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§ 5 AufenthG - Passpflicht



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§ 5 AufenthG - Passpflicht



OVG BE-BB 6 N 27.14 B.v. 28.03.14 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2621.pdf Keine Passpflicht für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 III AufenthG. Die in § 25 III AufenthG genannte Mitwirkungspflicht umfasst nicht auch die Passbeschaffung, insoweit ist die Ausnahme von der Passpflicht in § 5 III AufenthG maßgeblich.


§ 7 AufenthG - Aufenthaltserlaubnis mit mehreren eingetragenen Aufenthaltszwecken



VG Aachen 8 K 1125/06, U.v. 11.02.09 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2423.pdf Dem Kläger ist zusätzkich zur nach § 25 V AufentG erteilten Aufenthaltserlaubns auch eine Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug nach §§ 29, 30 AufenthG zu erteilen.
SG Aachen S 5 AS 89/09, U.v. 28.07.10 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2422.pdf Wer neben einem Aufenthaltstitel der zum AsylbLG-Bezug berechtigt (hier § 25 Abs. 5 AufenthG) auch einen (familiären) Aufenthaltstitel hat, kann Leistungen nach SGB II/XII beanspruchen.
VG Köln 12 K 576/09, U.v. 24.01.12, InfAuslR 2012, 183 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2421.pdf Anspruch des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu mehreren Aufenthaltszwecken (hier: § 104a und § 25 Abs. 3 AufenthG).
BVerwG, U.v. 19.03.13, 1 C 12.12 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2578.pdf Neben der Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG kann zugleich eine Niederlassungserlaubnis beansprucht werden: Es widerspricht Wortlaut und Systematik des AufenthG, dass Ausländer, die die Erteilungsvoraussetzungen für mehrere Aufenthaltstitel erfüllen, sich für einen der beiden entscheiden müssen.

§§ 2, 5, 9, 55 AufenthG, §§ 7, 46 AuslG - Lebensunterhaltsicherung; Sozialhilfe als Ausweisungsgrund



BVerwG 1 B 189.96, U.v. 04.11.96, IBIS e.V.: C1161, InfAuslR 4/97, 156. Wohngeld zählt nicht zu den "sonstigen eigenen Mitteln" zur Sicherung des Lebensunterhaltes für den Anspruch auf Familienachzug nach § 17 AuslG. Die Inan­spruchnahme von Wohngeld kann nicht die Grundlage für den Aufenthalt von Ausländern im Bundesgebiet bil­den.

Anmerkung: vgl. dazu VG Schleswig 15 A 252/06, U.v. 04.06.07 www.asyl.net/Magazin/Docs/07/M-8/10916.pdf Der Bezug von Wohngeld steht nur dann der Sicherung des Lebensunterhalts nach § 2 Abs. 3 AufenthG entgegen, wenn ohne ihn das Einkommen nicht ausreichen würde, den unmittelbaren Lebensbedarf zu decken.

im Ergebnis ebenso mit ausführlicher Begründung Classen, Sozialleistungen für MigrantInnen und Flüchtlinge, Handbuch 2008, S. 251 ff



VG Frankfurt/M 1 E 943/00 (2), U.v. 14.03.01, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1663.pdf Sozialhilfebedürftigkeit aufenthaltsberechtigter oder deutscher Familienangehöriger ist kein Hindernis für eine Aufenthaltserlaubnis.
Eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis ist auch dann zu erteilen, wenn Familienangehörige (im vorliegenden Fall die Eltern) des Antragstellers Sozialhilfe in Anspruch nehmen müssen. Die Ausländerbehörde kann sich vorliegend nicht auf den Ausweisungsgrund des § 46 Nr. 6 AuslG berufen. Das Gericht führt aus, dass ein Ausweisungsgrund im Sinne dieser Vorschrift nicht vorliegt, wenn es sich bei den Sozialhilfe beziehenden Angehörigen entweder um Deutsche handelt oder um Ausländer, die aufgrund spezieller ausländerrechtlicher Vorschriften trotz Sozialhilfebezuges nicht ausgewiesen oder abgeschoben werden dürften.
OVG Berlin 8 B 3.02, U.v. 24.09.02, InfAuslR 2003, 138, www.berlin.de/sen/justiz/gerichte/ovg/8b3_02.html , www.asyl.net/Magazin/Docs/2004/M-4/5142.doc
Zur Berechnung der notwendigen Einkommenshöhe für die Sicherung des Lebensunterhalts nach § 17 AuslG als Voraussetzung für Familiennachzug zu Ausländern.

Der nach § 17 zu deckende Unterhaltsbedarf setzt sich aus dem für die Familie maßgeblichen Sozialhilferegelsätzen, einem pauschalen Zuschlag von 20 % zu den Regelsätzen, den Unterkunftskosten (Miete incl. Betriebskosten) sowie den ggf. für die Familie aufzubringenden Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen zusammen. Kindergeld zählt zu den eigenen Mitteln im Sinne des § 17 AuslG. Bei der Ermittlung des verfügbaren Einkommens sind Sozialabgaben sowie die Steuern abzuziehen, die voraussichtlich zu zahlen sind, wenn die familiäre Gemeinschaft in Deutschland gelebt wird.


VGH Hessen 12 TG 1726/03, B.v. 31.07.03, FEVS 2004, 46 www.asyl.net/Magazin/Docs/2003/M-3/4337.pdf Es spricht vieles dafür, dass der weiteren Verlängerung einer seit über 10 Jahren bestehende ehebezogenen Aufenthaltserlaubnis nicht die auflösende Bedingung "Erlischt bei Sozialhilfebezug" beigefügt werden darf. Die Ausländerbehörde hat bei Vorliegen einer Verpflichtungserklärung nach § 84 AuslG zugunsten des Ehepartners über die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis gemäß § 18 Abs. 4 AuslG nach Ermessen zu entscheiden.
BVerwG 1 C 10.03 – U.v. 28.09.04 www.asyl.net/Magazin/Docs/2005/M-5/5983.pdf Ein erwachsener Ausländer kann auch dann eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis beanspruchen, wenn seine Eltern Sozialhilfe beziehen.

Zwar sieht das AuslG vor, dass eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis nach § 35 Abs. 1 AuslG nicht erteilt werden darf, wenn ein Ausweisungsgrund vorliegt. Dazu gehört auch der Bezug von Sozialhilfe durch Angehörige, denen der Ausländer zum Unterhalt verpflichtet ist (§ 35 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 6 und § 46 Nr. 6 AuslG). Dadurch will das Gesetz aber nur sicherstellen, dass ein Daueraufenthaltsrecht für Ausländer, die sich seit mehr als acht Jahren legal in Deutschland aufhalten, nicht zusätzlich die Sozialsysteme belastet. Dieses fiskalische Interesse wird indessen nicht berührt, wenn – wie im Falle des Klägers – die in Deutschland lebenden Eltern zwar Sozialhilfe in Anspruch nehmen, aber ein eigenes Aufenthaltsrecht besitzen, das vom Aufenthaltsstatus des erwachsenen Sohnes unabhängig ist.


OVG Berlin 2 N 314.04, B.v. 15.04.05 www.asyl.net/Magazin/Docs/2005/M-5/6888.pdf Bei der Visumserteilung zum Familiennachzug kann bei der Prüfung (nach § 17 AuslG), ob der Lebensunterhalt nachhaltig gesichert ist, auch die bisherige Erwerbsbiographie berücksichtigt werden. Von August 1997 bis Juni 2004 wurden 24 Monate Beschäftigungszeiten und 48 Monate Arbeitslosenhilfebezug ermittelt. Erschwerend kommt hinzu, dass es in der Vergangenheit beim Bezug von Arbeitslosenhilfe und Beschäftigungszeiten wiederholt zu erheblichen zeitlichen Überschneidungen gekommen ist. Es kann deshalb insgesamt nicht von einem dauerhaft gesicherten Lebensunterhalt ausgegangen werden, der im Fall des begehrten Ehegatten- und Kindernachzugs eine Existenzgrundlage bieten könnte.
OVG Bremen 1 A 171/05, B.v. 04.08.05 www.asyl.net/Magazin/Docs/2005/M-5/6926.pdf Das Kindergeld ist bei der Sicherung des Lebensunterhalts gem. § 2 Abs. 3 AufenthG zu berücksichtigen.
OVG Berlin 2 M 70.04, B.v. 10.03.05, InfAuslR 2005, 254, www.asyl.net/Magazin/Docs/2005/M-5/7089.pdf Zum Nachweis der Sicherung des Lebensunterhalts gemäß § 2 Abs. 3 AufenthG (hier: im Visumsverfahren zum Familiennachzug zu Ausländern) sind als Maßstab ab 1.1.2005 die Regelsätze nach dem SGB II bzw. SGB XII zuzüglich der Unterkunfts- und Heizkosten sowie der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu Grunde zu legen.

In Folge der Neukonzeption der Regelsätze kann der bisherigen Rspr. des OVG (OVG Berlin, U.v. 24.09.02, InfAusR 2003, 138) geforderte Zuschlag von 20 % entfallen, weil dieser der pauschalen Einbeziehung der früher noch einzeln zu beantragenden einmaligen Beihilfen nach § 21 BSHG diente, die nunmehr von den Regelsätzen pauschal mit umfasst werden (vgl. Begr. z. § 29 SGB XII BT-Drs 15/1514).



Anmerkungen:

  • Unklar bleibt, weshalb das Gericht entgegen § 2 Abs. 3 AufenthG neben einer Krankenversicherung auch eine Pflegeversicherung fordert, und zudem offen lässt, ob eine kroatische Krankenversicherung in Deutschland gilt, obwohl insoweit mit Kroatien ein Sozialversicherungsabkommen besteht.

  • Die internationalen bzw. bilateralen Sozialversicherungsabkommen sind zu finden auf den Seiten der Deutschen Verbindungsstelle der Krankenversicherung Ausland www.dvka.de).


VG Berlin 25 A 329.02, U.v. 23.09.05, InfAuslR 2006, 21 www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/7776.pdf Als Maßstab für den Nachweis der Lebensunterhaltsicherung (hier: für Visumserteilung zum Familiennachzug zum in Deutschland lebenden ausländischen Ehepartner, § 29 AufenthG) nach § 2 Abs. 3 AufenthG sind die Regelleistung nach SGB II zzgl. Sozialgeld für die Familienangehörigen zzgl. Miete und Heizung zugrundezulegen, darüber hinaus ist Kranken- und Pflegeversicherungsschutz nachzuweisen (wie OVG Berlin 2 M 70.04, InfAuslR 2005, 254). Zu berücksichtigen sind ferner der nach erfolgtem Familiennachzug geringere Steuerabzug sowie ein dann ggf. zu beanspruchendes Kindergeld.

Der darüber hinausgehende Freibetrag für Erwerbstätige nach § 30 SGB II darf bei der Berechnung nicht angesetzt werden. Auch der frühere Freibetrag nach § 76 Abs. 2a BSHG wurde in der ausländerrechtlichen Praxis nicht angesetzt. Die fiktive Minderung des Familieneinkommens um den Freibetrag nach § 30 SGB II würde die Voraussetzungen für den Familiennachzug erheblich verschärfen. Dies wäre im Hinblick auf den Schutz von Ehe und Familie (Art 6 GG, Art 8 EMRK) bedenklich. Eine derartige nachteilige Wirkung der Neuregelung war vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt, Zweck der Freibeträge ist vielmehr der Anreiz zur Aufnahme oder Beibehaltung einer - auch nicht bedarfsdeckenden - Erwerbstätigkeit.


VG Bremen 4 K 2531/04, B.v. 09.06.04, IBIS M6713, www.asyl.net/Magazin/Docs/2005/M-5/6713.pdf Die Ausländerbehörde hat die Aufenthaltserlaubnis abgelehnt, da die Lebensunterhaltssicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG nicht erfüllt ist und kein Ausnahmefall i. S. d. § 5 Abs. 3 AufenthG vorliegt. Das Ermessen i. S. d. § 5 Abs. 3 2. Halbsatz AufenthG sei zu Ungunsten der Klägerin auszuüben, weil sie keine Anstrengungen unternommen habe, ihren Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit zu sichern.

Diese Entscheidung erscheint ermessensfehlerhaft, weil die Ausländerbehörde der Klägerin eine Duldung erteilt hat mit der Nebenbestimmung, dass eine Erwerbstätigkeit nicht gestattet sei. Die Beklagte kann nicht einerseits von der Klägerin erwarten, dass sie eine Erwerbstätigkeit sucht und ausübt, wenn sie ihr dies andererseits untersagt.


VG Stuttgart : 4 K 3852/05, U.v. 23.01.06, www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/7833.pdf
Der Antragsteller begehrt eine Niederlassungserlaubnis. Sein Lebensunterhalt und der seiner beiden im Haushalt lebenden Kinder ist entgegen der Auffassung der Ausländerbehörde gemäß § 2 Abs. 3 AufenthG gesichert.

Entgegen der Auffassung der Ausländerbehörde kann der Bedarf seiner nicht mit ihm verheirateten Partnerin und Mutter der beiden Kinder, die ergänzende Leistungen nach SGB II bezieht, sowie der Bedarf des weiteren im Haushalt lebenden Kindes, das weder sein Kind ist noch das seiner Partnerin, nicht nachteilig berücksichtigt werden.



Zwar ist richtig, in häuslicher Gemeinschaft zusammenlebende Personen einheitlich zu betrachten und zu prüfen, ob für alle zusammen Einkommen und Vermögen zur Verfügung steht, dass - auch in Zukunft - zumindest der sozialhilferechtliche Bedarf gedeckt sein wird. Dies gilt aber nur, wenn der Ausländer, um dessen Aufenthaltstitel es geht, diesen Personen gesetzlich oder jedenfalls vertraglich zum Unterhalt verpflichtet ist. Das AufenthG bietet keine Grundlage dafür, dass derjenige Ausländer, der selbst über ausreichendes Einkommen verfügt, gewissermaßen unter den sozialhilferechtlichen Bedarf "arm gerechnet" wird zugunsten anderer Ausländer, denen er rechtlich nichts schuldet.
OVG Berlin-Brandenburg 11 S 13.06, B.v. 28.02.06, InfAuslR 2006, 277 www.asyl.net/Magazin/Docs/2006/M-6/8531.pdf Beim Nachweis der Sicherung des Lebensunterhalts kann auch eine Prognose und die bisherige Erwerbsbiografie berücksichtigt werden. Das OVG bestätigt daher die Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis nach § 31 AufenthG nach Trennung von der deutsche Ehepartnerin, da der Antragsteller in den vergangenen Jahren (während seiner Ehe) die weit überwiegende Zeit von Sozialhilfe gelebt hat und nur zweimal befristete, nach BSHG bzw. SGB III geförderte sozialversicherte Beschäftigungen ausgeübt hat. Zwar gibt er an, derzeit unbefristet als Garten-/Landschaftshelfer beschäftigt zu sein, hat jedoch trotz Aufforderung des Gerichts keine Lohnabrechungen vorgelegt. Unter Berücksichtigung des Lebensalters von nunmehr über 50 Jahren sieht das OVG hiernach keinerlei realistische Grundlage für die Annahme einer künftigen dauerhaften Unterhaltssicherung. Auch die Dauer der Ehe von ca. 5 Jahren und die bisherige Aufenthaltsdauer von ca 10 Jahren rechtfertigen nicht die Annahme einer besonderen Härte, die eine Ausnahme von der Regel des § 5 I Nr. 1 AufenthG rechtfertigen würde.
VGH Kassel 9 TG 512/06, B.v. 14.03.06, EZAR NF 28 Nr. 3,
www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2019.pdf
Die Berechnung des zur Sicherung des Lebensunterhalts notwendigen Bedarfs i.S.d. § 5 AufenthG ist an den einschlägigen Bestimmungen des SGB II zu orientieren. Bei der Bedarfsermittlung zur Feststellung der Erteilungsvoraussetzungen i.S.d. § 5 AufenthG ist eine Reduzierung des verfügbaren Einkommens um den Freibetrag nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. § 30 SGB II (Freibetrag bei Erwerbstätigkeit) unzulässig. Hingegen ist der Freibetrag nach § 11 Abs 2 Satz 2 (Werbungskostenpauschale von 100 €) als bedarfserhöhend in Ansatz zu bringen.
VG Lüneburg 6 A 353/05, U.v. 18.01.07, InfAuslR 2007, 241,
www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2017.pdf Kein Abzug der Freibeträge für Erwerbstätige nach SGB II (§ 11 Abs. 2 Nr. 3 - 6 bzw. § 11 Abs. 2 Satz 2 zzgl. Freibetrag nach § 30 SGB II) vom für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis erforderlichen Nettoeinkommen. Die Klägerin hat einen Vollzeitarbeitsplatz als Frisöse, erhält nach Tarif 710 € netto und nimmt keine Sozial(hilfe)leistungen in Anspruch. Die Warmmiete beträgt 360 €, der Regelsatz als Alleinstehende 345 €, Bedarf beträgt somit 705 €/Monat.

Die Freibeträge sind durch das Freibetragsneuregelungsgesetz v. 14.08.05 ins SGB II eingeführt worden, vgl. BT-Drs. 15/5446. Sie sind Teil eines Bündels gesetzgeberischer Maßnahmen zur Optimierung der Hinzuverdienstmöglichkeiten für erwerbsfähige Hilfebedürftige, welche auf dem "Jobgifel" zwischen Bundesregierung und Opposition im März 2005 vereinbart wurden. Die Abzugsmöglichkeiten bezwecken eine Begünstigung derjenigen, die bereits Sozialleistungen erhalten mit den Ziel, sie langfristig aus der Sozialhilfe herauszuführen. Würde man diese Abzüge hier fiktiv berücksichtigen, würde für den eine Aufenthaltsverfestigung anstrebenden Ausländer statt der intendierten Besserstellung im Bereich des Ausländerrechts eine nachteilige Wirkung herbeigeführt. Dass der Gesetzgeber eine solche Verschärfung für Ausländer in den Blick genommen oder gar beabsichtigt hätte, ist nicht erkennbar (vgl. Hess VGH v. 14.03.06, 9 TG 512/06).



  • Anmerkung: Die nds. Verwaltungsvorschriften zu § 2 Abs. 3 AufenthG wurden darauf entsprechend geändert, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2018.pdf


VG Stuttgart 4 K 921/06, U.v. 20.07.06, Inf AuslR 2006, 409, www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/8460.pdf Bezieht der Ausländer aufgrund von § 8 Abs. 2 BAföG-Leistungen, so steht dies der Annahme eines gesicherten Lebensunterhalts nicht entgegen.

Diese Fördermaßnahmen stellen auch keine für die Sicherung des Lebensunterhalts im Sinne von § 2 Abs. 3 AufenthG schädlichen öffentlichen Leistungen dar (a.A. wohl Hailbronner, AuslR, § 2 AufenthG Rn. 22). Dies folgt zwar in erster Linie nicht unmittelbar aus § 2 Abs. 3 AufenthG, erschließt sich aber direkt aus den maßgeblichen gesetzlichen Wertungen des BAföG. Wenn das Gesetz in § 8 Abs. 2 (nicht privilegierten) Ausländern nach bestimmten Mindestbeschäftigungszeiten gesetzliche Förderungsansprüche einräumt, so kommt darin zum Ausdruck, dass dieser Personenkreis nach der Wertung des Gesetzgebers deshalb förderungswürdig ist, weil er in bestimmtem Umfang durch seine Erwerbstätigkeit mit dazu beigetragen hat, dass Sozialinvestitionen wie die Ausbildungsförderung möglich sind (vgl. ausdrücklich BT-Drucks. VI/1975 zu § 8). Ausgehend hiervon würde es aber einen systematischen Widerspruch bedeuten, wenn man andererseits solchen Ausländern ein Aufenthaltsrecht verweigern wollte mit der Folge, dass bei typisierender Betrachtungsweise diese Ansprüche dann in Ermangelung eines Aufenthalts nicht realisiert werden könnten.


VGH Hessen 3 TG 2484/06, B.v. 12.12.06, InfAuslR 2007, 101 www.asyl.net/Magazin/Docs/2007/M-7/9225.pdf Wird ALG II lediglich deshalb gewährt, weil der Antragsteller aufgrund des gewährten Existenzgründungszuschusses nach § 421 SGB III keinen Anspruch auf ALG I mehr hat, ist der Lebensunterhalt im Sinne der §§ 2 III, 5 I und 9 II AufenthG gesichert.
OVG Nds. 4 ME 49/07 B.V. 08.02.07 AuAs 06/2007, 62 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2027.pdf Nach § 8 Abs. 1 i. V. m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG setzt die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis in der Regel voraus, dass der Lebensunterhalt gesichert ist.

Eine Ausnahme kann bei Betreuung eines Kleinkindes bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres vorliegen, sowie bei der daran anschließenden Teilnahme an einem Integrationssprachkurs nach § 43 AufenthG als wesentliche Bedingung für den Erhalt einer Arbeitsstelle (vgl. Nr. 31.4.2 Vorl. Nds. VV-AufenthG).


OVG Bln-Brandenbg OVG 12 B 16/06 U.v. 25.04.07, InfAuslR 2007, 340, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2025.pdf, OVG 12 B 19/06 U.v. 25.04.07 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2026.pdf (bestätigt durch BVerwG 1 C 32.07, U.v. 26.08.08 www.bverwg.de/media/archive/6820.pdf).

Das für das Visum zum Ehegattennachzug (§§ 29, 30 AufenthG) nachzuweisende Einkommen des hier lebenden Partners bzw. zum Kindernachzug (§ 32 Abs. 3 AufenthG) das Einkommen der hier lebenden Mutter mit alleinigem Sorgerecht muss gemäß §§ 2 Abs. 3, 5 Abs. 1 AufenthG im Regelfall den Lebensunterhaltsbedarf für beide Eheleute bzw. für Mutter und Kinder [also den Bedarf der Bedarfsgemeinschaft nach § 7 SGB II, Anm. G.C. ] nach dem SGB II abdecken. Dabei sind sämtliche Freibeträge nach §§ 11 Abs. 2 und nach § 30 SGB II einkommensmindernd zu berücksichtigen.

Das gilt auch für den Erwerbstätigenfreibetrag nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr.6 i.V.m. § 30 SGB II, obwohl dadurch die Anforderungen, die zur Erlangung eines Aufenthaltstitels zu erfüllen sind, für erwerbstätige Ausländer erheblich verschärft werden, vgl. VG Bln VG 4 V 56.05, U.v. 28.03.06, VG 2 V 5.06, U.v. 01.06.06, a.A. Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 2 Rn 43.2, Rn 46, VGH Kassel 9 TG 512/06 v. 14.03.06, OVG Nds. 11 LB 127/06 v. 29.11.06, VG Lüneburg 6 A 353/05, U.v. 18.01.07, VG Berlin VG 25 A 329.02 v. 23.09.05. Dem bedeutsamen Interesse der BR Deutschland, neu entstehende Soziallasten für die öffentliche Hand zu verhindern, kann nicht bei einer später anstehenden Verlängerung des Aufenthaltstitels oder durch eine ggf. auszusprechende Ausweisung hinreichend Rechnung getragen werden. Es wäre ermessensfehlerhaft, einen Ausländer auszuweisen bzw. den Aufenthaltstitel nicht zu verlängern, wenn sich die finanziellen Verhältnisse seit der ersten Erteilung bzw. Verlängerung nicht verschlechtert haben. Hinzu kommt, dass bei Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB II der Ausweisungsgrund des § 55 Abs. 2 Nr. 6 AufenthG nicht erfüllt sein dürfte.

Die erhebliche Beschränkung der Familiennachzugsmöglichkeiten begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken und stehen im Einklang mit der EMRK. Ein Ausländer ist prinzipiell darauf zu verweisen, die familiäre Lebensgemeinschaft im gemeinsamen Heimatland herzustellen.

Ebenso vom Einkommen abzusetzen sind die in § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB II genannten notwendigen Ausgaben bei der Erzielung des Einkommens. Dieser gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 abzuziehende Pauschalbetrag von 100 € sol die in § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 bis 5 genannten Beiträge und Auslagen kompensieren. AN Stelle der Pauschale treten nur dann die tatsächlichen Ausgaben, wenn diese die Pauschale übersteigen, das Einkommen mehr als 400 € beträgt und entsprechende Nachweise vorgelegt werden. Diese erwerbsfähige Hilfebedürftige nach dem SGB II begünstigende Regelung wirkt sich zwar ausländerrechtlich wiederum zu Lasten der Betroffenen aus, dies ist jedoch in §§ 2, 5 AufenthG angelegt, da der Lebensunterhalt bereits dann nicht gesichert ist, wenn der Ausländer Anspruch auf öff. Leistungen hat, unabhängig davon, ob er diese tatsächlich in Anspruch nimmt.

Zu berücksichtigen sind das nach Einreise ggf. zu erwartende Kindergeld und der ggf. verminderte Steuerabzug vom Lohn durch die nach Einreise geänderte Steuerklasse. Wegen der von der Auftragslage abhängigen, monatlich erheblich schwankenden Einkommenshöhe ist vorliegend vom Jahresbruttoeinkommen 2006 auszugehen und hiervon 1/12 als Monatseinkommen zu Grunde zu legen.

Umstände, die eine Ausnahme von der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG rechfertigen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
OVG Schleswig-Holstein 4 MB 95/07, B.v. 14.01.08, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2145.pdf Die Frage, ob der Lebensunterhalt eines Ausländer im Sinne der §§ 5 Abs. 1, 2 Abs. 3 AufenthG gesichert ist, wenn der Ausländer objektiv seinen Lebensunterhalt ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann und tatsächlich auch bestreitet, obwohl er Anspruch auf ergänzende Hilfe wegen der Reduzierung des zur Verfügung stehenden Einkommens um die nach §§ 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. § 30 SGB II abzusetzenden Freibeträge hat, ist in der obergerichtlichen Rspr. umstritten. Für die Auffassung des VGH Hessen 9 TG 512/06, B.v. 14.03.06 spricht bereits die Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 3 AufenthG. Danach ist der Lebensunterhalt gesichert, wenn der Ausländer ihn ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann (s.a. Renner, AuslR, 8. A. § 2 Rn 15).

Nach § 55 AufenthG ist die Inanspruchnahme von Sozialhilfe ein Ausweisungsgrund, nach § 7 Abs. 2 AufenthG kann die Frist der Aufenthaltserlaubnis nachträglich verkürzt werden, wenn eine für die Erteilung wesentliche Voraussetzung entfallen ist. Der Zweck des § 5 Abs. 1 AufenthG ist es, die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel zu vermeiden. Ist nach den tatsächlichen Gegebenheiten eine Inanspruchnahme nicht zu erwarten, weil die Eigenmittel objektiv ausreichen, erscheint schon im Hinblick auf die ausländerrechtlichen Folgen die Prognose gerechtfertigt, dass ein womöglich bestehender Anspruch auf ergänzende Hilfe nicht verfolgt wird. Dann geht die Versagung der AE allein wegen des Bestehens eines rechtlichen Anspruchs auf ergänzende Hilfe über den Gesetzeszweck hinaus.



Im Hauptsacheverfahren dürfte weiterhin zu prüfen sein, ob wegen Art. 6 GG von der Regelvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 abzusehen ist, und ob die Aufenthaltsbeendung womöglich erst zu Geltendmachung von Sozialleistungsansprüchen führen würde. Denn dann wäre die Ehefrau des Antragstellers wohl wegen ihrer Kinder nicht mehr in der Lage, ganztags zu arbeiten.
OVG Berlin Brandenburg OVG 2 M 17.08, B.v. 09.05.08, InfAuslR 2008, 298 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2180.pdf Von der Lebensunterhaltssicherung für den Nachzug des ausländischen Kindes zu ihrer in Deutschland lebenden Mutter ist abzusehen, wenn die allein sorgeberechtigte ausländische Kindesmutter mit einem weiterem deutschen Kind und ihrem deutschen Ehemann in Deutschland lebt, es handelt sich dann um einen Regelausnahmefall des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG, da die Familieneinheit nicht in zumutbarer Weise im Ausland hergestellt werden kann.
VG Neustadt (Weinstraße) 2 K 934/07.NW U.v. 06.12.07, InfAuslR 2008, 219 Die Niederlassungserlaubnis nach § 9 AufenthG erfordert eine Prognose, ob auch künftig der Lebensunterhalt einschl. Krankenversicherungsschutz ohne die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestritten werden kann. Auf die Frage, ob auch der Lebensunterhalt der mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen sichergestellt ist, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Allerdings kann ein Ausländer, der seinen eigenen Lebensunterhalt ohne öffentliche Mittel bestreiten kann, aber für seine Familienangehörigen Sozialhilfe in Anspruch nimmt, einen Ausweisungsgrund verwirklichen, § 55 Abs. 2 Nr. 6 AufenthG.
BVerfG 2 BvR 2483/06 v. 11.05.07, InfAuslR 2007, 336, www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/11810.pdf Das Ermessen nach §§ 5 und 28 AufenthG bei der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis der ausländischen Ehepartner von Ausländern ist aufgrund Art. 6 GG zugunsten des nachgezogenen Ehepartners auf null reduziert, wenn er seinen eigenen Lebensunterhalt einschließlich Mietanteil sichern kann, und im Falle einer Trennung die Voraussetzungen für ein eigenständiges Aufenthaltsrecht nach § 31 AufenthG erfüllen würde (eheliche Lebensgemeinschaft besteht seit zwei Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet), und der Aufenthalt des den Nachzug vermittelnden Ehepartners nicht wegen dessen Sozialhilfebezugs beendet werden kann, weil dieser z.B. eine Niederlassungserlaubnis besitzt.
OVG Sachsen 3 BS 130/06 B.v. 17.08.06, AuAs 02/2007, 15 www.asyl.net/Magazin/Docs/2006/M-6/8869.pdf
Der Bezug von Leistungen nach AsylbLG stellt - anders als Sozialhilfe nach dem SGB XII - keinen Ausweisungsgrund nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 AufenthG dar. Zwar soll § 55 Abs. 2 Nr. 6 AufenthG die fiskalischen Interessen der Bundesrepublik schützen, ein Asylbewerber ist aber in der Regel hilfebedürftig und erhält, da ihm die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit in der Regel ebenfalls nicht gestattet ist, keine Möglichkeit, seinen Lebensunterhalt aus eigenen Kräften zu sichern. Dies kann ihm später zur Begründung einer Ausweisung (hier: im Zusammenhang mit der Aufenthaltserteilung zum Familiennachzug) nicht vorgehalten werden.
VG Schleswig 15 A 252/06, U.v. 04.06.07 www.asyl.net/Magazin/Docs/07/M-8/10916.pdf Der Bezug von Wohngeld steht nur dann der Sicherung des Lebensunterhalts nach § 2 Abs. 3 AufenthG entgegen, wenn ohne ihn das Einkommen nicht ausreichen würde, den unmittelbaren Lebensbedarf zu decken.

  • Anmerkung: im Ergebnis ebenso mit ausführlicher Begründung Classen, Sozialleistungen für MigrantInnen und Flüchtlinge, Handbuch 2008, S. 251 ff.


VG Göttingen 1 A 400/06, U.v. 26.03.08, www.asyl.net/Magazin/Docs/07/M-9/13003.pdf Leistungen nach AsylbLG sind kein Ausweisungsgrund i. S. d. § 55 Abs. 2 Nr. 6 AufenthG, da es sich um keine Sozialhilfe handelt (ebenso Renner, AuslR, 8.A., § 55 AufenthG Rn 44; OVG Sachsen 3 BS 130/06, U.v. 17.08.06 www.asyl.net/Magazin/Docs/2006/M-6/8869.pdf; a.A. VGH Hessen 3 UE 2823/06, U.v. 05.03.07). Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 55, und der Gesetzgeber hat insoweit auch eine Klarstellung wie in den §§ 27, 31 und 35 AufenthG unterlassen.
VGH Bayern 19 B 07.336, B.v. 16.04.08 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2213.pdf Anspruch auf Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG i.V.m. § 9 Abs. 2 Sätze 6, 3 AufenthG (Verzicht auf Lebensunterhaltssicherung wegen einer Behinderung) bei fehlender Lebensunterhaltssicherung infolge teilweiser Erwerbsminderung.

Es bedarf einer konkreten Betrachtung, inwieweit der Ausländer aufgrund seiner Behinderung bei einer ihm theoretisch möglichen Tätigkeit seinen Lebensunterhalt verdienen könnte. Vorliegend wird eine leichte Arbeit bis zu 3 Stunden/Tag (Dr. S.) bzw. bis zu 6 Stunden/Tag (Dr. H.) für möglich gehalten. Geht man von 4 Stunden/Tag sowie einem realistisch erzielbaren Stundenlohn von 3,50 € aus, könnte der Kläger trotz Behinderung 301 €/ Monat Brutto erwirtschaften. Sein ALG II liegt mit 496 € (Regelleistung, Mehrbedarf, Mietzuschuss) deutlich höher. Selbst bei 5 €/STunde läge sein erzielbares Einkommen mit 430 € noch darunter.



Der Kläger könnte somit selbst bei einer ihm möglichen Arbeitsleistung seinen Lebensunterhalt nicht sichern; in welchem Umfang der Unterhaltsbedarf nicht gedeckt werden könnte (hier zu ca. 40 %) ist unerheblich (vgl. Renner, AuslR 8. A., § 9 Rn. 21).

Da es sich bei § 9 Abs. 2 Sätze 6, 3 AufenthG um eine zwingende Regelung handelt, ist von der Voraussetzung des § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG (Lebensunterhaltsicherung) abzusehen. Für die allgemeinen Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG ist angesichts der spezialgesetzlichen Regelung des § 9 Abs. 2 AufenthG kein Raum. Jedenfalls aber wäre im Rahmen der Absehensregelung des § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG die in § 9 Abs. 2 Sätze 3, 6 AufenthG zum Ausdruck kommende Intention ermessenslenkend zu berücksichtigen.

Die Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG steht im Ermessen. Gesichtspunkte, die gegen die Niederlassungserlaubnis sprächen, sind nicht erkennbar. Hierfür können auch keine Gesichtspunkte herangezogen werden, auf deren Erfüllung der Gesetzgeber im Rahmen der Regelung der §§ 9 Abs. 2 AufenthG verzichtet hat.
BVerwG 1 C 32.07, U.v. 26.08.08 www.bverwg.de/media/archive/6820.pdf (bestätigt OVG Bln-Brandenbg OVG 12 B 16/06 U.v. 25.04.07, InfAuslR 2007, 340, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2025.pdf, OVG 12 B 19/06 U.v. 25.04.07 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2026.pdf).

Die Berechnung des zur Sicherung des Lebensunterhalts im Sinne von § 2 Abs. 3 AufenthG notwendigen Bedarfs und des erforderlichen Einkommens richtet sich bei erwerbsfähigen Ausländern nach den entsprechenden Bestimmungen des SGB II über die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.

Bei der Ermittlung des erforderlichen Einkommens sind von einem Erwerbseinkommen sämtliche in § 11 Abs. 2 SGB II angeführten Beträge abzuziehen. Dies gilt auch für den Freibetrag bei Erwerbstätigkeit nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. § 30 SGB II und die Pauschale nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II.
BVerwG 1 C 34.07 U.v. 28.10.08 www.asyl.net/Magazin/Docs/2007/M-9/14488.pdf Keine Niederlassungserlaubnis wegen fehlender Lebensunterhaltsicherung für eine Mutter, die wegen der Pflege ihres schwerstbehinderten Kindes (Down-Syndrom) nicht arbeiten kann. Von der Lebensunterhaltssicherung ist bei der Niederlassungserlaubnis nach § 9 AufenthG – mit Ausnahme der Sonderregelung in § 26 Abs. 4 S. 4 AufenthG – ggf. nur bei Behinderung des Antragstellers selbst abzusehen, § 9 Abs. 2 AufenthG. Ein Rückgriff auf die allgemeine Ausnahme des § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG ist bei der Niederlassungserlaubnis nach § 9 nicht möglich. Die Notwendigkeit, vom Erfordernis der Sicherung des Lebensunterhalts abzusehen, ergibt sich vorliegend auch nicht aus Art.6 GG und Art. 8 EMRK, da die familiäre Gemeinschaft auch nach befristeten Verlängerungen der Aufenthaltserlaubnis fortgesetzt werden kann.

Das Diskriminierungsverbot in Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG schützt nur Behinderte selbst als Grundrechtsträger, diese allerdings auch vor indirekter, mittelbarer Diskriminierung (vgl. BVerfG 1 BvR 9/97 B.v. 08.10.97; zur mittelbaren Diskriminierung BVerfG 2 BvL 6/07, v. 18.06.08). Eine indirekte Diskriminierung i.S.v. Art.3 GG liegt hier schon deshalb nicht vor, weil die für die Pflege des behinderten Sohnes erforderliche Fortsetzung des Aufenthalts der Klägerin nicht von der Erteilung der beantragten Niederlassungserlaubnis abhängt, diese vielmehr auch aufgrund der jeweils verlängerten befristeten Aufenthaltserlaubnis erbracht werden kann.


EuGH C-453/07, U. v. 25.09.08, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2273.pdf Keine Ausweisung der Kinder türkischer Arbeitnehmer wegen fehlender Lebensunterhaltsicherung und mangelnden Arbeitsbemühungen (§§ 5, 34, 35 AufenthG, Art 7 ARB EWG-Türkei).

Sachverhalt: Herr Er wurde 1984 in der Türkei geboren. 1986 zog er nach Berlin zu seinem Vater, der dem regulären Arbeitsmarkt in Deutschland angehörte. Mit diesem lebte er mindestens fünf Jahre im Bundesgebiet zusammen. Der Vater kehrte später ohne seine Familie in die Türkei zurück. Herr Er beantragte 2003 eine Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis, die für ein Jahr gewährt wurde, obwohl seine Mutter nicht mehr für seinen Unterhalt aufkam und er vier Monate Sozialhilfe bezogen hatte. Die Ausländerbehörde forderte von Herrn Er nachweisliche Bemühungen um eine Erwerbstätigkeit. Herr Er brach eine berufliche Eingliederungsmaßnahme mangels Eignung ab und bezog ALG II, seine Arbeitsuche blieb erfolglos. Die Ausländerbehörde lehnte schließlich im August 2005 den 2004 gestellten Verlängerungsantrag ab und forderte Herrn Er zur Ausreise auf.

Herr Er ist nach des Feststellungen des den Fall dem EuGH vorlegenden VG Giessen nach Beendigung des Schulbesuchs über mehr als sieben Jahre - bis auf einen angeblichen eintägigen Arbeitsversuch - zu keinem Zeitpunkt einer Erwerbstätigkeit nachgegangen, hat sämtliche auf Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gerichteten staatlichen Fördermaßnahmen abgebrochen und sich nicht ernsthaft um die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bemüht, und stattdessen abwechselnd von öffentlichen Sozialleistungen, Zuwendungen seiner Mutter und Mitteln unbekannter Herkunft gelebt.



Art. 7 Abs. 1 ARB EWG-Türkei lautet: Die Familienangehörigen eines dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats angehörenden türkischen Arbeitnehmers, die die Genehmigung erhalten haben, zu ihm zu ziehen, ... haben freien Zugang zu jeder von ihnen gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis, wenn sie dort seit mindestens fünf Jahren ihren ordnungsgemäßen Wohnsitz haben. ...

Gründe: Ein türkischer Staatsangehöriger, der als Kind die Genehmigung erhalten hatte, im Rahmen der Familienzusammenführung in einen Mitgliedstaat einzureisen, und der das Recht auf freien Zugang zu jeder von ihm gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis nach Art. 7 Abs. 1 zweiter Gedankenstrich ARB EWG-Türkei Nr. 1/80 v. 19.09.1980 erworben hat, verliert das von diesem Recht auf freien Zugang abgeleitete Aufenthaltsrecht im betreffenden Mitgliedstaat nicht, auch wenn er – als inzwischen 23-Jähriger – seit Beendigung des Schulbesuchs im Alter von 16 Jahren keiner Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis nachgegangen ist und an staatlichen Berufsförderungsprogrammen zwar teilgenommen, sie aber nicht abgeschlossen hat.
EuGH C-578/08 (Chakroun) U.v. 04.03.10, InfAuslR 2010, 221 mit Anmerkung Zeran; Asylmagazin 2010,167. www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2338.pdf

Nach der Familienzusammenführungsrichtlinie (RL 2003/86/EG) sind zur Sicherung des Lebensunterhalts beim Familiennachzug ausreichende feste und regelmäßige Einkünfte nachzuweisen, um die allgemein notwendigen Kosten des Lebensunterhalts für sich und seine Familienanghörigen zu bestreiten.

Darüber hinausgehende Anforderungen sind mit der Richtlinie (RL) nicht vereinbar (hier Regelung in den Niederlanden: 120% des Mindestlohns eines 23jährigen Arbeitnehmers). Die EU-Staaten können zwar einen Richtbetrag festlegen, nach dem der Lebensunterhalt als gesichert gilt, dieser darf jedoch nicht schematisch angewandt werden, Art. 17 der RL verlangt vielmehr eine individualisierte Prüfung des Antrags.

Eine nationale Bestimmung, die hinsichtlich der Sicherung des Lebensunterhalts unterscheidet, ob die familiäre Bindung vor oder nach der Einreise entstanden sind, ist mit der RL nicht vereinbar. Eine Ausnahme ist nur für Flüchtlinge möglich, Art. 9 Abs. 2 der RL.



  • Anmerkung: Nach dem Urteil dürfte es nicht mehr haltbar sein, dem für die LU-Sicherung beim Familiennachzug geforderten Mindesteinkommen die Freibeträge für Erwerbstätige nach §§ 11 und 30 SGB II hinzurechnen oder die tatsächliche Inanspruchnahme von Wohngeld nach WoGG für aufenthaltsrechtlich schädlich zu erklären, wie es die VwV zu § 2 III AufenthG tut. Auch das Erfordernis der Deutschkenntnisse erscheint im Hinblick auf die enge Auslegung der Familiennachzugs-RL problematisch.


VGH Hessen 9 A 1733/09, B.v. 14.12.09, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2346.pdf Für die Niederlassungserlaubnis reicht es nach dem eindeutigen Wortlaut des § 9 AufenthG aus, dass der Antragsteller seinen eigenen Lebensunterhalt sichern kann. Auf die Fähigkeit, auch den Unterhalt seiner Ehepartnerin und Kinder zu sichern, kommt es nicht an. Die gegenteilige Maßgabe in der VwV AufenthG verstößt gegen den Wortlaut des Gesetzes und ist daher unbeachtlich.
VG Berlin 21 K 148.09, U.v. 27.04.10 Jedenfalls für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis ist bei der Prüfung, ob der Lebensunterhalt des Ausländers gesichert ist, auch auf den Lebensunterhalt aller mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen abzustellen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt gemäß § 9 Abs 2 Satz 3 SGB II "jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig", womit auch die Antragstellerin als bedürftig iSd SGB II anzusehen ist, obwohl sie ihren eigenen Unterhaltsbedarf aus Erwerbstätigkeit decken kann.

Die vom BVerfG (2 BvR 2483/06 v. 11.05.07) vertretene Gegenansicht vermag nicht zu überzeugen. Das Aufenthaltsrecht wird nicht deswegen versagt, weil eine geschützte eheliche Lebensgemeinschaft besteht. Der Ausländer würde nicht anders behandelt werden, wenn er mit seinem Partner zusammenlebte, ohne verheiratet zu sein (skurril...).


VG Berlin VG 15 K 239.09 V, U.v. 17.06.10 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2343.pdf Bei der Berechnung des Lebensunterhaltssicherung für den Familiennachzug zu Ausländern nach § 2 III AufenthG ist gemäß des EuGH Urteils vom 04.03.10 C-578/08 Chakroun www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2338.pdf der Abzug von Freibeträgen nach §§ 11 und 30 SGB II vom Arbeitseinkommen unzulässig.
BVerwG 16.11.10 - 1 C 20.09, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2354.pdf

Ein Anspruch auf Familiennachzug zu Ausländern setzt in der Regel voraus, dass jedenfalls der Lebensunterhalt der familiären Bedarfsgemeinschaft ohne Inanspruchnahme öffentlicher Sozialleistungen bestritten werden kann. Die Entscheidung des OVG Berlin-Brandenburg, nach welcher die Sicherung des Unterhaltsbedarfs des nachziehenden Ausländers selbst ausreicht, wird aufgehoben.

Bei der Berechnung des Unterhaltsbedarfs (Sicherung des Lebensunterhalts) ist der Freibetrag für Erwerbstätige (§ 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 6 i. V. m. § 30 SGB II) im Anwendungsbereich der Familienzusammenführungsrichtlinie nicht zu Lasten des Ausländers anzurechnen.

Ebenso können auf Nachweis geringere Werbungskosten als die im SGB II vorgesehene Pauschale von 100 € anerkannt werden. Insoweit entspricht der Senat der neueren Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 04.03.2010 - Chakroun, C-578/08).


BVerwG 16.11.10 - 1 C 21.09, www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2355.pdf

1. Für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis ist es erforderlich, dass der Lebensunterhalt der familiären Bedarfsgemeinschaft, in der der Ausländer lebt, ohne Inanspruchnahme öffentlicher Sozialleistungen bestritten werden kann. Der Freibetrag für Erwerbstätige und die Werbungskostenpauschale (§ 11 Abs. 2 SGB II) sind weiterhin zu Lasten des Ausländers anzusetzen.

2. Außerhalb des Anwendungsbereichs der Familienzusammenführungsrichtlinie (RL 2003/86/EG) oder sonstiger unionsrechtlicher Vorgaben sind aufenthaltsrechtlich bei der Berechnung des Hilfebedarfs auch weiterhin die Bestimmungen des SGB II hinsichtlich des Freibetrags für Erwerbstätigkeit nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. § 30 SGB II und der Werbungskostenpauschale nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II maßgebend.

3. Soweit bei der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis Ausweisungsgründe vorliegen, die sich auf Straftaten des Ausländers beziehen, wird die allgemeine Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG durch die Sonderregelung in § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AufenthG verdrängt.


BVerwG 16.08.11 - 1 C 4.10 www.bverwg.de/pdf/2694.pdf, vgl. auch BVerwG 16.11.10 - 1 C 21.09. Für die Niederlassungserlaubnis muss der Ausländer gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG (hier: iVm § 26 Abs. 4 AufenthG) seinen Lebensunterhalt voraussichtlich ohne Leistungen nach SGB II bestreiten können.

Dafür muss nicht nur sein eigener Bedarf, sondern der Gesamtbedarf der mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden (ausländischen, vgl. BVerwG 16.08.11 - 1 C 12.10) Mitglieder der Kernfamilie gedeckt sein. Für die Berechnung gelten grundsätzlich die sozialrechtlichen Regelungen über die Bedarfsgemeinschaft (§ 9 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 7 Abs. 3 SGB II).

Dabei ist auch zu prüfen, ob durch den nach § 2 Abs. 3AufenthG unschädlichen  Kinderzuschlag nach § 6a BKGG, von dem der Kläger aufgrund seiner AE nach § 25 V AufenthG als AsylbLG-Berechtigter bisher ausgeschlossen war, künftig eine Hilfebedürftigkeit der Bedarfsgemeinschaft insgesamt vermeiden könnte.

Dabei kann offen bleiben, ob der gegenwärtige ergänzende Bezug von AsylbLG-Leistungen als "Sozialhilfe" einen "Ausweisungsgrund" iSv. § 55 Abs. 2 Nr. 6 AufenthG darstellt. Der bisherige Bezug von AsylbLG-Leistungen [der ggf künftig durch den Kinderzuschlag vermeidbar ist] steht der Niederlassungserlaubnis jedenfalls nicht entgegen, weil der Ausweisungsgrund nicht den Bezug von Sozialhilfe in der Vergangenheit sanktionieren soll, sondern der künftigen Inanspruchnahme solcher Leistungen entgegenwirken soll.


BVerwG 16.08.11 - 1 C 12.10 www.bverwg.de/pdf/2678.pdf Bei der Niederlassungserlaubnis für einen ausländischen Familienangehörige eines Deutschen nach § 28 Abs. 2 S. 1 AufenthG ist eine Ausnahme vom Regelfall der Lebensunterhaltsicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG zu machen, wenn der Ausländer nur deshalb auf Leistungen nach SGB II angewiesen ist, wenn er mit deutschen Familienangehörigen in einer Bedarfsgemeinschaft lebt, aber mit seinem Erwerbseinkommen seinen eigenen Bedarf decken könnte.

Der Gesetzgeber hat die Niederlassungserlaubnis bei familiärer Lebensgemeinschaft mit Deutschen insofern gegenüber einer solchen mit Ausländern privilegiert, als für die Unterhaltssicherung § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG und nicht § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG maßgeblich ist. Das hat zur Folge, dass für die Familienangehörigen Deutscher die Sicherung des Lebensunterhalts nur eine Regelerteilungsvoraussetzung darstellt und nicht wie für die Familienangehörigen von Ausländern eine zwingende Voraussetzung.

Das BVerwG hat als Grund für das Abstellen auf die Bedarfsgemeinschaft die Vermeidung zusätzlicher Belastungen der öffentlichen Haushalte angeführt, die durch eine Verfestigung des Aufenthalts hilfebedürftiger ausländischer Familienangehöriger eintritt (vgl. BVerwG 16.11.2010). Dieser Grund für das Abstellen auf die familiäre Bedarfsgemeinschaft liegt bei deutschen Familienangehörigen nicht vor. Das Aufenthaltsrecht eines Deutschen kann nicht weiter verfestigt werden. Deutsche sind auch dann nicht zur Ausreise verpflichtet, wenn sie Sozialleistungen beziehen.
OVG Berlin-Brandenburg 12 B 24.11, U.v. 13.12.11, InfAuslR 2012, 177 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2404.pdf Niederlassungserlaubnis nach § 26 IV, § 9 II Satz 6 AufenthG bei teilweiser Erwerbsminderung, wenn bei der wegen ihrer Behinderung nur halbtags arbeitenden Antragstellerin aus gesundheitlichen Gründen nicht möglichen vergleichbaren vollzeitigen Erwerbstätigkeit der Lebensunterhalt gesichert wäre (vgl. dazu auch VGH Bayern 19 B 07.336, B.v. 16.04.08 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2213.pdf).
OVG Nds 8 LC 277/10, B.v. 20.03.12, InfAuslR 2012, 175 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2420.pdf
Der Lebensunterhalt eines Ausländers ist entgegen der VwV zu § 2 Abs. 3 AufenthG auch dann gesichert, wenn er tatsächlich Wohngeld in Anspruch nimmt, diese Leistung aber zur Sicherung des Lebensunterhaltes im Sinne des SGB II nicht nötig ist. Die VwV steht in einem unauflöslichen Widerspruch zum AufenthG und ist daher unbeachtlich. Wohngeld setzt, wie der Ausschluss von Beziehern von Unterhaltsleistungen in § 7 Abs 1 S. 1 WoGG zeigt, gerade regelmäßig eine eigenständige Sicheurng des Lebensunterhalts ohne Wohngeld voraus.
BVerwG 10 C 4.12, U.v. 29.11.12 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2557.pdf, ebenso BVerwG, U.v. 29.11.12, 10 C 5.12 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2579.pdf

Der Lebensunterhaltsbedarf iSd § 2 Abs 3 AufenthG bestimmt sich grundsätzlich nach dem SGB II; er umfasst den Regelbedarf, die Mehrbedarfe sowie Unterkunft und Heizung.

Nicht anzusetzen sind die Bedarfe für Bildung und Teilhabe.

Wohngeld ist nicht geeignet, eine bestehende Einkommenslücke zu schließen (vgl. BVerwG 1 B 189.96 v. 04.11.96). Der Bezug von Wohngeld schadet aber nicht, wenn der Bedarf bereits anderweitig gedeckt ist.

Ist der SGB II-Bedarf nicht vollständig gedeckt, ist zu prüfen, ob die Einkommenslücke durch den Kinderzuschlag gemäß § 6a BKGG geschlossen werden kann (BT-Drs. 15/1516 S. 83).


Im Anwendungsbereich der Familienzusammenführungsrichtlinie (Richtlinie 2003/86/EG) ist der Begriff der Lebensunterhaltssicherung zu modifizieren. Sozialhilfe i.S.d. Art. 7 Abs. 1c RL 2003/86/EG erfasst nur Leistungen, die gewährt werden, um die Kosten des Lebensunterhalts zu bestreiten; sie schließt nicht besondere Sozialhilfe für besondere, individuell notwendige Kosten ein (EuGH C-578/08 (Chakroun), U.v. 04.03.10 Rn. 52 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2338.pdf). Unionsrecht gebietet, den Freibetrag für Erwerbstätigkeit nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, Abs. 3 SGB II nicht zu Lasten des Ausländers abzusetzen. Dieser Freibetrag wird in erster Linie aus arbeitsmarkt- bzw. beschäftigungspolitischen Gründen gewährt. Hinsichtlich der Werbungskostenpauschale nach § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II ist gemäß Art. 17 RL 2003/86/EG der Nachweis geringerer Aufwendungen als 100 € zuzulassen (BVerwG 16.11.10 - 1 C 20.09 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2354.pdf).

Bei im Entscheidungszeitpunkt absehbaren Mehrbedarfen ist anhand des unionsrechtlichen Begriffs der Sozialhilfe in Art. 7 Abs. 1c RL 2003/86/EG wie folgt zu differenzieren:

Die Mehrbedarfszuschläge für Alleinerziehende (§ 21 Abs. 3 SGB II; vgl. BVerwG 26.08.08 - 1 C 32.07 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2558.pdf) sowie die Kosten der dezentralen Warmwassererzeugung (§ 21 Abs. 7 SGB II) sind in die Bedarfsberechnung einzustellen. Sie decken allgemein notwendige Kosten des Lebensunterhalts und dienen nicht der Befriedigung außergewöhnlicher oder unvorhergesehener Bedürfnisse.

Nicht zu berücksichtigen sind dagegen die Mehrbedarfe für werdende Mütter (§ 21 Abs. 2 SGB II), für erwerbsfähige Behinderte (§ 21 Abs. 4 SGB II), für kostenaufwändige Ernährung (§ 21 Abs. 5 SGB II), für einen unabweisbaren laufenden besonderen Bedarf (§ 21 Abs. 6 SGB II) und die Erstausstattungsbedarfe (§ 24 Abs. 3 SGB II). Diese Leistungen betreffen besondere, individuell bestimmte notwendige Kosten außerhalb des allgemein notwendigen Lebensunterhalts und dienen der Befriedigung außergewöhnlicher oder unvorhergesehener Bedürfnisse. Daher sind sie unionsrechtlich der „besonderen Sozialhilfe“ zuzurechnen, die nicht zu Lasten nachzugswilliger Ausländer berücksichtigt werden darf.


Ist der Lebensunterhalt - auch unter Berücksichtigung der unionsrechtlichen Vorgaben - nicht (vollständig) gesichert, ist zu prüfen, ob eine Ausnahme von § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG in Betracht kommt. Verfassungs-, unions- oder völkerrechtliche Gewährleistungen sowie atypische Umstände des Einzelfalles, die so bedeutsam sind, dass sie das sonst ausschlaggebende Gewicht der gesetzlichen Regelung beseitigen, können Ausnahmen rechtfertigen (BVerwG 1 C 32.07 v. 26.08.08 Rn. 27 - Herstellung der Familieneinheit im Herkunftsland ist ausgeschlossen www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2558.pdf; BVerwG 16.11.10 - 1 C 21.09 Rn.18 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2355.pdf und BVerwG 22.05.12 - 1 C 6.11 Rn. 11 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2559.pdf). Dabei sind auch im Hinblick auf das unionsrechtliche Gebot der Einzelfallprüfung die in Art. 17 der Richtlinie 2003/86/EG genannten Aspekte zu berücksichtigen. Ob ein Ausnahmefall vorliegt, unterliegt voller gerichtlicher Überprüfung (BVerwG 22.05.12 11 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C2559.pdf).


  • Anmerkung: Siehe zum Aufenthaltrecht bei Sozialhilfebedürftigkeit /-bezug auch die Entscheidungen in dieser Rechtsprechungsübersicht zu §§ 30, 32, 35 AuslG / §§ 23, 23a, 25 AufenthG sowie
    Philippsohn, B., Fürsorgeleistungen und Aufenthaltsrecht, ZAR 5/2005, 143.


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