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Von der Geburt bis zum Kindergarten



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Von der Geburt bis zum Kindergarten


Wie aus der Geburten-Statistik des Dorfes zu ersehen ist, gab es – wegen der fehlenden Geburtenkontrolle – bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts – v. a. bei den ärmeren Leuten – reichlich Nachwuchs. Reiche Bauern – Deutsche und Ungarn – hatten in der Regel weniger Kinder, um ihren Besitz nicht zu zersplittern. D. h. ihnen muß schon eine Art Verhütung oder Abtreibung bekannt gewesen sein.

Die Schwangerschaft – im Volksmund »In-anderen-Umständen-sein« genannt – war mehr oder weniger dem Zufall überlassen. So kam es oft vor, dass auch ältere Frauen noch Kinder zur Welt gebracht haben. Eine medizinische Betreuung der Schwangeren war so gut wie unbekannt. Wegen der schweren körperlichen Arbeit, die Frauen auch während der Schwangerschaft in Haus und Feld verrichteten, gab es sicher manche Fehlgeburten. Ebenfalls hoch war – wegen der fehlenden Hygiene und nachgeburtlichen medizinischen Betreuung – die Säuglings- und Kleinkinder-Sterb-lichkeit.

Die Geburt erfolgte so gut wie immer in den beengten

räumlichen Verhältnissen der häuslichen Wohnung. Nur die Hebamme und einige erfahrene ältere Frauen waren dabei. Heißes Wasser und saubere Leintücher waren die einzigen hygienischen Hilfsmittel. Traten bei der Geburt Komplikationen auf, wie Steißlage oder war ein Kaiserschnitt notwendig, versuchte man die Gebärende noch mit dem Pferdewagen ins Spital oder zum Arzt zu bringen. Nicht selten starben dabei Mutter und Kind…

Jede Familie hatte eine Patenfamilie. Sie übernahmen gegenseitig die Tauf- und Firmpatenschaft aller ihrer Kinder. Das vererbte sich über mehrere Generationen. Die Patenschaft wurde in der Regel von der Mutterseite weitergepflegt. War die Mutter von auswärts, kamen die Pateneltern des Vaters, bzw. deren

Kinder in Frage. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg kam es zu einer Auflockerung dieser Tradition. Die Patin nannte man Godl (Kautl), den Paten Göd (Keit).

Etwa vier Wochen vor der Geburt eines Kindes besuchten die Eltern die Godl, um sie zu bitten, die Patenschaft zu übernehmen. Das bezeichnete man als »Anreden«. Nach der Geburt kam die Hebamme (Hei-fammin) noch eine Woche zu der Wöchnerin, um das Neugeborene zu baden und um sie in Sachen Hygiene zu beraten. Die junge Mutter blieb im Winter etwa eine Woche im Bett, im Sommer nur drei Tage! Es war Tradition, dass im Wochenbett die Mutter von der Patin versorgt wurde. Sie brachte das daheim gekochte Mittagessen (Suppe, Fleisch und Kuchen) in einem besonderen Essgeschirr – dem sog. Goudlhäifa – mit.

Im Gegensatz zu heute taufte man die Neugeborenen schon 2-3 Tage nach der Geburt, damit es im Falle eines frühen Todes – ungetauft – als Heide in die Hölle kommt. Die Anmeldung des Kindes im Pfarramt und im Rathaus nahm die Hebamme vor. In der Regel war die Taufe am Sonntagnachmittag nach der Litanei (Segen). Dem Täufling wurde ein weißes Kleid angezogen, auch das Kissen (Polster) war weiß. Die Godl brachte als Ge-schenk noch ein weißes Tuch mit, mit dem das Kind zusätzlich zugedeckt wurde. Das Kind wurde nur von der Patin und der Hebamme in die Kirche getragen. Beim Verlassen des Hauses sagte die Godl: »Den Heid tragen wir raus, den Christ bringen wir nach Haus.«

Am Abend des Tauftages feierten die Eltern und die Paten ein wenig. Zum Abendessen gab es Hühnersup-pe, gekochtes Fleisch mit Tomaten- (Paradeis-) oder Meerrettich- (Krein-) Soße und Gebäck (Pocherei).

Die Erstgeborenen bekamen meistens den Vornamen der Eltern, die Nachgeborenen den der Paten- oder Großeltern. In der Ansiedlungszeit gab es noch die Vor-namen Heinrich, Konrad, Philipp, Bartholomäus, Joa-chim. Später kamen immer mehr Johann, Josef, Michael, Georg, Franz, Anton u. a. auf (> Namenslisten).

Bei den Mädchen und Frauen gab es anfangs noch Dorothea, Angela, Viktoria und Ottilia, diese wurden dann abgelöst durch Maria, Anna, Theresia, Franziska, Barbara u. a. Diese Vornamen hatten den Vorteil, dass man sie sowohl deutsch als auch ungarisch gebrauchen konnte. Typisch deutsche Vornamen gab es – bis auf einen – schon vor dem Zweiten Weltkrieg keine mehr. Ein alter Mann in der Obergasse – Georg Weiler – wurde Hans-Jürgl-(Hauns-Üagl) Vetter genannt, wohl in Erinne-rung an die Herkunft der Vorfahren aus dem Schwarz-wald, wo man zu Georg Jürg(l) oder Jörg(l) sagt.

Die Nachkriegsjahrzehnte brachten auch auf dem Gebiet der Vornamen eine Madjarisierung: Immer mehr deutsche Eltern gaben ihrem Kind einen ungarischen Vornamen, wie László, Attila, Béla, Tibor, Ildikó, Ilonka, Csilla usw. Damit wollte man auch eine – spätere – Benachteiligung im Leben verhindern. Eine ähnliche Erscheinung gibt es auch in Deutschland, wo Träger ausländischer Familiennamen – gewissermaßen als Ausgleich – typisch deutsche Vornamen haben…

Der Säugling war im ersten Lebensjahr in ein Kissen (Polster > Polsterkind) eingewickelt. Das Kind wurde diagonal auf das Kissen gelegt, danach das untere Ende und die zwei Seitenecken eingeschlagen, schließlich mit einer breiten Schleife (Maschn) zusammengeschnürt. Auch die Ärmchen wurden so eingebunden. In dieser – beengten – Lage hatte es nicht viel Bewegungsfreiheit. Es konnte nur auf dem Rücken liegen. Wenn es weinte (röehrte), gab man ihm zur Beruhigung einen Schnuller (Zuzl) oder man formte aus etwas Mohn bzw. Zucker – in ein Taschentuch (Schnäuztiachl) eingebunden – eine kleine Kugel und steckte sie dem Kind in den Mund…

Während das Polsterkind anfangs meistens noch im

Bett neben der Mutter lag, kam es später in die Wiege (Wieagn). Sie stand längs vor dem Bett der Mutter und konnte von dieser – bei Bedarf liegend – bewegt werden. Größere Kinder lagen – bei Platzmangel und der war immer gegeben – nachts wieder neben der Mutter (Muada). Die Nestwärme tat den Kindern gut. Sie fühlten sich geborgen neben der Mutter. Schon früh begann sie – morgens und abends – mit dem Kind zu beten.

Waren die Kinder älter waren, teilten sich machmal 2-3 Geschwister ein Bett, wobei eines mit dem Kopf auch am Fußende liegen mußte, damit sie genug Platz hatten. Kleinstkinder wurden auch schon aufs Feld mitgenommen. Sie lagen auf dem Wagen, während die Eltern arbeiteten. Bei manchen Kindern löste dieses Alleinsein Ängste aus. Man versuchte die Kinder ohnehin durch Angstmachen vor bestimmten Gefahren, die überall lauerten (z. B. durch Giftschlangen, offene Brunnenschächte), zu schützen. Man erzählte ihnen z. B., dass bei Dunkelheit die »Nachtkuh« (Nochtkuah) käme und die Kinder mitnimmt. Deshalb kehr­­ten die Kinder bei Dunkelheit rechtzeitig heim…

Bemerkenswert ist noch, dass in den ersten Lebensjahren bis in die 40er Jahre des 20. Jahrhunderts alle Kleinkinder – also auch die Buben – ein Kleid trugen, das hinter zugeknöpft war! Erst im Kindergarten begann man den Buben Hosen und Janker anzuziehen. Die Mädchen (Madl) trugen schon im Kindergarten die ortsübliche Volkstracht mit Joperl (eine Art Bluse) und Kiedl (Faltenrock). Die ungarischen Mädchen dagegen trugen bereits im Kindergarten ein einteiliges Kleid, d. h. sie waren wie ihre Mütter »herrisch« (hearrisch) gekleidet. Im Sommer gingen natürlich alle Kinder barfuß (bloßfüßig), was manche Fußverletzungen mit sich brachte.

Tarian war eine der wenigen Gemeinden in Ungarn, die vor dem Zweiten Weltkrieg einen staatlichen Kindergarten hatten. Vermutlich war beabsichtigt, die deutschen Kinder schon hier in ungarischer Sprache zu erziehen. Da die deutschen Kinder kein Wort ungarisch sprachen, fiel es den meisten sehr schwer, sich einzugewöhnen, zumal sie den ganzen Tag drinbleiben mußten. Über die Mittagszeit mußten sie sich zum Schlafen hinlegen. Da die Zahl der deutschen Kinder überwog, sprachen sie meistens untereinander auch ihre Muttersprache.

Als sie dann – wieder getrennt von den reformierten ungarischen Kindern – eingeschult wurden, begannen erst recht die Probleme mit dem Ungarischen, da im Kindergarten, außer einigen Kinderreimen nicht viel hängenblieb…

1) Die Taufe (Artikel über die Tarianer Taufsitten). In: Deutscher Kalender, 1982, Budapest, S. 146/47


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