2.IN DER ALTEN KIRCHE UND IN DER MISSIONSGESCHICHTE hat, unter dem Eindruck der latent stets vorhandenen Verfolgungen durch den römischen Staat und andere Obrigkeiten, der Gedanke der Kreuzes-N. eine besondere Ausprägung erfahren. Der Bekenner Christi mußte bereit sein zum Martyrium, und er tritt damit auch in die Fußstapfen der Apostel Petrus und Paulus. Es entwickelt sich eine besondere Märtyrertheologie, im Sinne heilsgeschichtlich bedeutsamer Leiden um Christi und der Kirche willen, deren Anfänge sich bis in das Neue Testament zurückverfolgen lassen (Kol i,24ff.; Offb
11). Das Blut der Märtyrer wurde als Saat der Kirche verstanden. Unter dem Einfluß des asketischen Mönchtums und seinen Idealen von Armut und Ehelosigkeit, in denen auch ein deutlicher Protest gegen Luxus der Gesellschaft und Verweltlichung der Kirche zum Ausdruck kommt, hat dann im —> Mittelalter die Imitatio Christi sehr stark den Gedanken der N. geprägt. Franz von Assisi ist hier zweifellos der beeindruckendste Repräsentant dieser Frömmigkeit, die vor allem auch durch die Predigt der Bettelorden sich rasch im Abendland ausgebreitet hat. Die wesentlichen Elemente der Nachahmung Christi haben dann in ihrer Verbindung mit der Christus-Mystik die religiöse Erbauungsliteratur des Mittelalters und darüber hinaus entscheidend geformt. Die »Nachfolge Christi» des Thomas a Kempis ist ein köstliches Zeugnis dafür (—» Erbauungsschrifttum IIIi).
In der —> Reformation wurde im Rückgriff auf die Bibel N. Jesu vor allem als Glau- bensn. beschrieben, die in der reformierten Tradition sehr stark mit der Botschaft von der biblischen Lebensheiligung verschmolzen worden ist. I verschiedenen Ausprägungen des —>Pietismus und der Erweckungsbewegung alle diese Akzentuierungen des N.gedankens zusammengeflossen sind und reiche Früchte getragen haben. Dieser Prozeß, der auch stets eine kritische Überprüfung mit einschloß, hat sich bis in unser Jahrhundert hinein fortgesetzt. »Nachfolge« ist geradezu zu einem Zentralbegriff pietistisch-evange- likaler Verkündigung, Frömmigkeit und Theologie im weitesten Sinne geworden. Der Bogen ließe sich hier von Spener, Zin- zendorf und Wesley bis hin zu —» Tholuck, —» Kierkegaard und B. -> Graham schlagen. John Bunyans -Pilgerreise« repräsentiert die beste Tradition des puritanischen, erweckli- chen Schrifttums und der pietistisch-evan- gelikale Liedschatz enthält zahlreiche Kleinode, die die Größe, Herrlichkeit und Notwendigkeit der N. Jesu beschreiben.
Angesichts der technischen und sozialen Herausforderungen unserer Zeit, der Probleme von Umweltverschmutzung und der Spannungen zwischen reichen und armen Ländern im Nord-Süd-Konflikt; angesichts der ungeheuren Möglichkeiten und Dringlichkeit der christlichen Mission und der Unterdrückung und Verfolgung der Gemeinde Jesu in weiten Gebieten der Erde, hat in Europa und Nordamerika die Verpflichtung zur N. Jesu die Frage nach einem christlichen Lebensstil in unserer Zeit wach werden lassen. Es geht dabei um die Frage: Wie bezeugt der Christusnachfolger durch die Übereinstimmung von Wort und praktischem Verhalten im Alltag glaubwürdig im Überfluß einer Wohlstandsgesellschaft das Evangelium? Die bis jetzt gefundenen Antworten, die größtenteils noch den Charakter von vorläufigen Modellen an sich tragen, machen doch bereits klar, daß biblische Christus-N. in unserer Zeit ohne ein gewisses Maß an —> Askese, Opfer und Verzicht um der Brüder und des Evangeliums willen nicht möglich sein wird. Nur dann wird auch die eschatologische Dimension der N. Jesu wieder überzeugend aufleuchten. Denn
N. geschieht ja auf ein Ziel hin, und das ist die Vollendung und Bürgerschaft in Gottes Reich.
Lit.: D. Bonhoeffer, Nachfolge, 19648 - E. Schweizer, Erniedrigung und Erhöhung bei Jesus und seinen Nachfolgern, 19622 - M. Hengel, Nachfolge und Charisma, T968