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Veränderungen in der Siedlungsstruktur



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Veränderungen in der Siedlungsstruktur


Unsere Gemeinde mit seinen mehr als 2000 deutschen Bewohnern zählt zu den Nationalitäten-Dörfern, aus denen keine Vertreibung stattfand. Da die meisten von ihnen in der Landwirtschaft tätig waren, wurde hier bis Anfang der 50er Jahre eine ziemlich reine Form der ua-Mundart gesprochen. Umso erstaunlicher ist es für den Besucher, wenn er feststellt, dass heute dort eine Mischsprache gesprochen wird, wie man sie sich nicht schlimmer vorstellen kann. Nach mehr als 40 Jahren geht die Umgangssprache ins Ungarische über, so dass man in sprachlicher Hinsicht folgende Phasen unter-scheiden kann: Reine ua-Mundart > Mischsprache (Mundart+Ungarisch) > nur Ungarisch (bei der jüngeren Generation).

Die Gründe dafür sind mannigfacher Art. Einer der wichtigsten Gründe ist u. a. die Zerstörung der geschlossenen Siedlungsweise der »Schwaben«. Darauf

soll hier ausführlich eingegangen werden. Um die Assimilierung der Deutschen zu beschleunigen, wurden in den ersten Nachkriegsjahren auch in solchen Gemeinden ungarische Familien angesiedelt, aus denen keine Vertreibung stattfand.

Tarian zählte 1945 444 Häuser (bzw. Wohneinheiten). Davon gehörten 387 (87,2%) deutschen Familien, dazu kamen noch 7 Familien (1,6%), bei denen ein Partner Ungar, der andere Deutscher war. Sie wohnten zwischen den Deutschen ( > Namensliste der Haus-besitzer 1944); da meistens die Frau eine Deutsche war, sprachen auch ihre Kinder deutsch. Sie waren ähnlich wie die »Schwaben« katholisch.

Reformierten Glaubens waren dagegen die einge-sessenen Ungarn. Sie besaßen 40 Häuser (9%). Die Zahl der öffentlichen Gebäude betrug 10 (2,6%). Am 16. Dezember 1944 sind vor der herannahenden Front 38 deutsche Familien (145 Personen) vom Volksbund aus Tarian evakuiert worden. Nur 15 Familien sind bis Deutschland gelangt und dort geblieben. Die anderen kamen bald wieder zurück. ( > Namensliste der Evakuierten)

Nach Kriegsende hat man die leer-stehenden Häuser 7 einheimische ungari-sche Familien und eine kinderreiche deutsch-ungarische Familie eingewiesen. ( > Wer bekam wes-sen Haus?) Die übri-gen leeren Häuser sowie weitere, die durch Enteignung von Deutschen beschlag-nahmt wurden, sind 1946 von 25 Familien aus verschiedenen Gegenden des Lan-des (vor allem aus Tatabánya) und 50 Familien aus Egerlövõ (Komitat Heves) in Besitz genommen worden. (> Namensliste der „Telepeschen“)

Im Frühjahr 1948 wollte man aus Tarian 2037 Deutsche nach Deutschland zwangsweise aussiedeln. Es blieb aber nur beim Plan. Im Herbst des gleichen Jahres wurden weitere 42 deutsche Häuser für ungarische Umsiedler aus Szögyén/Slowakei geräumt. (> Namensliste der Felvidéker) Weitere 9 deutsche Häuser wurden ganz oder teilweise enteignet, um sie einem öffentlichen Zweck (Post, Apotheke, Polizei usw.) zuzuführen.



Ein Vergleich der Ortspläne von 1945 und 1949 zeigt, dass Deutsche im Süden des Dorfes vor der Enteignung weitgehend verschont geblieben sind. Der Grund liegt darin, dass hier (vor allem „Am Nichtsbrot“) arme "Schwaben" lebten. Sie wohnten gemischt mit ebenso armen Ungarn. Im Gegensatz zu den wohlhabenderen Ungarn und Deutschen, die getrennt wohnten. Der Ortsplan von 1949 zeigt uns, wie die einst geschlossene Siedlungsweise der Deutschen aufgehoben wurde. Dasselbe geschah auch in allen deutschen Natio-nalitäten-Gemeinden, aus denen keine Aussiedlung stattfand.

Anfangs gab es im Zusammenleben der Menschen verschiedener Herkunft, Sprache und Reli-gion Schwierigkeiten. Die Spannungen haben im Laufe der Jahre immer mehr nachge-lassen. Das engere Zusammenleben von Deutschen und Un-garn führte zu einem raschen Assimilier-ungsprozess. Glaubte man lange Zeit, das Problem der nationa-len Minderheiten ließe sich nur durch Aussiedlung lösen, so ist man heute der Meinung, es löse sich durch Assimilierung von selbst. Als nüchterner Beobachter rnuß man feststellen, dass dies leider der Tatsache entspricht. So erfreulich die Konzessionen auch sind, die den Ungarndeutschen in letzter Zeit gemacht wurden, so ,traurig‘ ist das Ergebnis. Man bekommt den Eindruck, dass die Hilfsmaßnahmen zur Rettung der Ungarn-deutschen 50 Jahre zu spät eingeleitet wurden.

Vergleicht man die Zahl der deutschen Hausbesitzer vor 1945 und 1949, sieht man, dass rund 31 % enteignet wurden, während 17,5 % der einheimischen Ungarn ein Haus erhalten haben. Bei der Beschlagnahme von Ackerland waren natürlich noch mehr Deutsche betroffen als bei den Häusern. Mangels Unterlagen kann man nur mutmaßen über die Höhe der Landenteignung: Sie hat bis 1949 an die 60–70 % betragen.

Wegen der Unsicherheit (übertriebene Propaganda im Zusammenhang mit der westlichen Aufrüstung) und des unguten Gefühls, anderen etwas weggenommen zu haben, sind im Laufe der Jahre viele der angesiedelten Ungarn aus Tarian wieder weggezogen. Manche gingen aus Heimweh in ihre Geburtsorte zurück. Viele zogen in die Nähe der Hauptstadt, nach Totis oder Tatabánya. Von den 50 Egerlövöer Familien haben 27 (54 %) ihr Haus verkauft und sind weggezogen. Ebenso handelten 23 (54,8 %) von 42 Szõgyéner Familien. Von den 25 ungarischen Siedlerfarnillen aus verschiedenen Gegen-den haben 13 (52 %) ebenfalls Tarian verlassen.

Eine Mobilität ist indes aber nicht nur bei den angesiedelten Familien festzustellen. Von den insgesamt 117 verkauften Häusern entfallen 44 auf Deutsche (16,24 % aller deutschen Hausbesitzer von 1949) und 9 auf eingesesseneUngarn (19,15 % aller einheimischen ungarischen Hausbesitzer von 1949).

Von den 119 enteigneten deutschen Hausbesitzern haben bis Ende 1975 29 (24,37 %) ihr altes Haus zurückgekauft. Weitere 67 deutsche Familien kauften seit 1949 ebenfalls ein Haus. Insgesamt haben in Tarian 129 Häuser durch Kauf den Besitzer gewechselt (manche sogar 2- bis 3rnal). Unter den Käufern sind die "Schwaben" mit 74,42 % vertreten. Der Anteil auswärtiger Zuwanderer liegt bei 17,83 % (23 Häuser).



Seit den 60er Jahren ist in Ungarn auch eine starke Zunahme von Neubau-ten zu verzeichnen. Bis Anfang 1976 wurden in Tarian insgesamt 277 neue Eigenheime ge-baut. 217 (78,34 %) ge-hören davon Deut-schen. Als nächst-stärkste Gruppe sind zugewanderte „Ungarn“ (darunter befinden sich auch Deutsche und Slowaken) mit 38 Neu-bauten (13,72 %) vertreten. Dann folgen mit 15 neuen Häusern (5,42 %) die eingesessenen Ungarn. Ferner haben 5 Umsiedler aus Szögyén (1,8 %) und 2 aus Egerlövö (0,72 %) ein neues Haus errichtet.
( > Verzeichnis der Neubauten)

Auffallend ist der relativ starke Zuzug von aus-wärtigem „Ungarn“. 23 haben sich ein altes Haus gekauft und 38 ein neues gebaut! Als Hauptgrund hierfür muß wohl die verkehrsgünstige Lage Tarians angesehen werden. Die Industriestadt Tatabánya ist nur 7 km enffernt. Die Busverbindungen dorthin, aber auch nach Budapest, Tata/Totis und Esztergom/Gran sind gut. Nicht zuletzt lockten wohl auch die schönen Bauplätze und die gute Luft die Fremden an. Bemerkenswert ist, dass viele der zugezogenen Ungarn (ähnlich wie die Szögyéner aus der Slowakei) deutsche Familiennamen haben. Bei vielen scheint es sich um magyarisierte Schwaben zu handeln.

1976 gab es in Tarian 737 Häuser.Nimmt man die 444 von 1949 als 100 %, dann macht das 166 %, also eine Zuwachsrate von 66 %. Während der Anteil der "Schwaben" am Wohneigentum 1945 87 %, 1949 60 % betrug, lag er 1976 bei 73 %. Wir sehen also eine aufsteigende Tendenz. Der damalige Besitzstand war folgender: Von den 737 Häusern gehörten 539 Deutschen (73,14 %), 58 einheimischen Ungarn (7,86 %), 16 Siedlern aus Egerlövö (2,17 %), 26 Umsiedlern aus Szögyén (3,53 %), 7 1946 zugewanderten Ungarn (0,95 %), 63 später zugezogenen Ungarn (8,55 %), ferner gab es noch 28 öffentliche Gebäude (3,8 %).

Allgemein kann festgestellt werden, dass sich die Wohnverhältnisse seit Kriegsende wesentlich verbessert haben. Neben den Neubauten gibt es viele umgebaute und modernisierte Häuser. Seit dem Bau der Wasserleitung (1973) gibt es in vielen Häusern Spültoiletten und Bäder*. Die Zahl der Wohnräume pro Familie und ihre Einrichtung hat zugenommen bzw. wurde verbessert. Trotz der für die Tarianer "Schwaben" in wirtschaftlicher Hinsicht so positiven Zahlen muß man feststehen, dass sie in sprachlicher Beziehung noch nie in einer so großen Gefahr waren wie in der zweiten Hälfte des 20. Jh.s. Der Dammbruch, der mit der Zerstörung der geschlossenen Siedlungsweise herbei-geführt wurde, konnte bis heute noch nicht repariert werden.

Die Einführung rein ungarischer Straßennamen, Arbeit in einer Umgebung, wo nur ungarisch gesprochen wird, eine Flut von Mischehen und vieles andere mehr haben die Assimilation so sehr beschleunigt, dass sie nicht mehr aufgehalten werden kann. Es sei denn durch die Einführung von muttersprachlichen Unterricht auf allen Ebenen.

* Ein enormer Fortschritt gemessen an den katastrophalen hygienischen Verhältnissen im Dorf bis in die 60er Jahre: Waschküche, Badezimmer, fließendes Wasser, Spültoiletten waren den meisten nur dem Namen nach bekannt. Die kleine und große Notdurft wurde nicht selten hinter den Mäststeigen verrichtet. Es war schon als Fortschritt anzusehen, wenn im Hinterhof ein sog. „Reterat“ (Plumpsklo) vorhanden war …



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