Seligkeit -» Heil
Severing, Heinrich, *1832 Münsterland, 116.2.1892 Weidenau, erster Prediger beim
Verein für —> Reisepredigt im Siegerland. Ausbildung in der Diakonenanstalt in Duisburg, dann Diakon bei Pastor Stursberg in Mülheim (Ruhr). S. war von 1863 -1892 Reiseprediger im Siegerland. Er sammelte zusammen mit »Bundesagent« (Sekretär) We- gener vom »Westdeutschen Jünglingsbund« in allen größeren Orten des Siegerlandes die jungen Männer in Jünglingsvereinen und wurde stellvertretender Vorsitzender des Kreisverbandes der Jünglingsvereine. S. zitierte oft Frage 60 des Heidelberger Katechismus: Wie bist du gerecht vor Gott? und ging in großer Treue den Erweckten nach. Neben den Bibelstunden in 90 Ortschaften des Siegerlandes machte er jährlich etwa 1 500 Hausbesuche. S. verfaßte 1881 das Buch: »Die christlichen Versammlungen des Siegerlandes«. Er war gegen schwärmerische Anschauungen und liebloses Urteilen und betonte stets: »In der Hauptsache Einheit, in Nebendingen Freiheit, in allem aber die Liebe«.
Lit.: J. Schmitt: Die Gnade bricht durch, 19583, S. 33 3-337
Lehmann
Sexualethik
1. die norm. In den zurückliegenden Jahren wandten sich Humanwissenschaften wie Psychologie, Medizin und Soziologie vermehrt dem menschlichen Sexualverhalten zu. Da sie nur das immer schon von der —» Sünde gezeichnete Verhalten erfassen können, dürfen diese deskriptiven Disziplinen bei aller Verständnishilfe, die sie der —» Seelsorge bieten, nicht zur normgebenden Instanz werden. Die staatliche Gesetzgebung setzt zwar den maximalen Handlungsspielraum für nicht strafbares Verhalten, kann aber für die ev. Ethik weder normierend noch blockierend sein. Auch die Psychoanalyse bietet nur in sehr beschränktem Maße Anleitung, denn sie macht die Sexualität zum menschlichen Grundtrieb und damit seine Befriedigung zum Grundrecht. Dieser Denkansatz löste tiefgreifende Verwirrung aus. Wer vom Sexualtrieb in seiner Vorfind- lichkeit ausgeht, verabsolutiert den Status quo und billigt dem Trieb eine Eigengesetzlichkeit zu. Wie in allem so gewinnt die christliche Ethik auch hier ihre Norm von Gottes Offenbarung; damit ist dieser Trieb dem Willen Gottes unterzuordnen und ihm dienstbar zu machen.
1. DIE SEXUALITÄT ALS GABE DES SCHÖPFERS. Nach Gen 1,27 ist die Sexualität von Gott gewollte Schöpfungsgabe, die unter seinem ausdrücklichen Segen steht. Der Bibel fehlt ein spezifisches Wort für Sexualität, d.h. sie ist nicht abstrahierbar, sondern immer nur in ihrer Gebundenheit an den ganzen Menschen in seiner leiblich-seelischen Existenz vorfindbar. Sie bestimmt den ganzen Menschen, den Gott als Mann oder Frau mit seiner ganzen, geschlechtlich bestimmten Persönlichkeit geschaffen hat. In ihrer Geschlechtlichkeit sind Mann und Frau zueinander gewiesen und aufeinander angewiesen (Gen 2,18-23). Die Geschlechtlichkeit gehört zum gottgewollten Menschsein. Damit wendet sich die Bibel gegen jegliche Vergöttlichung und Vergötzung der Geschlechtlichkeit, wie sie dem alten Orient und vielen animistischen Religionen eigen ist, gegen ihre Entwertung und Verachtung, wie sie in der Gnosis, dem Mönchtum und einigen Zweigen des —»Pietismus auftrat, und gegen ihre Entpersönlichung und Kommerzialisierung, wie sie in der westlichen Kultur der Gegenwart begegnet.
v das wesen der Geschlechtlichkeit. Im Gegensatz zum animalischen Bereich, wo die Geschlechtlichkeit ausschließlich der Zeugung dient, zielt sie beim Menschen darüber hinaus auf gegenseitige Beglückung und Hingabe ab und führt zur tiefsten Erkenntnis des Mann- und Frauseins. Spricht die Bibel von der geschlechtlichen Vereinigung positiv von »Erkennen« (z.B. Gen 4,1.17), dann ist das nicht nur euphemistische Umschreibung, sondern Beschreibung des eigentlichen Wesens der geschlechtlichen Vereinigung. Sie darf deshalb nie ausschließlich biologisch oder sachlich gesehen werden. Sie umfaßt immer Hingabe der Persönlichkeit und Erschließung des innersten persönlichen Bereichs. Deshalb muß sie in Liebe und Verantwortung eingebettet werden (—» Ehe). Nach dem Sündenfall ist die Geschlechtlichkeit umgeben von der Scham, die als natürlicher Schutzinstinkt der Wahrung der Keuschheit dient, indem sie insbesondere die primären Geschlechtsmerkmale dem Blick der Öffentlichkeit entzieht. Die Scham weicht der innigen Liebe zweier Menschen. Was vor den andern verdeckt und ihnen damit entzogen ist, unterliegt in der Liebe keinerlei Verhüllung mehr. Man schämt sich nicht mehr voreinander, er
kennt einander und gibt sich einander hin.
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DIE ENTARTUNG DER GESCHLECHTLICHKEIT. Die Geschlechtlichkeit ist ein bevorzugtes Einfallstor der -> Sünde. Hier wird der Mensch zutiefst in seiner Würde als Ebenbild Gottes, in seiner Liebesfähigkeit, Hingabebereitschaft, Treue, Verantwortlichkeit, ja in seiner Personhaftigkeit getroffen, durch die er mehr ist als ein animalisches Bündel instinktgelenkter Triebe. Die Bibel hat ein striktes Nein gegen geschlechtliche Promiskuität in jeder Form. Sexuelle Zügellosigkeit und Perversität sind Zeichen der Loslösung vom Schöpfer und des Dahingegebenseins durch den Zorn Gottes (Röm
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27; Eph4,i7ff.). Homosexualität kann psychisch mitbedingt sein, wird damit aber nicht gerechtfertigt. Masturbation als Selbstbefriedigung führt nach heutiger Erkenntnis zwar nicht zu körperlichen Schäden. In ihr wird die Geschlechtlichkeit aber selbstsüchtig benutzt und der Mensch über die Länge der Zeit zur Liebe und Hingabe unfähig gemacht. Geschlechtlichkeit, die den andern zum bezahlten oder unbezahlten Lust- und Zweckobjekt macht, ist Mißbrauch und steht unter dem Verdikt, Sünde zu sein. Sexuelle Früherlebnisse, d.h. vor Ausreifung der Persönlichkeit und Liebesfähigkeit, führen leicht zu sexueller Hörigkeit, die sich zu seelischer Blockierung auswach- sen kann, die eine spätere Ehe belastet. Petting bildet keine Alternative, denn Liebe läßt sich nur in ganzem Vertrauen und in Verantwortung erfahren. Demgegenüber ist zu betonen, daß vor- oder außereheliche Enthaltsamkeit weder zu psychischen noch zu physischen Schäden führen muß, sondern zur Charakterstärkung und positiven Persönlichkeitsentfaltung beitragen kann.
Ohne Disziplinierung, Zurückhaltung, Rücksichtnahme und damit gewissen Triebverzicht kommt es weder zu Integrierung der Gesamtpersönlichkeit noch zur Kulturbildung (zur Frage der Ehelosigkeit —> Ehe). I schlechtlichkeit zur vollen und letzten persönlichen Hingabe, Vereinigung und Beglückung werden. Umgekehrt ist zu sagen, daß zur ehelichen Liebesgemeinschaft die sexuelle Leibesgemeinschaft gehört (iKor 7,1 ff.). Da mit der geschlechtlichen Vereinigung immer die Möglichkeit der Kinderzeugung gegeben ist und unter bestimmten Umständen auch in der Ehe eine Beschränkung der Kinderzahl geboten ist, stellt sich die Frage der Empfängnisverhütung. Die völlige Enthaltsamkeit darf nicht als der selbstverständliche, christliche Weg propagiert werden, denn Gott wird kaum zwei Menschen in der Ehe zusammenführen, um dann von ihnen zu verlangen, daß sie im Blick auf dieses wesentliche Stück der Ehe leben, als wären sie unverheiratet. Andererseits dürfen die leicht zugänglichen Kontrazeptiva nicht dazu verleiten, die Bereitschaft zum Kind leichtfertig zu verdrängen und selbstsüchtig dem Lustgewinn zu leben. Christen sind in ihrer Stellung vor Gott gefordert, in liebender Verantwortung füreinander, u.U. in seelsorgerlicher Absprache, und unter Berücksichtigung medizinischer Aspekte gemeinsam ihre Entscheidung zu treffen. Dabei darf die stürmische Entwicklung auf dem Gebiet der Verhütungsmittel nicht darüber hinwegtäuschen, daß die psychischen und physischen Langzeitwirkungen noch nicht abzuschätzen sind.
6. besondere problemkreise. In einer Umwelt, die die Sexualität entpersönlicht, verkom- merzialisiert, zum allgemeinen Konsumgut macht und von der Bindung an Gottes gute Ordnung löst, ist es für die christliche Jugend schwer, eine gesunde Einstellung zu ihrer eigenen Geschlechtlichkeit zu finden. Dabei nimmt in einer übersexualisierten Atmosphäre die geschlechtliche Erlebnisfähigkeit erschreckend ab und wird zum Problem. Je leichter kontrazeptive Mittel zugänglich sind und je konsumbetonter und lustorientierter das Leben, desto akuter wird in der Ehe die Gewissensfrage der Empfängnisregelung. Dazu wirft die z.T. beruflich bedingte, ursprünglich vielleicht gar nicht gewollte Ehelosigkeit bes. unter Frauen ganz neue Probleme auf. Hiermit stellen sich der ev. Sexualethik, Sexualpädagogik und Seelsorge Aufgaben, denen sie sich in ihrer Verantwortung vor Gott und den ihr anvertrauten Menschen nicht entziehen darf.
Lit.: A. Köberle, Geschlechtlichkeit im Zeugnis der Bibel, 1973-O. Piper, Die Geschlechter, 1954-
N. H. Soe, Christliche Ethik, r9653 - I. Trobisch, Mit Freuden Frau sein, 1974 - Zeitschrift: Sexualethik und Seelsorge (allgemeinverständlich).
Egelkraut
Siebei, Tillmann, ‘1804 Freudenberg, Kr. Siegen, fi 5. 9.1875 ebda. In einem kirchlich gesinnten Elternhaus aufgewachsen, in dem er den Heidelberger Katechismus kennenlernte, vertrat S. auch später eine vom Heidelberger Katechismus geprägte, im ganzen sehr nüchterne, reformierte Frömmigkeit. S. war Rotgerbermeister von Beruf. Seine Lehrzeit führte ihn auch nach Wuppertal, wo er engen Kontakt zu Gottfried Daniel —> Krummacher hatte. Als Mitglied des erweiterten Vorstandes der Rheinischen Missionsgesellschaft gründete S. im Siegerland Missionshilfsvereine, und gab damit den freien Versammlungen der Erweckten erstmals eine rechtliche Grundlage. 1852 gehörte S. zu den Gründungsmitgliedern des Vereins für —> Reisepredigt und wurde erster Präses des Vereins. Seinem Einfluß ist es zuzuschreiben, daß die Siegerländer Erwek- kungs- und Gemeinschaftsbewegung, trotz scharfer Angriffe der damaligen Pfarrerschaft, sich innerhalb der Landeskirche entwickelt hat.
Lit.: W. Neuser, T.S. und seine Bedeutung für die Volkskirche, 1954 - J. Schmitt, Die Gnade bricht durch, 19585
Hillnhütter
Siegmund-Schultze, Friedrich, *14. 6. r885 Görlitz, fi 1.7.1969 Soest. Theologe, Sozialreformer, Friedenserzieher. Er verband das Erbe des Luthertums, des —» Pietismus und der —> Friedenskirchen. 1901 Begegnung mit Mott. Sekretär für Sozialarbeit und Ausländerbetreuung im Christlichen Studentenweltbund (—» Studentenarbeit). S.-S. war ein Wegbereiter der —> ökumenischen Bewegung und gründete 1914 den Weltbund für Freundschaftsarbeit der Kirchen und den Internationalen Versöhnungsbund. Seine Zeitschrift »Die Eiche» war 1913-33 Stimme der ökumenischen Arbeit im deutschen Sprachraum. Mitbegründer der ök. Kirchenkunde (13 Bände »Ekklesia») und der Sozialpädagogik als wissenschaftliche Disziplinen. 1911 —33 Leiter der »Sozialen Arbeitsgemeinschaft Berlin-Ost« als Modell der Kirche im Arbeiterviertel. 1917: 1. Direktor des Berliner Jugendamtes; 1922 Mit-
Friedrich Siegmund-Schultze
Wirkung beim Reichsjugendwohlfahrtsge- setZ; 1925 Professor in Berlin. 1933 Ausweisung wegen internationaler Judenhilfe in die Schweiz. 1947-58 Prof, in Münster und Dortmund. Vorbereitung des Paragraphen des Grundgesetzes zur -» Kriegsdienstverweigerung. 1959-68 Leiter des ökumenischen Archivs.
Lit.: Aktiver Friede, Gedenkschrift für S.-S., hg. v. H. Delfs, 1972
Delfs
Sieveking, Amalie, *25.7.1794 Hamburg, f 1.4.1859 Hamburg, stammte aus angesehener Hamburger Kaufmannsfamilie, verlor früh ihre Eltern, lernte im Haus einer Schwägerin Klopstocks die biblischen Geschichten und kam nach schwerem Erleben durch eigenes Bibellesen zum Glauben. Zu ihrer —> Bekehrung wirkten die Briefe des jüngeren Bruders Wilhelm mit, der als Theologiestudent zum Glauben gekommen war und jung starb. 1813 gründete S. eine kleine Schule. Starken Einfluß auf sie hatte —> Goßner, der sie 1824 in Altona zum Dienst an den Kranken einsegnete. Zur Zeit der Cholera (1831) stellte sie sich als erste und einzige Frau zur Pflege der Kranken zur Verfügung. 1832 gründete sie einen »Weiblichen Verein für Armen- und Krankenpflege«. Zweimal lehnte sie den Ruf —> Flied- ners, als Oberin nach Kaiserswerth zu
Amalie Sieveking
kommen, ab. S. schrieb einige Schriften zur Bibelerklärung, hatte mit Geibel-Lübeck und —> Neander-Berlin Fühlung. In ihrem schlichten Wesen wurde sie Urbild der weiblichen —» Diakonie, ohne selbst Diakonisse gewesen zu sein.
Lit.: E. Haupt, A.S., 1933
Brandenburg
Singstunde -> Liedgut
Smith, Robert Pearsall, ‘1.2.1827 Philadelphia, 117.4.1898 London, amerikanischer Glasfabrikant, kam von den -» Quäkern, fand 1858 zum Glauben und erlebte 1873 die Geistestaufe. Seine Schrift »Holiness through Faith« (Heiligung durch Glauben, 1870) wurde grundlegend für die europäische —> Heiligungsbewegung, die 1874 unter seiner Leitung in Oxford ihren Anfang nahm. 1875 bereiste S. Deutschland (Berlin, wo sein Übersetzer —> Baedeker Einfluß auf T. v.
Blücher nahm, Karlsruhe, Stuttgart, Elberfeld: Begegnung mit Prof. —> Christlieb) und die Schweiz (Basler Allianzversammlung, Zürich). Überall führte er Heiligungsversammlungen mit Tausenden von Zuhörern durch, die der Evangelisations- und Gemeinschaftsbewegung einen »kräftigen Anstoß« (Rektor —> Dietrich) gaben. Nach der 2. Konferenz in Brighton Mai/Juni 1875 setzte ein Nervenleiden seinem öffentlichen Wirken ein Ende.
Lit.: P. Fleisch, Zur Geschichte der Heiligungsbewegung, T910-P. Scharpff, Geschichte der Evangelisation, 1964-R. Steiner, P.S. im Wuppertal, 1973 Geldbach
Soldatenarbeit Militärseelsorge
Sonntag, Sonntagsheiligung
Der Sonntag ist gemäß der jüdischen Zählung der erste Tag der Woche. Als Auferstehungstag Christi wird er »Tag des Herrn« genannt (Offb 1,10) und gewinnt in der Ur- gemeinde neben dem Sabbat besondere Bedeutung. Die Gemeinde versammelt sich zur Feier des —> Abendmahls (Apg 2,7) und legt die Kollekte für die Notleidenden in Jerusalem zusammen (iKor 16,2). Im Heidenchristentum tritt der S. weithin an die Stelle des Sabbats, ohne den gesetzlichen Charakter der jüdischen Sabbatheiligung anzunehmen. Kaiser Konstantin erhebt 32r den S. zum staatlichen Ruhetag. Seitdem schützen und regeln kirchliche und säkulare Gesetze die Feier des S.s in Europa, Amerika und weiten Teilen der übrigen Welt. Auch in der BRD ist der S. gemäß Artikel 140 des Grundgesetzes als Tag »der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung« geschützt; ebenso in der DDR. Im Blick auf die Frage der Sonntagsheiligung wird der S. seit der —> Reformation geradezu zu einem Musterbeispiel für recht und falsch verstandene christliche Freiheit. Beeinflußt von den Reformatoren und Puritanern traten der —>■ Pietismus und die —> Evangelikalen für eine strenge Sonntagsheiligung ein, die gelegentlich gesetzliche Züge angenommen hat. Alle nicht notwendige Arbeit und vor allem das Kaufen und Verkaufen sollten unterbleiben. Durch die Tatsache, daß in der modernen Industriegesellschaft Millionen auch sonntags arbeiten müssen, hat eine Neubesinnung auf das Wesen biblischer Sonntagsheiligung eingesetzt. Der Nachdruck liegt auf der Feier des Sonntags als Gabe des Herrn an seine Gemeinde. Die Beziehung zum atl. Sabbat kann durchaus gesehen werden, wenn sie nicht gesetzlich mißverstanden wird. Der S. als Ruhetag ist auch für den Christen eine heilsame göttliche Ordnung, die vor allem den regelmäßigen Gottesdienst als Anbetung und Verkündigung des dreieinigen Gottes durch die Gemeinde ermöglicht. In diesem Sinne ist der S. dann auch Hinweis auf die eschatologische Vollendung in Gottes
Reich, das mit dem Kommen und der Auferstehung Christi bereits begonnen hat.
Lit.: W. Rordorf, Sabbat und Sonntag in der Alten Kirche, i97r Rott
Sonntagsschule und Kindergottesdienst
i. Geschichte. 1780 sammelte der Redakteur R. Raikes in Gloucester (England) am Sonntagmorgen verwahrloste Kinder und unterrichtete sie. Daraus entstand eine S. In ihr lernten die Kinder an Hand biblischer Geschichten Lesen und Schreiben. Eigentliches Erziehungsziel war es, die Kinder in ihrer Lebenshaltung vom christlichen Glauben her zu prägen. Die S.n breiteten sich in England und Amerika sehr schnell aus.
Pfarrer Rautenberg in Hamburg begann 1825 auf Anregung J. G. —> Onckens mit einer S. nach englischem Muster. Seine Mitarbeiter in dem von ihm gegründeten Besuchsverein holten verwahrloste Kinder aus den elendsten Winkeln der Stadt. J. H. —* Wiehern, als Oberlehrer an der S. tätig, ging in der Jahresversammlung des Sonntagsschulvereins im Tanzsaal des Schneideramtshauses in der Filterstraße am 25.2.1833 mit seinem Anliegen an die Öffentlichkeit. Unabhängig vom Hamburger Modell gründeten die Kaufleute Woodruff (New York) und Bröckelmann (Bremen) mit missionarischem Einsatz und einer erwecklichen Zielsetzung S.n. Die Kirche begegnete der gesamten Arbeit mit Feindschaft. Sie führte in Hamburg sogar zur zeitweiligen polizeilichen Überwachung des Unterrichts. Obwohl Wiehern eine S. nach englischem Vorbild empfahl, wies er doch lobend auf das gottesdienstliche Gepräge der Arbeit der Pfarrer Stobwasser (Berlin), Zau- leck (Bremen) und F. W. Dibelius (Oberhofprediger in Dresden) hin. Auf dem Stuttgarter Kirchentag 1869 wurde die Bezeichnung »Sonntagsschule als Kindergottesdienst« gewählt und 1882 auf dem Bremer Sonntagsschulkongreß das Wort »Sonntagsschule« durch »Kindergottesdienst«« ersetzt. Schon 1889 fand eine erste Weltsonntagsschulkonferenz mit 904 Delegierten aus mehreren Ländern in London statt. Von dem 1907 gebildeten »Weltrat für christliche Erziehung und Weltsonntagsschulverband« sind in den folgenden Jahrzehnten viele Impulse ausgegangen. In fast allen Kirchen des europäischen Kontinents, Englands und Schottlands ist eine Wandlung von der Sonntagsschule zum Kindergottesdienst (K) hin festzustellen. Lediglich in den —» Freikirchen ist die Sonntagsschularbeit eine wichtige Kate- chumenatsform geblieben. In den westdeutschen Landeskirchen hat der K. seine Selbständigkeit durch eine verbandsrechtliche Struktur mehr oder weniger bewahrt.
1. Zielsetzung. Obwohl der K. ein Stiefkind der Kirche geblieben ist, haben Religionspädagogik und Lernpsychologie den K. neu ins Gespräch gebracht. Die Begründung von
K. liegt im allgemeinen Verkündigungsauftrag, in der missionarischen, diakonischen und seelsorgerlichen Verpflichtung der Kirche. Pädagogik, Psychologie und Soziologie fordern eine stärkere Berücksichtigung kindlicher Bedürfnisse. Diese Bedürfnisorientierung ist eine Hilfe für den methodischen Weg der Verkündigung (themenorientiert oder textorientiert). Der K. kann sich jedoch nur zum Ziel setzen, Kinder in der gottesdienstlichen Feier in die Begegnung mit Gott hineinzuziehen und zu einem Leben aus dem Glauben zu befähigen. Auch in einem themenorientierten Plan bleibt der biblische Text integrierender Bestandteil und Zentrum der Arbeit.
Besondere Aufmerksamkeit gilt der Schulung ehrenamtlicher Mitarbeiter für den nach Altersstufen gegliederten K. Eine gute geistliche und pädagogische Zurüstung der Mitarbeiter ist eine unerläßliche Aufgabe der Gemeinde und Kirche.
Lit.: W. Wiese (Hg.), Der K. - Begründung und Gestaltung, 1961 - W.-J. Stark (Hg.), Handbücherei für Kindergottesdiensthelfer (3 Bde.), 1970/1971 - Comenius-Institut (Hg.), K. heute (8 Bde.), 1972-1975 - E. Griese, K. und Helferamt, 1973 - W. Philipp, Die Problematik des K.es heute (Theologische Beiträge 6/1975) - W. Erl/P. Hess/D. Kunz, Gruppenpädagogik im K., 1976 - W. Long- hardt, Neue Kindergottesdienstformen (2 Bde.),
I974Vl976 Philipp
Sozialarbeit
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BEGRIFF
S., in Amerika »Social Work«, ist als Berufsbezeichnung verhältnismäßig neu, dementsprechend ist auch das Berufsbild des Sozialarbeiters noch nicht eindeutig zu umschreiben, ebensowenig sind die Berufsanforderungen überall gleichmäßig definiert. In der Sache nimmt S., freilich in neuem Bezugsrahmen und mit neuer Akzentuierung, das seit alt- und neutestamentlicher Zeit im Judentum wie in der Kirche immer befolgte Anliegen der Hilfeleistung am notleidenden Mitmenschen auf: Fürsorge, Krankenbe
treuung, Heimpflege u.ä. Alle Formen der —> Diakonie, aber z.B. auch Missionsschulen, Missionsspitäler sowie kirchliche Hilfswerke für Flüchtlinge oder Hungernde liegen in Wirkungsbereichen, die sich mit denjenigen der S. teilweise decken, was zur Folge hat, daß heute viele Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter auch in kirchlichen Hilfswerken und Anstalten arbeiten. Vielfach, wenn auch nicht durchweg, zählt S. denn auch zu den »helfenden« Berufen, so
z.B. nach dem Prospekt (1977) der Vereinigten Schulen für S. Bern und Gwatt: »Helfen gehört zum Menschsein. Die Hilfe von Mensch zu Mensch - innerhalb der Familie, unter Nachbarn und Freunden oder in der christlichen Gemeinde - macht echtes Zusammenleben erst möglich. In unserer Zeit und Kultur zeichnet sich eine wachsende Verantwortung der Gemeinschaft für den Benachteiligten und Hilfebedürftigen ab. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse haben gezeigt, wie vielseitig und kompliziert die Zusammenhänge menschlichen Verhaltens sind, und haben uns auch Hilfsmittel in die Hand gegeben, die tieferen Ursachen einer Notlage besser zu erfassen und zu verstehen. S. ist als Folge dieser Entwicklung zu einem Beruf geworden. Der Sozialarbeiter reiht sich neben Arzt, Pfarrer und Lehrer unter die helfenden Berufe ein«. Andere freilich sehen S. mehr unter einem politischen Aspekt: S. ist staatlich-öffentliche Dienstleistung zur Bewältigung von früher privaten, jetzt vergesellschafteten Sozialisationsaufgaben. »S. wird heute nicht mehr unproblematisiert als Hilfeleistung in individuellen Notfällen aufgefaßt, sie wird zunehmend als staatliche Verwaltungsfunktion erkannt und in ihren politischen Folgen untersucht« (Jahrb. d. S. 1976, 418f.). Sowohl aus dieser wie aus jener Sicht aber versteht sich S. als angewandte Sozialwissenschaft, die aufgrund von gesellschaftlichen Struktur- und Funktionsmodellen operiert. Dementsprechend bilden, neben der Psychologie, Kurse aus dem Fachgebiet der Soziologie auch die Grundlage der Ausbildung zum Sozialarbeiter.
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S. ALS HELFENDER BERUF Für die S., wie sie zuerst in Amerika und dann in Europa ausgebildet wurde, standen Analogien zur kirchlichen Liebes- und Fürsorgetätigkeit anfänglich durchaus im Vordergrund. Das betrifft einmal das »Helfen« als Sinn des Berufs, dann aber auch das große
Gewicht, das im Bereich sozialen Helfens der »Gemeinschaft« beigelegt wird. So wie der Christ in der Gemeinde -> Bruderschaft und Aufnahme findet, so wird, nach dem häufigen Modell der S., Gemeinschaft zur Voraussetzung, daß der sozial Geschädigte »integriert«, geheilt werden kann. Allerdings ist dann gerade der Begriff der Gemeinschaft sehr rasch soziologisch interpretiert und säkularisiert worden. Bevorzugtes Modell der Gemeinschaft wird die »Gruppe«, an der mitmenschliche Beziehungen geübt und praktiziert werden. Mit Hilfe von gruppenpsychologischen bzw. gruppendynamischen Prozessen wird in besonderer Weise an der Integration von sozial Geschädigten gearbeitet. Werden abweichende und desintegrierende Erscheinungen der Gesellschaft als »Krankheit« der Gesellschaft diagnostiziert, und zielt die »Behandlung« auf Resozialisierung und Reintegration, so setzt das voraus, daß »gesunde«, »normale« Gesellschaft existiert, in die integriert werden kann. Dieser Normalzustand ist im Prinzip, auch wenn im einzelnen Reformen erstrebt werden, durch die Institution gegeben, in deren Auftrag Integration durchgeführt wird.
Der Sozialarbeiter im Dienst eines Industriebetriebes hat das reibungslose Funktionieren des Betriebes als Ziel vor sich. Er bekämpft Alkoholismus, Zerwürfnisse in Arbeiterfamilien, Konflikte unter Arbeitern, um Störungen im Betrieb, die durch solche Ubelstände bedingt sind, zu beheben. Der Sozialarbeiter, der Strafgefangene resozialisieren soll, hat diese Leute in die bestehende Gesellschafts- und Rechtsordnung zu integrieren. Jede öffentliche oder private Institution, die Sozialarbeiter anstellt, erwartet, daß deren Tätigkeit ihrer eigenen Zielsetzung konform ist. In diesem Sinn dient die S. in der Regel der Erhaltung der bestehenden Gesellschaft, auch und gerade wenn sie deren Schäden zu beheben bemüht ist. Und eben aus diesem Grund ist insbesondere in Deutschland von marxistischer Sicht z.T. heftige Kritik a
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