Gericht bvwg entscheidungsdatum



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Nachgefragt, weshalb er dies glaube, meinte er, dies gespürt zu haben. Er habe sein gesamtes Vermögen verloren. Die Ukrainer würden alle Personen, die aus XXXX oder XXXX stammen würden, für Verräter und Feinde halten.
Zu Österreich befragt, erklärte BF3, hier nur seine Familie zu haben, mit der er zusammenlebe. Weitere Verwandte habe er hier nicht.
Er habe hier auch keine privaten Interessen und sei in keinen Vereinen tätig. Er besuche einen Deutschkurs und lebe von der Grundversorgung. Er arbeite zurzeit nicht und sei unbescholten.
Seine Tochter habe nicht beim ukrainischen Militär gedient. Sie habe auch keinen Einberufungsbefehl zum ukrainischen Militär erhalten. Die Soldaten hätten nach seiner Tochter gefragt, da sie deren Englisch-Kenntnisse benötigt hätten. Sie seien aber ausgereist. Bis zuletzt habe BF3 verletzten Menschen geholfen. Er sei jedes Mal, wenn geschossen worden sei, auf die Straße gelaufen, um zu helfen.
In Österreich wolle er in Zukunft gerne arbeiten. Außerdem gefalle es seiner Tochter hier gut.
Auf Frage des Rechtsanwaltes, ob er etwas über einen Gefangenenaustausch wisse, meinte BF3, vieles gehört zu haben. Er habe gehört, dass die ukrainische Armee die Zivilbevölkerung aus XXXX und XXXX mitgenommen und gegen eigene Soldaten getauscht habe.
Die Armenier in der Ukraine würden in der Westukraine mit den Ukrainern und in der Ostukraine mit den Russen sympathisieren.
Er habe Freunde und Bekannte auf beiden Seiten, wobei er nach dem Krieg keinen Kontakt mehr gehabt habe.
Befragt, warum BF1 und BF2 beim Referendum nicht abgestimmt hätten, meinte er, nicht mehr zu wissen, ob seine Tochter dort gewesen sei oder nicht. Er könne sich daran nicht erinnern. Üblicherweise würden Frauen bei ihnen in Armenien an derartigen Dingen nicht teilnehmen, in Russland schon. Sie würden versuchen, ihre Bräuche zu bewahren.
Den BF wurden aktuelle Länderinformationen zum schriftlichen Parteiengehör ausgefolgt.
Das Bundesasylamt beauftragte in der Folge Prof. MMag. Dr. h.c. Ernst Madlener zur Erstellung einer Recherche im Herkunftsstaat. Aus der Recherche vom 10.08.2015 ergibt sich, dass die von den BF angeführte Identität korrekt sei und sie zuletzt an der angeführten Adresse in XXXX registriert gewesen seien. Auch das Vorbringen über ein Haus in XXXX entspreche den Tatsachen und sei auch der vorgelegte Führerschein von BF3 echt. Auch die Tätigkeit von BF3 in einer Schusterwerkstatt habe verifiziert werden können.
Als Ergebnis wurde in der Recherche festgehalten, dass Identität, Staatsbürgerschaft, Wohnsitz und Eigentumsverhältnisse wahrheitsgemäß von den BF angegeben worden seien.
Am 18.09.2015 (Poststempel vom 16.09.2015) erhoben die BF Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht.
Mit den im Spruch angeführten Bescheiden des BFA vom 29.09.2015 (wurden unter Spruchteil I. die Anträge auf internationalen Schutz vom 01.12.2014 bezüglich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und unter Spruchteil II. gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 diese Anträge auch bezüglich der Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ukraine abgewiesen.
Unter Spruchteil III. wurde den BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG wurde gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der BF in die Ukraine gemäß § 46 FPG zulässig sei und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt.
In den Entscheidungen findet sich ein Spruchpunkt IV. lediglich in der Übersetzung.
Volksgruppe, Religionszugehörigkeit und Identität der BF wurden festgestellt.
Festgestellt wurde, dass keine Verfolgung in der Ukraine durch staatliche Organe oder Privatpersonen vorliege. Gegen die BF gerichtete Verfolgungshandlungen hätten nicht glaubhaft gemacht werden können. Es habe auch aus den sonstigen Umständen keine asylrelevante Verfolgung iSd. Gründe der GFK festgestellt werden können.
Das BFA führte darüber hinaus aus, dass nicht festgestellt werden habe können, dass die BF einer Gefährdung oder Verfolgung im Herkunftsstaat ausgesetzt gewesen seien oder ihnen eine solche drohe. Die BF würden im Heimatland über familiäre Anknüpfungspunkte verfügen im Übrigen auch in Armenien und in Russland und habe laut BFA nicht festgestellt werden können, dass sie im Falle ihrer Rückkehr in die Ukraine der Gefahr ausgesetzt werden würden, dort in eine finanzielle Notlage zu geraten.
Nach Wiedergabe von Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat wurde beweiswürdigend festgehalten, dass die BF keine individuellen Verfolgungsgründe vorgetragen hätten. Vielmehr beziehe sich ihr Vorbringen auf die Kriegshandlungen in der Ostukraine.
Den BF wäre es möglich, den Problemen in der Heimatregion durch einen Umzug nach XXXX zu entgehen, wo sich die Tochter von BF2 und BF3/Schwester von BF1 mit deren Familie aufhalte.
Rechtlich wurde zu Spruchpunkt I. ausgeführt, dass es den BF nicht gelungen sei, eine Verfolgung in der Ukraine glaubhaft vorzutragen. Weder aus dem Vorbringen noch aus dem Amtswissen sei ableitbar, dass die BF in der Ukraine der Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt seien. Auch aus dem sonstigen Ergebnis des Ermittlungsverfahrens hätten sich bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise auf das Vorliegen eines Sachverhaltes ergeben, welcher nach der GFK zur Gewährung von Asyl führen würde.
In Spruchpunkt II. wurde dargelegt, dass sich eine persönliche Gefährdung der BF in der Ukraine nicht ergeben habe. Grundsätzlich bestehen bezüglich die Ukraine keine Anhaltspunkte dafür, dass dort gegenwärtig eine derart extreme Gefahrenlage herrsche, durch die praktisch jeder – unabhängig vom Vorliegen individueller Gründe – der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre.
Im Verfahren seien keine Anhaltspunkte dafür hervorgekommen, wonach die BF im Falle einer Rückkehr in die Heimat in eine lebensbedrohende Notlage geraten würden, zumal als soziales Auffangnetz die Familie fungieren könnte. Weiters sei es den BF zumutbar, Unterstützung von Seiten humanitärer Organisationen in Anspruch zu nehmen. Die BF seien im Übrigen selbsterhaltungsfähig und sei ihr Unterhalt gesichert. Es sei ihnen eine Wideraufnahme ihrer bisherigen Tätigkeit möglich.
Die BF würden im Übrigen an keinen Erkrankungen leiden, die einer Rückkehr in die Ukraine im Hinblick auf Art. 3 EMRK entgegenstehen würde.
Zu Spruchteil III. wurde eingangs ausgeführt, dass sich Anhaltspunkte für die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht ergeben hätten.
Das Familienleben der BF beschränke sich auf die Mitglieder der Kernfamilie, wobei zeitgleich gleichlautende Entscheidungen ergehen würden.
Zum im Bundesgebiet entfalteten Privatleben wurde ausgeführt, dass ein Eingriff in dieses im konkreten Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 EMRK gedeckt sei und die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit im konkreten Fall höher zu bewerten sei, als die privaten Interessen der BF an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet.
BF1 und BF2 seien illegal und somit rechtswidrig in das Bundesgebiet eingereist und würden sich hier seit Dezember 2014 aufhalten. Ihr Aufenthalt im Bundesgebiet sei alleine aufgrund der Betreibung eines Asylverfahrens und somit lediglich für die Dauer ihres Asylverfahrens legalisiert. Sie würden keiner Arbeit nachgehen und von der Grundversorgung leben. Sie seien unbescholten und würden Deutsch lernen.
Sie hätten demnach keine relevanten privaten und familiären Anknüpfungspunkte darlegen können, sondern hätten stärkere Anknüpfungspunkte zum Herkunftsstaat als zu Österreich. Auch würden Verstöße im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechtes bestehen und hätte ihnen im Übrigen ihr unsicherer Aufenthaltsstatus bewusst sein müssen. Eine schuldhafte Verfahrensverzögerung seitens der handelnden Behörden könne nicht festgestellt werden.
Im Lichte des Art. 8 EMRK sei die Rückkehrentscheidung betreffend die BF gerechtfertigt und ihre Abschiebung in die Ukraine zulässig, was bereits in Spruchpunkt I. und II. geprüft worden sei.
Gegen diese Bescheide wurde in einem gemeinsamen Schriftsatz Beschwerde erhoben und diese lediglich in den Spruchpunkten II. und III. – allenfalls auch in Punkt IV. (der sich nur in ukrainischer Sprache finde) – angefochten.
In der Beschwerde wurden eingangs gerafft die Geschehnisse im Herkunftsstaat geschildert, die zur Ausreise geführt hätten.
Verwiesen wurde auf die seitens des BFA ausgefolgten Länderinformationen zur Ukraine, wonach es in spezifischen Fällen für Frauen grundsätzlich möglich sei, wehrpflichtig zu sein. Im Fall des Entzugs vor dem Wehrdienst würden sie auch bestraft werden. Die Anfragebeantwortung sei verwaschen und unklar.
Zur Lage der intern Vertriebenen wurde ausgeführt, dass die Stimmung in der Bevölkerung den Vertriebenen aus der Ostukraine gegenüber umschlage. Vertriebene aus der Ostukraine würden laut UNHCR diskriminiert werden. Sie seien eigentlich in XXXX und anderorts nicht willkommen.
Es wurde unter Beifügung von Fotos festgehalten, dass am ehemaligen Wohnort der BF Menschen getötet werden würden.
Verwiesen wurde auch auf die vorgelegten Empfehlungsschreiben der Bevölkerung im Raum XXXX , wo die BF gut integriert seien und Unterstützung von der Bevölkerung erfahren würden.
Moniert wurde insbesondere, dass sich das BFA Textbausteinen bedient habe.
Konkret habe die belangte Behörde dadurch verkannt, dass es um die Behandlung von Binnenflüchtlingen gehe.
Auch habe das BFA zu Unrecht einen Textbaustein zu erkrankten Asylwerbern in die Bescheide aufgenommen.
Das BFA habe es unterlassen, die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 04.11.2014 in die Bescheide aufzunehmen. Dort werde die schlechte Stimmung der ukrainischen Bevölkerung gegenüber Binnenflüchtlingen aus der Ukraine aufgezeigt. Es komme zu Diskriminierungen und verschärfe sich die Situation durch die ökonomische Krise in der Ukraine zwischen Binnenflüchtlingen und der örtlichen Bevölkerung. Schon im September 2014 habe die Forschungsstelle Osteuropa der Uni Bremen berichtet, dass einige der Binnenflüchtlinge aus dem Osten der ukrainischen Regierung und Armee zu kritisch gegenüber stehen würden und die separatistische Bewegung im Osten offen unterstützen würden. Dies würde den Konflikt noch weiter anheizen. Die Regierung habe wenig Kapazität, um die Situation der Binnenflüchtlinge zu meistern.
Als Beweis wurde ein Internetbericht (www.krymsos.com "Relationship between hostcommunities and internally displaced person in Ukraine, aufgerufen am 15.10.2015) zitiert.
Aufgrund ihrer armenischen Volksgruppenzugehörigkeit seien sie umso mehr von Diskriminierungen betroffen.
Als Übersetzerin sei BF1 auch als Frau mit speziellen Kenntnissen der Gefahr ausgesetzt, zum Wehrdienst gezwungen zu werden, zumal erfahrungsgemäß auf Binnenflüchtlinge zurückgegriffen werde, um die lokale Bevölkerung zu schonen.
Zur schlechten Lage ukrainischer Binnenflüchtlinge wurde ein weiterer Internetbericht (www.diepresse.com "Caritas warnt nun auch vor Flüchtlingswelle aus Ukraine" aufgerufen am 15.10.201) zitiert.
Es wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
Mit der Beschwerde wurden vorgelegt:
* Undatiertes Empfehlungsschreiben von XXXX betreffend BF1;
* Empfehlungsschreiben XXXX aus Oktober 2015 sowie
* Farbfotos.
Am 05.11.2015 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine Stellungnahme samt Urkundenvorlage mit Datum 08.07.2015 ein, wobei sich auf dieser ein Eingangsstempel des BFA vom 11.07.2015 befindet.
Mit der Stellungnahme wurden Fotos übermittelt, die den Kriegszustand in der Umgebung der Wohnung der BF in XXXX zeigen. Auch wurden Berichte im Zusammenhang mit dem Ostukrainekonflikt zitiert.
Im Übrigen wurde darin das auch später in der Beschwerde wiederholte Vorbringen hinsichtlich der prekären Situation von Binnenvertriebenen in der Ukraine wiederholt. Die vom BFA vorgehaltenen Länderinformationen würden dies bestätigen.
Zur besseren Übersichtlichkeit werden die im Verlauf des Beschwerdeverfahrens weiteren vorgelegten Unterlagen getrennt nach BF am Ende des Verfahrensganges wiedergegeben.
Das Bundesverwaltungsgericht führte am 17.02.2017 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Russisch eine mündliche Verhandlung durch, an welcher BF1 und BF2 teilnahmen. Der Rechtsvertreter ist ebenso wie ein Vertreter des BFA nicht erschienen.
BF3 nahm an der Beschwerdeverhandlung nicht teil, da er sich am 31.01.2017 einer OP (Prostatakrebs) unterzogen habe.
Die erkennende Richterin brachte Feststellungen und Berichte über die allgemeine Lage im Herkunftsstaat in das gegenständliche Verfahren ein, wobei BF1 und BF2 keine Stellungnahme hiezu abgegeben und auch keine Frist hiefür beantragt haben. Dennoch wurde für ein schriftliches Parteiengehör eine Frist von zwei Wochen gewährt.
Am 09.03.2017 langte eine Stellungnahme – insbesondere Urkundenvorlage – ein.
Vorgelegt wurden:
BF1:
* ?XXXX ;
* Mitteilung über die beabsichtigte Eheschließung von BF1 mit XXXX (E-Mail der Polizei an das BFA vom 25.10.2016);
* Heiratsurkunde über die standesamtliche Eheschließung mit XXXX am

XXXX ;
* Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe gemäß § 61 Abs. 4 VwGG samt Fristsetzungsantrag gemäß § 38 VwGG (Poststempel vom 11.01.2017);


* Dienstvertrag mit der XXXX , wonach ein Dienstverhältnis mit BF1 für den Fall einer Arbeitserlaubnis eingegangen wird;
* Empfehlungsschreiben XXXX und XXXX vom 23.02.2017 und vom 27.02.2017 sowie
* Empfehlungsschreiben XXXX , Teilnahme an einer privaten Kochrunde, vom 24.02.2017.
BF2:
* Deutschkursbesuchsbestätigung Caritas, Deutsch-Aufbaukurs aus Dezember 2015;
* ?XXXX , Urkunde für XXXX Kochrunde vom 05.11.2016 sowie
* Empfehlungsschreiben XXXX , Teilnahme an einer privaten Kochrunde, vom 24.02.2017.
BF3:
* Deutschkursbesuchsbestätigung Caritas, Deutsch-Aufbaukurs aus Dezember 2015;
* Bescheinigung ÖRK, Erste-Hilfe-Auffrischungskurs vom 05.12.2015;
* Befundberichte Facharzt für Urologie und Andrologie vom 08.09.2016, 09.11.2016 und 16.11.2016;
* Undatiertes Schreiben von XXXX , Oberteilerzeugung und Schuhreparatur;
* Empfehlungsschreiben XXXX vom 27.02.2017;
* Aufenthaltsbestätigung XXXX vom 06.02.2017 über den stationären Aufenthalt vom 30.01.2017 bis 06.02.2017 sowie
* Kurzarztbrief Klinikum XXXX vom 06.02.2017.
BF:
* Fotopräsentation der BF mit dem Ehemann von BF3;
* undatierte Empfehlungsschreiben XXXX , XXXX , XXXX ;
* Empfehlungsschreiben Familie XXXX , Familie XXXX vom 27.02.2017 und 25.02.2017;
* Internetbericht vom 21.07.2016, Ukraine: Torture and Secret Detention on Both Sides of the Conflict Line, sowie
* Meldungen zur Ukraine aus dem Internetauftritt der Tageszeitung XXXX vom 18.02.2017, 19.02.2017, 20.05.2016, 05.04.2016, 16.02.2017 und 19.02.2017.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Beweis wurde erhoben durch den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte der BF, beinhaltend die niederschriftlichen Einvernahmen vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und dem BFA, die vorgelegten Dokumente sowie Unterlagen zu integrativen Aspekten und dem Gesundheitszustand von BF3, die Beschwerden vom 16.10.2015, durch Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht mit BF1 und BF2 am 17.02.2017, durch Einholung aktueller Auszüge aus IZR, GVS und Strafregister sowie durch die im Rahmen der Beschwerdeverhandlung zum schriftlichen Parteiengehör ausgefolgten Länderinformationen zum Herkunftsstaat, konkret
* Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zur Ukraine vom 12.6.2015 (zuletzt ergänzt am 15.04.2016);
* Auswärtiges Amt-Bericht zur asyl-und abschiebungsrelevanten Lage in der Ukraine vom 11.02.2016;
* Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zur Situation von IDP-s in der Westukraine vom 11.11.2016 sowie
* Anfragebeantwortung der Staatendokumentation – Ukraine – Tumorbehandlung v. 12.08.2015.
1. Feststellungen:
Feststellungen zu den Beschwerdeführern:
Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Ukraine, der armenischen Volksgruppe zugehörig und Christen (armenische Kirche).
Die Identität der Beschwerdeführer steht infolge der durchgeführten Recherche im Herkunftsstaat fest.
Die BF stellten nach illegaler Einreise am 01.12.2014 Anträge auf internationalen Schutz.
Die abweisenden Bescheide des BFA betreffend die BF vom 29.09.2015 erwuchsen hinsichtlich Spruchteil I. – Nichtzuerkennung des Status von Asylberechtigten – in Rechtskraft.
Die fristgerechte Beschwerde der BF richtet sich lediglich gegen Spruchpunkt II. und III. der Bescheide des BFA vom 29.09.2015.
Ein bloß in der Übersetzung der Bescheide vom 29.09.2015 angeführter Spruchpunkt IV. beruht auf einem Versehen des BFA.
Nicht festgestellt werden kann, dass den BF in der Ukraine eine an asylrelevante Merkmale anknüpfende Verfolgung maßgeblicher Intensität – oder eine sonstige Verfolgung maßgeblicher Intensität – in der Vergangenheit gedroht hat bzw. aktuell droht.
Nicht festgestellt werden kann, dass die BF im Fall der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Ukraine in ihrem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen würden oder von der Todesstrafe bedroht wären.
Es konnte ferner nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer im Falle ihrer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat in eine existenzgefährdende Notlage geraten würden und ihnen die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.
Darüber hinaus kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer an dermaßen schweren physischen oder psychischen, akut lebensbedrohlichen und zudem im Herkunftsstaat nicht behandelbaren Erkrankungen leiden, welche eine Rückkehr in die Ukraine iSd. Art. 3 EMRK unzulässig machen würden.
Die medizinische Nachbetreuung von BF3, der sich in Österreich erfolgreich einer Prostataoperation unterzogen hat, ist in der Ukraine gewährleistet.
Die BF halten sich nach illegaler Einreise seit Dezember 2014 durchgehend – und damit zwei Jahre und vier Monate – im Bundesgebiet auf.
BF1 hat am 17.12.2016 einen österreichischen Staatsbürger standesamtlich geheiratet. Sie lebt nicht von der Grundversorgung und lebt gemeinsam mit ihrem Ehemann, der einer legalen Beschäftigung nachgeht.
BF1 spricht Deutsch und hat ausreichende Deutschkenntnisse (weit über dem Niveau A2) nachgewiesen.
BF2 und BF3 haben keine ausreichenden Deutschkenntnisse (auf dem Niveau A2) nachgewiesen.
BF1 lebt nach ihrer standesamtlichen Eheschließung gemeinsam mit ihrem österreichischen Ehemann. Sie wird nicht mehr im Rahmen der Grundversorgung versorgt.
Für den Fall einer Arbeitserlaubnis wird die BF1 bei der Firma FACC Operations GmbH als Operative Buyer legal beschäftigt.
BF2 und BF3 leben in Österreich von der Grundversorgung.
Die BF setzen sich mit ihrer Umgebung am Aufenthaltsort auseinander und haben dort bereits zahlreiche Freunde gefunden und nehmen am sozialen Leben am Aufenthaltsort in Österreich teil. Betreffend BF2 ist insbesondere die Teilnahme an einer Kochrunde hervorzuheben, betreffend BF3 der fachliche Austausch mit einem Schuhmacher bzw. Schuster. BF1 stellt auch ihre Sprachkenntnisse am Aufenthaltsort zur Verfügung und besteht ein reges soziales Leben aller BF in Österreich.
BF3 hat einen Kurs beim ÖRK absolviert. Abgesehen vom Besuch von Deutschkursen wurden darüber hinaus keine Aus-, Fort- oder Weiterbildung absolviert.
Die BF sind unbescholten und ist es im Verfahren zu keinen durch die Behörden verursachten Verfahrensverzögerungen gekommen.
Zu Familienangehörigen im Herkunftsstaat (diese halten sich in XXXX auf) besteht Kontakt. Darüber hinaus halten sich zahlreiche Angehörige in der Russischen Föderation und Armenien auf.
Länderfeststellungen zum Herkunftsstaat der Beschwerdeführer:
Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zur Ukraine vom 12.06.2015 (letzte KI eingefügt am 15.04.2016)
Länderspezifische Anmerkungen
Durch die Ereignisse der letzten Monate hat die momentane ukrainische Übergangsregierung de facto nicht die vollständige Kontrolle über ihr Staatsgebiet. Die Halbinsel Krim wurde am 16.3.2014, durch ein international nicht anerkanntes Referendum, von Russland völkerrechtswidrig annektiert. Grundsätzliche Aussagen zur Ukraine gelten daher vorerst nicht für die Halbinsel Krim, außer es wird ausdrücklich anderes angemerkt!
Die Lage in der Ostukraine wird im LIB behandelt.
In den westlichen Landesteilen ist die Lage grundsätzlich ruhig.
KI vom 15.4.2016, Neue Regierung bestätigt (relevant für Abschnitt 2/Politische Lage)
Der Gesundheitsminister ist noch nicht bestimmt. Außenminister und Verteidigungsminister, welche beide vom Präsidenten bestimmt werden, bleiben im Amt. Internationale Partner der Ukraine äußerten sich erleichtert über das Ende der politischen Krise in der Ukraine, welche durch den angeblich zu laschen Kampf der alten Regierung gegen die Korruption ausgelöst worden war (UN 14.4.2016; vgl. RFE/RL 15.4.2016.
Das ukrainische Parlament (Werchowna Rada) hat Wolodymyr Hrojsman am 14. April zum neuen Ministerpräsidenten gewählt. 257 der aktuell 421 Abgeordneten stimmten dafür. Mit der Abstimmung wurde gleichzeitig auch das Rücktrittsgesuch von Amtsvorgänger Arsenij Jazenjuk angenommen. Anschließend wurde die neue Regierung im Paket abgesegnet. Die Regierungskoalition besteht nun aus dem Petro-Poroschenko-Block und der Narodnyj Front (Volksfront) und verfügt formal über 227 Stimmen. Nachfolgend alle Minister:
Quellen:
- RFE/RL – Radio Free Europe/Radio Liberty (15.4.2016): Ukrainian Parliament Approves Government Shake-Up, http://www.rferl.org/content/ukraine-hroysman-approved-prime-minister/27674344.html, Zugriff 15.4.2016
- UN – Ukraine Nachrichten (14.4.2016): Das Ministerkabinett von Wolodymyr Hrojsman,

http://ukraine-nachrichten.de/ministerkabinett-wolodymyr-hrojsman_4420, Zugriff 15.4.2016


1. Politische Lage
Die Ukraine befindet sich in einer schwierigen Umbruchsituation, die einerseits durch die Annexion der Halbinsel Krim durch Russland und den Konflikt in der Ost-Ukraine, andererseits durch Reformbemühungen geprägt ist. Die Präsidentschaftswahlen am 25.05.2014 konnten mit Ausnahmen von Teilen der Ostukraine und der Krim in der ganzen Ukraine ohne nennenswerte Auffälligkeiten durchgeführt werden. Petro Poroschenko ging mit 54,7% im ersten Wahlgang als klarer Sieger hervor. Julia Tymoschenko erreichte mit 12% den zweiten Platz. Am 07.06.2014 wurde Petro Poroschenko als Präsident vereidigt, am 26.10.2014 das Parlament neu gewählt. Ministerpräsident Jazenjuk führt seitdem eine Regierungskoalition aus fünf Parteien (AA 05.2015).
Am 27.11.2014 trat das neugewählte Parlament erstmals in Kiew zusammen. Der neuen Regierungs-Koalition gehören unter anderem der Block von Präsident Petro Poroschenko und die Volksfront von Jazenjuk an. Neuer Parlamentspräsident ist der bisherige Vize-Premier Wolodimir Groisman. In der Obersten Rada säßen vorerst nur 418 von ursprünglich 450 Abgeordneten. Die übrigen Plätze blieben frei, weil Teile der umkämpften Ostukraine sowie die im März von Russland einverleibte Schwarzmeer-Halbinsel Krim an der Wahl nicht teilnehmen konnten (Presse 27.11.2014).
Die Ukraine-Beauftragte der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), Heidi Tagliavini, legt ihr Amt nieder. Zu den konkreten Beweggründen der Schweizer Spitzendiplomatin, die zwischen den Konfliktparteien vermittelte, machten die OSZE und das Außenministerium in Bern keine Angaben. In diplomatischen Kreisen wurde auf den bisher schwersten Bruch der im März 2015 vereinbarten Waffenruhe zwischen ukrainischen Regierungstruppen und pro-russischen Rebellen in der zurückliegenden Woche verwiesen. Zudem sei eine weitere Gesprächsrunde zwischen den Konfliktgegnern ergebnislos beendet worden (Standard 7.6.2015).

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