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01.12.2014rislogo

Gericht

BVwG


Entscheidungsdatum

01.12.2014



Geschäftszahl

I403 1408370-1



Spruch

I403 1408370-1/15E


IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Birgit ERTL-GRATZEL als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX, geb. XXXX, StA. Äthiopien, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesasylamtes vom 03.08.2009, Zl. 07 09.543-BAL, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 03.11.2014 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:


I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin, eine äthiopische Staatsbürgerin römisch-katholischen Glaubens und Angehörige der Volksgruppe Tigrinja, stellte am 12.10.2007 einen Antrag auf internationalen Schutz. Sie gab an, am XXXX geboren und damit zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjährig zu sein.
2. Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 15.10.2007 gab die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) unter Beisein ihrer gesetzlichen Vertreterin als Fluchtgrund an: "Meine Nachbarin hat mir gesagt, dass mein Onkel verhaftet worden ist, da er ebenfalls wie ich aus Eritrea stammt. Ich habe Angst, dass ich auch verhaftet werde, deswegen bin ich geflüchtet."
3. Am 22.10.2007 wurde die BF durch das Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen einvernommen. Sie wiederholte, dass sie aus Eritrea stamme und dass ihr Onkel, ein Journalist, politisch verfolgt worden sei. Sie wisse nicht, was ihm zugestoßen sei, doch glaube sie, er sei umgebracht worden. Sie habe bei ihrem Onkel gewohnt, da ihre Mutter verstorben sei und sie ihren Vater nicht kenne. Sie sei dann für zwei Wochen ins Gefängnis gebracht worden und dort misshandelt worden. Eine Frau namens XXXX habe ihr geholfen, aus dem Gefängnis zu kommen und dann auch das Land zu verlassen.
4. Das Amt für Soziales, Jugend und Familie der Stadt XXXX übermittelte dem Bundesasylamt am 22.04.2008 einen Kurzarztbrief betreffend die BF, in welchem der BF eine depressive Episode attestiert und ihr Mirtabene verschrieben wurde. Ein ausführlicher Ambulanzbericht der Abteilung Jugendpsychiatrie der Landes-Nervenklinik XXXX vom XXXX.04.2008 berichtete über die ambulante Kontrolle der BF: Es gehe der BF etwas besser, sie sei aber im Kontakt mit Männern sehr zurückhaltend und es falle ihr schwer, eine zusammenhängende Schilderung zu tätigen. Sie besuche eine Psychotherapie. Ihre Mutter sei gestorben, als sie im 4. Lebensjahr gewesen sei, dann sei sie vom Bruder der Mutter adoptiert und vom ursprünglichen Lebensort Asmera in Eritrea nach Dire Dawa in Äthiopien gebracht worden. Sie sei von ihrem Onkel eingesperrt worden und habe oft auch nichts zu essen bekommen. Sie sei nach einem Selbstmordversuch und einem berichteten früheren Versuch von 02.04. bis 04.04.2008 stationär aufgenommen worden. Sie habe damals erzählt, dass der Onkel ihr nicht mehr erlaubt habe, die Schule zu besuchen, sie sei in ihrem Zimmer festgesessen und habennur ausnahmsweise samstags mit ihm die Kirche besuchen können. Durch die Haftstrafe des Onkels sei sie nicht mehr versorgt worden und habe den ersten Selbstmordversuch unternommen. Der Kontakt mit ihr sei aufgrund ihrer Sprechblockaden, speziell wenn keine vertraute Frau in der Nähe sei, erschwert.
5. Eine weitere Einvernahme durch das Bundesasylamt fand am 04.06.2008 statt. Die Beschwerdeführerin erklärte, dass sie glaube, Äthiopierin zu sein, aber dass ihre Familie aus Eritrea stamme. Mit 4 sei ihre Mutter gestorben und sie sei dann mit ihrem Onkel XXXX in die Stadt Dire Dawa in den Osten Äthiopiens gezogen. 2004 sei sie dann mit ihm in ein Dorf namens XXXX gezogen, in der Nähe von Dire Dawa. Sie habe 8 Jahre, bis zu ihrem Umzug nach XXXX, die Schule besucht. Sie mussten damals übersiedeln, da die Exfrau ihres Onkels ihn im Zuge von Trennungsstreitigkeiten als Eritreer angezeigt hatte und dies reiche, um eine Verhaftung zu befürchten. In XXXX hätten sie dann in einer kleinen Lehmhütte außerhalb des Dorfes gewohnt, in der normal Hirten ihre Sachen abstellen. Am Anfang sei er täglich gekommen und habe sie mit Lebensmitteln versorgt, später nur mehr alle drei oder vier Tage. Sonst habe sie niemanden gesehen. Nach ihrem Fluchtgrund befragt führte sie aus: "Als ich mit meinem Onkel in Dire Dawa gezogen bin, hat mir mein Onkel gesagt, dass ich keine Freunde haben darf, damit niemand herausfindet, dass wir Eritreer sind. Als wir noch in Dire Dawa waren, hat mich die Frau meines Onkels immer geschlagen. Sie sagte immer, wenn sie mich umbringt, wird niemand nach mir fragen. Dann haben sich mein Onkel und seine Frau zerstritten und wir sind dann nach der Scheidung meines Onkels nach XXXX gezogen. Ich habe drei Jahre in XXXX gewohnt und war dort drei Jahre lang eingesperrt. Am 6.7.1999 (Anmerkung der Dolmetscherin, umgerechnet am 13.07.2007) kam XXXX zu mir, sie ist unsere Nachbarin, als wir in Dire Dawa lebten. Sie teilte mir mit, dass mein Onkel verhaftet wurde. Zwei Tage später, am 8.7.1999 (umgerechnet 15.07.2007) kam dann die Polizei und hat mich verhaftet. Ich wurde ins Gefängnis XXXX in der Stadt XXXX gebracht, wir sind ungefähr knapp eine Stunde gefahren. Die haben angefangen, mich zu schlagen und fragten, wo mein Onkel ist. Ich habe gesagt, dass ich meinen Onkel lange nicht gesehen habe und mir eine Frau erzählte, dass er verhaftet wurde. Sie haben mich gefragt, warum ich mich bis jetzt versteckt habe. Ich habe gesagt, dass mein Onkel mich dort hingebracht hat. Sie haben mich geschlagen, bis ich bewusstlos wurde. Als ich wieder zu mir kam, erzählten sie mir, dass mein Onkel Zeitungsartikel schreibt und dass er schreibt, dass Eritrea und Äthiopien wieder ein einheitlicher Staat werden sollen. Sie fragten mich, ob ich davon wüsste. Ich sagte, ich würde nichts davon wissen. Ca. vier Tage später wurde ich wieder aus der Zelle geholt. Sie haben mir Exkremente vorgelegt und zwangen mich, diese zu essen. Es gab eine weibliche Wachebeamtin, die zu mir sagte, dass ich ihr folgen sollte. Es würde eine Frau XXXX auf mich warten und ich könnte mit ihr mitgehen." Am 01.08.2007 sei sie wieder freigelassen worden. XXXX habe gewusst, wo sie sei, da ihr Onkel ihr gesagt habe, er werde irgendwann verhaftet werden, dann solle sie die BF aus der Hütte holen. XXXX habe auch ihre Ausreise gezahlt.
6. Am 04.06.2008 wurde die Staatendokumentation vom Bundesasylamt um Hintergrundinformationen zur Situation von in Äthiopien lebenden Staatsangehörigen von Eritrea bzw. Rückkehrsituation von Eritreern, die längere Zeit in Äthiopien gelebt hätten, ersucht. Zudem wurde gefragt, ob die Staatsangehörigkeit der BF, welche nach eigenen Angaben in Eritrea geboren sei und dann zwischen dem 4. und 16. Lebensjahr in Äthiopien gelebt habe, feststellbar sei. In der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 23.06.2008 wurde unter Bezugnahme auf verschiedene Quellen (u.a. Anfragebeantwortung der ÖB Addis Abeba vom 30.12.2007; AA: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Äthiopien vom 06.11.2007, USDOS, Country Reports on Human Rights Practices-Ethiopia vom 11.03.2008) zusammengefasst festgestellt, dass derzeit Menschen mit eritreischen Wurzeln nur aufgrund dieser Tatsache weder verfolgt noch nach Eritrea abgeschoben würden. Zur Frage der Staatsbürgerschaft wurde festgestellt, dass nach dem eritreischen Recht jeder, der 1993 seinen Wohnsitz auf eritreischem Gebiet hatte, die eritreische Staatsbürgerschaft besitze. Nach äthiopischem Recht habe jede Person ein Anrecht auf die äthiopische Staatsbürgerschaft, wenn zumindest ein Elternteil äthiopischer Staatsbürger sei. In einem Schreiben der Österreichischen Botschaft Addis Abeba vom 25.08.2008 wurde eine Stellungnahme eines Vertrauensanwalts der Botschaft übermittelt, in welchem dieser unter Berufung auf das äthiopische Recht, welches für eine Staatsbürgerschaft voraussetzt, dass zumindest ein Elternteil die äthiopische Staatsbürgerschaft bereits besitze, und den Umstand, dass bei der BF der Vater unbekannt und ihre Mutter in Eritrea verstorben sei, eine eritreische Staatsbürgerschaft wahrscheinlicher sei.
7. Eine weitere Einvernahme durch das Bundesasylamt fand unter Beisein eines Vertreters des Magistrats XXXX am 28.04.2009 statt. Die BF erklärte, noch immer einmal wöchentlich eine Therapie zu besuchen und einmal im Monat im Krankenhaus zur Kontrolle zu gehen. Sie wurde nach dem Namen der Exfrau ihres Onkels, nach ihrer Adresse in Dire Dawa und verschiedenen Daten befragt. Sie erklärte sich mit Nachforschungen in Äthiopien einverstanden.
8. Auf Basis der von der BF gegebenen Informationen wurden am 04.05.2009 folgende Fragen vom Bundesasylamt an die Staatendokumentation übermittelt:
War die Ast. bis Mai 2004 an der Adresse Dire Dawa, Stadtteil Coka Cola wohnhaft?
War der Onkel der BF, XXXX mit XXXX verheiratet und in Dire Dawa wohnhaft?
Gibt es Hinwiese, wonach seine Exfrau Anzeige gegen den Onkel der BF erstattet?
Gibt es Hinweise zur Festnahme bzw. zum Verbleib des Onkels der BF?
Was wurde dem Onkel vorgeworfen?
Gibt es Hinweise, wonach der Onkel mit der BF im Mai 2004 nach XXXX gezogen ist?
Stammen der Onkel und die BF von Eritrea?
Welchen Aufenthaltstitel hatten der Onkel und die BF in Äthiopien?
Gibt es Hinweise zur Festnahme der BF in XXXX und zur Inhaftierung der BF?
Gibt es Hinweise, wonach die Nachbarin XXXX in Dire Dawa der BF zur Flucht aus dem Gefängnis XXXX in der Stadt XXXX und in weiterer Folge zur Flucht nach Europa verhalf?
9. Vom Magistrat wurde ein weiterer Ambulanzbericht der Abteilung Jugendpsychiatrie der Landes-Nervenklinik XXXX vom 04.05.2009 vorgelegt, in welchem neben einer depressiven Episode eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert wurde, eine Besserung des Befindens sei aber eingetreten. Dennoch sei eine verlängerte Jugendamtsmaßnahme notwendig und zu befürworten, obwohl die BF inzwischen 18 Jahre alt geworden sei.
10. Eine weitere Einvernahme durch das Bundesasylamt fand unter Beisein eines Vertreters des Magistrats XXXX am 11.05.2009 statt. Sie wurde wiederum nach den vollständigen Namen (Anmerkung: in Äthiopien setzt sich der Name aus Vorname, Name des Vaters und Name des Großvaters zusammen) der Exfrau ihres Onkels und ihrer Nachbarin gefragt, wobei sie den dritten Namen jedoch nicht angeben konnte. Sie wurde auch nach näheren Angaben zu ihrer Wohnadresse in Dire Dawa gefragt. Die entsprechenden Informationen wurden an die Staatendokumentation in Ergänzung der oben angeführten Anfrage weitergeleitet. Am 13.05.2009 leitete die Staatendokumentation die Anfrage an die Österreichische Botschaft Addis Abeba weiter.
11. Die Anfrage wurde durch den Vertrauensanwalt der ÖB Addis Abeba am 19.06.2009 beantwortet: Die angegebene Adresse sei existent, doch sei der Name der BF den Nachbarn unbekannt. Es habe zwar vor etwa fünf Jahren ein Mann namens XXXX dort gewohnt, doch habe er nicht - wie von der BF angegeben - XXXX - geheißen, da man sich an diesen Namen erinnern würde. Dieser Mann habe auch keine Frau oder (Adoptiv-)tochter gehabt. Auch der Name der Exfrau sei unbekannt. Ein Aufenthaltstitel sei in Äthiopien nicht notwendig. In XXXX gebe es keine Polizeistation. In XXXX sei kein Gefängnis, aber es gebe Möglichkeiten zur vorübergehenden Anhaltung. Zum erwähnten Datum scheine aber der Name der BF nicht auf. Die Nachbarin XXXX habe tatsächlich in der Gegend gelebt, sei aber inzwischen umgezogen. Sie kenne aber keine XXXX und habe ihr auch nicht bei ihrer Flucht aus dem Gefängnis geholfen.
12. Eine weitere Einvernahme fand am 07.07.2009 statt. Die inzwischen nicht mehr der Obsorge des Jugendamtes unterstellte BF bevollmächtigte XXXX vom Magistrat der Landeshauptstadt XXXX, ASJF mit ihrer Vertretung im Verfahren. Mit den Ergebnissen der Nachforschungen konfrontiert erklärte sie, dass ihre Angaben stimmen würden, dass die Nachbarin vielleicht aus Angst nicht die Wahrheit sagen würde. Eritreer und Regimekritiker würden im Gefängnis oft nicht registriert. Sie habe die Wahrheit gesagt.
13. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 03.08.2009 (Zl. 07 09.543-BAL), zugestellt an die bevollmächtigte Vertreterin am 04.08.2009, wurde der Antrag der BF auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I.). Der BF wurde aber gemäß § 8 Absatz 1 AsylG der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Äthiopien zuerkannt (Spruchpunkt II.) und eine befristete Aufenthaltsgenehmigung bis zum 03.08.2010 erteilt (Spruchpunkt III.)
13.1. Das Bundesasylamt (im Folgenden: BAA) stellte im angefochtenem Bescheid zunächst fest, dass die Identität der BF nicht feststehe. Im Lichte der vorgelegten medizinischen Befunde bestehe im Falle einer Überstellung nach Äthiopien die reale Gefahr, dass sie aufgrund ihrer psychischen Probleme in einen existenzbedrohenden Zustand gerate. Es habe aber nicht festgestellt werden können, dass sie aufgrund der von ihr behaupteten politischen Aktivität ihres Onkels einer konkret gegen sie gerichteten Verfolgung ausgesetzt sei. Es habe nicht festgestellt werden können, dass die BF in Äthiopien der Gefahr einer Verfolgung aus einem GFK-Grund ausgesetzt wäre.
13.2. Das BAA führte im angefochtenen Bescheid beweiswürdigend aus, dass die Identität mangels Vorlage eines nationalen Identitätsdokumentes nicht feststehe. Den Fluchtgründen sei kein Glauben geschenkt worden, da zwar die Existenz der Wohnadresse in Dire Dawa bestätigt worden sei, jedoch weder sie, ihr Onkel oder dessen Exfrau unter den angegebenen Namen bekannt seien. Es sei zwar bestätigt worden, dass eine Frau namens XXXX an der angegebenen Adresse gelebt habe, doch habe diese jede Kenntnis über die BF geleugnet. Die BF sei auch niemandem in Dengengo bekannt gewesen. Dies erscheine dem BAA nicht plausibel, vielmehr sei davon auszugehen, dass die BF versuche, ihre wahre Identität zu verschleiern. Aus den Länderfeststellungen sei auch zu entnehmen, dass sich die Vorbehalte gegen Eritreer nicht mehr im Verwaltungshandeln niederschlagen würden. Aufgrund der psychischen Probleme der BF, der schlechten medizinischen Versorgung in Äthiopien und der allgemein mangelnden Grundversorgung würden aber die Kriterien für eine ausweglose Lage vorliegen.
13.3. Bei der rechtlichen Beurteilung führte das BAA aus, dass kein asylrelevanter Sachverhalt glaubhaft gemacht worden sei. Eine Verfolgung aus einem der in der GFK genannten Gründe sei nicht glaubhaft, daher sei der Asylantrag abzuweisen. Die Voraussetzungen für die Gewährung von subsidiärem Schutz würden aber vorliegen, da im Lichte der vorgelegten medizinischen Befunde im Falle einer Überstellung nach Äthiopien die Gefahr bestehe, dass die BF in einen lebensbedrohlichen Zustand gerate.
14. Mit Schriftsatz vom 07.08.2009 teilte XXXX vom Magistrat der Landeshauptstadt XXXX, ASJF mit, dass sie ihre Vollmacht zur Vertretung der BF im Asylverfahren nach ausführlicher Besprechung des Asylbescheides mit der BF zurücklege.
15. Gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 03.08.2009, zugestellt am 04.08.2009, wurde fristgerecht mit Schriftsatz vom 14.08.2009 (Eingangsstempel des BAA vom 19.08.2009) Beschwerde gegen Spruchpunkt I. erhoben. Es wurde beantragt, der Asylgerichtshof möge Asyl gewähren, eine mündliche Verhandlung ansetzen und gemäß § 20 Asylgesetz für die Durchführung der Verhandlung ein weibliches Senatsmitglied und eine weibliche Dolmetscherin bestellen und die Öffentlichkeit von der Verhandlung ausschließen. Die BF erklärte, dass ihre bisher getätigten Aussagen der Wahrheit entsprechen würden. Zur Anfragebeantwortung der Staatendokumentation führte die BF aus, dass diese nicht nachvollziehbar sei: Es sei nicht erkennbar, welche Nachbarn befragt worden seien. Sie habe ja selbst gesagt, dass sie wenig Kontakt hatte, sie erinnere sich aber an zwei Nachbarinnen, von denen eine mit Vornamen XXXX heiße, ihr Mann XXXX, sie hätten drei Kinder. Eine andere Nachbarin heiße XXXX, sie habe zwei Buben. Sie beantrage eine neuerliche Erhebung unter Angabe der Namen der befragten Nachbarn. Sie sei sich auch nicht sicher, ob ihr Onkel seinen richtigen Namen angegeben habe. Auch aus der Anfrage im Dorf XXXX gehe nicht hervor, wer befragt worden sei. Zudem habe sie ja selbst gesagt, dass sie keinen Kontakt mit anderen gehabt haben, da das Haus abseits gestanden habe und sie eingesperrt gewesen sei. Sie konnte sich auch nicht verständigen, die Bewohner hätte nur XXXX gesprochen. Hinsichtlich des Umstandes, dass ihr Name nicht auf den Listen des Gefängnisses in XXXX aufgetaucht sei, meinte die BF, dass es erstens schwer nachvollziehbar sei, dass es zugelassen worden sei, dass der Verbindungsbeamte Einsicht in Akten bekommen habe und dass der Staat nicht daran interessiert sei, politische Gefangene nach außen zu kommunizieren. Sie iie außerdem im Gefängnis vergewaltigt worden; es sei aber so schwierig für sie darüber zu sprechen, dass sie dies bisher nicht getan habe. Sie wisse nicht, warum Frau XXXX angegeben habe, sie nicht zu kennen, vielleicht aus Angst. Sie ersuche darum, im Rahmen der mündlichen Verhandlung ein Telefonat mit ihr führen zu dürfen. Sie wolle auch ergänzen, dass ihre Verfolgung nicht alleine auf dem Umstand beruhe, dass sie Eritreerin sei, sondern dass ihr Onkel auch als Journalist tätig gewesen sei. Hinsichtlich der Glaubwürdigkeit ihrer Angaben verweise sie auch auf eine psychologische Stellungnahme von Frau Mag. XXXX vom 02.05.2009 und die von ihr vorgelegten Befunde der O.Ö. Nervenklinik XXXX. In der psychologischen Stellungnahme von Frau Mag. XXXX vom 02.05.2009 wird ausgeführt, dass bisher 16 Therapietermine stattgefunden hätten und dass sie aufgrund traumatischer Erinnerungen unter Sprachlosigkeit, Flashbacks und starken Angstzuständen leide.
16. Die Beschwerde und gegenständlicher Akt wurden dem Asylgerichtshof am 19.08.2009 vorgelegt.
17. Wie in § 75 Abs. 19 AsylG 2005 idgF vorgesehen, sind alle mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren ab 01.01.2014 vom Bundesverwaltungsgericht zu Ende zu führen.
18. Das Bundesverwaltungsgericht wurde am 27.03.2014 von der BF um Beigabe eines Rechtsberaters ersucht.
19. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes (W153 1408370-1/5Z) vom 02.04.2014 wurde der Verein Menschenrechte Österreich der BF als Rechtsberater zur Seite gestellt.
20. Infolge eines Beschlusses des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungsgerichtes wurde die gegenständliche Rechtssache am 25.08.2014 der Gerichtsabteilung I403 zur Entscheidung zugeteilt.
21. Am 03.11.2014 fand eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Innsbruck, unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hatte mit Schreiben vom 13.10.2014 angekündigt, dass die Teilnahme eines Vertreters nicht möglich sei, dass aber die Abweisung der Beschwerde beantragt werde. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurden der Beschwerdeführerin Länderfeststellungen zu Äthiopien (siehe dazu Punkt II., 1.3. dieses Erkenntnisses) übergeben und eine Frist von zwei Wochen zur Stellungnahme vereinbart. Verschiedene Unterstützungserklärungen für die Beschwerdeführerin wurden vorgelegt.
22. Am 14.11.2014 langte eine Stellungnahme beim Bundesverwaltungsgericht ein, in welcher prinzipiell die vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Berichte als aktuell und auch bezüglich der Quellen breit gestreut anerkannt wurden. Einzelne Stellen (zur politischen Situation, zur konsequenten Umsetzung von repressiven Gesetzen, zum staatlichen Überwachungssystem etc.) wurden explizit hervorgehoben und betont, dass das Fluchtvorbringen der Beschwerdeführerin vor dem Hintergrund der Länderinformationen plausibel sei. Zudem wurden Ausschnitte aus dem Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 17.06.2014 zitiert, welche sich ebenfalls unter Punkt II., 1.3. dieses Erkenntnisses finden. Daraus gehe hervor, dass Menschen eritreischer Herkunft noch immer aus Angst vor staatlichen Repressionen ihre Herkunft verschweigen würden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Feststellungen zur Person der Beschwerdeführerin:
Die Identität der Beschwerdeführerin steht nicht abschließend fest. Sie ist äthiopische Staatsbürgerin und stammt nach eigenen Angaben aus Eritrea. Die Beschwerdeführerin gibt an, dass ihre Eltern gestorben und ihr Onkel verhaftet worden sei.
Es leben keine Familienangehörigen oder sonstige nahen Verwandten der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet, allerdings ist sie sozial sehr integriert. Die Beschwerdeführerin spricht gut Deutsch und leidet an keinen schweren Erkrankungen. Die Beschwerdeführerin ist unbescholten. Sie reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 12.10.2007 einen Asylantrag. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 03.08.2009 wurde der Beschwerdeführrein der Status als subsidiär Schutzberechtigte zuerkannt. Hinsichtlich der Gewährung des Status des Asylberechtigten wurde negativ entschieden und diesbezüglich Beschwerde erhoben.
1.2. Feststellungen zum Vorbringen der Beschwerdeführerin:
Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes hat sich ergeben, dass die Beschwerdeführerin in Äthiopien keiner asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt ist. Sie konnte eine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Konvention nicht glaubhaft machen. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin aufgrund ihres Verwandtschaftsverhältnisses zu ihrem Onkel, der aufgrund seiner eritreischen Abstammung und seiner politischen Betätigung verhaftet worden sei, im Falle einer Rückkehr damit rechnen müsste, aufgrund einer tatsächlichen oder ihr unterstellten politischen Gesinnung bzw. aufgrund der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familie von den äthiopischen Behörden verfolgt zu werden.
Es wird von der erkennenden Richterin nicht verkannt, dass Personen mit eritreischen Wurzeln in Äthiopien nach wie vor diskriminiert werden, doch vermag dieser Umstand alleine keine asylrelevante Verfolgung zu konstituieren.
1.3. Feststellungen zur Situation Äthiopien
Politische Situation
Die Parlamentswahlen von 2005 führten zur Zersplitterung der politischen Opposition. Viele Schlüsselfiguren der Oppositionsbewegung wurden damals verhaftet oder sind ins Exil geflohen. Dementsprechend war die Opposition bei den Parlaments-wahlen von 2010 schwach vertreten. Die Medrek-Koalition9 war gegenüber der Regierungskoalition Ethiopian People's Revolutionary Democratic Front (EPRDF) landesweit die einzige oppositionelle Kraft von politischer Bedeutung. Dennoch erhielten die oppositionellen politischen Parteien lediglich einen Sitz. Ein weiterer Sitz ging an einen unabhängigen Kandidaten. Die Koalitionsregierung besteht zwar aus mehreren Parteien, jedoch gibt es keine politische Auseinandersetzung zwischen den Regierungsparteien. Das niederschmetternde Resultat der Opposition widerspiegelt die repressive Politik der äthiopischen Regierung. Mitglieder von oppositionellen Parteien werden verhaftet, bedroht oder verlassen aus Angst vor staatlicher Repression das Land. So befand sich die bekannte Oppositionsführerin Birtukan Mideksa von der Unity for Democracy and Justice (UDJ) während den Wahlen 2010 in Haft. (Bertelsmann Stiftung, Ethiopia Country Report, 2014, S. 2.) Andererseits werden Mitglieder von Parteien der Regierungskoalition gemäss US State Department (USDOS, Country Report on Human Rights Practices 2012, Ethiopia, 19. April 2013: www.ecoi.net/ local_link/245084/368532_de.html; Bertelsmann Stiftung, Ethiopia Country Report, 2014, S. 7) bevorzugt. Sie haben beispielsweise bessere Chancen auf eine Anstellung oder erhalten eher einen Kredit. Gemäß USDOS verlieren Lehrpersonen sowie weitere Staatsangestellte ihre Arbeitsstelle, wenn sie Mitglied einer oppositionellen Partei sind. Die Wahlbeobachterkommission der Europäischen Union kritisierte in ihrem Bericht die repressive Politik der Regierung gegenüber oppositionellen Parteien. Gemäß der Kommission verunmöglicht die Regierung die Arbeit der Opposition. Im Vorfeld der Wahlen kam es zu Einschüchterungen und Bedrohungen von Oppositionspolitikern. Zudem ist eine unabhängige Berichterstattung nicht möglich, da die meisten Medien unter staatlicher Kontrolle stehen(European Union Election Observation Mission, Ethiopia, Mai 2010, S. 1; 16-19). Im Sommer 2013 fanden zum ersten Mal seit acht Jahren regierungskritische De-monstrationen statt, die von oppositionellen Parteien organisiert wurden. Die Sema-yawi Partei (Blue Party), eine Newcomerin in der politischen Landschaft Äthiopiens sowie die Unity for Democracy and Justice Party (UDJ) organisierten in den Städten Addis Abeba, Gondar und Dessie Kundgebungen. (Amnesty International, Ethiopia, End Stifling of Peaceful Protests, 5 September 2013:
www.amnesty.org/en/library/asset/AFR25/003/2013/en/b4370501-9436- 4311-bf75-c8d0b3eb70f7/afr250032013en.pdf)
Die Parteien forderten die Freilassung von politischen Gefangenen und politische Reformen. Weiter wurden das staatliche Verhalten gegenüber der muslimischen Gesellschaft sowie die Zwangsumsiedlungen von indigenen Völkern und ethnischen Minderheiten angeprangert. Im Rahmen dieser Demonstrationen kam es zu Einschüchterungen und Verhaftungen (Inter Press Service (IPS), News Agency, Ethiopia's Protest Leaders Say No Change in Government, 6. Juni 2013:

www.ipsnews.net/2013/06/ethiopias-protest-leaders-say-no-change-in-government/). Der langjährige Premierminister Meles Zenawi starb im August 2012, nachdem er Äthiopien während 21 Jahren regiert hatte. Der Tod Zenawis hat jedoch nicht zu einer Verbesserung der menschenrechtlichen Situation geführt (The Ethiopian Women's Human Rights Alliance (EWHRA), September 2013, S. 2). So haben auch die Regionalwahlen im April 2013 keine Trendwende gebracht. Aufgrund der andauernden Unterdrückung haben die bedeutendsten oppositionellen Parteien die Regionalwahlen boykottiert. Die EPRDF konnte nahezu alle Sitze mit ihren Kandidaten besetzen (USDOS, Country Report on Human Rights Practices 2013, Ethiopia, 27. Februar 2014, S. 20. ).


Konsequente Umsetzung von repressiven Gesetzen
Das NGO- (Der Begriff NGO-Gesetz steht in diesem Update für die Charities and Societies Proclamation (CSO Law), welche im Jahr 2009 vom äthiopischen Parlament verabschiedet wurde), Antiterrorismus- (Der Begriff Antiterrorismus-Gesetz steht für die Anti-Terrorism Proclamation, die 2009 vom äthiopischen Parlament verabschiedet wurde) und Mediengesetz (Der Begriff Mediengesetz steht für das Gesetz Freedom of the Mass Media and Access to Information aus dem Jahr 2008) aus den Jahren 2009 respektive 2008, werden konsequent umgesetzt. Die Regierung hat die Meinungsäusserungs- und Versammlungsfreiheit mit Hilfe dieser Gesetze stark eingeschränkt. Heute erklären verschiedene Organisationen, dass die Gesetze dazu benutzt werden, um regierungskritische Personen zu verhaften, um sie mundtot zu machen (AI, Amnesty International Report 2013, Äthiopien, 23. Mai 2013; HRW, World Report 2014, Ethiopia, 21. Januar 2014).
Staatliches Überwachungssystem
Gemäß Human Rights Watch (HRW) unterhält die Regierungskoalition ein äußerst effektives Überwachungssystem. Die EPRDF verfügt im ganzen Land über ein gutes Netzwerk an Informanten, welche die Tätigkeiten von Organisationen und Personen überwachen. Die Kenntnisse der äthiopischen Bevölkerung von dieser Überwachung führt zu Selbstzensur und bewirkt eine Einschränkung der Meinungsäußerungsfreiheit (HRW, Telecom and Internet Surveillance in Ethiopia, 25. März 2014, S. 13). Gemäß Freedom House trauen sich viele Äthiopierinnen und Äthiopier selbst in privaten Gesprächen nicht, Kritik an der Regierung zu üben (Freedom House, Freedom in the World 2013, Ethiopia, 9. Mai 2013). Obwohl lediglich 1 Prozent der äthiopischen Bevölkerung über einen regelmäßigen Internetzugang verfügt, sperrt die äthiopische Regierung Websites und geht konsequent gegen regierungskritische Blogger vor (AI, Amnesty International Report 2013, Äthiopien, 23. Mai 2013; CPJ et al. September 2013, S. 9.; EWHRA, September 2013, S. 3). Der aktuelle Bericht von Reporters Sans Frontières berichtet über die zunehmende Internetkontrolle in Äthiopien. Das äthiopische Parlament hat im Jahr 2013 die Information Network Security Agency (INSA) mit weitreichenden Kompetenzen ausgestattet. Die INSA kann seither Computernetzwerke sowie das Internet, Radio, Fernsehen und Social Media überwachen (Reporters Sans Frontières (RSF), Enemies of the Internet 2014, Ethiopia, Full Online Powers, 12. März 2014:

www.ecoi.net/local_link/271427/386689_en.html).


Überwachung im Exil
Gemäß einem Bericht von Human Rights Watch (HRW) vom April 2014 überwacht die äthiopische Regierung ebenfalls äthiopische Staatsangehörige im Exil. Laut der Organisation rekrutieren äthiopische Botschaften zunehmend Informanten, welche die Tätigkeiten der Diaspora beobachten (HRW, Telecom and Internet Surveillance in Ethiopia, 25. März 2014, S. 18).
Sicherheitslage
Die innenpolitische Lage ist in weiten Landesteilen derzeit relativ ruhig, eine kurzfristige Verschlechterung der Sicherheitslage ist jedoch in allen Landesteilen jederzeit möglich.
Nach den zum Teil gewaltsamen Auseinandersetzungen, die Ende April 2014 in mehreren Universitätsstädten (Ambo, Hawassa, Adama, Jimma, Haromaya und Wallagaa/Wollega) stattgefunden haben, bleibt die Lage weiterhin gespannt, aber ruhig. Vor allem in den Randgebieten des Landes kommt es jedoch immer wieder zu Unruhen, etwa in der Somali Region (Ogaden) im Osten, an der Grenze zu Eritrea, in der Gambella-Region oder in der Selamago Region (Süd Omo) Die Situation an der Grenze zu Eritrea (insbesondere in Nord-Afar) bleibt angespannt. Im Frühjahr 2012 kam es zu äthiopischen Angriffen auf Einrichtungen im eritreischen Grenzgebiet. Ein erneuter Ausbruch von Feindseligkeiten kann nicht ausgeschlossen werden.
Im Jänner 2013 führte ein Konflikt zwischen ethnischen Oromo und Somali zur Vertreibung von 55.000 Menschen aus den Bezirken Gursum, Meyu, Kimbi und Chinaksen in der Region Oromia an der Grenze zu Kenia. Die Unsicherheit in der Region führte zu Verzögerungen bei der humanitären Hilfe (U.S. Departement oft State, 27. Feber 2014, Country Report of Human Rights Practices 2013, Ethiopia, http://www.ecoi.net/local_link/270706/ 400790_de.html, [Zugriff 11. September 2014]).
Zuletzt gab es im Oktober 2013 vereinzelte (versuchte) Bombenanschläge in Addis Abeba. Das äthiopische Staatsfernsehen meldete am 3.6.2014 die Festnahme eines von al-Shabaab angeworbenen Terroristen, der Anschläge im Lande geplant haben soll (Auswärtiges Amt 5.September 2014, Länderinformationen - Äthiopien - Reise- und Sicherheitshinweise,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/Aethiopien Sicherheit_node.html, [Zugriff 11. September 2014]).


Auch besonders im Hinblick auf die in den letzten Monaten durchgeführten Anschläge der Al-Shabaab in Dschibuti und Kenia wird nicht ausgeschlossen, dass Äthiopien auch zukünftig Ziel von Anschlägen sein wird. In vielen Regionen Äthiopiens sind Minen verlegt, vor allem bis 80 km innerhalb der Grenzen zu Eritrea, Somalia, Sudan, Südsudan und Kenia (Borana Region); aber auch das Landesinnere ist teilweise vermint Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres, 5. September 2014, Reise & Aufenthalt - Äthiopien - Sicherheit und Kriminalität, http://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/ land /aethiopien/, Zugriff 11. September 2014).
In der Somali Region (Ogaden) im Osten führt die äthiopische Armee bewaffnete Einsätze gegen Mitglieder der ONLF (Ogaden National Liberation Front) durch. Im Grenzgebiet zu Somalia ist aufgrund möglicher militärischer Aktionen gegen Kämpfer der radikalislamistischen Terrororganisation al-Shabaab auch grenzüberschreitend mit größeren Truppenbewegungen zu rechnen. Auswärtiges Amt, 5.September 2014, Länderinformationen - Äthiopien - Reise- und Sicherheitshinweise, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/ AethiopienSicherheit_node.html, [Zugriff 11. September 2014]). Es kommt in der Region zu Kämpfen zwischen Rebellengruppen und dem Militär, zu Bombenexplosionen, und es besteht Minengefahr (Die ONLF ist eine ethnisch basierte, gewalttätige und separatistische Gruppe, deren verschiedene Splittergruppen vor allem in der Somali Region aktiv sind (US DOS 27.2.2014). Die Gruppe kämpft seit 1991 für die Unabhängigkeit der Region. Begonnene Friedensgespräche zwischen der äthiopischen Regierung und der ONLF in Kenia wurden 2012 ergebnislos abgebrochen. US DOS - U.S. Department of State, 27. Juli 2014, Country Report on Human Rights Practices 2013 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/ local_link/270706/400790_de.html, [Zugriff 11 September 2014]).
Im Oktober 2013 führte die ONLF eine Reihe von Angriffen auf äthiopische Militärposten aus, bei denen 24 äthiopische Soldaten ums Leben kamen (Freedom House, 23. Jänner 2014, Freedom in the World 2014 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/local_ link/277837/407183_de.html, Zugriff 11 September 2014]).
In der Gambella-Region (im Westen des Landes an der Grenze zum Süd-Sudan) wurden in letzter Zeit vermehrt sicherheitsrelevante Zwischenfälle, Stammeskonflikte und gewalttätige Auseinandersetzungen berichtet, teilweise auch ausgehend von Stammesgruppen aus Südsudan. Im Grenzgebiet nördlich der Stadt Gambella besteht erhebliche Minengefahr
Äthiopien kämpft sowohl gegen interne wie auch externe Gruppierungen. Es kommt regelmäßig zu Unruhen und zu bewaffneten Einsätzen der äthiopischen Armee. Im Juni 2011 hat das äthiopische Parlament drei nationale oppositionelle Gruppierungen, namentlich die Ogaden National Liberation Front (ONLF), die Oromo Liberation Front (OLF) und Ginbot 7, sowie die zwei internationalen Gruppierungen Al-Kaida und Al-Shabab zu terroristischen Organisationen erklärt. Trotz laufenden Friedensgesprächen mit der ONLF und einem Friedensangebot der OLF bleiben die Gruppierungen auf der Liste terroristischer Gruppierungen und werden mit Gewalt bekämpft. Das militärische Engagement Äthiopiens in Somalia und der Grenzkonflikt mit Eritrea sind weitere Faktoren, die das Land destabilisieren Auswärtiges Amt, 5.September 2014, Länderinformationen - Äthiopien - Reise- und Sicherheitshinweise, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/ Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/ AethiopienSicherheit_node.html, [Zugriff 11. September 2014]).
Verfassung und Justizsystem
Die äthiopische Verfassung von 1995 erwähnt explizit die Menschenrechte. Artikel 29 schützt beispielsweise die Meinungsäußerungsfreiheit. Die Bestimmungen werden jedoch nicht eingehalten. Die äthiopische Regierung begeht regelmäßig Menschenrechtsverletzungen, die im Gegensatz zur Verfassung und verschiedenen internationalen Verträgen stehen, welche Äthiopien ratifiziert hat. Oppositionelle, kritische Medienschaffende oder religiöse Anführer werden von den Behörden schikaniert, bedroht und ohne Haftbefehl in Gewahrsam genommen (Unrepresented Nations and Peoples Organization (UNPO), Submission to the UN Office of the High Commissioner for Human Rights, Universal Periodic Review, Ethiopia, September 2013, S. 2:

http://onlf.org/wp-content/uploads/2013/10/UNPO-UPR-submission-Ethiopia-19th.pdf).


Gemäß der äthiopischen Verfassung ist das Justizsystem zwar eine unabhängige Institution, jedoch gibt es keine effektive Gewaltenteilung zwischen Judikative und Exekutive. Die Macht liegt hauptsächlich beim Premierminister und die Gerichte arbeiten unter strenger Anweisung der Regierung (USDOS, Ethiopia, 27. Februar 2014, S. 1; Bertelsmann Stiftung, Ethiopia Country Report, 2014, S. 9.). Politisch motivierte Gerichtsverfahren sind häufig (Bertelsmann Stiftung, Ethiopia Country Report, 2014, S. 9). Ende 2012 gab es gemäß Schätzungen von NGOs 400 politische Gefangene in Äthiopien (Freedom House, Freedom in the World 2013, Ethiopia, Januar 2013).
Haftbedingungen, Folter, Todesstrafe
Amnesty International beschreibt die Zustände in äthiopischen Gefängnissen als sehr prekär. Es gibt weder genügend Nahrung noch sauberes Wasser. Zudem sind die sanitären Anlagen in einem bedenklichen Zustand. Der Zugang zu einem rechtlichen Beistand wird oftmals nicht gewährleistet. Gewissen Häftlingen ist es nicht erlaubt, ihre Familien zu kontaktieren (HRW, World Report 2014, Ethiopia, 21. Januar 2014.). Die medizinische Versorgung wird den Gefangenen teilweise bewusst verweigert .
Olbana Lelisa und Bekele Gerba, beides Führungspersonen der politischen Opposition, wird die medizinische Behandlung verweigert. Berichten zufolge befinden sie sich im Kaliti-Gefängnis. (AI, Further Information on Urgent Action, 25. April 2014, S. 1:

www.amnesty.org/en/library/asset/AFR25/001/2014/en/6a05e90f-4a9a-443b-95b4-02c69b54e990/afr250012014en.pdf).


Misshandlungen und Folter sind weit verbreitet. Es gibt Berichte über Gefangene, die in Haft gestorben sind. Geständnisse werden unter Folter erpresst. Laut Amnesty International kommt es insbesondere bei Verhören durch die Polizei und in Untersuchungshaft zu Folterhandlungen (AI, Amnesty International Report 2013, Äthiopien, 23. Mai 2013). Einer Delegation des Europäischen Parlaments wurde der Zugang ins Kaliti-Gefängnis in Addis Abeba im Juli 2013 verweigert, obwohl sie zuvor eine Bewilligung erhalten hatte (HRW, World Report 2014, Ethiopia, 21. Januar 2014). Selbst das IKRK hat zu vielen Haftanstalten im Land keinen Zutritt.
Das äthiopische Strafgesetzbuch sieht die Todesstrafe für eine Vielzahl von Straftaten wie Verbrechen gegen den Staat, Völkermord, Feigheit vor dem Feind, Mord oder bewaffneter Raubüberfall vor. Die Vollstreckung der Strafe bedarf der Zustimmung des Staatspräsidenten. Gemäß Amnesty International wurden im Jahr 2013 mindestens acht Todesstrafen ausgesprochen (Amnesty International, Oral Statement by Amnesty International, Item 8, Activity Reports of Mem-bers of the Commission and Special Mechanisms, Chairperson of the Working Group on Death Penalty and Extrajudicial, Summary or Arbitrary Executions in Africa, 5. Mai 2014, S. 3:

www.amnesty.org/en/library/asset/AFR01/002/2014/en/45fe21d5-eae0-4248-bb96-8f099bc467ca/afr010022014en.pdf. www.icrc.org/eng/assets/files/annual-report/current/ icrc-annual-report-ethiopia.pdf ). Aufgrund der generellen Intransparenz und den rechtlichen Einschränkungen für Menschenrechtsorganisationen ist es äußerst schwierig, Informationen über die Todesstrafe in Äthiopien zu erhalten.


Menschenrechtslage
Human Rights Watch konstatiert eine deutliche Verschlechterung der Menschen-rechtssituation in den letzten Jahren (HRW, Ethiopia, Brutal Crackdown on Protests, 5. Mai 2014:

www.ecoi.net/local_link/275297/404430_de.html ). Gemäß den aktuellen Berichten von US-DOS, Freedom House und Amnesty International kommt es in Äthiopien häufig zu Menschenrechtsverletzungen. Grundrechte wie die Meinungs-und Versammlungs-freiheit werden von der äthiopischen Regierung mit Füssen getreten. Personen, die sich kritisch gegenüber dem Regime äußern, werden schikaniert, bedroht und willkürlich verhaftet. Studentinnen und Studenten oder ethnische Minderheiten, die sich gegen "Entwicklungsprojekte" der Regierung aussprechen, werden ebenso festgenommen wie Muslime, die sich gegen die Einmischung der Regierung in religiöse Angelegenheiten wehren (USDOS, Ethiopia, 27. Februar 2014; HRW, World Report 2014, Ethiopia, 21. Januar 2014; AI, Amnesty International Report 2013, Ethiopia, 23. Mai 2013; HRW, Ethiopia, Brutal Crackdown on Pro-tests, 5. Mai 2014:



www.ecoi.net/local_link/275297/404430_de.html). Bei Verhören kommt es oft zu Misshandlungen und Folter. Zudem wird das äthiopische Regime für extralegale Tötungen und das Verschwindenlassen von Personen verantwortlich gemacht (AI, Amnesty International Report 2013, Ethiopia, 23. Mai 2013).
Mitglieder von oppositionellen Parteien werden regelmäßig verhaftet und verurteilt. Gemäß Amnesty International werden auch vermeintlich Oppositionelle festgenommen Freedom House, Freedom in the World, Ethiopia, 9. Mai 2013).
Medizinische Versorgung
Aufgrund der hygienischen Verhältnisse und der unzureichenden Versorgung mit Medikamenten sowie des Mangels an entsprechendem Fachpersonal entspricht die Lage in den Krankenhäusern (auch in der Hauptstadt) nicht dem europäischen Standard
Es gibt in Äthiopien weder eine kostenlose medizinische Grundversorgung noch beitragsabhängige Leistungen. Die medizinische Behandlung erfolgt entweder in staatlichen Gesundheitszentren bzw. Krankenhäusern oder in privaten Kliniken. Die Behandlung akuter Erkrankungen oder Verletzungen ist durch eine medizinische Basisversorgung gewährleistet. Komplizierte Behandlungen können wegen fehlender Ausstattung mit hochtechnologischen Geräten nicht durchgeführt werden.
Chronische Krankheiten, die auch in Äthiopien weit verbreitet sind, wie Diabetes, Schwäche des Immunsystems etc. können mit der Einschränkung behandelt werden, dass bestimmte Medikamente ggf. nicht verfügbar sind. Durch die Entwicklung der Devisenreserven in Äthiopien sind Einfuhren von im Ausland hergestellten Medikamenten von Devisenzuteilungen durch die Nationalbank zur Bezahlung von Handelspartnern im Ausland abhängig. Deswegen kann es bei bestimmten Medikamenten gelegentlich zu Versorgungsengpässen kommen. Generell ist die medizinische Versorgung auf dem Land wegen fehlender Infrastruktur erheblich schlechter als in den städtischen Ballungszentren
(Quellen: Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien 08.04.2013 (Stand Februar 2014); Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (3.9.2014): Reise und Aufenthalt - Äthiopien - Sicherheit und Kriminalität, http://www.bmeia .gv.at/ reise-aufenthalt/reiseinformation/land/aethiopien/, [Zugriff 11.09.2014]).
Behandlung nach der Rückkehr
Es sind bisher keine Fälle bekannt, dass zurückgekehrte Äthiopier Benachteiligungen oder gar Festnahme oder Misshandlung ausgesetzt waren. Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer, insbesondere für unbegleitete Minderjährige gibt es nicht. Rückkehrer können nicht mit staatlicher Unterstützung rechnen (AA 8.4.2014).
Die Regierung arbeitet bei der Flüchtlingshilfe und bei zurückkehrenden Staatsbürgern generell mit dem UNHCR und anderen humanitären Organisationen zusammen. Die Arbeit von Hilfsorganisationen wird aber manchmal durch Behörden, bewaffnete Gruppen und die unstete Sicherheitslage eingeschränkt (USDOS 27.2.2014).
Für Opfer staatlicher Repression besteht grundsätzlich die Möglichkeit, ihren Wohnsitz in andere Landesteile zu verlegen, womit sie einer lokalen Bedrohungssituation entgehen können. Die Gründung einer neuen wirtschaftlichen und sozialen Existenz in anderen Landesteilen ist jedoch angesichts des niedrigen Existenzniveaus in allen Landesteilen und der ethnischen Abgrenzung schon aus sprachlichen Gründen schwierig. In den größeren Städten ist ein wirtschaftlicher Neuanfang im Vergleich leichter möglich (Auswärtiges Amt, 8. April2014, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien; U.S. Department of State, 27. Feber 2014, Country Report on Human Rights Practices 2013 - Ethiopia, , http://www.ecoi.net/local_link/270706/400790_de.html, Zugriff [11.09.2014];
Versammlungsfreiheit, Vereinigungsfreiheit, Opposition
Die Verfassung gewährleistet Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, beide werden in der Praxis aber eingeschränkt (Freedom House, 23. Jänner 2014, Freedom in the World 2014 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/local_link/277837/407183_de.html, [Zugriff 11. September 2014]).
Die Verfassung und weitere Gesetze sehen die Versammlungsfreiheit vor. Die Regierung respektiert das Recht aber nicht. Die Organisatoren großer öffentlicher Versammlungen oder Demonstrationen müssen die Regierung 48 Stunden vorher benachrichtigen und eine Genehmigung einholen. Die Behörden können die Genehmigung nicht verweigern, können aber verlangen, die Veranstaltung aus Sicherheitsgründen oder Gründen der Bewegungsfreiheit an einem anderen Ort oder Zeitpunkt zu veranstalten. Über eine zeitliche oder örtliche Verlegung durch die Behörden müssen die Organisatoren innerhalb von 12 Stunden nach ihrem Antrag auf Genehmigung schriftlich verständigt werden. In der Realität werden Demonstrationen allerdings meist von Sicherheitskräften blockiert, Menschen festgehalten oder verhaftet, mit der Begründung, dass keine Genehmigung vorliege. Während es Anfang Juni 2013 der Blue Party gelang, eine friedliche Demonstration mit mehreren tausend Demonstranten abzuhalten, wurden nachfolgende Demonstrationen der UDJ und auch der Blue Party in Addis Abeba sowie in anderen Städten behindert und zerstreut. Die Parteien berichten über Festnahmen, Hausarrest, Bürorazzien und Beschlagnahmung von Material.
Oppositionsparteien wie die All Ethiopian Unity Party (AEUP), die Unity for Democracy and Justice Party (UDJ), die Blue Party, die Ethiopian Raey (Visionary) Party u.a. berichten regelmäßig von Problemen, Örtlichkeiten für Versammlungen zu erhalten. Raumreservierungen werden kurzfristig storniert, oder es werden Genehmigungen der Behörden verlangt, z.B. einen Parteitag abzuhalten, obwohl es für eine solche Forderung keine gesetzliche Grundlage gibt. Einflussnahmen auf Hotels oder andere Anbieter werden von Regierungsseite regelmäßig abgestritten. Ebenso berichten die Parteien von massiven Schwierigkeiten, friedliche Demonstrationen zu organisieren.
Das Gesetz sieht die Vereinigungsfreiheit sowie das Recht auf uneingeschränkte friedliche politische Aktivität vor. Die Regierung schränkt diese Rechte jedoch ein Das NGO-Gesetz sowie die Ende 2011 dazu eingeführten Verwaltungsvorschriften haben erhebliche Auswirkungen auf zivilgesellschaftliches Engagement, insbesondere im Menschenrechts-bereich. Die unabhängige Tätigkeit von Gewerkschaften im Lande wird trotz der in der Verfassung garantierten Vereinigungsfreiheit behindert, nicht partei- bzw. regimetreue Gewerkschaften. werden oftmals untergraben, so wie es in der Vergangenheit mit der Ethiopian Teachers Association geschah. (Auswärtiges Amt, 08. Feber 2014, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien; U.S. Department of State, 27. Feber 2014, Country Report on Human Rights Practices 2013 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/ local_link/270706/400790_de.html, [Zugriff 11.September 2014]).
Die Opposition ist ideologisch, ethnisch und regional breit gefächert und gilt nach den Ereignissen nach den Parlamentswahlen 2005 weiterhin als geschwächt. Ihr Handlungsspielraum bleibt eingeschränkt. Mit Blick auf die nächsten Parlamentswahlen 2015 bemühen sich die Oppositionsparteien um eine deutlichere Profilierung. Durch Allianzen und Vereinigungen beabsichtigen sie, an Stärke zu gewinnen. Neben der legalen politischen Opposition gibt es militante "Befreiungs"-Bewegungen, die im Juni 2011 vom äthiopischen Parlament als terroristische Organisationen gelistet wurden. Dazu zählen u.a. Ginbot 7, die Oromo Liberation Front (OLF) in der Region Oromia und Teile der Ogaden National Liberation Front (ONLF) in der Somali-Region, die sich nicht am Friedensabkommen mit der Regierung im Oktober 2010 beteiligt haben.
Die politische Betätigung für Oppositionsparteien wird de facto durch willkürliche Vorgaben hinsichtlich der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit beschränkt. Parteimitglieder und -anhänger werden (gelegentlich) verhaftet oder (v.a. von den Sicherheitskräften) eingeschüchtert. Prominent sind die Verfahren gegen Oppositionsmitglieder, wie z.B. Andualem Arage (ehem. Pressesprecher der Unity for Democracy and Justice Party/UDJ), der mit anderen in einem Verfahren auf Grundlage des Antiterrorgesetzes zu lebenslänglicher Haft verurteilt wurde. In einem anderen Verfahren sind 60 Vertreter der Volksgruppe der Oromo (ca. 35% der äthiopischen Bevölkerung) u.a. der Mitgliedschaft in der OLF angeklagt. Weite Teile der Opposition werden von der Regierung nicht als legitimer politischer Akteur anerkannt. In der Rhetorik versucht die Regierung immer wieder, die legalen Oppositionsparteien als "Schirm" für Terroristen dazustellen. Die Vorgehensweise gegen Oppositionelle begründet die Regierung regelmäßig mit gesetzlichen Bestimmungen (Antiterrorgesetz, Strafrecht) und Sicherheitsgründen bzw. mit der Bekämpfung des Terrorismus. Vereinzelt wird von Oppositionellen über willkürliche Festnahmen oder Fälle von Verschwindenlassen berichtet. In den meisten Fällen tauchen die Personen wieder auf, wie in zwei Fällen der Oppositionspartei AEUP. Jüngst veröffentlichte die Oppositionspartei UDJ einen Bericht, demzufolge in den letzten drei Jahren über 120 Mitglieder willkürlich festgehalten oder durchsucht wurden.
Äthiopische NGOs schätzen die Anzahl politischer Gefangener Ende 2012 auf bis zu 400, verschiedene Schätzungen gehen aber weit auseinander (Auswärtiges Amt, 08. Feber 2014, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien; [Zugriff 11.September 2014]; Auswärtiges Amt, März 2014, Länderinformationen - Äthiopien - Innenpolitik,

http://www.auswaertigesamt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Aethiopien/Innenpolitik_node.html , [Zugriff 11.September 2014]; Freedom House, 23. Jänner 2014, Freedom in the World 2014 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/local_link/277837/407183_de.html, [Zugriff 11. September 2014]).


Meinungs- und Pressefreiheit
Die Verfassung und weitere Gesetze sehen die Meinungs- und Pressefreiheit vor. Die Regierung versucht jedoch mittels verschiedener Einschüchterungsmethoden, Kritik zu unterbinden. So werden etwa Journalisten, Oppositionsaktivisten und regierungskritische Personen schikaniert, verhaftet und strafrechtlich verfolgt. Die Aktivitäten der politischen Opposition wurden überwacht und behindert. Stärker als das Medien- und Informationsgesetz wirkt sich das Antiterrorgesetz auf die Meinungs- und Pressefreiheit in Äthiopien aus. Denn es umfasst nicht nur direkte und indirekte Unterstützung von Terrorismus als Tatbestand, sondern auch Berichterstattung über terroristische Gruppen oder Aktivitäten, die von der Öffentlichkeit als Anstiftung bzw. Propaganda aufgefasst werden könnten. "Gummi-Paragraphen" schüren die Angst vor Willkür und Repression. Hinzu kommen weitreichende Befugnisse, die das Antiterrorgesetz den Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden einräumt, z.T. auch ohne gerichtliche Überwachung. Angesichts der Verhaftungen und Prozesse herrscht eine große Verunsicherung bei Medienvertretern, was die Praxis einer gewissen Selbstzensur verschärft. Die Haftstrafe der im Januar 2012 wegen Terrorismus zu 14 Jahren Haft verurteilten Journalistin Reyot Alemu wurde im Berufungsverfahren im August 2012 auf 5 Jahre reduziert. Begnadigt wurden im Rahmen der traditionellen Amnestie zum äthiopischen Neujahr die beiden Ende 2011 verurteilten schwedischen Journalisten Skibbe und Persson.
Über die Gesetze hinaus gibt es eine subtile Kontrolle über die Medien. Für Zeitungen steht eine einzige staatliche Druckerei zur Verfügung, die auf Grundlage des Strafgesetzbuchs die Möglichkeit hat, den Druck von ihrer Meinung nach "verfassungswidrigen" Inhalten (in der Praxis handelt es sich oftmals lediglich um regierungskritische Aussagen) zu verweigern. Unabhängige Zeitungen wie "Finote Netsanet", Organ der Oppositionspartei UDJ, hatten erhebliche Probleme zu erscheinen und sind daher auf das Internet umgestiegen (Auswärtiges Amt, 08. Feber 2014, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien; U.S. Department of State, 27. Feber 2014, Country Report on Human Rights Practices 2013 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/ local_link/270706/400790_de.html, [Zugriff 11.September 2014]).
Religionsfreiheit und religiöse Gruppen
Die Verfassung und die meisten Gesetze und Richtlinien schützen die Religionsfreiheit. Die großen und häufigen Proteste von Muslimen verlaufen für gewöhnlich friedlich, die Reaktionen der Sicherheitskräfte sind zurückhaltend. Es gibt aber auch Ausnahmen:

Im August 2013 kamen bei Zusammenstößen zwischen Polizei und muslimischen Demonstranten drei Demonstranten ums Leben, sieben Polizisten wurden verletzt. Bei den Feiern zum Fastenbrechen Eid al-Fitr nahm die Polizei in Addis Abeba mehr als 1.000 Personen fest; die meisten davon wurden kurz danach wieder entlassen. Vom Prozess von 29 unter dem Antiterrorgesetz angeklagten Muslimen wurde im Jänner aufgrund von Sicherheitsbedenken die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Es gab 2013 zudem regelmäßig Berichte, dass die Polizei in muslimischen Häusern in Addis Abeba Razzien durchführte, um Beweise gegen Terroristen zu suchen. Außerdem wird über gesellschaftliche Missbräuche und Diskriminierung aufgrund der Religionszugehörigkeit, des Glaubens oder der Religionsausübung berichtet.


Staat und Religion sind getrennt. Die Regierung bemüht sich, bei hochrangigen Personalentscheidungen (Ernennung von Vize-Premiers oder Ministerposten), die Muslime des mehrheitlich christlich geprägten Landes einzubinden. Ihr Anteil an politischen Entscheidungsfunktionen spiegelt aber unverändert nicht ihre Bedeutung in der Gesellschaft wider.
In der Praxis existieren vielschichtige Spannungen inter- und intrareligiöser Art. Grundsätzlich sieht sich Äthiopien als Modell für interreligiöse Toleranz und Verständigung. Die Regierung, die seit Anfang der 1990er Jahre an der Macht ist, ist die erste Regierung Äthiopiens, die Religionsfreiheit in der Verfassung verankert hat. Zuvor waren v.a. Muslime benachteiligt. Inzwischen erkennt die Regierung religiöse Spannungen an und versucht, darauf zu reagieren.
Allerdings beobachtet die Regierung angeblich islamistisch-fundamentalistische Strömungen besonders kritisch, ebenso den wachsenden Einfluss wahabitischer bzw. salafistischer Gruppen und begründet hartes Vorgehen gegen Muslime mit dem Kampf gegen extremistische Strömungen und Terrorismus. Äthiopische Muslime ihrerseits werfen der Regierung Einmischung in religiöse Angelegenheiten und eine Beschränkung der Ausübung der Religionsfreiheit vor, z.B. im Zusammenhang mit den Wahlen zum Islamischen Rat (Islamic Affairs Supreme Council) und mit vom äthiopischen Ministerium für föderale Angelegenheiten im Zusammenarbeit mit dem (regierungsnahen) Islamic Affairs Supreme Council organisierten Lehrgängen zur äthiopischen Verfassung und zu einer gemäßigten Form des Islam, des so genannten "Al-Ahbash" (Auswärtiges Amt, 08. Feber 2014, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien; U.S. Department of State, 27. Feber 2014, Country Report on Human Rights Practices 2013 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/ local_link/270706/400790_de.html, [Zugriff 11.September 2014]).
Die äthiopische Bevölkerung wird per Juli 2013 auf 93,9 Millionen geschätzt. Im Zensus 2007 wurde geschätzt, dass 44% der Bevölkerung der Äthiopisch-Orthodoxen Kirche (EOC) angehören, 34% sunnitische Muslime sind und 19% christlichen evangelikalen oder Pfingstkirchen angehören. Des Weiteren gibt es eine kleine Anzahl von Katholiken, Zeugen Jehovas, Juden, Mormonen und einige Anhänger indigener Religionen. Die Äthiopisch-Orthodoxe Kirche ist in den nördlichen Regionen Tigray und Amhara vorherrschend, sowie in Oromia präsent. Der Islam ist vor allem in den Regionen Afar, Oromia und Somali vorherrschend. Protestantische Kirchen sind vor allem in der Region der südlichen Nationen, Nationalitäten und Völker, in Gambella und Teilen von Oromia vertreten (U.S. Department of State, 27. Feber 2014, Country Report on Human Rights Practices 2013 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/ local_link/270706/400790_de.html, [Zugriff 11. September 2014]).
Ethnische Minderheiten
In Äthiopien gibt es mehr als 80 ethnische Gruppen. Die Grenzen der Regionalstaaten sind weitgehen entlang der Grenzen der Lebensräume der größten ethischen Gruppen gezogen. Die meisten politischen Parteien basieren vorwiegend auf ethnischer Zugehörigkeit. Die Verfassung gewährt den ethnischen Gruppen Gleichberechtigung und weitgehende Autonomierechte. Die meisten der derzeit 76 anerkannten Ethnien sind mit zumindest einem Vertreter in der zweiten Parlamentskammer, dem "House of Federations", vertreten (sowie einem weiteren Vertreter je 1 Million Angehöriger). Angesichts eines wahrgenommenen überproportionalen politischen Einflusses der kleineren Ethnie der Tigray (ca. 6% der Bevölkerung) fühlen sich die beiden größten Ethnien (Oromo, ca. 35%; Amharen, ca. 27%) politisch unterrepräsentiert. Die Tigray haben zudem auch großen Einfluss in der Wirtschaft. Politisch in der Opposition aktive Mitglieder der Oromo werden von Sicherheitskräften häufig der Nähe zur OLF verdächtigt+.
Äthiopien ist offiziell eine Föderation gleichberechtigter Völker ohne ethnische Diskriminierung oder Konflikte. Tatsächlich gibt es keine Diskriminierung ganzer Völker oder Bevölkerungsgruppen. In einige Regionen (z.B. Somali und Afar) flossen aber bisher staatliche Investitionen nur sehr spärlich. In der Praxis kommt es außerdem teilweise zu Benachteiligungen in Einzelfällen. Beispielsweise haben Personen, welche die Titularsprache einer Region nicht beherrschen, kaum Chancen, eine Anstellung im öffentlichen Dienst dieser Region zu erhalten. Auf föderaler Ebene werden dabei häufig Tigray und Amharen bevorzugt, die Tigray sind in allen staatlichen Institutionen überproportional vertreten. Die Tatsache, dass die ethnische Zugehörigkeit jedes Äthiopiers im Kebele-Familienregister und in der ID eingetragen ist, eröffnet Möglichkeiten zur ethnischen Diskriminierung .
Es gibt Tausende von Binnenflüchtlingen in Äthiopien, einerseits wegen bereits langwährender Konflikte zwischen ethnischen Gruppen um Ressourcenverteilung (Zugang zu Wasser, Weide- oder Ackerland), andererseits wegen Konflikten zwischen aufständischen Gruppen und der Regierung, wie z.B. in der Somali-Region/Ogaden und in Gambella. 2012/13 kam es bei Konflikten zwischen Ethnien zu 100-150 Toten.
So brachen beispielsweise im Jänner 2013 vermutlich aufgrund von Anti-Oromo Graffiti an der Universität Addis Abeba Unruhen aus, bei denen 20 Personen verletzt wurden. Bei Zusammenstößen zwischen Afar, Somali und Oromo in Awash Arba kamen Berichten zufolge mehr als 20 Personen ums Leben. In der westlichen Region Benishangul-Gumuz vertrieben Behörden mehr als 8.000 ethnische Amharen aus ihren Häusern; einige davon gaben an, von der Polizei aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit geschlagen und schikaniert worden zu sein. Die Vertreibungen wurden vom regionalen Präsidenten öffentlich als Fehler bezeichnet, die Vertriebenen sollten für materielle Verluste und Verletzungen Kompensationen erhalten. Mehrere in die Vorfälle involvierte lokale Beamte wurden hierfür entlassen.
Vorwürfe der Diskriminierung gegen bestimmte ethnische Gruppen werden auch im Zusammenhang mit Umsiedlungsprogrammen sowie mit landwirtschaftlichen Großinvestitionen im Westen (Gambella) und Süden (Südomo) des Landes vorgebracht. Verschiedene Fact-Finding-Missionen der Geber in die genannten Gebiete konnten systematische Menschenrechtsverletzungen nicht nachweisen, Einzelfälle sind hingegen nicht auszuschließen. Die vor allem von ethnischen Somalis bewohnte Somali Region/Ogaden ist Schauplatz vermuteter Menschenrechtsverletzungen in großem Umfang von Regierungstruppen sowie bewaffneter ONLF-Anhänger. Eine unabhängige Bestätigung der Vorwürfe ist nicht möglich (Auswärtiges Amt, 08. Feber 2014, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien; U.S. Department of State, 27. Feber 2014, Country Report on Human Rights Practices 2013 - Ethiopia, http://www.ecoi.net/ local_link/270706/400790_de.html, [Zugriff 11.September 2014]; vgl. Länderinformation der Staatendokumentation, Äthiopien, Stand 05. September 2014).
Frauen und Kinder
Sexuelle Gewalt gegen Frauen und Diskriminierung von Frauen und Mädchen sind in Äthiopien weit verbreitet. Vergewaltigung gilt zwar als Straftatbestand, jedoch werden viele Fälle nicht angezeigt, da sich die Frauen schämen oder kein Vertrauen in das chronisch überlastete Justizsystem haben. Bei einer Anzeige werden die Täter oft nicht strafrechtlich belangt oder erhalten lediglich kleine Geldstrafen. Die Diskriminierung von Frauen ist insbesondere auf dem Land ausgeprägt, wo 85 Prozent der äthiopischen Bevölkerung lebt. Spezifische gesetzliche Bestimmungen verankern die vorhandenen patriarchalen Strukturen und verstärken somit die Diskriminierung von Frauen. So gilt beispielsweise der Mann gesetzlich als "Familienoberhaupt". Er erhält das alleinige Sorgerecht für die gemeinsamen Kinder über fünf Jahre. Bei einer Scheidung erhält die Frau laut Gesetz lediglich während drei Monaten finanzielle Unterstützung. Auf dem Arbeitsmarkt haben Frauen weniger Arbeitsmöglichkeiten. Zudem verdienen sie weniger als Männer. Die Beschneidung von Mädchen (Female Genital Mutilation, FMG) wird in Äthiopien nach wie vor praktiziert (Gemäß einer Umfrage im Jahr 2009 gaben 66 Prozent der befragten Frauen im Alter von 21 und 24 Jahren an, dass sie eine Form der Beschneidung erlebten. In den Regionen Afar (90.3%), Oromia (77.4%) und SNNPR (74.6%) ist die Zahl der Betroffenen am höchsten.
USDOS, Ethiopia, 27. Februar 2014, S. 29). Die Täter werden in der Regel nicht bestraft, da das Beschneiden von Mädchen von einer breiten Masse der äthiopischen Bevölkerung nicht als Straftat angesehen wird. Das US-DOS weist zudem auf die Problematik von Zwangs-und Kindsheiraten hin. In den Regionen Amhara und Tigray werden Mädchen häufig bereits im Alter von sieben Jahren verheiratet (Ebenda, S. 26-28). Seit der Verabschiedung des NGO-Gesetzes hat die Zahl von Organisationen, die sich für die Rechte von Frauen einsetzen, stark abgenommen. Betroffene, die sich aus einem Umfeld von geschlechtsspezifischer Gewalt befreien, haben große Mühe, Organisationen oder Stellen zu finden, die sie unterstützen (UKFCO, The 2012 Foreign and Commonwealth Office Report, April 2013, S. 41).
Die EPPF (Ethiopian People¿s Patriotic Front)
Zudem wird auf einen Bericht des Bundesamtes für Migration (BFM) der Schweiz vom 07.01.2010 hingewiesen: Focus Äthiopien, Illegale Opposition (S. 8), in dem darauf hingewiesen wird, dass die EPPF überwiegend in Nordäthiopien agiert und von Eritrea unterstützt wird. Die EPPF zersplitterte sich laut BFM-Bericht nach dem Rücktritt des Anführers, Meskerem Atalay, 2007 in drei Gruppierungen: eine unter Arrest in Eritrea, eine Exil-Gruppierung (mit Meskerem Atalay) und eine dritte Gruppe, die mit der eritreischen Regierung zusammenarbeitet. Die militärischen Kapazitäten der EPPF sind heute sehr gering und es sind kaum Menschenrechtsverletzungen gegen Mitglieder der EPPF bekannt, wobei nicht klar sei, ob dies darauf zurückzuführen sei, dass in dem Gebiet, in dem sie aktiv sei, kaum NGO-s tätig seien, dass die EPPF keine Bedrohung für die Regierung darstelle bzw. die EPPF nur sehr beschränkt tätig sei.
Zur Situation von Personen eritreischer Abstammung (zitiert aus Schweizer Flüchtlingshilfe, Äthiopien: Update, Aktuelle Entwicklungen bis Juni 2014 vom 17.06.2014):
3.4 Grenzkonflikt mit Eritrea
Die Beziehungen zwischen Asmara und Addis Abeba sind eingefroren. Diplomatische Versuche den Grenzkonflikt zu lösen, blieben bisher ohne Erfolg. Der Schiedsspruch des Internationalen Gerichtshofs aus dem Jahr 2002 zugunsten Eritreas wird von Äthiopien bis heute nicht anerkannt. Äthiopien ist weiterhin mit einem großen militärischen Aufgebot an der Grenze zu Eritrea präsent. Im Frühjahr 2012 griff Äthiopien eritreische Militärbasen im Grenzgebiet an. Äthiopien beschuldigt zudem Eritrea, die "terroristischen" Gruppierungen ONLF und OLF zu unterstützen. Gemäß Angaben des Deutschen Auswärtigen Amtes kann ein erneuter Aus-bruch von Feindseligkeiten zwischen äthiopischen und eritreischen Sicherheitskräften nicht ausgeschlossen werden.
5.9 Personen gemischter Herkunft: Eritreisch-Äthiopisch
Wie bereits in Kapitel 3.4. erwähnt, bleibt die Situation zwischen Äthiopien und Eritrea auch mehr als zehn Jahre nach Beendigung des Krieges angespannt. Gemäß den Angaben eines Länderexperten verschweigen Eritreer oftmals ihre Herkunft aus Angst vor Diskriminierung. Die ID-Cards in Äthiopien benennen zwar die Ethnizität der Betroffenen, jedoch ändern viele Eritreer - mithilfe eines Umzuges oder Bestechung - ihre Ethnizität zu "Tigriner". Der Experte erklärt, dass sich Personen eritreischer Herkunft weiterhin unsicher fühlen.
2. Beweiswürdigung:
Die erkennende Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesasylamtes (nunmehr: Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl - BFA) und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Zusätzlich wurden Auszüge aus dem Strafregister, der Grundversorgung sowie dem Zentralen Melderegister eingeholt.
2.2. Zur Person der Beschwerdeführerin und zu ihrem Vorbringen
Die Beschwerdeführerin konnte ihre Identität nicht durch Vorlage eines unbedenklichen Ausweises nachweisen. Es kann daher nicht abschließend festgestellt werden, ob die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten persönlichen Daten als wahr anzusehen sind, zumal die Recherche des Vertrauensanwaltes der Österreichischen Botschaft in Addis Abeba zwar ergeben hatte, dass ein Mann mit ähnlichem Namen wie der von der Beschwerdeführerin angegebene Name ihres Onkels an der angegebenen Adresse gewohnt habe, dass aber die Existenz der Beschwerdeführerin weder von Nachbarn noch von der von der Beschwerdeführerin erwähnten Nachbarin XXXX bestätigt werden konnte.
Die strafrechtliche Unbescholtenheit ergibt sich aus dem Strafregister.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand leiten sich einerseits aus den vorgelegten Befunden sowie der Aussage der Beschwerdeführerin vor der erkennenden Richterin ab.
Was die von der Beschwerdeführerin im nunmehrigen Verfahren vorgebrachten Fluchtgründe anbelangt, ist zunächst festzuhalten, dass das Bundesasylamt im gegenständlichen erstinstanzlichen Verfahren durchaus ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt hatte. Die erkennende Richterin des Bundesverwaltungsgerichtes schließt sich der Feststellung des Bundesasylamtes, dass keine asylrelevante Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) glaubhaft gemacht worden sei, an.
Nach Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann die Behörde einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubwürdig anerkennen, wenn der Asylwerber während des Verfahrens im Wesentlichen gleichbleibende Angaben macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und wenn nicht erst sehr spät gemachte Angaben den Schluss aufdrängten, dass sie nur der Asylerlangung um jeden Preis dienen sollen. Als glaubhaft könnten Fluchtgründe im Allgemeinen nicht angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Asylverfahren vorbringt (VwGH vom 06.03.1996, 95/20/0650).
Die Beschwerdeführerin hatte im Wesentlichen vorgebracht, dass sie nach dem Tod ihrer Mutter im Alter von 4 Jahren von einem Onkel in DIRE DAWA aufgenommen worden sei, Aufgrund eines Streits des Onkels mit seiner Exfrau hätten sie die Stadt dann nach 8 Jahren verlassen und seien sie nach XXXX gezogen. Dort sei sie für drei Jahre in einer kleinen Lehmhütte außerhalb des Dorfes untergebracht gewesen und von ihrem Onkel mit Lebensmitteln versorgt worden. Eines Tages sei dann ihre frühere Nachbarin XXXX aus DIRE DAWA gekommen und habe ihr mitgeteilt, dass ihr Onkel verhaftet worden sei. Sie sei dann in der Hütte geblieben und zwei Tage später verhaftet und in der Folge nach ihrem Onkel gefragt und misshandelt, auch vergewaltigt worden. Die Polizisten hätten ihr erzählt, dass ihr Onkel Eritrea unterstütze und Artikel schreibe. Nach einigen Tagen sei sie freigelassen worden und die Nachbarin hätte vor dem Gefängnis auf sie gewartet und ihre Ausreise organisiert.
Das Bundesasylamt hatte im angefochtenen Bescheid festgestellt, dass das Vorbringen unglaubwürdig sei und dies im Wesentlichen mit folgenden Argumenten begründet: "Im Lichte der Ermittlungsergebnisse konnte zwar die Existenz der von Ihnen angegebenen Wohnadresse in DIRE DAWA bestätigt werden, jedoch sind weder Sie noch Ihr Onkel unter den von Ihnen angegebenen Namen bekannt. Des Weiteren konnte die Existenz der Exfrau Ihres Onkels unter dem von Ihnen angegebenen Namen nicht bestätigt werden. Es konnte lediglich bestätigt werden, dass ein gewisser B. vor fünf Jahren für kurze Zeit in DIRE DAWA lebte und dann nach Addis Abeba gezogen ist, jedoch führte dieser Mann nicht den Namen B. R. J. und hatte zudem weder Frau noch Kinder. Zwar konnte bestätigt werden, dass eine Frau namens XXXX an der von Ihnen angegebenen Adresse in DIRE DAWA lebt, jedoch hat Frau XXXX ebenfalls noch nie etwas von dem von Ihnen angegebenen Namen gehört oder einer Frau dieses Namens zur Flucht aus einem Gefängnis verholfen. Zudem konnte bestätigt werden, dass XXXX ein kleines Dorf ist und sich die Einwohner gut untereinander kennen, jedoch ist den Einwohnern in XXXX keine Person bekannt, die einen Namen aus einem äthiopischen und einem italienischen Teil führte. Des Weiteren konnte nicht bestätigt werden, dass in XXXX eine Polizeistation existiert. Bestätigt werden konnte zwar, dass das Gefängnis in XXXX eher ein kurzzeitiges Gefängnis ist, jedoch bei Durchsicht der Akten zum betreffenden Zeitpunkt keine Aufzeichnungen zu dem von Ihnen angegebenen Namen existieren."
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 03.11.2014 wurde der Beschwerdeführerin die Möglichkeit gewährt, den Fluchtgrund nochmals zu schildern (RI=Richterin, BF=Beschwerdeführerin; Auszug aus der Niederschrift):
"RI: Fühlen Sie sich körperlich und geistig in der Lage, der heutigen Verhandlung zu folgen?
BF: Ja, mir geht es gut.
RI: Leiden Sie an chronischen Krankheiten? Nehmen Sie regelmäßig Medikamente?
BF: Ich nehme jetzt nichts mehr.
RI: Sind Sie in psychiatrischer oder psychotherapeutischer Behandlung?
BF: Nein.
RI: Haben Sie jemals irgendwelche Papiere in Äthiopien besessen? Irgendeine Identitätskarte?
BF: Nein, nie.
RI: Wissen Sie, wo Sie bis zum Tod Ihrer Mutter gelebt haben?
BF: In Asmara.
RI: Können Sie sich an etwas erinnern?
BF: Nein, nicht an viel, weil ich erst vier Jahre war, aber ans Meer kann ich mich erinnern.
RI: Stimmt es, dass Sie in Äthiopien von Ihrem Onkel adoptiert worden sind?
BF: Mein Onkel nahme mich zu sich, aber es gab keine formellen Schritte.
RI: Wo haben Sie anfangs mit Ihrem Onkel gelebt?
BF: In Dire Dawa, einer ziemlich großen Stadt im Osten Äthiopiens.
RI: Wie hieß die Frau Ihres Onkels?
BF: Sie hieß XXXX (phon.).
RI: Der Bericht des Vertrauensanwaltes ergab, dass ein Mann mit dem Nachnamen Ihres Onkels in der angebenen Gegend wohnte, der Vorname aber unbekannt war.
BF: Ich habe die richtige Adresse angegeben, das Haus wurde auch gefunden. Ich kann mir auch nicht erklären, warum es zu diesem Ergebnis kam.
RI: Können Sie bitte berichten, was Ihr Onkel gearbeitet hat?
BF: Er arbeitete als Mechaniker in einer Garage.
RI: Haben Sie in dieser Zeit mitbekommen, dass er politisch tätig war?
BF: Ich habe mitbekommen, dass er mit Freunden darüber geredet hat, aber mehr nicht.
RI: Wir erging es Ihnen in dieser Zeit in Dire Dawa?
BF: Es war okay, ich durfte zur Schule gehen. Mein Onkel wollte aber nicht, dass ich viele Freundinnen habe. Seine Ex-Frau war nicht sehr nett zu mir.
RI: Warum wollte Ihr Onkel nicht, dass Sie sozialen Kontakt oder Freunde haben?
BF: Er sagte, weil wir aus Eritrea sind, sollen wir nicht so viel Kontakt mir anderen haben.
RI: War die Ex-Frau aus Eritrea?
BF: Nein.
RI: Wissen Sie, warum Ihr Onkel in Äthiopien lebte?
BF: Ganz genau weiß ich es nicht, aber er sagte, weil seine Schwester gestorben sei, möchte er nicht mehr dorthin.
RI: Können Sie mir sagen, warum Ihre Mutter gestorben ist?
BF: Sie hatte einen Autounfall.
RI: Hatte Ihr Onkel einen Ausweis, Papiere?
BF: Ich weiß es nicht.
RI: Können Sie bitte vom Umzug nach XXXX berichten? Was war der Grund dafür?
BF: Er hat mit seiner Ex-Frau gestritten. Er hatte Angst, dass sie verraten würde, dass er aus Eritrea ist und sich politisch betätigt.
RI: Sagte er, was er fürchten werde, wenn herauskäme, dass er aus Eritrea ist?
BF: Sicher Gefängnis, weil er auch viele Artikel verfasste, darüber dass Äthiopien und Eritrea zusammengehören.
RI: Für welche Zeitung hat er geschrieben? Oder waren es Flugblätter?
BF: Es waren eher Flugblätter.
RI: Wissen Sie, wer diese verteilt hat?
BF: Nein, das weiß ich nicht. Ich habe das auch später erfahren von der Nachbarin.
RI: Können Sie bitte über das Leben in XXXX erzählen?
BF: Ich war immer daheim.
RI: Haben Sie mit Ihrem Onkel zusammengelebt?
BF: Er hat mich besucht.
RI: Wo hat Ihr Onkel gelebt?
BF: Ich habe ihn immer wieder gefragt, aber er gab mir nie eine Antwort.
RI: Zu wem hatten Sie in dieser Zeit Kontakt? Bekamen Sie Besuch?
BF: Ich hatte nur mit meinem Onkel Kontakt.
RI: Hat Sie Ihr Onkel mit Essen versorgt?
BF: Ja.
RI: Hatten Sie eine gute Beziehung zu Ihrem Onkel?
BF: Als ich ein Kind war, schon. Aber dann nicht mehr.
RI: Können Sie von der Verhaftung Ihres Onkes erzählen und was dann passiert ist?
BF: Ich weiß nicht, ob er verhaftet wurde.
RI: Er ist irgendwann einfach nicht mehr gekommen?
BF: Ja. Meine Nachbarin kam dann.
RI: Hatten Sie vorher seit dem Umzug mit der Nachbarin Kontakt?
BF: Nein.
RI: Warum hatte Ihr Onkel noch Kontakt zu Ihrer früheren Nachbarin XXXX?
BF: Er wollte, dass sie auf mich aufpasst. Er hatte sie sechs Monate vorher besucht.
RI: Können Sie erklären, warum Ihre Nachbarin wusste, dass Sie jetzt Hilfe benötigen?
BF: Mein Onkel hatte ihr gesagt, dass er fürchtet verhaftet zu werden und sie sich um mich kümmern sollte. Sie meinte, ich solle nicht weglaufen, sondern auf sie warten.
RI: Aber das heißt, Ihr Onkel war kurz vorher bei Ihr gewesen?
BF: Ja.
RI: Wie ging es dann weiter?
BF: Nach zwei Tagen kam die Polizei. Ich war 14 Tage in Haft. Dann kam eine Frau, die sagte, ich soll hinausgehen. Draußen wartete

XXXX.
RI: Wissen Sie, wie es XXXX gelungen ist, Sie freizubekommen?


BF: Sie war zuerst zum normalen Gefängnis gegangen, aber ich war in einem Gefängnis für politisch Gefangene, dort fand sie mich dann. Wahrscheinlich bezahlte sie Geld, um mich freizubekommen.
RI: Was wurde Ihnen während Ihrer Haft vorgeworfen?
BF: Dass ich aus Eritrea bin. Sie fragten mich, wo mein Onkel sei und warum ich mich versteckt hätte.
RI: Wurden Ihnen Fingerabdrücke abgenommen?
BF: Nein.
RI: Haben Sie zu jemandem in Äthiopien Kontakt? Zum Beispiel telefonisch?
BF: Ja, aber nicht telefonisch, sondern per Facebook zu alten Schulfreunden.
RI: Was berichten Ihre alten Schulfreunde?
BF: Sie studieren.
RI: Wie wurde Ihre Flucht dann organsiert?
BF: Das hat XXXX gemacht. Sie ist mit mir nach Dschibutti (phon.) gefahren. Ich fuhr dann mit dem Schiff nach Europa. "
Der Beschwerdeführerin gelang es auch in der mündlichen Verhandlung nicht, ihr Vorbringen glaubhaft zu machen. Zunächst ist festzuhalten, dass das Vorbringen der Beschwerdeführerin im gesamten Verfahrenslauf dadurch gekennzeichnet ist, dass sie keine Details schildert und nur auf mehrmaliges Nachfragen nähere Auskunft über die der Flucht vorausgegangenen Ereignisse zu geben vermag. Darüber hinaus ist das Vorbringen der Beschwerdeführerin durch Unplausibilitäten gekennzeichnet.
So ist schwer vorstellbar, dass die Beschwerdeführerin jahrelang in einer Hütte lebte, unbemerkt von den anderen Einwohnern des Dorfes, und dort von ihrem Onkel versorgt wurde, der sie alle paar Tage besuchte; insbesondere ist nicht nachvollziehbar, warum sie nicht aus dieser Isolation flüchtete. Es ist auch widersprüchlich, dass sie einmal angibt, der Onkel sei Journalist gewesen, dann wieder, dass er wohl eher Flugblätter verteilt habe.
Völlig unplausibel ist es, dass die frühere Nachbarin anscheinend erfahren hat, dass der Onkel verhaftet wurde, ohne dass ein engerer, regelmäßiger Kontakt bestanden hatte. Dass diese dann der Beschwerdeführerin rät, in der Hütte zu warten, wo sie dann verhaftet worden sei, ist genauso wenig plausibel.
Es mag zwar noch verständlich sein, dass diese Nachbarin gegenüber dem Vertrauensanwalt bestreitet, einer Frau bei der Flucht aus dem Gefängnis geholfen zu haben, doch erklärt dies nicht, warum niemand der Befragten - weder in DIRE DAWA noch in XXXX - die Beschwerdeführerin unter dem von ihr angegebenen Namen kennt, zumal sie in einer Einvernahme sehr wohl angegeben hatte, in XXXX manchmal die Kirche besucht zu haben.
Es wird nicht verkannt, dass die Beschwerdeführerin in ihren ersten Jahren in Österreich an einer posttraumatischen Belastungsstörung litt und das Aussageverhalten auch unter diesem Aspekt zu würdigen ist. Doch auch die Aussagen vor dem Bundesverwaltungsgericht am 3. November 2014, zu einer Zeit, in der die Beschwerdeführerin nach eigenen Angaben gesund war und keiner Medikamente mehr bedurfte, konnten nicht den Maßstab erfüllen, der zulässigerweise an das Vorbringen eines Asylwerbers hinsichtlich Plausibilität und Konsistenz seines Fluchtvorbringens zu richten ist.
Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes wird somit festgestellt, dass die Beschwerdeführerin in Äthiopien keiner asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt ist. Sie konnte eine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Konvention nicht glaubhaft machen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.
Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.
Gemäß § 75 Absatz 19 AsylG 2005 idF BGBl I 144/2013 sind alle mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren ab 1. Jänner 2014 vom Bundesverwaltungsgericht nach Maßgabe des Abs. 20 zu Ende zu führen.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Absatz 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Absatz 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 28 Absatz 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Zu A)
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1, Abschnitt A, Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.
Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974, ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung". Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. zB. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; VwGH 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH 25.1.2001, Zl. 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht. (VwGH E vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH 25.1.2001, Zl. 2001/20/0011).
Für eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH 26.02.1997, Zl. 95/01/0454, VwGH 09.04.1997, Zl. 95/01/055), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl. VwGH 18.04.1996, Zl. 95/20/0239; VwGH 16.02.2000, Zl. 99/01/0397), sondern erfordert eine Prognose.
Verfolgungshandlungen, die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318).
Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 09.09.1993, Zl. 93/01/0284; VwGH 15.03.2001, Zl. 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH 16.06.1994, Zl. 94/19/0183, VwGH 18.02.1999, Zl. 98/20/0468).
Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).
Eine Verfolgung, d.h. ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen, kann weiters nur dann asylrelevant sein, wenn sie aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen (Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung) erfolgt, und zwar sowohl bei einer unmittelbar von staatlichen Organen ausgehenden Verfolgung als auch bei einer solchen, die von Privatpersonen ausgeht (VwGH 27.01.2000, Zl. 99/20/0519, VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256, VwGH 04.05.2000, Zl. 99/20/0177, VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203, VwGH 21.09.2000, Zl. 2000/20/0291, VwGH 07.09.2000, Zl. 2000/01/0153, u.a.).
Im gegenständlichen Fall sind die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem in der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Grund nicht gegeben. Die Beschwerdeführerin vermochte wie oben dargelegt keine asylrelevante Verfolgung gemäß Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft zu machen. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des Bescheides (Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten) war daher der Erfolg versagt.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; dazu sei auf die im Text angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen (vgl. etwa zur Glaubwürdigkeit des Vorbringens, VwGH vom 06.03.1996, 95/20/0650). Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:BVWG:2014:I403.1408370.1.00



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