Brief Word


SGB VIII - Kinder- und Jugendhilfe



Yüklə 5,87 Mb.
səhifə88/137
tarix29.07.2018
ölçüsü5,87 Mb.
#61974
1   ...   84   85   86   87   88   89   90   91   ...   137

SGB VIII - Kinder- und Jugendhilfe




Anspruch von Ausländern, Inbobhutnahme, Kostenträgerschaft - §§ 6, 41, 89d SGB VIII



BT-Drs. 13/5876 v. 22.10.96, http://dip.bundestag.de/btd/13/058/1305876.pdf
Antwort der Bundes­regierung auf eine Anfrage der Grünen zu Kindergartenplätzen für Asylsuchende:

"Nach § 6 Abs. 2 SGB VIII können Ausländer Leistungen nur bean­spru­chen, wenn sie rechtmäßig oder aufgrund einer Duldung ihren gewöhnlichen Aufenthalt (g.A.) im In­land ha­ben. An­dererseits wird nicht vorausgesetzt, dass Ausländer im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis oder -berechtigung sein müssen. Daraus ergibt sich im Umkehr­schluss, dass ein g.A. nicht bereits deshalb ausge­schlos­sen wird, weil im Einzelfall nur eine Aufenthaltsgestattung erteilt wird. Das bedeutet, dass im Einzelfall auch Asylbe­werber ihren g.A. im Inland haben können und ih­ren Kin­dern der Rechtsanspruch auf einen Kin­dergartenplatz zu­stehen kann. Nach der Definition des g.A. in § 30 SGB I müssen Umstände erkennbar sein, dass der Auf­enthalt nicht nur vor­übergehend ist. Dies wird immer dann der Fall sein, wenn der Asylbewer­ber im Anschluss an sein Verfahren eine Duldung erhält. Dies wird ebenfalls dann anzuneh­men sein, wenn Asylbewerber in das landeseigene Vertei­lungs­verfahren kommen und infol­gedessen die Aufnahmeeinrichtung verlassen und einer Gemeinde für die Dauer des Asyl­ver­fahrens zugewiesen werden. In beiden Fällen ist ein g.A. anzunehmen mit der Folge, dass ein Rechtsan­spruch auf einen Kindergartenplätze besteht."


BVerwG 5 C 24.98 v. 24.06.99; NVWBl 2000, 87; ZFSH/SGB 2000, 110; EZAR 465 Nr. 1; NVwZ 2000, 325; FEVS 2000, 152, DÖV 2000, 204; DVBl 2000, 629; www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1484.pdf Zum Anspruch auf Leistungen nach SGB VIII (Heimerziehung) für Asylsuchende und Geduldete nach § 6 SGB VIII i.V.m. Art 1 und 2 Haager Minderjährungenschutzabkommen (Definition des gewöhnlichen Aufenthalts nach SGB VIII und nach MSA); zum Anspruch auf Inobutnahme nach § 42 SGB VIII; zum Anspruch auf Leistungen nach SGB VIII in Abgrenzung zu Leistungen nach dem AsylbLG sowie zum bundesweiten überregionalen Kostenausgleich für minderjährige Asylsuchende nach § 89d Abs. 2 SGB VIII.
Die klagende Stadt Hamburg hat Anspruch auf Erstattung der Kosten durch den vom Bundesverwaltungsamt gemäß § 89d Abs. 2 SGB VIII (Regelung zum bundesweiten Ausgleich der Kosten) zum Kostenträger bestimmten Landschaftsverband Westfalen-Lippe für die Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII sowie die Jugendhilfe als Heimerziehung/sonstige betreute Wohnform nach § 27ff./34 SGB VIII für einen alleinstehenden minderjährigen asylsuchenden Flüchtling aus der Türkei, der sich in Hamburg zunächst mit einer Duldung, später mit einer Aufenthaltsgestattung aufgehalten hat.
Bei den gewährten Leistungen handelt es sich nicht um Leistungen nach dem AsylbLG. Dem Erstattungsanspruch steht auch nicht entgegen, dass sich die Inobhutnahme über einen längeren Zeitraum von mehreren Monaten hingezogen hat. Auch § 44 AsylVfG (Pflicht der Länder zur Schaffung von Erstaufnahmeeinrichtungen für Asylbewerber) geht den Ansprüchen nach SGB VII nicht vor. Die Regelung in § 52 AsylVfG bewirkt, dass die Länder, die eine überproportionale Zahl unbegleiteter minderjähriger Asylsuchender aufgenommen haben, entsprechend weniger Asylsuchende im Rahmen der Verteilung nach der allgemeinen Aufnahmequote nach § 45 AsylVfG zugewiesen bekommen.
Der Hilfeempfänger kann auch nicht auf die vorrangige Inanspruchnahme von Leistungen nach dem BSHG oder dem AsylbLG verwiesen werden. Leistungsansprüche nach anderen Gesetzen bleiben gemäß § 9 Abs. 2 AsylbLG unberührt, hierzu gehören auch die Leistungen nach SGB VIII. Im Falle eines Anspruchs auf Leistungen nach BSHG führt § 10 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII zum gleichen Ergebnis. Dies wird bestätigt durch § 86 Abs. 7 SGB VIII. Dies bestätigt auch die Entstehungsgeschichte des § 89d SGB VIII (BT-Drs. 12/2866, S. 24) sowie die des § 6 SGB VIII (BT-Drs. 11/5948, S. 125).
Die Nachrangvorschrift des § 10 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII schließt auch im Hinblick auf das AsylbLG die Anwendung des SGB VIII nicht aus, da das AsylbLG keine der Jugendhilfe vergleichbare Leistungen vorhält. Dies hat den Gesetzgeber in der Begründung der Neufassung 1998 des § 89d SGB VIII zu der Feststellung veranlasst, eine Konkurrenz von Jugendhilfe und AsylbLG entfalle aufgrund des unterschiedlichen Leistungsinhalts (BT-Drs 13/10330, S. 20). Dafür, dass mit dem Leistungen nach § 6 AsylbLG die Gewährung von Jugendhilfe gemeint sein könnte, geben weder Wortlaut noch Entstehungsgeschichte von § 6 AsylbLG Anhaltspunkte. Das AsylbLG ist kein Erziehungsgesetz. Es ist auch kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber mit dem SGB VIII bewußt ein auch für jugendliche Asylbegehrende geltendes Erziehungsgesetz geschaffen hat, dessen Leistungen er mit dem AsylbLG wieder hat entziehen wollen. Das Gegenteil ergibt sich aus § 9 AsylbLG.
Die Frage des gewöhnlichen Aufenthaltes (g.A.) im Sinne von § 6 SGB VIII braucht nicht abschließend entschieden zu werden, weil der Hilfeempfänger aufgrund eines g.A. im Sinne Haager MSA Jugendhilfe beanspruchen konnte. Dieses Abkommen gehört zu den Regelungen, die gemäß § 6 Abs. 4 SGB VIII unberührt bleiben, d.h. die in § 6 SGB VIII normierten Voraussetzungen modifizieren. Zu den Maßnahmen nach Art 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 MSA gehören die Leistungen der Jugendhilfe. Der Begriff des g.A. im Sinne des MSA ist nicht identisch mit dem des § 6 SGB VIII, sondern im Interesse eine gleichmäßigen Anwendung in den Vertragsstaaten autonom auszulegen. Entsprechend Rechtsprechung und Literatur ist nach 6 Monaten von einem g.A. im Sinne des MSA auszugehen.
Für die Inobhutnahme kommt es nicht auf das Bestehen eines g.A. an, da die Inobhutnahme keine Leistung im Sinne von § 6 SGB VIII, sondern eine andere Aufgabe gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 SGB VIII ist. Die Voraussetzungen für die Inobhutnahme regeln nicht § 6, sondern lediglich § 42 Abs. 2 und 3 SGB VIII.
Soweit es das Jugendamt es versäumt hat, "unverzüglich" eine Entscheidung des Vormundschaftsgerichtes über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes herbeizuführen (§ 42 Abs. 2 Satz 4 SGB VIII), ist die Inobhutnahme ohne Rechtsgrundlage erfolgt, so dass insoweit kein Kostenerstattungsanspruch besteht. Unverzüglich bedeutet vorliegend nach Auffassung des BVerwG bei einer Inobhutnahme an einem Donnerstag den Antrag beim Vormundschaftsgericht spätestens am darauffolgenden Montag.


  • Anmerkung: vgl. auch die Vorinstanz zur o.g. Entscheidung des BVerwG: OVG NRW 16 A 3477/97 v. 27.8.98, ZfJ 1998, 467; NVWBl 1999, 114; IBIS e.V. C1490 mit ausführlicher Begründung und weitgehend demselben Ergebnis.


VG Stuttgart 8 K 4567/99, U.v.19.12.01, EZAR 465 Nr. 2; IBIS C1742 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1742.pdf Auch der Umstand, dass ein unbegleitet eingereister minderjähriger Ausländer über 16 Jahre nach § 12 AsylVfG rechtlich fähig ist, selbst einen wirksamen Asylantrag zu stellen, entbindet das Jugendamt nicht von der Pflicht, nach der Inobhutnahme unverzüglich, d.h. innerhalb von 3 Arbeitstagen, das Vormundschaftsgericht mit dem Ziel der Bestellung eines Vormunds einzuschalten. Es ist dann Aufgabe des Vormunds, sich um den Jugendlichen weiter zu kümmern, insbesondere dafür zu sorgen, dass die materiellen Lebensgrundlagen gesichert sind, etwa im Rahmen des BSHG oder des AsylbLG, dass eine Unterkunft bereitgestellt wird und dass, soweit erforderlich, die Versorgung des Jugendlichen auch im Übrigen sichergestellt wird, wozu u.a. auch die Einhaltung der Schulpflicht gehört. Auch die Frage, ob das Stellen eines Asylantrags dem Interesse des Betroffenen entspricht, ist Teil dieser Aufgabe. Stellt das Jugendamt den Antrag verspätet, geht ihm insoweit auch ein möglicher Erstattungsanspruch nach § 89 d SGB VIII verloren.
OVG Bremen 2 A 82/02, U.v. 18.06.03, FEVS 2004, 327. Kostenträger für Jugendhilfe. § 89b SGB VIII gilt für die Kostenerstattung bei Inobhutnahme eines Jugendlichen auch dann, wenn es sich um einen Asylsuchenden handelt. § 86 Abs. 7 SGB VII ist insoweit keine Sonderregelung für asylsuchende Jugendliche. Der Kostenerstattungsanspruch nach § 89b Abs. 1 SGB VII setzt eine unverzügliche Benachrichtigung des Personensorge- oder Erziehungsberechtigten oder ggf. des Vormundschaftsgerichts voraus.
BVerwG 5 C 63.03 v. 08.07.04, EZAR 87 Nr. 3, IBIS M6076, www.bverwg.de Eine Inobhutnahme von unbegleitet minderjährig eingereisten ausländischen Jugendlichen in einer Erstversorgungseinrichtung endet nicht schon mit der Vormundbestellung durch das Familiengericht. Beim bundesweiten Kostenerstattungsverfahren zum Ausgleich der regionalen Belastungen gemäß §§ 89 d, 89 f SGB VIII beschränkt sich die gerichtliche Kontrolle darauf ob die in der Erstversorgungseinrichtung gewährte Hilfe geboten war, dabei ist die Entscheidung über die individuell erforderlichen Hilfemaßnahmen vom erstattungsberechtigten Jugendhilfeträger in eigener Verantwortung zu treffen und daher dessen Einschätzung für den erstattungspflichtigen Träger maßgeblich.
VG Karlsruhe 5 K 281/04, U.v. 12.07.05, ZFSH/SGB 2005, 611 Zum Kostenerstattungsanspruch nach § 89d SGB VIII bei Unterbringung eines unbegleiteten minderjährigen Flüchtlings in einer Erstversorgungseinrichtung, zur Prüfung der Gesetzeskonformität der erbrachten Jugendhilfeleistung gemäß § 89f SGB VIII und zur Ausschlussfrist des § 111 Satz 1 SGB X.
OVG Lüneburg 4 LB 537/02, U.v. 28.01.04 www.dbovg.niedersachsen.de Zur örtlichen Zuständigkeit für die Jugendhilfe für das Kind einer geduldeten Mutter, die sich außerhalb des Zuweisungsbereichs nach AsylVfG beim Kindesvater (Art 6 GG) aufhält.

Hat das Jugendamt als Amtsvormund ein Kind, das im Bereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe geboren und in einem Krankenhaus im Bereich des Amtsvormunds stationär behandelt worden ist, nach Entlassung aus dem Krankenhaus auf seine Kosten in einer Einrichtung untergebracht, handelt es sich nicht um eine Inobhutnahme nach § 42, sondern um Heimerziehung nach §§ 27, 34 SGB VIII.

Der Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts der Mutter am Aufenthaltsort des Vaters steht die Wohnsitzauflage in der ihr und dem Kind erteilten Duldung für einen anderen Ort nicht entgegen, da der Wunsch der Eltern, zusammenzuleben und das Kind nach Entlassung aus dem Krankenhaus bei sich aufzunehmen, unter dem Schutz des Art. 6 GG steht. Die spätere Umverteilung von Mutter und Kind an den Aufenthaltsort des Vaters hat nur formale Bedeutung.

Hat der Amtsvormund einen Asylantrag für das Kind gestellt, hat § 86 Abs. 7 SGB VIII an der örtlichen Zuständigkeit des Jugendhilfeträgers, in dessen Bereich Mutter und Vater vor Beginn der Leistung ihren gewöhnlichen Aufenthalt gehabt haben, nichts geändert, da das Kind weder verteilt noch einem anderen Ort zugewiesen wurde. Bei der Bestimmung des tatsächlichen Aufenthalts des asylsuchenden Kindes vor Beginn der Leistung ist zu berücksichtigen, dass es nach der Geburt seinen tatsächlichen Aufenthalt bei seiner Mutter gehabt und diesen während des nur vorübergehenden Krankenhausaufenthalts beibehalten hat.


VG Saarland 10 F 2/06, B.v. 30.01.06, in "Das Jugendamt" (Fachzeitschrift) 2007, 159, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2435.pdf bestätigt durch OVG Saarland 3 W 3/06, B.v. 24.04.06 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2436.pdf.

Anspruch auf Leistungen der Jugendhilfe nach § 6 Abs. 2 SGB VIII i.V.m. § 35a SGB VIII für ein geduldetes Kind mit einer seelischen Behinderung für eine ambulante Autismusbehandlung. Der Anspruch nach dem SGB VIII ist nicht durch die §§ 9 AsylbLG oder § 23 Abs. 2 SGB XII ausgeschlossen.


BVerwG 5 C 24.05, U.v. 29.06.06 www.bverwg.de/media/archive/3989.pdf Überregionale Kostenerstattung nach § 89d SGB VIII für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge auch bei fehlerhafter Alterseinstufung. Leitsatz: "Kommt es für die Gewährung von Jugendhilfe auf das Alter einer Person an, entspricht die Aufgabenerfüllung i.S.d. § 89f Abs. 1 SGB VIII den Vorschriften des Gesetzes, wenn der Hilfe leistende Jugendhilfeträger im Zeitpunkt der Hilfegewährung davon ausgehen konnte, dass die an das Alter einer Person anknüpfenden Voraussetzungen der Aufgabenerfüllung (noch) vorlagen, und davon auszugehen ist, dass auch der auf Erstattung in Anspruch genommene Jugendhilfeträger bei der zum Zeitpunkt der Leistungsgewährung gegebenen Erkenntnislage die Leistung gewährt hätte."
VG Berlin 20 L 331/10, B.v. 18.04.11 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2567.pdf Ein vor Vollendung des 18. Lebensjahres unbegleitet nach Deutschland eingereister (minderjähriger) Ausländer, der weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland hat und von der Jugendhilfe in Obhut zu nehmen und vorläufig unterzubringen ist, unterfällt nicht dem bundesweiten Verteilungsverfahren gemäß §§ 45 f. AsylVfG. Eine gleichwohl erfolgte ihm gegenüber ergangene Weiterleitungsanordnung ist rechtswidrig.

Das Verteilungssystem der §§ 45 f. AsylVfG findet nur Anwendung auf Asylsuchende, die den Asylantrag gemäß § 14 Abs. 1 AsylVfG bei einer Außenstelle des BAMF zu stellen haben. Nur diese Ausländer trifft die Pflicht, in der zuständigen Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, wie § 47 Abs. 1 AsylVfG ausdrücklich klarstellt. Demgegenüber ändert sich für minderjährige bzw in Obhut genommene jugendliche Asylsuchende, für die gemäß § 14 Abs. 2 AsylVfG das BAMF zuständig ist, an ihrer aufenthaltsrechtlichen Situation nichts; ihre Aufenthaltsgestattung ist nach § 56 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, in dem sie sich aufhalten.




Abgrenzung § 6 AsylbLG - Hilfen nach SGB VIII



OVG Münster 12 B 308/04, B.v. 30.04.04, www.ovg.nrw.de Muss ein Kind in einer Pflegefamilie untergebracht werden, weil die Eltern mit Pflege und Erziehung des behinderten Kindes überfordert waren, handelt es sich nach Ursache und Zweck der Leistung nicht um Eingliederungshilfe nach BSHG oder AsylbLG, sonder um Hilfe zur Erziehung nach SGB VIII (Vollzeitpflege §§ 27, 33, Heimerziehung §§ 27, 34 SGB VIII).

Der Antragsgegner (die Stadt B.) macht geltend, maßgeblich für die örtliche Zuständigkeit sei der tatsächliche Aufenthalt der Antragstellerin in dem Zeitpunkt, in dem ihre durch Leistungen nach § 6 AsylbLG zu behebende Notlage eingetreten sei, nämlich der Tag, an dem sie in die Pflegefamilie aufgenommen worden sei. Zu diesem Zeitpunkt habe die Antragstellerin ihren tatsächlichen Aufenthalt im Gebiet der Stadt X. gehabt. Vor dem Umzug nach X. habe im Hinblick auf die Pflegestelle noch kein Bedarf bestanden.

Entscheidend ist nach § 10a Abs. 1 Satz 2 AsylbLG nicht, ob ein Bedarf für die Zeit nach einer Ortsveränderung geltend gemacht wird, sondern ob er seiner Eigenart nach bereits am Ort des bisherigen Aufenthalts gegenwärtig war oder ob der Grundsatz der Effektivität der Sozialhilfe bzw. Hilfe nach AsylbLG ein Festhalten des Hilfeträgers an seiner Zuständigkeit erfordert (vgl. BVerwG 5 C 21.97, U.v. 22.12.98).

Bei Anwendung dieser Kriterien ergibt sich, dass im Hinblick auf die Unterbringung in einer Pflegefamilie wegen der Eigenart dieses Bedarfs zu einer Zeit, zu der sich die Antragstellerin noch im Bereich des Antragsgegners tatsächlich aufgehalten hat, eine gegenwärtige Notlage bestanden hat. Die Kinderklinik B. hatte dem Pfleger der Antragstellerin mitgeteilt, die Akutversorgung sei abgeschlossen, die inzwischen gefundenen Pflegeeltern bereit, das Kind nach Hause zu nehmen.

Wegen der Betreuung in der Übergangszeit mag die Maßnahme längstens bis zum 30.04.04 als Leistung nach § 6 AsylbLG eingeordnet werden können. Auf Dauer jedenfalls handelt es sich bei der Unterbringung bei den Eheleuten T. um Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege gemäß §§ 27, 33 SGB VIII (vgl. zur Konkurrenz zwischen AsylbLG und Jugendhilfe Wiesner, SGB VIII, 2. A. 2000, § 10 Rn 39)

Die Regelung über Vor- bzw. Nachrang zwischen Jugendhilfe und der Sozialhilfe/AsylbLG setzt voraus, dass sowohl ein Anspruch auf Jugendhilfe als auch ein Anspruch auf Sozialhilfe/AsylbLG-Leistungen besteht und beide Leistungen gleichartig, einander überschneidend oder deckungsgleich sind (BVerwG 5 C 26.98, U.v. 23.09.99). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Die Unterbringung bei den Eheleuten T. dürfte ausschließlich der Hilfe zur Erziehung nach §§ 27, 33 SGB VIII zuzuordnen sein. Die Ursache für die Betreuung der Antragstellerin in einer Pflegefamilie liegt nicht in ihren Behinderungen, sondern der Unfähigkeit ihrer Eltern, ihr eine ihrem Wohl entsprechende Erziehung zuteil werden zu lassen.

Der Hilfe zur Erziehung dürfte schließlich nicht entgegenstehen, dass die nach SGB VIII leistungsberechtigte Mutter der Antragstellerin, die die elterliche Sorge hat, und die Antragstellerin (das Kind) selbst Ausländer sind. Denn nach § 6 Abs. 2 SGB VIII können Ausländer Leistungen nach diesem Buch beanspruchen, wenn sie rechtmäßig oder aufgrund einer Duldung ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben. Das trifft auf die Mutter zu. Sie verfügt über eine Duldung und hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt in C. Da sie bereits seit 1991 im Bundesgebiet gemeldet ist, kann nicht zweifelhaft sein, dass sie in C. nicht nur vorübergehend verweilt (vgl. § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I). Auch die Antragstellerin selbst hat nach § 6 Abs. 4 SGB VIII in Verbindung mit Art. 2 des Haager Übereinkommens vom 05.10.61 über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen Anspruch auf Leistungen der Jugendhilfe, weil sie jedenfalls nach Ablauf von 6 Monaten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat.
VG Saarland 10 F 2/06, B.v. 30.01.06, in "Das Jugendamt" (Fachzeitschrift) 2007, 159, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2435.pdf bestätigt durch OVG Saarland 3 W 3/06, B.v. 24.04.06 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2436.pdf.

Anspruch auf Leistungen der Jugendhilfe nach § 6 Abs. 2 SGB VIII i.V.m. § 35a SGB VIII für ein geduldetes Kind mit einer seelischen Behinderung für eine ambulante Autismusbehandlung. Der Anspruch nach dem SGB VIII ist nicht durch die §§ 9 AsylbLG oder § 23 Abs. 2 SGB XII ausgeschlossen.


LSG Bayern L 8 SO 316/14 B ER, B.v. 21.01.15 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2668.pdf Kosten der Individualbegleitung für autistisch behindertes AsylbLG-berechtigtes Kind nach § 35a SGB VIII. Beim Besuch einer schulvorbereitenden Einrichtung und einer daran angeschlossenen Tagesstätte handelt es sich nicht um eine Maßnahme der Frühförderung iS des § 64 SGAG Bayern, sondern um eine Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung, für deren Gewährung im Falle eines von einer seelischen Behinderung bedrohten Kindes gemäß §§ 10 Abs. 4 Satz 1, 35a Abs. 2, 85 Abs. 1 SGB VIII die Jugendhilfe zuständig ist. § 9 AsylbLG schließt eine Leistung der Jugendhilfe (hier: Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche) nicht ausgeschlossen, diese ist vielmehr vorrangig gegenüber dem AsylbLG, ein Verweis auf § 6 AsylbLG ist daher unzulässig.

Kindergartenplatz und Kindergartenbeitrag, §§ 24, 90 SGB VIII



VG Lüneburg 4 B 6/98 v. 17.03.98, GK AsylbLG § 9 Abs. 2 VG Nr. 1; www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1367.pdf Anspruch auf vollständige Übernahme des Elternbeitrages von 60.- DM/Monat für den Besuch eines Kinderspielkreises einer ev. Kirche durch den örtlichen Träger der Jugendhilfe (Jugendamt) gemäß § 6 Abs. 2, § 90 Abs. 3 SGB VIII / KJHG aus Jugendhilfemitteln.
Die Antragsteller sind geduldete Kurden aus dem Libanon und leben seit Sept. 1990 in Deutschland. Nach Ablehnung des Asylantrages im Okt. 1990 erhielten sie fortlaufend Duldungen. Die Familie lebt mit neun Kindern von laufenden Leistungen nach AsylbLG.
Die Antragsteller machten geltend, dass sie vom Libanon keine Ausweispapiere erhalten und somit nicht aus­reisen könnten. Auch ausländische Kinder hätten mit Vollendung des 3. Lebensjahres eine Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz. Eine Entscheidung im Eilverfahren sei erforderlich, weil Entwicklungsver­zögerungen im sprachli­chen, kognitiven und sozialen Bereich zu befürchten seinen, zumal das Kind inzwischen den Spielkreis nicht mehr be­suchen darf, auch sei inzwischen vom Kirchenkreisamt der Erlass eines Mahnbescheides wegen der rückständigen Beiträge angekündigt worden.
Das Jugendamt lehnte unter Verweis auf § 6 Abs. 2 SGB VIII die Übernahme des Elternbeitrages von 60.- DM mtl. ab, weil die Antragsteller keinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hätten. Außerdem würde das Kind erst in drei Jahren eingeschult, so dass es für eine eventuelle Integration völlig ausreichend sei, wenn es zwei Jahre vor Schulbeginn mit dem Kindergartenbesuch anfange. Das Kind könne auch in sprachlicher Hinsicht zu Hause durch seine älteren Geschwister gefördert werden. Da ggf. nur ein vorübergehender Aufenthalt zu erwarten sei, könne der zur Integration in Deutschland beabsichtige Kindergartenbesuch nicht den vom Gesetz vorgegebenen Zweck erfüllen und sei nicht sinnvoll. Darüber hinaus gehöre der Kindergartenbesuch nicht zu den Schutzmaßnahmen zur Gefahrenabwehr für das Kindeswohl und setze hinsichtlich der pädago­gischen Geeignetheit eine gewisse zeitlich kontinuierliche Inanspruchnahme voraus.
Entscheidungsgründe: Der Kinderspielkreis ist eine Tageseinrichtung für Kinder, auf deren Besuch ein Kind ab vollen­deten dritten Lebensjahr bis zum Schuleintritt einen Rechtsanspruch hat (§§ 24, 26 SGB VIII i.V.m. § 1, 12 KiTaG Niedersachsen). Auch die finanzielle Lage der Familie ist ganz offensichtlich nicht so, dass es ihr zuzumuten ist, den monatlichen Beitrag von 60.- zu tragen. Sind die genannten beiden Voraussetzungen er­füllt, ist das Ermessen des Trägers der Jugendhilfe bei seiner Entscheidung dahin gebunden, dass er nur in besonderen, atypischen Fällen die Übernahme des Beitrags ablehnen darf (Hauck, SGB VIII, § 90 Rn 19). Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben.
Die Antragsteller und ihr Kind haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland (§ 6 Abs. 2 SGB VIII). Ein zeitli­cher Rahmen, wann ein Verweilen "nicht nur vorübergehend" ist, ergibt sich nach dem Umständen im Einzel­fall (Hauck aaO, § 6 Rn 29). Es ist nicht absehbar, dass die Antragsteller und mit ihnen das in Deutschland geborene Kind in den Libanon zurückkehren, da sie nach den absehbar herrschenden politischen Verhält­nissen keine Einreisepapiere von dort erhal­ten.
Sind die Antragsteller somit anspruchsberechtigt gemäß § 6 Abs. 2 SGB VIII, dann ist es grundsätzlich recht­lich unzu­lässig, dass der Träger der Jugendhilfe im Rahmen von Ermessensabwägungen bei der Prüfung ei­nes konkreten Anspruchs dieselben Umstände wie bei § 6 Abs. 2 SGB VIII berücksichtigt und diese zur Begründung seiner Ablehnung heranzieht. Weiter ist es rechtlich nicht haltbar, dass der Träger der Jugend­hilfe entgegen der gesetzlichen Regelung eine eigene Wertung vornimmt, ab Erreichen welchen Alters der Besuch einer Tageseinrichtung angebracht ist und folglich durch Übernahme des Elternbeitrages gefördert wird.
Ein Anordnungsgrund ist gegeben, weil zu erwarten ist, dass das Kind zum Kinderspielkreis nicht wieder zuge­las­sen wird, wenn die Beiträge nicht gezahlt werden und ihm dadurch in seiner Entwicklung Nachteile ent­stünden, die nicht hinzunehmen sind, weil sie bei einem Obsiegen im Hauptsacheverfahren nicht oder nur schwer ausgegli­chen werden könnten. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 188 VwGO).

OVG Lüneburg 4 L 2968/99, U.v. 07.03.00, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2072.pdf

Ein Kind, das eine Duldung erhalten hat, kann auch dann einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und damit auf Übernahme von Kindergartenbeiträgen nach § 90 SGB VIII auch dann, wenn es nur eine Duldung nach § 55 AuslG besitzt undzwar nicht abgeschoben werden kann, aber freiwillig ausreisen könnte.


Anmerkung:

  • BT-Drs. 13/5876 vom 22.10.1996, Antwort auf eine kleine Anfrage der Grünen "Kindergartenplätze für Asylbewerber", www.dip.bundestag.de/btd/13/058/1305876.pdf. Ein gewöhnlicher Aufenthalt i.S.d. § 6 Abs. 2 SGB VIII ist nach Auffassung der Bundesregierung bei Asylbewerbern nach Verlassen der Erstaufnahmeeinrichtung anzunehmen, woraus sich ein Anspruch auf Jugendhilfe für einen Kindergartenplatz ergibt

  • Rechtsgutachten des Deutschen Instituts für Jugend- und Familienrecht v. 08.10.06 in "Das Jugendamt" (Fachzeitschrift) 2006, 498 zum Anspruch auf Jugendhilfeleistungen für geduldete Kinder. Der zusätzliche Nachweis einer besonderen pädagogischen Notwendigkeit ist für den Anspruch geduldeter Kinder auf einen Kindergartenplatz nicht erforderlich.


Literatur:

Huber, B. Kinderflüchtlinge - Flüchtlingskinder. Ein Beitrag zur Rechtsstellung minderjähriger un­be­glei­te­ter Flüchtlinge nach dem AuslG, dem KJHG und der UN-Kinderkonvention. Osnabrück 1991. Hrsg. u. Be­stelladresse: terre des Hommes, Postfach 4126, 49031 Osnabrück, FAX 0541/707233

Schnapka, M. Von gewöhnlichem und ungewöhnlichem Aufenthalt. Junge Flüchtlinge dürfen nicht aus der Ju­gendhilfe ausge­schlossen werden! ZfJ 1994, 27

Zieger, M. + Koehn, A. Können junge Asylbewerber Lei­stungen der Ju­gendhilfe beanspruchen? InfAuslR 1994, 364.

Kunkel, P-C. Inwieweit sind AsylbLG und KJHG auf junge Asyl­bewerber anwendbar? ZfJ 9/94, 369.

Kunkel, P-C. , Jugendhilfe für minderjährige Asylbewerber? in Barwig, K., Sozialer Schutz von Ausländern in Deutschland (Hohenheimer Tage zum Aus­länderrecht 1996), Nomos Baden-Baden 1997.

Jockenhövel-Schiecke, H., ausländische Ju­gendliche in Einrichtungen der Jugendhilfe, in Dokumentation der Fachtagung "Fremdunterbringung ausländi­scher Jugendli­cher", Hrsg. Weiss, K. & Rieker, P., Fachhochschule Potsdam, Waxmann Verlag Münster 1988

Jockenhövel-Schiecke, H., Schutz für unbegleitete Flüchtlingskinder: Rechtsgrundlagen und gegenwärtige Praxis, ZAR 1998, 165.


Yüklə 5,87 Mb.

Dostları ilə paylaş:
1   ...   84   85   86   87   88   89   90   91   ...   137




Verilənlər bazası müəlliflik hüququ ilə müdafiə olunur ©muhaz.org 2024
rəhbərliyinə müraciət

gir | qeydiyyatdan keç
    Ana səhifə


yükləyin