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§ 12 AuslG - rückwirkender Aufenthaltstitel zwecks Durchsetzung von Sozialleistungsansprüchen



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§ 12 AuslG - rückwirkender Aufenthaltstitel zwecks Durchsetzung von Sozialleistungsansprüchen



VG Karlsruhe 10 K 2675/96 v. 28.1.98, IBIS C1365, InfAuslR 1998, 266, mit Anmerkung Blechinger: Eine Verpflichtungsklage auf rückwirkende Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ist möglich, wenn ein Aufenthaltstitel erstrebt wird, der dem Kläger im Hinblick auf die Verfestigung seines Aufenthaltes sowie hinsichtlich sozialrechtlicher Ansprüche gegenüber dem erteilten Aufenthaltsrecht eine weitergehende Rechtsposition vermittelt. Dem Kläger ging es wegen seiner Ansprüche auf Kinder- und Erziehungsgeld um die rückwirkende Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ab Antragstellung bei der zuständigen Ausländerbehörde.
VGH Ba-Wü 11 S 741/98 v. 25.8.98, IBIS C1393, InfAuslR 1998, 485 bestätigt die o.g. Entscheidung des VG Karlsruhe. Nach höchstrichterlicher Rspr. kommt die rückwirkende Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis in Betracht, um den Aufenthalt des Ausländers für eine vergangene Zeit zu legalisieren (BVerwG, NVwZ 1996, 168 = InfAuslR 1996, 168); sie kommt ebenso in Betracht, um dem Ausländer damit für einen zurückliegenden Zeitraum einen gegenüber der ihm erteilten Aufenthaltsbefugnis günstigeren Aufenthaltstitel zu verschaffen (BVerwG, InfAuslR 1998, 191). Der assoziationsrechtlich begründete - eigenständige - Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis wird auch nicht verdrängt, wenn der betreffende türkische Arbeitnehmer im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis ist (BVerwG, NVwZ 1995, 1131/1133).
VGH Ba-Wü 7 S 2505/99, B.v. 17.12.99, GK AsylbLG § 2 Abs. 3 VGH Nr. 2 Der Antragsteller ist Flüchtling im Sinne der GK, Ehefrau und Kinder im Besitz von Duldungen. Der Antrag, Ehefrau und Kinder anstelle der Leistungen nach §§ 3-7 AsylbLG Leistungen nach dem BSHG zu gewähren, wird vom VGH abgelehnt (wird ausgeführt, siehe bei Entscheidungen zu § 2 Abs. 2 AsylbLG).
Die Antragsteller sind auf das anhängige ausländerrechtliche Verfahren zu verweisen, auch wenn die Rechtsposition des § 31 AuslG wegen Art 6 GG einem Rechtsanspruch nahekommt (vgl. BVerwG, NVwZ 1995, 391 (393) und Hinweis auf OVG NRW, NVwZ 1994, 602 (604); VGH Ba-Wü 13 S 3121/96, U.v. 17.12.1998). Wenn die Antragsteller im ausländerrechtlichen Verfahren erfolgreich sind, käme, wenn die Aufenhaltsbefugnis rückwirkend erteilt würde, auch die nachträgliche Bewilligung von Sozialhilfe in Betracht, wenn die sonstigen Leistungsvorausetzungen gegeben sind.


  • Anmerkung: Vgl. zum Anspruch auf rückwirkende Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, wenn der Ausländer hieran ein schutzwürdiges Interesse hat, BVerwG, InfAuslR 1999, 70, sowie VG München, InfAuslR 1999, 223.


BVerfG 2 BvR 2207/10 B.v. 22.05.12, InfAuslR 2012, 317 www.bverfg.de/entscheidungen/rk20120522_2bvr082011.html Bewilligung von PKH für eine Klage auf rückwirkende Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.

Nach der Rspr des BVerwG kann Aufenthaltstitel auch für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum nach Antragstellung beansprucht werden, wenn der Ausländer hieran ein schutzwürdiges Interesse hat, insbesondere wenn die rückwirkende Aufenthaltserlaubnis für die weitere aufenthaltsrechtliche Stellung des Ausländers erheblich sein kann (BVerwG 29.09.98 - 1 C 14/97, 09.06.09 - 1 C 7/08, 26.10.10 - 1 C 19/09,11.01.11 - 1 C 22.09). Die Rspr. zur Frage der möglichen Erheblichkeit für die weitere aufenthaltsrechtliche Stellung ist uneinheitlich (OVG HH 23.11.09 - 3 Bf 111/08.Z; VGH BW, 08.11.10 - 11 S 1873/10).

Indem das OVG SN 10.03.11 - 3 D 196/10 die Rechtsfrage gleichwohl bereits im Prozesskostenhilfeverfahren zum Nachteil des Beschwerdeführers beantwortet hat, hat es diesem den chancengleichen Zugang zum gesetzlich vorgesehenen Weg der Klärung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) verwehrt. Damit hat das OVG SN die Bedeutung der in Art. 3 Abs. 1 iVm Art. 20 Abs. 3 GG verbürgten Rechtsschutzgleichheit verkannt und den Zweck der Prozesskostenhilfe und das mit ihr verfolgte Ziel der Rechtsschutzgleichheit deutlich verfehlt.


§ 12 AufenthG, §§ 12, 14 AuslG - Wohnsitzauflage



VG Osnabrück 5 A 193/99, Urteil v. 24.11.99, InfAuslR 2000, 140 Die Beschränkung der Wohnsitznahme auf einen Landkreis als Auflage zur Aufenthaltsbefugnis anerkannter Flüchtlinge, die auf Sozialhilfe angewiesen sind, ist zum Zweck der gleichmäßigen Verteilung von Sozialhilfelasten zulässig, da kein milderes Mittel zur Verfügung steht. Dies verstößt nicht gegen Art. 26 GK, da es gemäß dem Runderlass des niedersächsischen Innenministeriums der allgemeinen Praxis bei geduldeten sowie bei nicht als Flüchtlinge anerkannten auf Sozialhilfe angewiesenen Ausländern mit Aufenthaltsbefugnis entspricht.

Ebenso VG Osnabrück 5 A 447/99/Lü v. 16.2.00, IBIS R6158


Anmerkungen: mildere Mittel stehen sowohl mit dem gesetzlichen Kostenausgleich nach § 107 BSHG für die Dauer von zwei Jahren als auch mit der Möglichkeit darüber hinaus gehender Vereinbarungen der Sozialhilfeträger untereinander zum Kostenausgleich zur Verfügung. Das AuslG sieht - im Unterschied zur Duldung und zur Aufenthaltsgestattung sowie zur Aufenthaltsbefugnis nach § 32a - bei der Aufenthaltsbefugnis nach § 30 keine regelmäßige örtliche Beschränkung vor, eine solche Beschränkung entspricht weder der Rechtslage noch der "allgemeinen" Praxis und ist ein klarer Verstoß gegen Art 26 GK sowie gegen weitere internationale Vereinbarungen und Konventionen.
VG Aachen 2 L 1166/99 v. 18.11.99, InfAuslR 2000, 85; GK AsylbLG §120 Abs. 5 VG Nr. 10, IBIS C1488 Anspruch auf Sozialhilfe für Konventionsflüchtlinge in einem anderen Bundesland gemäß Art 23 GK sowie Art 1 EFA i.V.m. Art. 1 und 2 Zusatzprotokoll zum EFA. Dem Anspruch stehen weder die Auflage "Wohnsitz im Land Niedersachsen zu nehmen" noch § 120 Abs. 5 BSHG entgegen. Dieselben Gründe, die gegen die Beschränkung des Sozialhilfeanspruchs auf Niedersachsen sprechen, stehen auch der (sozialhilferechtlichen) Wirksamkeit der Wohnsitzauflage entgegen. Die Antragsteller haben daher auch bei Verstoß gegen die ausländerrechtlichen Wohnsitzauflage entgegen § 120 Abs. 5 BSHG Anspruch auf Sozialhilfe am tatsächlichen (neuen) Aufenthaltsort, den das als örtlich zuständiges Sozialamt gemäß § 97 BSHG leisten muss.
VG Ansbach AN 14 E 00.00044 vom 14.02.2000, InfAuslR 2000, 298; IBIS C1524 Anspruch auf Sozialhilfe für einen in Sachsen anerkannten Konventionsflüchtling, der nach Bayern ungezogen ist, gemäß EFA und dem Zusatzprotokoll zu. Die von der Stadt P. (Sachsen) verfügte Auflage, Wohnsitz im Freistaat Sachsen zu nehmen, ist infolge Widerspruchseinlegung nicht vollziehbar (§ 80 Abs. 1 VwGO).
VG Dessau 3 B 16/00 DE v. 28.02.00, Asylmagazin 5/2000, 33 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/R6003.pdf Sachverhalt: Der als Konventionsflüchtling anerkannte Antragsteller (!) wurde nach seiner Anerkennung und Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis vom Landkreis Bitterfeld unter Anordnung der sofortigen Vollziehung in den Landkreis Wittenberg umverteilt. Zur Begründung dieser Zuweisung wurde auf § 1 Abs. 1 und 3 Landesaufnahmegesetz Sachsen-Anhalt verwiesen. Gemäß dieser Bestimmung sei ein Ausgleich der Überqoute von anerkannten Konventionsflüchtlingen durch Verteilung auf andere Landkreise bzw. kreisfreie Städte herzustellen. Da der Antragsteller in Bitterfeld weder Wohnung noch Arbeit habe und auch in der Gemeinschaftsunterkunft im Kreis Wittenberg Kontakte zu Landsleuten möglich seien, überwiege das öffentliche Interesse an der quotengerechten Verteilung von nach § 51 AuslG anerkannten Flüchtlingen. Sofortvollzug sei geboten, weil nicht hingenommen werden können, dass durch die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs die quotengerechte Verteilung nicht umgesetzt und der gesetzliche Auftrag nicht erfüllt werden könne. Ein weiterer Verbleib würde zu erhöhten finanziellen Belastungen für den Landkreis Bitterfeld führen.
Der Antragsteller macht geltend, dass das Landesaufnahmegesetz gegen vorrangiges Bundes- und Europarecht verstößt (§ 53 AsylVfG, Art. 26 GK und Art 2 ZP 4 zur EMRK). Seine Freizügigkeit dürfe keinen anderen Einschränkungen unterworfen werden als denen, die gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen oder öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, der Verhütung von Straftaten, des Schutzes der Gesundheit und der Moral und des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer notwendig seien. Da von ihm keinerlei konkrete Gefährdung der genannten Rechtsgüter ausgingen, sei die Beschränkung der Wohnsitznahme rechtswidrig.
Gründe: Das Gericht hat die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die "Zuweisung" wieder hergestellt. Zweifelhaft erscheint bereits, ob der Antragsgegner eine dem Ausnahmecharakter des Sofortvollzugs Rechnung tragende Begründung (§ 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO) abgegeben hat. Von dem Begründungserfordernis darf nur unter den Voraussetzungen des § 80 Abs. 3 Satz 2 VwGO, also bei sog. Notstandsmaßnahmen - die hier ersichtlich nicht vorliegen - abgesehen werden. Die Anordnung wurde allein auf fiskalische Interessen gestützt, der Anordnung lässt sich jedoch nicht entnehmen, von welchem Gewicht die angeführten fiskalischen Interessen sind. Einen Sofortvollzug können jedoch nur besonders gewichtige fiskalische Interessen rechtfertigen (OVG Nds, DVBl 1986, 1112, 1116, Kopp/Schenke, VwGO, § 80 Rn 99). Letztlich bedarf es aber keiner abschließenden Entscheidung darüber, weil jedenfalls gegen die Zuweisung durchgreifende rechtliche Bedenken bestehen.
Die Bestimmungen des Landesaufnahmegesetzes kommen nicht als Rechtsgrundlage für die Zuweisung in Betracht, denn sie regeln ausschließlich das Verhältnis zwischen dem Land und den Kreisen bzw. kreisfreien Städten. Unter welchen Voraussetzungen Personen zur Aufnahme zugewiesen werden können, richtet sich allein nach den die Rechtsstellung des jeweiligen Personenkreises regelnden Spezialgesetzen, insbesondere dem AuslG und dem AsylVfG. Im Fall des rechtskräftig nach § 51 Abs. 1 AuslG anerkannten Antragstellers kommt als Rechtsgrundlage nur das AuslG in Frage. Gemäß § 12 Abs. 1 AuslG wird die Aufenthaltsgenehmigung grundsätzlich für das gesamte Bundesgebiet erteilt. Zwar kann die Aufenthaltsgenehmigung auch nachträglich räumlich beschränkt werden. Fraglich ist aber bereits, ob die Zuweisung nach Wittenberg als räumliche Beschränkung im Sinne des § 12 AuslG zu werten ist. Denn unter einer räumlichen Beschränkung ist regelmäßig eine zur Aufenthaltsgenehmigung hinzutretende Anordnung zu verstehen, mit der der Ausländer aus Gründen, die in seiner Person oder seinem Verhalten oder den besonderen örtlichen Verhältnissen (z.B. Grenz- oder Notstandsgebiete, übermäßige Ansammlung von Ausländern) liegen, verboten wird, sich außerhalb des Teils des Bundesgebietes aufzuhalten, auf das der Aufenthalt beschränkt wird (vgl. Hailbronner, AuslR, § 12 Rn 5a, 6). So dürfte der Fall hier nicht liegen, vielmehr dürfte lediglich eine Wohnsitzänderung angeordnet worden sein.
Die rechtlichen Bedenken der Kammer gegen die Zuweisung bestehen selbst dann weiterhin, wenn die Zuweisung einer räumlichen Beschränkung des Aufenthalts (§ 12 AuslG) gleichkommen oder als Auflage zur Aufenthaltsbefugnis (§ 14 AuslG) verfügt worden sein sollte. Denn dann hätte der Antragsgegner in rechtswidriger Weise die mit dem Aufenthaltsstatus des Antragstellers einhergehenden Rechte völlig unberücksichtigt gelassen. Gemäß § 53 AsylVfG endet eine Verpflichtung, in einer Gemeinschaftsunterkunft zu wohnen, wenn wie hier ein Gericht festgestellt hat, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen. Des weiteren hat nach Art. 26 GK und Art. 2 Abs. 1 des Protokolls Nr. 4 zur EMRK der anerkannte Flüchtling grundsätzlich das Recht, sich innerhalb des Bundesgebietes ohne räumliche Beschränkung aufzuhalten und seinen Wohnsitz frei zu wählen. Aus der GK ergibt sich darüber hinaus, dass Beschränkungen des Aufenthaltsrechts ausschließlich auf Grundlage der Bestimmungen des AuslG zulässig sind, weil nur so dem Grundsatz, dass den räumlichen Aufenthalts beschränkende Bestimmungen allgemein für Ausländer unter den gleichen Bestimmungen Anwendung finden müssen, Rechnung zu tragen ist, woraus ein mittelbares Verbot für den Landesgesetzgeber folgt, weitere Beschränkungen zu regeln. Ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass das AuslG keine Bestimmungen enthält, nach denen der Landesgesetzgeber ermächtigt wird, weitere räumliche Beschränkungen zu regeln.
VG Dresden 14 K 1684/00, B.v. 16.01.01, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/R9932.pdf

Die Ausländerbehörde wird im Wege von § 80 Abs. 5 S. 3 VwGO verpflichtet, im Reiseausweis des Antragstellers bis zur Bestandskraft der Wohnsitzauflage zu vermerken, dass die Wohnsitzauflage "Wohnsitznahme im Freistaat Sachsen" wegen eines anhängigen Rechtsbehelfsverfahrens derzeit nicht vollziehbar ist.


Es bedarf im vorliegenden Fall zwar keiner Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, da diese bereits kraft Gesetzes die Wohnsitzauflage suspendiert. Das Gericht hat jedoch vorläufigen Rechtschutz zu gewähren, weil an die Wohnsitzauflage bereits nachteilige rechtliche Wirkungen geknüpft werden, ohne dass hierfür eine rechtliche Grundlage besteht (vgl. zum sog. faktischen Vollzug trotz rechtlicher Suspendierung Kopp/Schenke, VwGO 12. A. § 80 Rn 181).
Der eingelegte Widerspruch und die gegen dessen Ablehnung inzwischen anhängige Klage gegen die ausländerrechtliche Wohnsitzauflage für den anerkannten Konventionsflüchtlinge haben aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 1 VwGO). Etwas anderes gilt lediglich bei einer abweichenden gesetzlichen Regelung (§ 80 Abs. 2 Ziff. 1-3 VwGO) oder einer ausdrücklichen behördlichen Anordnung der sofortigen Vollziehung (§ 80 Abs. 2 Ziff. 4 VwGO). Hier ist keine dieser Fallgruppen der sofortigen Vollziehung einschlägig. § 72 Abs. 1 AuslG greift nicht, weil sich diese Vorschrift lediglich mit Rechtsbehelfen gegen die Ablehnung der Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltsgenehmigung befasst. Andere Grundlagen für eine gesetzlich angeordneten Sofortvollzug sind nicht ersichtlich, die sofortige Vollziehung wurde auch durch die Ausländerbehörde nicht ausdrücklich angeordnet.
Mit der Eintragung im Ausweis wurden jedoch bereits den Antragsteller belastende Tatsachen geschaffen, welche die Vollziehbarkeit der Auflage zur Voraussetzung hätten. Denn die Eintragung im Ausweis als einer öffentlichen Urkunde entfaltet volle Beweiswirkung für und gegen jedermann (öffentlicher Glaube). Dies gilt auch im Hinblick darauf, dass den eingetragenen Nebenbestimmungen bereits Rechtswirksamkeit zukommt. Diesen Rechtsschein könnte der Antragsteller gegenüber Dritten beispielsweise durch Vorlage der Eingangsbestätigung der Klage oder dieses gerichtlichen Beschlusses nicht widerlegen, da hierdurch nicht bewiesen werden könnte, dass das Rechtsbehelfsverfahren immer noch anhängig und nicht bereits abgeschlossen ist. Wegen der genannten Beweiswirkung der Auflage ist neben der Feststellung der aufschiebenden Wirkung auch die vorläufige Beseitigung dieses Nachteils durch einen entsprechenden Vermerk im Ausweis geboten.
Das Gericht weist noch auf Folgendes hin: Es spricht einiges dafür, dass die Wohnsitzauflage wegen Verstoßes gegen Art. 1 EFA i.V.m. Art. 2 Zusatzprotokoll zum EFA sowie Art. 23 GK rechtswidrig ist (vgl. BVerwG, U.v. 18.05.00 5 C 29.98). Für die kammer spricht vieles dafür, dass entsprechende Wohnsitzauflagen bei Konventionsflüchtlingen jedenfalls dann rechtswidrig sind, wenn sie ausschließlich dem auch mit § 120 Abs. 5 S. 2 BSHG verfolgten sozialpolitischen Zweck einer Verteilung der sozialhilfebedürftigen ausländischen Bevölkerung dienen und keinen anderen rechtlich anzuerkennenden Zielen dienen. Insoweit dürfte eine unzulässige Umgehung der einschlägigen Regelungen der Abkommen vorliegen. Der Erlass des Sächsischen MI v. 22.10.97, der durch Erlass v. 22.10.00 bestätigt wird, knüpft in seiner Begründung und in seinen Voraussetzungen lediglich an den Zweck an, einzelne Bundesländer nicht mit ausländischen Sozialhilfeempfängern aus anderen Bundesländern zu belasten, ohne dass andere ordnungspolitische Zwecke ersichtlich wären.


  • im Ergebnis ebenso: VG Dresden 13 K 524/01, B.v. 26.04.01, IBIS M0677, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/M0677.pdf


OVG Nds 9 LB 1404/01, B.v. 06.06.01, IBIS e.V. M0764, Revison beim BVerwG anhängig.

Eine Aufenthaltsbefugnis mit Wohnsitzauflage beim Bezug von Sozialhilfe ist sowohl mit den Grundrechten als auch mit zwischenstaatlichen Vereinbarungen vereinbar.


VG Aachen 8 L 359/01, B.v. 09.07.01, InfAuslR 2002, 110.

Widerspruch und Klage gegen die Wohnsitzauflage zu einer Aufenthaltsbefugnis haben gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufschiebende Wirkung. § 72 Abs. 1 AuslG findet auf eine räumliche Beschränkung nach § 12 AuslG keinen Anwendung (GK AuslR § 12 Rn 334ff; Renner § 12 Rn 16; Hailbronner § 12 Rn 39; P-AuslR, E Rn 216). Entgegen der Ansicht des Antragsgegners ist dieser auch gemäß § 4 Abs. 1 Ordnungsbehördengesetz örtlich für die Erteilung der Aufenthaltsgenehmigung zuständig, da der Antragsteller seit Oktober 1999 berechtigterweise seinen Wohnsitz in A. hat. Der Aufenthalt wurde zwar auf den Landkreis B. beschränkt, diese Nebenbestimmung entfaltet indes auf den Antragsteller keine Wirkung, da er rechtzeitig binnen der Jahresfrist der §§ 70, 58 VwGO Widerspruch gegen die eine Rechtsmittelbelehung nicht enthaltende räumliche Beschränkung eingelegt hat.

Der Antragsteller hat hinreichend glaubhaft gemacht, beim Antragsgegner vergeblich versucht zu haben, rechtzeitig einen - förmlichen - Verlängerungsantrag für seine auslaufende Aufenthaltsbefugnis gestellt zu haben. Wegen seines Verlängerungsantrags ist auch sein gegenwärtiger Aufenthalt nach § 69 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AuslG erlaubt. Der Antragsgegner wird daher gemäß § 123 VwGO verpflichtet, dem Antragsteller eine Bescheinigung über seinen nach § 69 AuslG erlaubten Aufenthalt auszustellen.


VG Braunschweig 5 B 199/01, B.v. 24.07.01, InfAuslR 2002, 127

Sachverhalt: Die Antragstellerin und ihr inzwischen volljähriger Sohn wurden 1994 im Landkreis C. als Konventionsflüchtlinge anerkannt. Seit 1999 wurden ihre Aufenthaltsbefugnisse mit einer Wohnsitzauflage für den Landkreis P. versehen, wo sie inzwischen wohnten. Beide sind nunmehr entgegen der Auflage zum nach yezidischem Ritus getrauten Ehemann der Antragstellerin nach H. gezogen, auf dessen Pflege die Antragstellerin angewiesen ist und wo dem Sohn eine Arbeitsstelle zugesagt wurde, die er jedoch nur mit legalem Wohnsitz in H. annehmen kann.

Gründe: Richtige Antragsart ist wegen der bestandkräftigen Wohnsitzauflage nicht der Widerspruch, sondern der Antrag auf Änderung bzw. Aufhebung der Auflage sowie ein Antrag nach § 123 VwGO. Hieran ändert die 2001 erfolgte Verlängerung der Aufenthaltsbefugnisse nichts, da es sich dabei lediglich um eine Wiederholung der bereits 1999 verfügten Wohnsitzauflage handelt (§ 44 Abs. 6 AuslG). Der Umzug nach H. begründet keinen gewöhnlichen Aufenthalt und damit keine Zuständigkeit der dortigen Ausländerbehörde, so dass richtiger Antragsgegner der Kreis P. ist (vgl. OVG Schwerin NVwZ-Beilage 1999, 22; OVG Nds. 11 L 1047/95 NdsVwBl 1996, 40). Eine Beiladung der Stadt H. bzw. der nach dem Erlass des MI Nds. ggf. zu beteiligenden Bezirksregierungen H. und B. war nicht geboten, da die Beteiligung hier nur einen ausschließlich verwaltungsinternen Mitwirkungsakt darstellt und es sich um keinen in § 64 AuslG abschließend aufgeführten Fälle der gesetzlich notwendigen Beteiligung handelt.

Rechtsgrundlage für die streitige Auflage ist § 14 Abs.2 Satz 1 AuslG. Der Ausländerbehörde steht insoweit grundsätzlich ein Ermessen zu. Dies ist mit Erlass des MI Nds. vom 15.07.98 erfolgt. Die Kammer lässt dahin stehen, ob die Wohnsitzauflage auch für Konventionsflüchtlinge völkervertragsrechtlich zulässig ist (das BVerwG hat diese Frage im U. 5 C 29/98 v. 18.05.00, NVwZ 2000, 1414 ausdrücklich offen gelassen). Erhebliche Bedenken ergeben sich allerdings, weil nach dem o. a. Urteil des BVerwG bereits die räumliche Beschränkung der Gewährung von Sozialhilfe an Flüchtlinge i. S. d. GFK auf ein Bundesland (u. a.) mit Art.23 GK unvereinbar ist und daher fraglich erscheint, ob - wie hier - allein wegen des Bezuges von Sozialhilfe eine Beschränkung des Wohnsitzes auf einen Landkreis mit den Art.23 und 26 GK zu vereinbaren ist.

Ebenso kann dahinstehen, ob der Erlass auf Fälle anwendbar ist, in denen die betroffenen Ausländer ihren Aufenthaltsort - wie die Antragsteller, die sich ursprünglich in C. aufzuhalten hatten - bereits frei gewählt haben. Bedenken gegen die Anwendung auf diese Fälle ergeben sich schon deshalb, weil es hier zu der durch den Erlass zu verhindernden unregelmäßigen Binnenwanderung mit einer ungleichen Verteilung der Sozialhilfekosten bereits gekommen ist und diese durch die Wohnsitzauflage noch verfestigt wird.

Selbst wenn der Erlass auch diese Fälle umfassen soll und für den "Regelfall" eine zulässige Ermessensregelung enthält (so VG Osnabrück InfAuslR 2000, 140, wobei allerdings nicht von einer Wohnsitzauflage, sondern einer räumlichen Beschränkung im Sinne von § 12 AuslG ausgegangen wird), kann der Erlass aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Falles einer Änderung der Wohnsitzauflage nicht entgegenstehen:

Der Vater des Antragstellers zu 2. und "Ehemann" der Antragstellerin zu 1. hält sich rechtmäßig in H. auf. Bereits dieser in dem Erlass nicht eingeflossene Gesichtspunkt, nämlich der Schutz von Ehe und Familie gemäß Art. 6 GG, spricht dafür, auch den Antragstellern einen Umzug nach H. zu ermöglichen.

Hierfür spricht ferner der Sinn und Zweck des Erlasses. Danach sollen nur Befugnisse von Ausländern, die Sozialhilfe oder Leistungen nach dem AsylbLG beziehen mit der Wohnsitzauflage versehenen werden. Im vorliegenden Fall käme es aber zu einer Verminderung von Sozialhilfeleistungen, zumindest der jeweiligen Unterkunftskosten, wenn die Antragsteller gemeinsam in einer Wohnung in H. leben und nicht getrennte Wohnungen in H. und P. aufrecht erhalten. Bei dieser Sachlage spricht alles dafür, wegen der durch den erfolgten Umzug nach H. veränderten Umstände die Wohnsitzauflage aufzuheben. Auf die Arbeitsmöglichkeit für den Antragsteller und die Pflegemöglichkeit für die Antragstellerin kommt es daher nicht mehr entscheidend an.

Den Antragstellern steht auch ein Anordnungsgrund zu, da es ihnen - schon wegen der anderenfalls bestehenden Schwierigkeiten, in H. laufende Sozialhilfe zu erhalten - nicht zuzumuten ist, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten.


VG Dresden 14 K 1427/01, U.v. 7.11.2001, IBIS M1688; NVwZ-Beilage I 2002, 103; Asylmagazin 4/2002, 39; InfAuslR 2002, 242 mit Anmerkung RA Ton, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/M1688.pdf Die Auflage zur Aufenthaltsbefugnis, die die als Flüchtling nach § 51 Abs. 1 AuslG anerkannte Klägerin zur Wohnsitznahme in Sachsen verpflichtet, ist im vorliegenden Einzelfall rechtswidrig.

Grundlage der Nebenbestimmung ist § 14 Abs. 2 Satz 1 AuslG. Gegen die gesetzliche Regelung selbst bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Freizügigkeit nach Art. 11 GG gilt nur für Deutsche. Die somit rechtgültige Vorschrift des § 14 Abs. 2 AuslG eröffnet ein behördliches Ermessen, als Ermessenserwägungen legt das Gericht die Erlassen des MI Sachsen v. 22.10.97 und 26.10.00 zu Grunde.

Die Wohnsitzauflage verletzt nicht Art. 26 GK. Die Wohnsitzauflage beruht auf “Bestimmungen”, die allgemein auf Ausländer “unter den gleichen Umständen” Anwendung finden. Unter dem Begriff “Bestimmungen” versteht das Gericht hier nicht nur § 14 AuslG, sondern auch die auf den genannten Erlassen des SMI beruhende Verwaltungspraxis. Nach den Erlassen des SMI werden nicht nur Flüchtlinge, sondern alle Inhaber einer Aufenthaltsbefugnis mit der Wohnsitzauflage belegt.

Die Wohnsitzauflage verstößt hier jedoch gegen Art. 2 des 4. Zusatzprotokolls zur Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten - ZP4/EMRK. Hiernach hat jeder, der sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines Staates aufhält, das Recht, sich dort frei zu bewegen und seinen Wohnsitz frei zu wählen. Diese Regelung ist durch das Zustimmungsgesetz vom 09.05.68 (BGBl. II S. 422) als innerstaatliches Recht im Range eines Bundesgesetzes wirksam geworden. Die Klägerin fällt aufgrund ihrer räumlich unbeschränkten Aufenthaltsgenehmigung unter den Schutz dieser Freiheitsgewährung.

Gemäß Art. 2 Abs. 3 ZP4/EMRK darf die Ausübung dieser Rechte keinen anderen Einschränkungen unterworfen werden als denen, die gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen oder der öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, der Verhütung von Straftaten, des Schutzes der Gesundheit oder der Moral oder des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer notwendig sind.


VG München M 21 K 02.1729, U.v. 11.06.02, InfAuslR 2003, 30 Die gegenüber dem Klägern, anerkannten Konventionsflüchtlingen aus dem Irak, verfügten Wohnsitzauflagen auf den Landkreis B. sind aufzuheben. Die Auflagen verstoßen sowohl gegen Art. 26 GK als auch gegen Art. 2 des 4. Zusatzprotokolls zur EMRK. Abgesehen davon sind sie aufzuheben, weil der Beklagte von dem ihm durch
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