Evangelisches Gemeindelexikon



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Liebenzeller Mission

Die L. M. wurde 1899 in Hamburg als deut­scher Zweig der China-Inland-Mission ge­gründet. Ihre Anfänge liegen in der schles­wig-holsteinischen Gemeinschaftsbewe­gung. Da sie in Hamburg obdachlos wurde, übersiedelte sie, von Freunden gerufen, An­fang April 1902 nach Bad Liebenzell, wo sie den heutigen Namen annahm. Nach erfreu­lichen Anfängen in Hamburg wächst sie in ihrer neuen Heimat stetig weiter. Es erfolgen laufend Aussendungen auf das Missionsfeld. In erheblichem Maß werden auch unverhei­ratete Frauen als Missionsschwestem aus­gesandt. 1906 übernimmt die Mission vom —> Jugendbund für EC die Arbeit auf den Süd­see-Inseln (Karolinen) und 1914 auf Wunsch des Bundes gläubiger Offiziere (G. v. —» Vie- bahn) die Arbeit unter den Kannibalen auf den Admiralitäts-Inseln (Manus). 1927 konnte die Arbeit in Japan, einige Zeit darauf auf weiteren Inseln in der Südsee beginnen und nach dem zweiten Weltkrieg auf Tai­wan (Formosa) und auf Ost-Neuguinea aus­gedehnt werden. Alle diese Arbeiten wurden trotz Kriegsgeschehens weitergeführt. 1952 reisten allerdings die letzten Missionsehe­paare aus China aus. - Zu der Auslands-Mis­sion kam als Heimatmission seit 1910 hin­zu: die Sammlung neupietistischer Gemein­schaften in Württemberg in der —» Süddeut­schen Vereinigung für-* Evangelisation und Gemeinschaftspflege und seit 1932 der Zu­sammenschluß von noch fernstehenden württembergischen, neupietistischen Ge­meinschaften sowie von Missionsfreunden in Gemeinschaften in Baden, Bayern und Hessen im »Liebenzeller Gemeinschafts­verband«, der ein Glied der Liebenzeller Mission ist. - Als dritten Arbeitszweig be­treibt die Mission seit 1934 eine diakonische Arbeit durch Übernahme des Pflegedienstes in verschiedenen Krankenhäusern, Alters­heimen und Gemeindestationen. - Die Zahl der Werksangehörigen einschließlich Ruhe­ständlern beträgt ca. 800 Personen. - Das Werk sucht als Glied der deutschen Ge­meinschaftsbewegung besonders deren Kreisen zu dienen und in ihnen den Mis­sionsgedanken zu wecken und zu pflegen. In Bad Liebenzell werden eine Stätte der —» Ausbildung mit Bibelschule und Missions­seminar, eine Haustöchterschule sowie in zwei Krankenhäusern Krankenpflegeschu­len unterhalten. Die Leitung des Werkes be­steht aus dem Vorstand, der monatlich Zu­sammentritt, und der jährlichen Mitglie- der-Versammlung. Beide Gremien werden vom Missions-Direktor geleitet. Die bishe­rigen Leiter: H. —> Coerper, E. —> Buddeberg, Sup. Paul-Gerhard Möller, Pfr. Albert Achenbach, Pfr. Wilhelm Grünewald; seit 1966 Pfr. Lienhard Pflaum.

Vatter

Liedgut und Liederbücher



  1. = Lied; Gb. = Gesangbuch

1. Die Zeit der -» Alten Kirche und das -»

Mittelalter

Wie Jesus und seine Jünger (Mt 26,30) konnte auch die frühchristliche Gemeinde für ihre gottesdienstlichen Feiern auf das



  1. gut Israels, vor allem den Psalter, zurück­greifen. Daneben enthält das NT selbst Lob­gesänge von den Heilstaten Gottes (Lk 1/46-55; 1,68-79; 2,29-32), Spuren von Gottes- und Christushymnen (z.B. Röm 11,33-36; Phil 2,6-H; iTim 3,16) und Hinweise auf verschiedene Ausprägungen gemeindlichen Singens (z.B. Kol 3,16; vgl. iKor 14,26). Ambrosius von Mailand (t397) führte den ostkirchlichen Wechselgesang der Psalmen im Westen ein und schuf eigene Hymnen in einfachster Form (Vierzeiler). Die Beteiligung aller am Singen trat jedoch infolge des Auseinanderfallens der Gemein­den in Klerus und Laien mehr und mehr zu­rück und beschränkte sich auf wenige litur­gische Elemente (u.a. Kyrieleison, Amen), fand aber in den - nicht im Gottesdienst beheimateten - Leisen (volkssprachlichen, aus dem Kyrieleison entwickelten Strophen) eine bescheidene Fortsetzung.

  1. Die Reformationszeit Erst Martin Luther gelang die Wiedergewin­nung des Gemeindesingens für den Gottes­dienst. Er und die seiner Anregung folgenden Dichterkomponisten übertrugen zahlreiche liturgische Stücke in eine für die »deutsche Messe« geeignete liedmäßige Form und füg­ten eigene L.er für Gottesdienst, Unterricht und Haus hinzu. Diese bezeugen auf der Grundlage des reformatorischen »allein aus Gnaden«, »was Gott an uns gewendet hat« (luther, Nun freut euch, lieben Christen gmein; Nun komm, der Heiden Heiland; Ge­lobet seist du, Jesus Christ; Nun bitten wir den heiligen Geist; Wir glauben all an einen Gott; Verleih uns Frieden gnädiglich; Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort; Ach Gott, vom Himmel sieh darein; Aus tiefer Not schrei ich zu dir; Ein feste Burg ist unser Gott; Va­ter unser im Himmelreich u.a.; Nikolaus herman, Lobt Gott, ihr Christen, alle gleich; Die helle Sonn leucht' jetzt herfür; paul spe- ratus, Es ist das Heil uns kommen her; Jo­hann gramann, Nun lob, mein Seel, den Herren; Nikolaus decius, O Lamm Got­tes,unschuldig; Allein Gott in der Höh sei Ehr). Diese L.er wurden auf Einblattdrucken, bald auch in privaten Gb.ern verbreitet (Wit­tenberg 1524/1529; wichtig Babstsches Gb. Leipzig 154 5). Ihrer Form nach volksliedhaft (z.T. aus Volks-L.ern entwickelt) gewannen sie einen wesentlichen Anteil an der Aus­breitung der —» Reformation. Besonders er­wähnenswert sind die eigenständigen L.er der Böhmischen Brüder (Michael Weißes New Gesengbuchlen 1531). In den ref. Kir­chen wurde die radikale Ablehnung jeglicher Musik im Gottesdienst von Seiten Zwinglis durch die (alleinige) Zulassung der Psalmen bei Calvin gemildert. Der Genfer L.psalter (Gesamtausgabe 1562) ist für die ref. Kirchen in aller Welt (22 Übersetzungen) und durch seinen Melodienreichtum auch in anderen Konfessionen wirksam geworden. Ein Teil des L.gutes der hart verfolgten Täufergrup­pen ist im »Ausbund« (meist Märtyrerl.er) enthalten, zuerst 1570 und noch i97013 (bzw. 24. Ausgabe) für die Amischen Ge­meinden in den USA gedruckt.

  2. Das Zeitalter der Gegenreformation Die L.er Luthers und seiner Freunde gelang­ten in den luth. Kirchen früh zu fast kanoni­schem Ansehen. Die folgende Zeit der alt­protestantischen Orthodoxie und Gegenre­formation steuerte Predigt-L.er bei, in denen die rechte Lehre und das verteidigende Ele­ment betont hervortreten, daneben Kreuz- und Trost-L.er, geprägt vom persönlichen Geschick der Dichter, aber nicht subjektivi- stisch in ihrer Aussage. Unter den ebenfalls hier neu auftretenden Ewigkeits-L.ern sind diejenigen philipp nicolais (Wie schön leuch­tet der Morgenstern; Wachet auf, ruft uns die Stimme) frühe Beispiele einer wieder­entdeckten (mystisch beeinflußten) Jesus­liebe (Hohelied!), der Form nach Kunst-L.er. Neu ist dieser Zeit die fortan neben dem bis­her üblichen Rückgriff auf Bibel und Liturgie häufige Zugrundelegung von Texten des —» Erbauungsschriftums. Bedeutende Melo­dien schuf Melchior vulpius (Gelobt sei Gott im höchsten Thron; Lobt Gott, den Herrn, ihr Heiden all; Christus, der ist mein Leben; Die helle Sonn leucht' jetzt herfür).

  3. Die Zeit des 3oJährigen Krieges

Ihr besonderer Beitrag ist das Vertrauenslied. Die persönliche Glaubenserfahrung tritt stärker hervor, das »Ich« des Sängers bleibt aber überindividuell (paul Fleming, In allen meinen Taten; iohann franck, Jesu, meine Freude; GEORG neumark, Wer nur den lieben Gott läßt walten; vgl. johann heermann, O Gott, du frommer Gott). Mit paul Gerhardt erreicht das L. der ev. Christenheit seinen unbestrittenen Höhepunkt nach der An­fangsleistung Luthers: Wie soll ich dich empfangen; Fröhlich soll mein Herze sprin­gen; Ich steh an deiner Krippen hier; Kommt und laßt uns Christum ehren; Nun laßt uns gehn und treten; Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld; O Haupt, voll Blut und Wunden; Auf, auf, mein Herz, mit Freuden; Zeuch ein zu deinen Toren; Du meine Seele, singe; Ich singe dir mit Herz und Mund; Sollt ich meinem Gott nicht singen; Ist Gott für mich, so trete gleich alles wider mich; Be­fiehl du deine Wege; Warum sollt ich mich denn grämen; Die güldne Sonne; Nun ruhen alle Wälder; Geh aus, mein Herz, und suche Freud; Ich weiß, mein Gott, daß all mein Tun u.a. Verglichen mit anderen Kirchen-

  1. ern des Barock sind Gerhardts L.er von be­sonderer Glaubenstiefe, sprachlich und in­haltlich ausgewogen und schlicht. Die dem Zeitalter typischen Spannungen zwischen spielerischer Diesseitsfreude und z.T. schwärmerischer Jenseitssehnsucht finden sich im allgemeinen auch in den Kirchen-

  1. em wieder. Die Gesetze der Kunstdich­tung (Opitzsche Reform: Beachtung der Wortakzente, sauberer Reim) setzen sich nun durch. Einzelne Gb.er, zunächst noch Privatausgaben von Verlegern oder Heraus­gebern, beginnen - mit obrigkeitlichen Pri­vilegien versehen - territoriale Gültigkeit zu erlangen. Ihr Aufbau liegt im wesentlichen fest: L.er für den Gottesdienst, Fest-L.er, Ka- techismus-L.er, Lob und Dank, Abend und Morgen, Tod und ewiges Leben. Bedeutende Komponisten bereichern den L.erschatz der ev. Kirche (Heinrich Schütz; Johann Crüger, Herausgeber des richtungweisenden Gb.s Praxis pietatis melica, Berlin 1647/173644 und Johann Georg Ebeling vor allem zu den

  1. ern Paul Gerhardts). Im Spätbarock wird der bisherige Kantionalsatz durch das Solo­lied (mit Generalbaß) abgelöst.

  1. Das Zeitalter des Pietismus und der Auf­klärung

a) die l.er des -» Pietismus sind von der gei­stesgeschichtlichen Entwicklung beein­flußt, daß Glaube und Welt nicht mehr als Einheit gesehen werden. Ein Zug zur Welt­flucht findet sich schon bei dem ehemals lutherischen kath. Mystiker johann scheff ler (Mir nach, spricht Christus, unser Held). Die eigenen L.er des Pietismus handeln von Buße, —> Bekehrung, -» Heiligung, Liebe zu Jesus, —» Gemeinschaft und Pilgerschaft der Gläubigen. Die Kirche und ihr Gottesdienst treten in den Hintergrund. Der »Seelen Se­ligkeit« steht im Mittelpunkt und wird an­betend oder erwecklich besungen; sie soll auch den Aufbau des Gb.s bestimmen (Frey- linghausen, Halle 1704 und 1714; Porst, 1708, zuletzt 1905!). Die konfessionellen Schranken werden nicht mehr betont: Eins ist not, ach Herr, dies eine lehre mich erken­nen doch, singt johann Heinrich Schröder, nämlich »Jesus gewinnen«. Zum erstenmal treten auch im ref. Bereich bei Joachim ne- ander nicht-psalmabhängige L.er auf (Lobe den Herren, den mächtigen König; Wunder­barer König). Selbst theologisch den Pietis­mus ablehnende Dichter wie erdmann neu­meister (Jesus nimmt die Sünder an) und Ben­jamin schmolck (Jesus soll die Losung sein; Tut mir auf die schöne Pforte) sind von sei­ner Erlebnisfrömmigkeit und Sprache beein­flußt. Mystisches Erbe ist besonders echt ausgeprägt bei Gerhard tersteegen (Brunn alles Heils, dich ehren wir; Gott ist gegen­wärtig; Ich bete an die Macht der Liebe; Kommt, Kinder, laßt uns gehen). Nikolaus Ludwig von zinzendorf besingt in immer neuen, teilweise improvisierten L.ern die Liebe zu Jesus und den Seinen. In der seiner Herrnhuter -» Brüdergemeine typischen Singstunde reiht sich als gesungene Predigt Liedstrophe an Liedstrophe. Christian Gre­gor (Ach mein Herr Jesu, dein Nahesein) suchte 1778 mit seiner Neubearbeitung des älteren Herrnhutischen Gb.s von 1735 be­hutsam die totale Aufsplitterung der L.er aufzuhalten und reinigte zugleich viele Texte Zinzendorfs von sprachlichen und in­haltlichen Entgleisungen (z.B. in Herz und Herz vereint zusammen). Erst 1927 erschien eine völlig neue Ausgabe, 1967 eine weitere. Im übrigen entdeckt der Pietismus den Sen­dungsauftrag der Kirchen, im L.gut bis heute nur spärlich vertreten (karl Heinrich von bogatzky, Wach auf, du Geist der ersten Zeugen). Erst im Pietismus mit seiner L.er­fülle wurde es erforderlich, aber auch durch drucktechnischen Fortschritt möglich, das Gb. jedermann zugänglich zu machen, so daß es für lange Zeit das wichtigste Erbau­ungsbuch neben der Bibel werden konnte. Das Auswendigsingen der (wenigen) gottes­dienstlichen Hauptlieder (Gradual-L., De- tempore-L. des Kirchenjahres) trat zurück.

b) Aufklärung. Lagen dem pietistischen L. bei aller Beschränkung auf das Verhältnis der Seele zu Jesus und den Seinen immer die Heilstaten Gottes in Christus zugrunde, so kommt es in der —> Aufklärung zu einer ra­dikalen Engführung. Die gläubige Betrach­tung des Christusgeschehens weicht einer auf moralische Belehrung ausgerichteten allgemeinen Weltbetrachtung. Den Gehalt biblischer Aussagen und das überlieferte Be­kenntnis der Kirche nach Form und Inhalt geringschätzend wird das bisherige L.gut ra­dikal ausgemerzt (Paul Gerhardt!), durch neue Texte voller Pathos ersetzt oder bis zur Unkenntlichkeit umgedichtet (Friedrich gottlieb klopstocK; samuel diterich). Selbst in den wenigen noch heute gesungenen L.ern dieser Epoche ist der »moralische Zei­gefinger« nicht zu übersehen (z.B. in johann cramers Das sollt ihr, Jesu Jünger, nie ver­gessen). Auch bei Christian fürchtegott gellert (Wenn ich, o Schöpfer, deine Macht. . . anbetend überlege (!)) und Mat­thias -»Claudius (Wir pflügen und wir streu­en; Der Mond ist aufgegangen) steht der Er­ste Glaubensartikel im Vordergrund. Der ref. Psalter wurde durch Matthias jorissen neu »bereimt«, dessen Fassungen die 200 Jahre gültigen durch den Lutheraner Ambro­sius lobwasser ablösten. Die v



  1. Das Zeitalter der Erweckungsbewegung Die Dichter der deutschen Klassik nach Klopstock haben keine Kirchen-L.er hervor­gebracht; das Religiöse war ein Feld neben anderen geworden (Die Aufnahme von Ge­dichten Goethes in rationalistische Gb.er bleibt eine wunderliche Episode der Gb.ge- schichte). Erst die Romantik suchte wieder den Anschluß an die Tradition und forderte die Wiederherstellung des Ursprünglichen als des Echten auch im Bereich des Kir- chen-L.es. So wurde im 19. Jh. eine Fülle von hymnologischen Standardwerken veröffent­licht. ERNST MORITZ -*• ARNDT (Ich weiß, woran ich glaube) forderte - auf dem Hinter­grund der Befreiungskriege zu verstehen - Einheit des L.gutes durch Rückkehr zum Altbewährten. 1854 verabschiedete die Ei­senacher Kirchenkonferenz einen Stamm von 150 Kernl.ern, der sich aber nur zögernd in den neuen Territorial-Gb.ern durchsetzte.

Jedoch war ein erster Schritt getan, bis das Ev. Gb. für die Schutzgebiete und das Aus­land (1915) als Deutsches Ev. Gb. (DEG) - durch einen regionalen Anhang vermehrt - in vielen Landeskirchen (bis 1931) einge­führt wurde.

Die -> Erweckungsbewegung schuf neue, bewußt biblisch ausgerichtete L.er (PHILIPP spitta, O komm, du Geist der Wahrheit; Bei dir, Jesu, will ich bleiben; Ich steh in meines Herren Hand; vgl. auch albert —» knapp), dazu zahlreiche Missions-L.er und Reich- Gottes-L.er (s. —» Volkenings-Missionsharfe; GEORGE FRIEDRICH FICKERT, O daß doch bald dein Feuer brennte; samuel preiswerk, Die Sach ist dein, Herr Jesu Christ; s.a. Gustav knak). Auch das entsprechende L.gut der an­gelsächsischen Kirchen und —> Freikirchen (Work-Hymns, z.B. Auf, denn die Nacht wird kommen) dringt nach Deutschland vor. Die deutschen Freikirchen des 19. Jh.s schaf­fen sich ebenso wie die »Notgemeinden« (Beyreuther) der Zeit, die kirchlichen —»Ver­eine, eigene L.er und L.erbücher, die den be­sonderen Anliegen Rechnung tragen (Ge- meinde.der Gläubigen, -»Evangelisation, -» Diakonie), und geben - zunächst zögernd - dem angloamerikanischen Erweckungs-L. (»Heilslied«) methodistischer Prägung Raum, das in seiner sprachlichen, zumal der übersetzten Form wie in musikalischer Hin­sicht gelegentlich dilletantisch wirkt, aber breitere Volksschichten erreichte und seine geistliche Wirksamkeit speziell in der Evan­gelisation vielfach bewiesen hat. Wegen ih­res nicht immer zuchtvollen Zuges zur Sen­timentalität und der in ihnen vorausgesetz­ten scharfen Unterscheidung von Gläubigen und Ungläubigen fanden diese L.er in den Landeskirchen keine Anerkennung. Sie tei­len das Schicksal der sog. »geistlichen Volkslieder« (julie hausmann-friedrich sie­cher, So nimm denn meine Hände; Friedrich reader-cEsar malan, Harre, meine Seele; Jo­seph mohr-franz gruber, Stille Nacht, hei­lige Nacht), die - in Anhänge verbannt - nur für das häusliche Singen zugestanden wur­den. L.erbücher dieser Richtung erreichten sehr hohe Auflagen und sind teilsweise noch heute umgearbeitet lieferbar, allen voran die Reichslieder der —» Gemeinschaftsbewe­gung, zuerst 1892, (—» Ihloff) vgl. Ev. Psalter 1914, Ernst —» Gebhardts Frohe Botschaft im Lied 1875, Evangeliumssänger 1890, Ret­tungsjubel 1906/1912, Pfingstjubel 1909.



7. Das 20. Jh.

Durch Impulse der kirchlichen Jugend- und Singbewegung kam es zu einer Neubesin­nung auf das alte Lied, speziell der Reforma­tionszeit, mit seiner Betonung der objekti­ven Heilstaten Gottes. Schrittmacherdien­ste für die sich daraus ergebende Gb.reform taten u.a. die Jugend-Gb.er otto -> rieth- müllers von 1932 (Ein neues Lied/Der helle Ton); ihm ist auch die Wiederbelebung der L.er der Böhmischen Brüder mitzuverdan­ken. In der Zeit des —» Kirchenkampfes be­standen die L.er von der Herrschaft Gottes, der die Geschichte der Welt und die Ge­schicke seiner Kirche lenkt, ihre Bewäh­rungsprobe. Unter den Neuschöpfungen des 20. Jh.s ragen die L.er jochen -» Kleppers mit ihrer biblischen Mitte und ihrer schlichten, gemeindemäßigen Sprache hervor (Die Nacht ist vorgedrungen; Melodie von Jo­hannes petzolD; Er weckt mich alle Mor­gen, Melodie Rudolf zöbeley). 1950 er­reichte die Erneuerung des kirchlichen Sin- gens ihren vorläufigen Abschluß durch das Ev. Kirchengesangbuch (EKG) mit seinen 394 L.ern im Stammteil, 40% aus der Re­formationszeit und der unmittelbar folgen­den Epoche enthaltend, aufgebaut nach li­turgischen Gesichtspunkten (I Das Kirchen­jahr, II der Gottesdienst, III Psalmen, Bitt- und Lobgesänge für jede Zeit, IV L.er für be­sondere Zeiten und Anlässe). Die regionalen Anhänge bieten Sondergut der verschiede­nen Landeskirchen. Hier wurde dem im Stammteil nur schwach vertretenen pieti- stischen L.gut z.T. erheblich mehr Raum gewährt (Württemberg 1953); in der jüng­sten Ausgabe Rheinland/Westfalen/Lippe (1969) treten vermehrt zeitgenössische L.er und (mehrsprachig) solche aus der weltwei­ten Christenheit auf. Im —» Gnadauer Ver­band wird seit 1949 das Gemeinschaftslie­derbuch benutzt. Die ev. Freikirchen haben in den letzten Jahren alle neue Gb. erhalten, die Ev. Brüdergemeine (1967), die Ev.-me- thodistische Kirche nach dem Zusammen­schluß der Bischöflichen -» Methodisten­kirche mit der Ev. Gemeinschaft 1969, die —» Mennoniten (Süddeutsche Konferenz) 1972; für den Bund Ev.-Freikirchlicher Gemeinden (—» Baptisten) und den Bund —» Freier ev. Gemeinden 1978 die Gemeindelieder, die die Glaubensstimme (1849/1894/1950) bzw. den Gemeindepsalter (1931) ablösen,- vgl. auch Liederbuch der —» Heilsarmee (1971).

Diese Neuausgaben enthalten im Vergleich zum EKG zahlreiche L.er aus diesem Jh., die L.er der jeweiligen Gründungszeit dominie­ren nicht mehr (bisher bis zu 40% aus dem 19. Jh.). Textlich und musikalisch ist der Ausgleich mit dem EKG weiter vorange­schritten.

Die Bestrebungen, gemeinsame Kirchenlie­der (1973) in ökumenischen Fassungen fest­zulegen, konnten nur noch z.T. berücksich­tigt werden (Dies geschah weitgehend im Gotteslob, dem neuen Gb. der deutschspra­chigen röm.-kath. Diözesen von 1975. Die Entwicklung des kath. L.gutes konnte ebenso wie die in den außerdeutschen Kir­chen aus Raumgründen hier nicht berück­sichtigt werden).

In den Gemeinden der —» Versammlungen wird seit 1853 aus einer Kleinen Sammlung geistlicher Lieder gesungen, deren 147 L.er meist eigener Tradition (der Ausgabe von 1909) bei den sog. »exklusiven Versamm­lungen« fast kanonischen Rang haben, wäh­rend andere Zweige der Bewegung erwei­terte Ausgaben oder Umarbeitungen (Glau­benslieder 1952/1969) benutzen. Einige ih­rer für das »Brotbrechen« (Mahlfeier am Tisch des Herrn) bestimmten Anbetungslie­der hatten durch den teilweisen Zusam­menschluß mit den Baptistengemeinden auch in deren Glaubensstimme (1950 s.o.) Platz gefunden, ebenfalls im Gemeindepsal­ter der ihnen in der Entstehungsgeschichte benachbarten Freien ev. Gemeinden. Der Austausch von Eigenliedgut der Freikirchen untereinander war bisher sonst gering; Aus­nahmen bilden der auch in Gemeinschafts­kreisen sehr geschätzte Übersetzer ernst Gebhardt (Welch ein Freund ist unser Jesus) und Hermann Heinrich grafe (Wir wollen deinen Tod verkünden; Darf ich wieder­kommen).

Seit i960 zeigt sich, beginnend in der Ju­gendarbeit, zunehmend die Tendenz, Kir- chen-L.er in sprachlicher und musikalischer Hinsicht vielfältiger zu gestalten. Eine Springflut von L.ern im Stil der Unterhal­tungsmusik ergoß sich über die zwischen Skepsis und Begeisterung schwankende kirchliche und nichtkirchliche Öffentlich­keit. Die vielberufene Bezugnahme auf das Vorbild der sog. Kontrafaktur (Rückgriff auf Volkslieder) bei den Reformatoren geht fehl, denft der »Schlager« ist kein Volkslied zum Singen, sondern ein Sololied zum Zuhören (oder auch nicht). Inhaltlich sind viele dieser »modernen Lieder« auf die anthropologische Frage nach dem »Sinn des Lebens« einge­engt, mit z.T. sehr klischeehaften Antwor­ten. Andere haben aber auch die Sendung der Kirche und das Engagement für die Welt neu für das Singen entdeckt. Die theologisch ge­wissenhaft formulierten und musikalisch gemeindegemäßen, nicht zu avantgardisti­schen Versuche blieben selten; unter ihnen überzeugen die reimlosen Bibeltextbearbei­tungen am ehesten (rolf schweizer, Das ist ein köstlich Ding; paul ernst ruppel, Ich will dir danken, Herr,- Gerhard valentin-herbert beuerle, Herr, deine Güte reicht, so weit der Himmel ist). Die Landeskirchen haben be­gonnen, Spreu vom Weizen zu trennen und bieten in Heftform Gb.-Beilagen zur Erpro­bung an. - Eine vergleichbare Welle an neuen L.ern, begleitet von einer oft undiffe­renzierten Wiederverwendung der alten ••Heilslieder« ist im —» evangelikalen Raum zu beobachten. Als Gruppen-L.er insbeson­dere von den zahlreichen Jugendchören und -bands gesungen oder vorgetragen, sind die meisten von ihnen von vornherein nicht für das Gemeindesingen gedacht. Die verbrei­tetsten L.bücher dieser Bewegung dürften sein: Jesus Name nie verklinget I—III, Songs junger Christen I—n, Songs für Jesus I—III; vgl. auch die Neuausgaben von Singt von Je­sus (EC, 1969) und Wacht auf (—» CVJM

1974).


Lit.: Handbuch zum EKG, seit 1953 5 Teilbände - Jahrbuch für Liturgik und Hymnologie, 1955ff- - Christoph Albrecht, Einführung in die Hymnolo­gie, 1973 - H. Bernewitz, Der Sendungsauftrag der Kirche in den Gesangbüchern der Brüdergemeine von 1927 und 1967 und im EKG von 1950, Diss.theol. Halle-Wittenberg, 1968 - Theophil Bruppacher, Was töricht ist vor der Welt. 48 Ge­meinschaftslieder erläutert, Bern 1959 - K. Dahn, Die Hymnologie im deutschsprachigen Metho­dismus, in: C. E. Sommer, Der Methodismus, 1968 - R. Deichgräber, Gotteshymnus und Christus­hymnus in der frühen Christenheit, 1967 - K. C. Thust, Das Kirchenlied der Gegenwart. Kritische Bestandsaufnahme, Würdigung und Situationsbe­stimmung, 1976 (gute Materialsammlung, theolo­gisch und hymnologisch unzureichend) -O. Riek- ker, Erwecklich singen? Wert und Bedeutung des erwecklichen Liedes, 1967

Balders


Lilje, Hanns, *20.8.1899 Hannover, 16. 1. 1977 ebda. Bereits als Jugendlicher zur Glaubensgewißheit gekommen, wurde L. nach dem Theologiestudium in Göttingen, Leipzig und Zürich Studentenseelsorger und




Hanns Lilje


-» Evangelist für gebildete und kritische Zeitgenossen. Als Herausgeber der »Jungen Kirche« und der »Furche« prägte er seit 1933 von Berlin aus wesentlich das Gesicht der Bekennenden Kirche (-» Kirchenkampf). Nach dem Hitler-Attentat wurde er im Au­gust 1944 inhaftiert und entkam nur knapp der Hinrichtung. Seinem Haftbericht gab er den Titel »Im finstern Tal«. 1947 zum Lan­desbischof in Hannover berufen, entfaltet L. eine auf vielen Ebenen wirksame Tätigkeit. Das Programm der Ev. Akademien trug seine Handschrift. Mit einer seelsorgerlich geprägten und auf tapfere Entscheidung drängenden Predigtweise erreichte er Nahe und Ferne, zumal er sich auch auf dem Par­kett der Politiker, Journalisten und Künstler zu bewegen verstand. Auf den Kirchentagen (seit 1949) saßen Tausende zu seinen Füßen, wenn er die Bibel auslegte. - Schon früh wuchs L. in weltweite Aufgaben hinein: 1932 Vizepräsident des Christlichen Stu- denten-Weltbundes (-^ Studentenarbeit), 1952-57 Präsident des Lutherischen Welt­bundes, 1968 einer der Präsidenten des ökumenischen Rates der Kirchen. - Die von L. 1947 begründete Wochenzeitung »Sonn­tagsblatt« spiegelte nur am Anfang seine ei­gene Überzeugung.

Lit.: Memorabilia, Schwerpunkte eines Lebens, 1973 (Verzeichnis wichtiger Schriften)

Rothenberg




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