Lea Ritter-Santini: L’italiano Heinrich Mann, Bologna 1965 Übersetzt von Sabine Russ Einleitung


Die italienische Bibliothek Heinrich Manns



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Die italienische Bibliothek Heinrich Manns
Der in der Akademie von Berlin aufgewahrte Nachlaß wurde im November 1957 von der Tochter Heinrich Manns, Leonie Mann-Askenazy, der tschechoslowakischen Regierung geschenkt, damit er der Deutschen Akademie der Künste zukomme, deren erster Präsident Heinrich Mann war. Der Nachlaß umfaßt circa 22.000 Blätter der Zeit zwischen 1885 bis 1950 und den größten Teil der Bibliothek bis um 1933. Im März 1933 hatte die Gestapo die Manuskripte und in München zurückgelassenen Bücher des Autors konfisziert, dem es gerade noch gelungen war, sich rechtzeitig nach Frankreich in Sicherheit zu bringen. Der Präsident Masaryk erklärte die Manuskripte und die Bibliothek zum Besitz des tschechoslowakischen Staates und ließ sie nach Prag bringen.

Die Bibliothek umfaßt circa 3400 Bände, viele von ihnen sind mit handschriftlichen Anmerkungen des Autors versehen; wie aus den „Marginalia“ hervorgeht, handelt es sich bei den in Berlin befindlichen Büchern vielleicht nur um ein Drittel der von Heinrich Mann vor ‘33 gesammelten Bücher. Diese Annahme wird zunehmend überzeugender, liest man die zahlreichen Hinweise in Briefen oder autobiographischen Notizen der letzten amerikanischen Jahre, in denen Heinrich Mann vermerkt, die gleichen Autoren, die sich schon in seiner „Arbeitsbibliothek“ befanden, erneut kaufen zu müssen. In Amerika kaufte er sich die Werke Bandellos und Goldonis neu; leider fehlen im Nachlaß die Ausgaben, die er Autor gekauft hatte und vielleicht schon während der italienischen Jahre mit Anmerkungen versehen hatte.

Der Bestand an italienischen Werken ist jedoch nicht ebenso umfangreich wie die französischen, enthüllt aber, wenn auch in geringerem Maße, einige Richtungen des Interesses und des Geschmacks. Daß Heinrich Mann trotz der Isolierung nicht nur Beobachter des täglichen Lebens gewesen war sondern auch Leser der literarischen Neuerscheinungen, besonders während des Aufenthaltes in Florenz, ist anhand der in die Werke eingeflossenen Namen und seinen Briefen erkennbar; in einem Notizbuch des Jahres 1904, zwischen Notizen zu anderen Ausgaben, ist Vieusseux erkennbar, dann L.4; wahrscheinlich ermöglichte es das Kabinett Vieusseux, auf dem laufenden mit den französischen Zeitschriften zu bleiben und die zeitgenössische europäische Literatur zu sichten. Der Fall Murri war, traurig und dank einiger Ungerechtigkeiten vernichtend, sein Urteil über die italienische Situation: „Aufgrund des Mangels an moderner Sensibilität, trotz des genialen Temperamentes der Rasse, bringt man auch künstlerisch nur noch Mittelmäßigkeiten längst Überholtes hervor.“ [Zitat nicht nachgeprüft, Anmerk. d. Übers.] Dabei konnte er nicht nur auf die Darstellende Kunst verweisen, war doch Pippo Spano nur ein Jahr zuvor veröffentlicht worden.

Er schätzte also die zeitgenössische italienische Literatur zu Beginn des 19. Jahrhunderts nicht besonders hochwertig ein. Die noch erhaltenen Bücher belegen dies. Von Das befreite Jerusalem und Der geraubte Eimer (in Die kleine Stadt verwendet) in guten Editionen des 18. Jahrhunderts, und dem Purgatorium und dem Inferno Dantes, übersetzt von Bassermann (auch wenn es enttäuscht zu sehen, daß diese Ausgabe der Übersetzung von Filalete vorgezogen wurde) ist das Panorama der Reste einer Bibliothek, die sicherlich einmal reicher und besser ausgewählt war, außerordenlich wenig homogen. Dies läßt die Hypothese zu, daß Heinrich Mann nur Werke in italienischer Sprache aufbewahren wollte - oder später jemand für ihn -, die ihm direkt bei seinem literarischen Schaffen nützlich gewesen wären. Tatsächlich ist das Interesse für die volkstümliche oder historische Anekdotik, die ihn während der Jahre des Frühwerks Seiten um Seiten aus historischen Traktaten und Erinnerungsbänden abschreiben ließ, wesentlich wichtiger als das literarische allgemein. Es existieren noch, allerdings ohne oder fast ohne Randbemerkung: Conti, Giuseppe: Fatti e aneddoti di storia fiorentina - Sec. XIII-XVII, Florenz 1902; Stefano Gionti: Il fioretto delle croniche di Mantova, Mantua 1741; G. Temple-Leader-G. Marcotti: Giovanni Acuto, Storia di un condottiere, Florenz 1889; eine Ausgabe, ohne Jahresangabe, der Cento novelle antiche. Gezielt gelesen und mit Randbemerkungen versehen sind die Vite von Vasari, herausgegeben von P. Ranalli, in 4 Bänden, Florenz 1848.

Auch fehlen die Bücher nicht, die ein gewisses Erstaunen auslösen, wenn man sie mit den französischen Werken vergleicht, die nach einem extrem kohärenten Gustus ausgewählt worden sind: diese Gattung, noch durchsetzt von Anekdotik und historischem, romantisiertem Kitsch, der Heinrich Mann sicherlich gefiel, weil dieser einen besonderen Einfluß auf die soziale Schicht ausübte, die ihn nach der Aristokratie der Göttinnen am meisten interessierte. Darunter sind: A.P. Fiorentino: Le grandi amorose; La Vita e imprese di Giuseppe Garibaldi narrate al popolo, Mailand 1895; Jarro (G. Piccini): Viaggio umoristico nei teatri, Florenz 1903; Novelle, favole e leggende romanesche, gesammelt von Giggi Zanazzo, Turin Rom 1907.

La fisiologia della donna (2 Bände, Mailand 1893) und Pagine d’album von Paolo Mantegazza, das oft verwendeten Werk L’Europa giovane von G. Ferrero (Mailand 1898), La questione del divorzio (Florenz 1903) von C. Giachetti, I tedeschi nella vita moderna osservati da un italiano (Mailand 1907) und die Memoiren der Linda Murri (herausgegeben von Luigi di S. Giusto, Florenz 1905) bilden die Kernlektüre des Interesses und der Informationsbeschaffung desjenigen, der die Probleme einer Gesellschaft spürte, in die er sich aber entschlossen hatte zurückzukehren und lange dort zu bleiben, getrieben von den „incompatibles nostalgies“ wie sie der französische Kritiker Bestaux in seinem Werk über Heinrich Mann: 7 années (in: Latinité, Juni 1930) nennt.

G. Ferrero reiht sich mit seinem Werk Grandezza e decadenza di Roma (Band 1-5) in die historischen „Quellen“ ein, zusammen mit A. Ghisalberti Vita di Cola di Rienzo, dem dreibändigen Storia delle crociate von A. Michaud und Le cinque giornate milanesi del 1848 von V. Ottolini.

Die italienische Literatur zwischen dem 19. u. 20. Jahrhundert ist nur mit den Übersetzungen von Fuoco Gabriele D’Annunzios (Langen, 1900), Tigre reale von Verga und einer seltsamen Marchesa d’Acello von Memini vertreten; die lyrische Sammlung der Gedichte Ada Negris fehlt völlig, obwohl sie als Epigraph in den Göttinnen Verwendung fanden.

Zahlreich hingegen sind die übersetzten Werke zur italienischen Kultur: Giordano Bruno: Die Vertreibung der triumphierenden Bestie; Aretino: Italienischer Hurenspiegel; die Anthologien: Feist-Vincenti: Frühe dramatische Dichtung, ein später Erwerb oder sogar ein Homage an Heinrich Mann. Kunstführer sind die bereits zitierten Meyers Reisebücher, eine italienische Onomatologia botanica completa, ohne Datum, ein Italienischer Sprachführer, herausgegeben von Rudolf Kleinpaul, Broschüren, Ricordo di Firenze, die mysteriöse Storia della Madonna della Corono zwischen einem Devotionalienheftchen und abergläubischer Anekdotik.

Das Heinrich-Mann-Archiv hat mit akribischer Genauigkeit die Überreste der italienischen Bibliothek aufgelistet, die in der Münchner Wohnung sicherlich wesentlich umfangreicher gewesen ist, obwohl auch nur eine Insel innerhalb der großen und vollständigen Sammlung französischer Literatur und Kultur. Selbstverständlich ist ein Großteil der Studien, Essays, Romane, Memoiren, Tagebücher und Erinnerungen dort aufbewahrt, die französische und deutsche Schriftsteller Italien gewidmet hatten: vom Lebensabend einer Idealistin von Malwyda von Meisenburg über Verdi von Werfel, den Insel-Gedichte einer italienischen Reise von Leonhard, über Venise au XVII siècle von Philippe Monier zu L’Italie mystique Gebhardts bis hin zu Villa Borchards und die Werke Suarès. Ferner die häufig verwendeten und zitierten „Klassiker“ der italienischen Erfahrungen: Platen, Stendhal, Gautier,Taine, die Brüder Goncourt, H. Régnier, Renan und Rolland (über das Leben Michelangelos); Heinrich Mann vergaß nicht, seine italienischen Eindrücke mit denen seiner Vorbilder zu vergleichen oder sie später mit denjenigen, die er selbständig als Vorbild oder Freund gewählt hatte.

Dennoch fehlt Pro Italia (eine deutsche Kunstspende, München 1920), ein großer und prächtiger Band, herausgegeben von O. J. Bierbaum, in dem die bekanntesten Autoren der 20er Jahre, darunter Heinrich und Thomas Mann, ihren italienischen Beitrag für die Opfer des Erdbebens in Sizilien und Kalabrien geleistet haben. Heinrich Mann hatte ein Kapitel seiner Kleinen Stadt darin veröffentlicht.

„Wo sind meine Bücher“ wiederholt er mehrmals in seiner Autobiographie des Besuchers einer Epoche: „Wo sind meine Bücher“ ist die Erinnerung des Zeitalters, der schmerzvolle Refrain Heinrich Manns, der Vino e Pano von Silone gekauft hatte und in Amerika voll Nostalgie an ein Italien erinnerte, das er sich durch den Krieg zerstört auch nicht mehr vorstellen konnte. Zusammen mit Goldoni und Bandello, zwischen den Büchern des Exils befindet sich ein Venzianisches Capriccio von Meyer: fast eine Erinnerung nach all den höchst traurigen Ereignissen der Emigration und der Einsamkeit, dem Vergessen durch einen Teil des Publikums, die Treue zum Ursprung und dem Beginn seiner Parabel des Schriftstellers.


Bibliographie
Ist ist weder Absicht noch die Funktion dieses Abschnittes, eine vollständige Bibliographie der Werke und Kritik zu Heinrich Mann zu präsentieren. Ebensowenig, die Titel aufzulisten und zu wiederholen, die bereits in den Fußnoten zitiert worden sind, die jedoch dem Autor als Informationsquelle dienten oder als einfache Lektüre, mehr oder weniger mit dem Ziel seiner literarischen Strategie assimiliert oder übernommen worden sind. Daher wird es einfach, auf eine bewußte Auflistung aller Werke allgemeinen, technischen oder theoretischen Charakters zu verzichten, die implizit das propädeutische Substrat desjenigen bilden, der sich daran machen will, die Arbeit eines Autors zu rekonstruieren oder zu interpretieren. Diese Bibliographie will essenziell bleiben und beschränkt sich daher auf die Zitation von Büchern und Werken, die, entweder zeitlich und abhängig von ihrer Entstehungssituation, oder aufgrund ihrer Bedeutung ihres Beitrages, einen direkten Referenzwert als Anleitung haben oder dazu dienen, die Richtung dieses Ansatzes aufzuzeigen.

Die Werke Heinrich Manns sind zitiert nach der als „klassisch“ bewerteten Ausgabe, solange die von der Akademie von Berlin vorbereitete und von Sigrid Anger betreute Gesamtausgabe nicht vollständig ist.


Heinrich Mann, Ausgewählte Werke in Einzelausgaben, hg. im Auftrag der Deutschen Akademie der Künste zu Berlin von Alfred Kantorowicz, Bd. I-XII, Berlin, 1950-1955.

I. Im Schlaraffenland, Professor Unrat.

II. Zwischen den Rassen.

III. Die kleine Stadt.

IV. Der Untertan.

V. Eugénie oder die Bürgerzeit. Ein ernstes Leben.

VI. Die Jugend des Königs Henri Quatre.

VII. Die Vollendung des Königs Henri Quatre.

VIII. Novellen I.

IX. Novellen II.

X. Schauspiele.

XI. Essays I.

XII. Essays II.
Darüber hinaus sind in derselben Reihe, aber ohne Folgenummer veröffentlicht:

Empfang bei der Welt, Berlin 1956.

Die Göttinnen oder die drei Romane der Herzogin von Assy, Berlin 1957.

Die Jagd nach Liebe, Berlin 1957.


In anderen Ausgaben und nicht in die Ausgewählte Werke aufgenommen sind die folgenden Romane:

In einer Familie, München 1894.

Die Armen, Leipzig 1917.

Der Kopf, Berlin-Wien-Leipzig 1925.

Mutter Marie, Berlin-Wien-Leipzig 1927.

Die große Sache, Berlin 1930.

Lidice, Mexico D.F. 1943.

Der Atem, Amsterdam 1949.

Die traurige Geschichte von Friedrich dem Großen, Berlin 1960.
Novellen:

Das Wunderbare und andere Novellen, München 1897.

Mnais und Ginevra, München 1906.

Der Tyrann. Die Branzilla, Leipzig 1948.

Abrechnungen, Berlin 1924.

Liliane und Paul, Berlin-Wien-Leipzig 1926.


Autobiographische Notizen, außer dem Briefwechsel, der zum Teil noch unveröffentlicht ist und im Nachlaß aufbewahrt wird, finden sich in:
Albert Langes Verlagskatalog 1894-1904, München 1904, S. 92;

Skizze meines Lebens, in Heinrich Mann: Eine Liebesgeschichte, München 1953, S. 39-45;

Ein Zeitalter wird besichtigt, Stockholm 1945;

Antiquariatskatalog 138. Wertvolle Bücher aus fünf Jahrhunderten. Autographen, Auktion 85. Ernst Hauswedell, Hamburg 1958, Nr. 1241-1248. (Auszüge aus Postkarten und Briefen aus den Jahren 1907-1949).


Die vollständige Bibliographie aller Werke und Essays, sogar alle „Beiträge“ Heinrich Manns für Zeitungen und Zeitschriften (auch ohne ausdrückliche Namensnennung) befindet sich in dem sehr hilfreichen Werk Ulrich Weissteins Heinrich Mann. Eine historisch-kritische Einführung in sein dichterisches Werk, Tübingen 1962, S. 256-280. Weitere bibliographische Hinweise sind in Heinrich Manns Werk, Aufbau 6,1 (1950, S. 292) mit einem Anhang von Walter Kiewert Zu Heinrich Mann - Bibliographie enthalten. Die Akademie von Ost-Berlin hat eine allgemeine Bibliographie der Werke und ihrer Kritik erstellt, die nur als maschinengeschriebenes Manuskript existiert und im Archiv eingesehen werden kann: sie ist die vollständigste Bibliographie, wenn auch jeglicher Verweis auf die Beiträge, die geschrieben worden sein könnten, fehlt, sei es in unzureichender Weise, sporadisch, in italienischer Sprache, während hingegen fast alle Examensarbeiten zu Heinrich Mann aufgeführt sind, die in den Ostblockstaaten und Rußland erschienen sind. Die folgende Liste ist bewußt beschränkt, so weit möglich, auf Werke, die die Frühphase der Aktivitäten des Autors betreffen und berücksichtigt nur in beschränktem Maße was über Heinrich Mann und das französische und amerikanische Exil geschrieben worden ist.
[Es folgt die Bibliographie]


1 Der handschriftliche Entwurf wurde auf die Rückseite an ihn gerichteter Briefe geschrieben. Er hatte es sich angewöhnt, nachdem er die Methode der Hefte und Notizbücher aufgegeben hatte. Der Entwurf ist im Archiv von Berlin (Nr. 464) aufbewahrt. Die Komödie ist wahrscheinlich Schauspielerin, die mit viel Erfolg mit Tilla Durieux in München aufgeführt wurde. Tilla Durieux hat selbst viel später geleugnet, die Rolle sei „ihr auf den Leib geschrieben“ gewesen. Sie definierte Schauspielerin als Eintagsfliege. [Wiederveröffentlicht in: Heinrich Mann 1871-1950. Werk und Leben in Dokumenten und Bildern. Hrsg. von Sigrid Anger, Berlin (Ost) 1971, S. 549. Anmerk. d. Übers.]

2 Th. Mann: Briefe 1889-1936, S. Fischer Verlag, Frankfurt, 1961, S. 160 (Brief an K. Strecker vom 18. 9. 1919).

3 H. Mann: Zola, in Die weißen Blätter, II (1915). Die Zeitschrift wurde von René Schickele geleitet. Der Essay wurde in mehreren Ausgaben wiederveröffentlicht, darunter die Ausgabe des Aufbau-Verlags in Berlin, herausgegeben von A. Kantorowicz, dem Freund und Exeget Heinrich Manns, im Auftrag der Deutschen Akademie der Künste von Berlin-Ost (Essay, I, 1954, S. 153). Eine Bibliographie, mit äußerster Sorgfalt redigiert, bei U. Weisstein: Heinrich Mann: Eine historische Einführung in sein dichterisches Werk, Max Niemeyer, Tübingen, 1962.

4 Th. Mann: Briefe, a.o.O. S. 207. Der Brief an den französischen Germanisten Félix Bertaux ist abgedruckt in „Pariser Rechenschaft“. Er war eher Freund Heinrichs als Thomas’, der um einige Notizen für sein „Porträit“ für die „Revue Europenne“ (1.III.1923) bat.

5 Dieser Brief ist veröffentlicht in A. Kantorowicz: Heinrich und Thomas Mann, die persönlichen, literarischen und weltanschaulichen Beziehungen der Brüder, Berlin, Aufbau Verlag, 1956. Bei dieser Gelegenheit ist es sinnvoll, den Brief, den Thomas am 15.1.1906 an seinen Freund Kurt Martens, Redakteur bei den „Münchner Neueste Nachrichten“, schrieb, gegenüberzustellen: „Deine Idee, einen Artikel über meine Bruder und mich zu schreiben, ist mir sehr sympathisch. Du bist der Mann dafür, denn Du weißt uns beide zu würdigen. Jeder Andere würde den Einen gegen den Anderen ausspielen.“ (Th. Mann, Briefe, a.o.O., S. 61).

6 Hugo Hupperts Artikel Nachgeholte Beiordnungen, veröffentlicht im Sonderheft zu Thomas Mann (1965) der Zeitschrift Sinn und Form, beschuldigt die italienische Bourgeoise der faschistischen Ära, die Brüder Mann „verkannt, vermengt, verwechselt, unterschätzt“ zu haben. Nur die Intellektuellen des Widerstandes haben eine klare Perspektive, eine würdigende Anerkennung des scharfen Intellekts Thomas’ und das sichere, feurige Temperament Heinrichs. Hugo Huppert ist jedoch in seiner Reportage „en artiste“ über das heutige Rom und Palestrina ein bißchen zu weit entfernt und vom Süden zu enttäuscht, um eine akzeptable „Beiordnung“ der Italien-Aufenthalte“ und die fehlende Würdigung der römischen Gemeinde für Heinrich und Thomas Mann zu erreichen.

7 Briefe, a.o.O., III., S. 396.

8 Karl Lemke Heinrich Mann zu seinem 75. Geburtstag, Berlin, Aufbau-Verlag, 1946. Zitiert auch in der Briefsammlung Heinrich Manns Briefe an Karl Lemke und Klaus Pinkus, Hamburg, Claasen Verlag 1964, sowie in die Rezension von Willy Haas: Aus der Stunde für die Stunde. In: Die Welt der Literatur, Nr. 233, 11. Juni 1964.

9 Für diesen gesamten Komplex der Beziehung zwischen italienischer Inspiration und der deutschen Literatur reicht es hier, auf die beiden wichtigen Aufsätze zu verweisen: P. Requardt: Die Bildersprache der deutschen Italiendichtung von Goethe bis Benn, Bern, Francke, 1962 und W. Emrich: Das Bild Italiens in der Deutschen Dichtung, in: Studien zu deutsch-italienischen Geistesgeschichte, Köln, 1959. Zu einigen Besonderheiten Th. Manns verweise ich auf meinen Aufsatz: Der Widerstand in Italien, in Il Mulino, Nr. 147, November 1965.

10 Zitierter Brief an Karl Lemke vom 29. Januar 1947 aus Los Angeles als Antwort auf einen Fragebogen, der viele exakte biographische Angaben über Reisen und Projekte verlangte. A.o.O. S. 32.

11 Nur in diesen letzten Jahren, und fast ausschließlich in Ostdeutschland veröffentlichte Aufsätze, ist ein Teil des Jugendwerkes, auch die Funktion der thematischen Variation, untersucht worden. Die Examensarbeit von Manfred Hahn, Das Werk H. Manns. Von den Anfängen bis zum Untertan 1985-1907 (in 2 Bänden, herausgegeben in Leipzig 1965), stellt eine präzise Analyse großer Teile seiner kleineren Arbeiten vor, die bisher vernachlässigt worden waren.

Voller literarischer Informationen über die Jugendjahre von Thomas und Heinrich Mann ist die Bildmonographie von Klaus Schröter (Thomas Mann, Hamburg, 1964). Klaus Schröter ist eine der vollständigsten Arbeiten über H. Mann zu verdanken: Literarische Einflüsse im Jugend- und Frühwerk, Examensarbeit, Hamburg 1960, veröffentlicht im folgenden mit dem Titel: Anfänge H. Manns. Zu den Grundlagen seines Gesamtwerkes, Stuttgart, 1965, in dem jedoch die italienischen oder italienisierten Elemente der ersten Zeit völlig vernachlässigt sind.



12 Der Salon im Landhaus - Rüschhaus - von Annette Dröste-Hülshoff, wurde das „Italienische Zimmer“ deswegen genannt, weil die Wände mit einer feinen Tapete im anmutigen Bögen und Ruinen, großen Büschen und anderen notwendigen Komponenten des italienischen Ambientes ausgekleidet waren, wie es der nordische Geschmack des Biedermeier verlangte.

13 Eine der interessantesten, aber nicht immer sicheren Quellen ist die Interpretation der Atmosphäre in der Familie und der kleinen unbekannten biographischen Wahrheiten, des letzten Bruders Mann, Viktor: Wir waren fünf, Südverlag Konstanz, 1949, das er wenige Monate vor seinem Tod geschrieben hatte. Zitat a.o.O. S. 82.

Das Gemälde Golf von Salerno ist in der Erinnerung H.Ms. immer präsent geblieben, auch bis ans Ende seines Lebens. Im Zeitalter schrieb er: „Die Bucht mit ihren harmonischen Linien, ihre kleinen weißen Städtchen, die normannischen Türme im Vordergrund gegen den blauen Himmel des Meeres, die Gruppen der Fischer und der Frauen, eine schon immer bekannte Landschaft. Damit ich mich auf die Suche danach gemacht habe, hat es ein Verwandter vor 130 Jahren für mich gemalt, damit ich es erkenne; es war schon immer schön und wir haben es geliebt.“ (S. 415)



14 Julia Mann hat ein Tagebuch ihrer kindlichen „Verpflanzung“ geschrieben: Aus Dodos Kindheit, das 1948 in Konstanz veröffentlicht wurde. Zu der Übernahme von mütterlichen „Teilen“ am Anfang von Zwischen den Rassen vgl. U. Weisstein, a.o.O., S. 79.

15 Die Arbeit im Archiv wurde mir von dem Vorläufigen Findbuch der Werkmanuskripte Heinrich Manns, herausgegeben von R. Eggert, Berlin 1963, veröffentlicht von der Akademie, erleichtert, das den gesamten Nachlaß erfaßt, der noch nicht kritisch erfaßt ist.

16 Der Essay über Heine ist aus dem Jahre 1931 (Essays, I, S. 495): aber in den Jahren von Lübeck teilen die Brüder Mann bereits die literarische Sympathie für die Ironie Heines.

17 Skizze meines Lebens, in Eine Liebesgeschichte, Novelle, München, 1953.

A. Kantorowicz hatte in einer großen Ausgabe mit dem Titel Unser natürlicher Freund, präsentiert auf der Frankfurter Buchmesse 1957, eine reichhaltige Antologie mit vielen von H.Mann geschriebenen Seiten über Frankreich, die politischen und sozialen Probleme, gesammelt. Das Buch wurde leider vom Verleger wieder zurückgezogen, nachdem der Redakteur Ost-Deutschland verlassen hatte.



18 „Anfangs seiner zwanziger Jahre war mein Bruder den russischen Meistern ergeben, mein halbes Dasein bestand aus französischen Sätzen“, in Ein Zeitalter wird besichtigt, Berlin 1947, und weiter in der außergewöhnlichen Autobiographie: „Ich bin nach Herkunft, Erziehung, Schicksal ein kontinentaler Europäer. Meine Bildung, soviel oder wenig ich erworben habe, gehört zu gleichen Teilen dem Lande meiner Geburt und dem anderen, beispielhaften Frankreich“ (S. 546).

19 Bereits die Wahl der Namen und Gebiete der niemals ausreichend untersuchten Hauptströmungen, die auch A. Schnitzler, einen der Gefährten H. Manns, begeisterten, genügt schon, um die Interpretation der französischen Komponente in der literarischen Ausbildung in Gang zu bringen, und später dann die Kritik und die Geschichte H. Manns, auch in einigen Teilen die Thomas Manns. Brandes schloß während seines langen Aufenthalte 1870-71 in Frankreich und Italien enge Freundschaften mit Taine, Renan, Stuart-Mill, Ibsen, die die „Material-Grundlagenlektüre“ H. Manns bildeten.

20 „Ihre Erhebung erscheint mir als eine einzige große, ganze, zersprengende und befreiende Genialitätsausströmung“, Ibsen an G. Brandes in Ibsen, Sämtliche Werke, Band X, Berlin, 1904, S. 185. Es ist wichtig, den Spiegelungen der vielen Beziehungen zwischen Brandes und Schriftstellern und Autoren der Jahre 1890 bis 1904 zu folgen. In den Briefen, 1956 herausgegeben von Kurt Bengel (Georg Brandes und Arthur Schnitzler, Ein Briefwechsel, Bern, Francke) finden sich die üblichen Stichworte und Argumente in der Problematik unserer „Welt von Gestern“ wieder. Die Freundschaft H. Manns mit Arthur Schnitzler begann in Wien im Jahre 1907 (jünger also als die zwischen Schnitzler und Brandes) und wurde zu einem der wichtigsten Bindeglieder im Leben der beiden Schriftsteller. Schnitzler erkannte sich selbst das Talent zu, Heinrich Mann aber das Genie. Das VIII. Kapitel des Zeitalter, den „Begleitern des Lebens“ gewidmet, hatte Seiten voller innigster Freundschaft für Arthur Schnitzler (S. 226), dort findet sich auch die am 22.11.1931 von H. Mann vorgetragene Rede, die in Essay, S.445-449 wieder abgedruckt ist.

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