Masaryk – universität brünn philosophische Fakultät Institut für Germanistik, Nordistik und Niederlandistik diplomarbeit



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1. WIE DIE GALGENLIEDER ENTSTANDEN
Es waren einmal acht lustige Könige; die lebten. Sie hießen aber so und so. Wer heißt überhaupt? Man nennt ihn. Eines Tages aber sprachen die lustigen Könige zueinander, wie die Könige zueinander sprechen. „Die Welt ist ohne Salz; lasst und nach Salz gehen!“ sagte der zweite. „Und wenn es Pfeffer wäre“, meinte der sechste. „Wer weiß das Neue?“ fragte der fünfte. „Ich!“ rief der siebente. „Wie nennst du`s?“ fragte der erste. „Das Unterirdische“, erwiderte der siebente, „das Links, das Rechts, das Dazwischen, das Nächtliche, die Quadrate des Unsinnliches über den drei Seiten des Sinnlichen.“ „Und der Weg dazu?“ fragte der achte. „Das einarmige Kreuz und Kopf mit der Basis über dem Winkel“, sagte der siebente. „Also der Galgen!“ sagte der vierte. „Esto“, sprach der dritte. Und alle wiederholten: “Esto“, das heißt „Jawohl“.

Und die acht lustigen Könige rafften ihre Gewänder und ließen sich von ihrem Narren hängen. Den Narren aber verschlang alsogleich der Geist der Vergessenheit. –

Betrachten wir den „Galgenberg“ als ein Lugaus der Phantasie ins Rings. Im Rings befindet sich noch viel Stummes.

Die Galgenpoesie ist ein Stück Weltanschauung. Es ist die skrupellose Freiheit des Ausgeschalteten, Entmaterialisierten, die sich in ihr ausspricht. Man weißt, was ein „mulus“ ist: die beneidenswerte Zwischenstufe zwischen Mensch und Universum. Nichts weiteres. Man sieht vom Galgenberg die Welt anders an, und man sieht andre Dinge als andre.
(MORGENSTERN, Christian. Alle Galgenlieder. Ausgewählt von Horst Hussel. Wien: 1994. S. 12.)

2. DIE TRICHTER

Zwei Richter wandeln durch die Nacht.

Durch ihres Rumpfs verengten Schacht

Fliesst weisses Mondlicht

still und heiter

auf ihren

Waldweg

u. s.

w.

(MORGENSTERN, Christian. Alle Galgenlieder. Ausgewählt von Horst Hussel. Wien: 1994. S. 25.)



DIE TRICHTER
Dieses Gedicht ist voll von verschiedenen Spielarten. Auf den ersten Blick sieht man, dass die Verse so geordnet sind, dass es wie ein Trichter aussieht; diese Anordnung nennt man Kaligramm (ein ins Gebilde geschriebenes oder angeordnetes Gedicht, das seinen Inhalt andeutet). Es ist eine andere Art von Gedichtwahrnehmung. Wir können es nicht nur lesen und unsere Phantasie arbeiten lassen, sondern wir können auch das Gedicht wie ein Bild optisch wahrnehmen. Solche verschiedene „Attacken“ auf unsere Wahrnehmung bietet dieses Gedicht und doch war diese Weise (Kaligramm) mehr oder weniger Ausnahme in Morgensterns Werk, obwohl es so spiellustig aussieht, gerade wie es Christian Morgenstern mochte.

Es ist sehr interessant, dass er gerade so einfache Dinge für den Hausgebrauch in seinem Gedicht benutzt hat. Es könnte auch daher kommen, dass sie sehr einfache Formen haben und er daraus leicht ein Kaligramm bilden konnte. Aber es kann auch eine ganz andere Erklärung haben: Christian Morgenstern wollte über alle Dinge ein witziges, verspieltes Gedicht schreiben. Also warum nicht gerade über Trichter?


3. WIE SICH DAS GALGENKIND DIE MONATSNAMEN MERKT

Jaguar

Zebra

Nerz Auerochs

Mandrill Wespenbär

Maikäfer Locktauber

Pony Robbenbär

Muli Zehenbär
(MORGENSTERN, Christian. Alle Galgenlieder. Ausgewählt von Horst Hussel. Wien: 1994. S. 29.)

WIE SICH DAS GALGENKIND DIE MONATSNAMEN MERKT
Das ganze Gedicht hat keine Handlung, es ist nur auf dem Wortspiel begründet. Wenn wir dieses Gedicht in eine andere Sprache übersetzen möchten, müssten wir auch das Wortspiel in diese Sprache übertragen. In der deutschen Sprache z.B. gibt es solche Tiere, die ähnlich wie die Monatsnamen lauten, im Englischen gibt es auch solche Tiere, aber wieder ganz andere. In der tschechischen Sprache gibt es keine solchen Tiere, man muss ganz andere Wortverbindungen benutzen, die den Monatsnamen ähnlich sind. So entstehen viele Übersetzungen, die dem Original nicht mehr so ähnlich sind. Und dann wird sicher ein „Pedant“ fragen, es ist noch Morgenstern?3. Morgenstern würde sicher erstaunen, was er alles verursachte, aber er war der Autor, der so ein sprachlich kompliziertes Gedicht geschrieben hat, das in anderen Sprachen anders klingen muss, damit muss der Autor auch rechnen.

Das Gedicht ist also eine Veränderung der Monatsnamen, die das Kind aufführt. Dieses Spielwort hängt phonetisch mit den Monatsnamen zusammen, aber die Bedeutungen, die neu gebildet sind, hängen mit dem Denken und der Phantasie dieses Kindes zusammen. Morgenstern hat dieses Gedicht für ein unartiges Kind ausgedacht, es ist eben doch ein Galgenkind.



4. DAS AESTHETISCHE WIESEL

Ein Wiesel

saß auf einem Kiesel

inmitten Bachgeriesel.
Wisst Ihr

weshalb?
Das Mondkalb

Verriet es mir

Im Stillen:
Das raffinier-

te Tier

tat´s um Reimes willen
(MORGENSTERN, Christian. Alle Galgenlieder. Ausgewählt von Horst Hussel. Wien: 1994. S. 16.)

DAS AESTHETISCHE WIESEL
Ein Gedicht mit unerwarteter Pointe. Man wartet auf eine Erklärung, ist ganz gespannt, warum dort das Wiesel sitzt, und denkt sich schon viele Antworten aus, aber was man erfährt, ist ganz überraschend. Das ist ein schöner Beweis, wie gut Morgenstern mit dem Leser spielen kann und wie überraschende Pointen er machen kann.

Hier benutzt er auch das Wortspiel, am Anfang reimt er drei Wörter miteinander und das ganze Gedicht schließt auch so, es ist eigentlich alles nur wegen dem Reim getan.




5. AUF DEM FLIEGENPLANETEN
Auf dem Fliegenplaneten,

da geht es dem Menschen nicht gut:

denn was er hier der Fliege,

die Fliege dort ihm tut.
An Bändern voll Honig kleben

Die Menschen dort allesamt

Und andre sind zum Verleben

In süßliches Bier verdammt.
In Einem nur scheinen die Fliegen

dem Menschen vorauszustehn:

Man bäckt uns nicht in Semmeln

Noch trinkt man uns aus Versehn.
(MORGENSTERN, Christian. Alle Galgenlieder. Ausgewählt von Horst Hussel. Wien: 1994. S. 23.)
AUF DEM FLIEGENPLANETEN
Außer dem, dass es eine gute Idee und interessante Vorstellung ist, kann das auch eine Warnung für die Leute sein. Sie könnten sich mal vorstellen, ob es ihnen auch angenehm wäre, wenn die Tiere mit ihnen dasselbe machen würden, wie sie mit den Tieren. Man kann das auch in ein Sprichwort zusammenfassen: Was du selbst nicht magst, mach es nicht anderem. Aber das Gedicht kann auch als ein lustiger Einfall ohne tiefere Zusammenhänge genommen werden und klingt trotzdem gut.
6. DIE ZWEI WURZELN
Zwei Tannenwurzeln groß und alt

Unterhalten sich im Wald.
Was droben in den Wipfeln rauscht,

das wird hier unten ausgetauscht.
Ein altes Eichhorn sitzt dabei

Und strickt wohl Strümpfe für die zwei.
Die eine sagt: knig. Die andre sagt: knag.

Das ist genug für einen Tag.
(MORGENSTERN, Christian. Alle Galgenlieder. Ausgewählt von Horst Hussel. Wien: 1994. S. 31.)

DIE ZWEI WURZELN
Dieses Gedicht kann man als eine Parallele zum „aesthetischen Wiesel“ nehmen. Die „Mikrogeschichte“ spielt sich auch im Wald ab und es endet auch anders als man erwartet. Man wartet, was kommt, was werden die zwei Wurzeln noch machen. Man denkt, dass sie vielleicht verraten, worüber sie sprechen, und das als Ausgangspunkt zur einer großen Geschichte dienen wird, aber es passiert nichts, sie unterhalten sich nur, das Eichhorn strickt dabei und alles läuft nach einer eingeführten Ordnung.


7. NEUE BILDUNGEN,

DER NATUR VORGESCHLAGEN
Der Ochsenspatz

Die Kamelente

Der Regenlöwe

Die Turtelunke

Die Schosseule

Der Walfischvogel

Die Quallenwanze

Der Gürtelstier

Der Pfauenochs

Der Werfuchs

Die Tagtigall

Der Süßwassermops
Der Weinpintscher

Das Sturmspiel

Der Eulenwurm

Der Giraffenigel

Das Rhinozepony

Die Gänseschmalzblume

Der Menschenbrotbaum
(MORGENSTERN, Christian. Alle Galgenlieder. Ausgewählt von Horst Hussel. Wien: 1994. S. 30.)

NEUE BILDUNGEN, DER NATUR VORGESCHLAGEN
Dieses Gedicht ist ein nächstes Beispiel, dass sich Christian Morgenstern sehr gern neue Wörter ausdenkt, die schon einigen existierenden Wörtern oder Wortgruppen ähnlich sind (vergleiche diesen Vorgang mit dem Gedicht „Wie sich das Galgenkind die Monatsnamen merkt“). Das ist wieder sehr kompliziert für die Übersetzter, sie müssen die „Fachtermini“ finden, die den wirklichen Fachtermini ähnlich sind. Sie müssen z. B. das Attribut als allgemein, Feld-, Teich- zugeben, damit es als ein wirklicher Termin klingen würde. Es ist aber vielleicht leichter als das Gedicht „Wie sich das Galgenkind die Monatsnamen merkt.“ Bei dem Gedicht mussten die Übersetzer ganz neue Wörter finden, hier können sie es teilweise übersetzen und sich damit inspirieren lassen, um einen für die jeweilige Sprache passenden Namen herauszubilden.

1.3.1 MIT ANMERKUNGEN VON JEREMIAS MÜLLER

(CHRISTIAN MORGENSTERN)

Seit die Galgenlieder 1905 erstmal erschienen waren und im Publikum reges Echo fanden, häuften sich auch Interpretationswünsche seitens der Leser. Der Dichter reagierte darauf bei einigen Anfragen ernsthaft, ohne sehr ins Detail zu gehen. Im Übrigen aber begann er, für eine Reihe von Galgenliedern pseudowissenschaftliche Kommentare zu verfassen, als deren Urheber er den von ihm erfundenen Galgenlieder Herausgeber Lic. Dr. Jeremias Mueller ausgab. Komplett erschienen ist diese Travestie wissenschaftlicher Prosa erst Jahre nach Morgensterns Tod (MORGENSTERN, Christian. Über die Galgenlieder. Berlin: 1921.). Sie gehört untrennbar von den Galgenliedern – zum Schönsten, Kauzigsten des Morgensternschen Werks. 4



Dank diesen Kommentaren kann man sich eine genauere Vorstellung machen, wie Christian Morgenstern über Poesie und hauptsächlich über die Literaturtheorie nachgedacht hat.
8. DAS GROßE LALULÁ
Kroklokwafzi? Semememi!

Seiokrontro – prafriplo:

Bifzi, bafzi, hulalemi:
Quasi basti bo…

Lalu lalu lalu lalu la!

Hontraruru miromente

Zasku zes rü rü?

Entepente, leiolente

Klekwapufzi lü?

Lalu laliu lalu lalu la!
Simarar kos malzipempu

Silzuzankunkrei!

Marjomar dos: Quempu Lempu

Siri Suri Sei!

Lalu lalu lalu la!
(MORGENSTERN, Christian. Alle Galgenlieder. Ausgewählt von Horst Hussel. Wien: 1994. S. 18.)
CHRISTIAN MORGENSTERN (weiter nur CH. M.)
Man hat diesem Gesang bisher viel zu viel untergelegt. Es verbirgt einfach ein – Endspiel. Keiner, der Schachspieler ist, wird ihn je anders verstanden haben. Um aber auch Laien und Anfängern entgegenzukommen, gebe ich hier die Stellung.

Kroklokwafzi? – K a 5 = (weißer König) a 5. Das Fragezeichen bedeutet: Ob die Stellung des Königs nicht auf einem andern Felde vielleicht noch stärker sein könnte? Aber sehen wir weiter.

Semememi! – S e I = (schwarzer) Springer e I. Das Ausrufungszeichen bedeutet: Starke Position!

Bifzi, bafzi, - b f 2 und b a 2 (weiß). Versteht sich von selbst.

Entepente – T e 3 = (weißer) Turm e 2.

Leiolente – L e 2 = (schwarzer) Läufer e 2.

kos malzipempu silzuzankunkrei. (Sehr interessant!) – K a 4 oder 6 = König (schwarzer König) a 4 oder 6. Nun ist dies aber nach Schachregeln unmöglich, da der weiße König auf a 5 steht. Liegt also hier ein Fehler vor? Kaum. Das eingeklammerte Semikolon beweist, dass Verfasser sich des scheinbaren Fehlers wohl bewusst ist. Gleichwohl sagt er durch das Rufzeichen: Lasst ihn immerhin stehn. Nun gut, vertrauen wir ihm, obschon kopfschüttelnd.

Dos – D 6 oder 7 = (weiße) Dame auf einem Felde der 6. oder 7. Reihe. Weiß ist so stark, dass seine Dame auf jedem Felde dieser beiden Reihen gleich gut steht.
Siri Suri Sei. (Aha! Nun klärt sich K a 4 oder 6 auf!) – S 6 = weißer Springer 6 (sei, italienisch = 6). Ja, aber auf welchem Felde? Nun eben! Dies ist nicht näher bezeichnet! Der Springer wird daher den Platz des schwarzen Königs neben dem weißen König einnehmen und diesem dafür überlassen, sich in der 6. Reihe oder, falls da die Dame stehen sollte, in der 4. Reihe einen bequemen Platz zu suchen. So ist denn alles zur Zufriedenheit erledigt.
(Im übrigen ergibt der vierte Teil der um zwei verminderten Buchstabensumme der drei Strophen die Zahl 64. Sapienti sat.) 5

DAS GROSSE LALULÁ
Am konsequentesten mit Klängen hat das Kind im Manne Morgenstern in „Das große Lalula“ gespielt. Die Dadaisten sollen es 1916 bei den ersten Vorstellungen im „Cabaret Voltaire“ deklamiert haben, ihre eigenen „Lautgedichte“ sind ohne das Morgensternsche Vorbild kaum denkbar. 4.-

Der Unsinn ist eines der Hauptmerkmale des Dadaismus. In diesem Gedicht können wir aber auch den Reim in der Form: a, b, a, b, c sehen. Es handelt sich um einen Wechselreim mit dem Refrain – Lalu lalu lalu la! – am Ende jeder Strophe.

Aber Christian Morgenstern hat nicht nur Unsinniges geschrieben, er hat auch sehr spiellustige Gedichte verfasst, die dem Dadaismus sehr nahe standen.


9. DER ZWÖLF-ELF

Der Zwölf-Elf hebt die linke Hand:

Da schlägt es Mitternacht im Land.
Es lauscht der Teich mit offenem Mund.

Ganz leise heult der Schluchtenhund.
Die Dommel reckt sich auf im Rohr.

Der Moosfrosch lugt aus seinem Moor.
Der Schneck horcht auf seinem Haus;

desgleichen die Kartoffelmaus.
Das Irrlicht selbst macht Halt und Rast

auf einem windgebrochnen Ast.
Sophie, die Maid, hat ein Gesicht:

Das Mondschaf geht zum Hochgericht.
Die Galgenbrüder wehn im Wind.

Im fernen Dorfe schreit ein Kind.
Zwei Maulwürf küssen sich zur Stund

als Neuvermählte auf den Mund.
Hingegen tief im finstern Wald

ein Nachtmahr seine Fäuste ballt:
Dieweil ein später Wanderstrumpf

sich nicht verlief in Teich und Sumpf.
Der Rabe Ralf ruft schaurig: „Kra!

Das End ist da! Das End ist da!“
(MORGENSTERN, Christian. Alle Galgenlieder. Ausgewählt von Horst Hussel. Wien: 1994. S. 41.)
CH. M.

(Endekus dodekus), ein sogenannter Schwarzelf oder –elb.



Die linke – Ein Mensch, z. B. Professor Nikisch, würde die rechte oder aber beide Hände erhoben haben.

Da schlägt es – Infolgedessen oder: den Augenblick darauf. Beides lässt sich verfechten. Im ersten Fall ist der Zwölf-Elf so etwas wie ein mächtiger Dämon. Im zweiten nur ein Gelehrter, der weiß: jetzt schlägt es gleich zwölf, daher will ich schnell vorher die Hand erheben.

Der Teich mit offnem Mund. Ein gewagtes Bild. Denn: machte der Teich den und zu, so wäre er damit selbst überhaupt nicht mehr da. Man ersieht daraus wieder einmal, wie gefährlich die Institution der Konsequenz ist, weshalb sie denn auch, zumal bei Frauen und Dichtern, keiner allzu großen Liebe genießt.

Zeile 4. Man denkt unwillkürlich an den „Freischütz.“

Zeile 8. In den ihrigen natürlich. – Kartoffelmaus, vollerer Ausdruck für Feldmaus. Nebenbei ist es eine exorzierte Maus.

Das Irrlicht usw., Irrlichter (Irrwische, Tückebolde), übersumpfigem, mit verwesenden Stoffen erfülltem, Boden schwebende, auch hüpfende, flammenähnliche Lichterscheinungen; noch völlig rätselhaft! (M. K. K. Leipzig und Wien 1900.)

Sophie…Die Weisheit sieht den Untergang der Wissenschaft voraus (Siehe „Das Mondschaf“)

Nachtmahr – siehe Alb, Quälgeist. Vgl. auch Purzelalb, Claudius. Hierzu wieder: Der Purzelbaum

- strumpf. Also vielleicht ein weibliches Wesen.



Der Rabe Ralf – ein später Nachfahr der Wodansraben Hugin und Munin. Im Privatleben Dr. Robert W…….e.

Zeile 24. Wie immer.6


DER ZWÖLF-ELF

Es treten hier auch Gestalten aus anderen Gedichten der Sammlung auf. Nicht nur die „Galgengestalten“ (siehe in Galgenbruders Frühlingslied), z.B. Sophie, die Henkersmaid, sondern auch andere, z.B. der Rabe Ralf, über den auch ein Gedicht in dieser Sammlung geschrieben ist: der Rabe Ralf. Diese Gestalten treten in verschiedenen Gedichten nicht nach bestimmter Regel auf, sondern ganz zufällig, und das ist Morgensterns Lieblingsgestaltungsverfahren. Man muss nicht alles begründen, man muss nicht nach bestimmten Regeln schöpfen, man kann auch aus Liebe zur Dichtung oder nur für die Freude dichten. Man muss aber wieder erwähnen, dass er manche dieser Gedichte geschrieben hat, als ihn erneut seine Lungenkrankheit eingeholt hat (Siehe oben Sein Leben und Werk). Diese spiellustigen Gedichte sollen auch Erleichterung und Abstand von der Krankheit bringen.

Von diesem Gedicht möchte er ein bisschen schrecken und die Atmosphäre der Geistergeschichte hervorrufen (vgl. Die Mitternachtsmaus, wo die „Gespensteratmosphäre“ nicht so stark ist). In diesem Gedicht ist es die gleiche Atmosphäre wie vor einem großen Sturm oder vor etwas Gefährlichem. Aber auch hier macht er ein Wortspiel. In der Geschichte treten die Tiere wie Kartoffelmaus oder Schluchtenhund auf.
10. GALGENBRUDERS FRÜHLINGSLIED
Es lenzet auch auf unserm Spahn

o selige Epoche!

Ein Hälmlein will zum Lichte nahn

aus einem Astwurmloche.
Es schaukelt bald im Winde hin

und schaukelt bald drin her.

Mir ist beinah, ich wäre wer,

der ich doch nicht mehr bin…
(MORGENSTERN, Christian. Alle Galgenlieder. Ausgewählt von Horst Hussel. Wien: 1994. S. 27.)
CH. M.

2. Vers, bessere Version:

Es strecket sich schon kecklings auf,

das wilde Galgengräslein.

Vergebens spähn nach ihm hinauf

hungrige Osterhäslein.7




GALGENBRUDERS FRÜHLINGSLIED
In der Sammlung „Die Galgenlieder“ müssen auch die „Galgengestalten“ auftreten. Wir haben sie schon mit dem Gedicht „Wie sich das Galgenkind die Monatsnamen merkt“ kennen gelernt. In der Sammlung tritt auch die Henkersmaid im Gedicht „Galgenbruders Lied an Sophie, die Henkersmaid“ auf. Hier kann man sehen, dass Galgenbruder nicht nur in einem Gedicht abgebildet ist. Aber auch Sophie, die Henkersmaid erscheint in mehreren Gedichten. „Das Geburtslied oder: Die Zeichen oder: Sophie und kein Ende“ ist das nächste von ihnen, das dann eine freie Fortsetzung im Gedicht „Galgenkindes Wiegenlied“ hat.

Man muss auch erinnern, dass die ganze Sammlung mit einer kurzen Erzählung, die diese Sammlung erläutert, beginnt: „Wie die Galgenlieder entstanden“ (siehe oben). Das erste Gedicht „Galgenberg“ drückt die Berufung dieser Sammlung aus. Das „Galgenmilieu“ erscheint auch im Gedicht „Der Zwölf-Elf“, wo man auch über die Sophie spricht (siehe oben).

In diesem Gedicht ist zu sehen, dass auch der Galgenbruder den Frühling besingt, obwohl er dabei auch „Bilanztendenz“ hat und das Lied so ein bisschen traurig ausklingt.

Vielleicht würde das Lied eine bessere Laune bekommen, wenn Christian Morgenstern die zweite Version benutzen würde, die er anbietet.


11. FISCHES NACHTGESANG

(MORGENSTERN, Christian. Alle Galgenlieder. Ausgewählt von Horst Hussel. Wien: 1994. S. 26.)


Zu diesem Gedicht hatte Christian Morgenstern nur eine kurze Erklärung:

CH. M. Das tiefste deutsche Gedicht.8

FISCHES NACHTGESANG
Christian Morgenstern hat noch in der Anmerkung zum Gedicht Das Hemmed dieses Gedicht erwähnt. Das Gedicht Fisches Nachtgesang hat die Literaturtheoretiker nicht kalt gelassen. Sie wussten nicht, welchen Standpunkt sie dazu einnehmen sollen. Es ist klar, dass Christian Morgenstern sie ein bisschen provozieren wollte, deswegen hat sich selbst wie ein Pseudoliteraturwissenschaftler zu seinen Gedichten ausgedrückt. Er wollte aber auch die Leser ein bisschen provozieren, er wollte ihre Phantasie entwickeln und nicht zuletzt etwas Neues in die Dichtung bringen. Es ist wieder eine lustige Vorstellung, die Fische können keinen Klang geben, deswegen muss ihr Nachtgesang auch still bleiben. Die Bögen können auch den Wasserspiegel mit Wellen erinnern.

Diese künstlerische Schaffung heißt „visuelle Poesie“ und wurde sehr oft von den Dadaisten, hauptsächlich von Raoul Hausmann und Kurt Schwitters, benutzt. Es handelt sich um eine als künstlerisch akzeptierte Produktion an den Grenzen von Dichtung, oder diese Grenzen sind hin zur Bildenden Kunst bereits weit überschritten.



12. DAS HEMMED
Kennst du das einsame Hemmed?

Flattertata, flattertata.
Der´s trug, ist bass verdämmet!

Flattertata, flattertata.
Es knattert und rattert im Winde.

Windurudei, windurudei.
Es weint wie ein kleines Kinde.

Windurudei, windurudei.
Das ist das einsame

Hemmed.
(MORGENSTERN, Christian. Alle Galgenlieder. Ausgewählt von Horst Hussel. Wien: 1994. S. 17.)
CH. M. Das Hemd eines Galgenbruders, das Sophie gewaschen und auf die Leine gehängt hat, draußen auf der Galgenwiese. – Das kleine Kind, wie welches das Hemmed „weint“, (nämlich – vermutlich - tropft, weil es noch vom Waschen nass ist) ist dasselbe wie im Zwölf-Elf, Zeile 14.
Verdämmet, Kinde u. a. m. a. a. a. O.: schlechte deutsche Formen. Vgl. zu diesem Thema auch u. a.: Dr. O. H. und Dr. F.S. Neue freie Presse. Es heißt unter anderm: „Wenn uns dagegen Christian Morgenstern, dessen sonstige Lyrik auch ziemlich dünn ist, den Gallimathias seines „Großen Lalula“ hinsetzt und in „Fisches Nachtsang“ auf den fragwürdigen Einfall kommt, nur das rhytmische Schema hinzusetzten (sic!), so ist es schwer abzusehen, was das mit dem Galgen zu tun hat. Der Herr Rezensent hätte keine unglücklicheren Beispiele wählen können als justament diese. Denn das „große Lalula“ handelt vom ersten bis zum letzten Worte von nichts anderm als eben vom Galgen (!) (denn die Anmerkung, die es als Schachendspiel erklärt, ist nur sozusagen eine „Nebenlösung“) und „Fisches Nachtgesang“ ist laut Anmerkung (siehe dort), das tiefste deutsche Gedicht. Als solches hat es natürlicherweise auch mit dem Galgen zu tun, denn sonst wäre es das nicht. 9

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