Zelt-Evangelisten in jenen Jahren waren Robert Volkmann und Ernst Krupka. Ferner wirkten die Evangelisten Roeder, Veiler, Petri, Puhle und Trappmann. Der bekannte Evangelist Daniel Schäfer tat ebenfalls wiederholt Dienste in den Zelten. Im Ostzelt wirkte besonders der Ostpreuße Waldemar Didschun. Nach ständiger Überwachung und Bespitzelung im Dritten Reich kam die Arbeit beim Ausbruch des zweiten Weltkrieges völlig zum Erliegen.
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Die Z. nach dem zweiten Weltkrieg Maßgeblich am Wiederaufbau der Z. waren Krupka und Didschun beteiligt. Ähnlich wie nach dem ersten Weltkrieg war nach dem totalen Zusammenbruch der Zulauf zur Z. sehr groß. Viele Landeskirchen, Freikirchen und Gemeinschaften stellten nun ihrerseits Zelte in Dienst. Die Zelte der Landeskirchen wurden jeweils den Volksmissionarischen
Ämtern unterstellt. Daneben gibt es Zelte der Ev. -> Methodistischen Kirche, des Bundes Ev.-freikirchlicher Gemeinden (-» Baptisten), des Bundes —> Freier ev. Gemeinden, des Jugendbundes für —> entschiedenes Christentum (EC), der -» Berliner Stadtmission, der —» Ev. Gesellschaft, des Missionswerkes —*■ Neues Leben u.a. Gegenwärtig gibt es rund 50 Zelte, von denen die meisten zwischen 300 und 1000 Besucher fassen. Verschiedene volksmissionarische Ämter haben inzwischen den Zeltdienst eingestellt. Gleichwohl sind Zeltevangelisationen die mit Abstand bestbesuchten Veranstaltungen der Gemeinden. 2 000 bis 3 000 Besucher sind im größten Zelt der Deutschen Z. prö Veranstaltung die Regel. Die einzelnen Zeltarbeiten werden in der Regel »auf dem Boden der ev. Allianz« durchgeführt und auf der von Pfarrer Wilhelm Brauer gegründeten -» Deutschen Evangelistenkonferenz terminlich und regional in einem »Zeitplan« aufeinander abgestimmt.
Lit.: P. Scharpff, Geschichte der Evangelisation, 1964 - J. Vetter, Gottes Fußspuren in der Zeltmission, 1907 - L. Henrichs, Etliche zu Evangelisten, 1922 - M. Vetter, Evangelist Jakob Vetter, Ein Lebensbild, 1922 - O. Riecker, Das evangelistische Wort, 19532.
Bergmann
Zeuge (Zeugendienst)
Zeuge ist im AT fast ausschließlich ein rechtlicher, nicht ein religiöser Begriff. Es geht um das Bekräftigen der Wahrheit in einem Rechtsstreit entweder zugunsten oder zuungunsten einer Person (Num 5,13; 35,30); für den Betroffenen hängt von der Zeugenaussage sehr viel ab. Darum wird absolute Wahrhaftigkeit erwartet (Dtn 5,20). Von denen, die Gott vertrauen, wird dieser selbst als Z. angerufen. Er soll die endgültige richterliche Entscheidung treffen (Ps 89,37; Ri ri,io). Nur in Jes 43,9-12 und 44,8 hat der Z. eine religiöse Bedeutung: Israel gilt im Prozeß Gottes gegen die anderen Völker als sein Z., denn Israel kennt den wirklichen, alleinigen Gott aus den Erfahrungen der eigenen Geschichte.
Auch im NT findet sich die übliche juristische Anwendung (Mk 14,63; Apg 6,13), häufiger jedoch ein neues Verständnis: Im religiösen Sinn sind eigentlich nur die Zwölf Z.n des Auferstandenen und nehmen als »erste Generation« eine Sonderstellung ein (Apg 1,22; 2,32; 4,33; ro,4of.). Sie bezeugen, daß der Auferstandene mit dem ihnen bekannten geschichtlichen Jesus identisch ist. Zum Ablegen dieses Zeugnisses sind sie besonders berufen (Apg 1 o,3 9f.) und mit dem Geist ausgestattet (Apg 1,8).
Auch in der 1. Generation erfordert dieses Zeugnis die Antwort des Glaubens. Denn obgleich ein geschichtliches Ereignis bezeugt wird, ist dieses doch bewirkt durch einen Eingriff Gottes in die Welt, und der kann ohne Glaube nicht verstanden werden. Was durch und in Jesus geschieht, ist Offenbarung (Apg 2o,2of.). Diese wird verkündigt, gepredigt, bezeugt - mit dem Ziel, daß die Hörer glauben. Das ganze Johannesevangelium versteht sich so als Zeugnis zum Glauben (Joh 19,35 und 21,24). Jesus legt Zeugnis ab für den wahren Gott, der seinerseits ihn - den Sohn - als den einen Erlöser bestätigt. Aus dem Prozeß, der zwischen dem heiligen Gott und der ungläubigen Menschheit läuft, kommt nur der an Christus Glaubende gerechtfertigt heraus (Joh 8,12-18 und 9,39). Was Jesus über Gott und sich selbst sagt, liegt jenseits allgemein menschlicher Erkennbarkeit. Darum ist hier wie auch bei Paulus das Zeugnis des —> Geistes im Herzen des Menschen unerläßlich (Joh 15,26h; Röm
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16).
Im zwischenkirchlichen Bereich hat man sich seit der Weltkirchenkonferenz in Evan- ston (1954) um eine sorgfältige Begriffsabgrenzung zwischen Zeuge und —» Prosely- tismus bemüht und festgestellt, daß auch in einem ökumenischen Zeitalter das rechte Zeugnisgeben zur Glaubensfreiheit gehört.
Lit.: N. Brox, Z. und Märtyrer, Untersuchungen zur frühchristlichen Zeugnis-Terminologie, 196t (kath.) - H. J. Margull, Theologie der missionarischen Verkündigung, 1959 - P. Scharpff, Geschichte der Evangelisation, 1964 - G. Wieske, Persönliche Evangelisation, 1974
Wieske
Zeugen Jehovas
Zeugen Jehovas (früher: Ernste Bibelforscher, seit 1953 Neue-Welt-Gesellschaft; »Jehova« ist falsche Vokalisation des alt. Gottesnamens JHWH = Jahwe), im Anschluß an Jes 43,10-12 Name einer religiösen Gruppe, die in Lehre und Entwicklung große Wandlungen durchlief.
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Anfänge. Der Textilkaufmann Charles T. Russell (1852-1916) glaubte an die 1874 unsichtbar geschehene Wiederkunft Christi, der 40 Jahre »Erntezeit« folgen sollten. Um
Zeltmission: Bilder aus der evangelischen Zeltarbeit. (Fotos: Hans Lachmann)
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seine Ideen zu propagieren, wurde die Wachtturmgesellschaft gegründet. Als 1914 die sichtbare Wiederkunft ausblieb und Russell 1916 starb, breitete sich Verwirrung unter seinen Anhängern aus.
2. lehre und Organisation. Russells Nachfolger Joseph Franklin Rutherford (1869- 1942) erhob die Wachtturmgesellschaft in den Rang der »endzeitlichen Heilsgemeinde« (Hutten) und bildete eine zentralistisch-diktatorisch geführte »theokratische Organisation«. Hinter diesem Begriff verbirgt sich eine für Z.J. charakteristische Geschichtsschau, die sie durch willkürliche Kombination von Bibelstellen aus der Hl. Schrift ableiten. Die Geschichte ist der Kampfplatz zwischen Jehova und Satan. Satan will sich mächtiger erweisen als Jehova, indem er alle Menschen zu verderben sucht. Aber stets gab es »treue Zeugen Jehovas«; die Z.J. sind also die älteste religiöse Gruppe der Menschheit. Jehova hat Satan für seinen Versuch 6000 Jahre (vgl. Schöpfungsbericht 6 Tage = 6000 Jahre) zugebilligt. Danach folgt das 1 ooojährige Reich. Seit der Zerstörung Jerusalems 607 v.Chr. bis zum Jahre 1914 war die theokratielose Zeit. 1914 lief die »Zeit der Nationen« aus und die »Theokratische Organisation« wurde aufgerichtet, so daß Satan wütender denn je schnaubt und durch Weltkriege, Erdbeben, Hunger, Atombomben, Völkerbund, UNO, röm.-kath. Kirche und die -» ökumenische Bewegung das Verderben bringt. Mt 24,34 (»dies Geschlecht wird nicht vergehen«) wird auf die Gegenwart bezogen, d.h. die jetzt lebende Generation erlebt das Ende. Dieses wird in den schrecklichsten Bildern als die letzte Entscheidungsschlacht von Harmagedon ausgemalt. Die getreuen Z.J., die den Verkündigungsfeldzug für Jehova geführt haben, werden überleben und werden die nach der Schlacht auf erstandenen Toten einer Prüfung unterziehen, die über den 2. Tod oder das ewige Leben entscheidet.
Um diese Lehren zu verbreiten, wurde ein riesiger Propagandaapparat aufgebaut. Jeder Z.J. ist Verkündiger und muß Felddienststunden ableisten, über die eine genaue Statistik geführt wird. Die Welt wurde mit Milliarden Druckerzeugnissen überschwemmt (am bekanntesten: »Wachtturm«, »Erwachet«). Da jeder Zeuge die Bücher kauft, um sie an Außenstehende zu veräußern, ist jedes von der Zentrale genehmigte Buch ein Verkaufserfolg. Die Wachtturmgesellschaft ist ein großes Wirtschaftsunternehmen mit hohen Gewinnen. Ca. 1,7 Millionen Verkündiger und Pioniere arbeiten in über 200 Ländern. Es gibt 32000 Versammlungen (BRD: 1 200), die nach oben in Kreise, Bezirke, Zweige und Zonen organisiert sind. An der Spitze in Brooklyn stehen der Präsident und ein siebenköpfiges Direktorium. In den Ostblockländern werden J.Z. verfolgt. Im 3. Reich kamen viele standhaft in den Konzentrationslagern um (Ablehnung des Wehrund Ersatzdienstes).
3. Beurteilung. Die Neue-Welt-Gesellschaft ist eine Sekte. Das zeigt 1. ihr Umgang mit der Hl. Schrift (s.o.), die von den »Dienern der Theokratisehen Organisation« als dem »irdischen Mitteilungskanal« Gottes erklärt werden muß; 2. ihre Stellung zu Christus, der lediglich Begründer der Theokratischen Organisation ist und durch seinen Tod am Pfahl den »Loskaufpreis« bezahlt hat, wodurch eine Wiedererweckung möglich ist; 3. ihre Haltung zu den Kirchen, die alle Werkzeuge Satans (»Religionisten«) sind.
Lit.: Neue-Welt-Ubersetzung der hebräischen und griechischen Schriften - J.Z. in Gottes Vorhaben - über J.Z.: K. Hutten, Seher - Grübler - Enthusiasten, 196811, S. 7 sff. — J. Doyon, Ich war eine Zeugin Jehovas, 197 t - A. Rogerson, Viele von uns werden niemals sterben, 1971
Geldbach
Ziemendorf, Theodor, *19.5.1837 Berlin, 128.2.1912 Fairhaven (Ägypten), ev. Theologe, Studium in Berlin. Von 1869 bis 1909 Pfarrer in Wiesbaden, wo er 1870 einen Basler Missionsverein gründete und neben einer Sonntagsschule die Arbeit der -» Stadtmission anfing. Ende der 70er Jahre rief er ein Vereinshaus ins Leben, Ende der 80er Jahre übernahm er ein Asyl für Strafentlassene Frauen und 1891 den neu gegründeten -» CVJM. Als Mitglied des Evangelisationsvereins (1886) gehörte er zu den Initiatoren und geistlichen Trägern der ersten Gna- dauer Konferenz (1888). 1900 wurde er Vorsitzender der neu gegründeten Sudan-Pio- nier-Mission (heute Oberägypten-Mission, Wiesbaden). Er starb auf seiner fünften Afrikareise.
Lit.: J. Held, Anfänge einer deutschen Mohammedanermission, 1925
Ohlemacher
Zigeunermission
Schon bald nach Kriegsende (1945) nahm die
Mission für Süd-Ost-Europa, Siegen, den missionarischen Dienst unter den ca. 50000 Zigeunern, die die Konzentrationslager überlebt hatten, auf. Z.Zt. stehen in der Z. ein Ehepaar und elf Missionarinnen im seel- sorgerlichen und diakonisch-fürsorgerli- chen Dienst.
Die verschiedensten Versuche, das fahrende Volk in unsere Gesellschaft zu integrieren, blieben weithin erfolglos. Im Denken, Empfinden, Verhalten und den Lebensgewohnheiten zeigen die Zigeuner völlige Andersartigkeit. Fast vollzählig bekennen sie sich zum christlichen Glauben. In jeder Wohnung findet sich ein Marienaltar, nicht selten auch das Bild des gekreuzigten Christus. Gleichzeitig aber herrschen —» Aberglaube, Geister- und Todesfurcht sowie okkulte Verbindungen. Als Randgruppe der Gesellschaft und Kirche haben sie Hilfe im diako- nisch-fürsorglichen Bereich dringend nötig. Z. geschieht in mehr als 30 Städten der BRD. Besuche, Betreuung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, gottesdienstliche Veranstaltungen, Freizeitarbeit und viel persönliche Seelsorge bilden die Schwerpunkte missionarischen Bemühens. Die an Christus gläubig Gewordenen schlossen sich teilweise zu Gemeindekreisen zusammen.
Fehler
Zilz, Walther, *2. 8. 1887 Berlin, 125. n. 1957 Freudenberg Krs. Siegen. 1921-45 Pfarrer am Diakonissenmutterhaus »Friedenshort« (E. v. Tiele-Winckler) in Mie- chowitz O/S., gleichzeitig Pfarrer der dortigen Kirchengemeinde. 1945-57 Vorsteher des »Friedenshortes« in Berleburg. 1957 Fertigstellung eines neuen Mutterhaus-Zentrums für den westlichen Teil (BRD) in Freudenberg. In Schlesien u.a. Mitarbeit in der Leitung des Schlesischen und des Gnadauer Gemeinschaftsverbandes und der Süd-Ost-Europa Mission, 1946-57 Vorsitzender der Deutschen -» Zeltmission, 1946-54 Vorsitzender der Deutschen Ev. -» Allianz, 1954-57 Präses der Europäischen Allianz, 1947-50,1954-57 Herausgeber des Ev. Allianzblattes.
Lit.: u.a. Die Verklärung Jesu Christi in der Wolke von Zeugen 1926 - Wenn Gottes Winde wehn, r 930 — A. Tholuck, 196z2 — Sonnette um den Friedenshort, r946 - E. v. Tiele-Winckler, 1952
Zilz
Zimmermann, Karl Gustav-Adolf- Werk
Zinzendorf —» Pietismus III. e, —> Brüdergemeine
Zionspilgerbund
Der Z. entstand 1892 als unabhängiger Gemeinschaftskreis in Fischerskampe bei Elbing durch die Wirksamkeit des Lehrers
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A.Wolff, seit 1891 Herausgeber einer Zeitschrift »Zionspilger«. Seinen Beruf mußte er aufgeben und übernahm 1896 die Leitung einer Gemeinschaft in Danzig. Der Z. war durch strenge Aufnahmebedingungen und Zucht, Führung durch zwölf Älteste, Einteilung aller Mitglieder in Arbeitsabteilungen sowie monatliche Zionspilgerfeste gekennzeichnet. Über der Frage der Sündlosigkeit kam es 1897 zur Spaltung. 1900 schloß man sich dem Brüderrat des Gemeinschaftsbundes für Posen und Westpreußen an.
Lit.: P. Fleisch, Die moderne Gemeinschaftsbewegung in Deutschland, Bd. I, 19123, S. 207f.
Balders
Zirkusmission -> Berufsmissionen
Zöckler, Theodor, *5.y. 1867 Greifswald, 118.9.1949 Stade, kam im Dienst der dänischen —> Judenmission 1891 nach Stanislaus, wo Gott seinem Leben durch die Begegnung mit der zerstreut unter Juden, Polen, Ukrainern lebenden deutschen ev. Diaspora eine andere Wendung gab. In der Zeugenaufgabe der Diaspora als Christusdienst unter den Völkern erfüllte sich im wechselvollen politischen Schicksal des Landes das Leben Z.s als Gründer der Stanislauser Anstalten (Bethel des Ostens), des Zentralausschusses für die —»Innere Mission in Österreich, Leiter der ev. Kirche Galiziens, Vorkämpfer der ökumenischen Zusammenarbeit in Polen und Patron der ev. Bewegung unter den Ukrainern.
Lit.: L. Zöckler, Gott hört Gebet, 1951 — O. Wagner, T.Z., in: »Kyrios«, Bd. VII, r9Ö7 -D. Theodor Zöckler (Sammelband), 1967
Wagner
Zorn Gottes -> Gericht Zungenrede
Z. (= Glossolalie; griech. glossa = Zunge, Sprache.; lalein = sprechen, reden) ist eine in vielen Religionen und Kulturen bekannte, vieldeutige Erscheinung, die auch in psy- chopathologischen Krankheitsbildern auf- tritt. Z. bezeichnet ein Ausstößen von unverständlichen Lauten, bei dem der Wille des Glossolalen - oft in ekstatischen Zuständen - ausgeschaltet ist. Z. kann auch mit Hilfe psychologischer Methoden und mit Rauschmitteln erzeugt werden. Im AT scheint es unter ekstatischen (—» Ekstase) Propheten vergleichbares verzücktes Reden gegeben zu haben (vgl. iSam io, 5ff.; i9,2off. u.ö.), und im hellenistischen und jüdischen Umfeld des NT ist Reden unter dem Einfluß eines »göttlichen«« Geistes bekannt. Das NT wertet Glossolalie als Zeichen des Wirkens des Hl. —> Geistes in der Gemeinde (Mk
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. Dabei ist zu unterscheiden zwischen dem einmaligen Sprachwunder an Pfingsten (Apg 2), das als Zeichen des anbrechenden Gottesreiches das Ende der babylonischen Sprachverwirrung (Gen n vgl. Jes 28,7-12 und Joel 3,1-5) anzeigen soll und den späteren Formen der Z. Paulus, selbst mit diesem -» Charisma begabt (iKor 13,19), mißt ihm jedoch nur untergeordnete Bedeutung zu. Denn Z. »erbaut«« nur den, der sie praktiziert (iKor 14,4), trägt für den Aufbau der —> Gemeinde nichts aus, sondern birgt die Gefahr der Unordnung in der Gemeinde in sich. Darum wird Z. in der Gemeindeversammlung nur nach einer festen Redeordnung zugelassen und nur, wenn auch die Auslegung derselben gewährleistet ist (1 Kor 14,27^). Es ist zu beachten, daß im Katalog der Geistesgaben iKor i2,8ff. Z. und die Gabe der Auslegung ganz am Ende der Aufzählung stehen und daß das Schweigegebot für die Frauen in der Gemeindeversammlung (iKor 14,34) im Zusammenhang mit den Charismen des Z. und Weissagens erteilt wird. Sofern die gute Ordnung gesichert ist, soll Z. in der Gemeinde nicht gehindert werden.
In der Geschichte der Christenheit begegnet das Z. durch alle Jahrhunderte bis heute im Zusammenhang mit ekstatischen oder meditativen Verhaltensweisen vornehmlich bei solchen Gruppen, die entweder schon im vornherein der Gesamtkirche (»Verfallskir- che<«) kritisch gegenüberstanden oder sich im Gefolge ihrer außerordentlichen Erfahrungen von ihr trennten, z.T. unter Verfolgungen. Die bekanntesten Gruppen sind die Montanisten (ca. 157-200) in Kleinasien, ie Camisarden in Südfrankreich (Einfluß auf England und Deutschland, bes. die Wetterau 1714-1749), die -> Katholisch-Apostolische Gemeinde in England (183iff.) und die im Gefolge der Erweckungen von Wales (1904/05), Los Angeles (1906) und Kassel (1907) entstandene weltweite -» Pfingstbewegung. Einen auf geistliche Reform der Kirchen ausgerichteten neuen Typ stellt die —» Charismatische Bewegung (seit 1966) aus Amerika dar.
Die Inhalte der Z. bestehen durch die Jahrhunderte hindurch hauptsächlich in Botschaften vom nahen Weitende, Bußrufen, Lobsprüchen und Ermahnungen, die auf dem Hintergrund einer rigoristischen Ethik erwachsen sind. Z. trat dabei vielfach in sozial schwachen Bevölkerungsschichten, die unter starkem Leidensdruck stehen, auf; Massenveranstaltungen wirkten mit ihren suggestiven Momenten begünstigend auf das Aufkommen von Z. Auffallend ist, daß bei den meisten Gruppen, in denen Z. praktiziert wurde, Frauen und besonders junge Mädchen Ausgangspunkte der Erscheinungen der Z. waren. Heute erfaßt die charismatische Bewegung in Nordamerika und Europa auch akademisch gebildete Kreise, und das Schwergewicht der Z. liegt hier stärker in der Anbetung. Umstritten ist, ob Zungenredner gelegentlich auch in einer ihnen gänzlich unbekannten Fremdsprache reden. Zur Beurteilung des Z.: Es gibt keine zureichenden Gründe, die charismatischen Wirkungen des Hl. Geistes auf die ersten beiden Jahrhunderte der Geschichte der Christenheit beschränken zu wollen. Maßstab für eine —» Prüfung des Geistes, aus dem die grundsätzlich vieldeutige Z. kommt, ist nach Paulus die Lebensführung des Glossolalen (iKor 13,1). Überall dort, wo von der Gabe des Z.s eine besondere Stellung in der Gemeinde hergeleitet wird oder dieselbe gar als unerläßliches Zeichen des »Gläubigseins«« (—> Geistestaufe) gewertet wird, sind die biblischen Linien verlassen und droht Spaltung. Der Inhalt aller Z. ist am Gesamtzeugnis der Bibel als der allein gültigen Offenbarung Gottes zu überprüfen.
Lit.: E. G. Hinson u.a., 2000 Jahre Z. Glossolalie in biblischer, historischer und psychologischer Sicht, 1968 - M. T. Kelsey, Zungenreden, 1970
Ohlemacher
Zwei-Reiche-Lehre
1. MARTIN LUTHER (1483-1546) ENTWICKELTE SEINE SOG. ••ZWEI-REICHE.-(“ZWEI-REGIMENTEN-| lehre im Anschluß an die Hl. Schrift, auch
wenn er an Auffassungen des Kirchenvaters Augustin anknüpfen konnte. In der Bibel fand er zwei Gruppen von Aussagen. Auf der einen Seite stehen die Worte Jesu in der Bergpredigt und der Apostel vom »Gesetz Christi«: die Jünger Jesu üben niemals Gewalt, widerstehen dem Unrecht nicht, rächen sich nicht, sondern dienen einander in der Liebe, was auch immer geschieht. Auf der anderen Seite finden sich das Ja zum Staat, die Ermahnung zum Gehorsam gegen die Obrigkeit (Röm 13 und iPetr 2,r3f.), ferner die Worte des AT, die das »Schwert« ein- setzen und bestätigen, also auch die Todesstrafe, wie Gen 9,6 oder Ex 2i,i4.22ff., auch eine Stelle wie Lk 3,14, in der Johannes der Täufer den Stand der Soldaten nicht als solchen ablehnt, sondern anerkennt. »Dieses Nebeneinander, ja scheinbare Widereinander der verschiedenen biblischen Aussagen führt Luther zu seiner Lehre von den beiden Regimenten« (Althaus).
2. gott regiert die Welt, so lehrt Luther, auf zwei je unterschiedliche Weisen.
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Das »weltliche« (»irdische«, »zeitliche«, »leibliche«) Regiment dient zur Erhaltung der Welt. Gott übt es aus mittels der Obrigkeit und ihrer Regierung, darüber hinaus aber mittels all dessen, was dem Fortbestand des irdischen Lebens dient: Ehe und Familie, Eigentum, Wirtschaft, »Stände« und Berufe, die er eingesetzt hat. Dieses weltliche Regiment nimmt Gott allerorts wahr, auch unter Heiden und Gottlosen. Es ist daher zwar Gottes, aber nicht Christi Reich. Die »Notwendigkeit« für dieses »Reich der linken Hand« liegt in der menschlichen Bosheit (das gilt vor allem für die Strafgewalt des Staates), darüber hinaus in der Unentbehrlichkeit lebenserhaltender Ordnungen innerhalb der Schöpfung. Es ist bestimmt von Recht und Macht; in ihm regiert die -> Vernunft
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Das geistliche Regiment (»Reich Christi«, »himmlisches Reich«, »Reich des Glaubens«) dient zur Erlösung der Welt. Gott übt es aus durch das Evangelium von der sündenvergebenden Gnade,- es erreicht die Menschen durch den Dienst der Kirche in der Predigt, in den Sakramenten, im brüderlichen Zuspruch. Dieses geistliche Regiment übt Gott nicht in aller Welt aus, sondern innerhalb der Christenheit. Da in ihm der Hl.
Geist wirkt, fehlt jeder äußerliche Zwang;
alles vollzieht sich in der Freiheit der Gnade im »Reich der rechten Hand«.
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WIE DIE VERSCHIEDENHEIT, WIRD AUCH DIE ZUSAMMENGEHÖRIGKEIT DER BEIDEN REG1MENTE von LUTHER betont: beide Reiche sind von Gott eingesetzt - er ist der Herr beider,- beide stehen im Kampf gegen den Satan, wenn auch mit verschiedenen Mitteln; in beiden wird Gottes Liebe wirksam, wenn auch in unterschiedlicher Gestalt; das weltliche Reich dient dem geistlichen, es schafft sozusagen die Rahmenbedingungen für die Evangeliumsverkündigung.
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DER CHRIST GEHÖRT BEIDEN REICHEN AN und soll sich in beiden für Gott einsetzen. Aber sein Handeln muß, obwohl es immer aus dem Glauben an Jesus Christus herauswächst und keinen Lebensbereich gegenüber Gottes Willen ausgrenzt, doch eine zweifache Gestalt annehmen. Nur so entspricht es dem zweifachen Regiment Gottes. Wie kann der Christ diese Doppelexistenz leben, ohne innerlich gespalten zu sein? Luther antwortet, indem er von »zwei unterschiedlichen Personen in einem Menschen« spricht, die er »Christ und Weltperson« oder »private und öffentliche Person«, bzw. »Person« und »Amt« nennt. Er lehrt zu unterscheiden zwischen einem Handeln in eigener Sache, bei dem der Christ sich kompromißlos an den Maßstäben der Bergpredigt orientiert und nötigenfalls durch Verzicht auf Recht, Macht, Vergeltung usw. leidet, und dem Handeln im Amt für andere (schon als Vater, erst recht als Fürst oder im Kriege), in dem er dem Bösen aktiv widersteht, es hindert und straft, Recht, Macht und Gewalt ihm gegenüber einsetzt. Luther sah die große Spannung und auch die Gefahren, etwa des Selbstbetruges, die in dieser Antwort liegen. Er betonte die Liebe als gemeinsames Motiv des Handelns im persönlichen und im amtlichen Bereich.
s. was bedeutet die z. FÜR unsere zeit? Die Gesellschaftsordnung des 16. Jh.s, auf die sie sich ursprünglich bezog, ist vergangen. Die Lehre selber wurde häufig mißbraucht, um die Eigengesetzlichkeit der Welt zu verteidigen, d.h. sie praktisch als von Gottes Gebot unabhängig zu erklären. Dagegen wurden zuerst im sogen, »linken Flügel« der Reformation, heute im Umkreis der Theologie K.
Barths Versuche gesetzt, aus dem Evangelium unmittelbar Richtlinien für die Weltgestaltung abzuleiten, um so dem Ernst der —» Nachfolge Christi wirklich gerecht zu werden. Entscheidend ist deshalb, ob die Z. in ihrem Kern, auch wenn sie nicht direkt aus der Bibel erhoben werden kann, schriftgemäß ist. Diese Frage muß m. E. bejaht werden. »Eine bessere, klarer an der Schrift orientierte Deutung der christlichen Existenz in der Welt, die ihren Bestand mit Zwangsmitteln sichern muß, ist uns noch nicht gegeben« (Lau).
Lit.: F. Lau, Luthers Lehre von den beiden Reichen, 1952 - P. Althaus, Die Ethik Martin Luthers, 1965 - H. Bornkamm, Luthers Lehre von den zwei Reichen im Zusammenhang seiner Theologie, 1969’’ - G. Sauter (Hg.), Zur Zwei-Reiche-Lehre Luthers (mit einer kommentierten Bibliographie von J. Haun), 1973 - Stott/Runia, Das Himmelreich hat schon begonnen, 1977
Kopfermann
Zwingli -> Reformation
Zum Artikel: Literaturarbeit V
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