Tagebuch ohne Fotos zum Drucken



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Samstag, 14. März 2009

Für diesen Morgen hatte ich geplant, noch vor der Vorlesung Zugtickets für meine Saratovreise zu kaufen. Das hat am Kursker Bahnhof nicht so richtig klappen wollen, also habe ich es am Paveljezker Bahnhof probiert, wo mir eine geduldige und freundliche Fahrkartenverkäuferin weitergeholfen und die Tickets verkauft hat. Die Reise nach Saratov ist mir in den Sinn gekommen, weil - wie ich es vielleicht schon einmal geschrieben habe - gerne das Osterfest in einem normalen Rahmen verbringen möchte und nicht wieder mit Feuerwerk und allem anderen nur denkbaren Kitsch - also nicht so, wie ich das Weihnachtsfest in Moskau erlebt habe. Zudem habe ich so die Möglichkeit, auch mal eine andere Domgemeinde kennenzulernen und zu erleben. So werde ich am 9. April am frühen Abend losfahren und dann am Montag früh hier wieder ankommen - und somit wieder in die orthodoxe Fastenzeit rutschen.

Nach der Dogmatikvorlesung war ich dann erst in der Stalowaja und bin dann zu wieder zu Masha gegangen. Gleich darauf sind wir mit dem Auto losgefahren, um zunächst für Kolja Schuhe zu kaufen. In dieser Zeit wollte ich mir eine Kirche ansehen, die aber leider geschlossen war. So haben wir uns zeitgleich wieder getroffen und sind dann zum Friedhof gefahren. In der Nähe des Friedhofs befindet sich ein anderer Friedhof - nämlich der der armenischen Kirche. Der Zufall wollte es, dass ich dort, quasi während Masha kurz einkaufen war, ein Brautpaar in die Kirche habe gehen sehen. Kurz nachdem die Trauung angefangen war, habe ich mich einfach etwas weiter hinten dazugestellt und habe die Trauung aufmerksam beobachtet. Zunächst wurde vorher ein Gebet gesprochen und anschließend hat der Priester - ich gehe davon aus, dass es einer war, denn genau war er für mich nicht zu erkennen - etwas in einem Sprechgesang gesungen, dass ich als Fragen verstanden habe, auf dass das Brautpaar dann geantwortet hat. Es folgte wieder ein Gesang - in diesem Fall der eines Altardieners und dann hat das Brautpaar Stirn an Stirn gestanden und ihnen wurden Kronen aufgesetzt. Der Priester hat dann einem Mann über den Kopf des Paares ein Kreuz gereicht, dass der während eines Gebetes über deren Köpfe gehalten hat. Daraufhin wurden beiden wieder Kronen abgenommen und sie stellten sich normal hin. Dann wurde zunächst dem links stehenden Mann ein Becher mit Wein gereicht, aus dem er dann, ihn in eigenen Händen haltend, getrunken hat - anschließend hat der Mann den Becher der Frau weitergereicht. Anschließend gab es eine kurze Predigt oder Ansprache und dann wurde das Brautpaar aufgefordert, sich zu küssen, was sehr schüchtern oder zaghaft und dann ganz schnell auf die Wange geschah. Es machte aus meiner Sicht den Eindruck, als wäre dies eine völlig intime Sache. Anschließend stellte sich das Brautpaar um die Glückwünsche entgegenzunehmen vor den großen Vorhang, der in dieser Kirche wohl anstelle der Königstüren dort hängt. Als sie aus der Kirche heraustraten, wurden wie in Deutschland oder der orthodoxen Kirche auch Blumen geworfen. Etwas überraschend war die Hochzeit für mich, da doch momentan Fastenzeit ist und in der orthodoxen Kirche in der Fastenzeit nicht geheiratet werden kann. Bei der nächsten Gelegenheit will ich noch einmal nachlesen, was genau das für eine Kirche ist, ich bin mir im Moment nämlich nicht sicher, ob ich sie mit einer anderen Kirche verwechsle. Interessant war es in jedem Fall - auch das Kirchengebäude an sich. So hat die Kirche anstelle der Königstüren einen großen Vorhang - an diesem Tag in schwarz mit einem goldenen Kreuz gehalten. Rechts und links daneben sind Türen, die ich als Diakontüren interpretiere. Und neben der nördlichen oder linken Diakontüre befindet sich eine kleine Glocke - ähnlich wie in der katholischen Kirche an der Türe zur Sakristei. Auch hängen weniger Ikonen in der Kirche, als in einer orthodoxen.

Anschließend sind wir noch einkaufen gefahren und als wir wieder daheim waren, haben wir uns einen guten Abend gemacht, als wir gegessen hatten. Wie üblich bin ich dann um 22 Uhr ins Wohnheim gefahren und habe jetzt gleich noch Küchendienst. Gerade eben sah die Küche aber noch ganz akzeptabel aus.



Sonntag, 15. März 2009

Am Morgen bin ich rechtzeitig zur katholischen Kirche zur Heiligen Messe gefahren und dort pünktlich auf die Minute angekommen. Ich habe gerade noch einen Platz bekommen, die Kirche war schon gut gefüllt. Kaum, dass ich saß, fing die Messe auch schon an. Danach bin ich zur Fakultätskirche gefahren, wo gerade die Leute zur Kommunion gingen. Nach der Feier bin ich mit Masha einkaufen gegangen, um die Zutaten für die beiden Salate zu besorgen, die ich für die Geburtstagsfeier ihres Vaters machen sollte. Anschließend haben wir noch Honig für mich eingekauft - in einem Laden, der hauptsächlich die verschiedensten Honigsorten verkauft. Ich wusste gar nicht, dass es einen solchen Laden in der Nähe der Fakultät gibt. Den Tag habe ich dann weitestgehend in Mashas Familie verbracht - gegen Abend habe ich die Salate zubereitet und anschließend mit meinen Eltern telefoniert und ihnen das Neueste berichtet und selbst aus der Heimat erfahren. Während der Geburtstagsfeier mit den Verwandten und Freunden wurde mir dann das Angebot gemacht, dort zu übernachten, was ich gerne angenommen habe. So brauchte ich von der schönen Feier nicht schon um 22 Uhr nach Hause fahren. Stephan hat mich im Wohnheim abgemeldet und so ist alles in Ordnung gelaufen. Nach dem Essen haben Mashas Schwester und ein Freund der Familie bis fast zum Ende der Feier jede Menge russische Volkslieder gespielt, in denen für mich die berühmte tiefe russische Seele so wunderschön zeigte. Anschließend, nach der Feier, habe ich noch etwas beim aufräumen geholfen, bis ich dann ins Bett gescheucht wurde.

 

 

Montag, 16. März 2009



Der Tag fing einerseits heute Morgen schon um acht Uhr an, denn zu dem Zeitpunkt musste ich auf Toilette. Kurz nachdem ich die Türe geöffnet hatte, kam Mashas Kater auch schon angerannt und wollte mir mir schmusen. Nun musste ich aber auch aufpassen, dass er im Flur blieb. Und so habe ich ihn erst gestreichelt und bin dann schnell in die Toilette gehuscht. Und auf dem Rückweg habe ich das gleiche mit ihm gemacht. Gegen halb elf bin ich dann aufgestanden und nach dem Frühstück haben wir zusammen gelernt. Um 14 Uhr bin ich dann zur Ethikvorlesung gelaufen und anschließend haben wir nach einer Tasse Tee und dem Vorbereiten des Abendessens wieder gemeinsam gelernt. Dabei hat es durchaus Vorteile, da man sich gegenseitig beim Übersetzen helfen und unterstützen kann. Und gegen 22 Uhr habe ich mich wieder auf den Weg ins Wohnheim gemacht. Dort angekommen habe ich noch ein wenig mit dem ein oder anderen gequatscht und bin dann ziemlich schnell ins Bett gegangen.

Am Abend hat mir Alexander, ein Mitbewohner und Kommilitone, das bisherige Tagebuch in der Druckversion ausgedruckt. Als ich das Resultat gesehen habe, muss ich ganz ehrlich gestehen, dass ich tief beeindruckt davon war - ich hielt 206 Seiten Text in der Hand. Es ist doch etwas völlig anderes, wenn man es nur digital im Computer sieht und es dann das erste Mal gedruckt in den Händen hält.



Dienstag, 17. März 2009

Das Hauptmerkmal des Tages kam an dessen Ende - es waren nämlich die Aufzeichnungen des Kanons des Heiligen Andrej Kritskij für eine CD. Dafür hat sich der Männerchor, in dem ich ja mitsinge, zu 19 Uhr in der Kirche versammelt. Nach vielem Ausprobieren, wie wir akustisch am besten stehen, konnten dann endlich die Aufnahmen beginnen. Leider waren viele Chormitglieder - wie es eigentlich immer der Fall ist - völlig undiszipliniert, so dass sich alles unnötig in die Länge gezogen hat. So wurde zwischendurch immer geredet, wenn Vater Alexej Anweisungen gab, wurden die kaum beachtet und auch während dem Singen wurde teilweise noch herumgealbert. So gerne ich in dem auch singe, doch das stört immer dann sehr, wenn es wichtig wird. Und so konnten wir die Aufnahmen auch um 23 Uhr noch nicht beenden, sie sollen am Donnerstagabend fortgesetzt werden. Aber ich freue mich sehr, dass wir eine solche CD machen, so habe ich vielleicht irgendwann einmal ein schönes Andenken an den Chor und vor allem an den Kanon, den ich so sehr mag. Als "Solisten" waren Vater Vladimir, der Rektor der Universität, und Vater Michael (der kleine, der dennoch eine schöne Stimme hat) mit dabei. Anschließend konnte ich bei Masha übernachten, so dass ich nicht noch ins Wohnheim fahren musste.

Der Tag sonst ist eigentlich für die letzten Wochen recht normal verlaufen: Ich habe Vorlesungen besucht und habe bei und mit Masha zusammen gelernt.

 

 



Mittwoch, 18. März 2009

Zunächst war ich am heutigen Morgen mit Masha in der Liturgie der Vorgeweihten Gaben, die heute Vater Vladimir gefeiert hat: Es war der 30. Jahrestag seiner Diakonsweihe. Anschließend habe ich das erste Mal seit der Zeit, in der ich hier bin, kurz mit ihm sprechen können und ihm für meine Zeit, die ich hier verbringen darf danken können. Es ist für mich allerdings sehr, sehr schwierig ihn zu verstehen, da er für mich sehr undeutlich spricht. Ich habe aber mehr verstanden, als ich selbst gedacht erwartet habe. Da anschließend noch Zeit bis zu den Vorlesungen war, bin ich noch in Mashas Familie essen gewesen und dann in die Vorlesungen gegangen. Anschließend hatte ich gesagt, dass ich gerne versuchen möchte, ein Buch zu kaufen in einem Laden, dessen Adresse ich nicht genau kenne, wohl aber den Namen weiß und von dem ich in etwa eine Karte im Kopf hatte. Alexander wollte unbedingt mit mir mitkommen, so dass ich dann schließlich eingewilligt habe. Es dauerte aber nicht lange, da haben wir um den Weg diskutiert und einige Leute nachgefragt, die dann auch keine Ahnung hatten. Da das meiner Meinung aber ein orthodoxer Buchladen sein sollte, haben wir in einer nahegelegenen Kirche nachgefragt und nach einem längeren Gespräch sogar eine passende Antwort erhalten und den Laden dann auch recht schnell gefunden. Er lag tatsächlich in der Nähe, wo ich ihn vermutet hatte. Leider war dies nur eine Auslieferungsstelle für ein Internetkaufhaus, so dass wir hier bis auf eine Telefonnummer nicht mehr weitergekommen sind. Da der Chor heute ausfiel wegen der Proben am Dienstag und der morgigen, war ich dann recht schnell im Wohnheim zurück und habe dann erst einmal eine Stunde geschlafen, bin dann einkaufen gegangen, dann duschen und habe dann zu Abend gegessen. Kurz bevor ich fertig war, kam Vitali dann auch schon um kurz nach neun und wir haben uns zusammen gesetzt und gelernt. Am Anfang lief es noch ganz gut, aber dann stellte sich bei uns Müdigkeit ein, so dass sich alles sehr schleppend dahin zog. Dennoch haben wir eine "Unlogik" der deutschen Sprache gefunden, über die ich vorher noch gar nicht nachgedacht habe: Die Russen sagen, wenn sie sich sonnen, dass sie "unter der Sonne liegen"; wir in Deutschland sagen jedoch, dass wir "in der Sonne liegen". Ohne größere linguistische Fähigkeiten zu besitzen würde ich behaupten, dass die russische Sprache in diesem Fall sich genauer ausdrückt.

Heute haben Masha und ich wieder festgestellt, dass es Frühling wird. Wenn man in der Sonne läuft, ist es richtig warm und angenehm. Der Schnee ist an den meisten Stellen mittlerweile getaut, so dass in der Stadt nicht mehr viele Pfützen zu finden sind. Und dennoch habe ich gestern gleich zwei Mal nasse Füße bekommen: Ich bin im Dunkeln einkaufen gegangen und habe zwei sehr große und tiefe Pfützen übersehen, so dass ich gleich mehrere Zentimeter tief im Wasser stand und dort schnell wieder herausgehüpft bin. Ich war in der festen Annahme, dass dort begehbarer Grund ist. Dem war aber wohl nicht so. Und auch auf dem Rückweg hätte es mich fast noch einmal erwischt.  
  

Donnerstag, 20. März 2009

Wie donnerstags üblich, war ich zunächst im Internet, allerdings nur etwa eine Stunde, um Nachrichten aus der Heimat und der Welt zu lesen - oder besser gesagt, zu überfliegen und um Mails abzufragen. Da ich am Dienstag noch im Netz war, waren nur wenige Mails im Postkasten, so dass kaum was zu beantworten war. So war ich auch pünktlich in der Stalowaja und musste nicht in der gefürchteten Schlange stehen, die sich um kurz vor halb zwei immer bildet und die hin und wieder dafür sorgt, dass ich das Essen herunterschlingen muss.

Nach der Vorlesung bei Vater Valentin über die Geschichte der protestantischen Kirchen und der katholischen Kirche in Deutschland habe ich mich dann zunächst mit Nina zum Deutsch sprechen getroffen, Olga kam anschließend dazu - nur leider blieb mir dann nicht mehr sonderlich viel Zeit, weil ich noch eine Art Lehrbuch kopieren wollte, dass mir Vitali am Abend zuvor gegeben hat. Dort findet sich sehr viel kirchliches Vokabular und es sind einige Gebete dort übersetzt - ein für mich sehr interessantes Werk. Glücklicherweise musste ich nicht lange warten, so dass ich mich um kurz vor fünf mit Masha treffen konnte. Als wir uns trafen, wollte sie mit mir einkaufen gehen und dann kochen, hatte aber vergessen, dass ich heute Abend noch im Chor singen wollte - also die CD weiter aufzeichnen. So haben wir nach ein paar Metern umgedreht und sind dann zu ihr nach Hause gegangen.

Um 19 Uhr war ich dann pünktlich in der Kirche und ich hatte den Eindruck, dass wir heute viel konzentrierter und zügiger bei der Sache waren, dennoch hätte es viel günstiger laufen können. Zum Schluss hin bin ich etwas grantig geworden, weil es auf zehn Uhr zuging und ich gerne nach Hause wollte und irgendwie nichts mehr vernünftig lief. Um viertel nach zehn hat Vater Alexej uns dann entlassen und ich wollte eigentlich schnell aus der Kirche stürmen, um zur Metro zu gehen. Leider waren die Türen verschlossen - es wurde aber recht schnell aufgeschlossen. Angesichts der Knappheit der Zeit kam mir dies aber wie eine Ewigkeit vor. Mit hängen und würgen und etwas Ellenbogenmentalität haben wir dann gerade eben die Elektritschka erreicht. Ich hatte vorher in der Metro schon Geld eingesammelt, um am Fahrkartenschalter schneller zu sein. Die ganze Rennerei ist mir sehr schwer gefallen, weil ich viel Gewicht im Rucksack hatte - es werden wohl um die zehn Kilogramm gewesen sein.

Im Wohnheim dachte ich, dass ich schnell ins Bett komme, dies ist aber fehlgeschlagen, weil ich mich habe weichreden lassen und für Genia den Küchendienst gemacht, was zudem noch länger gedauert hat, weil der Herd sehr, sehr dreckig war. Nun - wenn ich das nächste Mal an der Reihe bin, wird Genia für mich putzen müssen.

Freitag, 20. März 2009

Freitags findet die Vorlesung zum Alten Testament immer über der Stalowaja in einem kleinen Raum statt, so dass ich erst eine Treppe hoch muss. Dieser Zugang wurde mir heute von der Putzfrau verweigert, die mich nicht hochlassen wollte und mir den Zugang verweigerte mit der Begründung, dass dort abgeschlossen wäre. Normalerweise ist um diese Zeit immer schon einer da, aber das war heute dann wohl nicht der Fall. So bin ich zum schwarzen Brett gelaufen um zu schauen, ob die Veranstaltung stattfindet. Dort habe ich dann einen Kommilitonen getroffen und wir sind zusammen zurückgegangen. Die Putzfrau hatte sich mittlerweile in den großen Konferenzsaal zum putzen verzogen, aber ihre Schlüssel auf einem kleinen Schränkchen stehen lassen. Damit haben wir versucht die Türe zu öffnen, um nicht den Schlüssel aus der Aula holen zu müssen. Durch das Geklimper des Schlüsselbundes haben wir die Frau aber wieder angelockt, die uns dann wieder heftig schimpfend die Schlüssel abgenommen hat. Mein Kommilitone wie ich auch haben ihr versucht zu erklären, dass wir in unseren Raum herein gehen könnten und das dies normal wäre. Ohne weiter zu diskutieren ist er dann losgegangen, um den Schlüssel zu holen. Als er zurück war und der Raum aufgeschlossen war, schimpfte sie weiter und drohte damit, dass sie zum Rektor gehen würde - dennoch war kurz darauf die Türe auf und wir im Raum - und letztlich unser Dozent auch da. Im Konferenzsaal hörten wir sie dann mit jemandem anderes schimpfen. Es gibt bei uns nur sehr, sehr wenige "postkommunistische" Frauen, die so heftig und unnachgiebig schimpfen.

Nach den beiden Vorlesungen habe ich dann wieder wie üblich in der Küche geholfen und mal hier und mal da herumgewuselt. Und in der Zwischenzeit gab es immer mal wieder eine Tasse Tee und vor und nach der Arbeit große Teller mit Essen. Da ich dann noch eineinhalb Stunden auf Masha warten musste, habe ich den Tagebucheintrag vom gestrigen Tag nachgeholt und Teile des Kanons des Heiligen Andrej Kritskij zu Ende übersetzt. Anschließend war ich noch auf dem Postamt und habe zwei Briefe aufgegeben. Vor der Metrostation, bei der ich mich mit Masha treffen wollte, musste ich nicht mehr lange warten und dann sind wir einkaufen gegangen, um Essen kochen zu können. Auch hier gibt es mittlerweile eine kleine Tradition: Wir kaufen uns für den Rückweg immer eine oder zwei Bananen, die wir dann auf der Rolltreppe anfangen zu essen. Heute durfte ich wieder etwas Leckeres zu Essen zaubern und ich habe eine Kartoffel-Gemüsepfanne gemacht, die allerdings für russische Verhältnisse recht gut gewürzt war.

Auf dem Rückweg am Abend herrschte eine leicht aggressive Stimmung in der Luft: Im Kursker Bahnhof schlugen angetrunkene Männer mit Flaschen an Pfeiler, die das Dach tragen - sie haben auch Müll in die Gleise geworfen. Im Zug dann hat sich wiederum ein betrunkener Mann neben einen anderen gesetzt und nach kurzer Zeit ging ein Handgemenge los. Das ist eigentlich recht selten, dass betrunkene Leute hier handgreiflich werden - zumindest sehe ich es recht selten. Viel mehr liegen sie sich in den Armen und versuchen sich gegenseitig zu stützen.

An der Station Pererwa fanden auf der Brücke zu den Bahnsteigen heute Abend um 23 Uhr Bauarbeiten mit Presslufthammer und Schweißgerät statt, was für reichlich Lärm dort gesorgt hat. Das ist aber noch nicht alles, denn die Arbeiter haben noch mehr Löcher als ohnehin schon in der Brücke sind gemacht und an ihr herumgeschweißt. Ich bin nun mal sehr gespannt, was das werden soll und welchen Sinn das hat. Die Reparatur der Treppe hat die Gefahr an für sich ja nicht behoben, sondern nur angenehmer und übersichtlicher gemacht. Davon hatte ich an anderer Stelle schon berichtet. Etwas übertrieben gesagt sollte es mich nicht wundern, wenn die Brücke bewusst instabil gemacht wird, um deren Einsturz zu beschleunigen... Aber die Brücke ist und bleibt eine spannende Sache und ich bin mal gespannt, wie sie nach den Reparaturarbeiten aussieht - sofern ich das Ende hier überhaupt erleben darf, da ich ja Ende Juni oder Juli hier abreisen werde.
 

Samstag, 21. März 2009

Noch vor der Vorlesung, die um halb elf begann, habe ich Brot eingekauft und bin dann zur Universität gegangen. Das Seminar, das vor unserer Vorlesung im Konferenzsaal stattfindet, war noch nicht zu Ende und oben vor der Türe stand schon Vater Nicolai. Als er mich unten an der Treppe sah, rief er mir zu, dass ich bei der Austeilung der Soborovanije, also den Sterbesakramenten, dabei sein darf. Das ist ein spezieller Gottesdienst in der großen Fastenzeit, in dem die anwesenden Gemeindemitglieder gesalbt werden. Da es ein Sakrament ist, kann ich als Katholik nicht teilnehmen, wohl aber zuschauen - nämlich vom Klerus aus, also dem Platz, wo der Chor singt. Da sieht dann auch nicht die ganze Gemeinde, dass ich nicht teilnehmen werde, da ich mich hinter einem Pfeiler verstecken kann.

Nach der Vorlesung bin ich schnell zu Masha gelaufen und dann sind wir mit ihren Eltern zum Friedhof gefahren. Hier habe ich zuerst einen Blick in die Russisch-orthodoxe Kirche auf dem Friedhof geworfen und bin dann in die Armenisch-apostolische Kirche gegangen, die auf der anderen Straßenseite liegt und habe hier wieder eine Hochzeit miterleben dürfen. So gibt es jetzt mehr oder minder eine kleine Fortsetzung von dem, was ich am vergangenen Wochenende erlebt habe. Zunächst wusste ich nicht richtig, welche Ämter die Zelebranten besetzen. Denjenigen, den ich für den Priester gehalten habe, ist tatsächlich einer und der Messdiener oder Altarnik ist dagegen ein Diakon. Ergänzend möchte ich hinzufügen, dass die Brautleute einzeln nach dem Trinken des Weins vom Priester mit dessen Handkreuz gesegnet wurden - und auch der männliche Trauzeuge. Ob die Trauzeugin auch gesegnet worden ist, daran kann ich mich nicht mehr richtig erinnern. Der Kuss nach der Trauung wurde wieder sehr flüchtig auf die Wangen gegeben. Während der Trauzeremonie hielt ein junger Mann, der etwas versetzt hinter dem Bräutigam stand, eine Kerze, die ähnlich wie eine katholische Taufkerze aussah. Zum Schluss standen die beiden vor der "Altarbühne" und die Gäste gratulierten und küssten anschließend das Kreuz, das der Trauzeuge über deren Köpfe bei der Trauung gehalten hat. Kurz bevor ich gehen wollte, hatte ich noch die Gelegenheit, mit mit einem Priester zu unterhalten und er hat mir einige interessante Dinge erzählt. Zunächst einmal untersteht diese Kirche dem Patriarchat von Jerusalem. Zudem scheint die Form der Liturgie eine andere zu sein, denn in der Kirche steht eine kleine Orgel - eher eine Harmonium. Der liturgische Kalender ist der Gregorianische und während der großen Fastenzeit ist der Altarraum mit einem schwarzen Vorhang verdeckt und Kommunizieren offenbar auch nicht möglich. Ich will in jedem Fall einmal die Zeit finden und in dieser Kirche die Liturgie besuchen, um sie wenigstens einmal gesehen zu haben.

Nach dem Treffen habe ich bei Masha zu Hause ein wenig übersetzt und ein paar E-Mail abgefragt und mich etwas ausgeruht, weil ich irgendwie sehr müde war. Das mag am Wetter liegen, denn heute war es nasskalt und es viel ständig etwas Schnee. Die anderen Tage war das Wetter so, dass am Morgen die Sonne geschienen hat und dabei schon recht kräftig war. Und am Nachmittag hat sich das Wetter dann immer geändert und es viel Schnee - das war mehrere Tage so der Fall. Und nachts friert es bislang immer, so dass es abends immer glatt wird und am nächsten Vormittag an vielen Stellen noch schön rutschig ist.

Heute haben Masha und ich wieder für das Hauptgericht gesorgt - es gab wieder Pizzabrot, allerdings mit Ananasstückchen. Nach dem Abendessen sind wir dann in die Vetschernaja gegangen, die heute einige besondere Elemente hatte - das Herausragende war in diesem Fall die Kreuzverehrung, die etwas an die Kreuzerhöhung im Sretenskij-Kloster erinnerte am Anfang meiner Studienzeit hier in Moskau (s. 27. September 2008). So wurde auch das dazu passende Troparion gesungen. Nach der Vetschernaja habe ich dann die Chorleiterin schon einmal vorgewarnt, dass ich am Donnerstag bei der Soborowanije mitsingen - oder zumindest so tun - werde.

Die Arbeiten an der Brücke haben ein Ergebnis gezeigt: Es wurden Löcher freigehämmert, wo sich Schrauben befinden, mit denen die Betonplatten auf dem Brückengestell befestigt sind. Ich vermute, dass die Betonplatten ausgetauscht werden soll und bin sehr gespannt, wie das organisiert werden soll, da die Brücke ja eigentlich der Hauptzugang von der Bushaltestelle ist. 

 

Heiliger Gott, rette Dein Volk und segne Dein Erbe. Gewähre den orthodoxen (rechtgläubigen) Christen Sieg über ihre Widersacher, und behüte Deine Gemeinde durch Dein Kreuz. (Troparion, 1. Ton)
 

Sonntag, 22. März 2009

Gestern Abend hatte ich mir einen Zug herausgesucht, mit dem ich um zehn Uhr in der Universitätskirche sein wollte, um die Liturgie vom Anfang an zu erleben, da die große Ektenie immer sehr schön ist, wenn Vater Michael sie singt. Ich war auch pünktlich und wie geplant dort, nur hatte die Liturgie schon weitaus früher angefangen, als ich geplant hatte. Offiziell fängt sie eigentlich um halb zehn an, doch Vater Vladimir hört meistens noch etwa 30 bis 40 Minuten vorher die Beichte, so dass ich zum zehn Uhr durchaus pünktlich angekommen wäre. Dementsprechend bin ich zum kleinen Einzug gekommen und habe mich dann sehr gewundert, dass Vater Vladimir zelebrierte - ich dachte erst, die wären so früh, weil er nicht da ist. Dann habe ich mich noch einmal gewundert - nämlich nach der Eucharistie der Priester: Normalerweise hört Vater Vladimir vor der Kommunion noch einmal die gleiche Zeit die Beichte, doch dies war heute auch nicht der Fall, so dass heute alles zügiger ging. Später habe ich erfahren, dass er sich ein neues System ausgedacht hat: Alle, die länger beichten wollen, sollen von nun an zu einem der anderen Priester gehen. Eine Idee, die wie ich finde durchaus Sinn macht, da sehr viele Leute bei ihm beichten und er als Beichtvater sehr beliebt ist.

Nach der Liturgie war ich wieder bei Masha und wir sind am Nachmittag zu einer Fotoausstellung in einer Art Kunsthalle gewesen, wo ein Gemeindemitglied der Fakultätskirche Fotos eine Inselgruppe ausgestellt hat, die in der Tat durchaus sehr gelungen sind. Das Christliche sticht klar hervor auf den Bildern und er hat sehr interessante Details fotografiert: Interessante Bäume, Teile von Brücken, Häusern, Kirchen, Klöstern, usw. Und alle Bilder sind einem grau-braun-weiß gehalten, so dass sie sehr stimmungsvoll erscheinen. Masha hatte eine Einladung bekommen, so dass wir umsonst diese Ausstellung und andere besuchen konnten.

Wie immer am Sonntag habe ich mit meinen Eltern telefoniert und wieder einmal das Neueste aus der Heimat erfahren und ich konnte selbst ein wenig von mir erzählen. Ich freue mich immer sehr, wenn ich über den Fortschritt deren Reiseplanungen Bescheid bekomme, denn mit jeder Neuigkeit bin ich mir mehr gewiss, dass sie am Planen sind und kommen werden. Ich freue mich schon sehr auf das Wiedersehen in Moskau.



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