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Kindergeld für anerkannte Flüchtlinge und für Staatenlose



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Kindergeld für anerkannte Flüchtlinge und für Staatenlose

Anerkannte Konventionsflüchtlinge haben Anspruch auf sozialrechtliche Inländergleichbehandlung (Art. 7, Art. 23, Art. 24 Genfer Flücht­lings­konvention). Ein Anspruch auf Inländergleichbehandlung von Flüchtlingen bei der Ge­währung der meisten Sozialleistungen ergibt sich auch aus der EG Verordnung 1408/71, Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 (gilt allerdings nicht für die Sozialhilfe, vgl. zu den Leistungen im Einzel­nen Art. 4 der VO ).

Hieraus folgt ein Anspruch auf Kindergeld entgegen dem damaligen Wortlaut des BKGG. Zu­dem kann hieraus ein Anspruch auf weitere Sozialleistungen abgeleitet werden, u.a. entgegen dem Ge­set­zes­wortlaut auf Erzie­hungsgeld (dies folgt aus EuGH v. 10.10.96, ebenso LSG Ba-Wü v. 29.8.96, s.u.).

Den Anspruch auf Kindergeld hat die Bundesanstalt für Arbeit mit Runderlaß Nr 125/93 v. 20.12.93 bestätigt und die Arbeitsämter ange­wiesen, das Kinder­geld an Konventionsflüchtlinge mit Auf­ent­haltsbefugnis entgegen dem Gesetzeswort­laut auszuzahlen. Dasselbe ergibt sich aus einer Weisung des Bun­desministeriums für Fami­lie und Senioren - gemeins. Rundschreiben BMFuS und BMI v. 06.01.94 "Zah­lung von Kindergeld", in GMBl (gemeinsames Ministeri­alblatt) 1994, S. 70 u. S. 94.


SG Speyer S 8 Kg 34/94, Urteil v. 24.05.95, IBIS e.V.: C1151 Kindergeldanspruch von Konventionsflüchtlingen mit Auf­enthaltsbefugnis unter Verweis auf die o.g. Rechts- und Erlaßlage.
LSG Ba-Wü L 1 Kg 1280/96, Urteil v. 29.08.96, IBIS e.V.: C1152, NVwZ-Beilage 1/97, 8; EZAR 452 Nr 2. Kindergeldan­spruch von Konven­tionsflüchtlingen mit Aufenthaltsbefugnis unter Verweis auf die Gleichstellung an­er­kannter Flüchtlinge mit Deutschen in der Genfer Flüchtlingskonvention; ebenso in dem Gesetz über die Rechtsstellung der Staa­tenlosen; ebenso auch in Art. 2.1 und 3.1 der EG-VO 1408/71 i.V.m. § 42 BKGG.
BSG 14/10 RKg 21/96 v. 02.10.97, IBIS C1364; EZAR 451 Nr. 5 Die Neuregelung des § 1 BKGG ist vom Wortlaut her eindeutig. Der Besitz einer Aufenthaltsbefugnis reicht für einen Kindergeldanspruch nicht aus. Nach § 42 BKGG haben EG-Angehörige, Flüchtlinge und Staatenlose nach Maßgabe des EG-Vertrages und der dazu erlassenen Verordnungen jedoch die gleichen Rechte wie Deutsche. Voraussetzung für Flüchtlinge ist jedoch eine unanfechtbare formelle Flüchtlingsanerkennung (vgl. § 3 AsylVfG = Konventionsflüchtlinge).
Durchführungsanweisung zum Kindergeld IBIS e.V. C1556. In der amtlichen Durchführungsanweisung wird u.a. der Kindergeldanspruch von anerkannten Flüchtlingen - unabhängig vom Besitz einer Aufenthaltsgenehmigung - bestätigt: DA Einkommenssteuergesetz, Bundessteuerblatt 2000 Teil I, S. 648 f. zu § 62 EStG, Kindergeld - Anspruchsberechtigte -
"DA 62.4.2 Flüchtlinge und Asylberechtigte
(1) Anerkannte Flüchtlinge sind aufgrund des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951, BGBl. 1953 II S. 59, und des Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 28. September 1954 über die Rechtsstellung der Staatenlosen, BGBl. 1976 II S. 473, Deutschen gleichgestellt, die im Inland ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Dies bedeutet, dass für Flüchtlinge vom Zeitpunkt der Anerkennung durch unanfechtbaren Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge oder von der Rechtskraft gerichtlicher Entscheidungen an die zusätzlichen Voraussetzungen des § 62 Abs. 2 EStG [=Besitz einer Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsberechtigung; Anmerkung G.C.] nicht erfüllt sein müssen.
Anmerkungen: Bei anerkannten Flüchtlingen reicht demnach für den Anspruch auf Kindergeld die Rechtskraft der Anerkennung, auf die Ausstellung des Konventionspasses und Erteilung der Aufenthaltsbefugnis bzw -erlaubnis kommt es nicht an.
BFH VI B 43/97 v. 14.08.97, BFH/NV 1998, 169; DStZ 1998, 171, IBIS C1601 Der grundsätzliche Ausschluss des Kindergeldanspruchs aufenthaltsrechtlich nur geduldeter Ausländer gilt nicht für nach der GK anerkannte Flüchtlinge und sonstige politisch Verfolgte i.S.d. § 3 AsylVfG i.V.m. § 51 Abs. 1 AuslG (vgl. Gemeinsames Rundschreiben des BMFuS und des BMI v. 06.01.94 BMFuS 223 - 2862 - 2/BMI - DII - 4 - 221972/I, GMBl 1994, 70). •••
FG Ba-Wü 12 K 113/97, B. v. 01.10.98 (rechtskräftig), EFG 1999, 179, IBIS C1585. Ein aufgrund unanfechtbaren Bescheids des Bundesamtes anerkannter Konventionsflüchtling hat ab dem Monat der Rechtskraft der Anerkennung Anspruch auf Kindergeld (ebenso DA Einkommenssteuergesetz 62.4.2, Bundessteuerblatt 2000 Teil I, S. 648 f. zu § 62 EStG, Kindergeld - Anspruchsberechtigte - IBIS e.V. C1556). Der Anspruch kann auch nicht ausgeschlossen werden, weil das Kind keinen Inlandswohnsitz hätte. Für den Begriff des Wohnsitzes des Kindes in § 63 Abs. 1 S. 3 EStG gilt die Begriffsbestimmung des § 8 AO. Kinder teilen nach dieser Bestimmung grundsätzlich den Wohnsitz der Eltern, solange sie sich noch nicht persönlich und wirtschaftlich vom Elternhaus getrennt haben. Ausweislich der Haushaltsbescheinigung lebt das Kind seit seiner Geburt im Haushalts des Klägers. Ausländerrechtliche Beschränkungen haben für die Begründung eines steuerrechtlich beachtlichen Wohnsitzes keine Bedeutung (DA FamEstG Anh. 1, Anwendungserlass zu § 8 Abs. 1 S. 3 AO).
FG Köln 2 K 93/99, U. v. 10.06.99, EFG 1999, 1139, IBIS C1588 Ein Staatenloser ist hinsichtlich des Kindergeldanspruchs ab 1996 einem Deutschen gleichgestellt. Die entgegenstehende Rspr. des BSG ist aufgrund der Ausgestaltung des KG als Steuervergütung überholt. Der Auschluss aufenthaltsrechtlich nur geduldeter Ausländer durch § 62 EstG wird eingeschränkt durch zwischen- oder überstaatliches Recht (FG Düsseldorf 10 K 5596/97, U. v. 21.01.98).
Der Kläger ist staatenlos, dies wird durch den Reiseausweis dokumentiert. Der BFH hat zwar ausgeführt (BFH, B. v. 16.10.98 VI B 192/98, BFH/NV 1999/310), dass Staatenlose, die aufgrund des Staatenlosenübereinkommens als solche anerkannt seien, Deutschen gleichgestellt sind. Eine solche Anerkennung ist jedoch weder in dem Übereinkommen vorgesehen, noch wird sie vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge überhaupt ausgesprochen. Sie ist deshalb nicht Voraussetzung, um sich auf das Staatenlosenübereinkommen berufen zu können.
Art. 29 Staatenlosenübereinkommen stellt Staatenlose hinsichtlich der steuerlichen Lasten Inländern gleich. Der Kläger kann sich auf diese Vorschrift berufen, da das KG seit 1996 als Steuervergütung gezahlt wird. Art. 29 wird nicht (mehr) durch Art. 24 Staatenlosenübereinkommen eingeschränkt, wonach die Inländergleichbehanldung aufgrund besonderer innerstaatlicher Rechtsvorschriften bei Sozialleistungen eingeschränkt werden darf, die ausschließlich aus öff. Mitteln bestritten werden (so noch zum KG nach BKGG BSG 10 RKg 8/96 v. 03.12.1996).
BFH B. v. 16.10.98 VI B 192/98, BFH/NV 1999/310, IBIS C1600 Sachverhalt: Die Antragsteller reisten von Estland nach Deutschland ein und haben Asyl beantragt, über ihren Asylantrag ist noch nicht entschieden. Sie haben durch eine Bescheinigung des russischen Konsulats sowie durch einen im Rahmen ihres Asylverfahrens ergangenen Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge ihre Staatenlosigkeit nachgewiesen und eine Aufenthaltsbefugnis mit dem Vermerk der Staatenlosigkeit erhalten. Sie machen geltend, mit der formellen Auflösung der Sowjetunion sei auch ihre Staatsangehörigkeit erloschen, aus Art 31 Abs. 1 Staatenlosenübereinkommen folge, dass zu erwarten sei, dass sie und ihre Kinder auf Dauer in Deutschland bleiben werden.

Gründe: Ob die Entscheidung des BSG im Urteil v. 03.12.96 10 Rkg 8/96 - aufgrund Art. 24 Abs. 1 Buchst b ii StlÜbk (Übereinkommen über die Rechtsstellung der Staatenlosen) bestehe kein Anspruch auf Gleichbehandlung mit Inländern bei Leistungen, die ausschließlich aus öff. Mitteln bestritten werden, hierzu zählte das BSG auch das Kindergeld - nach der Neuregelung des Kindergeldes im Jahresteuergesetz 1996 noch zutrifft ist zweifelhaft und bedarf der Klärung im Hauptsacheverfahren. Wie sich aus § 31 EStG ergibt, wird das KG als Steuervergütung gezahlt und dient der steuerlichen Freistellung des Existenzminimums, und soweit es der Freistellung - wie bei der Klägerin - nicht bedarf, weil der Berechtigte keine Einkommenssteuern zahlt, der Förderung der Familie. Sieht man die Kindergeldvorschriften des EStG 1996 auch als Steuerentlastungsvorschrift an, so könnte nunmehr Art. 29 StlÜbk eingreifen (steuerechtliche Gleichbehandlung von Staatenlosen mit Inländern).


EuGH C-95/99 bis C-98/99, U.v. 11.10.01, IBIS C1665; InfAuslR 2001, 490, EZAR 831 Nr. 38 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1665.pdf

(vgl. auch die Parallelentscheidung des EuGH zum Erziehungsgeld EuGH C-180/99, U.v. 11.10.01, IBIS C1665)

Deutschland darf das Kindergeld für Staatenlose davon abhängig machen, dass diese über einen gefestigten Aufenthaltsstatus verfügen.
Der Antrag der Kläger, staatenlosen Kurden und Palästinenser aus dem Libanon, die nicht als Flüchtlinge anerkannt wurden, die nach deutschem Recht als Staatenlose anzusehen sind, wurde daher abgelehnt. Die Anwendung der EG VO 1408/71, die eine sozialrechtliche Inländergleichbehandlung von Wanderarbeitnehmern und ihren Familien vorschreibt und auch auf Flüchtlinge und Staatenlose anzuwenden ist, setzt voraus, dass der Arbeitnehmer innerhalb der EU gewandert ist. Sie gilt daher nicht für Flüchtlinge und Staatenlose, wenn diese unmittelbar aus einem Drittstaat eingereist sind und ihre Situation keinerlei Gemeinschaftsrechtsbezug aufweist.


  • Anmerkung: Anders zum seit 1996 geltenden steuerrechtlichen Kindergeld: FG Köln, U. v. 10.06.99, EFG 1999, 1139, IBIS C1588; BFH B. v. 16.10.98, BFH/NV 1999/310, IBIS C1600; sowie DA Kindergeld IBIS e.V. C1556, Nr. 62.4.2 (siehe oben)!


FG München 9 K 5246/00, U.v. 05.12.01, EFG 2002, 1314, IBIS C1758 (Revision anhängig, BFH VIII R 39/02). Palästinenser mit Aufenthaltsbefugnis und im Besitz eines UNWRA-Ausweises sind nicht schon allein deshalb kindergeldberechtigt, weil sie wegen Wegfalls des Schutzes der UNWRA nach Art 1D Abs. 2 GK "ipso fakto" Konventionsflüchtlinge sind. Erforderlich ist auch in diesem Falle ein Anerkennungsbescheid des BAFl oder die Vorlage einer entsprechenden gerichtlichen Entscheidung.

Ein Kindergeldanspruch aufgrund des Staatenlosenübereinkommen setzt die Anerkennung als Staatenloser voraus. Die verbindliche Feststellung über die Anerkennung als Staatenloser erfolgt mit Erteilung eines Reiseausweises nach Art 28 StlÜbk.


BFH III R 90/03, U.v. 25.10.07, www.bundesfinanzhof.de Kein Kindergeld nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge. Weder aus Art. 24 noch aus Art. 29 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Konvention) ergibt sich ein Anspruch auf Kindergeld.
BFH III R 60/99, U.v. 22.11.07, www.bundesfinanzhof.de Kein Kindergeld für Staatenlose nach Art. 24 oder Art. 29 Staatenlosenübereinkommen (Fortführung der Rspr. zu den gleichlautenden Bestimmungen der GFK); Verfassungsmäßigkeit des § 62 Abs. 2 EStG i.d.F. vom 13.12.06.



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