Masarykova univerzita V Brně Faktulta filozofická



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Masarykova univerzita v Brně

Faktulta filozofická

Ústav germanistiky, nordistiky a nederlandistiky



Kurzwort und Kurzwort-Wortbildung in der deutschen Presse von heute

Diplomová práce

Vedoucí práce:


doc.PhDr. Eva Uhrová, CSc.

Brno 2007 Jolana Winklerová

Prohlašuji, že jsem pracovala samostatně a použila jen pramenů uvedených na konci diplomové práce.
Brno, 1. května 2007

Jolana Winklerová




An dieser Stelle möchte ich Frau doc. PhDr. Eva Uhrová CSc. für ihre wertvollen Ratschläge und Hinweise und für die Aufmerksamkeit, die sie meiner Arbeit gewidmet hat, meinen herzlichen Dank aussprechen.

Inhaltsverzeichnis


1.Vorwort 5

2.Die deutsche Zeitungssprache und ihre Tendenz zur sprachökonomischen Ausdrudksweise 6

3.Die Pressesprache 6

tendenziell repressive emanzipatorische 7

4.Die Wortbildungsarten im Deutschen25 24

4.1.1Kopulativkomposita (Additionswörter oder Reihenwörter) 24

5.Wortbildung durch Kürzung
Der heutige Forschungsstand bei verschiedenen Autoren 29

6.Die Rechtschreibung der Kürzungen und der Abkürzungen 43

7.Die Wörterbücher der Abkürzungen 45

8.Das Belegmaterial 47

9.Methodik der Arbeit 47

9.1Einzelne Kategorien der Kurzformen 49

10.Zusammenfassung 78

11.Anmerkungen 79

12.Verzeichnis der angewandten Literatur und der Quellen 82

13.Primärliteratur 82


  1. Vorwort


Die Aufgabe meiner Arbeit besteht darin, auf das Auftreten verschiedenster Arten von lexikalischen Kurzformen in deutschen Zeitungstexten hinzuweisen, die die Tendenz zur lexikalischen Reduktion im Gegensatz zur lexikalischen Konstruktion wiedergeben. Eingangs bringe ich eine kurzgefaßte Charakteristik der Zeitungssprache im allgemeinen, die durch ihre Aufgabe – schnell und aktuell zu informieren – notwendigerweise kurz und bündig sein muss.

Das weitere Kapitel soll eine Einführung in die deutsche Wortbildung darstellen, wobei ich mich insbesondere mit den verschiedenen Kürzungsmöglichkeiten befasse und von der im Literaturverzeichnis angeführten Sekundärliteratur ausgehe.

Der zweite Teil ist den von mir gesammelten Belegen gewidmet. Nach deren Klassifizierung und Auswertung führe ich eine statistische Übersicht der erworbenen Ergebnisse an.

  1. Die deutsche Zeitungssprache und ihre Tendenz zur sprachökonomischen Ausdrudksweise

  2. Die Pressesprache


Bevor ich mich dem eigentlichen Thema meiner Arbeit widmen werde, möchte ich eingangs die Zeitungssprache im allgemeinen charakterisieren.

Die Sprache der Massenmedien hängt von deren Form ab. Wir unterscheiden die Massenmedien nach drei Gesichtspunkten:



  • Nach der Form der Mitteilung (sog. Übertragungskanal):

  • schriftliche – Printmedien (Zeitungen, Zeitschriften)

  • elektronische – Rundfunk, Fernsehen und Internet

  • Nach der Publikumsorientierung (Rezipientenorientierung):

  • seriöse (solide, offentlich-rechtliche) Presse oder andere Massenmedien – die Hauptfunktion ist das Informieren

  • „Boulevard“ (Regenbogenpresse) und private und lokale Sender – die Hauptfunktion ist Unterhaltung

  • spezielle Presse (Fach-, Frauen-, Hobbyszeitschriften) – die Hauptfunktion ist das Informieren und auch das Unterhalten auf einem bestimmten Gebiet

  • Nach der Präsentationsweise

  • Rubriken

  • Textsorten

Ich werde die Sprache der elektronischen Massenmedien bei Seite lassen und werde mich der Pressesprache widmen. Wenn ich sie beschreiben will, muss ich unterscheiden, für welchen Rezipientenumkreis die Zeitung oder die Zeitschrift bestimmt ist. Die Sprache ist je nach dem Umkreis der Rezipienten anders - leichter oder komplizierter.

Die Sprache soll in der soliden Presse wirkungsvoll sein. In der Lexik der Sprache werden Methaphern, Idiome, Fremdwörter, viele Fachwörter, Neologismen, expressive Stillmittel und eine Menge Komposita verwendet. Die Ausdruckweise soll der Exklusivität und der Faszination dienen. Die Journalisten benutzen Anspielungen auf literarische Werke oder Filme, Zitate – nicht nur deutsche, die Alliteration, gehobene Ausdrücke, sehr viele Synonyme und adjektivische Attribute. In der Syntax können wir viele längere Sätze beobachten, ferner auch Infinitivkonstruktionen mit zu, Partizipialkonstruktionen, rhetorische Fragen, Konjunktive.



In der Boulevard-Presse, die mehr der Unterhaltung dienen soll, ist auch die Sprache einfacher. Die Lexik weist große Expressivität auf, benutzt viele Details, die Umgangsprache, vertrauliche Angaben, Interjektionen, Zusammensetzungen, aber auch so wie die solide Presse, die Methaphorik und Idiomatik. In der Syntax sind die Texte durch kürzere Sätze, Ausrufesätze, Elipsen, rhetorische Fragen, Satzabbrüche und Einschübe charakterisiert. Die Boulevard-Sprache ist wirkungsvoll. Sie zeichnet sich durch auffällige Logos, viele Fotos, Farbe, große Schlagzeilen aus.

H. H. Lüger1 unterscheidet zwei journalistische Aussageweisen auf der Ebene der Informationspräsentation und zwar:



  • tendenziell repressive Aussageweisen,

  • emanzipatorische Aussageweisen.

Ich möchte an dieser Stelle die Übersicht von D. Kroppach2 präsentieren, an der

H. H. Lüger die Aussageweisen der Presse vorstellt.


tendenziell repressive emanzipatorische


Aussageweisen Aussageweisen
- emotionale Sprache - referierende Sprache

(affektischer Wortschatz, (Wortschatz so objektiv und

Ausrufe und Anreden, „neutral“ wie möglich,

drängende Fragen, Bilder, verdeutlichende Bilder, Zitate,

expressive Wortstellung, überschaubare Syntax)

Superlative, kurzatmiger Satzbau,

wörtliche Rede,

bestimmte typographische Mittel)



- pathetische Sprache - bewertende Sprache

(übersteigerte, gefühlsüberladene (Trennung von Fakten und

Ausdrucksweise) Wertungen soweit wie möglich,

keine Polemik,



- kommerziell werbende Sprache alternative Darstellungen,

differenzierte Ausdrucksweise,

(affektischer Wortschatz, rationale Wertung)

‚Wir‘-Stil,

Bildlichkeit und Bildhaftigkeit,

gebrauchsfertige Wortfügungen,

Alltagssprache,

vereinfachte Syntax,

wörtliche Rede, Wortmacherei) allgemeine Merkmale eines

emanzipatorischen Journalismus



- propagandistische Sprache

- Rezipienteninteresse

(wertende Nomina und Adjektive,

große Bilder, definitive Aussagen, (Hintergrundinformationen,

Imperative, Angst-Appelle, klare Strukturierung der

polemisierende Wortspielereien, Aussagen, Begriffserklärungen)

Scheinargumentation,

überspitzte Antithetik, - Orientierung

‚Wir‘-Stil, Lob der Rezipienten) an der Alltagssprache


- affirmative Sprache (parataktischer Satzbau,

isolierte Gliedsätze,

(ideologisch fixierter Wortschatz, expressive Wortstellung,

Formelhaftigkeit, Allgemeinplätze) Parenthesen, Ellipsen)

Die sprachökonomischen Tendenzen in der Pressesprache

Die Sprache der Massenmedien spiegelt den Sprachzustand ihrer Zeit. Durch ihre linguistische Untersuchung, kann man das Bild der deutschen Gegenwartssprache erstellen. Die heutige Gesellschaft eilt immer irgendwohin. Wenn die Sprache das Abbild des Lebens der Menschen sein soll, muss auch dort etwas geschehen, was die Sprache „eilen“ lässt. Das können wir als Sprachökonomie benennen. Als Sprachökonomie verstehe ich die Tendenz zur sparsamen Anwendung sprachlicher Mitteln.

H. H. Lüger führt mehrere Tendenzen der Pressesprache an. Als Grundlage nimmt er Arbeiten von vielen Autoren, die sich seit dem 19. Jahrhundert mit der Pressesprache beschäftigt haben.

Tendenz zur Verkürzung der Satzlänge

Diese Tendenz schlägt sich hauptsächlich bei den Journalisten nieder. Im 19. Jahrhundert und nicht nur damals haben die Autoren oft sehr lange Sätze in ihren literarischen Texten gebraucht. Die Sätze waren sehr geschraubt und man verlor oft den Überblick davon, was der Autor mitteilen wollte. Ähnlich war das auch in den journalistischen Texten. Nach der angeführten Studie über die Satzlänge bei H.H. Lüger entfallen bei älteren Autoren 41,13 % auf Sätze mit über 28 Wörtern.

Die Satzlänge verändert sich nicht nur mit der Zeit, sondern auch nach verschiedenen Zeitungstypen. Selbstverständlich werden dann in der soliden Presse mehr längere Sätze als in der Boulevard-Presse benutzt, dort überwiegen kurze Sätze.3

Neben der Satzlänge muss man auch die Verteilung der Satzformen in den Texten beachten. H. H. Lüger geht hier von der Arbeit H. Eggers4 aus und als Ausgangspunkt unterscheidet er vier Kategorien der Satzformen:


  • Setzungen – grammatisch unvollständige Sätze, wo ein konstitutives Element fehlt (das Verb oder das Subjekt),

  • Einfachsätze – bestehen nur aus einem Hauptsatz,

  • Reihen – zwei oder mehrere miteinander verbundene, grammatisch vollständige Hauptsätze,

  • Gefüge – haben außer dem Hauptsatz wenigstens einen Nebensatz oder erweiterten Infinitiv mit zu.

„Eine Auszählung der skizzierten Satzformen zeigt vor allem zwei wichtige Veränderungen: einen Rückgang der Satzgefüge und eine vergleichsweise starke Zunahme von Einfachsätzen“5

Das Vordringen des Nominalstils gegenüber dem Verbalstil

Während im 19. Jahrhundert in den verschiedensten Texten der Verbalstil überwog, dringt in der gegenwartigen Sprache die Tendenz zur Nominalisierung durch.

Die Nominalisierung reduziert das Gefüge (z. B. Temporalsatz – Hauptsatz bzw. Hauptsatz mit Infinitivkonstruktion – Relativsatz oder dass-Satz) auf einen einfachen Satz (Die im Regierungsentwurf fürs kommende Jahr vorgesehene Neuverschuldung von 22 Milliarden Euro könne so jedenfalls keinen Bestand haben.). Die Information wird komprimiert. „Man spricht hier von Blockbildung.“6

Das nominale Satzglied kann erweitert werden durch Genitivattribute (die Mitglieder der Krankenkasse), Präpositionalattribute (der Entspannungsprozess von Nordirland), erweiterte Partizipialattribute (zu Hause vorgefertigte Erklärungen). Ein Block entsteht, wenn mehrere Attribute um einen Nominalausdruck stehen. Die Attribuierungen können eine kompliziertere, mehrstufige Struktur aufweisen. Es kann einer der Gründe für die Verständnisschwierigkeiten des Rezipienten sein.

Wenn also einerseits Satzgefüge umgeschrieben werden und aus dem Text verschwinden, muss logischerweise andererseits etwas Neues entstehen und das sind die Nominalisierungen und Einfachsätze.

Ein weiteres Merkmal des Verfalls der verbalen Ausdruckweise ist das Ersetzen der zahlreichen Verben durch sogenannte „Streckformen“. Wie H. H. Lüger anführt, handelt es sich um das „Phänomen der Verbaufspaltung“. Die einfachen Verben wie z. B. durchführen, ausdrücken, beenden werden umschrieben: Verb + Substantiv z.B. zur Durchführung bringen, zum Ausdruck bringen, zu Ende führen. In den Grammatiken werden solche Verbindungen „Funktionsverbgefüge“ genannt.

Die Komprimierung in den Überschriften

Die Überschriften sollen die Rezipienten zum Lesen des Artikels locken. Sie sollen ihm möglichst klare Information vermitteln, worüber es sich in dem Text handelt. Manche Leser wählen danach die Artikel, für die sie eine Interesse haben werden, die sie später lesen werden. Die Synonyme für die Überschrift sind Aufmacher, Headline, Schlagzeile, Titelzeile oder auch Zusammenfassungsschlagzeilen.

Die Syntax ist reduziert. Weil die Schlagzeilen kurz sein sollen dominieren einfache Aussagesätze (Wir setzen unsere Träume um), Nominalisierungen (Kapitalerhöhung auch ohne Börsengang?) oder Ellipsen – die Weglassung aller nicht verständniskonstitutiven Morpheme (Und tschüs…,Kopf hoch).

B. Sandig7 hat ein ausführliches Konzept zur Typologie von Zeitungsüberschriften zusammengefasst. Sie unterscheidet zwei Arten von Verringerung:


  • die Ersparung – ist, wenn etwas im Vergleich zum vollen Satz fehlt, wenn eine Verminderung an der Ausdrucksseite allein vorliegt. Die weggelassenen Elemente können ein finites Verb, Präposition, Artikel, Hilfswerb sein (Sintflut aus Matsch, Deka sieht schwarz). Der Rezipient versteht gut, was gemeint ist.

  • die Auslassung – (auch Ellipse) sind keine verkürzten Sätze, sondern Satzfragmente. Die Verminderung betrifft die Ausdrucks- und die Inhaltsseite (anschwellendes Gerede, halb gefangen). Der Rezipient muss den Kontext kennen, damit er versteht, worauf sich die Teilinformation bezieht. Die Satzfragmente dienen als Anreiz zum Lesen, aber verraten oft nichts von dem Inhalt.

Der häufigste Typ der Überschrift ist der Kurzsatz, weil er gleichzeitig zum Thema hinführt.

Die Verwendung neuer Bezeichnungen, der Fachausdrücke, der Fremdwörter und Kurzformen

Die Veränderungstendenzen auf dem Gebiet der Lexik sind schwerer zu erkennen. Trotzdem nennt H. H. Lüger einige.8

Ein Kennzeichen der Pressesprache ist die Benutzung neuer Bezeichnungen, die noch nicht in den Wörterbüchern verzeichnet sind – Neologismen, die in der weiteren Entwicklung der Sprache schwinden. Die Zeitungen und Zeitschriften informieren aktuell über alle neue Ereignisse in der Gesellschaft, Politik, Wirtschaft, Technik und in den anderen Lebensgebieten. Die laufende Verbreitung des neuen Wortschatzes ist ihre Aufgabe. Erst dann, wenn ein neues Wort oft in der Sprache vorkommt, kann es in neuen Wörterbüchern verzeichnet werden.

Interessant ist auch die häufige Benutzung bestimmter Terminologie zu bestimmter Zeit (die Wende in Deutschland, der Angriff der Terroristen in New York, die Entdeckung von Aids). Das hängt von dem Interesse der Rezipienten ab, welche Themen sie innerhalb eines Zeitraums gern lesen oder was das Tagesgespräch war. So verschiebt sich die relative Häufigkeit von Wörtern von Zeit zu Zeit.

Eine weitere Tendenz, die sich in der deutschen Pressesprache abzeichnet ist das Durchsetzen fachsprachlicher Termini. Es kommt zur großen Entwicklung verschiedener Wissenschaftsfächer. Viele neue Sachen werden erforscht und entwickelt. Dazu kommen selbstverständlich viele neue Fachausdrücke vor.

Manche von ihnen werden aus anderen Sprachen entlehnt. Es hängt hauptsächlich mit dem Austausch der Erkenntnisse in der Wissenschaft zusammen, vor allem aus dem Englischen und weniger auch aus dem Französischen. Die Anglizismen (Hit, Countdown, Evergreen) gewöhnen sich in der Sprache ein und werden später auch in der Gemein- und sogar in der Umgangssprache benutzt.

Zur Sprachökonomie der Pressesprache trägt auch die Kürzung bei. Den Kurzformen wird aber ein ganzes Kapitel gewidmet, deshalb werde ich die Behandlung darüber an dieser Stelle auslassen.

Verwendung der Komposita

Zur Sprachökonomie dient in hohem Maße das Verwenden der verschiedensten Wortzusammensetzungen. Neben den üblich gewordenen Komposita existieren sog. „Augenblickskomposita“ (Okkasionalismen). Sie entstehen durch Komprimierung mehrerer Informationseinheiten z. B.:



Mann, der den Ersatzdienst ableistet Ersatzdienst-Mann

Patient mit einem Infarkt Infarkt-Patient

(…, der einen Infarkt erlitten hat)

Man kann solche Augenblickskomposita dann weiter im nachfolgenden Text benutzen. Manchmal können sie aber mehrdeutig wirken, wenn sie aus dem Kontext herausgerissen werden. Es kann zur Verständlichkeitsschwierigkeiten führen.

Eine andere Gruppe von Komposita bilden die Zusammensetzungen aus einer Kurzform (Initialwort, Silbenwort, Kopfwort, Schwanzwort, Klammerwort) und einem Substantiv. Sie werden meistens mit Bindestrich geschrieben (SED-Vermögen, Symbolfoto, Fußball-WM, Nazi-Zeit). Sie tragen sehr zur Sprachökonomie in den Texten bei.

Die Textsorten in der Pressesprache

In den Printmedien gibt es eine Menge der unterschiedlichsten Texte. Wenn wir bestimmte Merkmale bei den Texten beachten, können wir sie in verschiedene Textklassen einordnen. H. H. Lüger unterscheidet fünf Textklassen und zwar:


  • Informationsbetonte Texte,

  • Meinungsbetonte Texte,

  • Auffordernde Texte,

  • Instruierend-anweisende Texte,

  • Kontaktorientierte Texte.

An dieser Stelle möchte ich die am häufigsten benutzte journalistischen Textsorten beschreiben, die in diese Textklassen angehören.

Wenn man die Artikeln aus einer Zeitung oder Zeitschrift einer Textsorte zuordnen versucht, muss das nicht immer eindeutig sein. „Ein erstes Entscheidungskriterium liefern jedoch sog. Präsignale. Hinweise wie „Nachrichten“, „Kurz berichtet“, „Meinung und Meldung“, „Gastkommentar“ zeigen dem Leser (und dem Analysierenden) vor der eigentlichen Textlektüre an, als was er die nachfolgenden Informationen verstehen soll, ob beispielsweise als primär informationsbetont oder eher als meinungsbetont. Vielfach ergeben sich solche rezeptionssteuernden Instruktionen aus Überschriften und bestimmten drucktechnischen Konventionen; doch weisen längst nicht alle Zeitungstexte solche Indizien mit präsignalisierender Funktion auf.“9

Nächstes Kriterium ist die Betrachtung der Makrostrukturen – der Abfolgemuster, die sich vor allem aus der Kombination bestimmter sprachlicher Handlungen oder Handlungssequenzen ergeben.

Anschließend können zur Verdeutlichung spezielle Gliederungssignale oder eine entsprechende typographische Anordnung hinzukommen.

Kontaktorientierende Texte

Kontaktorientierende Texte sollen die Aufmerksamkeit und das Interesse des Rezipienten wecken. Dazu benutzt die Pressesprache ihre spezifische Mittel. Erstens ist es der Name der Zeitung oder der Zeitschrift. Dann ist es hauptsächlich die Titelseite. In der von mir untersuchten Zeitschrift der Spiegel sind das neben der Titelseite auch die nächsten paar Seiten, die „die Hausmitteilung“ und den Überblick „In diesem Heft“ enthalten. Die Titelseite soll anziehende Wirkung haben.

Nicht nur auf der Titelseite, sondern auch im Innenteil soll die Aufmerksamkeit der Leser aufgeweckt sein. Das passiert durch die Artikel-Überschrift und die Zwischenüberschrift, sog. Lead.10

Die Journalisten arbeiten mit drei wichtigen Mitteln, die die Informationen auffällig machen. Die Art ist von Zeitung zu Zeitung anders. Es sind: der Einsatz visueller Mittel (Illustrationen, Typographie), die sprachliche Präsentation und die Auswahl bestimmter Inhalte. Vor allem die Boulevard-Presse übertreibt beim Benutzen solcher Mitteln. Sehr wichtig und interessant ist die große Auswahl an Bildern und Fotos, die die Mitteilung veranschaulichen sollen.

Solche Texte, die in erster Linie auf die Kommunikation bezogen sind stufen wir primär als kontaktorientiert ein. „Die Aufmerksamkeitssteuerung, die Hervorhebung dessen, dass über etwas informiert wird, ist der informierenden Intention, der eigentlichen Sachverhaltsdarstellung, vorgeordnet.“11

Wenn wir die Texte als kontaktorientierend einordnen, sind sie gleichzeitig jedoch als informationsbetont interpretierbar.12 Kontaktorientierte Texte bevorzugen Präsentationsformen und verarbeiten solche Inhalte, die dem Rezipienten naheliegen.

Sie haben noch ein weiteres spezifisches Merkmal und zwar die sogenannte semantische Gestaltung des Druckbildes. „Je mehr typographische Anordnung und graphische Hervorhebungen mit den semantischen Einheiten einer Äußerung korrespondieren, um so leichter erfaßbar ist die betreffende Information.“13

Die Behandlung über die Kontaktorientierende Texte möchte ich mit der Zusammenfassung von H. H. Lüger beenden, denn sie gefiel mir sehr. H. H. Lüger führt sie in vier Punkten an:

„a) Die Verwendung geeigneter typographischer Mittel sowie die Hinzufügung von Illustrationen sorgen dafür, eine Information besonders hervorzuheben. Mit diesem Auffälligmachen soll bewirkt werden, dass der potentielle Leser/Käufer das betreffende Informationsangebot überhaupt wahrnimmt und für interessant hält.

b) Durch eine Wortwahl und eine Syntax, die sich an den sprachlichen Erwartungen der Leser orientieren, wird die Darstellung vereinfacht, damit die Verständlichkeit erhöht, was wiederum den Lektüreanreiz positiv beeifllussen kann. Verständlichkeitsfördernd sind vielfach auch die Illustrationen und die semantische Gestaltung des Druckbildes.

c) Mit zusätzlichen Stilmitteln (wie z. B. Wortspielen, Abwandlungen fester Formeln) wird vom normalen Sprachgebrauch abgewichen und auf diese Weise die Originalität der Berichterstattung unterstrichen.

d) Auf der inhaltlichen Ebene kann u. a. die Auswahl überraschender oder sensationeller Fakten die Relevanz oder die Exklusivität der Berichteten zusätzlich betonen.“14

Informationsbetonte Texte

Bis zur Mitte des 19. Jahrhundert war die Presse zensuriert, sie durfte nur Tatsachen-informationen enthalten. Die Journalisten durften keine eigene Meinung und Kritik zu den Informationen hinzufügen. Zur Zeit ist es zwar anders, aber die informations-betonte Texte bilden bis heute die Grundlage der Tagespresse. Sie sind die Urzelle des Journalismus.

Ich möchte im Folgenden die am häufigsten benutzte informationsbetonte Textsorten vorstellen.

Die Meldung

Die Meldung ist die elementarteste Textsorte. Es ist eigentlich eine einfache Behauptung dessen, was stattgefunden hat oder eintreten wird. Die dominierende sprachliche Handlung ist die Mitteilung.

Die Meldung weist eine minimale thematische Entfaltung auf. Das Spektrum der Themen ist unbegrenzt. Manchmal kann die Meldung nur aus einem Satz bestehen. Manche Meldungen setzen zu ihrem Verständnis ein bestimmtes Vorwissen voraus. Sie sind syntaktisch höchst komprimiert und enthalten oft Ellipsen, Infinitivformen, Partizipien II, Passiv oder Nominalisierungstendenzen.

Die Meldungen werden als Ankündigungstexte eingesetzt. Von ihnen und von Feststellungen unterscheiden sich vor allem im Aussagegehalt. Die Ankündigungen betreffen Sachverhalte, die in der Zukunft liegen. Die Feststellungen geben solche Aussagen wieder, die sich aus anderen, meist konkreten Sachvehalten ergeben, und als solche überprüfbar und einsichtig sind.15

Die Meldungen geben die Antworten auf die Fragen – was sich ereignet hat, wo, wann, wie, weshalb etwas passiert ist und wer an dem Ereignis beteiligt war. Natürlich müssen in der Meldung nicht alle Angaben sein. Die Kerninformation steht mit weiteren Zusatzaussagen (Spezifizierungen) in einem Spezifikations-zusammenhang.16

Die Nachricht

Die Nachricht verkörpert am klarsten die Informationsaufgabe der Presse. Der Begriff kann als Bezeichnung von Textinhalten oder als Bezeichnung einer bestimmten Art journalistischen Textvorkommens gebraucht werden. Nachrichten sollen aktuell, sachlich, prägnant, knapp und unparteilich informieren. Wir unterscheiden zwei Arten von Nachrichten:



  • harte Nachricht,

  • weiche Nachricht.

Sie unterscheiden sich in dem Textaufbau, in den Formulierungen und in der Wahl der Themen.

Die Themen der harten Nachricht sind Politik, Wirtschaft, Kultur oder Gesellschaft. Dagegen sind die Themen der weichen Nachricht Skandale, Verbrechen, Naturkatastrophen, Unglücksfälle, Einzelheiten aus dem Leben bekannter Persönlichkeiten (sog. human interest-Bereich)

Harte Nachricht

In der harten Nachricht folgt der Textaufbau einem relativ festen Prinzip. Man nennt den Textaufbau achronologisch. Der Ausgangspunkt ist eine zentrale Aussage. Sie steht im Titel und Untertitel. Der einleitende Abschnitt (der Lead) bringt verschiedene Angaben, die den Sachverhalt der Nachricht genauer situieren. Er kann auch als Meldung verwendbar werden. Zu dieser Aussage kommen dann in abnehmender Wichtigkeit die Zusatzinformationen und Einzelheiten bis ein Punkt erreicht wird, an dem ein Textproduzent die Ausführung einer Information unter diesem Leitthema für nicht mehr vertretbar hält. Diese Art der Textbildung nennt man als top-heavy-form oder als inverted pyramid. Die Anordnung kann noch durch typographische Gestaltung unterstützt werden. Das ermöglicht dem Leser bessere Orientierung im Text.

Dieser Textaufbau ist verbindlich. Es können auch bestimmte Modifikationsmöglichkeiten bestehen. Die Nachrichtentexte umfassen meistens vierzig bis fünfzig Zeilen (vier Abschnitte).

Der Nachrichtentext soll den Ziel erfüllen, dem Leser solche Tatsacheninformation zu bringen, die er sprachlich versteht, deren Faktizität der Sachverhaltskomponenten er anerkennt und die mit dem Text gewonnenen neuen Kenntnisse auch tatsächlich in bereits vorhandene Wissensbestände integriert. Zur besseren Verständlichkeit der Termine, die dem Rezipienten Schwierigkeiten bereiten könnten, kann der Journalist Klammerzusätze zur Bedeutungserklärung geben. Die Verläßlichkeit der Informationen kann er durch Glaubwürdigkeitssignale betonen.17

Die Sprache der Nachricht folgt diesen Tendenzen: der Verwendung von Nomina, der Bildung relativ komplexer Sätze mit Attribuierungen und präpositionalen Angaben, einer hohen Frequenz von Adverbien, Partizipien und Adjektiven. Wichtig ist auch die lexikalische Varianz und Wortbildung.

Weiche Nachricht

Die weiche Nachricht zeigt größereVariationsmöglichkeiten in der Textgestaltung und lesewerbende Informationspräsentation. Sie soll auch der Unterhaltung der Leser dienen.

Die erhöhte Aufmerksamkeit wird der Gestalltung von Texteröffnung und Textschluß gewidmet. Die Einleitung bringt originelle Begebenheiten, Zitate oder humorvolle Gags. Die Formulierungen führen oft Andeutungen und Einzelaspekte an, die gar nicht so wichtig sind und im Text nicht weiter entfaltet sind. Im Text soll die Spannung erhalten bleiben. Der Textschluß soll humorvoll sein und eine abschließende Pointe erhalten.

Die informierende Funktion des Textes steht weniger im Vordergrund. Sie liefern nicht nur Fakten, sondern sie kombinieren sie mit einer Reihe von Zusatzhandlungen. Mit dem Benutzen von Kontrasten oder Phraseologismen lenkt der Textproduzent den Blick des Lesers auf die sprachliche Ebene. Diese Verfahren der Abweichung sind ein wichtiges Mittel, um die Texte auffällig zu machen, aufzulockern und dadurch dem Rezipienten das Vergnügen zu bereiten und die Distanz verringern.

Der Haupttext ist im Gegensatz zur harten Nachricht temporal strukturiert. Das bedeutet aber nicht, dass die chronologische Aufeinanderfolge exakt im Text erhalten bleiben muss. Es gibt häufig Abweichungen wie z. B. Zeitraffung, Rückblenden und Vorausdeutungen.

Es können auch andere erzählerische Mittel verwendet werden und zwar die Betonung inhaltlicher Gegensätze, die Nutzung retorischer Figuren, die Aufnahme direkter Rede oder die Einführung einer Ironie.

Trotz alle die Merkmale der Nachricht mussen wir mit zahlreichen Übergangs- und Mischtypen rechnen, die zudem eine Abgrenzung gegenüber den anderen Textsorten, insbesondere geenüber dem Bericht, schwierig machen.18

Der Bericht

Der Bericht ist der Nachricht sehr ähnlich. Er ist aber komplexer und vielfältiger. Er informiert objektiv, bündig, klar und detailiert, frei von persönlicher Emotionen, Reflexionen und Appellationen. Dem Umfang nach ist der Bericht umfangreicher als die Nachricht. Zum eigentlichen Sachverhalt kommen noch z. B. Zitate, kommen-tierende Stellungnahmen oder eingefügte Hintergrundinformationen. Der Bericht ist nach dem gleichen Aufbauprinzip zusammengesetzt wie die Nachricht, nur die Festlegung für die Reihenfolge gilt nicht für Sätze, sondern für die Abschnitte.

Der Text in den Berichten ist attraktiver als in harten Nachrichten. Die wichtige Rolle trägt auch die Überschrift, die oft mehrzeilig ist. Dann folgt die Texteröffnung entweder durch Einleitung im Lead-Stil oder durch Einleitung mit einem sog. Aufhänger. „Der Aufhänger teilt nicht nur etwas mit, er bringt gleichzeitig eine Beurteilung zum Ausdruck, präsentiert das betreffende Faktum in einer spöttisch-sarkastischen weise und spricht gerade durch die Konzentration provozierender Umstände den Leser auch emotional an.“19

Der Haupttext enthält oft viele Bewertungen, dann ist es oft fragwürdig, ob der Bericht nur informierend ist oder mehr als meinungsbetont verstanden werden kann.

Der Textschluß hat eine Pointe und verweist auf die Bedeutung des Berichteten oder gibt eine Prognose für die zukünftige Entwicklung.

Die Reportage

Die Hauptaufgabe der Reportage ist zu informieren. Sie stellt die Information mit subjektiven Zügen dar. Die Reportage ist ein Bericht mit Phantasie und hat belletristische Züge.

„Einen Sachverhalt subjektiv zu präsentieren, bedeutet also nicht nur mitzuteilen, dass sich etwas oder wie sich etwas ereignet hat, sondern vor allem, wie ein Geschehen aus der Sicht des Berichterstatters verlaufen ist.“20

Die Reportagen enthalten Passagen in der Ich- oder Wir-Form, die konkrete Wiedergabe von Eindrücken, Gefühlen, Einstellungen und Wertungen der handelnden Personen. In Reportagen wird große Nähe zum Geschehen suggeriert. Der Autor nimmt oft die Position eines teilnehmenden Beobachters ein. Es macht den Eindruck, dass der Leser die Information aus erster Hand bekommt, dass er das Gefühl des emotionalen Miterlebens hat. Dazu trägt auch die Tempuswahl und die Benutzung der Temporaldeiktika und adverbial Bestimmungen bei.

Besonders hervorzuheben ist der Einsatz von Zitaten und die Einschübe direkter Rede. Es sind Mittel, die eine Person oder eine Situation authentisch präsentieren. Der hohe Anteil wörtlicher Redezitate ist typisch für Reportagen und bildet ein wichtiges Kriterium zur Unterscheidung von anderen informationsbetonten Textsorten.

Eine spezielle Rolle spielen die szenische Reportageeröffnungen. Sie führen direkt in ein Geschehen oder eine Situation ein. „Von der ersten Zeile an wird dem Leser das Gefühl vermittelt, direkt dabei zu sein als einer, der plötzlich selbst zum Augenzeugen wird.“21

Charakteristisch ist dabei die Einführung von Personen mit dem Eigennamen oder dem definiten Artikel. Das soll Neugier, Spannung aufbauen und zum Weiterlesen anregen.

Auf den szenischen Einstieg folgt ein Perspektivenwechsel von der Innen- zur Außenperspektive. Der Haupttext enthält mehrere solcher Perspektivenwechsel, zahlreiche Einschübe mit direkter Rede, szenische Einzelheiten und räumlich strukturierte Abschnitte. Die Zitatpassagen machen den Text anschaulicher, leichter verständlich, unterstreichen die Glaubwürdigkeit. Die Reportage-Autoren benutzen verschiedene attraktivmachende Mittel, um die Reportage zu abwechslungsreichen Lekrüre zu machen.

Der Textschluß gibt den in der Einleitung angesprochenen inhaltlichen Aspekt wieder oder lässt den Text mit einer Pointe abschließen.

Meinungsbetonte Texte

Wie ich schon im Kapitel 2.3.2. erwähnt habe, war die Presse im 19. Jahrhundert zensuriert und die informationsbetonten Texte dürften keine eigene Meinungen und Komentierungen der Journalisten enthalten. Damals entwickelten sich deshalb spezielle Übermittlungsformen, die die Äußerung von Meinung, Urteil und Kritik als Ausdruckweise benutzten. Es waren vor allem der Leitartikel, die Kolumne, der Kommentar, die Glosse, die Rezension (Kritik) und der Feuilleton.

Die wichtigsten möchte ich an dieser Stelle vorstellen.

Der Kommentar

„Ein Kommentar bezeichnet die persönliche, namentlich gekennzeichnete Meinung eines Autors. Im ersten Satz hat der Kommentator zu sagen, was er kommentieren will, zu welcher Sache er sich zu Wort meldet. Danach sollten sofort die Meinung des Verfassers ebenso klar ausgedrückt stehen und im Folgenden drei bis fünf stichhaltige Argumente dafür womöglich überzeugen. Dann wird noch einmal die Meinung wiederholt und ein möglicher Ausblick gewagt.“22 So erklärt den Kommentar die Internet Seite.

Die wichtige Funktion des Kommentars ist beim Adressaten bestimmte Einstellungen zu fördern oder zu verändern. Der Kommentar verfügt über die argumentative Textstruktur. Im Einleitungsteil wird zuerst der Bezug zum Adressaten durch bestimmte aufmerksamkeitssteuernde Mittel hergestellt. Danach führt eine bereits selektive, parteiliche Sachverhaltsdarstellung zu der im Text vertretenen These hin. Der argumentative Kern stellt die eigentliche Beweisführung dar. Eine These, die zentrale Bewertungshandlung, wird nachfolgend durch verschiedene Typen von Argumenten gestützt. Eine Gegenposition bzw. widerstreitende Argumente können abgeschwächt oder widerlegt werden. Der Schlußteil faßt das argumentativ Begründete noch einmal knapp zusammen und formuliert gegebenenfalls bestimmte Lösungsvorschläge oder Handlungs-empfehlungen.23

Daraus ergeben sich drei spezifische Konstituenten des Kommentars:


  • ein argumentativer Kern in dessen Mittelpunkt eine bestimmte Bewertung steht;

  • eine Orientierung über den zugrundeliegenden Sachverhalt, die für die zentrale Argumentation einerseits die Verstehensvoraussetzungen klärt und andererseits über verschiedene Einstellungskundgaben die Akzeptierens-bedingungen verbessert;

  • die Präsentation einer Gegenposition, deren argumentative Widerlegung den Geltungsanspruch der dominierenden Bewertungshandlung stärkt.

Zu den sprachlichen Realisierungen des Kommentars gehören die Verwendung der indirrekten Rede, komplizierter Satzbau, die Benutzung von bewertenden Adjektiven, exklusiven Fremdwörtern, Methaphorik, Idiomatik und Nominalisie-rungen.

Die Glosse

Die Glossen können wir als Sonderformen des Kommentars bezeichnen. Sie haben einen zugespitzten polemischen, satirischen oder feuilletonistischen Stil. Ihre Argumentation wirkt unterhaltend und will den Rezipienten überzeugen. Glossen wollen eine angenommene Einstellung verstärken. Sie behandeln mehr gesellschaftliche als politische Themen. Es ist besser, wenn man Vorinformationen über dem Thema hat, man kann dann besser den unterhaltenden Ton geniesen. Die Glossen gehören zu den schwersten Darstellungsformen der Presse. Die häufigen Stilmittel sind Ironie, die Übertreibung, Metaphern, Vergleiche, idiomatische Ausdrücke oder Wortspiele. Die Glosse soll wie ein Mückenstich wirken.

Die Kritik

Die Kritik ist die Kunst der Beurteilung nach begründetem Maßstab, die mit der Abwägung von Wert und Unwert einer Sache einhergeht. Die Kritik ist mit Theater, Musik, Film oder Buch eng verbunden, sie behandelt kulturelle Ereignisse. Wir unterscheiden eine Literaturkritik, Theaterkritik, Filmkritik, Musikkritik, wissenschaftliche Rezensionen usw. Wir sollen die Kritik in keinem Fall als negativ verstehen, es ist mehr eine Bewertung, eine Evaluation. Der Empfänger der Kritik ist ein breites kulturinteressiertes Publikum.

H. H. Lüger gibt in seinem Werk die Definition der Kritik von Dovifat:

„Kunstkritik ist die subjektive, aber sachlich und künstlerisch begründete sowie persönlich verantwortete Beurteilung des Kunstwerkes, dem der Kritiker verpflichtet ist. Er mag den Künstler beraten, vemittelt das Kunstwerk der Öffentlichkeit, scheidet überzeugend die Werte und Unwerte, bricht der wahrhaft künstlerischen Leistung Bahn und soll damit zur Weiterentwicklung der Kunst beitragen.“24

Die Kritik gibt dem Leser Auskunft über ein bestimmtes kulturelles Angebot und dem Autor Hinweise über die Rezeption seines Werks.

Aufbau und Sprachgestaltung hängen mit den Aufgaben der Kritik zusammen. In der Überschrift ist der Autor und das Werk vorgestellt – oft sind die Überschrifte zweiteilig. In der ersten Zeile macht der Kritiker auf den Beitrag aufmerksam und in der zweiten Zeile gibt er zusammenfassende Angaben über das Ereignis.

Der Haupttext enthält eine kurze Einordnung (einen lesewerbenden Aufhänger), einen referierenden und einen bewertenden Teil.

Die Einleitungen können die Form einer Erzählung haben, vor allem wenn man nicht nur Fachpublikum ansprechen will, oder enthalten wissenschafts- oder kunstgeschichtliche Zusammenhänge, bisherige Publikationen, Veranstaltungen eines Autors oder Künstlers.

Der referierende Teil informiert über den Ablauf einer Veranstaltung oder über den Inhalt eines Buches, eines Films, über die Bedingungen der Entstehung, über die Verstehensvoraussetzungen usw. Er informiert auch über äußere Merkmale wie Umfang oder Preis.

Der bewertende Teil bringt die Stellungnahmen des Textautors über die Leistung, Verständlichkeit, über den Unterhaltungswert, über die Wirkungsintensität bzw. die Empfehlungen an den Leser. Die Kritiker schreiben auch über das persönliche Erleben, über die subjektive Erwartungen und Gefühle. Sie benutzen eine originelle, Ausdruckweise mit hohem Anspruchsniveau.

Das Meinungsinterview

Das Interview ist eine bizentrierte Textsorte. Die Interviews sollen gegebene Sachverhalte, Argumente, Erklärungen und Hintergründe liefern und auf die evaluative Haltung der Adressaten Einfluß nehmen. Sie haben die dialogische Textform. Sie werden als zusätztliche Beiträge eingesetzt, die einzelne Aspekte ausführlicher, deutlicher oder aus einer anderen Sicht zeigen. Sie machen den Eindruck der Wirklichkeitsnähe, der Unmittelbarkeit der Information und der Authentizität.

Was die Authentizität anbelangt, geht sie bei Presseinterviews zum großen Teil verloren durch redaktionelle Überarbeitungen. Die Presseinterviews enthalten keine Hörer- und Sprechersignale, sie sind oft stilistisch viel überarbeitet. Die Sprache wird damit nicht mehr spontan. Die Ausnahme bildet hier die Boulevard-Presse. Sie versucht die Interviews so darzubieten, wie sie abgelaufen sind.

Der Interviewte ist meistens eine bekannte Persönlichkeit – Politiker, Experte. Seine Außerungen richten sich an ein öffentliches Publikum. Er hat verschiedene Möglichkeiten, wie er sich ausdrücken wird. Er kann Rückfragen stellen, er kann das Thema wechseln, wenn er an die gestellte Frage nicht antworten will oder er kann nur eine ausweichende Antwort geben. Seine Stellungnahmen sind stark persöhnlich gefärbt.

Das ganze Interview wird von einem Interviewer (Journalist, Redakteur) erstellt und gesteuert. Er eröffnet und beendet das Gespräch, stellt Fragen, die meistens solche Aspekte betreffen, die nach Einschätzung des Interviewers auch dem Leserpublikum klärungsbedürftig erscheinen. Er bestimmt die Themen und hat Einfluß auf die gewünschte Informationsgebung. Er hat einen höheren situativen Status und beherrscht die Situation. Die Argumentation kann nur unzusammenhängend entwickelt werden. Trotzdem wird die argumentative Struktur im Interview eingehalten.

Die Interviews sind einsetzbar:


  • zur Wissenserweiterung,

  • zur Meinungssteuerung,

  • zur öffentlichen Selbstdarstellung einer Person oder Gruppe,

  • zur Vermittlung bestimmter Ratschläge oder Instruktionen.

Für die Presse sind von Bedeutung das Meinungsinterview und das Sachinterview.

In dem Kapitel Textsorten in der Presse habe ich nur die wichtigsten Textsorten beschrieben, die auch in der von mir untersuchten Zeitschrift „Der Spiegel“ vorkommen können. Deshalb werde ich mich jetzt im Nachfolgenden den Wortbildungsarten widmen.



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