IG NAHVERKEHR LandesArbeitsGemeinschaft Berlin –- Verkehrsforum
Potsdamer Stammbahn und
Verkehrserschließung Teltow / Kleinmachnow / Stahnsdorf
Entwurf 09.12.2016
Verkehrspotenzial
Das zu betrachtende Verkehrsgebiet besteht aus den drei Quell- und Zielgebieten:
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der Städtekette Berlin Mitte – Schöneberg – Steglitz – Zehlendorf mit etwa 450 000 Einwohnern (Berlin Mitte 88 000, Schöneberg einschließlich Friedenau 145 000, Steglitz einschließlich Lichterfelde 156 000, Zehlendorf 59 000) und zahlreichen Arbeitsstätten sowie sozialen, kulturellen und Handelseinrichtungen
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Potsdam mit 160 00 Einwohnern, Arbeitsstätten, sozialen, wissenschaftlichen, kulturellen und Handelseinrichtungen
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der zusammenwachsenden Stadt Teltow – Kleinmachnow - Stahnsdorf (TKS) mit 60 000 Einwohnern.
Pendlerströme bestehen zwischen allen drei Quell- und Zielgebieten, ein sehr starker zwischen Berlin und Potsdam, ein mittelstarker zwischen TKS und Berlin, ein geringerer zwischen TKS und Potsdam.
Mängel der derzeitigen Verkehrsverbindungen
Berlin – Potsdam:
Der RE erreicht zwar halbstündlich (in der HVZ viertelstündlich) die wichtige Stadtbahn, aber nicht die Aufkommensschwerpunkte Potsdamer Platz, Schöneberg, Steglitz und Zehlendorf.
Die S-Bahn erreicht diese Aufkommensschwerpunkte nur mit Umsteigen und ist zu langsam. Viele Fahrgäste bevorzugen den schnelleren RE (wegen des psychologischer Effekts, wenn der 160-km/h-RE die 80-km/h-S-Bahn zwischen Grunewald und Nikolassee überholt), so dass der RE überfüllt ist. Mehr als 4 Regionalzugpaare pro Stunde lassen sich auf der Berliner Stadtbahn kaum in das Fahrplangefüge einordnen.
Die S-Bahn erreicht nicht die Potsdamer Stadteile, die hinter Potsdam Hbf liegen (Charlottenhof, Golm) und die weiteren Städte und Orte mit Pendlerbeziehungen zu Berlin wie Werder, Brandenburg, Michendorf, Beelitz, Belzig.
Berlin – TKS:
Nach Einstellung der S-Bahn-Strecken Wannsee – Stahnsdorf (Friedhofsbahn) im August 1961 und Zehlendorf – Düppel-Kleinmachnow besitzen die ausgedehnten Gemeinden Kleinmachnow und Stahnsdorf keinerlei Bahnverbindung mehr, aber bahnwürdiges Verkehrsaufkommen. Dieses wird bewältigt: erstens mit mehreren gut organisierten Buslinien von den Endpunkten der S-Bahn oder U-Bahn aus (620 Wannsee – Dreilinden - Kleinmachnow – Teltow im 20-min-Takt, 622 Krumme Lanke – Mexikoplatz – Kleinmachnow - Stahnsdorf, 623 Dahlem – Zehlendorf – Kleinmachnow – Stahnsdorf, 626 Teltow – Ruhlsdorf - Stahnsdorf), zweitens mit dem motorisierten Individualverkehr (MIV).
Teltow ist im 10-min-Takt mit der S-Bahn (und stündlich in Randlage durch Regionalzüge) mit Berlin Mitte verbunden, aber nicht direkt mit den anderen Aufkommensschwerpunkten.
Potsdam – TKS:
Hier besteht nur Busverkehr zum Potsdamer Hauptbahnhof mit den Linien X1 und 601, beide im 20-min-Takt. Die Linie X1 benutzt die autobahnähnliche Schnellstraße, bedient nur einen Zwischenhalt am Sterncenter, in den Orten Güterfelde, Stahnsdorf und Teltow alle Zwischenhalte und ist entsprechend schnell. Die Linie 601 ist in Medienstadt Babelsberg mit der Regionalbahn verknüpft und bedient etliche Haltestellen in Babelsberg, im Neubaugebiet Am Stern sowie in Güterfelde, Stahnsdorf und Teltow.
In allen drei Verkehrsströmen ist mit Wachstum zu rechnen. Erstens wegen der steigenden Einwohnerzahlen. Zweitens wegen der erforderlichen Reduzierung des MIV.
Ziel
Zwischen den drei Quell- und Zielgebieten bestehen unterschiedliche Verkehrsaufgaben, die alle drei besser zu erfüllen sind. Die Reaktivierung der Potsdamer Stammbahn darf nicht gegen die S-Bahn ausgespielt oder abgewogen werden. Beim Wiederbeleben der Potsdamer Stammbahn sind Kapazitätszuwachs und Schnelligkeit zwischen den Aufkommensschwerpunkten die Ziele, bei der S-Bahn kleinteiligere Direktverbindungen und Erschließung der Orte.
Lösungsrichtungen
Aus den unterschiedlich starken Verkehrsströmen und ihrer unterschiedlichen Länge ergibt sich die Grundrichtung der Lösung der Verkehrsprobleme:
- Regionalbahn zwischen der Berliner Städtekette und Potsdam
- S-Bahn zwischen Berlin und TKS
- Straßenbahn zwischen Potsdam und TKS.
Infrastruktur und Liniennetz von Regionalbahn, S-Bahn und Straßenbahn müssen unabhängig von Länder- und Gemeindegrenzen und den daraus resultierenden Finanzierungsverantwortlichkeiten „aus einem Guss“ entwickelt werden.
Die Interessen der Anwohner nach Schutz vor Lärm und Erschütterungen müssen angemessen berücksichtigt werden, dürfen aber die Vorhaben weder verhindern noch verzögern.
Berlin - Potsdam
Wegen des wachsenden Verkehrsbedarfs und der begrenzten Leistungsfähigkeit der Berliner Stadtbahn ist eine weitere schnelle Strecke zwischen Berlin und Potsdam erforderlich. Dafür eignet sich am besten die derzeit ungenutzte Trasse der Potsdamer Stammbahn vom Potsdamer Platz bis Zehlendorf. Anschließend ist der Laufweg über Wannsee unter Nutzung der Wannseebahn zu bevorzugen, weil er eine bessere Verknüpfung mit der S-Bahn und den anderen Regionalverkehrslinien ermöglicht und einfacher zu realisieren ist als auf der ursprünglichen Stammbahntrasse von Zehlendorf direkt nach Griebnitzsee. Unterwegshalte in Schöneberg, Steglitz, Zehlendorf und Wannsee würden diese Städtekette an Griebnitzsee, Potsdam, Brandenburg, Golm, Michendorf und Belzig anbinden. Diese Strecke wäre bei Bauarbeiten und Störungen der Strecke Wannsee – Cahrlottenburg eine gut geeignete Umleitungsstrecke, auch für den Fernverkehr.
Die Ausfädelung aus der Nord-Süd-Verbindung südlich vom Potsdamer Platz ist bereits vorhanden, Platz für eine zweigleisige Strecke von dort bis Zehlendorf und für die Bahnsteige ebenfalls. Die Teilstrecke Zehlendorf – Wannsee ist eingleisig vorhanden, sollte aber möglichst weitgehend zweigleisig ausgebaut werden. Erforderlich ist ein Umbau des Bahnhofs Wannsee mit niveaufreier Einfädelung und Kapzitätserweiterung, aber keine Änderung an der Ausfädelung bei Griebnitzsee.
Alternativ könnte die Regionalstrecke auch von Zehlendorf weiter auf der etwas kürzeren Stammbahntrasse direkt nach Griebnitzsee geführt werden. Damit würde aber der Vorteil der Verknüpfung in Wannsee verloren gehen. Anstelle des Bahnhofs Wannsee müsste die Streckenkreuzung bei Griebnitzsee mit einer Kurve nach Michendorf ausgebaut werden.
Berlin - Kleinmachnow / Stahnsdorf
Ein zeitgemäßes Verkehrsangebot für die Pendlerströme zwischen TKS und Berlin ist der S-Bahn-Ringschluss von Zehlendorf über Düppel, Kleinmachnow, Dreilinden und Stahnsdorf nach Teltow Stadt unter Nutzung von Teilen der Potsdamer Stammbahn und der Friedhofsbahn sowie der freigehaltenen Trasse in Fortsetzung der Friedhofsbahn. Zwei Stationen an der Stammbahn könnten Düppel und den Norden von Kleinmachnow, eine Station den Europark Dreilinden, eine Station den Stahnsdorfer Waldfriedhof, drei Stationen z. B. an den Schnittpunkten mit der Potsdamer Allee, dem Güterfelder Damm und der Ruhlsdorfer Straße den Süden Stahnsdorfs und eine Station an der Iserstraße das westliche Teltow erschließen.
Der S-Bahn-Ringschluss auf vorhandenen Trassen erreicht allerdings nicht die Ortszentren von Kleinmachnow und Stahnsdorf. Aber die neuen Haltepunkte verkürzen die Zugangswege zur S-Bahn, die heute nur in Teltow Stadt und Zehlendorf erreicht wird, vergrößern die fußläufigen und mit Fahrrad erreichbaren Einzugsgebiete und stellen die Achse für weitere Ansiedlungen dar. Die im 10-min-Takt verkehrenden S-Bahn-Züge würden zusammen mit der S1 ab Zehlendorf einen 5-min-Takt Richtung Innenstadt bilden.
Bei Dreilinden müsste eine Verbindungskurve zwischen Stammbahntrasse und Friedhofsbahntrasse neugebaut werden, in Zehlendorf eine niveaufreie Kreuzung mit den Regionalbahngleisen.
Der Verkehrsstrom TKS – Wannsee dürften nicht so groß sein, dass er das Reaktivieren der Friedhofsbahn auf der gesamten Länge bis Wannsee rechtfertigen würde. Hier besteht die Möglichkeit, in Zehlendorf umzusteigen. Dagegen sind der direkte Weg und damit die Fahrzeit von TKS nach Berlin kürzer als über Wannsee.
Als erste Ausbaustufe könnte die baulich einfache Verlängerung von Teltow Stadt bis Stahnsdorf errichtet werden. Damit würde die derzeit mäßige Auslastung der S25 gesteigert werden.
Potsdam - TKS
Die Pendlerströme nach Potsdam kann die Straßenbahn attraktiver, wirtschaftlicher und auf eigenem Bahnkörper schneller als der heutige Busverkehr bewältigen. Der S-Bahn-Ringschluss auf vorhandenen Trassen erreicht nicht die Ortszentren von Kleinmachnow und Stahnsdorf; diese Aufgabe kann die Straßenbahn gut übernehmen.
Die Straßenbahnstrecke müsste an der Gaußstraße im Neubaugebiet Am Stern abzweigen und entlang der Potsdamer Allee in die Ortskerne von Stahnsdorf und Kleinmachnow führen. Die weitere Strecke über Düppel zum Mexikoplatz dient der Feinerschließung von Kleinmachnow und der Vernetzung mit S-Bahn und U-Bahn. Sie wird der U3 mehr Fahrgäste zuführen. Innerhalb von Kleinmachnow kann die Strecke über die Hohe Kiefer oder über den Zehlendorfer Damm oder über beide Streckenäste verlaufen.
An der Potsdamer Allee in Stahnsdorf und an der Karl-Marx-Straße/Benschallee zwischen Kleinmachnow und Düppel sind Umsteigestationen zur S-Bahn und zu den Buslinien, die die weitere Feinverteilung übernehmen, zu errichten.
Gleichzeitig soll die U3 von Krumme Lanke zum neuen Umsteigepunkt Mexikoplatz verlängert werden, um U-Bahn- und S-Bahn-Strecken zu einem lückenlosen Netz zusammenzuschließen.
Ein weiterer Ausbauschritt der Straßenbahn könnte ein Streckenast von Stahnsdorf in den Ortskern von Teltow sein.
Radschnellweg
Ein eventueller Radschnellweg darf nicht zulasten der Eisenbahn gebaut werden, sondern muss Flächen vom MIV umverteilen.
Unbrauchbare Korridoruntersuchungen
Das Land Brandenburg hat gemeinsam mit Berlin und dem VBB im November 2016 den Zwischenerstand eines ÖPNV-Konzepts 2030 vorgelegt. Die Ergebnisse im hier betrachteten Verkehrsraum sind unbrauchbar, und zwar aus folgenden Gründen:
- Die definierten Planfälle bilden kein ganzheitliches Verkehrsnetz ab, sondern nur Einzelstrecken nach dem Entweder-Oder-Prinzip: entweder Regionalbahn oder S-Bahn, entweder Potsdamer Stammbahn oder Erschließung von TKS. Das Miteinander für unterschiedliche Verkehrsaufgaben wird nicht betrachtet, die Straßenbahn oder eine Lösung für den Verkehrsstrom Potsdam – TKS überhaupt nicht.
- Die S-Bahn-Verlängerung ab Teltow Stadt führt nach Wannsee, nicht nach Zehlendorf, hat zu wenig Zwischenstationen, ist durchgehend eingleisig und nur für 20-min-Takt vorgesehen.
- Im Korridor Potsdamer Stammbahn sind die Regionalbahnhalte Schöneberg, Steglitz und Zehlendorf nicht erwähnt, also vermutlich nicht untersucht worden. Die weitgehend eingleisige Strecke soll nur für 30-min-Takt (Verlegung der schon bestehenden Linien RB 21 und 22) ausgelegt werden, kann also keinen Verkehrszuwachs aufnehmen und kann nicht als Ausweichstrecke genutzt werden.
- Die Variante S-Bahn Zehlendorf – Dreilinden – Griebnitzsee soll offenbar die zweite Regionalbahnstrecke von Berlin nach Potsdam ersetzen und verhindern.
Die vorliegenden Zwischenergebnisse sind nicht als Grundlage für konkrete Vorplanungen geeignet. Stattdessen sind ohne weiteren Zeitverzug Planungen für eine vernetzte Lösung aller anstehenden Verkehrsaufgaben aufzunehmen.
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