Matthias Meinhardt, Wolfenbüttel
Buchvorstellungen
Rankl, Helmut: Altbayerische Kleinstädte im Spiegel landesherrlicher Erhebungen des 17. und 18. Jahrhunderts: Erding, Rosenheim, Trostberg und Murnau, München 2011 (Studien zur bayerischen Verfassungs- und Sozialgeschichte, 28) [Kommission für Bayerische Landesgeschichte, XXX+233 S., kart., 36 Euro].
Mit der Arbeit von Helmut Rankl liegt ein wichtiger, landesgeschichtlicher Beitrag zur Diskussion um die Erforschung von Kleinstädten vor. Er wendet sich in intensiver Grundlagenforschung vier altbayerischen Bürgergemeinden zu: namentlich Erding, Rosenheim, Trostberg sowie Murnau. Das verbindende dieser vier ist die Quellenlage des 17. und 18. Jahrhunderts, also die des Untersuchungszeitraum. Der Autor macht deutlich, dass es sich hierbei um repräsentative Ergebnisse für den bayerischen und österreichischen Bereich handelt, da sie als ehemalige Kleinstädte – also Orte zwischen 1.000 und 2.000 Einwohner – zusammen mit den Kleinstädten 90 % der altbayerischen Städtelandschaft ausmachen. Dies schließt selbstverständlich auch die grundsätzliche Problematik mit ein, dass dieser frühneuzeitliche Epochenbereich eine Zeit des Niedergangs bzw. Übergangs im Städtewesen darstellt. Dabei soll auf Basis einer komparativen Untersuchung eine systematische Erforschung dieser wichtigen Gruppe von „Städten“ auch im Sinn der allgemeinen Städteforschung der Frühen Neuzeit geleistet werden.
Zum Vorgehen der Arbeit: Eingangs findet eine Verortung der vier Kleinstädte statt, zeitlich nimmt der Autor dabei moderne also auch historische Entwicklungen auf – in der Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg, aber teilweise werden auch ältere Traditionslinien, insbesondere im Handel und Warenverkehr. Eine breite Quellenbasis bilden die im zweiten Teil der Arbeit edierten Beschreibungen von 1679 bzw. 1774. die Gewerbestatistiken von von 1771/81 und 1792 sowie die Volks- und Viehzählung von 1794 für die vier exemplarischen Kleinstädte. Eine derartige breite an Einzeldaten in übersichtlicher und verständlicher Vergleichsperspektive ist besonders zu goutieren.
Wie kam es nun zu diesen Beschreibung bzw. weiten Volkszählungen? Sie sind als Antwort auf die Pest- und Seuchenepidemien sowie europaweite Hungerkrisen der Zeit zu sehen. Dabei zählen diese Vorgänge neben der guten Policey zu einem wichtigen Instrument von städtischen oder landesherrlichen Obrigkeiten in Notsituationen. So können über diese sehr ausführlichen und detaillierten Aufzeichnungen und Aufzählungen wichtige Aussagen über Vermögensklassen, die jeweilige soziale Gliederung des Ortes sowie den konkreten Konsumbedarf festgestellt werden. Aber auch Bevölkerungs- und Familienstrukturen, Bürgerrecht oder Haus- und Grundbesitz sind Aspekte die daraus abzuleiten sind, und die der Autor versiert und detailliert analysiert. Ein weiterer und verhältnismäßig der größte Unterpunkt wendet sich dem Wirtschaftlichen zu. Gewerbe- und Handelsstrukturen (für das 17., 18. und beginnende 19. Jahrhunderts) sowie der Stellenwert der „städtisch-märktischen“ Agrarwirtschaft der Zeit. Zur „Quantifizierung“ der vier Einzelergebnisse finden sich neben der Kategorie „Bevölkerungszahl“ auch „Gewerbedichte und -intensität“, „Verkehrslage“, „Umsatz auf den Märkten“ sowie „Stadt-Umland-Verhältnisse“.
Ein wirklicher Mehrwert entsteht durch die sehr feingliedrige Argumentation, wobei der Autor stets das „große Ganze“ im Auge hat. Dabei rangiert Rankl auf mehreren Ebenen. Den Zahlendaten des einzelnen Ortes, der Vergleich der vier untereinander sowie einer grundsäztlichen Reflexion der (Klein-)Städteproblematik in der Frühen Neuzeit. Besonders erfreulich ist, dass die Quellen nicht nur hervorragend ausgewertet sind, sondern dass mit einem Quellenanteil von fast 100 Seiten diese auch für eigene Fragestellungen ediert sind.
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