Dr. Steiner: Sie haben deutsche Literatur des 19. Jahrhunderts gelesen. Man müßte natürlich versuchen, diesen Schülern Proben zu bringen. Tieck, „Phantasus", kleine Stücke von Zacharias Werner, „Söhne des Tales". Lyrik: Wilhelm Müller; Novalis; Immermann, Eichendorff; Uhland, auch kleine Proben von Herzog Ernst; Lenau; Gustav Schwab; Justinus Kerner; Geibel; Greif; Heine, nur Anständiges; Hebbel; Otto Ludwig, etwas; Mörike. Das wäre so ungefähr, was man braucht. Kleist; Hölderlin. Dagegen würde ich empfehlen, sonst im Lehrplan der anderen Klassen Lessing zu pflegen, Herder und Klopstock. Logau, bessere Sinnsprüche sind später gar nicht geschrieben worden, Logau ist ein feiner Sinnsprüchemacher. Gottfried Keller; Grillparzer. Von den Dichtern, die ich angeführt habe, nur lyrische Proben. Man muß etwas von Gottfried Keller lesen, den „Grünen Heinrich" erzählen. Richard Wagner.
Das war für die Maturavorbereitung angegeben.
Dr. Steiner: Ich wollte diese Zoologische Einteilung und den Lehrplan besprechen. Nun möchte ich bitten, was sonst noch zu besprechen ist.
X.: Was soll man den Schülern über die Prüfung sagen?
Dr. Steiner: Man braucht den Schülern nur zu sagen, wir sind vollständig informiert. Es ist ein inneres Grundgesetz der Pädagogik, daß diejenigen, die erzogen und unterrichtet werden, nicht die Geheimkunst des Erziehens kennenlernen und mitdiskutieren. Das ist bei uns als eine Art Unsitte eingerissen und muß schnellstens abgeschafft werden. Das ist etwas, was nicht geht. Die Auffassung, die allmählich entsteht, daß man in bezug auf die Lebensalter keinen Unterschied macht, die führt dazu, daß die Kinder über die Handhabung der Methode selber nachdenken.
Diese Äußerlichkeit kann man ihnen sagen: Ihr müßt achtzehn Jahre alt sein; ihr braucht ein Zeugnis. Dann sagt man ihnen, daß wir sehr gut informiert sind, daß, wenn sie fleißig sind, sie das Abitur bestehen werden. Was können wir sonst tun? Die äußeren Dinge schon. Bei den Kindern ist es nicht gut, wenn man sie an Konferenzen gewöhnt. Die Kinder sollen das Gefühl kriegen, die Lehrer machen schon das Richtige. Sie fürchten, daß ihnen viel Interessantes verlorengeht.
Es war wegen Hitze viel Unterricht ausgefallen.
Dr. Steiner: Das sind elementare Ereignisse. Der Winter wird schon wieder kalt sein.
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(Zum Lehrer der 8. Klasse:) Die Kinder müssen das Bewußtsein haben, wenn Sie sich mit einem oder zweien beschäftigen, daß sie auch gefragt werden können. Die Kinder müssen sich interessieren für die Beschäftigung mit dem Einzelnen. Es sollte eigentlich im Grunde genommen, wenn es nicht ein Ausarbeiten von Rechnungen ist, wenn hörbar lauter Unterricht ist, nicht etwas vorkommen, was nur für den Einzelnen von Interesse ist, sondern für alle. Sie sollen in der Erwartung leben, daß sie aufgerufen werden können. Machen Sie es nur so, daß Sie unmittelbar fortsetzen lassen den anderen, der unaufmerksam ist. Dann kriegen sie das Gefühl, jeder kann in jedem Moment einen Satz fortsetzen müssen.
Wenn man das Durchgenommene wieder abfragt, muß es in anderer Form abgefragt werden. Das müssen Sie so einrichten können, daß die Kinder Antworten geben. Man kriegt es allmählich als eine Praxis heraus. Man muß nur lebhaft sein in den Dingen. Man muß von einem Schüler zum anderen hinüberspringen, so daß die Kinderden Prozeß wahrnehmen des Überspringens. Sie haben doch jetzt schon den Kontakt mit den Schülern, den Sie vor Jahren gar nicht gehabt haben. Dagegen würde ich meinen, daß viel zu viel das geschieht, was man Aufzeigen nennt. Es kommt eine furchtbare Unruhe hinein dadurch, daß in manchen Klassen ewig aufgezeigt wird. Das sollte zurücktreten. Es sollte sich darauf beschränken, daß der Lehrer mehr aufruft, daß er auswählt diejenigen, die antworten sollen.
Die eine Frage ist mir auf dem Herzen liegend. Das ist die Frage, wie man diese Sache lösen soll mit den Heften, wenn mit Farben gemalt wird, während man mit Farben nur aufgespanntes Zeichenpapier bemalen soll. Es ist schon so, daß eine große Schlamperei entwickelt wird. Zeichenbretter, das ist nicht zu erreichen, weil es viel zu teuer ist. Es kann schon ein glattgehobeltes Brett sein. Könnte das nicht mit dem Handwerksunterricht verbunden werden, daß solche Bretter gemacht werden, auf die man aufspannen kann? Diese Methode, im gewöhnlichen Heft die Kinder malen zu lassen, bewährt sich nicht. Sobald man mit den Farben anfängt, müßte man auch mit dem Aufspannen anfangen. Bei der Ch. O. in der 1. Klasse ist etwas bedrohlich. Es weist darauf hin, daß das Kind unterernährt ist und bald zersetztes Blut haben wird. Wenn man die Klassen durchgeht und die Kinder sieht, es ist schrecklich. Man müßte die Kinder feststellen, die an der Grenze sind. Es kommt nicht auf viel oder wenig essen an, sondern daß die Kinder ordentlich verdauen können.
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Auf die zahlreichen Psychopathenkinder muß man achtgeben. Der St. B. in der 1. Klasse sieht astrale Fliegen. Der müßte auch etwas behandelt werden. Der ganze Astralleib ist in Unordnung, Eine starke Asymmetrie des Astralleibes nach allen Seiten. Man müßte versuchen, ihn solche Übungen machen zu lassen, heileurythmisch, wobei er die Hände auf den Rücken machen muß. Übungen, die man sonst nach vorne macht, nach rückwärts machen.
Konferenz vom Dienstag 31. Juli 1923
Dr. Steiner: Ich bedaure es sehr, daß ich nicht habe beim Schulschluß da sein können. Es ging nicht, und ich habe gedacht, daß wir uns bei einer solchen Gelegenheit noch sehen werden. Nun haben Sie mir gesagt, daß Sie heute von sich aus notwendige Dinge zu besprechen hätten. Das, bitte ich, wollen wir beginnen.
Es wird ein Brief von dem Vater des F. R. vorgelesen. Der Junge hat sechzehn silberne Löffel gestohlen. Der Vater will ihn zuhause behalten.
Dr. Steiner: Diese Löffelgeschichte ist schon alt. Das Verhältnis zum Vater ist nie anders gewesen, als es jetzt ist. Der Vater mag ihn ja herausnehmen, wenn er will. Wir müssen sehen, daß wir mit dem Jungen fertig werden. Heraussetzen können wir ihn sicher nicht. Nicht wahr, der Junge braucht in dieser Zeit ein wenig moralischen Halt. Man muß ihm moralischen Halt gewähren. Er ist auch erst in der 9. Klasse, und in dieser Klasse brauchen die Kinder moralischen Halt. Sie müssen einen gewissen Hang zur Lehrerschaft haben. Sie müssen die Lehrerschaft lieben. Ich glaube, es ist der Kontakt mit dieser ganzen 9. Klasse verloren worden. Die Jungen sehen sofort ein, daß das furchtbar unrecht ist. Ich glaube, gerade diese Diebstahlsgeschichte hat ein furchtbares Reuegefühl ausgelöst in F. R. Da müßte man ihm zu Hilfe kommen in solch einer Sache. Wir können unter keiner Bedingung diesen Jungen herausnehmen lassen. Wir können nichts beitragen dazu, daß der Junge von der Schule wegkommt. Wir müssen mit ihm fertig werden.
Ist bei dem G. T. nicht ein bißchen die Sucht, sich anzumeiern? Er scheint den angenehmen Buben zu spielen. Man muß sich vor subjektiven Ausdrücken hüten. Würde dieser Aus-
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druck gebraucht sein, so würde das eine subjektive Bezeichnung sein. Selbst wenn die Jungen das Allerschlimmste ausfressen, muß man stets die Tat treffen, niemals die Persönlichkeit. Sobald man die Jungen schimpft, ist nicht mehr zurechtzukommen. Nicht wahr, der alte R. ist ein Mensch, der sich gar nicht vor seinem Jähzorn zu halten weiß, der den Jungen so behandelt, daß es fast begreiflich erscheint, daß der Junge zu solchen Ausschreitungen kommt. Wo solche häuslichen Verhältnisse vorliegen, da kann man den Jungen nur bedauern.
Es muß mehr Kontakt mit den Schülern gefunden werden in den oberen Klassen. Diese Schüler vertragen es noch nicht in diesem Alter, daß sie ohne persönliches Interesse den ganzen Vormittag durch geführt werden. Sie wollen, daß man sich für sie persönlich interessiert. Sie wollen, daß man sie kennt, daß man eingeht auf sie. Das wollen sie. Es ist halt doch eben in diesen Klassen noch Schule, nicht Kolleg. Es ist zu stark Kolleg, Seminar, und nicht eigentlich Schule. Sie wollen Kontakt mit dem Lehrer.
Ich sagte Ihnen schon, es waren fünf. Diese fünf sind keine Jungen, die man auf die Straße werfen kann. Wenn man diese Jungen auf die Straße wirft, dann geht der Menschheit etwas verloren, was man nicht verlorengehen zu lassen braucht. Man kann es nicht verlorengehen lassen. Der F. R. ist nicht so begabt, aber T. L. ist begabt. Der Vater mag machen, was er will; wir können uns nur Mühe geben. Es ist verrückt zu sagen, man will ihn an den Schraubstock bringen. Der Vater kann seine Künste anwenden während der Ferien. Ich glaube, es muß gesucht werden, mehr persönliches Verhältnis zu bekommen zu den Schülern der oberen Klassen. Bei den oberen Klassen ist es dringend notwendig, daß man mehr persönliches Verhältnisgewinnt.
Ein Lehrer der 9. Klasse sagt, daß er bei dem früheren Klassenlehrer dieser Klasse hospitieren will.
Dr. Steiner: Vom Zuhören können Sie interessante Apercus machen. Aber furchtbar viel hängt davon ab, gar keine Schwierigkeiten zu haben, wenn man vor der Klasse steht, mit dem Stoff. In der Freizeit vor allem den Stoff totaliter verarbeitet zu haben, so daß der Stoff keine Rolle mehr spielt, daß man alles in die Methode hineinlegen kann, die sich ganz von selbst ergibt. Es ist diese Disziplinfrage in erster Linie eine Frage der guten, methodischen Vorbereitung. Das ist es in allen Gegenständen und in allen Klassen. Es ist eine Frage der Vorbereitung. Es ist vielleicht schon dies als Grund-
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frage zu berücksichtigen, ob denn keine Zeit ist zur Vorbereitung. Es mag sein, daß mir viele sagen, es ist zur richtigen Vorbereitung keine Zeit, aber daran liegt es. Es könnte eingesehen werden, daß die Waldorfschule das notwendig macht, gründliche Vorbereitung, daß man mit dem Stoff keine Schwierigkeiten mehr hat, wenn man vor der Klasse steht. Das merken die Schüler sehr bald und fühlen sich dann enthoben der Autorität. Dann fängt es an.
Ich kann mir nichts anderes denken, als daß alle diese fünf Jungen ganz ordentliche Jungen sind. Der F. R. ist ein Schwächling. Er ist darauf angewiesen, von seiner Umgebung so behandelt zu werden, daß er das Gefühl hat, man meint es ehrlich mit ihm. Dieses Gefühl hat er seinem Vater gegenüber nicht. Fortwährend ist sein unterbewußtes Inneres auf dem Auslug: geht es mir in der Schule auch so wie zuhause? Er will Verständnis finden. Aber er findet, daß er ohne Verständnis behandelt wird. Der Vater weiß es nicht, daß er jähzornig ist. Es hängt alles davon ab, daß die Jungen für den Inhalt des Schulunterrichts sich interessieren. Da geben alle acht in der Algebra. Sie sind nicht schlimm gewesen. Ich habe oft beobachtet, wie Sie ganz gut mit ihnen fertig geworden sind. Das ist ein Unfug, daß der Vater diesen Brief geschrieben hat. Das tut er, nachdem ich ihm gesagt habe, die Grundbedingung für die Diebstahlsangelegenheit ist dies, daß kein Mensch darüber redet, zu niemand, und wir müssen dem Jungen beibringen, daß er zu niemandem darüber redet. Und nun macht es der Vater hinterher doch. Der Alte ist viel ungezogener als der Junge. Es ist furchtbar schwer. Der Junge lügt einen nicht an, auch wenn er Schändlichkeiten zu gestehen hat; der Alte lügt aber fortwährend. Es ist eben so: der Junge weiß, daß der Vater lügt, wenn er den Mund aufmacht. Der Junge weiß das aus seiner Erfahrung. Das günstigste wäre gewesen, wenn die Jungen gesehen hätten, daß man soviel Abscheu vor der Tat, aber Mitleid vor ihrem moralischen Schicksal hat, daß man die Sache zudecken will; während die Jungen nur verlieren, wenn man es an die große Glocke hängt. Es wäre schon schön, wenn der F. R. von den Eltern weggebracht werden könnte.
Es erwachsen allerlei Aufgaben. Ich habe selbst einen Schüler anzumelden, den S. T. Er ist sechzehnjährig, wird in die 9. Klasse zu kommen haben. Also der Junge ist am besten beschlagen in der Philosophie, kennt Plato, kennt Kant, kennt die „Philosophie der Freiheit", ist ein guter Mathematiker, schlechter Lateiner, schlecht in Deutsch, schlecht in der Geschichte, mittelmäßig schlecht in der Geographie und Naturgeschichte, und ganz abscheulich schlecht im
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Zeichnen. Das ist alles zu berücksichtigen. Aber man kann ihn nicht in die 8. geben. Er hat die 9. Klasse eines Realgymnasiums hinter sich. Er wäre auch zu alt. — Da handelt es sich darum, daß eine Pension gesucht wird. Man müßte sehen, daß man eine ausfindig macht. Eine Lehrerpension ist nicht da, also muß man versuchen, ob er nicht in einer anderen Weise versorgt werden kann.
Eine Lehrerin sagt, in der 8. Klasse sei immer ein schrecklicher Lärm. Sie will zwei Schüler extra nehmen oder die Klasse teilen.
Dr. Steiner: Extra nehmen ist keine besondere Methode. Man muß versuchen zu verhindern, daß er hinausläuft. Man kann ihnen schon nachhelfen. Extra zu nehmen, das nicht; wenn es möglich ist, die Klasse zu teilen, das schon. Die Klasse ist für diese Verhältnisse zu groß. Wenn Sie ihnen Nachhilfestunden geben, das würde ganz gut gehen. Nur nicht einzelne herausnehmen, und sie nicht in der Klasse haben. Das wird immer vorkommen, daß man schwierig zu behandelnde Schüler hat. In den gewöhnlichen Schulen hat man solche Schüler nicht. Bei uns müssen sie mit hinaufgehen. Aber ich glaube doch, es geht, wenn man mit ihnen befreundet wird.
Es wird gefragt wegen des B. B. in der 8. Klasse.
Dr. Steiner: Man hat in der Menschheit auch solche Leute, und man hat die Aufgabe, sich ihrer nicht zu entledigen, sondern sie wirklich auch zu behandeln. Ich glaube, wir dürfen gar nicht darauf Einfluß nehmen. Was die Mutter tun will, ist eine andere Sache. Wir dürfen nicht, weil wir finden, daß Schwierigkeiten vorliegen, irgendeinen Schüler aus der Schule weggeben. Er muß interessiert werden. Es ist mit ihm fertig zu werden, wenn man ihm mit Gründen beikommt. Der B. hat behauptet, er hätte nichts von den Pflaumen genommen. Herr S. hat ihn gefragt, waren sie reif oder unreif? Er hat gesagt, Herr S. ist doch sehr schlau. Er gibt sich als überwunden an. Man muß ihm mit Gründen kommen. Das veranlaßt ihn dann, daß er in sich geht, während sonst — bitte, nageln Sie eine Kiste zu mit einem Hammer, der fortwährend vom Stiel abfällt, so ist es mit seinen Gedanken. Zwischen den Partien seines Gehirns liegen Fettklumpen. Er bringt seine Gehirnpartien nicht zusammen, es liegen Fettklumpen dazwischen. Wenn man ihn stark zum Nachdenken anregt, dann geht er in sich. Da durchdringt er das Fett. Ich bin überzeugt davon, er ist gutmütig, man wird fertig mit ihm. Man muß sich Mühe geben, ihn zu überführen. Nun haben Sie wieder fünf Wochen Zeit. Schläue kann man sich aneignen.
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Brennesselbäder werden ihm nützen. Etwas nützen wird, wenn man Zitronensaft in die Bäder hineintut, und jedenfalls bittere Stoffe, bittere Pflanzen, ich will sagen Sauerkraut. Wenn es geht, eine Mischung von allen dreien. Süßholz nicht. Dreimal die Woche, nicht zu warm. Mit Mehlspeisen mäßig sein. Wenn er Brot ißt, versuchen Sie es ihm zu rösten, daß möglichst wenig Wasser darin ist. Er hat eben Neigung zur innerlichen Fettbildung, die muß erst fort. Er ist auch faul. Man kann die ganz regulären Heileurythmie-Übungen mit ihm machen für Fett. Bohnenkaffee kann ihm gut bekommen.
X..* Wie kann man sich Schlauheit aneignen?
Dr. Steiner: Haben Sie das „Goetheanum" gelesen mit den Rätseln von Brentano? Ich rate Ihnen, schaffen Sie das Buch an und lösen Sie alle die Rätsel. Ich meine es im Ernst. Ich habe die vier schwersten ausgesucht. Das wäre in bezug auf B. und Schlauheit.
X.: Der Bund entschiedener Schulreformer hat zur Teilnahme an einer Pädagogischen Veranstaltung eingeladen.
Dr. Steiner: Es handelt sich darum, ob man Neigung hat, da hinzugehen und dort zu reden. Es ist sinnlos. Wer einen solchen Brief schreibt, ist nicht zum Schulreformer geboren, am wenigsten zum entschiedenen. Es ist der absolute Wahnsinn. Auf der anderen Seite kann man den Standpunkt annehmen, daß man irgend redet von den Dingen. Man kann sich auf den Standpunkt stellen, daß man möglichst viel darüber redet. Hier kann jemand, der das nicht scheut, hingehen und reden und die Dinge vertreten. Sinn hat es keinen. Wer einen solchen Brief schreibt, der ist nicht berufen. Es ist ein Getue. Das sieht man dem Brief gleich an.
Es wird gefragt wegen Beteiligung an der Kunsterziehungs-Tagung in Stuttgart.
Dr. Steiner: Sinn haben nur die Dinge, die wir mit völliger Beherrschung der Initiative von uns aus machen. Dieses Mittun hat nur dann einen Sinn, wenn man den Gesichtspunkt befolgt, man will an einer Stelle von der Sache reden. Es kann trotzdem jemand aufmerksam werden auf die Waldorfschul-Methode in jeder Art von Gemeinschaft. Natürlich müssen es solche Leute sein, wo eine Aussicht ist, daß man etwas Vernünftiges erreichen kann, wie die englischen Veranstaltungen sind; über die muß man anders denken. Aber dieses Zeug hier, was bloß Pflanzreißerei ist, das muß man so behandeln, daß man sich nichts davon verspricht. Wenn Sie nicht besondere Lust haben hinzugehen, dann schreiben Sie, wir sind in der nächsten Zeit mit dem
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Ausbau der Waldorfschule und ihrer Methoden so beschäftigt, daß wir uns ganz dem widmen müssen. Das wird mehr nützen als diese Ausstellung. Wir müssen sehr daraufsehen, daß wir uns das Interesse, das die Leute haben, auch anschauen. Sonst bringen wir die Waldorfschule herunter. Wir können ihm ganz gut diese Auskunft geben, daß wir keine Zeit haben, weil wir die Methode selbst ausbauen müssen. Bloß die Malereien der Kinder ausstellen, halten wir für unpädagogisch.
Wir können heute nicht ganz prinzipielle Fragen besprechen. Vielleicht sind noch Bedürfnisse bezüglich des Inhaltes der Klassen oder der Behandlungsmethode.
Es wird gefragt nach dem Lehrplan der 11. Klasse in Algebra.
Dr. Steiner: Ich habe die Sache so angegeben, daß ich gesagt habe, es sollte der Stoff soweit behandelt werden, daß man kommt bis zum Verständnis des Carnotschen Lehrsatzes und seiner Anwendungen. Damit ist der ganze Lehrplan gekennzeichnet. Da ist viel Algebra darin. Da hat man notwendig viel Algebra, Reihenlehre, Funktionen und so weiter. Es kann schon bei diesem Lehrplan bleiben. Daß man ihnen Aufgaben geben kann, bei deren Lösung sie den Carnotschen Lehrsatz nach allen Seiten beherrschen müssen. (Über den neuangestellten Lehrer X.:) Bei X. kommt dies in Betracht, daß ich das Lehrerkollegium für seine Erziehung als Mensch verantwortlich mache. Man muß dafür sorgen, daß er nicht ausartet.
Ein Religionslehrer: Was soll ich als Beispiele für Völkerreligionen nehmen? Dr. Steiner: Altes Testament; die Hebräer.
Es wird gefragt nach dem Kunstunterricht. Goethesche Lyrik in der 10. Klasse. Tropenlehre.
Dr. Steiner: Es ist ein Stoff, der eigentlich fast die Klasse ausfüllt. Man kann natürlich die Tropen- und Figurenlehre nehmen. Man kann den Kindern eine Empfindung beibringen für die poetischen Formen. Man darf nicht sagen, daß Goethe erst von einem bestimmten Lebensalter es gekonnt hat; daß er erst mit vierzig Jahren eine Stanze machen konnte, sonst denkt der Schüler: Na, was soll ich denn machen, wenn der Goethe erst mit vierzig Jahren . . . Auf solche Dinge, die Reaktionen hervorrufen — es stößt auf —, da muß man aufpassen wie ein Heftelmacher. Man kann es gut behandeln. Für den Kunstunterricht ist der Stoff der Anlaß. Man kann sich ganz nach dem richten, was die Schüler verstehen.
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Eine Frage nach Kaiser Heinrich IL, dem Heiligen.
Dr. Steiner: Ich habe gesagt, es war sein Wille, zu begründen eine ,,ecclesia catholica, non romana". Das ist eine bekannte Geschichte. Ganz sicher finden Sie das überall, wo Heinrich II. dargestellt wird. Lamprecht ist kein Historiker, er ist Dilettant. Er ist interessant, symptomatisch für die Entwickelung der Geschichtswissenschaft. Sie müssen irgendein Quellenwerk sich aufsuchen über Heinrich II. Es ist überliefert. Es ist nicht ein Wahlspruch, sondern das, was er gefühlt hat. Das Brevier hat Heinrich II. eingeführt als Heiligen. In diesem Zusammenhang kann man immer sagen: dazumal war es möglich, daß einer ins Brevier kam, der nur eine katholische, nicht eine römisch-katholische Kirche wollte.
Es ist bei Lamprecht eher kokett, kein ursprüngliches Empfinden. Er spricht auch so selbstgefällig.
X.: Was bedeuten in Wolframs Parzival die Worte „lapsit exillis" als Name für den Gral?
Dr. Steiner: Das ist noch nicht erforscht worden. X..- . . .
Dr. Steiner: Die Hauptsache ist, daß Sie sich erholen. Frisch werden! Daß der Enthusiasmus erblüht während der Ferien, daß die Blüte zur Frucht geworden ist, wenn Sie wieder anfangen, auch da, wo die Klassen nicht ganz gut sind. Jetzt freuen sich die Schüler doch schon, daß sie Sie wieder haben werden.
Ja, die Verhältnisse in Deutschland werden jetzt immer trüber und trüber. Es kommt das vollständige Chaos.
Die Oxfotder Vorträge sollen erscheinen. — Es kommt eines in Betracht. Heute morgen sagte mir Leinhas aus seinem Apercu heraus: Schließlich haben doch so viele Leute so reichlich Stoff und schreiben nicht! Warum schreiben die nicht? Selbst das „Goethea-num" wird nach und nach an Stoffmangel leiden.
Es wird gefragt nach der Art der Bearbeitung der pädagogischen Vorträge für die Veröffentlichung.
Dr. Steiner: Auch das Pädagogische müßte doch in so selbständiger Weise, wie Steffen meine Vorträge wiedergibt, erscheinen können, bearbeitet von denen, die in den Dingen darinnenstehen. Individuell, persönlich verarbeitet das aussprechen, was man zu sagen hat. Geltend machen und ausführen die Dinge, die man als Spezialgebiet der Waldorfschule als ideale hat, so daß ein lebendiges Reden von den
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pädagogischen Prinzipien der Waldorfschule auftritt. Über den Kunstunterricht könnten so schöne Aufsätze geschrieben werden. Das „Goetheanum" braucht auch wirkliche Aufsätze. Es müßte sozusagen ein Furor entstehen, selbständige Leistungen geben zu wollen. Wenn es auch nur selbständige Würdigungen von dem und jenem Angeschlagenen sind, aber sich exponieren! Woher kommen die unbrauchbaren Manuskripte? Auch aus der Gesellschaft? Ja, manchmal sind ja auch unbrauchbare abgedruckt. Es wäre schon gut, wenn gerade dies, was hier bei der Kunsttagung in einem universalen Sinn hat heraustreten sollen, warum soll das nicht die Veranlassung geben zu speziellen Ausführungen? Es gibt auch eine Möglichkeit, ganz interessant methodische Fragen zu behandeln, zum Beispiel diese methodischen Fragen, wie ich sie dazumal in Dornach besprochen habe. Es liegt auch viel zu wenig der Welt vor eine Literatur über die Waldorf schule. Können Sie nicht über Ihre Unterrichtsprinzipien schreiben? Zweiundvierzig Lehrer sind da, fast so viel, daß in jedem Heft vier davon schreiben könnten. Es ist schon notwendig, daß diese Dinge bei uns entwickelt werden, daß ein Gefühl für dieses Darstellen von verschiedenen Gesichtspunkten aus erwächst. Ich habe ein Musterbeispiel davon geben wollen, in diesen Einleitungen zu den verschiedenen Eurythmievor-stellungen, wenn ich versuche, es immer umzugießen, immer dasselbe von den verschiedensten Punkten aus zu geben. Das habe ich mit diesen Eurythmie-Einleitungen versucht. Als ich neulich eine gehalten habe, da standen die Leute draußen und gingen nicht hinein dazu. Das war bei der Delegiertentagung. Es war nach dieser Sitzung, wo sich die deutschen Delegierten so ausgezeichnet haben, wo einer gesagt hat, das Goetheanum war schon eine Ruine, bevor es abgebrannt war. Da ist vier Stunden reiner Kohl geredet worden. Richtiger ausgemünzter Kohl, vier Stunden lang.
Dann hoffe ich, daß Sie sich nach allen Richtungen erfrischen. Wir brauchen auch auf den verschiedenen Gebieten der anthroposophi-schen Bewegung eine Erneuerung der Kräfte. Es ist schon so, daß man etwas bedacht sein sollte auf die Erneuerung der Kräfte, so wie die Pflanzen auch jedes Jahr sich erneuern. Es muß eine innere Aneiferung, ein inneres Feuer da sein. Natürlich sind die Lebensverhältnisse schwer, sie werden mit jeder Woche schwieriger. Jetzt, wo die Mark gar keinen Wert mehr hat, nur einen Rechnungswert, jetzt ist gar nicht abzusehen, in welches Chaos man hereinkommen wird. Der Monatsetat ist jetzt etwa vierhundert Millionen Mark. Der August kann etwa zwei Milliarden werden, vielleicht auch noch mehr.
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Mir hat ein Mann in Österreich geschrieben, daß er eine Transaktion gemacht hat, bei der er Dollar kriegen sollte. Er will nur sechshundert Dollar für sich haben. Was er darüber kriegt, das will er zur Verfügung stellen. Das wird jedenfalls eintreffen. Ich habe ihn gebeten, er solle es der Waldorfschule zuwenden. Das sind fünfhundert Millionen, aber es ist so wie ein Tropfen auf einen heißen Stein. Es ist der absolute Wahnsinn. Nun glaube ich, es wird in der nächsten Zeit in der Waldorfschule so notwendig sein wie für das Goethea-num, Geld zu bekommen. Diese Sache hätte müssen richtig vertreten werden; dies ist nicht richtig vertreten worden in Dornach. Jetzt müssen wir schließen.
Konferenz vom Dienstag'18. September 1923, 18.30—22.30 Uhr
Dr. Steiner: Es ist vor meiner Abreise noch zu besprechen das Schicksal der 5. Klasse, und die Erfahrungen und Wünsche, die zu verzeichnen sind, möchte ich hören.
Von den großen Erfolgen derjenigen Lehrer, die nach England gefahren sind, werden sie selbst berichtet haben. Haben Sie nicht von den Erfolgen der Waldorflehrer berichtet? Es ist ja tatsächlich so, daß das Wirken der Lehrer dort einen großen Eindruck gemacht hat, und wenn Sie hinter die Kulissen sehen, so ist es doch auch die Tatsache gewesen, daß die Waldorflehrer jeder eine Individualität ist, was einen großen Eindruck gemacht hat. Es hat jeder als Individualität gewirkt.
Der Eindruck, den Baravalle gemacht hat mit der Metamorphosie-rung der Flächen, was in den Pythagoreischen Lehrsatz einläuft, das hat einen ungeheuer tiefen Eindruck gemacht. Dann war ein tiefer Eindruck da von Fräulein Lämmerts Darstellung des musikalischen Unterrichts. Es war so. Dann machte Dr. Schwebsch Eindruck durch sein Können und sein Wissen. Dr. Schubert wirkte so überzeugend für die Wahrheit der Waldorfschule im ganzen. Nun, nicht wahr, von Dr. von Heydebrand muß man immer dasselbe sagen. Sie macht den Eindruck, daß die meisten sagen: von so jemandem möchte ich meine Kinder unterrichtet haben. Sie macht diesen Eindruck. Nun, Fräulein Röhrle hat sich mehr hinter den Kulissen gehalten, und mir scheint, daß nur sie selbst von ihrem Erfolg dort sprechen kann.
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Ist die letzte Nummer des „Goetheanum" da? Dann also möchte ich empfehlen, sich zu informieren, indem Sie das Buch von Miss Mac-Millan anschaffen, daß es jeder liest: ,,Education through the Imagination." Ich habe in mein Exemplar folgendes hineingeschrieben, das habe ich nicht in den Aufsatz geschrieben: Es ist so, wie wenn jemand sehr gut zu beschreiben vermag die Speisen, die auf den Tisch kommen, ohne zu wissen, wie sie in der Küche zubereitet werden. — Diese Oberschichte, diese Analyse der Oberschichte der Seele, insofern die Seele imaginative Kräfte entfaltet, nicht die Arbeit, die das hervorruft, das also ist sehr interessant im Buche dargestellt. Eine deskriptive Beschreibung der Kindesseele, ausgezeichnet, nur kennt sie nicht die Kräfte, aus denen das entsteht. Ich glaube, daß gerade, wenn aus der Anthroposophie heraus die Unterlagen geliefert werden, all die Dinge, die bloß deskriptiv sind, überall gut beleuchtet werden können, daß jeder, der Anthroposoph ist, gerade dadurch sehr viel von dem Buch hat, weil er ungeheuer viel von der Anthroposophie hineinlesen kann. Es ist eine Notenskizze, die jeder für sich wunderbar ausarbeiten kann, weil es Anlaß gibt, sehr viel Anthroposophie durchzuarbeiten.
Miss MacMillan möchte zu Weihnachten mit einigen Hilfskräften herkommen. Ich möchte bitten, daß sie anständig behandelt wird. Sie gilt einigen als die bedeutendste pädagogisch-reformatorische Kraft. Wenn man in ihre Schule kommen würde, würde man vieles sehen, auch ohne Kinder. Sie ist ein pädagogisches Genie. Sie wird es schon so einrichten, daß sie vom Unterricht etwas sieht. Ich habe ihr gesagt, wenn sie ohne Unterricht die Schule ansieht, daß sie nichts davon hat.
Der Zürcher Kurs war vorgesehen, und als ich mit Wachsmuth von England zurückkam und diese Nachricht dort war, daß dies ernsthaft werden soll, wurden die beiden fast ohnmächtig. Das wird abgeändert, das wird zu Ostern sein. Da werden wir auch zum ersten Male Osterspiele machen. Ich habe den Auftrag gegeben, das zu ordnen; das wird zu Ostern sein.
Nun, haben vielleicht die in England gewesenen Lehrer selbst etwas zu sagen?
Es wird gefragt, ob für solche Dinge, wie Nähkarten, das zwölfte Jahr etwa das richtige ist für die Kräfte, die daran entfaltet werden; wegen der Geometrie.
Dr. Steiner: Ja, das ist richtig. Nach dem zwölften Jahre ist es zu spielerisch. Ich würde nur nie Dinge zum Arbeiten in die Schule
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einführen wollen, die niemals im Leben vorkommen. Es kann sich kein Lebensverhältnis ergeben aus etwas, worin kein Leben steckt. Die Fröbel-Dinge sind für die Schule erfunden. Es sollte aber nichts nur für die Schule erfunden werden. Nur Dinge aus der äußeren Kultur, aus dem wirklichen Leben, sollten in entsprechender Form in die Schule hineingetragen werden.
Einige Lehrer berichten über ihre Eindrücke in England.
Dr. Steiner: Man muß aber berücksichtigen, der Engländer versteht die bloße Logik nicht, selbst wenn sie poetisch ist. Es muß alles in konkrete Bilder gebracht sein. Sobald man in eine bloße Logik hineinkommt, kann der Engländer nicht darauf eingehen. Seine ganze Mentalität versteht nur, was konkret ist.
X. meint, die Leute dort organisieren aus Improvisation. Man hat den Eindruck, als ob die Fähigkeit an der Grenze wäre.
Dr. Steiner: Es fuhren sämtliche Anthroposophen, die dort waren, und auch noch andere Gäste, von Wales nach London. Es waren nur Kursteilnehmer von Penmaenmawr; es wurde ein Extrazug von Penmaenmawr geführt. Wir waren die zwei Waggons und ein Gepäckwagen. Es wird der Zug so spät hereingeschoben, daß es schnell geht. Nun kommt der Schaffner, das Gepäck ist draußen. Wachsmuth sagt, es muß herein. Es kam alles herein. Die Passagiere sorgten dafür, daß der Zug wartete. Das ist etwas, was in Deutschland nicht möglich ist. Es ist an gewissen Stationen eine große Unordnung. Hier weiß man nicht, was geschieht, dort muß man selbst zum Gepäckwagen gehen. In Manchester stoßen zwei Gesellschaften zusammen. Da führen die Beamten einen Krieg. Die einen wollten es nicht aufnehmen, die anderen wollten uns loskriegen. Das Gepäck kommt oft weg, aber es kommt auch wieder. Diese Privatgeschichte hat ihre Richtigkeit, aber auch ihre Schattenseiten. Von solchen Stationen, da fahren am Sonntag keine Züge ab, weil die Aktionäre der Eisenbahn dieselben sind, wie die der Hotels. Damit die Leute bis Montag bleiben, gehen am Sonntag keine Züge. — Das Innere von Penmaenmawr habe ich im Vortrag auseinandergesetzt.
X.: Sie sprachen in England von der Stellung der Frau in Griechenland. Sie sei nicht als Mensch behandelt worden. Schure gibt Schilderungen von den Mysterien, wo die Frau doch anscheinend eine große Rolle spielt.
Dr. Steiner: Die Frau als solche spielte schon eine Rolle. Namentlich diese, die ausgewählt waren für die Mysterien. Das waren Frauen, die
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nicht eigentlich Familienfrauen waren. Die Frau, die zur Familiengründung da war, die wurde niemals zum öffentlichen Leben herangezogen. Die Kindererziehung ist im Hause verlaufen. Es wurde intensiv damit gerechnet, daß die Frau nicht teilnimmt am öffentlichen Leben. So konnte sie an das Kind bis zum siebenten Jahr nichts von dem politischen Leben herantragen. Der Vater sah das Kind kaum vor dem siebenten Jahr, er kannte es kaum. Es war ein Unterschied in der Lebensweise. Es galt nicht als ein minderer Platz des Menschen. Die für die Mysterien ausgewählten Frauen spielten oft sogar eine große Rolle. Dann diejenigen, deren Typ Aspasia ist.
Nun, die 5. Klasse müssen wir teilen. Ich hätte gerne eine männliche Lehrkraft gehabt aus einem einfachen Grunde, weil, nicht wahr, die Leute sagen werden, wir besetzten unser ganzes Kollegium nur mit Frauen. Da wir aber noch nicht eine überwiegende Mehrheit von Frauen haben, und es sich noch immer die Waage hält, und tatsächlich kein Mann als Lehrer zu finden ist — er gedeiht nur in fürchterlicher Dekadenz —, wird uns nichts anderes übrig bleiben. Jetzt als ich Umschau hielt nach Befähigungen, hat mich das zu einer Art Statistik veranlaßt. Ich habe nachgeschaut, wie die Dinge stehen. Es ist tatsächlich so, daß man in einem Mittelschulschema die größere und weitere Befähigung bei den Frauen findet. Die Männer haben mehr nur für die Fächer Befähigungen, die unbedingt notwendig sind; die Frauen haben deren eine ganze Reihe. Die Männer sind dekadent, das gehört zu den schrecklichen Erscheinungen der Zeit. So ist es nicht anders gewesen, als daß ich dieses Fräulein anstellte. Ich glaube, daß sie eine gute Kraft werden kann. Sie hat promoviert mit einer Dissertation, die anknüpft an diese Bemerkung, die in den Zyklen steht, wie Homer beginnt: ,,Singe mir, Muse, den Mann . . ." und Klopstock: „Singe unsterbliche Seele." Die 5c wird also jetzt geführt werden von Fräulein Dr. Martha Häbler. Sie scheint mir tüchtig zu sein. Machen Sie Vorschläge, ich meine die beiden Klassenlehrer der fünften Klassen, welche Kinder aus beiden Klassen abgespalten werden sollen, aus denen wir die neue c-Klasse zusammensetzen. Wir machen sie aus beiden Klassen zusammen. Fräulein Dr. Häbler darf vorher hospitieren, und dann werde ich sie einführen, wenn ich am 10. komme. Wir sehen sie sogleich an als Mitglied des Lehrkörpers. Sie wird an den Konferenzen teilnehmen.
Das führt mich auf die zweite Frage. Wir werden Fräulein Klara Michels bitten, die Klasse 3b zu übernehmen.
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Frau Plinke habe ich gebeten, daß sie zu Miss Cross an die Schule in King's Langley geht.
Die Gartenbaulehrerin fragt, ob man Klassengärten einrichten solle.
Dr. Steiner: Ich habe nichts dagegen. Bis jetzt haben wir diese Gartenarbeit mehr extemporiert. Arbeiten Sie etwas darüber aus. Es kann in unseren Lehrplan hineinkommen.
Der Naturwissenschaftslehrer: Aus dem Botanikunterricht heraus habe ich das Bedürfnis, daß man im Garten hier die Pflanzen zieht, die in der Botanik durchzunehmen sind.
Dr. Steiner: Das läßt sich machen. Es kommt dadurch auch mehr Planmäßiges in den Gartenbau hinein.
Es wird eine Frage gestellt wegen des Handarbeitsunterrichtes.
Dr. Steiner: Frau Molt kann ihre letzten zwei Handarbeitsstunden abgeben an Fräulein Christern.
Dann würde ich bitten, daß Sie, weil wir manches zurückgelassen haben, das jetzt vorbringen.
Nun möchte ich noch den S. T. Ihnen ans Herz legen. Er ist ein frühreifer Junge. Er ist sehr begabt, er ist auch vernünftig, aber man muß ihn immer anhalten. Ich habe ihn sehr ermahnt, daß er sich interessiert für die Schulgegenstände. Er hat Plato gelesen, Kant, „Philosophie der Freiheit". Er ist etwas schusselig. Wenn Sie glauben, daß er Nachhilfestunden braucht, so muß er sie bekommen. Sympathischer wäre ihm, wenn man ihm die Geheimwissenschaft analysieren würde. Er ist von Schule zu Schule gekommen. Er war zuerst in einer Klosterschule. Er ist eine harte Nuß, die zu knacken sein wird.
Es wird gefragt nach einem zweiten Jugendkurs und nach Vorträgen für anthroposophische Lehrer außerhalb der Waldorfschule.
Dr. Steiner: Wir veranstalten die Jugendtagung. Dann müssen Sie sich schlüssig werden, wie Sie das machen. Mir ist es einerlei, ich richte die Vorträge danach ein.
Es ginge ganz gut, daß man die Vorträge nur für die Lehrer der Waldorfschule während der Schulzeit hält. Das geht ganz gut. Aber während einer Tagungszeit, das scheint nicht zu gehen. So eine Tagung, wenn also wirklich zwischen ganz schönen Gedanken so furchtbar viel Gedankenmorde herumfliegen. Die vier Tage waren doch furchtbar. Tagungen lassen sich nicht vereinigen mit dem, was wir brauchen für den Kreis der Schule.
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Es kommt mir doch so vor, als ob — und darüber möchte ich einiges hören —, als ob nicht doch ein bißchen neue Impulse leben in der Schule. Ich glaube das doch. Es wird doch manches aus einem neuen Verantwortlichkeitsgefühl fließen, daß die ganze Pädagogik so ernsthaft genommen wird, wie es sich gezeigt hat in England. Das ist etwas, was wirklich darauf hinweist, daß man die allerstärksten Kräfte entfalten muß. Nun meine ich, man braucht da einiges. Es wäre schon wünschenswert, daß man also von einem solchen Gesichtspunkt aus, der mehr überhaupt die ganze Perspektive der Wal-dorfschul-Pädagogik berührt, sprechen würde über das Hineinwirken der moralischen Impulse und religiösen Impulse in die anderen Lehrgegenstände. Über die unmittelbare Erziehungspraxis sollte geredet werden. Das ließe sich eher selbst mit so etwas wie der Jugendtagung verbinden. Die Jugendtagung wird freie Sitzungen halten. Ich glaube, daß es eher geht als mit dem, wenn man bei einer Tagung von morgens bis abends sitzt. Ich werde vom 10. bis 14. Oktober ja wieder hier sein. Da können wir in Aussicht nehmen, über diese Fragen ausführlich zu sprechen. Die Waldorflehrer werden nicht viel zu tun haben mit dieser Tagung außer der Teilnahme. Mir kommt vor, da die Jugend losgelassen sein will, daß ich selbst nicht so furchtbar eingespannt sein werde bei einer solchen Tagung. Es könnte an diesen Tagen die Schule ausfallen. Dann läßt sich leicht ein Vortrag einschieben.
Ich kann nicht leicht herüberkommen zu einer anderen Zeit. Es sind zuviel Dinge. Wenn gebaut werden soll, muß ich in Dornach sein. Wenn wir Herbstferien machen, können wir dann höheres Pädagogisches besprechen, da können dann nur Waldorflehrer hinein. Man könnte bei der Tagung auch die Öffentlichkeit zulassen. Eine Sache wird so gemacht, daß jeder etwas hat davon, sowohl die Eltern wie Lehrer, aber verschieden. Wenn es mir gelingt, das, was alles geboten wird, als ein Lebendiges zu haben, dann ist es so. (Über den neuangestellten Lehrer X:) Die Stunden, die ich mitgemacht habe, haben mich befriedigt. Er ist durchaus ganz ernst dabei; hat sich selbst in den Stoff gut hineingefunden. Es verstehen ihn die Schüler. Man muß ihn noch leiten. Deshalb habe ich ihn heute noch nicht hineingelassen, weil ich das sagen wollte. Er muß Sie alle hinter sich spüren. Er muß willig bleiben; jetzt ist er es im höchsten Maße.
Der Musiklehrer fragt nach der Darstellung der Rhythmen, die in der Musik anders ist als in der Eurythmie. Er wendet die üblichen Arten des Dirigenten-Rhythmus an. Sind nur die zwei-, drei- und vierteiligen wichtig, oder soll man weitergehen bis zum fünf- und siebenteiligen?
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Dr. Steiner: Was den sieben- und fünfteiligen Rhythmus betrifft, nur mit den Älteren, jedenfalls nicht mit Kindern unter fünfzehn, sechzehn Jahren. Ich glaube, wenn man es mit Kindern unter fünfzehn Jahren machen würde, so würde sich das musikalische Gefühl ver-fuseln. Ich könnte mir eigentlich kaum denken, als daß nicht derjenige, der Begabung hat, der müßte Musiker werden sollen, es von sich aus lernt. Es genügt bis zum Vierteiligen. Man müßte dafür sorgen, daß das musikalische Gefühl möglichst lange empfindungsgemäß durchsichtig bleibt, so daß sie Differenzierungen erleben. Das bleibt es nicht, wenn man siebenteiligen Rhythmus hat. Daß die Kinder durch Dirigieren aktiv teilnehmen, durch eine Art Dynamik aktiv teilnehmen, das ist ganz sicher pädagogisch vorzüglich, aber es müssen alle drankommen. Man kann die Dirigenten-Bewegungen der gewöhnlichen Art nehmen.
Musiklehrer: Ich habe es bisher nur alle zusammen machen lassen. Ob man dieses einzeln Dirigieren auch bei den Jüngeren machen kann?
Dr. Steiner: Ich glaube, von einem Zeitpunkt zwischen dem neunten und zehnten Lebensjahre kann man das auch anfangen. Vieles von dem, was sich in diesem Zeitpunkt entscheidet, ist von solcher Art, daß diese besondere Beziehung, wenn einer als einzelner zu einer Gruppe in Verhältnis tritt, daß vieles von diesen Beziehungen da hineinspielt. Es ist ja nicht unnötig, das auch auf andere Gegenstände auszudehnen, so zum Beispiel immer für das Rechnen das zu benützen, daß einer die anderen führt für gewisse Sachen. Da macht es sich von selbst, aber im Musikalischen wird es zu einem Bestandteil der Kunst selbst werden.
Es wird gefragt wegen der Reihenfolge der Eurythmiefiguren.
Dr. Steiner: Ich habe sie so aufstellen lassen, daß ich die Vokale zusammengestellt habe, die Konsonanten zusammen, und die paar außerdem. Zweiundzwanzig bis dreiundzwanzig Figuren. Nun könnte man innerhalb der Konsonantenreihe wiederum die Verbindungen zusammenstellen. Nicht gerade bloß alphabetisch. Das beste ist, überhaupt zu fühlen, mit was für einem Buchstaben man es zu tun hat, und nicht sehr abhängig zu sein von der Ordnung. Es mehr qualitativ empfinden, als das Nebeneinanderstellen. Wenn jetzt nicht die schrecklich ungünstige Zeit wäre, so glaube ich, würde viel darin leben. Es sind jetzt die feineren Schwierigkeiten. Bevor das Kind nicht die betreffende Geste gelernt hat, kann es keinen Begriff mit der Figur verbinden. In dem Augenblicke, wenn
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es die Geste gelernt hat, muß es die Geste beziehen auf die Figur. Es muß die Beziehung erkennen, und zwar so, daß es die Bewegung verstehen wird, nicht Charakter und Gefühl. Das Gefühl drückt sich im Schleier aus. „Für einen Schleier bist du noch zu klein." Was Charakter ist, kann man von dem Moment an, wo die Kinder lernen, sich innerlich hineinzuleben, auch nach und nach beibringen. Wenn die Kinder begreifen, was das Prinzip im Herstellen der Figuren ist, dann wird es günstig auf den Eurythmieunterricht zurückwirken. Im Laufe der Zeit entwickelt sich das künstlerische Gefühl. Wenn man es entwickeln kann, soll man es tun. Wie steht es mit der 9b?
X.: DerT. L. ist abgemeldet.
Dr. Steiner: Es ist eigentlich schade.
X.: Die L. A. in der 4. Klasse stiehlt und lügt. Sie leidet auch an Gedächtnisschwäche.
Dr. Steiner: Sie lügt, weil sie es verstecken will. Es wäre gut, wenn man es dahin bringen könnte, das hilft dann immer, dem Kinde eine kleine Geschichte zu diktieren, die es sich ganz intim aneignen müßte, die es gut lernt. In dieser Geschichte müßte vorkommen, wie ein stehlendes Kind sich selber ad absurdum führt. Ich habe früher manchmal solche Dinge Eltern gegeben. Eine Geschichte aufstellen, wo das Kind durch die Entwickelung des Tatsachenganges gewissermaßen innerlich karmisch sich selbst ad absurdum führt, so daß das Kind einen Abscheu bekommt vor dem Stehlen. Diese Geschichte kann man variieren. Es kann auch bizarr oder grotesk sein. Natürlich hilft es nur dann, wenn das Kind es ganz lebendig hat, wenn es veranlaßt wird, es sich immer wieder vor die Seele zu stellen. Diese Geschichte soll das Kind sich ganz zu eigen machen. Es soll sie gut auswendig lernen, oder besser, inwendig lernen, wie das Vaterunser, so daß es ganz damit lebt und sie ihm immer wieder in die Erinnerung gebracht wird. Wenn man es dahin bringt, ist das etwas, was wirklich hilft. Hilft die erste Geschichte noch nicht, so nimmt man eine zweite. Das kann man auch in der Klasse machen, es schadet nichts, wenn die anderen dabei sind. Diesem Kinde müßte man also auferlegen, es immer zu wiederholen; die anderen können dabei sein, nur brauchen die es nicht auswendig zu lernen. Man redet nie darüber, warum man das tut, vor den Kindern redet man nicht darüber. Die Mutter soll es wissen, daß man dadurch helfen will, das Kind nicht; die Klasse erst recht nicht. Das Kind soll in ganz naiver Weise